Ausweitung des Kundenservice durch die Einführung von Videoberatung

Eine kritische Betrachtung am Beispiel einer regionalen Genossenschaftsbank


Bachelorarbeit, 2019

74 Seiten, Note: 1,6


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Danksagung

Abstract

Inhaltsverzeichnis

I. Abbildungsverzeichnis

II. Tabellenverzeichnis

III. Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Genossenschaftsbanken in Deutschland
2.1.1 Definition
2.1.2 Aktuelle Herausforderungen
2.2 Videoberatung
2.2.1 Definition
2.2.2 Umsetzung und Herausforderungen
2.2.3 Vor-und Nachteile
2.3 Kundenservice

3 Aktueller Forschungsstand und Formulierung von Hypothesen
3.1 Aktueller Forschungsstand
3.2 Formulierung von Hypothesen

4 Empirische Forschung
4.1 Methodenbegründung
4.2 Durchführung der Personenbefragung
4.2.1 Aufbau des Fragebogens
4.2.2 Umsetzung der Personenbefragung
4.3 Ergebnisse und Interpretation der Personenbefragung
4.3.1 Ergebnisse der Personenbefragung
4.3.2 Statistische Auswertung der Ergebnisse
4.3.3 Interpretation der Ergebnisse

5 Handlungsempfehlung zur Einführung von Videoberatung

6 Fazit und Ausblick

IV. Anhang

V. Literaturverzeichnis

Danksagung

An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die mich während der Anfertigung der vorlie­genden Bachelorarbeit unterstützt und motiviert haben.

Zuerst gebührt mein Dank Herrn Prof. Dr. B., der meine Arbeit betreut und begutachtet hat.

Für die hilfreichen Anregungen und die konstruktive Kritik möchte ich mich herzlich bedanken.

Besonders bedanken möchte ich mich zudem bei allen Teilnehmern und Teilnehmerinnen meiner Befragung, die eine bedeutende Grundlage für die Erstellung meiner Arbeit gebildet haben.

Des Weiteren bedanke ich mich, stellvertretend für meinen Arbeitgeber

bei Herrn B. und Frau W. für die Unterstützung bei der Umsetzung der Personen­befragung sowie für die konstruktive Kritik.

Den größten Dank möchte ich meiner Freundin M. und meiner Familie aussprechen, die mich während des gesamten Studiums unterstützt haben und stets ein offenes Ohrfür mich hatten.

Philipp Zeyen

Abstract

Das Ziel der vorliegenden Bachelorarbeit ist es zu überprüfen, inwieweit regionale Genossenschafts­banken und die Einführung von Videoberatung zusammenpassen. Gleichzeitig gilt es, einen beson­deren Blick auf die Wünsche sowie Vorstellungen der (potenziellen) Kunden zu werfen und hierzu eine empirische Forschung durchzuführen. Diese soll auf Studien aus dem Jahr 2016 aufgebaut werden. Gleichzeitig sollen ausgewählte der damals gewonnenen Erkenntnisse erneut überprüft werden. Möglicherweise gab es in den letzten Jahren eine erkennbare Entwicklung bei den Ergeb­nissen. Parallel dazu werden auf dieser Basis einige Hypothesen aufgestellt, die hinsichtlich der theoretischen Erkenntnisse aus der einschlägigen Forschung überprüft werden. Dafür wurde im Be­reich der quantitativen Forschung eine Online-Befragung unter 386 Personen durchgeführt. Zu den wesentlichen Erkenntnissen zählt, dass die Einführung von Videoberatung ein essentieller Baustein ist, dass Banken die aktuellen und bevorstehenden Herausforderungen meisten können, ohne dass der Kundenservice darunter leidet. Zusätzlich wird herausgearbeitet, worauf der Kunde bei einer Videoberatung Wert legt. Mit der vorliegenden Arbeit soll jenen Banken, die sich mit der Thematik beschäftigen, Erkenntnisse überdie Kundensicht geliefert werden.

Schlüsselwörter: Genossenschaftsbank, Videoberatung, Kundenservice, Bank

The aim of this bachelor thesis is to examine the extent to which regional cooperative banks and the introduction of video consulting work together. In that context, the work shall give due consideration to the wishes and ideas of prospects and customers, and undertake empirical research. This thesis will rely on studies from the year 2016 and the review of selected findings, for there may have been a noticeable evolution in results in recent years. On that basis, a number of hypotheses will be es­tablished and reviewed with regard to theoretical findings from relevant research. To that end, an online survey of 386 people was conducted for quantitative research purposes. Among its key find­ings, it appears that the introduction of video consulting proves an essential building block, whereby banks can meet most of the current and upcoming challenges without sacrificing customer service. What is more, customers seems to regard video consulting positively. The aim of the present work is to provide knowledge about the customer's perspective to those banks dealing with the topic.

I. Abbildungsverzeichnis

Abb. 1. Entwicklung des EZB- Zinssatzes für die Einlagenfazilität in Prozent

Abb. 2. Anzahl der Bankstellen in Deutschland

Abb. 3. ProzentualeVerteilung derAltersklassen

Abb. 4. Prozentuale Verteilung der Befragten nach Ihrer Hauptbankverbindung

Abb. 5. Grundsätzliche Einstellung der Befragten zum Thema Videoberatung

Abb. 6. Welche Themen sind für eine Videoberatung geeignet?

Abb. 7. Zustimmung überAussagen zu den Vor- u. Nachteilen von Videoberatung

Abb. 8. Wichtigkeit verschiedener Eigenschaften des Beraters u. derTechnik

Abb. 9. Gründe für die Ablehnung von Videoberatung

II. Tabellenverzeichnis

Tab. 1. Berechnungsergebnisse t- Test zur Hypothese eins

Tab. 2. Berechnungsergebnisse t- Test zur Hypothese zwei

Tab. 3. Berechnungsergebnisse t- Test zur Hypothese drei

Tab. 4. Berechnungsergebnisse t- Test zur Hypothese vier

III. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

In der vorliegenden Arbeit wird sich mit der Ausweitung des Kundenservice durch die Einfüh­rung von Videoberatung am Beispiel einer regionalen Genossenschaftsbank befasst. Hierbei wird eine kritische Betrachtung angestrebt.

Ob bei Villeroy & Boch, bei der Bundesagentur für Arbeit oder bei Lifta1 - Videoberatung liegt im Trend und bietet für viele Themenbereiche eine komfortable Lösung. Seit einigen Jahren wird sie auch von Banken umgesetzt. Dabei werden bei einer Google-Suche nach .Videobe­ratung Bank' überwiegend Ergebnisse von Banken der genossenschaftlichen Finanzgruppe angezeigt.2 Wie sich im späteren Verlauf zeigen wird, verfolgen Genossenschaftsbanken an erster Stelle das Regionalprinzip (Büschgen, 1998, S. 95). Doch passt die Regionalität der Volks- und Raiffeisen (VR- Banken) mit der räumlichen Distanz der Videoberatung überhaupt zusammen oder widersprechen sich hier die Prinzipien? Diese Fragestellung soll im Verlauf derArbeit beantwortet werden. Gleichzeitig steht beim Kundenservice der Kunde im Vorder­grund, weshalb im Folgenden hauptsächlich die Kundenseite bei der Thematik .Videobera- tung‘ betrachtet werden soll. Banken stehen derzeit vor schwierigen Herausforderungen, zu denen auch die Digitalisierung inklusive der Videoberatung und der steigende Kostendruck durch die Folgen der Niedrigzinspolitik zählen (Arts, 2016, S. 9). Möglicherweise kann die Videoberatung aber auch bei anderen Herausforderungen unterstützend wirken und dazu beitragen, diese zu bewältigen. Das Thema ist dahervon aktueller Relevanz.

Im anfänglichen Theorieteil werden die Begrifflichkeiten .Genossenschaftsbank', .Videobera­tung' und .Kundenservice' definiert. Im Anschluss soll der aktuelle Forschungsstand betrach­tet werden. Auf Basis der erworbenen theoretischen Kenntnisse und des aktuellen For­schungsstands werden dann Hypothesen formuliert, die es zu überprüfen gilt. Sie sollen dazu beitragen, Kenntnisse über die Videoberatung aus Kundensicht zu erlangen und zu festigen. Nach der Bildung der Hypothesen werden diese mittels quantitativer Forschungsmethodik in Form einer Befragung überprüft, da so ein Gesamtbild der Kundenmeinungen eingefangen werden kann. Der entsprechende Fragebogen wird im Nachgang ausgewertet und statistisch aufgearbeitet, um die Ergebnisse zu interpretieren und mit den Hypothesen abzugleichen. Die gesammelten Erkenntnisse zur Kundensicht sollen im Anschluss zu einer Art Handlungs­empfehlung für Genossenschaftsbanken umformuliert werden. Abschließend werden die we­sentlichen Erkenntnisse zusammengefasst und es wird ein Ausblick für Banken gegeben.

2 Theoretische Grundlagen

2.1 Genossenschaftsbanken in Deutschland

Da sich in der vorliegenden Arbeit mit der Einführung von Videoberatung am Beispiel einer regionalen Genossenschaftsbank beschäftigt wird, soll zunächst der Begriff .Genossen­schaftsbank' definiert werden. Was zeichnet eine solche aus und wo liegen die aktuellen Herausforderungen? Dies sind Fragen, auf die im Folgenden eingegangen wird.

2.1.1 Definition

In Deutschland kann zwischen drei verschiedenen Bankengruppen unterschieden werden: private Kreditbanken (Geschäftsbanken), öffentlich-rechtliche Kreditinstitute (Sparkassen u. Landesbanken) sowie Genossenschaftsbanken (Ettmann, Wolff, & Wurm, 2014, S. 14). Da in der vorliegenden Ausarbeitung speziell das Beispiel einer Genossenschaftsbank themati­siertwird, wird im Folgenden aufdiese Form eingegangen.

Genossenschaftsbanken lassen sich in Kreditgenossenschaften und genossenschaftlichen Spitzeninstitute differenzieren. Zu Ersteren gehören regionale VR-Banken, die Sparda- und PSD- sowie weitere Banken (z. B. die BBBank). Zur Ergänzung des Leistungsangebotes der Kreditgenossenschaften stehen die Spitzeninstitute zur Verfügung (Ettmann, Wolff, & Wurm, 2014, S. 15). Zu diesen zählen unter anderem die Bausparkasse Schwäbisch Hall, Union Investment oder die DZ Bank.

Die Genossenschaftsbanken sind durch ein gemeinsames Leitmotiv verbunden, das im Ge­nossenschaftsgesetz (GenG) verankert ist. An erster Stelle steht dabei die Förderung der Belange der Mitglieder durch einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 1 Abs. 1 GenG). Der genossenschaftliche Grundgedanke geht aufdie Mitte des 19. Jahrhunderts zurück und wurde durch Franz Hermann Schulze-Delitzsch und Friedrich Wilhelm Raiffeisen ins Leben gerufen. Beide gründeten unabhängig voneinander fast zur gleichen Zeit erste Darlehensver­eine, die der Kapitalsammlung und Darlehensgewährung einfacher Leute dienten (BVR, 2019). Später prägte Friedrich Wilhelm Raiffeisen den Satz: „Was einer alleine nicht schafft, das schaffen viele.“ (Mussle, 2018).

Heutzutage haben Genossenschaftsbanken einen Marktanteil von 26,8 Prozent, gemessen an den Einlagen von Privatpersonen in Deutschland im Jahr 2018. Sie befinden sich damit auf Platz 2 hinter den Sparkassen (37,6 Prozent) (DSGV, 2019). Bezogen auf die Bilanz­summe lag der Marktanteil im Februar 2019 hingegen nur bei 11,7 Prozent (Deutsche Bundesbank, 2019). Während die Anzahl von VR-Banken im Jahr 2013 noch bei 1078 lag, ist diese in den letzten Jahren vor allem durch Fusionen auf 875 (Stand 2018) gesunken (BVR, 2019). Es zeigt sich, dass die Genossenschaftsbanken vor allem im Privatkundenbe­reich einen hohen Marktanteil haben. Aus dem genannten Rückgang geht hervor, dass es derzeit Herausforderungen gibt, denen sich die VR-Banken stellen müssen. Nachfolgend werden diese mit Bezug aufdas aktuelle Marktumfeld betrachtet.

2.1.2 AktuelleHerausforderungen

Bei Kreditgenossenschaften steht vor allem das Regionalprinzip im Vordergrund, welches auch bei Sparkassen vorherrscht (Büschgen, 1998, S. 95). So hatten die VR-Banken im Jahr 2017 insgesamt 11108 Filialen (BVR, 2019), während beispielsweise die Deutsche Bank, die das Regionalprinzip nicht verfolgt, nur 2425 Stellen im selben Jahr zählte (die Bank, 2018). Wie im Folgenden dargestellt wird, befindet sich die Bankenbranche derzeit im Wandel und kämpft mit großen Herausforderungen. Mit einem ausgeprägten Filialnetz und einer ver­gleichbar hohen Kostenstruktur wird die Ausgangssituation dabei nicht unbedingt verbes­sert.3

In der einschlägigen Literatur werden drei Herausforderungen für die Genossenschaftsban­ken immer wieder genannt: die steigende Regulatorik, die Niedrigzinsphase und die Digitali­sierung (Arts, 2016, S. 9). Auf jede im Detail einzugehen, wäre an dieser Stelle zu umfassend - im Folgenden soll aber ein grober Überblick über die einzelnen Themen gegeben werden.

Das Geschäftsmodell von Genossenschaftsbanken galt in der Vergangenheit als krisensi­cher, sodass diese in der Bankenkrise nicht zu den Verursachern, sondern zu den Zuschau­ern gezählt wurden (Böhnke, 2010, S. 108). Dennoch wurden die regulatorischen Anforde­rungen in der Folge verschärft, weshalb sich auch die Genossenschaftsbanken diesbezüglich immer wieder neu ausrichten müssen (Inderst & Hackethal, 2015, S. 165). Für die Umsetzung wird in erster Linie fachliches Wissen benötigt, das häufig nur von Spezialisten bereitgestellt werden kann. Gerade in der genossenschaftlichen Finanzgruppe gibt es eine auffallende Spannweite zwischen den Größen der Banken (BVR, 2018). So hat die an der Bilanzsumme gemessen kleinste nur fünf Mitarbeiter (Raiffeisenbank eG Struvenhütten, 2019). Laut einem Gutachten des Bundesverbands der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken e. V. (BVR) wurde der Arbeitsaufwand für die Umsetzung der regulatorischen Neuerungen im Meldewe­sen in einer Vielzahl der befragten Banken auf 51 bis 100 oder mehr Manntage geschätzt
(Inderst & Hackethal, 2015, S. 66). Wie eine kleinere Bank die regulatorischen Anforderungen umsetzen soll, ist derzeit unklar. Dies ist nur ein Beispiel eines Extremfalls. Die steigende Regulatorik trifft durch die erforderliche Manpower besonders kleine bis mittelgroße Banken. Als weitere Folgeerscheinung der Finanzkrise gilt die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), wodurch es für Banken immer schwieriger wird, mit deren klassischem Geschäftsmodell Geld zu verdienen (Börner, 2015, S. 18). Sie suchen immer wieder nach neuen Möglichkeiten für die Ertragsseite und nach Einsparungspotenzialen auf der Kosten­seite, weil durch die stark gesunkene Zinsmarge letztlich weniger übrigbleibt. Durch die der­zeit negative Einlagenfazilität4 bei der EZB von -0,5 Prozent (Abb. 1) müssen Banken sogar für die Liquidität ihrer Kunden zusätzliches Geld bezahlen. Genauer gesagt bedeutet dies, dass sie für die Lagerung von Liquidität bei der EZB den oben genannten Zinssatz entrichten müssen. Jeder Kunde, der einen größeren Geldbetrag auf seinem Giro- oder Tagesgeldkonto hat, schadet demnach der Bank indirekt. Aus diesem Grund haben die ersten bereits Nega­tivzinsen auf höhere Liquiditätseinlagerungen eingeführt und geben diesen Strafzins der EZB damit an ihre Kunden weiter (FAZ, 2019).

Abb. 1. Entwicklung des EZB- Zinssatzes für die Einlagenfazilität in Prozent

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: EZB, 2019

Ein Thema, das in den Medien immer wieder aufgegriffen wird, ist die Digitalisierung. Auch die Bankenbranche bleibt davon nicht verschont. Digitalisierung in Bezug auf Banken lässt sich damit zusammenfassen, dass der bisher klassische Filialbesuch immer mehr zu einer

Option wird (Arts, 2016, S. 17). Angefangen vom inzwischen normalen Online-Banking bis hin zum voll automatisierten Robo-Advisor5 bietet die Digitalisierung neue Möglichkeiten. Von diesen sind die klassischen Filialbanken, zu denen die VR-Banken gehören, stark bedroht. Ihr Geschäftsmodell, das bisher auf den Filialvertrieb und den persönlichen Kontakt vor Ort ausgelegt war, gerät durch die Digitalisierung ins Schwanken. Um weiterhin bestehen zu kön­nen, ist ein ausgeklügeltes Omnikanal-Modell6 von Nöten (Jovanovic &Voigt, 2016, S. 123). Hinzu kommen neben den bestehenden Wettbewerbern neue Intermediäre in Form von Fin- techs7, wodurch der Konkurrenzdruck erhöht wird (Arts, 2016, S. 19). Die individuelle Bera­tung der Kunden spielt gerade bei den VR-Banken eine bedeutende Rolle und ermöglicht die Steigerung von Erträgen. Im Zeitalter der Digitalisierung wird auch hier nach neuen Wegen gesucht, weshalb Banken die Videoberatung mittlerweile für sich entdeckt haben (Hartwig, 2019). Deren theoretische Grundlagen sollen nachfolgend erläutert werden.

2.2 Videoberatung

Für den Verlauf der vorliegenden Arbeit ist es notwendig, die Grundlagen des Themas .Vide­oberatung' zu erläutern. Daher werden im Folgenden diesbezüglich die wesentlichen Aspekte vermittelt.

2.2.1 Definition

Im Begriff ,Videoberatung‘ werden zwei Substantive verbunden, die vor einiger Zeit noch nicht zusammengepasst haben: .Video' und .Beratung'. Ersteres stammt aus dem Lateinischen und bedeutet ,ich sehe'. Dieses Substantiv lässt sich in vielen Kontexten einsetzen; vor allem wird damit die Wiedergabe auf einem Bildschirm (Fernseher, Computer, Smartphone) be­zeichnet (Duden, 2019). Mit .Beratung' ist die „Abgabe von Handlungsempfehlungen durch Sachverständige“ (Beeck, 2018) gemeint, wobei diese angepasst auf die individuelle Situa­tion des zu Beratenden erfolgen sollte. Die Digitalisierung macht es möglich, beide Begriffe zu verknüpfen, sodass die nachfolgende Definition für den Begriff .Videoberatung' abgeleitet werden kann:

Videoberatung ist die Abgabe von individuellen Handlungsempfehlungen durch einen Spezi­alisten via Übertragung aufeinen Bildschirm zur Überbrückung von räumlichen Distanzen.

Mittlerweile wird Videoberatung von vielen Banken eingesetzt und als Chance angesehen, einigen der aktuellen Herausforderungen zu begegnen. So sehen viele hierbei die Möglich­keit, trotz des immer weiter ausdünnenden Filialnetzes der Banken8 (Abb. 2) eine ortsunab­hängige und kundennahe Beratung anzubieten (Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 2013, S. 22). Bei der Umsetzung der Videoberatung werden divergente Ansätze verfolgt, wie später noch aufgezeigt wird. Hierzu soll im Folgenden auf die Umsetzung und die Herausfor­derungen derVideoberatung eingegangen werden.

Abb. 2. Anzahl der Bankstellen in Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Deutsche Bundesbank, 2019

2.2.2 Umsetzung und Herausforderungen

Für die Umsetzung derVideoberatung gibt es verschiedene Ansatzpunkte; selbst innerhalb der genossenschaftlichen Finanzgruppe wird diese von den Banken jeweils anders interpre­tiert (BVR, 2017, S. 62). Anfänglich gilt es, eine Entscheidung bezüglich dergrundsätzlichen Strategie des Standortes zu treffen. So kann zwischen der zentralen und der dezentralen Lösung unterschieden werden. Bei Ersterer gibt es eine gesonderte Abteilung an einem be­stimmten Standort, die die Videoberatungen durchführt, während bei Zweiterer die vorhan­denen Kundenberaterin den Filialen mit der notwendigen Technik ausgestattet werden (BVR, 2017.S.20).

Differenzen gibt es auch beim Einsatz der Videoberatung. Einerseits kann ein Experte oder Verbundkollege zu einem Kundengespräch in der Filiale hinzugeschaltet werden9 (z. B. Fi- nanzierungs- o. Versicherungsexperte) (Verheyen, 2016). Dieser wird dann auf einem Bild­schirm meist in Lebensgröße angezeigt und kann so mit dem Berater sowie dem Kunden kommunizieren, als säße er im selben Raum. Hierdurch soll die Effizienz gesteigert werden, da lange Wegzeiten für die zugeschalteten Berater eingespart werden können oder der Kunde keinen Filialwechsel mehr vollziehen muss, um über gewisse Themen sprechen zu können (Grandinger & Berger, 2016, S. 10). Andererseits wird die Technik der Videoberatung genutzt, um auf Servicepersonal vor Ort zu verzichten: Der Kunde kann in SB-Geschäftsstel- len10 in eine Art Kabine gehen, in der er per Video mit einem Mitarbeiter aus dem zentralen Kundenservicecenter verbunden wird. Anschließend kann er klassische Serviceaufträge wie Ein- und Auszahlungen, Überweisungen oder Adressänderungen mithilfe des Angestellten durchführen11 (Jäger & Meier, 2017, S. 20). Das Ziel der Einführung von Videoberatung ist allerdings der Aufbau eines neuen autonomen Vertriebsweges für den Kunden. So ist die dritte Einsatzart der Videoberatung in Form von ortsunabhängigen Gesprächen über Com­puter, Notebook, Tablet oder Smartphone des Kunden. Dieser kann hierbei zu gewissen Zei­ten - meist nach vorheriger Terminvereinbarung - an Beratungsgesprächen teilnehmen, egal wo er sich befindet12 (bank und markt, 2012, S. 8). Diese Art der Videoberatung wird in der vorliegenden Arbeit im Fokus stehen.

Neben der gewählten Strategie gibt es allerdings auch noch weitere Herausforderungen. Zu diesen zählen die Arbeitsplatzausstattung, die technische Umsetzung, die Personalschulung, die Kosten- und Umsetzungsplanung sowie das richtige Marketing (BVR, 2017, S. 3). Bei der Arbeitsplatzausstattung stehen der Hintergrund, die Lichtverhältnisse und die Akustik im Vor­dergrund, da sich diese auf die Qualität der Videoberatung auswirken (BVR, 2017, S. 21). Zusätzlich gilt es, gesetzliche Normen wie die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) einzu­halten. Die technische Umsetzung der Videoberatung ist ebenfalls von großer Bedeutung, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Hierbei sind auch Themen wie der Daten­schutz zu berücksichtigen. Diesbezüglich lautete eine Schlagzeile der Online-Zeitschrift Welt im Jahr 2015: „Datenschützer warnen vor Videochats mit der Bank“ (Krapp & Wischmeyer, 2015). Während sich zu dem Zeitpunkt der Großteil der Banken noch in der Pilotphase be­fanden und auf datenschutzrechtlich problematische Lösungen wie Skype13 zurückgegriffen haben, werden mittlerweile eigens vom Verband vorgegebene Möglichkeiten genutzt (BVR, 2017, S. 24). Nicht zu vernachlässigen ist die Notwendigkeit einer ausreichenden Internetan­bindung, um eine flüssige Videoübertragung sicherzustellen. Vor allem bei mehreren paral­lelen Gesprächen ist eine entsprechende Bandbreite von Bedeutung (Jäger & Meier, 2017, S. 33). Bei der technischen Ausstattung darf die notwendige Hardware ebenso nicht fehlen. Hierzu zählen zumindest ein großer Bildschirm, eine Kamera und ein Headset (BVR, 2017, S. 25). Mitarbeiter, die eine Videoberatung durchführen, haben neben der klassischen Bera­tung zusätzlich mit den Herausforderungen der digitalen Komponenten zu kämpfen, weshalb eine qualitative Schulung umso relevanter wird. Zugleich sollten die Angestellten eine ge­wisse Affinität zurTechnik besitzen, damit die Umsetzung in der Praxis leichter fällt (Jäger & Meier, 2017, S. 33). Im Kundengespräch per Video muss jeder Mausklick sitzen, weil es sonst schnell zur Irritation beim Gesprächspartner kommen kann (VersicherungsJournal.de, 2018). Neben den Schulungen zur Nutzung der neuen Programme sollte vor allem das Verhalten vor der Kamera (Erscheinungsbild, Gestik u. Mimik) geübt werden (BVR, 2017, S. 46). Die Kosten- und Umsetzungsplanung ist ein wesentlicher Bestandteil des Projekts .Videobera­tung‘. In der Regel sind die Sachkosten bei der zentralen Lösung deutlich höher, hängen allerdings stark von den räumlichen Gegebenheiten und der konkreten Ausgestaltung ab. Der BVR kalkuliert bei einer dezentralen Lösung mit Sachkosten von ca. 1.000 bis 2.000 Euro pro Arbeitsplatz. Eine regionale Genossenschaftsbank (DBS ca. 2,2 Mrd. Euro) hat beispiels­weise Anfangskosten in Höhe von ca. 70.000 Euro für die Einführung des Projekts mit der zentralen Lösung benötigt.14 Bei der Umsetzungsplanung steht vor allem die Abschätzung der zeitlichen Horizonte im Vordergrund, die z. B. mit einer Meilensteinplanung vorgenom­men werden kann (BVR, 2017, S. 50). Für den erfolgreichen Start der Videoberatung ist ein entsprechendes Marketingkonzept sowohl in der internen als auch externen Kommunikation notwendig. Seine individuelle Anpassung an die gewünschte Zielgruppe ist für den Erfolg der Kampagne entscheidend (BVR, 2017, S. 53).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es verschiedene Varianten gibt, Videoberatung in der Bank zu implementieren. Welche gewählt wird, hängt vor allem von der verfolgten Stra­tegie ab. Zusätzlich bestehen Herausforderungen, die es vor oder mit der Einführung zu meis­tern gilt. Welche Vor- und Nachteile dabei entstehen, soll im folgenden Kapitel betrachtet werden.

2.2.3 Vor- und Nachteile

Durch die Einführung von Videoberatung ergeben sich sowohl für die Bank als auch für den Kunden Vor- und Nachteile. Ein bedeutender Aspekt ist, dass Videoberatung trotz der räum­lichen Distanz die Vorteile einer Face-to-face-Beratung15 mit sich bringt. Zu diesen zählt für den Berater die Möglichkeit, die Aussagen durch nonverbale Kommunikation (Gestik u. Mi­mik) unterstützen zu können und gleichzeitig durch die Reaktionen des Kunden dessen Stim­mung oder Einstellungen zu dem Inhalt des Gesprächs zu deuten. Diese Optionen fallen beispielsweise bei einem klassischen Telefonat weg. Da bei derVideoberatung nurein Aus­schnitt des Gegenübers auf dem Bildschirm zu sehen ist, können allerdings auch einige Re­aktionen des Kunden gegenüber einer normalen Beratung unentdeckt bleiben (z. B. ver­krampfte Hände) (Engelhardt E. M., 2018, S. 123). Demgegenüber bringt Videoberatung für beide Seiten Effizienzgewinne mit sich, da weder Kunde noch Berater zu Terminen fahren müssen (Jäger & Meier, 2017, S. 27). Hierdurch werden Zeit (für die Anreise) und Geld (z. B. Spritkosten) eingespart. Gleichzeitig entsteht für den Berater eine erhöhte Auslastungseffizi­enz, was im Sinne der Bank ist (Snapview GmbH, 2019). Durch die gewonnene Zeit kann der Mitarbeiter mehr Termine wahrnehmen, wodurch die Chance erhöht wird, Geschäftsab­schlüsse zu tätigen. Ein weiterer Vorteil für den Kunden ist die erhöhte Flexibilität, da dieser eine Videoberatung von fast jedem Standort aus wahrnehmen kann - die einzige Vorausset­zung ist eine ausreichend schnelle Internetverbindung (Jäger & Meier, 2017, S. 30). Oftmals wird zusätzliche Flexibilität für den Kunden durch erweiterte Beratungszeiten geboten. So kann die Videoberatung auch außerhalb der klassischen Filialöffnungszeiten stattfinden. Doch nicht nur der Kunde erhält mehr Flexibilität - auch bei den Banken könnte ein Umden­ken stattfinden, weil sich durch Videoberatung neue Arbeitszeitmodelle oder -Standorte ent­wickeln könnten. Denkbar wäre in diesem Zusammenhang z. B. Homeoffice, wodurch wie­derum die Mitarbeiterzufriedenheit durch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erhöht wer­den könnte (Jäger & Meier, 2017, S. 28). Videoberatung könnte für die Bank auch zu einem Imagegewinn führen, da sie modern sowie innovativ ist und somit verstärkt junge Kunden angesprochen werden. Gerade bei Beratungsgesprächen im Wertpapierbereich unterliegen Banken einer Dokumentationspflicht16, die als mühselig empfunden werden kann. Durch die automatische Aufzeichnung des Gespräches würde dieser Arbeitsschritt entfallen, denn im Nachgang kann zu Beweiszwecken einfach auf ein aufgenommenes Gespräch zugegriffen werden (Jäger & Meier, 2017, S. 29). Die Aufzeichnung des vollständigen Termins wird ver­mutlich jedoch sowohl von Banken als auch von den Kunden als wenig positiv empfunden, weshalb sich dies in der Praxis nicht etablieren wird.

Demgegenüber gibt es auch Nachteile bei der Einführung von Videoberatung, wobei in der einschlägigen Literatur nur wenige angeführt werden, was mitunter für den Einsatz dieser Technologie spricht. Videoberatung (gerade bei der zentralen Lösung) weist eine gewisse Anonymität auf, wodurch das Zwischenmenschliche außen vor bleibt. Gerade bei langjähri­gen Kunden-Berater-Beziehungen kann dieses am Ende aber entscheidender sein als der Preis (Silver, 2016). Hier könnte die dezentrale Organisation von Vorteil sein, da der Kunde mit seinem persönlichen Berater verbunden werden kann. Doch erwartet er bei einer Vide­oberatung, dass ihm der Bankangestellte persönlich bekannt ist? Auf diese Frage wird im späteren Verlauf erneut eingegangen. Wie bereits zuvor erwähnt, sieht der Berater immer nur einen Ausschnitt des Kunden, was im Vergleich zu einem persönlichen Gespräch ein Nachteil sein kann, da so gewisse Reaktionen verdeckt bleiben können.

Insgesamt überwiegen aber die Vor- gegenüber den Nachteilen. Mit Blick darauf, dass Vide­oberatung als zusätzliche Option dienen soll und der Kunde i. d. R. die freie Wahl hat, welche Art von Beratung er in Anspruch nimmt, können die Nachteile vernachlässigt werden.

2.3 Kundenservice

Die Fintech-Zeitschrift bank und markt schrieb 2019: „Mitte Mai kündigte N26 an, die Verfüg­barkeit des Kundenservice für N26-Kunden in Deutschland auch auf Sonntage auszudeh­nen.“ (Fritz Knapp Verlag GmbH, 2019, S. 275) Bei N2617 handelt es sich um eines jener Fintechs (Kyriasoglou, 2019), die im Rahmen der Digitalisierung als zusätzliche Intermediäre auf den Bankenmarkt drängen und so unter anderem auch auf Genossenschaftsbanken den Druck erhöhen (Arts, 2016, S. 19). Die Ausprägung des Service scheint für Kunden entschei­dend zu sein. So finden sich in vielen Bewertungen zu Unternehmen Kommentare bezüglich deren Kundenservice - sowohl positive als auch negative. In der einschlägigen Literatur wird unter ,Kundenservice‘ (oft auch .Kundendienst' genannt) jene organisatorische Einheit ver­standen, die alle Kundenbelange bearbeitet, die nach dem Verkauf eines Produktes entste­hen (Irrgang, 2009, S. 12). Besitzt der Kunde beispielsweise bereits ein Girokonto und hat diesbezüglich Fragen oder Probleme, hilft ihm der Kundenservice weiter. Er wird gerade in größeren Unternehmen oftmals in sogenannten Kundenservice-Centern gebündelt (Irrgang, 2009, S. 13).

Daneben kann der Begriff ,Kundenservice‘ nicht nur für eine Organisationseinheit, die sich nach dem eigentlichen Produktabschluss um die Kundenwünsche kümmert, sondern viel­mehr auch für jegliche Bemühungen des Unternehmens stehen, um Zufriedenheit zu schaf­fen. So kann z. B. bereits das Lächeln des Mitarbeiters bei der Begrüßung zum Kundenser­vice gezählt werden (Leichsenring, 2015). Diesbezüglich muss noch kein Produktabschluss stattgefunden haben, da positive Reaktionen auch schon aufgrund eines ersten Eindrucks entstehen können. Dieser Standpunkt soll auch in der vorliegenden Arbeit vertreten werden; die Bemühungen für die Zufriedenheit des Kunden fangen i. d. R. nicht erst mit Abschluss des ersten Produktes an, sondern mit dem ersten Kontaktpunkt. Auch die Möglichkeit der Videoberatung ist in den meisten Unternehmen nicht nur auf Bestandskunden beschränkt, sondern auch für potenzielle Neukunden nutzbar.

3 Aktueller Forschungsstand und Formulierung von Hypothesen

Aufbauend auf die zuvor angeführten theoretischen Grundlagen soll im Folgenden der aktu­elle Forschungsstand betrachtet werden. In welchen Bereichen wurden bereits Erkenntnisse gewonnen? Wie leitet sich daraus die angestrebte Forschung für die vorliegende Arbeit ab? Im Anschluss sollen Hypothesen formuliert werden, die dann mittels einer Umfrage überprüft werden.

3.1 Aktueller Forschungsstand

Videoberatung in der Bank ist vergleichsweisejung, was sich auch im aktuellen Forschungs­stand widerspiegelt. So stammt der erste in der Google-Suche nach den Stichwörtern .Vide­oberatung Bank' gefundene Newsartikel aus dem Jahr 2011.18 Der nächste identifizierte wurde erst über ein Jahr später veröffentlicht. Mittlerweile hat die Anzahl an Berichten zuge­nommen, was überwiegend daraus resultiert, dass immer mehr Banken die Videoberatung einführen. Vor allem öffentlich zugängliche Studien zu diesem Thema sind nur schwer zu finden - es wurden nur Auszüge aus zwei Untersuchungen identifiziert, wobei in einer fast ausschließlich die Bankperspektive betrachtet wird19 (4P Consulting, 2016). Da in der vorlie­genden Arbeitjedoch die Kundenseite betrachtet wird, soll das Forschungsvorhaben hierauf fokussiert werden. Die andere vorliegende Studie stammt aus einer Kooperation der Mainzer Volksbank und der Hochschule Worms. Deren Ziel war die Untersuchung der Kundenwahr­nehmung, -wünsche und -ängste zum Thema ,Videobanking‘ in einer Filiale der Mainzer Volksbank (Jäger P. D., 2016). Auch Prof. Dr. Lars Jäger (2016), der ein Forschungsprojekt zum Thema ,Videobanking‘ an der Hochschule Worms leitet, betont, dass „Videobanking ein .weißer Fleck' auf der wissenschaftlichen Landkarte ist“. Zusätzlich liegt eine ausführliche Studie vor, die exklusiv für den Genossenschaftsverband Bayern (GVB) durch die Marktfor­schungsfirma TNS Infratest im Jahr 2016 durchgeführt wurde. Es ist allerdings davon auszu­gehen, dass der Sparkassenverband und weitere größere Banken im Rahmen ihrer Projekte ebenfalls Untersuchungen in Auftrag gegeben haben, die jedoch nicht öffentlich zugänglich sind.

Im Rahmen der Studie der Hochschule Worms und der Mainzer Volksbank wurden innerhalb von zwei Tagen 200 Kunden in einer Filiale befragt. Eine der Haupterkenntnisse ist, dass ein Großteil der Teilnehmer (85,5 Prozent) noch nichts von Videoberatung gehört hat, obwohl diese in der entsprechenden Bank angeboten wird. Zusätzlich wurde die Erkenntnis gewon­nen, dass jüngere Kunden (16- bis 35-jährige) gegenüber diesem Service deutlich offener sind (ca. 43,5 Prozent) als die älteren Generationen. Der Großteil der Teilnehmer, die sich gegen die Videoberatung ausgesprochen haben (68 Prozent), bevorzugt die persönliche Be­ratung vor Ort oder hat Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes (37,5 Prozent) (Jäger P. D., 2016). Da die vorliegende Studie nur mit Kunden der Mainzer Volksbank durchgeführt wurde, beziehen sich die Ergebnisse auf diese. Dennoch kann sie für einen Vergleich heran­gezogen werden, da die Spezialisierung auf eine regionale Genossenschaftsbank hier gege­ben ist. In der Studie von TNS Infratest wurde sich nicht nur auf eine Bank beschränkt, den­noch ist diese zu ähnlichen Ergebnissen gelangt. So gaben hier 76 Prozent der Befragten an, noch nie von Videoberatung gehört zu haben. Auch bei der Offenheit gegenüber dieser Technologie kommt TNS zu einem ähnlichen Ergebnis: 52 Prozent bei den 14- bis 39-Jähri­gen, 39 Prozent bei den 40- bis 64-Jährigen. Ein Großteil der Personen, die Videoberatung nutzen würden (72 Prozent), kann sich nicht vorstellen, entsprechende Produkte auch direkt abzuschließen. Ungefähr 49 Prozent der jungen Befragten orten zudem hinter der Einführung von Videoberatung einen Imagevorteil für die Bank. Die TNS-Studie wies als Grundgesamt­heit die deutsche Bevölkerung ab 14 Jahren und einen Stichprobenumfang (n) von 2033 auf (TNS Infratest, 2016). Es zeigt sich, dass in beiden Untersuchungen zu ähnlichen Ergebnis­sen gelangt wurde. Im Forschungsteil der vorliegenden Arbeit soll sich entsprechend nicht nur auf eine Bank spezialisiert, sondern nach Möglichkeit der gesamte Markt betrachtet wer­den. Da beide vorliegenden Studien aus dem Jahr 2016 stammen, könnte es sinnvoll sein, ausgewählte Themen daraus erneut zu betrachten, um so Veränderungen feststellen zu kön­nen. Im Folgenden werden zunächst die Hypothesen aufgestellt, die dann mittels quantitati­ver Forschung überprüft werden.

3.2 Formulierung von Hypothesen

Bevor in die eigentliche Forschung eingestiegen werden kann, sollen im Folgenden Hypothe­sen formuliert werden, die im Anschluss überprüft werden. Bei Thesen handelt es sich, ein­fach gesagt, um Behauptungen (Duden, 2019), die mit einem Beweis verifiziert bzw. falsifi­ziert werden. Eine Erweiterung oder Unterform ist die sog. Hypothese, die neben der Be­hauptung zusätzlich einen Zusammenhang umfasst (Goethe-Universität Frankfurt am Main, 2019).

Aus den zuvor genannten Studien ging hervor, dass Videoberatung bisher eher unbekannt ist. Junge Personen stehen ihr dabei offener gegenüber als ältere. Diese Thesen sollen er­neut aufgenommen und überprüft werden. Möglicherweise zeigen sich diesbezüglich durch die zeitliche Differenz zwischen den Forschungen Veränderungen.

These 1: Ein Großteil derPersonen hat von Videoberatung noch nichts gehört.

Hypothese 1: Wenn die Befragten jung sind, dann sind sie der Videoberatung gegenüber offener.

Interessant ist die Fragestellung, ob der Nutzen einer Videoberatung für den Kunden von dem zu besprechenden Themenfeld oder dem Produkt abhängt. Erfahrungsgemäß werden diese sowohl von Kunden als auch von Beratern als verschieden komplex interpretiert. So wird z. B. eine Beratung zum Thema ,Baufinanzierung‘ komplexer wahrgenommen als zu Girokonten. Hieraus soll die nächste Hypothese abgeleitet werden.

Hypothese 2: Wenn das Thema/Produkt einfacher ist, wird es für eine Videoberatung eher in Betracht gezogen.

Wie im Rahmen der Definition von Videoberatung erläutert, wird diese i. d. R. als zusätzliche Möglichkeit angeboten. Am Ende entscheidet der Kunde selbst, ob er sie in Anspruch neh­men möchte oder lieber ein persönliches Gespräch in einer der Filialen. Aus diesem Grund sehen viele Kunden eher die Vor- als die Nachteile in der zusätzlichen Option. Aus dieser Behauptung wird die nächste Hypothese abgeleitet.

Hypothese 3: Die Zustimmung zu den Vorteilen von Videoberatung ist höher als zu den Nachteilen.

Gerade für die arbeitende Bevölkerung ist es schwierig, außerhalb des Urlaubs Beratungen zu den Filialöffnungszeiten wahrzunehmen, die i. d. R. nicht so flexibel sind wie im Einzel­handel. Daher bezieht sich die nächste These auf die präferierten Zeiten zur Nutzung der Videoberatung.

These 2: Die Möglichkeit zur Nutzung der Videoberatung außerhalb von klassischen Fi­ lialöffnungszeiten wird durch die Kunden präferiert.

In den Abschnitten zuvor wurden die zentrale und dezentrale Lösung bei der Einführung von Videoberatung erläutert. Erstere wird oftmals durch ein Kundenservicecenter verkörpert. Im Gegensatz zur dezentralen Lösung, bei der der Kunde mit seinem persönlichen Berater spricht, ist die zentrale Lösung durch eine gewisse Anonymität charakterisiert. Im ersten Mo­ment würde dies dem Prinzip widersprechen, das die regionalen Genossenschaftsbanken verfolgen. Doch worauf legt der Kunde Wert? Steht das persönliche Kennen des Beraters für ihn wirklich an oberster Stelle oder gibt es Themen, die relevanter sind? Da sowohl bei VR- Banken als auch bei den Sparkassen, die von der Filialstruktur ein ähnliches Prinzip verfol­gen, oftmals die zentrale Lösung genutzt wird, wird die nachfolgende Hypothese aufgestellt.

Hypothese 4: Seriosität, Fachkenntnis und Freundlichkeit des Beraters sind für die Akzep­tanz relevanter, als diesen persönlich zu kennen.

Videoberatung ist flexibel, modern und eine Alternative zu klassischen Terminen in der Filiale. Im Internet finden sich überwiegend positive Rückmeldungen zu diesem Thema von Perso­nen, die bereits ein solcher Service in Anspruch genommen haben. Daneben gibt es aber auch Menschen, für die eine Videoberatung nicht in Frage kommt. Diesbezüglich werden die nachfolgenden Thesen aufgestellt.

These 3: Wenn Kunden bereits Erfahrungen mit Videoberatung gemacht haben, dann waren sie mit dieserzufrieden und würden diese auch weiterempfehlen.

These 4: Wenn Videoberatung für jemanden nicht in Frage kommt, dann wird der per­ sönliche Kontakt bevorzugt.

Die vier Thesen und insbesondere die vier Hypothesen gilt es, in der anschließenden For­schung zu untersuchen. Sie beziehen sich auf jeweils unterschiedliche Bereiche der Vide­oberatung und der Kundenbedürfnisse.

4 Empirische Forschung

Das Hauptaugenmerk soll im Folgenden auf die empirische Datenerhebung und Überprüfung der zuvor aufgestellten Thesen/Hypothesen gelegt werden. Dabei wird auf die Methode und das Vorgehen, die Durchführung und die Ergebnisse eingegangen.

4.1 Methodenbegründung

Ziel der empirischen Erhebung soll es sein, ein möglichst genaues Bild der Meinungen der Kunden zum Thema ,Videoberatung‘ einzufangen. Hierbei steht nicht ein Individuum im Vor­dergrund, sondern vor allem die grundsätzliche Einstellung der Gesamtheit an (potenziellen) Kunden. In der empirischen Sozialforschung lässt sich zwischen der qualitativen und quanti­tativen Forschung unterscheiden (Empirio, 2019). Zur Erklärung können die Redensarten .Qualität statt Quantität' oder, profaner ausgedrückt, .Klasse statt Masse' herangezogen wer­den. Ähnlich übertragbar sind die Begrifflichkeiten auf die Methodik. Während bei der quali­tativen Forschung wenige Daten betrachtet und interpretiert werden, wird bei der quantitati­ven eher eine größere Anzahl herangezogen, um Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zu identifizieren. So werden mit einer qualitativen Methode vor allem textbasierte Ergebnisse generiert und überprüft, während mit quantitativen Verfahren numerische Werte statistisch ausgewertet werden (Wetzel & Röbken, 2016). Dabei wird induktiv bzw. deduktiv auf die Ge­samtheit geschlossen, wobei Ersteres bedeutet, dass vom Einzelnen auf die Gesamtheit ge­schlossen wird, während bei Zweiterem vom Allgemeinen auf das Einzelne hingearbeitet wird (Schumann, 2018, S. 151). Ein Beispiel für eine qualitative Forschung ist ein Experteninter­view, wohingegen ein standardisierter Fragebogen ein klassisches quantitatives Verfahren darstellt. Da hiervorallem die Untersuchung von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen und die Überprüfung von Hypothesen im Vordergrund stehen, ist es sinnvoll, für die empirische Analyse die quantitative Methodik heranzuziehen. Es wird ein standardisierter Fragebogen zum Einsatz kommen, weil mit diesem die Meinungen (potenziellen) Kunden numerisch ein­gefangen und im Anschluss statistisch ausgewertet werden können.

4.2 Durchführung der Personenbefragung

4.2.1 Aufbau des Fragebogens

Der Aufbau eines Fragebogens und die Art, wie die Fragen gestellt werden, sind essentiell und entscheiden am Ende über den Erfolg oder Misserfolg einer Umfrage (Porst, 2013, S. 13). Dabei lässt sich vor allem zwischen den Arten von Fragen und von Skalen differenzieren. Hinsichtlich Erstgenannter werden geschlossene, halboffene und offene unterschieden (Porst, 2013, S. 53).

[...]


1 Vgl. (Villeroy & Boch, 2019), (Bundesagentur für Arbeit, 2019), (Lifta, 2019)

2 Google-Suche vom 24.10.2019 nach den Stichworten .Videoberatung Bank'. Auf den ersten fünf Seiten finden sich 32 Banken, die Videoberatung anbieten und von denen 27 Genossenschaftsbanken sind.

3 Im Jahr 2017 wiesen vor allem Sparkassen und Kreditgenossenschaften eine deutlich höhere Posi­tion von allgemeinen Verwaltungsaufwendungen in der Gewinn- und Verlustrechnung des Jahresab­schlusses auf (in Prozent zur durchschnittlichen Bilanzsumme) als Großbanken (Deutsche Bundesbank, 2018, S. 58).

4 Unter Einlagenfazilität wird der Zinssatz verstanden, zu dem Banken über Nacht ihre Überschüsse bei der EZB anlegen können (Deutsche Bundesbank, 2019).

5 Robo-Advisors sind Webanwendungen für Privatpersonen zur automatisierten Geldanlageplanung (Bahlinger, 2016, S. 1).

6 Bei einem Omnikanal-Modell sind dieZugangskanäle für den Bankkunden datentechnisch miteinan­der verknüpft, sodass dieser selbst entscheiden kann, wann erweichen nutzt (Voigt, 2017, S. 46).

7 Unter einem Fintech wird ein Unternehmen verstanden, das Finanzdienstleistungen unter einer stark ausgeprägten Nutzung von Informationstechnologie bereitstellt (Tiberius & Rasche, 2017, S. 2).

8 Im Jahr 2008 gab es in Deutschland 41 734 Bankstellen. Zehn Jahre später waren es noch 29 670 (Deutsche Bundesbank, 2019). Dies entspricht einem Rückgang von rund 29 Prozent.

9 Vgl. Videoberatung bei Vereinigte Volksbank Münster eG, Sparkasse Hanau

10 ,SB‘ stehtfür .Selbstbedienung'. SB-Geschäftsstellen sind demnach Geschäftsstellen, in denen der Kunde die üblichen Bankgeschäfte durch Bedienung von Automaten (Geldautomat, Kontoauszugsdru­cker, Überweisungsterminal) selbst erledigen kann.

11 Vgl. Videoberatung bei VR-Bank Mittelfranken West eG

12 Vgl. Videoberatung bei VR- Bank Rottal-Inn eG, Hypovereinsbank

13 Laut We/t-Artikel wird Skype überdie allgemeinen Geschäftsbedingungen derZugriffaufden Inhalt der Kommunikation gewährt (Krapp & Wischmeyer, 2015).

14 IT ca. 30.000 Euro, Schallschutz u. Beleuchtung ca. 20.000 Euro, Prozesse u. Schulungen ca. 20.000 Euro (BVR, 2017, S. 49).

15 Mit Face to face ist ein persönliches Gespräch gemeint (Duden, 2019).

16 Gemäß § 34 WpHG unterliegen Wertpapierdienstleistungsgesellschaften (i. d. R. Banken und Ver­mittler) derAufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht bestimmter Inhalte des Gespräches.

17 N26 ist ein Fintech-Unternehmen, das das komplette Konto in einer Smartphone-App verbindet (Lietzau, 2018).

18 Google-News-Suche vom 27.10.2019 nach den Stichwörtern .Videoberatung Bank‘. Anzahl der Su­chergebnisse: 1340.

19 Studie von der Unternehmensberatung 4P Consulting aus dem Jahr 2016. Titel: „Studie zur Vide­oberatung“.

Ende der Leseprobe aus 74 Seiten

Details

Titel
Ausweitung des Kundenservice durch die Einführung von Videoberatung
Untertitel
Eine kritische Betrachtung am Beispiel einer regionalen Genossenschaftsbank
Hochschule
IU Internationale Hochschule
Note
1,6
Autor
Jahr
2019
Seiten
74
Katalognummer
V1167673
ISBN (eBook)
9783346584403
ISBN (Buch)
9783346584410
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Videoberatung, Kundenservice, Bank, Genossenschaftsbank, Banking
Arbeit zitieren
Philipp Zeyen (Autor:in), 2019, Ausweitung des Kundenservice durch die Einführung von Videoberatung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1167673

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