Das Konstrukt Persönlichkeit fand im historischen Kontext der sportpsychologischen Forschung lange Zeit einzig auf die Person des Athleten Anwendung.
Mit dem von Kellmann, Langenkamp und Krug (2005) entwickelten Fragebogen zur berufbezogenen Trainerpersönlichkeit (FBT) wurde ein Selbstberichtsverfahren geschaffen, das speziell den Trainer im Sport zu erfassen vermag. Im Rahmen dieser Diplomarbeit erfolgte die Erprobung der derzeit aktuellen zweiten Version des FBT anhand einer Gesamtstichprobe von 67 Rudertrainern. Diese Version umfasst 14 Persönlichkeitsdimensionen, die den drei Bereichen Soziale Kompetenzen, Berufliche Orientierung/ Arbeitsverhalten und Psychische Konstitution zugeordnet werden. Das Untersuchungsziel bzw. die Fragestellung lautete, die Kompetenzprofile der jeweils 35 Junioren- und 32 Seniorentrainer einem Mittelwertvergleich zu unterziehen, um eventuelle Unterschiede herauszuarbeiten. Basierend auf der ausführlichen Literaturrecherche wurden insbesondere Differenzen zwischen beiden Subgruppen in den sozialen Kompetenzen und in der Skala Führungsmotivation erwartet.
Zunächst galt es jedoch aufgrund des explorativen Charakters der Untersuchung als weiterer wesentlicher Schwerpunkt, die Testgütekriterien einer Überprüfung zu unterziehen. Zu diesem Zweck wurde eingangs anhand des Außenkriteriums „subjektiv einzuschätzender Berufserfolg“ die Validität berechnet. Deren Prüfung konnte aufzeigen, dass die Gesamtvarianz des Außenkriteriums zu 21% von den Skalen des FBT erklärt werden kann. Die Reliabilitätsanalyse konnte Werte von Cronbachs Alpha zwischen .60 und .84 und für die Split-Half Koeffizienten Werte zwischen .55 und .88 nachweisen. Die Daten konnten somit zufrieden stellend die Testgütekriterien erfüllen, womit sie sich als geeignet für die zugrunde liegende Analyse erwiesen. Der auf die Fragestellung bezogene Vergleich zwischen den Trainergruppen zeigte hinsichtlich des Persönlichkeitsprofils ein insignifikantes Ergebnis. Auf Bereichsebene stellte sich einzig ein marginal signifikantes Ergebnis hinsichtlich des Komplexes Berufliche Orientierung/ Arbeitsverhalten heraus. Dieser Unterschied wurde hervorgerufen durch die immanenten Skalen Analyseorientierung, Durchsetzungsstärke und Handlungsorientierung.
Inhaltsverzeichnis
1.Zusammenfassung
2. Einleitung
3. Theoretischer Hintergrund – Das Konstrukt Persönlichkeit
3.1 Definition von Persönlichkeit
3.2 Wechselbeziehung zwischen Persönlichkeit und Arbeit
3.3 Die Trainerpersönlichkeit
3.3.1 Arbeitskontext des Trainers: Anforderungsprofil und Handlungsspielraum
3.3.2 Trainerpersönlichkeit und Arbeitsbezogenes Verhalten
3.3.3 Spezifische Trainerkompetenzen im Rudersport
3.3.4 Empirische Absicherung der Trainerpersönlichkeit
3.4 Erfassen von Persönlichkeit
3.4.1 Selbstberichtsverfahren
3.4.2 Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung
3.4.3 Fragebogen zur berufsbezogenen Trainerpersönlichkeit
3.5 Fragestellung
4. Methodisches Vorgehen
4.1 Hypothesen
4.2 Beschreibung der Stichprobe
4.3 Untersuchungsdurchführung
4.4 Messinstrumente
4.4.1 Instruktion
4.4.2 Demographische Angaben
4.4.3 Rückmeldung
4.5 Statistische Testverfahren
4.5.1 Testgütekriterien
4.5.3 Zusätzliche Berechnungen
5. Ergebnisse
5.1 Testgütekriterien
5.1.1 Reliabilität
5.1.2 Validität
5.2 Vergleich der Mittelwerte
5.3 Zusätzliche Berechnungen
5.3.1 Unterschiede bezüglich der spezifischen Fragen zur Trainertätigkeit
5.3.2 Interkorrelationen der Skalen
6. Diskussion und Ausblick
6.1 Diskussion der Ergebnisse
6.2 Kritische Aspekte der Untersuchung
6.3 Ausblick für zukünftige Forschung
7. Literaturverzeichnis
8. Anhang
Abbildungs verzeichnis
Abbildung 1: Allg. Rahmenmodell zur Konzeptualisierung der Wechselwirkungen zwischen Person und Arbeit (modifiziert nach Kieschke, 2003, S. 42)
Abbildung 2: Die Wurzeln des heutigen Coaching-Verständnisses (Rauen, 2003, S. 23)
Abbildung 3: Die Dimensionen des BIP (Hossiep & Paschen, 1998, S. 17)
Abbildung 4: Die 3 Bereiche und 14 Skalen des FBT (Kellmann et al., 2006, S. 7)
Abbildung 5: Altersverteilung in den beiden Stichproben
Abbildung 6: Regressionsfunktion des subjektiv eingeschätzten Berufserfolgs
Abbildung 7: Signifikante Mittelwertunterschiede der beiden Trainergruppen
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Aus der derzeitigen Literatur hervorgehende Trainereigenschaften
Tabelle 2: Abgleich der Skalen des FBT und der recherchierten Eigenschaften
Tabelle 3: Reliabilitäten der Dimensionen
Tabelle 4: Deskriptive Darstellung der Gesamtstichprobe und der beiden Subgruppen
Tabelle 5: Deskriptive Statistiken des subjektiven Berufserfolgs
Tabelle 6: Interkorrelationen der Skalen des FBT
1. Zusammenfassung
Das Konstrukt Persönlichkeit fand im historischen Kontext der sportpsychologischen Forschung lange Zeit einzig auf die Person des Athleten Anwendung.
Mit dem von Kellmann, Langenkamp und Krug (2005) entwickelten Fragebogen zur berufsbezogenen Trainerpersönlichkeit (FBT) wurde ein Selbstberichtsverfahren geschaffen, das speziell den Trainer im Sport zu erfassen vermag. Im Rahmen dieser Diplomarbeit erfolgte die Erprobung der derzeit aktuellen zweiten Version des FBT anhand einer Gesamtstichprobe von 67 Rudertrainern. Diese Version umfasst 14 Persönlichkeitsdimensionen, die den drei Bereichen Soziale Kompetenzen, Berufliche Orientierung/ Arbeitsverhalten und Psychische Konstitution zugeordnet werden. Das Untersuchungsziel bzw. die Fragestellung lautete, die Kompetenzprofile der jeweils 35 Junioren- und 32 Seniorentrainer einem Mittelwertvergleich zu unterziehen, um eventuelle Unterschiede herauszuarbeiten. Basierend auf der ausführlichen Literaturrecherche wurden insbesondere Differenzen zwischen beiden Subgruppen in den sozialen Kompetenzen und in der Skala Führungsmotivation erwartet.
Zunächst galt es jedoch aufgrund des explorativen Charakters der Untersuchung als weiterer wesentlicher Schwerpunkt, die Testgütekriterien einer Überprüfung zu unterziehen. Zu diesem Zweck wurde eingangs anhand des Außenkriteriums „subjektiv einzuschätzender Berufserfolg“ die Validität berechet. Deren Prüfung konnte aufzeigen, dass die Gesamtvarianz des Außenkriteriums zu 21% von den Skalen des FBT erklärt werden kann. Die Reliabilitätsanalyse konnte Werte von Cronbachs Alpha zwischen .60 und .84 und für die Split-Half Koeffizienten Werte zwischen .55 und .88 nachweisen. Die Daten konnten somit zufrieden stellend die Testgütekriterien erfüllen, womit sie sich als geeignet für die zugrunde liegende Analyse erwiesen. Der auf die Fragestellung bezogene Vergleich zwischen den Trainergruppen zeigte hinsichtlich des Persönlichkeitsprofils ein insignifikantes Ergebnis. Auf Bereichsebene stellte sich einzig ein marginal signifikantes Ergebnis hinsichtlich des Komplexes Berufliche Orientierung/ Arbeitsverhalten heraus. Dieser Unterschied wurde hervorgerufen durch die immanenten Skalen Analyseorientierung, Durchsetzungsstärke und Handlungsorientierung. In den sozialen Kompetenzen ergab sich ein Unterschied bezüglich der Intuition und Kreativität; hinsichtlich der psychischen Konstitution wurde nur ein marginal signifikanter Unterschied im Selbstbewusstsein gefunden. Alle signifikanten Ergebnisse wurden durch höhere Mittelwertsausprägungen der Seniorentrainer herbeigeführt.
Damit zeigten sich nur beschränkt erwartungskonforme Ergebnisse. Im Rahmen der Ursachenforschung wurde als ein möglicher Grund die Mindestausprägung bestimmter Persönlichkeitseigenschaften für die erfolgreiche Ausübung des Trainerberufs angeführt, die unabhängig vom trainierten Altersbereich existieren. Zusätzliche aufschlussreiche Analysen konnten zudem Unterschiede im subjektiv eingeschätzten Berufserfolg aufzeigen.
Abschließend wurden Vorschläge für zukünftige Erweiterungen der vorliegenden Untersuchung diskutiert.
Schlüsselwörter: Trainerpersönlichkeit, FBT,
Unterschiede zwischen Junioren- und Seniorentrainer des Rudersports
2. Einleitung
Es sagte einmal Walt Whitman: „Wir überzeugen durch unsere Persönlichkeit“ (1871, S. 228). Diese Aussage ist sehr zutreffend für viele Lebensbereiche und stellt somit auch im Sportkontext eine zentrale Komponente dar, die entscheidenden Charakter für Sieg oder Niederlage besitzt. Zu der Thematik Persönlichkeit wurde seit dem Bestehen der sportpsychologischen Forschung bislang fast ausschließlich die Person des Athleten fokussiert und diesbezüglich der Versuch unternommen, eine sportartspezifische bzw. besonders erfolgreiche Persönlichkeitsstruktur für den Sport zu ergründen (z.B. Bakker, 1992; Bierhoff-Alfermann, 1986; Eberspächer, 1993). Dabei erfahren in vielen Fällen die Trainer dieselben Emotionen wie ihre Athleten: sie sind ebenso ängstlich und gestresst vor wichtigen Wettkämpfen, haben sich bisweilen ebenso mit Motivationsproblemen auseinanderzusetzen etc. Werden diese Tatbestände ignoriert oder nachlässig gemanagt, können indirekt hinderliche Einflüsse auf den Sportler bzw. seine sportliche Leistung wirken und sie besitzen zudem sehr negative Auswirkungen auf die mentale Gesundheit des Trainers (Schinke, Hancock, Dubuc & Dorsch, 2006). Es ist nicht schwer nachzuvollziehen, dass gute sportliche Leistungen und v.a. Entwicklungsfortschritte seitens der Sportler nicht ausschließlich von diesem realisiert werden, sondern dass der Trainer via seiner Kompetenzen einen immensen Beitrag dazu leistet. Vielmehr werden Hochleistungstrainer oftmals vollständig für die Wettkampfresultate ihrer Athleten verantwortlich gemacht (Mallett & Côté, 2006). Augrund dessen rückt gegenwärtig die ganzheitliche Betrachtung der Person des Trainers in den Fokus der Aufmerksamkeit und dessen Persönlichkeit wird nun eine zentrale Rolle eingeräumt (Bitter, 2005). Die Problematik, die sich hierbei stellt, ist, dass die existierenden theoretischen Konstrukte kein homogenes Profil über Trainerkompetenzen abbilden und bislang keine globalen, empirisch fundierten Aussagen zur Trainerpersönlichkeit zu tätigen vermögen. Der Grund kann dahingehend attribuiert werden, dass dieses Forschungsdefizit durch einen bisherigen Mangel an geeigneten Erhebungsinstrumenten hervorgerufen wird. Denn es hat sich gezeigt, dass die in allgemeinen Persönlichkeitstests untersuchten Persönlichkeitseigenschaften, nicht die für den Trainer relevanten ausreichend und spezifisch genug erfassen (Gabler, 1975). Daher ist es angebracht, sich auf berufsbezogene Erfassungsinstrumente zu beziehen. Dies taten Kellmann et al. (2005), indem sie erste Voruntersuchungen an Trainern mit dem Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (BIP) vornahmen (Hossiep & Paschen, 2003). Denn Trainer befinden sich in einer Position, die sich in vielen Bereichen mit denen einer Führungsperson in der Wirtschaft deckt und somit stellt das BIP, das ursprünglich für den wirtschaftlichen Arbeitskontext konstruiert wurde, ein probates Instrument für eine erste Annäherung dar. Auf Basis der mit ihm gewonnenen Erkenntnisse sollte im Rahmen eines geförderten Forschungsprojektes des Bundesinstituts für Sportwissenschaft, das derzeit an der Ruhr-Universität Bochum läuft, die Konstruktion eines speziell auf den Sportbereich zugeschnittenen Testverfahrens erfolgen (Kellmann, Langenkamp & Krug, 2006). Aus diesem Anliegen entstand der FBT, dessen zweite überarbeitete Fassung die aktuelle Version darstellt.
Mit dieser bietet sich erstmalig die Option, verschiedenste Forschungsansätze fortzuführen bzw. empirisch zu fundieren. So ist als ein viel in der Literatur diskutierter Wissenschaftsgegenstand der Altersaspekt der Athleten zu nennen (Conroy & Coatsworth, 2006; Körner & Schwanitz, 1987; Kreiß, 1997; Petitpas, Cornelius, Van Raalte, & Jones, 2005). Denn das Coaching in den jeweiligen Alterbereichen konfrontiert den Trainer mit spezifischen Anforderungen und erfordert von ihm ein an die Sportler adaptiertes Agieren und Reagieren. Das bedeutet, dass das altersmoderate Verhalten auf Seiten des Trainers Auswirkungen auf seine Persönlichkeit innehaben wird. Es ist daher anzunehmen, dass diesbezüglich zwischen Trainern im Jugend- und Erwachsenenbereich Differenzen aufzufinden sind.
Basierend auf dem FBT beschäftigt sich die vorliegende Diplomarbeit anhand von Junioren- und Seniorentrainer des Rudersports mit diesem Sachverhalt, indem sie beide Gruppen hinsichtlich ihrer Kompetenzprofile einem Vergleich unterzieht.
3. Theoretischer Hintergrund – Das Konstrukt Persönlichkeit
Mit dem Begriff Persönlichkeit kommt jeder Mensch tagtäglich in Berührung – Menschen beurteilen andere Personen andauernd und werden auf der anderen Seite stets beurteilt. Aufgrund dessen genießt wohl kein anderes Gebiet der Psychologie einen äquivalenten Bekanntheitsgrad. Die Fragen, die in der Persönlichkeitspsychologie im Fokus der Aufmerksamkeit stehen, sind folgende: „Was bedeutet es, eine Person zu sein?“, „Inwiefern sind Individuen einzigartig?“, „Was ist die Natur des Selbst?“ (Friedmann und Schustack, 2004, S. 17). Um auf diese Fragen eine Antwort zu finden, soll zunächst eine Definition des Konstrukts Persönlichkeit vorgenommen werden (Kap. 3.1). Jedoch sollte dieses Konstrukt nicht losgelöst vom sozialen Kontext betrachtet werden, aufgrund dessen sich eine Darstellung der Wechselbeziehung zwischen der Persönlichkeit und dem Arbeitskontext anschließt (Kap. 3.2), die daraufhin konkret Anwendung auf die Trainerpersönlichkeit finden soll (Kap. 3.3). Basierend auf diesen Ausführungen kann die, dieser Arbeit zugrunde liegende, Thematik des Erfassens von Persönlichkeit erörtert werden (Kap. 3.4). Daraufhin finden alle theoretischen Explikationen im Rahmen der Fragestellung Beachtung, wobei gleichzeitig die Zielstellung dieser Arbeit klar umrissen werden soll (Kap. 3.5).
3.1 Definition von Persönlichkeit
Die Persönlichkeitspsychologie thematisiert nach Epstein (1980) die Beschreibung und Erklärung individueller Unterschiede. Weltweit existieren über 1000 Persönlichkeits-, Charakter- oder Wesenstypologien (Ruttkowski, 1974), was klar ersichtlich werden lässt, dass der Begriff der Persönlichkeit nicht einzig im laienhaften Gebrauch, sondern auch in der Wissenschaft sehr kontrovers diskutiert wird. Für Lersch (1962) stellt die Persönlichkeit die Grundform des menschlichen Seins dar, Wellek (1966) betont die Einmaligkeit des ganzheitlichen, seelischen Seins und Thomae (1968) sieht in ihr den individuellen Aspekt des Menschen. Sowohl im historischen als auch im gegenwärtigen Kontext lässt sich keine vollkommene Einigkeit in Bezug auf diesen Begriff erzielen (Engler, 2005). Jedoch herrscht ein breiter Konsens über die Aussage nach Herrmann (1972, zitiert nach Häcker & Stapf, 2004), nach der die Persönlichkeit eines jeden Menschen ein einzigartiges, relativ stabiles und zeitlich überdauerndes Verhaltenskorrelat darstellt. Einzigartig heißt, dass jeder Mensch eine vollkommen individuelle Zusammensetzung an gewissen Merkmalen, wie z.B. Temperament, Intelligenz, Interessen, Werten und Zielen, aufweist. Dabei stehen die einzelnen Attribute jedoch nicht zusammenhangslos nebeneinander, sondern bilden vielmehr eine Dispositionshierarchie, die sich durch horizontale und vertikale Verknüpfungen auszeichnet (Asendorpf, 1999). Der Aspekt der horizontalen Verknüpfung kommt durch die Annahme zustande, dass bestimmte Dispositionen gekoppelt auftreten. Z.B. sorgfältiges Abwägen, Rationalität und stets beherrschtes Außenbild können zu einer Äquivalenzklasse zusammengefasst und somit vertikal zu einer Disposition höherer Ordnung aufgefasst werden. An dem Beispiel orientiert, würde einer Person mit den angeführten Dispositionen ein hohes Maß an Selbstkontrolle attestiert werden. Zu dem Aspekt der Einzigartigkeit von Merkmalen ist letztlich anzumerken, dass nach Kluckhohn und Murray (1953) Merkmale anhand von drei Ebenen differenzierter betrachtet werden sollten:
- Ein Mensch verfügt über Dispositionen, über die fast alle Menschen verfügen
- Ein Mensch besitzt Dispositionen, die er mit einigen, bei weitem aber nicht mit allen anderen Menschen teilt
- Ein Mensch in seiner gesamten Dispositionshierarchie vollkommen einzigartig ist.
Relative zeitliche Stabilität bezieht sich auf den Aspekt, dass Persönlichkeitseigenschaften von einer gewissen Resistenz gegenüber Veränderungen geprägt sind. Dabei erscheint der Begriff der relativen Stabilität wie ein Widerspruch, da hypothetisch mit dem Relativen nicht gleichzeitig Stabilität einhergeht und umgekehrt (Sponsel, 2004). Relative Stabilität bedeutet, dass sich Personen in den meisten Situationen adäquat zu ihrem Dispositionskorrelat verhalten, aber dieses nicht als Prädiktor für alle Situationen fungieren kann. Dazu sind andere Einflüsse, wie soziale, situative etc., zu groß. Persönlichkeit sollte dementsprechend nach Stroebe und Hewstone (2003) nie isoliert betrachtet werden, um Erklärungen für menschliches Verhalten heranzuziehen. Relative Stabilität kann zudem auch in dem Sinne interpretiert werden, dass jeder Mensch in seinem Leben Entwicklungen vollzieht, die damit per se auch seine Persönlichkeit verändern. Merkmale sind demzufolge keineswegs absolut starr und rigide. Wäre dies der Fall, wäre jegliche Erfassung von Persönlichkeit und darauf folgende psychologische Intervention ein sinnfreies Unterfangen (McCrae, 1993). Dabei ist jedoch zu postulieren, dass einige Merkmale leichter beeinflussbar sind als andere. Asendorpf (1999) verweist hierbei auf zwei verschiedene Prozesse: Vererbung und Lernen. Dabei ist zu postulieren, dass vererbte Dispositionen erheblich veränderungsresistenter sind als erlernte. Das Erlernen von Merkmalen vollzieht sich durch Instruktion oder über direkte Auseinandersetzung mit der Umwelt. Menschen bewegen sich in unterschiedlichsten Umfeldern. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die Einzigartigkeit der Dispositionshierarchien nicht zuletzt aus dem Aspekt des Umfelds resultiert. Diese Ausführungen werden gestützt durch Forschungen mit eineiigen Zwillingen, die über identische Gene verfügen, sich jedoch zu ganz verschiedenen Persönlichkeiten entwickeln, wenn sie getrennt in anderer Umgebung aufwachsen (Borkenau, Riemann, Angleitner & Spinath, 2002). Jeder Mensch besitzt eine für ihn spezifische Zusammensetzung an Umfeldern, in denen er sich bewegt (Carver & Scheier, 2004). Schließlich befinden sich Menschen in den unterschiedlichsten sozialen Situationen, wie Familienkonstellation, Freundeskreis Arbeitsbereiche, Sportgruppe etc., um nur einige Beispiele zu nennen, die aus jedem Menschen ein einzigartiges, unverwechselbares Individuum formen.
Im Folgenden soll der Bereich des beruflichen Kontexts und sein Zusammenwirken mit der Persönlichkeit eingehender thematisiert werden.
3.2 Wechselbeziehung zwischen Persönlichkeit und Arbeit
Die Arbeit prägt den Menschen. Schließlich handelt es sich hierbei um ein Umfeld, in dem Menschen viel von ihrer Lebenszeit verbringen. Die dabei in den Vordergrund rückende Frage ist, ob Personen mit einem bestimmten Persönlichkeitsprofil zu passfähigen Berufen tendieren oder ob die jeweilige Berufszugehörigkeit ein berufstypisches Verhaltensmuster erzeugt, d.h., ob eine Anpassungsleistung vollzogen wird (Schaarschmidt & Kieschke, 2003). Häfeli, Kraft und Schallberger (1988) gehen davon aus, dass ein kontinuierliches Wechselspiel zwischen Person und Arbeit vorhanden ist. Zum Beispiel ist Intelligenz eine Persönlichkeitsdimension, die in ihrer unterschiedlichen Ausprägung dazu führt, dass intellektuell anforderungsreiche Berufe eher von Personen mit hoher Intelligenz und die geistige Leistungsfähigkeit weniger beanspruchende Arbeitsbereiche eher von Personen mit geringerem Maß an Intelligenz verrichtet werden. Es sind also Selektions- und damit auch Sozialisationseffekte zu verzeichnen (Wilks, Desmarais & Sackett, 1995). Wenn Menschen freie Entscheidungsträger sind, wählen sie ihren Beruf selbst, verrichten ihre Arbeit auf spezielle Weise, entscheiden über Verbleib am Arbeitsplatz oder auch Wechsel desselben und gestalten somit ihre Arbeitsumwelt selber mit. Schneider (1987) spricht von drei Faktoren, die die Wechselbeziehung zwischen Mensch und Organisation zum Ausdruck bringen: Anziehung bestimmter Personen, deren Auswahl und selektives Verbleiben in der Organisation. Diese Reziprozität mündet im optimalen Fall darin, dass eine Kongruenz von Person und Organisation herbeigeführt wird, die wiederum als bedeutende Voraussetzung für die Arbeitszufriedenheit und damit auch für den Berufserfolg anzusehen ist (Conolly & Viswesvaran, 2000). Um diese Wechselbeziehung besser zu veranschaulichen, sei auf das Allgemeine Rahmenmodell zur Konzeptualisierung der Wechselwirkungen zwischen Person und Arbeit verwiesen (siehe Abbildung 1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Allg. Rahmenmodell zur Konzeptualisierung der Wechselwirkungen zwischen Person und Arbeit (modifiziert nach Kieschke, 2003, S. 42)
Unter dem Synonym Arbeitskontext verbergen sich die intersubjektiv gültigen Sachverhalte. D.h., welche Fähigkeiten gefordert sind (Anforderungsprofil), wie die Person die Handlungsfreiheiten ihrer Position wahrnimmt (Handlungsspielraum), wie die betriebliche Binnenstruktur (formale Charakteristika) realisiert ist und wie sich das soziale Klima in der Organisation (informelle Einflüsse) darstellt. All dem steht die Person mit ihrem Potential gegenüber. Nach Stern (1935) wird die Unterscheidung zwischen Rüstungs- und Richtungsdispositionen vorgenommen. Der erste Begriff umfasst psychische und physische Merkmale.
Damit vereinigt er Fähigkeitskonstrukte (z.B. Intelligenz), Temperamentsindikatoren, Gestaltmaße (z.B. Körpergröße) sowie Marker des allgemeinen Gesundheitsstatus. Hingegen ist die zweite Art an Dispositionen als Antriebskomponenten zu begreifen – sie initiieren Zielbindungen des Handelns, Motive, Neigungen, Werte, Interessen und Einstellungen. Um Persönlichkeit umfassend zu beschreiben, bedarf es weiterer Konstrukte, z.B. dem Selbstkonzept (Schütz, 2000). Inwieweit Engagement den Arbeitsanforderungen entgegen gebracht wird und sich Entwicklungsimpulse von der Arbeit auf die Person abzeichnen, ist davon abhängig, wie zentral das Thema Arbeit im Selbstkonzept einer Person verankert ist. Als letzter aber unverzichtbarer Begriff ist der der Kompetenzen anzuführen. Nach wie vor ist zu verzeichnen, dass weithin Intelligenz (z.B. Auswahlverfahren für Neuanstellungen) als maßgeblicher Prädiktor für beruflichen Erfolg angesehen wird (Schuler, 1996). Dabei sind in vielen Berufen nichtkognitive Kompetenzen, wie emotionale, motivationale und sozial-kommunikative Attribute, von immenser Bedeutung. Ergo sollte eine Überwindung der vorherrschenden einseitigen Leistungsbetontheit angestrebt werden. Der Anspruch tendiert also gegenwärtig zu einem heterogeneren Persönlichkeitsspektrum, da schließlich nicht ein Merkmal bzw. ein bestimmtes Merkmalsprofil mit uneingeschränkter Gültigkeit für beruflichen Erfolg in jedem Berufsfeld fungieren kann (Schuler, 2001). Vielmehr ist nach Schaarschmidt und Kieschke (2003) zu prüfen, inwiefern ein Merkmal oder eine bestimmte Auswahl an Merkmalen Relevanz für die spezifische Tätigkeitsanforderung besitzt. Zu diesem Aspekt ist die Selbstbeanspruchung zu nennen, die im Modell den Austausch zwischen der Person und ihrem Arbeitsbezogenen Verhalten kennzeichnet. Darunter sind Faktoren wie Arbeitsengagement, Sozialverhalten am Arbeitsplatz und die tätigkeitsbezogenen Handlungs- und Bewältigungsstile anzusiedeln. Die Effekte der Selbstbeanspruchung fließen zum einen in die persönliche Leistung ein, zum anderen liegen persönlichkeitsspezifische Wirkungen der jeweiligen Arbeit in ihr begründet. Der berufliche Erfolg ist dementsprechend nicht einzig mit Merkmalen wie Intelligenz oder für den jeweiligen Beruf spezifischen Attributen zu erklären, sondern auch vom individuellen Herangehen an die Arbeit geprägt (Allport, 1949). Dieses korrespondiert wiederum im besonderen Maße mit dem bereits erwähnten Selbstkonzept.
Letztlich sollte zudem nicht außer Acht gelassen werden, dass der Mensch Entwicklungs- und Lernprozesse durchläuft und damit in seiner Persönlichkeit und daraus resultierend auch in seinen beruflichen Kompetenzen und Einstellungen variiert. Aufgrund dessen sollten bei der Persönlichkeitserfassung im Beruf biographische Aspekte unbedingt hinzugezogen werden (Schuler & Marcus, 2001). Zudem bietet sich die Möglichkeit, Aufschluss darüber zu erlangen, inwiefern und welche entwicklungsgeschichtlichen Daten sich als Prädiktoren für zukünftiges Verhalten erweisen. Im Sinne der psychologischen Intervention gilt es daraufhin, Zusammenhänge zwischen verantwortlichen personalen und außerpersonalen Entwicklungsbedingungen aufzuklären und zu beeinflussen (Fisseni, 2004).
Im Kontext der vorangegangenen Überlegungen erlangt an dieser Stelle eminente Bedeutung, was konkret der Beruf des Trainers im Sport für Anforderungen mit sich bringt und welche Kompetenzen diesen dementsprechend gegenüber stehen sollten. Es gilt also den Arbeitskontext des Trainers zu klären und durch welche Dispositionen der berufliche Erfolg definiert ist.
3.3 Die Trainerpersönlichkeit
Nun sind Implikationen des Allgemeinen Rahmenmodells für die Trainerpersönlichkeit im Sport zu fokussieren und sollen somit zur Anwendung kommen. Im Rahmen dieser Dar-stellung gilt es zuerst zu klären, was das Coaching umfasst und somit das Anforderungsprofil der Trainertätigkeit zu klären (Kap. 3.3.1). Daraufhin lässt sich der Bezug zu den erforderlichen Kompetenzen eines Trainers und dem Trainerverhalten herstellen (Kap. 3.3.2). Da sich die Übergänge als fließend gestalten und beide Bereiche einander bedingen erscheint es sinnvoll, sie im gemeinsamen Kontext abzuhandeln. Im Anschluss werden relevante Trainerkompetenzen im Rudersport zur Sprache gebracht (Kap. 3.3.3) und eine Überprüfung der empirischen Absicherung der Trainerpersönlichkeit vorgenommen (Kap. 3.3.4).
3.3.1 Arbeitskontext des Trainers: Anforderungsprofil und Handlungsspielraum
Wie universell anwendbar der Begriff ist, zeigt Rauens (2005) Definition, die Coaching als „interaktiven, personenzentrierten Beratungs- und Betreuungsprozess“ (S. 12) auffasst. Der Funktion des Coachs wird inzwischen in vielen Bereichen große Beachtung geschenkt. Im Rahmen der Literaturrecherche zeigte sich, dass besonders im Sektor Wirtschaft eine große Nachfrage (z.B. Schulung von Führungskräften, Managementberatung, Personalentwicklung) vorherrscht und adäquat dazu viel fundiertes Wissen zum Coaching besonders in diesem Be-reich existiert (z.B. Böning, 2000; Jung, 1991; Schreyögg, 2003; Vogelauer, 2002). Es steht jedoch außer Zweifel, welch tragende Rolle dem Trainer im Sport zukommt, was nicht zuletzt Grund dafür sein wird, dass bereits seit geraumer Zeit und seit Ende der 1960er Jahre in besonderem Maße der Begriff des Coachings vom sportlichen Kontext initiiert und mitgeprägt wurde (Eberspächer, 1983). Wie in Abbildung 2 veranschaulicht, liegt eine der Wurzeln unseres heutigen Verständnisses vom Coaching durchaus im Sportbereich begründet (Rauen, 2003). Der Trend verläuft dahingehend, dass gerade im Hochleistungssport psychologischen Aspekten der sportlichen Leistung mehr Bedeutung beigemessen wird und damit konsequenterweise das Coaching zunehmend in den Mittelpunkt rückt (Nadori & Büchler, 1983).
Beim Coaching im Sport steht nach Eberspächer (1993) „die Betreuung, die Analysen und Problemlösestrategien umfasst“ (S. 297), im Vordergrund. Dabei bedient sich das Coaching der Diagnostik und Beratung und sein Effekt wird an der erbrachten sportlichen Leistung beurteilt. Idealerweise sollten die psychologischen Komponenten der Leistung und der Persönlichkeit des Sportlers unter Berücksichtigung der individuellen Situation ganzheitlich betrachtet werden (Bitter, 2005).
Gerade in großen Trainingsgruppen läuft der einzelne Sportler Gefahr, in seinen individuellen Bedürfnissen unterzugehen und damit keine optimale Leistungsentwicklung vollziehen zu können. Aufgrund dessen sollte beim Gruppen-Coaching eine Gruppenstärke von mehr als 15 Personen vermieden werden (Schreyögg, 2003). Die konkreten Aufgaben eines Coachs sind also darin zu sehen, dass er dem Sportler Techniken, Strategien und Verhaltensweisen systematisch näher bringt, die zu einer Optimierung der Leistung führen sollen. D.h., das anvisierte und gemeinsam erarbeitete Saisonziel zu erreichen. Als Teilaspekte dieses Prozesses können Schaffung von Verantwortung, Erweiterung von Verhaltenskompetenzen, Abbau von Angst und im Mannschaftssport zusätzlich Entwicklung von Gemeinschaftsgefühl, Abbau von Reibungsverlusten und Schaffen einer Mannschaftsstruktur angeführt werden (Demmer, 2005).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Die Wurzeln des heutigen Coaching-Verständnisses (Rauen, 2003, S. 23)
Die Betonung liegt dabei auf gemeinsames Erarbeiten und Schaffen von Verantwortung – denn letztendlich sollte Coaching immer als Hilfe zur Selbsthilfe und zur Selbstverantwortung verstanden werden (Rauen, 2005). D.h., dass das Coaching einen interaktiven Prozess darstellt und daher nicht die reine Informationsvermittlung im Vordergrund steht, sondern die subjektiven Erfahrungen der Sportler in dem Sinne aufgearbeitet werden sollten, dass sie für den Sportler transparenten und lösungsorientierten Charakter erhalten. Dennoch leitet der Trainer die Sportler an, indem er den Rahmen des Trainings festlegt. An ihm liegt die Trainingsgestaltung – die Trainingsinhalte, das –pensum, der Wettkampfplan etc. obliegen seiner Verantwortung. D.h., dass der Coach in seinem Handlungsspielraum mit einem hohen Maß an Freiheitsgraden ausgestattet ist (Schaarschmidt & Kieschke, 2003).
In anderen Worten formuliert bedeutet das, dass er die Führung übernimmt, die in der Regel in einer Gruppe erforderlich ist (Schlicht & Strauß, 2003). Bleibt also festzuhalten, dass das Anforderungsprofil an einen Trainer sich als recht komplex erweist und somit auch von dem Persönlichkeitsprofil Multidimensionalität zu erwarten ist.
3.3.2 Trainerpersönlichkeit und Arbeitsbezogenes Verhalten
Um seinen Aufgaben gerecht zu werden und die gesetzten Ziele zu realisieren, muss der Coach über bestimmte Kompetenzen verfügen. Die österreichische Bundes-Sportorganisation (BSO, 2005) umreißt grob die Trainerpersönlichkeit als charismatische Leadergestalt innerhalb des Sports, die über hohe fachliche, menschliche, motivatorische und pädagogische Qua-lifikationen verfügen sollte. In der gängigen Literatur lassen sich fast beliebig lange Listen mit den unterschiedlichsten Trainerattributen finden. Jedoch besteht über 30 bis 40 Persönlichkeitseigenschaften ein breiter Konsens (z.B. Cachey & Bahlke, 2003; Sabock, 1985; Valée & Bloom, 2005). Was allerdings die empirisch fundierte Erforschung der Trainerpersönlichkeit anbelangt, zeigt sich nach Gould, Greenleaf, Guinan und Chung (2002) ein fast vollständiges Forschungsdefizit und das insbesondere im Elitebereich. Die wenige Literatur, die zu dieser Thematik existiert, wurde beinahe ausschließlich auf deskriptiver Ebene erstellt. Dennoch ist eine klare Tendenz in der jüngeren Vergangenheit dahingehend zu verzeichnen, dass der Versuch unternommen wurde, dieses Defizit aufzuarbeiten, indem anhand von Befragungen weitere Aufschlüsse bezüglich der Eigenschaften der Trainerpersönlichkeit erlangt werden sollten. Im Folgenden sollen sowohl deskriptiv als auch empirisch gewonnene Kompetenzprofile zur Trainerpersönlichkeit einer detaillierten Betrachtung unterzogen werden.
Deskriptiven Charakter besitzt das Trainerprofil nach Weinberg und Gould (1999, zitiert nach Schlicht & Strauß, 2003), die für einen guten Trainer die Eigenschaften „Integrität, Flexibilität, Loyalität, Selbstvertrauen, Verantwortungsbewusstsein, Aufrichtigkeit, Weitsicht in der Vorbereitung, Durchhaltevermögen, Selbstdisziplin und Geduld“ (S. 109) von wesentlicher Natur ansehen. Dahingegen erweist sich die Auflistung von Sabock (1985) als weit ausführlicher. Er benennt Aufrichtigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Fairness, Einfühlungsvermögen, Geduld und Begeisterungsfähigkeit als wesentliche Charakterzüge, die als besonders bedeutend für eine gute Trainer-Athleten-Beziehung erachtet werden können. Schließlich hat der Trainer gegenüber seinen Sportlern eine Vorbildfunktion inne und sollte dieser auch Tribut zollen, indem er gewisse Werte vermittelt. Besonders beim Trainieren von Athleten im Jugendalter sollte dem Trainer bewusst sein, dass der Sport ein sehr prägendes soziales Umfeld für seine Schützlinge darstellt und sich dementsprechend seiner Verantwortung bewusst sein (Côté & Fraser-Thomas, 2007). Eine weitere Eigenschaft, die mit der Begeisterungsfähigkeit einhergeht, ist der Fleiß. Auch hier sollte er eine positive Orientierung für seine Athleten darstellen können, da sie besonders im Elitebereich jeden Tag der Woche zusammen arbeiten und eine gute Trainingsmoral bei den Athleten nur generierbar ist, wenn der Trainer selbst gewillt ist, hart für die gemeinsamen Ziele zu arbeiten. Dieser Punkt kommt nicht zuletzt auch seiner Überzeugungskraft zu gute. Die letzten von Sabock (1985) erwähnten Trainereigenschaften lassen sich zusätzlich empirisch anhand der Befunde von Cachay und Bahlke (2003) belegen. In einer Untersuchung zu Kompetenzen von Trainern ließen sie mittels vorgegebener Eigenschaften 645 Probanden aus dem Sportbereich (Trainer, Sportler, Funktionäre) einschätzen, welche davon sie für die Trainerperson als besonders zutreffend erachten.
Es finden sich Übereinstimmungen zu den bereits erwähnten Attributen Einfühlungsvermögen, Fairness und Geduld und als eine weitere grundlegende Kompetenz wird die Motivationsfähigkeit angeführt. Sie schließt sich unmittelbar an die Begeisterungsfähigkeit an – auch hierbei wirkt der Trainer selbst als Modell und bezieht sich somit nicht einzig auf seine Athleten sondern auch auf seine eigene Person. Als weitere unabdingbare Kompetenz der Trainerpersönlichkeit wird die Organisationsfähigkeit eingestuft, da sie dem Trainer die Möglichkeit einräumt, dem komplexen Anforderungsfeld Struktur zu verleihen und darüber seine Arbeit effizient, was Aufwand und Zeit anbetrifft, zu gestalten. Aufgrund des komplexen Tätigkeitsumfeldes sollte dieses Merkmal sich allerdings ausbalanciert zur Flexibilität und Kreativität verhalten, da ein Trainer mit auch unvorhersehbaren Ereignissen konfrontiert werden kann und dementsprechend moderate Ressourcen zum Agieren und Reagieren zur Verfügung haben sollte. Nicht zuletzt ist selbstverständlich von immenser Wichtigkeit, dass Trainer eine gewisse Erfolgsorientierung und Zielstrebigkeit an den Tag legen. Denn der komplette Leistungssport basiert auf der Maxime des Erfolgs und um diesen realisieren zu können, bedarf es konkreter und individuell auf den Athleten zugeschnittene Zielvorgaben, die wiederum analog zu den Phasen der Jahresrhythmisierung in kurz-, mittel- und längerfristige Ziele differenziert werden. Um diese Vorgaben an den Sportler herantragen zu können, bedarf es nach der gemeinsamen Auffassung einem gewissen Maß an Autorität. Diese ist wiederum stark gekoppelt an die von Cachay und Bahlke (2003) postulierte Führungsfähigkeit, auf die spezifisch an anderer Stelle Bezug genommen werden soll (siehe Kap. 3.3.3).
Außerdem kamen in ihrer Befragung Durchsetzungsvermögen, Entscheidungskraft, Kritikfähigkeit, Selbstvertrauen und Kooperationsbereitschaft als ausschlaggebende Wesenszüge für eine gute Trainerperson zum Vorschein. Hingegen dazu rangierten Belastbarkeit, Realismus, Sachlichkeit und Risikobereitschaft am hinteren Ende des erhobenen Kompetenzprofils. Die-sen Tatbestand sehen die Autoren darin begründet, dass die als weniger zutreffend erachteten Eigenschaften zu wenig als konkrete und spezifische Trainereigenschaften betrachtet, sondern von den meisten Menschen mehr als allgemeine Persönlichkeitsattribute eingeschätzt werden.
In einer anderen Untersuchung widmeten sich Gould et al. (2002) dem Teilziel, Variablen zu erfassen, die Einfluss auf die Effektivität des Coachings bei Olympischen Spielen ausüben. Dazu erhoben sie die Selbsteinschätzungen von 46 US-Trainern, die 1996 in Atlanta Athleten in insgesamt 24 verschiedenen Sportarten betreuten. Zudem wurden zur Stichprobe 19 US-Trainer aus acht verschiedenen Sportarten hinzugezogen, die 1998 in Nagano tätig waren.
Bei einem solchen Großereignis wie den Olympischen Spielen, das weltweit für die meisten Trainer und Athleten den Stellenwert des bedeutsamsten sportlichen Ziels einnimmt, sind extremste Anforderungen an alle Partizipierenden gestellt. Aufgrund dessen gaben die Trainer als besonders ausschlaggebend an, dass der Erfolg ihrer Arbeit davon abhängig war, dass sie ein stabiles Coaching-Verhalten aufwiesen, um das Vertrauen zum Athleten erhalten zu können. Des Weiteren mussten sie zum effektiven Handeln in Krisensituationen fähig sein, dem immensen Druck Ruhe und Gelassenheit entgegen setzen und faire, jedoch bestimmte Entscheidungen treffen. Um diese Kriterien zum effektiven Verhalten erfüllen zu können, sahen die Trainer Selbstvertrauen, Entscheidungskraft, Organisationsfähigkeit und v.a. Stressresistenz als unverzichtbare Persönlichkeitseigenschaften an.
Dieser Kern an bereits angeführten Eigenschaften kann um weitere, die Valée und Bloom (2005) empirisch ermittelt haben, ergänzt werden. In ihrer Studie interviewten sie fünf kanadische Trainerinnen aus den Sportarten Basket- und Volleyball. Die Ergebnisse brachten neben der bereits vielfach heraus gearbeiteten Organisationsfähigkeit und Weitsicht als konstituierende Eigenschaften der Trainerpersönlichkeit Offenheit und Selbstreflexion als exponierte Attribute zum Vorschein. Welche Präsenz die letztgenannte Eigenschaft im Rahmen der Trainerexistenz einnehmen sollte, wird explizit im unteren Abschnitt dieses Kapitels – im Kontext der Coaching-Kompetenz nach Pohl und Wunder (2001) – erläutert. Zum Zweck der Beschaffung eines besseren Überblicks über alle angeführten Kompetenzprofile der verschiedenen Autoren sei auf Tabelle 1 verwiesen.
Tabelle 1: Aus der derzeitigen Literatur hervorgehende Trainereigenschaften
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Als eklatant bei der Betrachtung der recherchierten Eigenschaften bzw. derer Bearbeitung zeigt sich, dass eine hohe Verknüpfung zwischen den einzelnen Kompetenzen auszumachen ist, womit der eingangs angeführte Aspekt der Dispositionshierarchien eine erste, deskriptive Evidenz erfährt (vgl. Asendorpf, 1999). Im Rahmen der Darstellung des FBT als Untersuchungsverfahren (Kap. 3.4.3) werden diese bis dato horizontalen Verknüpfungen der relevanten Merkmale zu Äquivalenzklassen zusammengefasst und zudem die immanenten Merkmale präzise erläutert. Ein wichtiger Fakt ist demzufolge, dass mehrere Autoren auf den Punkt verweisen, dass der Trainer sich nicht aus einer Ansammlung einzelner berufsspezifischer Fähigkeiten zusammensetzt (z.B. Côté, Salmela, Trudel, Baria & Russell, 1995; Rauen, 2001). Nach dem Prinzip „das Ganze ist mehr als die Summe seiner Einzelteile“ postulieren die Autoren, dass es die Kombination einzelner Qualitäten eines Trainers ist, die sich zu einer fachübergreifenden, persönlichen Kompetenz ausbilden. Denn „Der Erfolg steht zweifellos mit seinem Fachwissen in einer mehr oder weniger direkten Wechselbeziehung, keineswegs aber in einem linearen Abhängigkeitsverhältnis“ (Hotz, 1990, S. 45). Schließlich sieht sich der Trainer mit enormen Anforderungen konfrontiert, die aus der Situationsvariation und dem Umgang mit unterschiedlichsten Athleten(-persönlichkeiten) resultieren. Pohl und Wunder (2001) gründen die gesamte erforderliche Coaching-Kompetenz auf drei Säulen:
1. Stetige Entwicklungs- und Reflexionsbereitschaft bezüglich der eigenen Person
2. Soziale Kompetenz
3. Berufs- und Lebenserfahrung.
Letztlich ist nicht nur die Aneignung von (Fach-)Wissen und Feldkompetenz von Bedeutung, sondern dieses Wissen muss auch moderat eingeordnet & umgesetzt werden (Rauen, 2001). Diese Fähigkeit zur Selbstreflexion kann ausschließlich über Berufs- und Lebenserfahrung und der grundlegenden Fähigkeit, sich realistisch und selbstkritisch beurteilen zu können, erworben werden. „Der Coach kann nicht als Spiegel dienen, wenn er selbst keine Spiegel nutzt“ befinden Pohl und Wunder (2001, S. 37). Es ist vonnöten, erlebte Führungssituationen zu überdenken und gegebenenfalls neue und bessere Lösungen für diese Situation zu finden und auch zu akzeptieren. Zu dieser Aufarbeitung muss eine wirksame Führungskraft bereit sein, um sich den ständig wechselnden Anforderungen der Arbeit anpassen zu können (Königswieser, Cichy & Jochum, 2001). Dementsprechend sollten Trainer die Ausübung ihres Berufs als anhaltenden Lernprozess auffassen – kompetente Trainer zeigen kontinuierliches Streben nach personellem Wachstum und Wissensaneignung, vertreten eine starke Arbeitsmoral bzw. –ethik, weisen Empathie auf und sind ihren Sportlern gute Lehrer (Valée & Bloom, 2005). Das schließt ergo mit ein, dass der kompetente Coach über eine professionelle soziale Umgangsart mit Menschen verfügen sollte, die sich nach Bayer (1995) insbesondere im Auflösen oder Reduzieren von Stagnation, Widerständen und Verweigerung äußert und darüber eine effektive Zusammenarbeit zwischen Athlet und Trainer zu ermöglichen.
3.3.3 Spezifische Trainerkompetenzen im Rudersport
In aller Regel handelt es sich in dieser Sportart um ein Gruppen-Coaching, da die Ruderer in Trainingsgruppen organisiert ihr Training absolvieren. Allerdings vollzieht sich ein Wandel hin zum Team-Coaching, wenn im Rahmen der Nationalmannschaftsbildung nicht nur miteinander das Training bewerkstelligt wird, sondern die Athleten gemeinsam in einem Boot ein Ziel anvisieren, z.B. das Erreichen einer WM-Medaille. Somit obliegt dem Trainer beim Team-Coaching die Aufgabe, „die Kommunikation, Motivation und Kooperation zu fördern, um so das Führungs- und Leistungsverhalten zu verbessern“ (Rauen, 2003, S. 40). Da das Rudern eine zuhöchst anspruchsvolle und intensive Sportart darstellt, was die physischen, psychischen, zeitlichen etc. Anforderungen betrifft, muss der Coach regulierend und leitend in die Gruppenprozesse einzuwirken vermögen.
Führungsfähigkeit
Um diesen Anspruch zu realisieren, liegt es am Coach, sich die bereits kurz angerissene Führungsposition (Kap. 3.3.1) bei den zu betreuenden Athleten zu verschaffen (Fritsch, 2005). In den Worten von Körner und Schwanitz (1987) formuliert bedeutet das, dass dem Rudertrainer die Aufgabe zukommt, „die Tätigkeit der Ruderer der Zielstellung entsprechend zu organisieren und zu führen“ (S. 57). D.h., dass Führung wichtig ist, um Gruppenziele und –aktivitäten zu initiieren, zu kontrollieren, zu planen und zu leiten – andererseits wäre das Erreichen von Zielen gar nicht möglich (Weinert, 1981). Die Führungsfähigkeit kann als das zentrale Merkmal der Trainerpersönlichkeit schlechthin eingestuft werden, da sie das in der Literatur meist genannte Attribut darstellt (vgl. Kreiß, 1997; Weinert, 1981; Pohl & Wunder, 2001; Schlicht & Strauß, 2003). Dabei gibt es unterschiedliche Trainerführungsstile zu verzeichnen. Die meist angeführte Unterscheidung bezieht sich auf drei Führungsstile: autoritär, demokratisch und laissez-faire (z.B. Bierhoff, 1976). Dabei rückt nun in den Vordergrund, welcher Stil zwischen Trainer und Sportler am effektivsten ist. Lenk (1970) konnte nachweisen, dass sowohl demokratisch als auch autoritär geführte Rudermannschaften zu höchsten sportlichen Erfolgen gelangten. Es kann also resümiert werden, dass nicht ein spezieller Führungsstil bessere sportliche Resultate erzielt als ein anderer. Vielmehr steht hinter einem bestimmten Führungsstil wiederum eine Trainerperson mit einer bestimmten Dispositionshierarchie. Generell gibt es auch für eine gute Führungsperson eine spezifische Merkmalsstruktur, die sie ausmacht. Interessanterweise sind die in der Literatur aufgeführten Schlüsseleigenschaften (z.B. Selbstbewusstsein, Flexibilität, Disziplin, Loyalität, Verantwortungsbewusstsein) zum großen Teil kongruent mit denen, die als charakteristisch für die Trainerpersönlichkeit allgemein genannt werden (Kreiß, 1997). Sie befähigen den Trainer, Konflikte und Schwierigkeiten in einer Gruppe zu beheben und sie darüber zusammenzuhalten, also für Kohäsion zu sorgen (Weinert, 1981). Darüber hinaus ist an dieser Stelle als ganz bedeutsamer Punkt zu erwähnen, dass die Führung dem Alter der Ruderer angemessen erfolgen sollte (Körner & Schwanitz, 1987). D.h., dass die verschiedenen Entwicklungsstadien maßgeblichen Einfluss auf die Qualität der Führung ausüben – schließlich ist aufsteigend vom Juniorenalter an ein sukzessives Selbstständigkeitsstreben seitens der Sportler wahrzunehmen, dass wiederum adäquates Agieren und Reagieren vom Trainer abverlangt. „Führen kann auch heißen, auf Führung zu verzichten“ sagt Kreiß (1997, S. 30). Das Ziel eines jeden Trainers sollte sein, die Trainingsgruppe mit zunehmendem Alter in eine teamorientierte Selbststeuerung zu überführen. Denn letztendlich wird nur eine Führung akzeptiert, die nicht als Fremdbestimmung empfunden und damit abgelehnt wird. Dieser Aspekt spiegelt sich auch im Multidimensionalen Modell von Führung im Sport wider (Chelladurai & Saleh, 1980). Dieses Modell basiert auf der Annahme, dass der Trainer als Führungsperson in der Lage sein sollte, die Bedürfnisse und Wünsche seiner Athleten zu erkennen und sich dementsprechend zu verhalten. Dabei gehen Chelladurai et al. (1980) von drei miteinander verknüpften Dimensionen aus: das von den situativen Bedingungen erforderte, von den Athleten bevorzugte und vom Trainer tatsächlich gezeigte Verhalten. Ausschließlich wenn Kongruenz zwischen allen Dimensionen besteht, kann ein Optimum hinsichtlich der Leistung und Zufriedenheit der Athleten erzielt werden. Das aktuelle Verhalten eines Trainers wird dabei nicht nur von seiner eigenen Persönlichkeit, seinen Kompetenzen und Erfahrungen determiniert, sondern multidimensional von situativen Faktoren und Eigenschaften der Athleten, wie beispielsweise Alter, Geschlecht etc., mit beeinflusst. Der Trainer sollte sich adäquat zu der Maxime verhalten, dass gegenseitige Akzeptanz und Vertrauen geschaffen werden, da über diese Komponenten die Athleten eine signifikant höhere Zufriedenheit aufweisen und dementsprechend eine bessere sportliche Leistung anbieten (Whitmore, 1994).
Sozialkompetenz
Damit Führung kompetent ausgeübt werden kann, bedarf es vor allem einer guten Kommunikation (Crisand, 2001). Die Kompetenz zur guten Kommunikation bedeutet gleichzeitig Beziehungsgestaltung – nur über das miteinander Kommunizieren lässt sich die erforderliche Vertrauensbasis für eine gute Zusammenarbeit zwischen Trainer und Sportler schaffen. Becker und Solomon (2005) sehen Differenzen im Teamerfolg v.a. durch die Fähigkeit zur Kommunikation begründet. Sie konnten anhand einer Untersuchung von Basketballteams zeigen, dass erfolgreiche Trainer eine bessere soziale Kompetenz aufweisen. Sie bieten eine signifikant höhere Menge an Instruktionen und Feedback an und sind somit besser in der Lage, ihre Erwartungen an Athleten heranzutragen als weniger erfolgreiche Trainer. „Die Fähigkeit, konstruktiv mit anderen Menschen umgehen zu können – oder noch präziser: anderen Verhaltensangebote zu machen, in denen sie sich wieder finden“ ist Christianis (1996, S. 4) Definition von Sozialkompetenz.
Kreiß (1997) sieht in ihr die Schlüsselqualifikation einer Führungspersönlichkeit und die für ein ganzes Spektrum sozialer Fähigkeiten steht. Das erste in ihr verankerte Merkmal ist das Selbstbewusstsein. Wer selber unsicher ist, ist nur schwer in der Lage, anderen Menschen Vertrauen einzuflößen. Nur über diesen Aspekt gelingt es, individuelle Lebenssituationen zu berücksichtigen und andere Auffassungen zu akzeptieren, was auch Konflikte mit sich bringen kann. Somit steht das Selbstbewusstsein in engem Zusammenhang mit der Emotionalen Intelligenz, da es die Voraussetzung darstellt, mit den eigenen und den Gefühlen anderer souverän umgehen zu können. Dazu zählen Dialog-, Kritik-, Konflikt- und Kompromissfähigkeit (vgl. Kreiß, 1997; Salovey & Sluyter, 1990).
Bei der sozialen Kompetenz handelt es sich also um ein multidimensionales Konzept – zusammengesetzt aus einzelnen sozialen Kompetenzen, von der jede einzelne als kleiner Mo-saikstein für den beruflichen Erfolg eines jeden Trainers zu betrachten ist (Kanning, 2005). Ebenso wie bei der Führungsfähigkeit ist bei der Sozialkompetenz das Alter der Athleten von entscheidender Relevanz. Denn jeder Jugendtrainer ist neben der sportlichen Laufbahn auch für die persönliche Entwicklung der von ihm betreuten Athleten verantwortlich. Das Spek-trum seiner Aufgaben erweitert sich um Kontaktpflege zu den Eltern, Reaktion auf schulische Belastungen im Sinne von Trainingsreduktion, schulische Unterstützungsmaßnahmen und Terminkoordinierung zwischen Schule und Sport (Hiersemann, 1994). Damit stellen Trainer oftmals enge Bezugspersonen für die jugendlichen Athleten dar, deren Verbleib im Sport zum großen Teil vom altersgerechten Trainerverhalten abhängig ist (Salmela, 1994). Dementsprechend gaben die Probandinnen in der Untersuchung von Valée und Bloom (2005) an, dass für sie das Trainieren von Jugendlichen weit mehr beinhaltet als ausschließlich Siege zu erlangen. Der Anspruch, dem sie sich verpflichtet fühlen, bezieht sich auf „developing well-rounded individuals who would be successful in life“ (S. 188). Dieses Statement kann auch von Gould, Chung, Smith und White (2006) unterlegt werden, die besagen, dass Trainer den Anspruch innehaben sollten, den jugendlichen Sportlern zu helfen, Persönlichkeit und soziale Kompetenzen zu entwickeln und das nicht nur im Sport, sondern auch im späteren Leben. Die Kompetenz eines Trainers wird also elementar von seiner Arbeitsethik determiniert, was sich in den Worten von Bayer (1995, S. 96) sehr treffend widerspiegelt:
„Ein Coach in unserem Verständnis lebt und handelt nach dem Menschenbild, welches jeden Einzelmenschen als einzigartige, Entscheidungen treffende, zielgerichtete, selbstverantwortliche und ganzheitliche Person versteht. Er lebt also eine prinzipiell gemeinschaftsfördernde, gleichwertige Werthaltung auf der Basis von Achtung und Selbstachtung, Verantwortlichkeit und Beitrag, Ermutigung und Konsequenz, Echtheit und Einfühlung“.
3.3.4 Empirische Absicherung der Trainerpersönlichkeit
Wie bereits erwähnt, besteht zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Defizit, was die empirische Absicherung der Trainerpersönlichkeit anbelangt (Kap. 3.3.2). Der Fokus der Aufmerksamkeit lag bislang eher auf dem Trainerverhalten, aufgrund dessen validierte Erhebungsverfahren eher hierzu vorhanden sind. Die beiden einflussreichsten Instrumente sollen im Folgenden vorgestellt werden. Ein Verfahren zum Trainerverhalten stellt das Coaching Behavior Assessment System (CBAS) dar, das sich auf das Ineinandergreifen der Komponenten Trainerverhalten, subjektive Wahrnehmung des Sportlers und Reaktionen des Sportlers bezieht (Smith, Smoll & Hunt, 1977). Das Trainerverhalten wird über direkte Verhaltensbeobachtung operationalisiert und ermöglicht darüber die Erhebung aktuellen Verhaltens. Die Kategorisierung des Verhaltens erfolgt anhand von 12 Verhaltensdimensionen, die sich auf verschiedene Bereiche beziehen wie sportfachlich/ instruierend, motivierend, ermutigend und zudem die zwischenmenschliche Ebene abdecken. Smith, Smoll, Curtis und Hunt (1978) konnten nachweisen, dass die Zufriedenheit der Sportler umso positiver ausgeprägt war, desto mehr unterstützendes und instruktives Verhalten sie seitens der Trainer vernahmen. Der interessanteste Befund, der basierend auf dem CBAS getätigt werden konnte, ist die Diskrepanz im Vergleich zwischen beobachtetem Verhalten, subjektiver Einschätzung der Trainer und subjektiver Einschätzung der Athleten (Smith, Smoll & Curtis, 1979). Es zeigte sich, dass die Selbstwahrnehmung der Trainer stark vom beobachteten Verhalten abwich. Dahingegen kamen die Athleten in ihrer subjektiven Beurteilung diesem zwar deutlich näher, dennoch wiesen auch sie nur in vier von zwölf Kategorien signifikante Übereinstimmungen auf (Bestrafung, bestrafende technische Instruktion, fehlerbedingte technische Instruktion und allgemeine Kommunikation) und wichen damit ebenso vom beobachteten Verhalten ab.
Chelladurai und Saleh (1978) konstruierend ableitend aus dem Multidimensionalen Modell der Führung im Sport (Kap. 3.3.3) das zweite Verfahren, das vorgestellt werden soll: die Leadership Scale for Sports (LSS). Mithilfe von 40 Items werden fünf Dimensionen erfasst: fachliche Unterweisung, demokratisches Verhalten, autokratisches Verhalten, soziale Unterstützung und positives Feedback. Da die LSS in drei verschiedenen Versionen existiert, kann sie nicht nur Aussagen darüber treffen, inwiefern die Beurteilungen von Trainern und Athleten bezüglich des tatsächlich beobachteten Verhaltens übereinstimmen. Vielmehr bietet sie die Möglichkeit, Einflussfaktoren ausfindig zu machen, die das gezeigte und wahrgenommene Trainerverhalten determinieren. Somit konnten Chelladurai und Carron (1983) auf empirischer Ebene aufzeigen, dass sich auch beispielsweise das Alter der Athleten auf das Verhalten auswirkt. Basierend auf der LSS erwiesen sich Sportler umso zufriedener, je mehr Instruktion, demokratisches Verhalten, soziale Unterstützung, und positives Feedback sie wahrnahmen (Chelladurai, Imamura, Yamaguchi, Oinuma & Miyauchi, 1988).
Zusammenfassend ist anzuführen, dass bei beiden Erhebungsverfahren eine hohe Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung zu verzeichnen ist. Auf diesen Aspekt wird noch detaillierter eingegangen werden (Kap. 3.4.1). Zudem haben nachfolgende Untersuchungen mit der LSS und dem CBAS widersprüchliche Befunde bezüglich der Einflüsse des Führungsverhaltens auf die sportliche Leistung erbracht (Würth, 2006). Die Autorin führt diesen Punkt darauf zurück, dass die soziale Kompetenz des Trainers sich anscheinend nicht anhand leistungsbezogener Variablen, wie beispielsweise der Zufriedenheit der Athleten, messen lässt. Die sportpsychologische Forschung kommt ergo nicht umhin, sich eingehend der Erfassung von der Trainerpersönlichkeit zu widmen.
3.4 Erfassen von Persönlichkeit
Persönlichkeitstests im Allgemeinen dienen dem Zweck, anhand der Beschreibung von individuellen Wesenszügen und Verhaltensweisen auf die dahinter stehende Persönlichkeit zu schließen. Im Gegensatz zu Leistungstests, die darauf ausgelegt sind, vorgegebene Aufgaben so schnell und korrekt wie möglich zu lösen, existieren bei Persönlichkeitstests keine „richtigen“ oder „falschen“ Antworten. Die Auswertung orientiert sich an geringer oder stärker ausgeprägter Persönlichkeitseigenschaften (Hossiep & Mühlhaus, 2005). Es stehen mehrere Möglichkeiten der Erfassung zur Verfügung, die alle mit Vor- aber auch Nachteilen behaftet sind. Die wichtigsten Verfahrensweisen nach Friedmann und Schustack (2004) sind: Selbst- und Fremdbeurteilungen, Verhaltensbeobachtungen, Interviews, Dokumentenanalyse, Q-Sorts, Biologische Verfahren, Projektive Tests und Demographische Informationen. Da das BIP als auch der FBT Instrumente sind, die unter die Kategorie Selbstbeurteilung fallen, soll zunächst näher auf diese Erhebungsweise eingegangen werden (Kap. 3.4.1). Im Anschluss erfolgt die konkrete Darstellung des BIP (Kap. 3.4.2) und des FBT (Kap. 3.4.3).
3.4.1 Selbstberichtsverfahren
Wie aus der Begrifflichkeit zu entnehmen, handelt es sich bei einer Selbstbeurteilung bzw. einem Fragebogen um Aussagen, die der Proband über sein eigenes Verhalten, seine Gewohnheiten etc. tätigt (Brickenkamp, 1975). Bei einer strikt wissenschaftlichen Vorgehensweise ist es wünschenswert, nicht einzig die Antworten der Probanden auszuzählen, sondern vielmehr in Bezug zu einer relevanten Referenzgruppe zu setzen, d.h., eine Normierung vorzunehmen (Rost, 2004). Die Erhebungsweise mittels Fragebogen ist leicht zu standardisieren, was als gewichtiger Vorteil zu werten ist, da somit bezüglich der Durchführung und Auswertung ein hohes Maß an Objektivität besteht (Fisseni, 1998). Weitere Vorteile von Selbstbeurteilungen sind darin zu sehen, dass sie zeiteffizient und ohne großen finanziellen Aufwand durchführbar sind (Amelang & Zielinski, 2002).
Allerdings ist ein Fragebogen nur korrekt einsetzbar, wenn seine Validität kontinuierlich und sorgfältig evaluiert wird. Zudem sind die Fragen der Persönlichkeitsfragebögen oftmals in ihrer Intention durchschaubar und es besteht die Möglichkeit der leichten Verfälschbarkeit, z. B. im Rahmen des Phänomens der sozialen Erwünschtheit, Versuchsleitereffekte etc. (z.B. Aronson, Ellsworth, Carlsmith & Gonzales, 1990; Rost, 2004). Aufgrund dessen empfiehlt es sich, auf die hohe Anonymität zu verweisen, die ein Fragebogen bieten kann und dass die gewonnenen Informationen einzig im Dienste der Wissenschaft genutzt werden. Darüber kann die Offenbarungsbereitschaft deutlich verbessert werden. Der Wert des Ergebnisses ist auch abhängig von der erlangten Selbsterkenntnis bzw. Metakognition, d.h. die Einsicht in eigene kognitive Prozesse (Friedmann & Schustack, 2004). Wenn diese nicht gegeben ist, kann es zu einer immensen Diskrepanz zwischen Fremd- und Selbstbeurteilung kommen. Schließlich wird in einem Fragebogen die subjektive Wahrnehmung erfasst, die nicht zwangsläufig die Realität abbilden muss. Dieses Problem des blinden Flecks in der Selbstwahrnehmung kann eliminiert werden, indem Ergänzungen um weitere Erhebungsverfahren vorgenommen und zu einer umfassenden Testbatterie zusammen geschlossen werden, wie z.B. Feedback durch die Athleten (Lyle, 2002). Dennoch betont Eberspächer (1993) die eminente Bedeutung der Selbstwahrnehmung als Informationsquelle in der Sportpsychologie, da „Prozesse und Zustände, die in der Person ablaufen bzw. herrschen“ (S. 44) schließlich einzig von der betreffenden Person selbst am besten eruiert werden können.
Berufsbezogene Persönlichkeitstests sind Fragebogenverfahren, die basierend auf einer Selbsteinschätzung eine mehrdimensionale Persönlichkeitsbeschreibung hinsichtlich berufsbezogener Merkmale ermöglichen (Hossiep & Mühlhaus, 2005). Dabei muss sich nicht jede Frage ausdrücklich auf den Beruf beziehen; vielmehr sollten die Inhaltsbereiche eines berufsbezogenen Persönlichkeitstests eine nachgewiesene Relevanz für den Anwendungsbereich besitzen. Berufsbezogene Persönlichkeitsfragebögen dienen also der anforderungsbezogenen Erfassung von außerfachlichen Kompetenzen im beruflichen Kontext, die dennoch maßgeblichen Anteil für die erfolgreiche Bewältigung des Berufs besitzen. Im Folgenden werden zwei Instrumente, die die Trainerpersönlichkeit zu erfassen vermögen, näher vorgestellt.
3.4.2 Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung
Das Ziel des Bochumer Inventars zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung ist „die standardisierte Erfassung des Selbstbildes eines Testkandidaten im Hinblick auf relevante persönlichkeitsorientierte Beschreibungsdimensionen aus dem Berufsleben“ (Hossiep & Paschen, 2003, S. 14). Basierend auf einer Selbsteinschätzung wird die Persönlichkeit mehrdimensional hinsichtlich berufsrelevanter Eigenschaften erfasst und infolge dessen ein Persönlichkeitsprofil erarbeitet (Hossiep & Mühlhausen, 2005). Die Persönlichkeit des Teilnehmers wird also sehr umfassend und ausführlich erfasst – das BIP stellt ein Verfahren dar, das die Betrachtung der berufsbezogenen Persönlichkeit in ihrer Gesamtheit ermöglicht.
Beweggrund zur Konstruktion dieses Inventars war ein Mangel an geeigneten Testverfahren für die praktische diagnostische Arbeit in der Wirtschaft. Mit dem BIP sollte ein besseres Erhebungsinstrument erarbeitet werden (Hossiep & Paschen, 1998). Dementsprechend ist das ursprüngliche Einsatzgebiet im Personalmanagement anzusiedeln. Doch das BIP eignet sich nicht nur für Personalauswahl und –platzierung, sondern ist als universelles Instrument auch in der Beratung, dem Coaching und im Training einsetzbar und somit auch für die Erfassung der Trainerpersönlichkeit im Sport von Interesse (Hossiep, Paschen & Mühlhaus, 2000). Schließlich lassen sich viele Parallelen zwischen Führungskräften in der Wirtschaft und Trainern, als Führungskräfte im Sport, ausfindig machen (z.B. Blanchard, 2000). Das BIP wird seit 1995 kontinuierlich weiterentwickelt und umfasst in seiner Pilotform insgesamt 14 Persönlichkeitsdimensionen, die mithilfe von 210 Items erhoben werden (Hossiep & Paschen, 1998). Die Dimensionen können vier verschiedenen Bereichen zugeordnet werden und bilden darüber die folgenden Äquivalenzklassen aus: Berufliche Orientierung, Arbeitsverhalten, Soziale Kompetenzen und Psychische Konstitution (vgl. Abbildung 3). Da diese Bereiche allesamt, wenngleich in abgewandelter Form, im FBT enthalten sind (Kap. 3.4.3), soll es an dieser Stelle bei einer bloßen Überblicksdarstellung der Begriffe belassen werden.
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- Quote paper
- Josephine Wartenberg (Author), 2007, Erfassung der Trainerpersönlichkeit im Rudersport anhand des FBT, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117057
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