Das Verständnis von Kultur als homogene Einheit ist bereits im 18. Jahrhundert aufgekommen, doch es ist bis heute Teil unserer Vorstellung von Kultur und beliebt im öffentlichen Diskurs. Der Ursprung des Verständnisses von Kultur als Einheit findet sich bei Samuel von Pufendorf, der Kultur erstmals als Generalbegriff verwendet und bei dem sie sich nicht mehr nur auf spezifische Tätigkeitsfelder bezieht.
Herder erkennt also, dass es verschiedene Kulturen gibt, die sich unterschiedlich entwickeln. Er kritisiert den Kolonialismus und das gewaltsame Eingreifen in die Entwicklung einer Kultur, da seiner Auffassung nach jede Kultur das Recht auf ihre eigene, freie Entwicklung hat. Dementsprechend könnte man Herder als Vordenker des Kulturrelativismus sehen. Für ihn ist die Vielfalt der Kulturen keineswegs negativ, weshalb er sich gegen eine Angleichung dieser ausspricht (Berlin 2009: 31). In dieser Hinsicht sind seine Ansätze äußerst progressiv, allerdings übersieht der Kulturbegriff nach Herder auch einige kulturelle Aspekte, auf die ich im Folgenden eingehen möchte. Die Fragestellung, die ich zu beantworten versuche, ist, welche zentralen Merkmale des klassischen Kulturbegriffes problematisch für die Vorstellung von Kultur sind.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung.
2. Das Wesen der Kultur
3. Die „drei Momente“
3.1 Die „ethnische Fundierung“
3.2 Die „soziale Homogenisierung“
3.3 Die „interkulturelle Abgrenzung“
4. Das Eigene und das Fremde.
5. Fazit
Literatur
1. Einleitung
Das Verständnis von Kultur als homogene Einheit ist bereits im 18. Jahrhundert aufgekommen, doch es ist bis heute Teil unserer Vorstellung von Kultur und beliebt im öffentlichen Diskurs. Der Ursprung des Verständnisses von Kultur als Einheit findet sich bei Samuel von Pufendorf, der Kultur erstmals als Generalbegriff verwendet und bei dem sie sich nicht mehr nur auf spezifische Tätigkeitsfelder bezieht. Dieser Ansatz wurde dann maßgeblich durch Johann Gottfried Herder und seinen „Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit“ (1784-1791) geprägt (Welsch 1994: Kap. I.1.a).
Die Kultur wird dabei als „gesamte Lebensform eines Kollektivs, bevorzugt eines Volkes“ definiert, die „immanent geschlossen und nach außen durch eine eindeutige Differenz zu anderen Lebensweisen bestimmt [ist]“ (Reckwitz 2001: 185).
Herder erkennt also, dass es verschiedene Kulturen gibt, die sich unterschiedlich entwickeln. Er kritisiert den Kolonialismus und das gewaltsame Eingreifen in die Entwicklung einer Kultur, da seiner Auffassung nach jede Kultur das Recht auf ihre eigene, freie Entwicklung hat. Dementsprechend könnte man Herder als Vordenker des Kulturrelativismus sehen. Für ihn ist die Vielfalt der Kulturen keineswegs negativ, weshalb er sich gegen eine Angleichung dieser ausspricht (Berlin 2009: 31).
In dieser Hinsicht sind seine Ansätze äußerst progressiv, allerdings übersieht der Kulturbegriff nach Herder auch einige kulturelle Aspekte, auf die ich im Folgenden eingehen möchte. Die Fragestellung, die ich zu beantworten versuche, ist, welche zentralen Merkmale des klassischen Kulturbegriffes problematisch für die Vorstellung von Kultur sind.
2. Das Wesen der Kultur
Essenziell in Herders Kulturverständnis ist der Gedanke des Volksgeistes. Dieser Volksgeist ist laut Berlin „a set of customs and a lifestyle, a way of perceiving and behaving“ (2009: 30).
Jede Kultur besitzt ihren eigenen, partikularen Volksgeist, der sie von anderen unterscheidet und durch welchen sie sich nach außen abgrenzen kann. Der Volksgeist existiert von einzelnen Menschen unabhängig, weil er den unveränderbaren Wesenskern der Kultur darstellt (ebd.: 30). Da dieser transhistorisch ist werden Abweichungen oder Veränderungen von ihm als „Moden“ oder „Oberflächenphänomene“ abgetan. Kultur wird also „als etwas gesehen, was man ‚hat‘, nicht aber, was man ‚macht‘“ (Schiffauer 2002: 2).
Genau diese statische Auffassung ist problematisch, da sie den kulturellen Wandel nicht erklären kann. Die Gesellschaft entwickelt sich ständig weiter und die Kultur tut es ihr gleich. Das Problem am Herder’schen Kulturverständnis ist, dass „unter diesem Blick das Lebendige sozusagen kristallin erstarrt“ (Schiffauer 2002: 2). Dieses „Lebendige“, welches vor allem durch individuelles Handeln geprägt und zugleich der Motor des kulturellen Wandels ist, wird dementsprechend ebenfalls außer Acht gelassen (ebd.: 2).
3. Die „drei Momente“
Charakteristisch für den Kulturbegriff nach Herder sind drei Momente – die „ethnische Fundierung, soziale Homogenisierung und interkulturelle Abgrenzung“ (Welsch 1994: Kap. I.1.b). Im Zusammenhang mit ihnen stehen die Vereinheitlichungsfunktion, das Abgrenzungsgebot und das „Kugelmodell“ (ebd.: Kap. I.1.b).
3.1 Die „ethnische Fundierung“
Die „ethnische Fundierung“ meint, dass der Mittelpunkt der Kultur, beziehungsweise das Zentrum des Volkes, die gemeinsame Ethnie ist. Diese prägt, neben der Sprache und der Religion, das Wesen der Kultur. Im Verständnis der Kultur als homogenen Einheit wird ihr Inhalt als „ethnisch homogen“ bestimmt, jede Kultur ist also die Kultur genau eines Volkes mit einer gemeinsamen Herkunft (Kohl 2013: 23-24).
Diese Vorstellung der ‚Reinheit‘ eines Volkes bezeichnet Welsch als „hochgradig imaginär und fiktiv“ (1994: Kap. I.2.b.bb). Er kritisiert, dass in diesem Kulturverständnis, trotz jeglicher historischer Gegenbeweise, behauptet wird, es gebe einen ethnisch homogenen Kern (ebd.: Kap. I.2.b.bb).
Diese vermeintlich natürliche homogene Ethnie eines Volkes wird oft von rassistischen Bewegungen aufgenommen und zur Legitimation ihrer Ansichten benutzt. Doch das Konzept der Ethnie, welches auch immer stärker als Ersatz für den Begriff der „Rasse“ verwendet wird, ist ausschließlich konstruktivistisch und somit ein rein fiktives Gebilde (Kohl 2013: 24).
3.2 Die „soziale Homogenisierung“
Die „soziale Homogenisierung“ ist eng mit dem Moment der „ethnischen Fundierung“ verknüpft, beide haben eine Vereinheitlichungsfunktion:
Die Kultur soll das Leben des betreffenden Volkes im ganzen wie im einzelnen prägen und jede Handlung und jedes Objekt zu einem unverwechselbaren Bestandteil gerade dieser Kultur machen. (Welsch 1994: Kap. I.1.b)
Den Mitgliedern einer Gesellschaft oder eines Volkes werden aufgrund ihrer geteilten Kultur die gleichen Eigenschaften und Lebensweisen zugeschrieben. Dieser gemeinsame Nenner führt zur Homogenisierung der Menschen einer Kultur. Dabei werden die subkulturellen Unterschiede komplett ausgeblendet.
Bei modernen Gesellschaften kann man längst nicht mehr von einem einheitlichen Inneren sprechen, stattdessen zeichnen sie sich durch ihre Diversität aus (Kohl 2013: 25). Der klassische Kulturbegriff übersieht aber, dass es anstelle einer einheitlichen Kultur vielmehr unterschiedliche Kulturen in den einzelnen Subgruppen einer Gesellschaft gibt (ebd.: 26). Welsch formulierte dazu:
Moderne Gesellschaften sind multikulturell in sich. Sie umfassen unterschiedliche Lebensformen und Kulturen. Und das nicht etwa erst aufgrund von Immigrationsprozessen, sondern zuvor schon infolge eigenproduzierter Differenzierungen und Autonomisierungen. (Welsch 1994: Kap. I.2.a)
3.3 Die „interkulturelle Abgrenzung“
Das eigenständige Wesen und die innere Einheitlichkeit einer Kultur ermöglichen es, eine klare Grenze zwischen ihr und anderen Kulturen zu ziehen und sie somit eindeutig nach außen abzugrenzen. In Anlehnung an den Herder’schen Kulturbegriff lässt sich damit die Grundlage für die „Nationalstaatskultur“ konzipieren, in der eine Kultur die eines Nationalstaates ist. Dies bezeichnet man als „interkulturelle Abgrenzung“ (Kohl 2013: 24-25). Die Vorstellung einer interkulturellen Abgrenzbarkeit wird in Herders „Kugelmodell“, welches die unterschiedlichen Kulturen „als autonome Inseln oder Kugeln“ (ebd.: 23) gliedert, deutlich.
Auch Leo Frobenius greift auf dieses „Kugelmodell“ zurück und ordnet die Welt, aufgrund der geografischen Verteilung von kulturellen Merkmalen, in „Kulturkreise“ (Sylvain 1996: 485). Voget definiert den „Kulturkreis“ nach Frobenius als "a relatively bounded interactional region where similar cultural features existed by virtue of historic contact” (Voget 1975: 35; zit. n. Sylvain 1996: 486).
Ganz gleich, ob man von Kugeln oder Kreisen ausgeht, die implizite Vorstellung ist dieselbe: Kulturen als statische und homogene Gebilde mit fester Außengrenze. Kulturen könnten niemals miteinander in Verbindung stehen, etwa kommunizieren oder verschmelzen, da ihre Form, die einer festen Kugel, ausschließlich zulässt, dass sie einander abstoßen (Welsch 2010: 41-42).
Die Annahme abgeschlossener Kulturkreise ist heutzutage vollkommen realitätsfern, da sich Menschen aus den unterschiedlichsten Regionen, mit den unterschiedlichsten Lebensweisen miteinander vernetzen und es somit zu Austauschprozessen zwischen Kulturen kommt (Welsch 1994: Kap. I.2.a). Die Grenzen der Kreise oder Kugeln verschwimmen und gehen ineinander über. Die Kulturen existieren nicht mehr in Form von abgrenzbaren Bereichen, sondern sind miteinander verflochten (Welsch 2010: 40).
Trotzdem wird dieser klassische Kulturbegriff beispielsweise von Samuel P. Huntington auch 1993 noch neu aufgelegt. In seinem Artikel „The Clash of Civilizations?“ stellt Huntington die These auf, dass sich die zukünftigen Konflikte der Welt auf kultureller Ebene zwischen Zivilisationen austragen werden (Huntington 1993: 22). Dabei unterteilt er die Welt in „seven or eight major civilizations. These include Western, Confucian, Japanese, Islamic, Hindu, Slavic-Orthodox Latin American and possibly African civilization” (ebd.: 25). Diese Einteilung erinnert stark an Frobenius‘ Kulturkreise oder Herders „Kugelmodell“ und auch bei Huntington kollidieren die Zivilisationen am Ende: „The next world war, if there is one, will be a war between civilizations“ (ebd.: 39).
4. Das Eigene und das Fremde
Durch die Annahme der Homogenität im Inneren und der Abgrenzung zum Außen entsteht eine klare Unterscheidung des Eigenen vom Fremden (Reckwitz 2001: 186). Diese „Innen- Außen-Grenzziehung“ (ebd.: 183) stellt das Fremde erst her: „Eines ist also von anderem verschieden, weil es von ihnen unterschieden wird aufgrund einer ,spezifischen Differenz‘, nicht aber weil es sich selbst von anderem unterscheidet “ (Waldenfels 1997: 69; Hervorh. im Orig.).
Im traditionellen Kulturverständnis wird also künstlich zwischen Innen und Außen beziehungsweise eigen und fremd unterschieden, doch auch diese Grenzen verschwimmen:
„Eigenes und Fremdes teilen sich nicht mehr nach Eigenkultur und Fremdkultur auf. Im Innenverhältnis einer Kultur - zwischen ihren diversen Lebensformen - existieren kaum weniger Fremdheiten als in ihrem Außenverhältnis zu anderen Kulturen“ (Welsch 1994: Kap. I.2.a). Auch nach Waldenfels beginnt das Fremde schon innerhalb des Eigenen mit einer „intrasubjektiven wie auch intrakulturellen Fremdheit“ (Waldenfels 1997: 70). Die Welt in eigen und fremd zu unterscheiden ist also wenig sinnvoll, da selbst das Eigene fremd ist.
Ein anderer Ansatz findet sich bei Zygmunt Baumans „Making and Unmaking of Strangers“. Er äußert: „All societies produce strangers; but each kind of society produces its own kind of strangers, and produces them in its own inimitable way” (1995: 1). Auch er verweist also darauf, dass das Fremde hergestellt wird. Des Weiteren sieht er den Grund für die Schaffung der Fremden darin, dass Staaten versuchen eine Ordnung mit klaren Einteilungen und Grenzen zu erzeugen, die definieren kann, was „das Eigene“ überhaupt ist. Dabei werden „die Fremden“ als Störung dieser Ordnung wahrgenommen und als Bedrohung angesehen (ebd.: 1-2).
Auch Benedict Anderson befasst sich mit der vermeintlich abgrenzbaren Gesellschaft. In „Imagined Communities“ geht er auch auf Nationen ein, die er als „an imagined political community - and imagined as both inherently limited and sovereign” (1991: 6) definiert. Er begründet dies damit, dass sich die Mitglieder einer Nation vollkommen unbekannt sind und sich trotzdem als eine, zueinander gehörende, Gesellschaft sehen (ebd.: 6).
Im Zusammenhang mit der Abgrenzung des Eigenen vom Fremden könnte man auch die erfundenen Traditionen von Eric Hobsbawm nennen. Er versteht unter „'Invented tradition' […] a set of practices, normally governed by overtly or tacitly accepted rules and of a ritual or symbolic nature, which seek to inculcate certain values and norms of behaviour by repetition, which automatically implies continuity with the past” (Hobsbawm/Ranger 1983/2000: 1). Diese erfundenen Traditionen finden sich oft im politischen Gebrauch und sollen eine historische Tiefe der eigenen Nationalkultur belegen. Diese sei „natürlich“ von anderen abgrenzbar und „ihr besonderes kulturelles Erbe“ müsse geschützt werden (vgl. Alternative für Deutschland 2016). Wie bei Hobsbawm deutlich wird sind diese Traditionen und außergewöhnlichen kulturellen Alleinstellungsmerkmale nur imaginiert, weshalb nur scheinbar vom ‚Eigenen‘ und ‚Fremden‘ gesprochen werden kann.
Alle drei Beispiele zeigen, dass durch die Schaffung eines Fremden immer wieder versucht wird ‚das Eigene‘ zu definieren und ihm ein klares Wesen, eine klare Identität zu verleihen. Die Ab- und Ausgrenzung, die damit einhergeht, ist Basis für viele extremistische Denkweisen. Da sie sich auf den klassischen Kulturbegriff des 18. Jahrhunderts zurückführen lässt gilt es die Vorstellungen, die mit diesem verbunden sind, kritisch zu hinterfragen.
5. Fazit
Der Kulturbegriff, der Kultur als homogene Einheit wahrnimmt, übersieht viele Aspekte des menschlichen Zusammenlebens. Kultur ist in diesem Verständnis nicht nur homogen, sondern auch holistisch, essentialistisch, transhistorisch, abgeschlossen und statisch. Diese Vorstellungen sind es, die für unser Verständnis von Kultur problematisch sind. Die Gründe dafür werde ich nun abschließend noch einmal zusammenfassen.
Die Kultur wird in Anlehnung an Herder als allumfassend, also holistisch gedacht. Edward B. Tylor definiert sie zum Beispiel als „that complex whole which includes knowledge, belief, art, morals, law, custom, and any other capabilities and habits acquired by man as a member of society" (Tylor 1871: 1). Die Kultur soll die gesamte Lebensweise eines Volkes umfassen und vereinheitlichen, was bei der Vielfalt einer Kultur unmöglich ist.
Außerdem wird sie so verstanden als hätte sie einen Kern, der sie ausmacht: „jede Nation hat ihren Mittelpunkt der Glückseligkeit in sich wie jede Kugel ihren Schwerpunkt!“ (Herder 1774: 56; Hervorh. im Orig.). Dieser Kern, beziehungsweise die Essenz der Kultur, ist inhaltlich und zeitlich konstant. Sie ist unabhängig von einzelnen Individuen. Dementgegen würde ich eher Schiffauer zustimmen, da er aufzeigt, dass die Kultur durch Menschen produziert wird und somit eher einem Prozess als einer natürlichen Gegebenheit gleicht (2002: 3). Seinen Ausführungen zufolge teilen die Mitglieder einer Kultur weniger dieselben „Normen, Werte und Überzeugungen, als dass sie sie ständig weiter entwickeln“ (ebd.: 3). Folglich ist die Kultur sehr wohl abhängig von einzelnen Individuen und nicht transhistorisch oder statisch.
Zudem ist diese Annahme spezifischer charakteristischer Merkmale eines Volkes problematisch, da laut Herder damit eine natürliche Fremdheit der Kultur im Verhältnis zu anderen Kulturen einhergeht (Reckwitz 2001: 185).
Auch, dass eine Kultur als ethnisch und sozial homogen betrachtet wird ist fernab der Realität. Die Menschen einer Kultur leben in den unterschiedlichsten Lebensrealitäten und auf verschiedenste Weisen. Dem klassischen Kulturverständnis fehlen die Differenzierungsmöglichkeiten innerhalb einer Kultur, weshalb die Kultur wie eine „Zwangsjacke“ wirkt, die die Vielfalt der verschiedenen Subkulturen vereinheitlichen will:
Es stimmt einfach nicht, daß wir unsere Lebensläufe, unsere Tage und Nächte noch alle in der gleichen Weise zubrächten. So uniform lebt man in der Moderne nicht. Die Kultur eines Arbeitermilieus, eines Villenviertels und der Alternativszene weisen keinen derartigen gemeinsamen Nenner auf. (Welsch 1994: Kap. I.2.a)
Der Kulturbegriff ist also schon in dieser Hinsicht zu reduktionistisch (Kohl 2013: 26).
Sowohl die innere Homogenität als auch die äußere Abgrenzung sind Teil des abgeschlossenen Modells der Kulturen. Dieses definiert die Kulturen als Kreise oder Kugeln, die sich in ihrer Form nur voneinander abstoßen können (Welsch 2010: 41-42). Der Austausch über nationale Grenzen hinweg und die mediale Vernetzung lassen die Vorstellung davon, dass einheitliche Kulturen an politischen Grenzen voneinander abgrenzbar sind vollkommen absurd wirken (Kohl 2013: 24). Welsch thematisiert ein noch viel größeres Problem:
Das klassische Kulturmodell ist - zugespitzt gesagt - seiner Struktur nach kultur-rassistisch. Ihm ist - mit dem Insel- bzw. Kugelaxiom - ein Typus von Rassismus eingebaut, der auch dort noch erhalten bleibt, wo man den biologisch-ethnischen Rassismus ablegt, also die jeweilige Kultur nicht mehr unter Rekurs auf ein Volkswesen definiert, sondern stattdessen zu definitorischen Substituten wie Nation oder Staat oder gar - zirkulär - zu "Kulturnation" greift. (Welsch 1994: Kap. I.2.c)
Auch die künstliche Unterscheidung von Eigen und Fremd macht den klassischen Kulturbegriff zu einem ideologisch genutzten Instrument der Ab- und Ausgrenzung (Welsch 1994: Kap. I.2.a).
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- Anonymous,, 2021, Kultur als homogene Einheit. Eine kritische Auseinandersetzung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1169276
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