„In conversation – the prototypical form of language use – fluent speech is rare” (Clark & Tree 2002: 73). Vor diesem Hintergrund ist es interessant, die so alltäglichen Redeflussstörungen (z.B. gefüllte und ungefüllte Pausen, Wiederholungen, Fehlstarts) näher zu betrachten. Sie betreffen ein Drittel aller Äußerungen in natürlicher Konversation (vgl. Shriberg 2001: 153) und können somit Erkenntnisse über Prozesse der menschlichen Sprachproduktion liefern. Fehler in der Sprechausführung verweisen auf kognitiv fehlerhafte Vorgänge auf semantischer (z.B. inhaltlicher Versprecher), phonetischer (z.B. falscher Laut) oder syntaktischer (z.B. grammatikalischer Fehler) Ebene, während Verzögerungen auf kognitive Anstrengung, beispielsweise bei komplexen Äußerungen, schließen lassen.
Der erste Teil der vorliegenden Arbeit beschäftigt sich mit den Arten und Eigenheiten von Redeflussstörungen im Allgemeinen. Hierbei nehmen die akustischen Charakteristika und damit die perzeptive Wirkung einen großen Abschnitt ein: Wie unterscheiden sich Redeflussstörungen akustisch von fließender Rede? Verstehen Hörer, ob es sich um eine Redeflussstörung handelt? Inwiefern wird dieses Verständnis durch akustische Eigenheiten gefördert?
Der zweite Teil der Arbeit widmet sich einer bestimmten Redeflussstörung, der gefüllten Pause, mit den englischen Füll-Lauten uh und um. Clark und Tree (2002) betrachten uh und um nicht einfach als Automatismus, der sich bei Hesitationen des Sprechers zeigt, sondern als normale englische Wörter, über deren Einsatz jeder Sprecher selbst entscheiden kann. Sie gehen von einem zweikanaligen Sprachproduktionsmodell aus, bei dem Sprecher beide Spuren, eine Haupt- und eine Nebenspur, parallel planen. Die Hauptspur enthält den Inhalt der Äußerung, während der zweite Kanal für die Performanz, d.h. die Sprechausführung, zuständig ist. Füll-Laute sowie einige andere Redeflussstörungen ordnen Clark und Tree als Mitteilungen auf dem zweiten Kanal ein: Sie geben Informationen bekannt, welche die Ausführung, nicht den Inhalt betreffen (vgl. Clark & Tree 2002: 105f.). Ob, welche und wieviele Informationen der Sprecher bezüglich der Performanz geben möchte, liegt in seinem Ermessen. Mit dieser Betrachtungsweise – uh und um gehören dem englischen Lexikon an – distanzieren sich Clark und Tree deutlich von einigen anderen Autoren, die die Füll-Laute lediglich als Performanzfehler bezeichneten und sie deshalb nicht in ihre Studien integrierten (vgl. Clark & Tree 2002: 74).
Gliederung
1. Einleitung
2. Arten von Redeflussstörungen
3. Die Sprechumgebung von Redeflussstörungen
4. Akustische Eigenheiten von Redeflussstörungen
4.1 Akustische Effekte im Reparandum
4.2 Akustische Effekte in der Bearbeitungsphase
4.3 Akustische Effekte in der Reparaturphase
5. Die Füll-Laute uh und um des Englischen
5.1 Drei Auffassungen von uh und um
5.2 Grundbedeutungen von uh und um
5.3 Implizierte Bedeutungen von uh und um
5.4 Uh und um als Teil des englischen Sprachsystems
5.5 Die selektive Kontrolle von Sprechern über uh und um
5.6 Wie formulieren Sprecher uh und um innerhalb einer Äußerung?
5.7 Zusammenfassung
6. Zusammenfassung
7. Bibliographie
1. Einleitung
„In conversation – the prototypical form of language use – fluent speech is rare” (Clark & Tree 2002: 73). Vor diesem Hintergrund ist es interessant, die so alltäglichen Redeflussstörungen[1] (z.B. gefüllte und ungefüllte Pausen, Wiederholungen, Fehlstarts) näher zu betrachten. Sie betreffen ein Drittel aller Äußerungen in natürlicher Konversation (vgl. Shriberg 2001: 153) und können somit Erkenntnisse über Prozesse der menschlichen Sprachproduktion liefern. Fehler in der Sprechausführung verweisen auf kognitiv fehlerhafte Vorgänge auf semantischer (z.B. inhaltlicher Versprecher), phonetischer (z.B. falscher Laut) oder syntaktischer (z.B. grammatikalischer Fehler) Ebene, während Verzögerungen auf kognitive Anstrengung, beispielsweise bei komplexen Äußerungen, schließen lassen.
Der erste Teil der vorliegenden Arbeit beschäftigt sich mit den Arten und Eigenheiten von Redeflussstörungen im Allgemeinen. Hierbei nehmen die akustischen Charakteristika und damit die perzeptive Wirkung einen großen Abschnitt ein: Wie unterscheiden sich Redeflussstörungen akustisch von fließender Rede? Verstehen Hörer, ob es sich um eine Redeflussstörung handelt? Inwiefern wird dieses Verständnis durch akustische Eigenheiten gefördert?
Der zweite Teil der Arbeit widmet sich einer bestimmten Redeflussstörung, der gefüllten Pause, mit den englischen Füll-Lauten uh und um. Clark und Tree (2002) betrachten uh und um nicht einfach als Automatismus, der sich bei Hesitationen des Sprechers zeigt, sondern als normale englische Wörter, über deren Einsatz jeder Sprecher selbst entscheiden kann. Sie gehen von einem zweikanaligen Sprachproduktionsmodell aus, bei dem Sprecher beide Spuren, eine Haupt- und eine Nebenspur, parallel planen. Die Hauptspur enthält den Inhalt der Äußerung, während der zweite Kanal für die Performanz, d.h. die Sprechausführung, zuständig ist. Füll-Laute sowie einige andere Redeflussstörungen ordnen Clark und Tree als Mitteilungen auf dem zweiten Kanal ein: Sie geben Informationen bekannt, welche die Ausführung, nicht den Inhalt betreffen (vgl. Clark & Tree 2002: 105f.). Ob, welche und wieviele Informationen der Sprecher bezüglich der Performanz geben möchte, liegt in seinem Ermessen. Mit dieser Betrachtungsweise – uh und um gehören dem englischen Lexikon an – distanzieren sich Clark und Tree deutlich von einigen anderen Autoren, die die Füll-Laute lediglich als Performanzfehler bezeichneten und sie deshalb nicht in ihre Studien integrierten (vgl. Clark & Tree 2002: 74).
2. Arten von Redeflussstörungen
Elizabeth Shriberg (2001: 155) führt in folgender Tabelle die Haupttypen von Redefluss-störungen auf:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Arten von Redeflussstörungen mit Beispielen aus dem Switchboard-Korpus[2]. „ – “ zeigt den Unterbrechungspunkt an. Quelle: Shriberg 2001: 155
Abgesehen von den gefüllten Pausen (engl. uh / um, dt. äh / ähm, frz. euh / em), die in Kapitel 5 näher betrachtet werden, können auch die ungefüllten Pausen zu den Redeflussstörungen gezählt werden. Zwar handelt es sich hierbei nicht um eine akustische Störung, der Redefluss ist aber dennoch kurzfristig unterbrochen.
Als Tilgung (Deletion) wird die Tatsache bezeichnet, dass ein Sprecher an einem gewissen Punkt seiner Rede abbricht und seine Aussage nochmal neu konzipiert. Da dies häufig zu Beginn einer Äußerung geschieht, wird dieser Typ der Redeflussstörung bisweilen auch als Fehlstart bezeichnet (vgl. Shriberg 2001: 155).
Substitutionen sind in der Regel Reparaturen vorangegangener Fehler bzw. Versprecher; das ersetzende, neue Element wird oft durch die Wiederholung vorangegangener korrekter Elemente angezeigt. Der Hörer wird damit einen Schritt von zwei bis drei Wörtern zurückgeführt und hat dadurch die Möglichkeit und die Zeit, seine Aufmerksamkeit auf das neue Element zu richten.
Einfügungen (Insertion) bestehen aus einem oder mehreren Lexemen, die nicht in direktem Zusammenhang zum Inhalt der Rede stehen müssen und diesen auch nicht vorantreiben (z.B. dt. ich mein’, weißt du, naja). Weißt du ist demnach nicht als Frage zum Inhalt zu verstehen und ich mein’ gibt nicht zwingend die Meinung des Sprechers bzgl. des Themas wieder; es sind vielmehr inhaltsleere Sprechhülsen, die im Kontext der Sprechplanung eingefügt werden und zum Zweck haben, den Zuhörer zu binden (diskurspragmatischer Wert), während die Aussage geplant wird. Einfügungen müssen nicht zwingend als Störung im Redefluss gelten; ein weißt du oder ich mein’ zu Beginn eines Satzes wirkt sich nicht negativ auf den folgenden flüssigen Redeverlauf aus. Im oben genannten Beispiel kann die Insertion jedoch als Störung betrachtet werden, da sich der Sprecher unterbricht und zwischen die beiden zuletzt artikulierten Wörter ein weiteres einfügt.
Die in der Tabelle zuletzt aufgeführte Redeflussstörung, der Versprecher, bezieht sich in diesem Fall auf einen Fehler in silbenfinaler Position: Ein eigentlich korrekter Frikativ wird durch einen Nasal substituiert. Versprecher sind aber nur dann Störungen im Redefluss, wenn der Sprecher seinen Fehler bemerkt, die Artikulation abbricht und sich verbessert. Werden Versprecher nicht bemerkt, findet auch kein Abbruch sowie keine Verbesserung und damit auch keine Störung im Redefluss statt.
3. Die Sprechumgebung von Redeflussstörungen
Elizabeth Shriberg (2001: 155-159) diskutiert in ihrem Artikel vier Faktoren der Sprechumgebung, die einen Einfluss auf Redeflussstörungen haben sollen: der Sprechkontext (mit wem spreche ich?), die Position der Redeflussstörung(en) in einer Äußerung, Sprecher-individuelle Unterschiede und geschlechtsbezogene Unterschiede. Sie bezieht sich dabei auf drei Korpora, die amerikanisch-englische Spontansprache aus verschiedenen Lebensbereichen beinhalten:
(1) Switchboard-Korpus: ca. 3 Mio. Wörter von knapp 500 Sprechern aus über 2430 zehnminütigen, natürlichen Telefongesprächen
(2) AMEX-Korpus: ca. 13.000 Wörter von 66 Sprechern aus natürlichen Telefongesprächen zwischen Angestellten eines Reisebüros und Kunden
(3) ATIS-Korpus: ca. 190.000 Wörter von 523 Sprechern aus Gesprächen von Mensch zu Computer (Luftverkehrsplanung)
Bezüglich des ersten Faktors (Sprechkontext) stellt Shriberg fest, dass in Konversationen zwischen Menschen signifikant mehr Redeflussstörungen auftreten als zwischen Mensch und Computer. Dies hängt damit zusammen, dass menschliche Kommunikation nicht in dem Sinne planbar ist, wie sie es zwischen Mensch und technischem Hilfsmittel ist: Menschliche Hörer reagieren schneller und unberechenbarer als Computer, sie stellen Rückfragen oder möchten das Wort an sich reißen, indem sie den Sprecher unterbrechen. Der Sprecher muss infolge dessen auch schneller reagieren, schneller planen und diskurspragmatische Mechanismen einsetzen, um das Wort zu behalten. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass in Kommunikationssituationen von Mensch zu Mensch vor allem gefüllte Pausen, Wiederholungen und Fehlstarts anzutreffen sind, während der Computer als Konversationspartner vor allem gefüllte Pausen provoziert, dies jedoch in deutlich geringerer Zahl. Gefüllte Pausen können als Zeichen für Planung und Überlegung interpretiert werden; Wiederholungen und Fehlstarts können diskurspragmatisch jedoch auch dahingehend interpretiert werden, dass sie dem Hörer die Sprechabsicht des Sprechers signalisieren: Trotz zu langsam verlaufender und Fehlplanungen, die Neustarts zur Folge haben, beabsichtigt der Sprecher, das Wort zu behalten und sich weiterhin zu äußern. Diese Signale müssen einem Computer nicht gesendet werden, weshalb sich der Sprecher hier voll und ganz auf die Planung seiner Aussage konzentrieren kann.
Um Ergebnisse zum zweiten Faktor (Position einer Redeflussstörung in einer Äußerung) zu erhalten, untersuchte Shriberg, an welcher Stelle einer Aussage die meisten Störungen auftraten. Sie kam zu dem Ergebnis, dass Redeflussstörungen vor allem zu Beginn einer Äußerung und an Grenzen von Intonationseinheiten präsent sind. Ursache ist vor allem der in diesen Momenten höhere Planungsbedarf für die unmittelbar folgende Aussage. Jedoch führen auch implizite Absichten des Sprechers (das Wort ergreifen, Aufmerksamkeit und Spannung beim Hörer erzeugen) zu Störungen im Redefluss an den genannten Positionen. Je länger und komplexer jedoch eine Äußerung ist, desto mehr Redeflussstörungen treten auch in medialer Position auf, da man von einer größeren kognitiven Leistung des Sprechers ausgehen muss.
Der dritte Faktor, der sich auf Redeflussstörungen auswirkt, sind Unterschiede zwischen Sprechern, genauer, deren akustisch messbarer Sprechgeschwindigkeit. So konnte Shriberg zwei Sprechergruppen herausarbeiten: die „Wiederholer“ und die „Tilger“. Zu den „Wiederholern“ zählen Personen mit reduzierterem Sprechtempo als der Durchschnitt: Sie zögern mehr und wiederholen sich, produzieren aber weniger Fehlstarts. Die „Tilger“ hingegen sprechen schneller und zögern weniger, was zu einer größeren Zahl an Fehlstarts und Tilgungen führt.
Zuletzt wirken sich auch Unterschiede im Geschlecht auf die Anzahl von Redeflussstörungen aus. Bei männlichen Sprechern treten mehr Störungen auf als bei weiblichen, wobei dies vor allem gefüllte Pausen zu sein scheinen. Shriberg schließt daraus, „that men may tend to control the floor to a greater extent than women“ und „that they may cause their listener to ‘wait’ for longer than women do” (Shriberg 2001: 159). Aber auch bei männlichen Hörern produzieren die Sprecher, ob männlich oder weiblich, mehr Redeflussstörungen als bei weiblichen Hörern. Die meisten Störungen entstehen demnach in der Kombination männlicher Sprecher und männlicher Hörer, die wenigsten in der Kombination weibliche Sprecherin und weibliche Hörerin.
4. Akustische Eigenheiten von Redeflussstörungen
Damit Hörer Redeflussstörungen von der fließenden Rede differenzieren und sie damit inhaltlich abtrennen können, müssen diese phonetische Charakteristika aufweisen, die sie unterscheidbar machen. Diese speziellen akustischen Eigenschaften zeigen sich in drei Phasen, in die die Mehrheit der Redeflussstörungen eingeteilt werden kann:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Phasen einer Redeflussstörung: Reparandum, Bearbeitung und Reparatur. Quelle: Shriberg 2001: 160
[...]
[1] Der Begriff Redeflussstörung soll nicht im Sinne einer menschlichen Störung bzw. Krankheit verstanden werden. Er beschreibt lediglich Störfaktoren, die sich auf die flüssige Rede auswirken.
[2] Der Switchboard-Korpus enthält ca. 3 Mio. englische Wörter aus über 2430 zehnminütigen, natürlichen Telefongesprächen zwischen knapp 500 Amerikanern. (vgl. Shriberg 2001: 154)
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