„Siemens zahlt für den Verkauf“. Mit dieser Schlagzeile wird es erstmals der
breiten Öffentlichkeit bewusst, dass Unternehmenstransaktionen nicht immer
nur Milliarden an Einnahmen für den Verkäufer bedeuten müssen, sondern
unter Umständen auch hohe Millionenbeträge an Ausgaben. Im Fall des
Verkaufes der Siemens Handysparte an den taiwanesischen
Elektronikkonzern BenQ kostete dies den Verkäufer 350 Mio. Euro.
Neben diesem, durch seine besonderen Umstände in der Öffentlichkeit
aufsehenerregenden Verkauf, werden Beteiligungsveräußerungen unter
Zuzahlung des Verkäufers kaum wahrgenommen. Jedoch sind negative
Kaufpreise im Zuge von Merger & Acquisition – Transaktionen für den Erwerb
von Unternehmensanteilen an der Tagesordnung.
Begründet werden kann eine solche Vereinbarung in der Praxis zumeist
damit, dass die Gesellschaft, deren Anteile erworben werden, überschuldet
ist, oder, dass zur Herstellung der Rentabilität zu einem späteren Zeitpunkt
Aufwendungen getätigt werden müssen, die sich zum Erwerbszeitpunkt noch
nicht als Verbindlichkeiten niederschlagen.
Die steuerliche Behandlung eines „Badwills“ bei einem Erwerber von
Kapitalgesellschaftsanteilen war lange Zeit ungewiss. Die Frage, die sich in
diesem Zusammenhang stellte, war: „Ist die Zuzahlung des Anteilsveräußerers
beim Erwerber erfolgsneutral oder erfolgswirksam zu erfassen?“
Diese Rechtsunsicherheit trug in der Praxis zu Alternativgestaltungen bei, bei
denen eine direkte Zuzahlung vermieden werden sollte. Durch die
beschriebene enorme Relevanz des negativen Kaufpreises in der Praxis
führte die fehlende Regulierung zu großen Schwierigkeiten und erhöhtem
Aufwand.
Der I. Senat des BFH hat nun mit seinem Urteil vom 26.04.2006 eine
grundlegende Entscheidung zur Behandlung einer solchen unmittelbaren
Zuzahlung an den Erwerber von Kapitalgesellschaftsanteilen getroffen.
Die nachfolgende Arbeit setzt sich mit den Ausführungen des BFH
auseinander und soll gegebenenfalls offen gelassene Fragestellungen
diskutieren.
[...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Sachverhalt
3. Urteile
3.1 Entscheidung des FG Schleswig-Holstein
3.1.1 Entscheidungsgründe des FG Schleswig Holstein
3.2 Entscheidung des BFH
3.2.1 Rechtsgrundlage zur Bildung eines passiven Ausgleichsposten
3.2.2 Wirkung auf den Streitfall
3.2.3 Praxisfolgen
4. Entwicklung des passiven Ausgleichspostens in den folgenden Geschäftsjahren
5. Fazit
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Chronologische und schematische Darstellung des Erwerbs der Kaufobjekt – GmbH (B)
Abb. 2: Bilanz der Käufer – GmbH (Klägerin) zum 31.12.1989 und 31.12.1990
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
„Siemens zahlt für den Verkauf“. Mit dieser Schlagzeile wird es erstmals der breiten Öffentlichkeit bewusst, dass Unternehmenstransaktionen nicht immer nur Milliarden an Einnahmen für den Verkäufer bedeuten müssen, sondern unter Umständen auch hohe Millionenbeträge an Ausgaben. Im Fall des Verkaufes der Siemens Handysparte an den taiwanesischen Elektronikkonzern BenQ kostete dies den Verkäufer 350 Mio. Euro.1
Neben diesem, durch seine besonderen Umstände in der Öffentlichkeit aufsehenerregenden Verkauf, werden Beteiligungsveräußerungen unter Zuzahlung des Verkäufers kaum wahrgenommen. Jedoch sind negative Kaufpreise im Zuge von Merger & Acquisition – Transaktionen für den Erwerb von Unternehmensanteilen an der Tagesordnung.2
Begründet werden kann eine solche Vereinbarung in der Praxis zumeist damit, dass die Gesellschaft, deren Anteile erworben werden, überschuldet ist, oder, dass zur Herstellung der Rentabilität zu einem späteren Zeitpunkt Aufwendungen getätigt werden müssen, die sich zum Erwerbszeitpunkt noch nicht als Verbindlichkeiten niederschlagen.3
Die steuerliche Behandlung eines „Badwills“4 bei einem Erwerber von
Kapitalgesellschaftsanteilen war lange Zeit ungewiss. Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellte, war: „Ist die Zuzahlung des Anteils- veräußerers beim Erwerber erfolgsneutral oder erfolgswirksam zu erfassen?“ Diese Rechtsunsicherheit trug in der Praxis zu Alternativgestaltungen bei, bei denen eine direkte Zuzahlung vermieden werden sollte.5 Durch die beschriebene enorme Relevanz des negativen Kaufpreises in der Praxis führte die fehlende Regulierung zu großen Schwierigkeiten und erhöhtem Aufwand.
Der I. Senat des BFH hat nun mit seinem Urteil vom 26.04.2006 eine grundlegende Entscheidung zur Behandlung einer solchen unmittelbaren Zuzahlung an den Erwerber von Kapitalgesellschaftsanteilen getroffen. 6
Die nachfolgende Arbeit setzt sich mit den Ausführungen des BFH auseinander und soll gegebenenfalls offen gelassene Fragestellungen diskutieren.
2. Sachverhalt
Zu Beginn des Geschäftsjahres 1989 hielt die Verkäufer – GmbH (P) alle Anteile an der Kaufobjekt – GmbH (B). Mit Kaufvertrag vom 15.12.1989 erwarb die Käufer – GmbH (Klägerin) im Rahmen eines Share Deals alle Anteile an der Kaufobjekt – GmbH (B) von der Verkäufer – GmbH (P). Der Unternehmensgegenstand der Klägerin ist der Export und der Handel mit Waren aller Art.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Chronologische und schematische Darstellung des Erwerbs der Kaufobjekt – GmbH (B)7
Basis der Kaufpreisermittlung war, gemäß Nr. 1a des Kaufvertrags, die Bilanz der B zum Bilanzstichtag 31.12.1989. Der Preis sollte durch die Differenz der Aktiv- und Passivposten ermittelt werden. Zusätzlich wurde ein Betrag in Höhe von 50.000 DM für stille Reserven bzw. dem „Goodwill“ vereinbart. In Nr. 2 des Vertrages verpflichtete sich die Klägerin, bei Vertragsschluss, eine Summe von 75.000 DM „á conto des Kaufpreises“ an die P zu entrichten. Die abschließende Abrechnung der Transaktion sollte im darauffolgenden Geschäftsjahr zum 30. Juni 1990 erfolgen. Für den Fall, dass die oben beschriebene Berechnung des Kaufpreises die Abschlagszahlung unterschreitet, verpflichtete sich die P zur Erstattung des entsprechenden Betrages.
Des Weiteren regelte Nr. 6 des Kaufvertrages, dass sich zwei Gesellschafter der Klägerin zu einer selbstschuldnerischen Bürgschaft gegenüber einer Bank verpflichteten, um die Einräumung von Krediten an die B sicherzustellen. In der Folgezeit ergab sich daraus keinerlei Inanspruchnahme.
Die Bilanz der B wies zum Stichtag 31.12.1989 einen Verlust von rund 750.1 DM auf. Der Summe des Anlage- und Umlaufvermögens in Höhe von circa 2.346.000 DM standen Passivposten von rund 2.886.000 DM gegenüber. Die Aktiva war im Wesentlichen durch Vorräte und Forderungen aus Lieferungen und Leistungen zusammengesetzt, wobei die Passiva zum Großteil aus Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen bestanden. Aus dieser Situation resultierte ein Fehlbetrag von circa 540.000 DM, der nicht durch Eigenkapital gedeckt werden konnte.
Basierend auf dem Verlust sowie dem entstandenen negativen Kapital, wurden die Kaufpreisverhandlungen zwischen der Klägerin und der P über die Geschäftsanteile an der B im Laufe des Jahres 1990 erneut aufgenommen. Die beiden Verhandlungsparteien konnten sich am 05.12.1990 über folgende neuen Vertragsmodalitäten einigen:
- Die P verpflichtete sich, den von der Klägerin am 15.12.1989 geleisteten Betrag „á conto des Kaufpreises“ in Höhe von 75.000 DM bis 31.11.1990 zurückzuzahlen.
- Die P verpflichtet sich, an die Klägerin insgesamt 160.000 DM in monatlichen Raten von 10.000 DM zur Abgeltung derer Ansprüche aus dem Kaufvertrag zu zahlen.
Die Klägerin sicherte durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft alle Bankverbindlichkeiten der B ab. Im Geschäftsjahr 1990 erzielte die B einen Gewinn in Höhe von 23.000 DM, wodurch sich das negative Kapital auf rund 513.000 DM reduzieren ließ. Durch einen Überschuss im darauffolgenden Jahr in Höhe von 8.500 DM konnte das negative Kapital auf rund 508.000 DM gesenkt werden. Im gleichen Geschäftsjahr wurde das Stammkapital der B um
550.000 DM auf 220.000 DM herabgesetzt.
Die Klägerin wies den Beteiligungserwerb zum 31.12.1989 mit den vorläufigen Anschaffungskosten von 75.000 DM in ihrer Bilanz aus. Der Ansatz der Beteiligung wurde in der Bilanz zum Stichtag 31.12.1990 auf 1 DM korrigiert. Die Forderung gegenüber der Verkäufer – GmbH von 160.000 DM, welche sich aus der Vereinbarung vom 05.12.1990 ergab, führte sie erfolgsneutral
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Bilanz der Käufer – GmbH (Klägerin) zum 31.12.1989 und 31.12.19908
Das Finanzamt behandelte die besagte Forderung von 160.000 DM wider erwartend erfolgswirksam und stellte entsprechende Bescheide aus. Die Klägerin erhob gegen diese ausgestellten Bescheide vor dem FG Schleswig- Holstein Klage.
3.Urteile
3.1 Entscheidung des FG Schleswig-Holstein
Das Finanzgericht entschied mit seinem Urteil vom 05.12.2003 (1 K 973/97), dass die Zuzahlung einen steuerpflichtigen Ertrag bei der P auslöst und, dass das Verfahren des Finanzamtes somit korrekt war.
3.1.1 Entscheidungsgründe des FG Schleswig-Holstein
Das FG Schleswig-Holstein entschied in einer ausführlichen Begründung aus folgenden Gründen zugunsten des Finanzamtes:
Die Klägerin kann:
- keine negativen Anschaffungskosten ansetzten, da diese begrifflich Aufwendungen voraussetzen und im betrieblichen Bereich keine Analogie zu negativen Anschaffungskosten im Rahmen von § 17 EStG bestehen,
- keine ungewissen Verbindlichkeiten, drohende Verluste aus schwebenden Geschäften oder Rückstellungen für Sanierungsverpflichtungen bilden, da es an einer Verpflichtung bzw. Inanspruchnahme fehlt,
- keinen negativen Geschäftswert passivieren, da nur ein positiver bilanziert werden darf,9
- keine sonstigen passiven Ausgleichsposten ansetzen, da dies auf eine Bilanzierungshilfe hinausliefe, die steuerlich keine Betrachtung findet.
Die Klägerin rügte daraufhin mit ihrer Revision die Verletzung materiellen Rechts und beantragte beim BFH die Entscheidung des FG aufzuheben und ihren Klageanträgen auf erfolgsneutrale Vereinnahmung der Zuzahlung stattzugeben. Im Gegenzug beantragte das Finanzamt, die Revision zurückzuweisen.
3.2 Entscheidung des BFH
Der I. Senat des BFH hat für den Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften vom 20.06.2006 eine grundlegende Aussage zur Behandlung einer Zuzahlung des Verkäufers gemacht:„Werden Anteile an einer Kapitalgesellschaft gegen eine Zuzahlung des Veräußerers erworben, kann beim Erwerber ein passiver Ausgleichsposten auszuweisen sein.“10
[...]
1 Vgl. Zeit.de, dpa, 07.06.2005
2 Vgl. Hofmann, DStR, 2006, S. 1315
3 Vgl. Schulze-Osterloh, BB, 2006, S. 1955
4 Vgl. BB, 2006, S. 1958
5 Vgl. Kreil, BB, 2007, S. 87
6 Vgl. BFH, Urteil vom 26.04.2006, I R 49, 50/04
7 Eigene Darstellung
8 Eigene Darstellung
9 Vgl. §255 Abs. 4 HGB
10 Vgl. BFH, Urteil vom 26.04.2006, I R 49, 50/04
- Quote paper
- Emanuel Zimmermann (Author), 2008, Bilanzierung eines Beteiligungserwerbs gegen Zuzahlung des Veräußerers, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116942