Für national sowie international ausgerichtete Firmen in technisch hoch entwickelten Staaten ist heute die IKT und insbesondere das Internet ein wichtiger Bestandteil für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft. Um solche Technologien erfolgreich einzusetzen bzw. mit Anbietern und Kunden digital verbunden zu sein, sind jedoch einige Voraussetzungen - z.B. Kapital für die modernsten IKTs - vonnöten, die oft nur Grossunternehmen aufweisen können. Wirtschaftsteilnehmer, denen die nötigen Mittel fehlen und die die Voraussetzungen der digitalen Wirtschaft nicht erfüllen - auch in Industrienationen -, sind dem Risiko ausgesetzt ausgeschlossen zu sein (European e-Business Report 2007: 13). In der vorliegenden Arbeit wird versucht die Chancen der IKTs, in der Hauptsache mit den Möglichkeiten des Internet, für den insgesamt wirtschaftlich schwachen Kontinent Afrika aufzuzeigen. Dabei können nicht einzelne Staaten analysiert werden, da dies den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Es wird deswegen das Potenzial für die Wirtschaft der LDCs untersucht.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die digitale Kluft im Informationszeitalter
3. Die Globalisierungstendenz zwischen grossen internationalen Finanz- und Wirtschaftszentren
4. Afrika im Informationszeitalter
4.1 Die „Probleme der Dritten Welt“
4.2 Das „Regional Communications Infrastructure Program“
5. Ist Afrika für die globalen elektronischen Märkte aufgerüstet?
5.1 Die Einsatzmöglichkeiten von E-Commerce in der Praxis
5.2 Der Rohstoff Technik ist nicht nachhaltig genug
6. „E-velopment“ versus traditionelle Entwicklungshilfe
7. Der Einsatz von E-Commerce in Afrikas Wirtschaft
7.1 Die Kassenschlager beim Einsatz von E-Commerce
7.2 Wie mit E-Commerce ein Nischenmarkt gefördert wird
8. Schlussbetrachtungen
9. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Von den 53 Länder in Afrika gibt es heute zumindest ein Entwicklungsland, dass optimistisch ist, dass Informations- und Kommunikationstechnologien (IKTs) für wirtschaftlichen Aufschwung sorgen werden. Dabei handelt es sich um das kleine ostafrikanische Land Ruanda. Ruanda verbindet jedermann ziemlich sicher als erstes mit dem grausamen Genozid von 1994. Es fällt schwer zu glauben, dass dieses Land, welches zu den Least Developed Countries (LDCs) zählt, solche ambitionierten Ziele implementieren kann. Ruanda hat allen Zweifeln zum Trotz mit dem Regierungsprogramm „Vision 2020“ verschiedene Wege skizziert, wie es schlussendlich zu einem modernen, starken und politisch stabilen Land ohne Diskriminierung werden möchte. Zu diesen gehören u.a. umfassende IKT-Kenntnisse, Entwicklung der Infrastruktur und der IKT- Netzwerke, die es bis im Jahr 2020 zu realisieren gilt (Ministry of Finance and Economic Planning/Republik of Rwanda 2000: 4-5). Mit „Vision 2020“ will sich Ruanda zum Telekommunikations- und Finanzplatz in Afrika etablieren. Der 2003 als erster demokratisch gewählte Präsident von Ruanda Paul Kagame verteidigt die ehrgeizigen Wachstumsziele von „Vision 2020“, die im Gegensatz zu vielen anderen Projekten in Afrika durch Investoren aus der Wirtschaft realisiert werden sollen. In einem Interview mit „FOCUS“ vergleicht er Ruandas Vision mit denen, die auch Länder wie Singapur oder Südkorea hatten. Von der traditionellen Entwicklungshilfe hält die Regierungsspitze nicht viel und ist sich sicher, dass Privatkapital, welches Infrastrukturen und Arbeitsplätze schafft, viel nachhaltiger ist (Schaertl 2007: 157) .
Für national sowie international ausgerichtete Firmen in technisch hoch entwickelten Staaten ist heute die IKT und insbesondere das Internet ein wichtiger Bestandteil für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft. Um solche Technologien erfolgreich einzusetzen bzw. mit Anbietern und Kunden digital verbunden zu sein, sind jedoch einige Voraussetzungen - z.B. Kapital für die modernsten IKTs - vonnöten, die oft nur Grossunternehmen aufweisen können. Wirtschaftsteilnehmer, denen die nötigen Mittel fehlen und die die Voraussetzungen der digitalen Wirtschaft nicht erfüllen - auch in Industrienationen -, sind dem Risiko ausgesetzt ausgeschlossen zu sein (European e-Business Report 2007: 13). In der vorliegenden Arbeit wird versucht die Chancen der IKTs, in der Hauptsache mit den Möglichkeiten des Internet, für den insgesamt wirtschaftlich schwachen Kontinent Afrika aufzuzeigen. Dabei können nicht einzelne Staaten analysiert werden, da dies den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Es wird deswegen das Potenzial für die Wirtschaft der LDCs untersucht.
2. Die digitale Kluft im Informationszeitalter
Das Internet wird meist mit Freiheit, Produktivität und Kommunikation assoziiert. Selbstverständlich nur, wenn der Zugang zu dieser Technologie gewährleistet ist. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Ländern weltweit sind jedoch enorm. Es gibt solche, denen der Zugang uneingeschränkt möglich ist und solche – insbesondere in der Dritten Welt – die nur beschränkten oder gar keinen Zugang haben. Überdies variiert ein solcher Zugang auch innerhalb von Staaten, generell im Ausdruck des Nord- Südgefälles. Dieser ungleiche Zugang zum Internet oder allgemein zu Informations- und Kommunikationstechnologien (IKTs) wird auch als digitale Kluft („Digital Divide“) bezeichnet und besteht mindestens seit das Internet kommerzialisiert wurde (Castells 2001: 247). Der ungleich verteilte Zugang wird ersichtlich, wenn man beispielsweise die Einwohnerzahl und die Anzahl Internetuser von der Schweiz mit Benin vergleicht: In der Schweiz gibt es im Jahr 2008 7.581.520 Millionen Einwohner, in Benin 8.294.941. Die Anzahl derer, die 2006 in der Schweiz Zugang zum Internet hatten, betrug 4.36 Millionen, in Benin hingegen lediglich 700.000 (CIA World Factbook 2008). Der Soziologe Manuel Castells beschreibt, dass dieser ungleiche Zugang für viele Menschen einen sozialen Ausschluss bedeutet, obwohl ihnen das Informationszeitalter versprochen wurde: „The differentiation between Internet-haves and have- nots adds a fundamental cleavage to existing sources of inequality and social exclusion in a complex interaction that appears to increase the gap between the promise of the Information Age and its bleak reality for many people in the world.“ (Castells 2001: 247).
Castells hat Studien analysiert, die zwischen 1995 und 2000 von der „National Telecommunications and Information Administration“ (NTIA) in Amerika erhoben worden sind1 und kam zu dem Ergebnis, dass beschränkter privater Internetzugang auf verschiedene soziale Kriterien zurückzuführen ist. Eines davon betrifft das durchschnittliche Einkommen von Privatpersonen. 70.1 Prozent von den Menschen, die im Jahr 2000 in Amerika 75.000 Dollar und mehr verdienten, hatten Zugang zum Internet. Im Vergleich dazu hatten 18.9 Prozent der Einwohner, die weniger als 15.000 Dollar verdienten, einen solchen Zugang. Ein zweiter Faktor besteht in der Ausbildung. Menschen mit einem Bachelor Abschluss oder höher hatten durchschnittlich 74.5 Prozent Zugang, während 21.7 Prozent ohne High School-Abschluss Zugang zum Internet hatten. Weitere entscheidende Kriterien sind die Sprache, das Alter, die Erwerbstätigkeit, die Hautfarbe, der Familienstand, die Geographie (Stadt oder Land) und körperliche Behinderung (Castells 2001: 248ff). Diese sozialen Unterschiede in Bezug auf den
Internetzugang haben sich insbesondere zwischen Dezember 1998 und August 20002 weitgehend aufgelöst und das Internet wurde immer mehr zu einem unverzichtbaren Werkzeug für den Einzelnen. Einzig der Graben zwischen den verschiedenen Ethnien hat sich zum Nachteil der afroamerikanischen und lateinamerikanischen Bevölkerung in den USA in dieser Zeit weiter entwickelt, obwohl die Internetuser dieser beiden ethnischen Gruppen verglichen mit der weissen und der asiatisch-amerikanischen Bevölkerung prozentual mehr angestiegen war (Castells 2001: 251f). Castells rechnete damit, dass bis 2005 die digitale Kluft weltweit nur noch eine Angelegenheit der ärmsten und am meisten diskriminierten Bevölkerungssegmente sein wird und sich dort auch vergrössern werde. Generell würden bis dahin auch die meisten ethnischen Minderheiten Zugang zum Internet haben (Castells 2001: 254).
3. Die Globalisierungstendenz zwischen grossen internationalen Finanz- und Wirtschaftszentren
Die Globalisierungstheoretikerin Saskia Sassen verfolgte den ungleich verteilten Zugang zum Internet bereits 1997 kritisch und räumte ein, dass globale Städte – allen voran die grössten internationalen Finanz- und Wirtschaftszentren u.a. New York, London, Tokio und Zürich - über eine gut ausgebaute Infrastruktur verfügten, wo hingegen wirtschaftlich schwach entwickelte Städte und Regionen nur spärlich ausgestaltet waren. Auch den Aspekt der Diskriminierung von ethnischen Minderheiten schloss Sassen mit in ihre Betrachtungen ein. Während viele Gebäude in New York City an ein Glasfaserkabelnetz angeschlossen waren, hatte das „schwarze“ Harlem nur ein solches Gebäude (Sassen 1997: 221). Der kostspielige Ausbau sowie der Unterhalt der nationalen Infrastruktur stellt sich für weniger wohlhabende Regionen der Welt als schwer realisierbar heraus. Da sich die Telekommunikation als wirtschaftlich immer rentabler unter Beweis stellte und die führenden Unternehmen, um wettbewerbsfähig zu bleiben, immer die aktuellsten Technologien benötigten, standen die staatlichen Telefongesellschaften unter enormem Druck. Es fehlten öffentliche Mittel für die Entwicklung von modernsten Systemen, was die Privatisierung förderte und schliesslich in der Bildung von Grosskonzernen mündete. Die Privatisierung war wiederum eine Chance für wirtschaftlich schwächere Nationen, sich an ausländischem Geld und Know-how zu bedienen, um die eigene Infrastruktur auszubauen (Sassen 1997: 223). Für Sassen hängen die ungleichen Zugangsmöglichkeiten zum Internet - global wie für die einzelnen Individuen - einzig mit der Macht des Zahlungsfähigeren zusammen:
„Die weltweit agierenden Konzerne und die jeweils neueste Infrastruktur und Technologie, zu der sie Zugang haben werden, können den Abstand zwischen den Technologie- 'Besitzern' und den 'Habe-'Nichtsen' unter den Unternehmen und Verbrauchern nur vergrössern. Schliesslich werden die Nutzer, wenn sie einmal im Cyberspace sind, einer genauso ungleichen Zugangsverteilung gegenüberstehen. Wer es bezahlen kann, wird Hochgeschwindigkeits-Service haben; wer das nicht kann, wird sich in wachsendem Maß auf ganz langsamen Bahnen wiederfinden.“ (Sassen 1997: 224).
Also erhalten LDCs wie z.B. in Afrika auch im Informationszeitalter keine Chance, sich in der Welt wirtschaftlich zu etablieren?
4. Afrika im Informationszeitalter
Im März 2008 leben 3.6 Prozent der weltweiten Internetuser in Afrika. Dabei darf nicht vergessen werden, dass der gesamte Kontinent eine Bevölkerung hat von 955.206.348 Millionen. Europa hat im Vergleich dazu 800.401.065, jedoch 27.1 Prozent an Zugang (Miniwatts Marketing Group 2008). Allerdings hat sich Afrika etwas gesteigert, denn noch vor 8 Jahren waren es 0.6 Prozent3 (Castells 2001: 260). Es gibt verschiedene Gründe, weshalb die Entwicklungsländer in Afrika und auch in weiteren Ländern der Dritten Welt einen so überschaubaren Anteil an Internetnutzern stellen können. Wie bereits Sassen erwähnt hat, fehlt es weitgehend an Infrastruktur für die Telekommunikation, des Weiteren an Internetanbietern und auch an Strategien, um diese Hürden zu meistern. Für die globale Kommunikation sind Medien, internationaler Business, internationale Hotels, Transportsysteme etc. äusserst wichtig. Die Länder, die all diese Standards und die modernsten Techniken bereits einsetzen können, werden mit Sicherheit nicht auf Länder warten, deren gesamtes Telekommunikationssystem neu organisiert werden oder überhaupt erst gebaut werden muss (Castells 2001: 263).
4.1 Die „Probleme der Dritten Welt“
Etliche afrikanische Länder kämpfen seit langem gegen wirtschaftliche und soziale Krisen an. Von den 50 LDCs weltweit befinden sich 34 in Afrika (United Nations 2008). Viele Regionen sind gar nicht ans Internet angeschlossen oder wenn, nur oberflächlich. Das bedeutet, dass sie vom globalen, vernetzten System ausgeschlossen sind. Man könnte bei vielen Ländern in Afrika versucht sein zu sagen, dass zunächst die „Probleme der Dritten Welt“, wie etwa Gesundheit, Ausbildung, Wasser, Elektrizität etc. gelöst werden müssten, bevor man in den Zugang zum Internet investiert. Doch ohne eine Internet basierte Wirtschaft mit einem ebensolchen Management-System, besteht für kein Land die Chance sich nachhaltig zu entwickeln (Castells 2001: 269). Es werden verschiedene Projekte lanciert, die es LDCs ermöglichen sollen, mithilfe von IKTs ihre Entwicklung zu beschleunigen. Ein solches ist das von der Weltbank kreditierte „Regional Communications Infrastructure Program“ (RCIP).
4.2 Das „Regional Communications Infrastructure Program“
Das RCIP soll für 25 Staaten im östlichen und südlichen Afrika den Zugang ans Internet gewährleisten. 2007 wurde es mit dem Ziel initiiert, bis 2012 alle Hauptstädte sowie grösseren Städte an das internationale Breitband-Glasfasernetz anzubinden. In einer ersten Phase sollen Kenia, Burundi und Madagaskar mit Krediten in Höhe von insgesamt 164,5 Millionen US-Dollar ausgestattet werden. Alle weiteren Länder4 werden dann an diese angebunden. Diese Länder sind die einzigen der Welt, die bislang nicht via Unterseekabel5 an die globale Breitband-Infrastruktur angeschlossen sind. Die Weltbank will mit dem Projekt, das ein Gesamtvolumen von 424 Millionen Dollar hat, den "Missing Link" der internationalen, terrestrischen Kommunikationswege in Afrika schliessen. Mit dem RCIP soll erreicht werden, dass die Preise für den Internetzugang sinken, denn die bisherigen Kommunikationswege z.B. via Satellit sind enorm teuer. Diese Regionen sollen nicht länger von der Weltwirtschaft, insbesondere dem globalen Handel ausgeschlossen werden und durch eine schnelle kostengünstige Internetverbindung wettbewerbsfähig werden. Ein weiterer positiver Aspekt ist - laut der Weltbank - der leichtere Zugang zur Bildung, was sich später in besseren Jobmöglichkeiten auszahlen wird (Weltbank 2007).
[...]
1 Castells hat die Daten von der NTIA verwendet, da diese seit 1995 repräsentative Statistiken über den unterschiedlichen Zugang der US-Bevölkerung zum Internet erstellt hat.
2 In dieser Zeit breitete sich das Internet dort, wo die Infrastruktur vorhanden war und der Zugang für die Masse bezahlbar wurde, rasant aus.
3 Wovon die meisten User aus dem Staat Südafrika stammten.
4 Angola, Botswana, die Komoren, die Demokratische Republik Kongo, Djibouti, Eritrea, Äthiopien, Lesotho, Malawi, Mauritius, Mosambik, Namibia, Ruanda, Seychellen, Somalia, Süd Afrika, Sudan, Swasiland, Tansania, Uganda, Sambia und Simbabwe.
5 Dem RCIP ist ein Folgeprojekt der Initiative EASSy (Eastern Africa Submarine Cable System). Die Initiative verfolgte das Ziel, die Länder von Ostafrika via Unterseekabel mit dem globalen Netzwerk zu verbinden.
- Quote paper
- Martina Schöb (Author), 2008, Online Bürger versus Offline Bürger, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117246
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