Fokus und Fragestellung dieser Arbeit betrachten politische Kommunikation auf der „Policy-Ebene“ und ihre Bedeutung für die demokratische Konsolidierung. Zuerst wird darum der Zusammenhang zwischen politischer Kommunikation und „policy“ dargestellt. Um den Begriff "demokratische Konsolidierung" zu klären, wird auf Wolfgang Merkels "Mehrebenenmodell der demokratischen Konsolidierung" zurückgegriffen, das auch auf die "Konsolidierung einer Staatsbürgerkultur" abstellt, wodurch es eine Konzentration auf den Aspekt Integration erlaubt und somit für die Beantwortung der eigenen Fragestellung geeignet scheint. Danach werden bedeutsame Themen politischer Kommunikation für die demokratische Konsolidierung erarbeitet und im Ländervergleich analysiert. Ottfried Jarren und Ulrich Sarcinelli beschreiben bestimmte demokratische Bezugsgrößen mit zentraler Bedeutung für prinzipielle Offenheit und demokratischen Wettbewerb als kommunikative Essentials. Es wird der kommunikative Aspekt dieser Bezugsgrößen, ihre Einordnung auf der „Policy-Ebene“ sowie ihre Bedeutung für die demokratische Konsolidierung dargestellt. Ein selbst erstellter Index, der ausgewählte Daten aus dem „Status Index Demokratie“ des Bertelsmann Transformation Atlas (BTA) der Jahre 2006 und 2008 mit den o. g. kommunikativen Essentials in Beziehung setzt, wird zur Ländervergleichsanalyse herangezogen. Die Daten des BTA bieten sich an, da sie allesamt Bezug zum Thema Konsolidierung haben. Ziel des Vergleichs ist eine Betrachtung der Entwicklung der kommunikativen Essentials gemessen an der demokratischen Konsolidierung beider Länder und ihre Einordnung in Merkels Modell. Abschließend wird unter Bezug auf das Politikfeld Minderheitenpolitik, der Frage, „wie wirkt sich die Sprachpolitik in Estland und Lettland auf die Konsolidierung einer Staatsbürgerkultur aus?“ nachgegangen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Zentrale Begriffe
2.1 Politische Kommunikation und Policy
2.2 Demokratische Konsolidierung
3. Bedeutsame Themen politischer Kommunikation für die Konsolidierung junger Demokratien
4. Die Themen im Ländervergleich: Estland / Lettland
5. Wie wirkt sich die Sprachpolitik in Estland und Lettland auf die Konsolidierung einer Staatsbürgerkultur aus?
5.1 Estland
5.2 Lettland
6. Schlussbetrachtung
7. Literatur- / Quellen- / Tabellenverzeichnis
7.1 Literaturverzeichnis
7.2 Quellenverzeichnis
7.3 Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
Fokus und Fragestellung dieser Arbeit betrachten politische Kommunikation auf der „Policy-Ebene“ und ihre Bedeutung für die demokratische Konsolidierung. Zuerst wird darum der Zusammenhang zwischen politischer Kommunikation und „policy“ dargestellt. Um den Begriff "demokratische Konsolidierung" zu klären, wird auf Wolfgang Merkels "Mehrebenenmodell der demokratischen Konsolidierung" zurückgegriffen,1das auch auf die "Konsolidierung einer Staatsbürgerkultur" abstellt, wodurch es eine Konzentration auf den Aspekt Integration erlaubt und somit für die Beantwortung der eigenen Fragestellung geeignet scheint. Danach werden bedeutsame Themen politischer Kommunikation für die demokratische Konsolidierung erarbeitet und im Ländervergleich analysiert. Ottfried Jarren und Ulrich Sarcinelli beschreiben bestimmte demokratische Bezugsgrößen mit zentraler Bedeutung für prinzipielle Offenheit und demokratischen Wettbewerb als kommunikative Essentials. Es wird der kommunikative Aspekt dieser Bezugsgrößen, ihre Einordnung auf der „Policy-Ebene“ sowie ihre Bedeutung für die demokratische Konsolidierung dargestellt. Ein selbst erstellter Index, der ausgewählte Daten aus dem „Status Index Demokratie“ des Bertelsmann Transformation Atlas (BTA) der Jahre 2006 und 2008 mit den o. g. kommunikativen Essentials in Beziehung setzt, wird zur Ländervergleichsanalyse herangezogen.2Die Daten des BTA bieten sich an, da sie allesamt Bezug zum Thema Konsolidierung haben. Ziel des Vergleichs ist eine Betrachtung der Entwicklung der kommunikativen Essentials gemessen an der demokratischen Konsolidierung beider Länder und ihre Einordnung in Merkels Modell. Abschließend wird unter Bezug auf das Politikfeld Minderheitenpolitik, der Frage, „wie wirkt sich die Sprachpolitik in Estland und Lettland auf die Konsolidierung einer Staatsbürgerkultur aus?“ nachgegangen. Das Beherrschen der Landessprache ist elementar für politische und gesellschaftliche Partizipation und somit eine der wesentlichen Grundlagen für die Herausbildung einer Staatsbürgerkultur. Die Fallauswahl erfolgt nach dem "most similar system design". Beides sind postkommunistische Länder, die mittlerweile als demokratisch konsolidiert gelten. Der Austritt aus der Sowjetunion, eine Staaten-Neugründung, die Einführung einer neuen Amtssprache sowie die Einbindung in internationale Institutionen wurden bewältigt. Die heterogene Bevölkerungszusammensetzung und der damit verbundene Zwang zur Integration einer starken, russischsprachigen Minderheit in die Gesellschaftist ist eine Hauptkonfliktlinie in beiden Ländern. Durch Analyse von Ländergutachten und Sekundärliteratur wird die Sprachpolitik sowie die Integrationseinstellung der russischen Minderheit in beiden Ländern analysiert und der Versuch unternommen, ein Bild vom jeweiligen Konsolidierungsstand der Staatsbürgerkultur zu erhalten.
2. Zentrale Begriffe
2.1 Politische Kommunikation und Policy
Politische Kommunikation ist integraler Bestandteil des politischen Geschehens.3Dies impliziert eine Omnipräsenz von Kommunikation, im Austausch von Informationen und Sinndeutungen, in Strategien, Dimensionen und Prozessen der Politik. Politische Kommunikation ist einerseits in jedem sachpolitischen Handlungsfeld gegenwärtig und je nach Politikfeld sind die Strukturen, Prozesse und Intentionen von politischer Kommunikation unterschiedlich ausgeprägt. So ist z. B. der Grad an Öffentlichkeitsorientierung von den Eigenheiten des jeweiligen Politikfeldes, z.B. Verteidigungspolitik, abhängig.4Andererseits kann Kommunikationspolitik als ein eigenständiges Politikfeld betrachtet werden. Die Umsetzung einer gewünschten demokratischen Kommunikationsordnung sowie deren politische und rechtliche Sicherung und Durchsetzung, erfordern es, sich neben Fragen nach allgemeinen sozialen, rechtlichen und organisatorischen Vorbedingungen öffentlicher Kommunikation auch mit demokratischen Leitvorstellungen wie Autonomie, Pressefreiheit etc. zu beschäftigen.5Kommunikationspolitik im Sinne von Ordnungspolitik, wie sie z.B. China zur Erhaltung des politischen Systems praktiziert, hat in demokratischen Gesellschaften an Bedeutung verloren. Hier erfüllt sie vielmehr die Aufgabe eine politische Öffentlichkeit zu schaffen, welche wiederum Grundlage für die Demokratie ist.
2.2 Demokratische Konsolidierung
Demokratische Konsolidierung vollzieht sich in und resultiert aus unterschiedlichen Prozessen, Ebenen, Dimensionen, Orten oder Bereichen des politischen Wandels. Sie folgt im Normalfall der Transition. Demokratische Konsolidierung bedeutet allgemein Stabilisierung einer Demokratie, d.h. der Begriff bezieht sich auf das Erreichen eines bestimmten Demokratieniveaus und nicht auf eine immer weitere Ausdifferenzierung bereits etablierter Demokratien. Für diese Arbeit wird auf Wolfgang Merkels „Mehrebenenmodell der demokratischen Konsolidierung“ zurückgegriffen. Er beschreibt vier analytische Ebenen des Konsolidierungs- prozesses, auf denen sich die Konsolidierungschancen des gesamten Systems ent- scheiden. Das Modell impliziert eine zeitliche Abfolge, nach der sich Ebene 1 zuerst und Ebene 4 zuletzt konsolidiert.6
Die konstitutionelle Konsolidierung findet auf Ebene 1 statt und bezieht sich auf die zentralen politischen Verfassungsinstitutionen wie z. B. Staatsoberhaupt und Regierung. Sie wirkt durch sanktionierende, normative und strukturbildende Vorgaben auf die nachfolgenden Ebenen ein.7Die repräsentative Konsolidierung findet auf Ebene 2 statt und betrifft vor allem Parteien und Interessenverbände die zwischen Staat und Gesellschaft vermitteln. Konstellationen und Handlungen der Akteure auf Ebene 2 entscheiden über die Konsolidierung von Normen und Strukturen auf der Ebene 1 und darüber, ob das Akteursverhalten auf Ebene 3 hinsichtlich der demokratischen Konsolidierung durch die gemeinsame Konfiguration der Ebenen 1 und 2 positiv oder negativ beeinflusst wird. Auf Ebene 3 vollzieht sich die Verhaltenskonsolidierung der „informellen“, d. h. der potenziellen politischen Akteure wie z.B. Militär, Finanzkapital. Deren Agieren steht in direktem Zusammenhang mit den Konsolidierungserfolgen der Ebenen 1 und 2 und ist im Hinblick auf die Interessenverfolgung der potenziellen Vetomächte, innerhalb oder außerhalb der bzw. gegen die demokratischen Normen und Institutionen, von erheblicher Bedeutung. Sind die ersten drei Ebenen konsolidiert, gehen von ihnen entscheidende Impulse für die Herausbildung einer demokratiestabilisierenden Bürgergesellschaft aus. Die Konsolidierung der Bürgergesellschaft stellt Ebene 4 in Merkels Modell dar. Im Idealfall sorgt eine ausreichende aktive und passive Unterstützungsleistung durch das Volk für die endogene Stabilität eines demokratischen Systems und hat eine immunisierende Wirkung auf die Ebenen 1 bis 3, wenn deren Stabilität (Ebenen 1 und 2) oder Integration (Ebene 3) durch externe (z. B. wirtschaftliche, außenpolitische) Krisen bedroht sind. Die Schaffung dieses soziokulturellen Unterbaus der Demokratie kann Jahrzehnte dauern. Von einer weitgehend krisenresistenten, maximal konsolidierten Demokratie kann gesprochen werden, wenn alle vier Ebenen konsolidiert sind.
3. Bedeutsame Themen politischer Kommunikation für die Konsolidierung junger Demokratien
Eine Verfassung gibt den verbindlichen Rahmen vor, der die Regeln des politischen Prozesses für alle festlegt. Ohne die Kommunikation dieser Regeln in die Gesellschaft und das Feedback darauf bleibt sie jedoch nur demokratietheoretisches Stückwerk. Vor diesem Hintergrund soll auf Ottfried Jarren und Ulrich Sarcinelli Bezug genommen werden, die bestimmte demokratische Bezugsgrößen als kommunikative Essentials beschreiben: Legitimation, Öffentlichkeit, Pluralismus, Repräsentation/Responsivität und politische Partizipation.8Sie alle verbindet ihre zentrale Bedeutung für prinzipielle Offenheit und demokratischen Wettbewerb, für die Lern- und Anpassungsfähigkeit demokratischer Systeme sowie für die Rückbindung politischer Herrschaft an den Willen der Herrschaftsunterworfenen in liberalen, parlamentarisch-repräsentativ verfassten Systemen.9
Legitimität kann sich auf den Legitimationsanspruch einer gesellschaftlichen oder politischen Ordnung, den Legitimitätsglauben der Herrschaftsunterworfenen oder auf beides zugleich beziehen.10Sie ist Gradmesser für die soziale Anerkennungs- würdigkeit eines Gemeinwesens und seiner Herrschaftsordnung. Durch und im Rahmen politischer Kommunikation wird der zustimmungsabhängige und begründungspflichtige Geltungsanspruch politischer Heerschaft realisiert, dessen Geltugsgründe einer ständigen kommunikativen Vermittlung bedürfen. Im Zusammenhang mit politischer Kommunikation kann Legitimität auf zweierlei Weise Geltung erfahren. Einerseits empirisch, durch die Summe der Legitimitätsüberzeugungen der Gesellschaftsmitglieder, d. h. durch weitgehende Übereinstimmung persönlicher moralischer Prinzipien und Ansichten von dem, was richtig oder falsch ist, mit der Funktionsweise der politischen Ordnung.
[...]
1 Merkel, Wolfgang, Systemtransformation, Kurs 04663 der FernUniversität Hagen, Hagen 2007, S. 120 ff..
2 Der BTA wird alle zwei Jahre erstellt. Die Betrachtung fällt in den Zeitraum Frühjahr 2005 bis Frühjahr 2007. Ursprünglich sollten die Werte ab dem Frühjahr 2003 verglichen werden, es war jedoch kein Zugriff auf die notwendigen Daten der entsprechenden Unterkategorien des BTA 2003 möglich.
3 Jarren, Ottfried; Sarcinelli, Ulrich; Saxer, Ulrich (Hrsg.): Politische Kommunikation in Demokratischen Gesellschaften, Ein Handbuch mit Lexikonteil, Wiesbaden 2002, S. 16.
4 Ebd. S. 18 ff..
5 Nohlen, Dieter/Schultze, Rainer-Olaf: „Lexikon der Politikwissenschaft“, Band 1, A – M, Dritte, aktualisierte und erweiterte Auflage, München 2005, S. 452.
6 Vgl. zum „Mehrebenenmodell der demokratischen Konsolidierung“, Wolfgang Merkel, Peter Thiery: Systemwandel, in: Hans-Joachim Lauth (Hrsg.): Vergleichende Regierungslehre, Eine Einführung, 2. durchgesehene Auflage, Wiesbaden 2006, S. 154 - 178.
7 Formale Legitimation: Die Verfassung wurde staatsrechtlich vorbildlich ausgearbeitet und verabschiedet. Empirische Legitimation: Anhand der Verfassung können gesellschaftliche Probleme fair und effektiv gelöst werden. Vgl. hierzu Wolfgang Merkel: Systemtransformation, Hagen 2007, S. 124.
8 Wegen des begrenzten Rahmens dieser Hausarbeit wird auf die Ausarbeitung des Punktes Vertrauen/Glaubwürdigkeit verzichtet.
9 Jarren, Sarcinelli, Saxer (Hrsg.): Politische Kommunikation, S. 16.
10 Nohlen, Lexikon, Band 1, A – M, S. 511.
- Quote paper
- Thomas Frank (Author), 2008, Politische Kommunikation als Begriff der vergleichenden Politikwissenschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117052
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