In den 1970er Jahren wurde Europa und die europäische Einigung in der Öffentlichkeit mit großer Skepsis und Zurückhaltung betrachtet. Viele Gründe führten zur sogenannten "Eurosklerose" in dieser Zeit. [...] Der Spiegel beschrieb 1975 die Lage Europas folgendermaßen:"Ausgelaugt von eigenbrötlerischem Nationalismus, zerfranst von wirren Marktordnungen – Europas Wirtschaftsgemeinschaft heute: Alptraum der Polit-Idealisten, unverstanden und ungeliebt vom Bürger."
Dennoch entstanden in dieser Zeit die Anfänge einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik durch die Gründung der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ). Die Mitgliedsstaaten wollten in den Bereichen der Außenpolitik zusammenarbeiten und sich gegenseitig konsultieren, um so ihre Außenpolitiken zu koordinieren und Europa in der Welt als kollektiven Akteur zu etablieren . Die EPZ wird deshalb oft als wichtiger Fortschritt und bemerkenswerter Schritt hin zu einer politischen Union Europas in dieser ansonsten doch eher schwierigen Zeit für Europa genannt. Manch einer sah die EPZ gar als qualitativen Sprung in eine neue Integrationsphase der Europäischen Einigung .
Doch was konnte die EPZ in ihren Anfängen und mit der ihr eigenen Konzeption überhaupt leisten? Konnte sie die Ziele umsetzen, die sie sich gesetzt hatte? War die EPZ in den 1970er Jahren tatsächlich erfolgreich?
Um beurteilen zu können, was die EPZ in den 1970er Jahren überhaupt leisten konnte, muss zunächst geklärt werden, welchen Rahmen und welche Ziele die EPZ für sich selbst abgesteckt hat und welche Handlungsmöglichkeiten sich daraus für die EPZ ergeben haben. Dazu soll zunächst einmal die organisatorische Struktur und die Verfahrensregeln und Prozeduren der EPZ, die insbesondere im Luxemburger Bericht von 1970 und im Kopenhagener Bericht von 1973 festgehalten sind, untersucht werden. Anschließend soll genauer auf die Arbeitsweise der EPZ eingegangen werden, um zu klären, inwiefern diese zur Erreichung der Ziele der EPZ beigetragen hat, um dann zu analysieren, was die EPZ in den 1970er Jahren konkret geleistet hat, d.h. in welchen Bereichen sie tätig war und was sie in diesen Bereichen erreichen konnte. Abschließend sollte es möglich sein die Frage nach dem Erfolg der EPZ in den 1970er Jahren zu beantworten.
Inhalt
I. Leistungsvermögen und Struktur der EPZ
II. Konzeption und Ziele der EPZ
III. Funktionsweise der EPZ
A. Beratung und Entscheidungsfindung innerhalb der EPZ
C. Repräsentation nach außen
IV. Konkrete Bereiche der EPZ-Arbeit
A. Die KSZE-Verhandlungen
B. Der Euro-Arabische Dialog
C. Weitere Bereiche der EPZ-Arbeit
III. Die EPZ – ein voller Erfolg?
I. Leistungsvermögen und Struktur der EPZ
In den 1970er Jahren wurde Europa und die europäische Einigung in der Öffentlichkeit mit großer Skepsis und Zurückhaltung betrachtet. Viele Gründe führten zur sogenannten "Eurosklerose" in dieser Zeit. Am häufigsten werden die weltweite Inflation und Rezession, die Ölkrise von 1973, aber auch die Schwierigkeiten innerhalb der Gemeinschaften Entscheidungen zu treffen, oder das vorläufige Scheitern der Wirtschafts- und Währungsunion genannt[1]. Der Spiegel beschrieb 1975 die Lage Europas folgendermaßen: "Ausgelaugt von eigenbrötlerischem Nationalismus, zerfranst von wirren Marktordnungen – Europas Wirtschaftsgemeinschaft heute: Alptraum der Polit-Idealisten, unverstanden und ungeliebt vom Bürger[2]."
Dennoch entstanden in dieser Zeit die Anfänge einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik durch die Gründung der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ). Die Mitgliedsstaaten wollten in den Bereichen der Außenpolitik zusammenarbeiten und sich gegenseitig konsultieren, um so ihre Außenpolitiken zu koordinieren und Europa in der Welt als kollektiven Akteur zu etablieren[3]. Die EPZ wird deshalb oft als wichtiger Fortschritt und bemerkenswerter Schritt hin zu einer politischen Union Europas in dieser ansonsten doch eher schwierigen Zeit für Europa genannt. Manch einer sah die EPZ gar als qualitativen Sprung in eine neue Integrationsphase der Europäischen Einigung[4].
Doch was konnte die EPZ in ihren Anfängen und mit der ihr eigenen Konzeption überhaupt leisten? Konnte sie die Ziele umsetzen, die sie sich gesetzt hatte? War die EPZ in den 1970er Jahren tatsächlich erfolgreich?
Um beurteilen zu können, was die EPZ in den 1970er Jahren überhaupt leisten konnte, muss zunächst geklärt werden, welchen Rahmen und welche Ziele die EPZ für sich selbst abgesteckt hat und welche Handlungsmöglichkeiten sich daraus für die EPZ ergeben haben. Dazu soll zunächst einmal die organisatorische Struktur und die Verfahrensregeln und Prozeduren der EPZ, die insbesondere im Luxemburger Bericht von 1970 und im Kopenhagener Bericht von 1973 festgehalten sind, untersucht werden. Anschließend soll genauer auf die Arbeitsweise der EPZ eingegangen werden, um zu klären, inwiefern diese zur Erreichung der Ziele der EPZ beigetragen hat, um dann zu analysieren, was die EPZ in den 1970er Jahren konkret geleistet hat, d.h. in welchen Bereichen sie tätig war und was sie in diesen Bereichen erreichen konnte. Abschließend sollte es möglich sein die Frage nach dem Erfolg der EPZ in den 1970er Jahren zu beantworten.
II. Konzeption und Ziele der EPZ
Der Luxemburger Bericht gilt als Gründungsbericht der EPZ, weil durch ihn die Mitglieder der Europäischen Gemeinschaften zum ersten Mal beschließen, in der Außenpolitik zusammenzuarbeiten und sich als Ziel setzen, durch regelmäßige Unterrichtung und Konsultationen praktische Voraussetzungen zur Harmonisierung ihrer Standpunkte auf dem Gebiet der internationalen Politik zu schaffen[5].
Die Koordinierung der Außenpolitik sollte durch halbjährliche Ministertagungen stattfinden, die wiederum von einem Komitee vorbereitet werden sollten, das aus den Leitern der Politischen Abteilungen bestand. Dieses Politische Komitee spielte eine wichtige Rolle, denn es war das Organ, dem die Planung und Steuerung übertragen wurde und somit das erste Organ, das kontinuierlich mit der Aufgabe der Einbindung nationaler Außenpolitiken in eine europäische Position befasst war. An dieser Stelle ist es wichtig zu erwähnen, dass das Politische Komitee aus Mitgliedern bestand, die jeweils aus den nationalen Außenministerien kamen und es somit kein supranationales Organ der EPZ war. Die EPZ war von vornherein als intergouvernementales Koordinations- und Konsultationsinstrument vorgesehen, dessen Beschlüsse auf Ebene der Regierungschefs – also außerhalb der Gemeinschaften – getroffen wurden[6].
Der Kopenhagener Bericht aus dem Jahr 1973 bekräftigte noch einmal die Wichtigkeit der gegenseitigen Konsultation, nachdem die Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft von sechs auf neun Mitglieder eine weitere Diversifizierung der Standpunkte zur Folge hatte. Wichtige Neuerung im Kopenhagener Bericht war die Einführung einer Korrespondentengruppe, die die Aufgabe hatte, Organisationsproblemen vorzubeugen, die Durchführung der Zusammenarbeit zu verfolgen und die Arbeit des politischen Komitees zu unterstützen. Die Korrespondentengruppe war so organisiert, dass in jedem nationalen Außenministerium ein Beamter einen persönlichen Ansprechpartner für die Gelegenheiten der EPZ hatte[7]. Diese direkten Verbindungen wurden durch die Einrichtung eines eigenen Telexnetzes für die Korrespondenten (COREU) unterstützt, welches die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Außenministerien weiter erleichterte[8].
Der dritte Baustein in der Entwicklung der EPZ wurde auf dem Pariser Gipfel von 1974 mit der Schaffung des Europäischen Rates beschlossen. Dieser Beschluss stellte praktisch eine Institutionalisierung der bereits seit 1962 stattfindenden Gipfelkonferenzen der Staats- und Regierungschefs dar. Von nun an sollte der Rat dreimal jährlich gemeinsam mit den Außenministern sowohl als Rat der Gemeinschaft als auch im Rahmen der EPZ zusammenarbeiten. Der Europäische Rat war nicht Bestandteil des Vertragswerks der EG und auch selbst nicht vertraglich geregelt.
III. Funktionsweise der EPZ
Nachdem die Entwicklung und die Konzeption der EPZ nachgezeichnet wurden, soll im Folgenden dargestellt werden, wie die EPZ praktisch in dem ihr gegebenen Rahmen funktioniert und welche Verfahrensweisen sie entwickelt hat. Da jeder öffentlichen Verlautbarung nach außen zunächst einmal eine Entscheidung innerhalb der EPZ zugrunde lag, soll zunächst dieser Prozess der Entscheidungsfindung beschrieben und anschließend beleuchtet werden, wie die EPZ diese Entscheidungen nach außen kommuniziert und vertreten hat.
A. Beratung und Entscheidungsfindung innerhalb der EPZ
Die bereits drei erwähnten Schritte des Ausbaus der EPZ (Luxemburger und Kopenhagener Bericht, Pariser Gipfel) haben den Kompetenzrahmen der EPZ für die 1970er Jahre abgesteckt und gleichzeitig wurde mit ihnen die Basis der EPZ-Verfahrensweise begründet: die Erarbeitung gemeinsamer Kommuniqués und Berichte, die nach innen zu einer politische Verpflichtung zur Zusammenarbeit und Koordination der Außenpolitiken führen und nach außen den Standpunkt der EPZ in außenpolitischen Fragen darstellen sollten . Da die EPZ keine vertragliche Vereinbarung zwischen ihren Mitgliedsstaaten beinhaltete, konnten diese politischen Verpflichtungen nicht zwingend für die Mitgliedsstaaten sein und stellten die EPZ zumindest rechtlich auf unsicheren Boden[9]. Allerdings kann man diese Informalität, die der EPZ innewohnte, durchaus als erleichterndes Element im Hinblick auf die praktische Zusammenarbeit sehen, da die Einzelstaaten so ihre Entscheidungshoheit behalten konnten und ihre Vorbehalte[10] gegenüber einer supranationalen Ausgestaltung der Zusammenarbeit so überwunden werden konnten. Auch die Tatsache, dass die EPZ über keinen eigenen administrativen Apparat verfügte, verstärkte den Clubcharakter der EPZ, deren Zusammenarbeit deshalb von einem auf Vertrauen und Vertraulichkeit beruhenden Verhaltenskodex basierte. Diese positive Einschätzung des EPZ-Verfahrens von Seiten der Mitgliedsstaaten führte zur Entwicklung eines fast schon automatischen Koordinierungs-, bzw. Konzertierungsreflexes zwischen den Mitgliedsstaaten der EPZ[11]. Bestätigt wird dies auch von Hans-Dietrich Genscher, der 1976 konstatiert, dass die Außenminister der Neun inzwischen häufiger, oftmals gar wöchentlich, zu Beratungen zusammenkommen als der FDP-Vorsitzende mit den FDP-Landesvorsitzenden. Ebenso trafen sich die Politischen Direktoren des Politischen Komitees monatlich zu zweitägigen Sitzungen, und auch die einzelnen Arbeitsgruppen der Fachreferenten berieten immer häufiger gemeinsam[12]. Die EPZ hat sich also in den ersten Jahren durchaus positiv entwickelt und die Zusammenarbeit wurde intensiviert.
Obwohl die EPZ also in einem rechtlich unverbindlichen Rahmen und unter Anwendung des Einstimmigkeitsprinzips zusammenarbeitete, etablierte sich durch das Politische Komitee, die Gruppe der Europäischen Korrespondenten und die Zusammenarbeit in themenspezifischen Arbeitsgruppen dennoch eine "direkte institutionalisierte Querverbindung[13] " zwischen den diplomatischen Behörden der Mitgliedsstaaten, die für eine verlässliche und kontinuierliche Zusammenarbeit sorgte. Es entstand also eine faktische Verbindlichkeit der Entscheidungen der Mitgliedsstaaten, deren Einhaltung allerdings nicht rechtlich, sondern vielmehr durch eine Art "Gruppenzwang" bzw. die Erwartungshaltung der anderen kontrolliert wurde[14]. Wie genau der Prozess der Meinungsfindung bzw. des Meinungsaustausches bei den vertraulichen Verhandlungen ablief, kann aufgrund des vertraulichen Charakters der Treffen der Regierungschefs und Außenminister kaum von außen objektiv analysiert werden. Es bleibt festzuhalten, dass die EPZ-Regelungen und Berichte ausschließlich politisch bindend waren unter dem Grundsatz der gegenseitigen Beachtung. Ihre Geltungsberechtigung erhielten sie durch ein übereinstimmendes Moralbewusstsein der Mitgliedsstaaten.
Reinhardt Rummel stellt fest, dass die Verfahren der EPZ was den Informations- und Meinungsaustausch zwischen den Mitgliedsstaaten in den 1970er Jahren "bei einem Teil außenpolitischer Fragen den Rahmen für den innereuropäischen Reifeprozess vom Meinungsaustausch unter den Neun[15] " bildeten und man kann hinzufügen, dass dieser Meinungsaustausch darüber hinaus auch in verpflichtenden Regelungen für die Mitgliedsstaaten der EPZ mündete, die trotz fehlender rechtlicher Bindung, ähnlich wie völkerrechtliche Verträge, überwiegend eingehalten wurden[16].
[...]
[1] vgl. Awesti, Anil: "Intergovernmentalist Theory and Eurosclerosis: A Critique."PAIS Graduate Working Papers, 02/2006. S. 4-5.
[2] "Europa '75: Allenfalls lustig" in: Spiegel vom 01.12.1975. S. 110.
[3] vgl. EUFIS: EU-Glossar.
<http://www.eufis.de/eu-glossar.html?&type=0&uid=83&cHash=3a295d4c9a>, (15.03.2008).
[4] vgl. Wessels, Wolfgang: "Die EPZ ein neuer Ansatz europäischer Außenpolitik", in: Die Europäische Politische Zusammenarbeit: Leistungsvermögen und Struktur der EPZ. Hrsg. Reinhardt Rummel und Wolfgang Wessels. Bonn: Europa Union Verlag, 1978. S.15. oder auch Marion Gräfin Dönhoff: "Europas Rolle in der Welt", in: Die Zeit, 29/1979.
[5] vgl. Erster Bericht der Außenminister an die Staats-und Regierungschefs der EG-Mitgliedsstaaten vom 27. Oktober 1970 (Luxemburger Bericht), Erster Teil, Ziffer 10, und Zweiter Teil, Ziffer 1, in : Texte zur Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ). Bonn: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, 1974. S. 17-25.
[6] Steltemeier, Rolf: Utopie oder Realität? : die Europäische Union auf dem Weg zu einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Baden-Baden: Nomos-Verlagsgesellschaft, 1998. S. 58
[7] vgl. Zweiter Bericht betreffend die europäische politische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Außenpolitik (Kopenhagen, am 23. Juli 1973), Teil 2, Ziffer 3 und Anhang, Ziffer 3., in: Texte zur Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ). Bonn: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, 1974.
[8] vgl. Das Portal der Europäischen Union, <http://europa.eu/scadplus/glossary/coreu_de.htm>, (17.03.2008)
[9] Rummel, Reinhardt: Zusammengesetzte Aussenpolitik: Westeuropa als internationaler Akteur. Kehl am Rhein, Strassburg: Engel, 1982. S. 64.
[10] vgl. Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft und der Europäischen Politischen Gemeinschaft, bspw. in Brunn, Gerhard: Die Europäische Einigung von 1945 bis heute. Stuttgart, Reclam, 2002. S. 93ff.
[11] Jürgens, Thomas: Die gemeinsame Europäische Außen- und Sicherheitspolitik. Köln, Berlin, Bonn, München: Heymann, 1994. (Studien zum internationalen Wirtschaftsrecht und Atomenergierecht; Bd. 90). S. 121-122.
[12] Genscher, Hans-Dietrich: "Notwendigkeit und Möglichkeit einer europäischen Außenpolitik", in: Europa-Archiv, 31/1976. S. 428.
[13] Wessels, Wolfgang, 1978. S.43.
[14] ebd. S. 43ff.
[15] Rummel, Reinhardt: "Die Europäische Politische Zusammenarbeit als Ansatz gemeinsamer Außenpolitik der Neun", in: Gemeinschaftsbildung Westeuropas in der Außenpolitik: zur Tragfähigkeit der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ). Hrsg. Heinz Kramer und Reinhardt Rummel. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft, 1978. S.20.
[16] Jürgens, 1994: S. 170-171.
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