Die vorliegende Abschlussarbeit nimmt – in Anlehnung an die Arbeiten Michel Foucaults – eine gouvernementalitätstheoretische Perspektive ein und verbindet diese mit der kritisch-historischen Methode der Genealogie. Hierbei ist die forschungsleitende Ausgangsthese der genealogischen Analyse, dass es sich „beim Untersuchungsgegenstand [Glück und Staat] nicht um eine naturgegebene Entdeckung mit einer bruchlosen, linear-kontinuierlich verlaufenden Ursprungsgeschichte handelt, sondern um eine im historischen Verlauf, im Kontext eines machtvollen Kräfteverhältnisses, entstandene Konstruktion, deren gegenwärtig etablierte Fassung sich unterschiedlicher Herkünfte verdankt“.
Zur Beantwortung der Forschungsfrage nimmt die Arbeit folgenden Verlauf: Im ersten Schritt (I) wird der analytisch-theoretische Rahmen gezogen, indem auf zentrale und für die eigene Untersuchung relevante Schlüsselbegriffe der foucaultschen Regierungsanalyse (Gouvernementalität) eingegangen wird. Hierauf folgt (II) die Vorstellung der Genealogie und ihren Grundprinzipien als methodisch-analytischer Rahmen der Arbeit, wobei von diesen forschungsmethodische Konsequenzen für die eigene Analyse abgeleitet werden. Die Schritte (III) und (IV) umfassen die genealogisch-historische Analyse. Sie setzt im 18. Jahrhundert ein und endet in der Gegenwart. Hierbei werden auf der Grundlage von ideengeschichtlichen Schlüsseltexten sowie aktuellen Forschungsbeiträgen aus Politik-, Geschichts- und Wirtschaftswissenschaften sowie der Soziologie, Philosophie und Psychologie die unterschiedlichen Herkünfte der gegenwärtigen politischen Leitidee vom Glück nachgezeichnet. Die Arbeit schließt (V) mit einer Zusammentragung der Ergebnisse und einem Ausblick ab.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- ANALYTISCH-THEORETISCHER RAHMEN: DAS KONZEPT DER GOUVERNEMENTALITÄT
- DAS KONZEPT DER GOUVERNEMENTALITÄT
- Der Begriff der Regierung
- Der Begriff der Gouvernementalität
- Gouvernementalitätstheoretisches Analysewerkzeug: Problematisierungsformeln
- Governing the Present: Technologien der Selbst- und Fremdführung
- Liberale Regierungskunst
- Neoliberale Regierungskunst
- ANALYTISCH-METHODISCHER RAHMEN: DIE GENEALOGIE
- GENEALOGIE UND GOUVERNEMENTALITÄTSFORSCHUNG
- Foucault: Nietzsche, die Genealogie, die Historie
- Genealogisches Verfahren: Ziel und Zweck
- Genealogische Frage und die drei Prinzipien der genealogischen Analyse
- Gang der Analyse: Zentrale Fragestellung, Materialauswahl und Annäherung an den Forschungsgegenstand
- GENEALOGISCHE ANALYSE I: DIE HERKUNFT DES MODERNEN GLÜCKSVERSTÄNDNISSES (18./19. JAHRHUNDERT)
- EXKURS: ANTIKES GLÜCKSVERSTÄNDNIS
- HISTORISCHER KONTEXT: AUFKLÄRUNG - SÄKULARISIERTES GLÜCK UND INDUSTRIALISIERUNG
- FORTSCHRITTSDENKER: T. JEFFERSONS » PURSUIT OF HAPPINESS (1776) « UND J. MARQUIS DE CONDORCETS » ENTWURF EINER HISTORISCHEN DARSTELLUNG DER FORTSCHRITTE DES MENSCHLI-CHEN GEISTES (1786)«
- GROBBRITANNIEN: DIE EROBERUNG UND DER FALL DES HEDONISCHEN GLÜCKS IN DER BRITISCHEN MORALPHILOSOPHIE
- Quantitativer Utilitarismus: Jeremy Bentham's >>Greatest Happiness Principle (1789)«<
- Qualitativer Utilitarismus: John Stuart Mill's Bentham-Kritik (1861)
- Klassischer Liberalismus: Adam Smith's >>No Pursuit of Happiness Principle (1776)«
- GENEALOGISCHE ANALYSE II: DAS KURZE VERSCHWINDEN UND DIE WIEDERENTDECKUNG DES GLÜCKS ALS MODERNE REGIERUNGSKUNST (20./21. JAHRHUNDERT)
- HISTORISCHER KONTEXT: DAS ZEITALTER DER EXTREME
- EXKURS: GLÜCK UND STAAT IM KOMMUNISMUS - BENTHIANISCHER MARX?
- GLÜCK IM ORDOLIBERALISMUS
- GLÜCK IN DER NEOKLASSIK: MEHR GELD, MEHR GLÜCK? DAS EASTERLIN-PARADOX
- GLÜCK IM NEOLIBERALISMUS: POLITISCHE LEITIDEE DES 21. JAHRHUNDERTS UND DER BEITRAG DER GLÜCKSFORSCHUNG
- Vermessung des Glücks: Alternative Wohlfahrtsmessung als politische Rationalität der Moderne
- Nationale Glücksbarometer: Empirische Beispiele für die Vermessung des Glücks als moderne Regierungskunst
- ZUSAMMENTRAGEN DER ERGEBNISSE/SCHLUSSBETRACHTUNG
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Masterarbeit untersucht die Entstehung des Glücksdispositivs als moderne Regierungskunst und verfolgt dabei eine genealogische Perspektive. Sie zeichnet die historischen Entwicklungen des Glücksverständnisses nach, um die heutigen politischen Praktiken der Glücksmessung und -steuerung in ihrer Genese zu verstehen.
- Entwicklung des Glücksverständnisses von der Antike bis zur Moderne
- Einfluss von Aufklärern und Philosophen auf das Verständnis von Glück und Staat
- Verknüpfung des Glücks mit der politischen Ökonomie des 19. und 20. Jahrhunderts
- Kritik an der Reduktion des Glücks auf hedonistische Faktoren in modernen Glücksstudien
- Analyse der Gouvernementalität des Glücks in der Gegenwart
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Masterarbeit ein und skizziert die historische Entwicklung des Glücks als politisches Konzept. Kapitel 2 beleuchtet den analytisch-theoretischen Rahmen der Arbeit und stellt das Konzept der Gouvernementalität vor. Kapitel 3 erläutert den analytisch-methodischen Rahmen der Arbeit, die Genealogie. Kapitel 4 analysiert die Entstehung des modernen Glücksverständnisses im 18. und 19. Jahrhundert, inklusive Exkurs zum antiken Glücksverständnis und der Rolle von Aufklärern wie Jeremy Bentham. Kapitel 5 untersucht das kurze Verschwinden und die Wiederentdeckung des Glücks als moderne Regierungskunst im 20. und 21. Jahrhundert, inklusive der Rolle von Kommunismus, Ordoliberalismus, Neoklassik und Neoliberalismus.
Schlüsselwörter
Die Masterarbeit beschäftigt sich mit zentralen Begriffen wie Glück, Gouvernementalität, Genealogie, Utilitarismus, Neoliberalismus, Wohlfahrtsmessung, Glücksforschung, und Staatsgewalt.
- Quote paper
- Luise Köcher (Author), 2021, Glück – Das Maß aller Dinge? Eine genealogische Untersuchung des Glücksdispositiv als moderne Regierungskunst, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1173824