Diese Arbeit untersucht deutsch-georgische Beziehungen vor dem blutigen Einmarsch der Roten Armee in Georgien und widmet sich dem 100-jährigen Gedenken der Okkupation durch Russland sowie dem dreißigjährigen Jubiläum zur Unabhängigkeit Georgiens.
Nach 100 Jahren gedachte Georgien im Februar 2021 dem blutigen Einmarsch der Roten Armee in Tbilisi und der anschließenden Sowjetisierung Georgiens durch Russland im Jahr 1921. Dieses Ereignis stellte eine Zäsur für Georgiens Entwicklung dar, weil dadurch die Unabhängigkeit des jungen Staates beendet wurde, die erst nach 70 Jahren wieder erkämpft werden sollte. So feierte Georgien im Mai 2021 das dreißigjährige Jubiläum der Wiederherstellung der Souveränität Georgiens.
Geht es um das Thema Unabhängigkeit, so erinnert sich Georgien gerne an die freundschaftlichen Beziehungen mit Deutschland und an die deutschen Unterstützungsmaßnahmen bei der Loslösung Georgiens von Russland. Noch heute ist Deutschland einer der größten Bildungs- und Kulturförderer des Südkaukasus und stellt einen wichtigen Handelspartner für Georgien dar. Diese „Zusammengehörigkeit“ sowie die „lange und enge Verbundenheit“, insbesondere nach dem Wiedererlangen der Autonomie im Jahr 1991, hob auch der Bundespräsident Walter Steinmeier bei seinem offiziellen Staatsbesuch in Georgien im Oktober hervor.
Wirft man einen Blick auf die Geschichte, wird deutlich, dass die deutsch-georgischen Beziehungen erst durch das Fortschreiten der Industrialisierung im neunzehnten Jahrhundert und mit dem Aufkommen des Nationalismus und Imperialismus richtig Fahrt aufnahm. Die Zeit des Zusammenwirkens zwischen Georgien und Deutschland wies jedoch die höchste Intensität während des Ersten Weltkriegs auf.
Während in der Sowjetzeit die Welt mit Moskau verhandelte, wurden die Beziehungen der beiden Länder nach der Wiederherstellung der Staatsunabhängigkeit Georgiens in den 90ern des vergangenen Jahrhunderts wieder aufgenommen. Daraus lässt sich schließen, dass der Einmarsch der Roten Armee in Georgien im Februar 1921 auch für deutsch-georgische Beziehungen eine Zäsur darstellen sollte.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1. Der Untersuchungszeitraum und die Fragestellung der Arbeit
- 1.2. Methodik und Quellenüberblick
- 1.3. Forschungsstand
- 1.4. Hinweise zu Transkription und Gendering
- 2. Die Phänomene des Nationalismus und Imperialismus
- 3. Nationalismus und Imperialismus in Georgien und Deutschland um die Jahrhundertwende
- 3.1. Georgischer Nationalismus
- 3.1.1. Annexion Georgiens und ihre Folgen
- 3.1.2. Georgische Nationalbewegung und Alphabetisierungsgesellschaft
- 3.2 Deutscher (Radikal-)Nationalismus und (Neu-)Imperialismus
- 3.2.1. Förderer des deutschen Imperialismus
- 3.2.2. „Ethischer Imperialismus“
- 4. Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit zwischen Georgien und Deutschland
- 4.1. Georgische Interessen
- 4.1.1. Ziele der Menschewiki
- 4.1.2. Ziele der Exilgeorgier
- 4.1.3. Unabhängigkeitsfrage ab 1917
- 4.2. Deutsche Interessen
- 4.2.1. Die „Entdeckung“ Kaukasiens und Georgiens
- 4.2.2. Das deutsche Kapital in Georgien
- 4.2.3. Insurgierungs- und Revolutionierungspolitik
- 5. Zusammenarbeit zwischen Georgien und Deutschland
- 5.1. Revolutionierungspolitik und indirekte Propaganda
- 5.1.1. Die Liga der Fremdvölker Rußlands
- 5.1.2. Nachrichtenstelle für den Orient
- 5.1.3. Kriegsgefangenenpolitik
- 5.1.4. Die Georgische Legion
- 5.2. Revolutionierungspolitik und direkte Propaganda
- 5.2.1. Transkaukasische Demokratisch-Föderative Republik
- 5.2.2. Die deutschen Truppen in Tbilisi
- 5.3. Die Frage der Anerkennung der Staatsunabhängigkeit Georgiens
- 5.4. Politische und wirtschaftliche Verträge
- 5.5. Erweiterung der Brest-Litowsker Verträge
- 6. Zerplatzte Träume
- 7. Ein Fall des Imperialismus?
- 8. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die deutsch-georgischen Beziehungen zwischen 1911 und 1921, fokussiert auf den Einfluss von Nationalismus und Imperialismus auf diese Entwicklung. Sie analysiert die wechselseitigen Interessen und Strategien beider Seiten im Kontext des Ersten Weltkriegs und der anschließenden Ereignisse, die zur sowjetischen Okkupation Georgiens führten. Die Arbeit beleuchtet die Rolle Deutschlands in der Unterstützung der georgischen Unabhängigkeitsbestrebungen und hinterfragt gleichzeitig die imperialistischen Motive im deutschen Handeln.
- Deutsch-georgische Beziehungen im Kontext des Ersten Weltkriegs
- Der Einfluss des Nationalismus in Georgien und Deutschland
- Die Rolle des deutschen Imperialismus in der Kaukasuspolitik
- Die wechselseitigen Interessen und Strategien Deutschlands und Georgiens
- Die Folgen der sowjetischen Okkupation für die deutsch-georgischen Beziehungen
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung legt den Fokus auf die deutsch-georgischen Beziehungen, insbesondere während des Ersten Weltkriegs, und betont die Bedeutung des 100-jährigen Gedenkens an den Einmarsch der Roten Armee und des 30-jährigen Jubiläums der georgischen Unabhängigkeit. Sie skizziert den Untersuchungszeitraum, die Forschungsfrage und die Methodik der Arbeit, sowie den Forschungsstand zu deutsch-georgischen Beziehungen, wobei der Fokus auf dem Einfluss von Nationalismus und Imperialismus liegt. Die Einleitung verortet die Arbeit im Kontext des akademischen Diskurses um die Interpretation der deutschen Rolle im Kaukasus.
2. Die Phänomene des Nationalismus und Imperialismus: Dieses Kapitel bietet eine umfassende Auseinandersetzung mit den Definitionen und Merkmalen von Nationalismus und Imperialismus als prägende Phänomene des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Es legt die theoretischen Grundlagen für die Analyse der deutsch-georgischen Beziehungen, indem es die verschiedenen Facetten und Ausprägungen beider Ideologien beleuchtet und die historische Entwicklung und die Auswirkungen auf internationale Beziehungen darstellt. Es dient als analytisches Gerüst für die folgenden Kapitel.
3. Nationalismus und Imperialismus in Georgien und Deutschland um die Jahrhundertwende: Dieses Kapitel analysiert den Aufstieg des Nationalismus in Georgien und Deutschland um 1900. Es beschreibt die georgische Nationalbewegung, die Annexion Georgiens durch Russland und ihre Folgen für die georgische Bevölkerung. Parallel dazu werden die verschiedenen Strömungen des deutschen (Radikal-)Nationalismus und (Neu-)Imperialismus untersucht, inklusive ihrer ideologischen Grundlagen und Ziele. Es wird der Kontext geschaffen, um die späteren deutsch-georgischen Beziehungen zu verstehen.
4. Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit zwischen Georgien und Deutschland: Das Kapitel beleuchtet die unterschiedlichen, aber teilweise sich überschneidenden, Interessen Georgiens und Deutschlands vor dem Hintergrund des Ersten Weltkriegs. Es untersucht die Ziele der georgischen Menschewiki und Exilgeorgier, die allesamt die Loslösung von Russland anstrebten. Auf deutscher Seite werden die "Entdeckung" Kaukasiens, das deutsche Kapital in Georgien und die deutsche Insurgierungs- und Revolutionierungspolitik analysiert. Dieser Abschnitt legt die Grundlage für das Verständnis der Kooperation im darauffolgenden Kapitel.
5. Zusammenarbeit zwischen Georgien und Deutschland: Dieses Kapitel analysiert die konkrete Zusammenarbeit zwischen Georgien und Deutschland während des Ersten Weltkriegs. Es untersucht verschiedene Formen der deutschen Unterstützung für die georgische Unabhängigkeitsbewegung, sowohl indirekte Propaganda (Liga der Fremdvölker, Nachrichtenstelle für den Orient, Kriegsgefangenenpolitik, Georgische Legion) als auch direkte Propaganda und militärische Interventionen. Die Anerkennung der georgischen Unabhängigkeit, politische und wirtschaftliche Verträge sowie die Erweiterung der Brest-Litowsker Verträge werden detailliert erörtert.
Schlüsselwörter
Deutsch-georgische Beziehungen, Nationalismus, Imperialismus, Erster Weltkrieg, Georgische Unabhängigkeitsbewegung, Menschewiki, Deutsches Kaiserreich, Revolutionierungspolitik, Propaganda, Brest-Litowsker Vertrag, Sowjetische Okkupation.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Deutsch-Georgische Beziehungen 1911-1921
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht die deutsch-georgischen Beziehungen zwischen 1911 und 1921, mit besonderem Fokus auf den Einfluss von Nationalismus und Imperialismus auf diese Entwicklung. Sie analysiert die wechselseitigen Interessen und Strategien beider Seiten im Kontext des Ersten Weltkriegs und der folgenden Ereignisse, die zur sowjetischen Okkupation Georgiens führten. Ein Schwerpunkt liegt auf der Rolle Deutschlands bei der Unterstützung der georgischen Unabhängigkeitsbestrebungen und der kritischen Hinterfragung der imperialistischen Motive im deutschen Handeln.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit deckt ein breites Spektrum an Themen ab, darunter die deutsch-georgischen Beziehungen im Kontext des Ersten Weltkriegs, der Einfluss des Nationalismus in Georgien und Deutschland, die Rolle des deutschen Imperialismus in der Kaukasuspolitik, die wechselseitigen Interessen und Strategien Deutschlands und Georgiens sowie die Folgen der sowjetischen Okkupation für die deutsch-georgischen Beziehungen.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in ihnen?
Die Arbeit gliedert sich in mehrere Kapitel: Kapitel 1 (Einleitung) legt den Fokus auf die Forschungsfrage und Methodik. Kapitel 2 definiert Nationalismus und Imperialismus. Kapitel 3 analysiert den Aufstieg des Nationalismus in Georgien und Deutschland um 1900. Kapitel 4 beleuchtet die Voraussetzungen für die Zusammenarbeit zwischen Georgien und Deutschland. Kapitel 5 analysiert die konkrete Zusammenarbeit während des Ersten Weltkriegs (Propaganda, militärische Interventionen, Verträge). Kapitel 6 behandelt das Scheitern der Hoffnungen. Kapitel 7 hinterfragt die Einordnung der Ereignisse als Imperialismus und Kapitel 8 bietet ein Fazit.
Welche Methodik wurde angewendet?
Die Arbeit beschreibt die Methodik und den Quellenüberblick in der Einleitung. Die genaue Methodik wird im Text detailliert erläutert, wobei der Einfluss von Nationalismus und Imperialismus im Mittelpunkt der Analyse steht.
Welche Rolle spielte der Nationalismus?
Die Arbeit analysiert die Rolle des Nationalismus sowohl in Georgien (georgische Nationalbewegung, Annexion Georgiens) als auch in Deutschland (verschiedene Strömungen des (Radikal-)Nationalismus). Der Einfluss dieser nationalistischen Strömungen auf die deutsch-georgischen Beziehungen wird im Detail untersucht.
Welche Rolle spielte der Imperialismus?
Die Arbeit untersucht die Rolle des deutschen Imperialismus in der Kaukasuspolitik, insbesondere die "Entdeckung" Kaukasiens, deutsches Kapital in Georgien und die deutsche Insurgierungs- und Revolutionierungspolitik. Die Arbeit hinterfragt die imperialistischen Motive im deutschen Handeln und diskutiert, inwiefern die Ereignisse als ein Fall von Imperialismus einzuordnen sind.
Welche konkreten Formen der Zusammenarbeit gab es?
Die Zusammenarbeit umfasste sowohl indirekte Propaganda (Liga der Fremdvölker, Nachrichtenstelle für den Orient, Kriegsgefangenenpolitik, Georgische Legion) als auch direkte Propaganda und militärische Interventionen (deutsche Truppen in Tiflis). Die Anerkennung der georgischen Unabhängigkeit, politische und wirtschaftliche Verträge und die Erweiterung der Brest-Litowsker Verträge werden ebenfalls behandelt.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit am besten?
Schlüsselwörter sind: Deutsch-georgische Beziehungen, Nationalismus, Imperialismus, Erster Weltkrieg, Georgische Unabhängigkeitsbewegung, Menschewiki, Deutsches Kaiserreich, Revolutionierungspolitik, Propaganda, Brest-Litowsker Vertrag, Sowjetische Okkupation.
Für wen ist diese Arbeit bestimmt?
Diese Arbeit richtet sich an Wissenschaftler und Studierende, die sich mit der Geschichte der deutsch-georgischen Beziehungen, dem Nationalismus, Imperialismus und dem Ersten Weltkrieg befassen. Die Arbeit ist für den akademischen Gebrauch bestimmt.
- Quote paper
- Tamari Herding (Author), 2021, Nationalismus, Imperialismus und zerplatzte Träume. Deutsch-georgische Beziehungen von 1911 bis 1921, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1167188