Kein Land konnte sich dieser Romantik entziehen. Vor allem Europa wurde in den Bann der neuen Welt gezogen. Denn Europa war müde und ohnmächtig der ewigen Machtkämpfe der Großmächte des alten Kontinentes. Die Menschen spürten natürlich diese ungeheure Ausstrahlung, die nun von dieser jungen Nation ausging. Über mehrere Jahrhunderte wurde eine Emigrationswelle von Europa nach Amerika entfesselt, die viele Millionen Europäer nach Amerika trug. Initiierte sich diese Emigrationswelle zunächst in einer ersten Phase1 der Eroberung der neuen Welt2, so metamorphosierte diese Form in einer zweiten Phase zu einer richtungsspezifischen Emigration in Richtung der Vereinigten Staaten von Amerika. Diese zweite Phase ist gekennzeichnet durch den hohen Anteil der Angehörigen der jeweiligen Mittelschicht der emigrierenden Staaten. Denn wie schon erwähnt standen die USA einerseits für Ursprünglichkeit, andererseits für Modernität. Zwei Faktoren, die eben die Mittelschicht ansprachen und verzauberten. Man erhoffte sich natürlich neuen Wohlstand, aber auch Freiheit auf allen Ebenen. Die USA schienen diese Hoffnungen erfüllen zu können. Neben diesen nach neuen Perspektiven strebenden Menschen gab es natürlich auch die Vertreter aus dem kulturellen Leben, wie Schriftsteller und Wissenschaftler, die ebenso in den Bann dieser aufstrebenden Nation gezogen wurden. Vor allem aus Italien, welches überhaupt einen hohen Anteil an der Emigration besass, strömten die Dichter und Denker in die neue Welt um sich ein Bild von diesem so heroisierten Land zu skizzieren, um dann ihre Erkenntnisse mit der alten Welt, ihrem eigenen Land zu vergleichen. Es sollen nun einige dieser von italienischen Denkern erstellten Reiseberichte und Amerikastudien untersucht und gegenüber gestellt werden.3 Dabei liegt besonderes Augenmerk auf den Vergleich zwischen Italien auf der einen Seite und den USA auf der anderen Seite. Der untersuchte zeitliche Rahmen bewegt sich dabei um den italienischen Faschismus, also zwischen 1919 bis 1945.
Inhaltsnachweis:
1. Einleitung
2. Gramsci, Antonio
2.1. Amerika in den “ Quaderni del Carcere “
3. E. Cecchi
3.1. Amerika bei Emilio Cecchi
4. Elio Vittorini
4.1. “ Americana “
4.2. Die Frage nach dem Vorwort von Emilio Cecchi
5. Giaime Pintor
5.1. Il sangue d`Europa (1939- 1943)
6. Margherita G. Sarfatti
6.1. L`America, Ricerca della felicità
6.2. Eva in America
7. Resümee
8. Literaturnachweis
1. Einleitung
Seit der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika im Jahre 1776 sollte sich Amerika immer deutlicher als positives Gegenbild zum alten Europa herauskristallisieren.
Von Anfang an sollte die neue Welt für Fortschritt und Modernisierung stehen. Die Vereinigten Staaten von Amerika symbolisierten eine ungemeine Modernität verbunden mit einer enormen Erfindungsgabe. Man denke nur an Benjamin Franklin, die Freiheitsstatue oder die rasende Erschließung des riesigen Landes. Die Magie, die Hoffnung, der Drang nach Freiheit und die neuen ungeahnten Möglichkeiten, die sich mit der Zivilisierung des jungen Nationalstaates ergaben waren einfach überwältigend. Kein Land konnte sich dieser Romantik entziehen. Vor allem Europa wurde in den Bann der neuen Welt gezogen. Denn Europa war müde und ohnmächtig der ewigen Machtkämpfe der Großmächte des alten Kontinentes. Die Menschen spürten natürlich diese ungeheure Ausstrahlung, die nun von dieser jungen Nation ausging. Über mehrere Jahrhunderte wurde eine Emigrationswelle von Europa nach Amerika entfesselt, die viele Millionen Europäer nach Amerika trug. Initiierte sich diese Emigrationswelle zunächst in einer ersten Phase[1] der Eroberung der neuen Welt[2], so metamorphosierte diese Form in einer zweiten Phase zu einer richtungsspezifischen Emigration in Richtung der Vereinigten Staaten von Amerika. Diese zweite Phase ist gekennzeichnet durch den hohen Anteil der Angehörigen der jeweiligen Mittelschicht der emigrierenden Staaten. Denn wie schon erwähnt standen die USA einerseits für Ursprünglichkeit, andererseits für Modernität. Zwei Faktoren, die eben die Mittelschicht ansprachen und verzauberten. Man erhoffte sich natürlich neuen Wohlstand, aber auch Freiheit auf allen Ebenen. Die USA schienen diese Hoffnungen erfüllen zu können. Neben diesen nach neuen Perspektiven strebenden Menschen gab es natürlich auch die Vertreter aus dem kulturellen Leben, wie Schriftsteller und Wissenschaftler, die ebenso in den Bann dieser aufstrebenden Nation gezogen wurden. Vor allem aus Italien, welches überhaupt einen hohen Anteil an der Emigration besass, strömten die Dichter und Denker in die neue Welt um sich ein Bild von diesem so heroisierten Land zu skizzieren, um dann ihre Erkenntnisse mit der alten Welt, ihrem eigenen Land zu vergleichen. Es sollen nun einige dieser von italienischen Denkern erstellten Reiseberichte und Amerikastudien untersucht und gegenüber gestellt werden.[3] Dabei liegt besonderes Augenmerk auf den Vergleich zwischen Italien auf der einen Seite und den USA auf der anderen Seite. Der untersuchte zeitliche Rahmen bewegt sich dabei um den italienischen Faschismus, also zwischen 1919 bis 1945.
2. Gramsci, Antonio (1891- 1937)
Der italienische Philosoph und Politiker Antonio Gramsci war 1921 Mitbegründer der kommunistischen Partei Italiens. Er wurde 1928 von den italienischen Faschisten beziehungsweise von einem “ Sondergericht zur Verteidigung des Staates “ wegen des Verdachtes der Gefährdung der Staatssicherheit und der Vorbereitung eines Bürgerkrieges zu 20 Jahren Haft verurteilt.[4][5] Dieser Umstand hatte sich aus den unüberwindbaren politischen Kontrasten der beiden Parteien ergeben. In dieser Zeit im Gefängnis schrieb Antonio Gramsci seine insgesamt 30 Notizbücher, die dann als “ Gefängnishefte “ bekannt wurden.[6] Die als Briefe konzipierten Notizen waren wiederum gerichtet an seine russische Frau und an seine Kinder.[7] Die “Quaderni del Carcere “ beinhalten die Meinungen, Analysen und Kritiken Gramscis zur italienischen Geschichte und zum Nationalismus. In einen dieser Studien setzt sich Gramsci auch mit Amerika auseinander und vergleicht es mit Italien.
2.1. Amerika in den “ Quaderni del Carcere “
Einen Ansatz eines Amerikabildes im Vergleich mit Italien skizziert Antonio Gramsci, wie schon anfangs erwähnt, in seinen “ Quaderni del Carcere “. So setzt sich Gramsci im 22. Gefängnisheft “ Quaderno 22 “ mit dem Amerikamythos im Zusammenhang mit dem Fordismus auseinander.[8][9] Gramsci wählt das “ Phänomen “ Henry Ford als ein typisches Beispiel für die amerikanische Wirtschaftsideologie nach dem ersten Weltkrieg. Das Wirtschaftskonzept des amerikanischen Großindustriellen Henry Ford bezeichnet Antonio Gramsci als ein komplexes Gesellschaftsmodell. Dabei wählt er die Bezeichnung “ Fordismus “. Der Fordismus ist für Gramsci bezeichnend für eine gesamte Epoche der amerikanischen Wirtschaftsgeschichte. Er beschreibt die Organisation von Arbeit und Kapital bei Henry Ford. Mit der Theorie des Fordismus soll nach Gramsci ausgehend von den marxistischen Grundsätzen erklärt werden, wie es zur Entwicklung des Sozialstaats anstelle des eigentlich zu erwartenden krisenhaften Zusammenbruchs des Kapitalismus kam.[10] So stellt Gramsci heraus, dass der Fordismus stark basiert auf standardisierter Massenproduktion von Konsumgütern und freigesetzter Arbeitskraft. Damit verbunden, beziehungsweise weitergehend beruhend, ist der Fordismus mit den Entwicklungen des “ New Deals “. Diese Begrifflichkeit meint die Entwicklung sozialer Sicherungssysteme wie eine lebenslange Anstellung der Arbeiter bei Henry Ford und einer weitgehenden Vollbeschäftigung. Diese Entwicklungen eines Sozialen Sicherungssystem, eines Sozialstaats werden als Abkommen zwischen Arbeitern und Kapital verstanden. So werden die Arbeiter am Wohlstand beteiligt, die Frauen leisten reproduktive Arbeit, bekommen also Nachwuchs, La sessualità come funzione riproduttiva... ecc.[11] und durch beide Komponenten steigt der Absatz und die kapitalistische Akkumulation kann sich fortsetzen: Registro di alcuni dei problemi più importanti o interessanti essenzialmente anche se a prima vista paiono non di prima piano: I.) Sostituzione all`attuale ceto plutocratico, di un nuovo meccanismo di accumulazione e distribuzione del capitale finanziario fondato immediamente sulla produzione industriale. ecc..[12] Diese Erkenntnisse Gramscis werden nun auf Europa und insbesondere auf Italien übertragen. So bringt Gramsci verschiedene Beispiele an, die seine Gegenüberstellung von Amerika auf der einen Seite und Europa (Italien) auf der anderen Seite unterstreichen sollen. Im Bezug auf Italien verweist Gramsci zunächst auf die Reiseberichte Goethes, die unter anderem auf die Stadt Neapel eingehen, und die Stadt im Bezug zur Wirtschaftlichkeit untersuchen. Dabei kristallisiert Gramsci heraus, dass auch in Europa versucht wird, diese Systematik des Fordismus umzusetzen, jedoch der Fordismus als Systematik auf “intellektuellen “ und “ moralischen “ Widerstand trifft und keine wirkliche Etablierung erfahren kann. In Europa i diversi tentativi di introdurre alcuni aspetti dell`americanismo e del fordismo sono dovuti al vecchio ceto plutocratico... ecc..[13] Damit kritisiert Gramsci deutlich das alte Europa und postuliert gleichzeitig eine Reformation der bestehenden Systeme.[14] Dieser Ansatz Gramscis zielt meiner Meinung nach lediglich auf den betriebswirtschaftlichen Aspekt des Fordismus.
So behaupte ich, dass die Ausführungen Gramscis vielmehr als eine Parallelisierung zu den sich in Russland entwickelnden Tendenzen zu verstehen sind.[15] Das heißt, dass Gramsci eigentlich nicht nur die Reformation der in Italien bestehenden wirtschaftlichen Systeme postuliert, sondern vielmehr eine komplette gesellschaftliche Umstrukturierung in Italien und Europa anstrebt.[16] Damit verbunden die Beseitigung Missstände in Italien, vordergründig dabei sind der Klassenkampf und das Aufbrechen der konservativen Strukturen.[17] Gramsci spezifiziert seine Feststellungen anhand von Beispielen italienischer Städte. Insbesondere die sozio- ökonomische Struktur der Stadt Neapel wird dabei hervorgehoben. An dieser Stadt weist Gramsci seine Überlegungen auf. So kritisiert besonders den in Neapel vorherrschenden Missstand der ausgeprägten Klassengesellschaft in Neapel und die darunter leidende Produktivität. Gramsci verweist in diesem Zusammenhang auf Goethe, der schon in seinen Reiseberichten auf diesen Umstand gestoßen ist und hervorhebt. Il Goethe aveva ragione nel demolire la leggenda del > lazzaronismo < organico dei napolitani e nel rilevare invece che essi sono molto attivi e industriosi. Ma la quistione consiste nel vedere quale sia il risultato effettivo di questa industriosità: essa non è produttiva e non è rivolta a soddisfare i bisogni e le esigenze di classi produttive. Napoli è la citta dove la maggior parte dei proprietari terrieri del Mezzogiorno (nobile e no) spendono la rendita agraria.[18] Diese für Neapel geltenden Tatsachen stellt Gramsci auch für weitere italienische Städte fest und überträgt diese dann auf ganz Italien und Europa. Questa situazione non esiste solo in Italia; in misura maggiore o minore esiste in tutti i paesi della vecchia Europa... .[19] Damit wird wiederum suggeriert, dass die einzige Lösung für das alte Europa ein neues Gesellschaftssystem ist. Amerika hat diese Probleme nicht, da es nach Gramsci eine zu junge Nation ist ohne jeden kulturellen und historischen Hintergrund wie ein Europa. L’ America non ha grandi “ tradizioni storiche e culturali “ ma non è neanche gravata da questa cappa di piombo... .[20] Im weiteren Verlauf geht Gramsci auf weitere Komponenten der Produktionswirtschaft, wie Qualität und Quantität in der Produktion, das Tarifsystem und damit verbunden die nach Gramsci zu hohen Löhne bei Ford und zuletzt das Aktiensystem. Am Ende seiner Ausführungen fasst Gramsci seine Gedanken nochmals zusammen und konstatiert wiederum, dass auch in dem ausgeklügelten System des Fordismus und Amerikanismus als Synonym für den Kapitalismus der revolutionäre Faktor nicht auszuschließen sei und auf Europa und Italien bezogen dieser Umstand zur Bekämpfung des amerikanischen System geführt hat.[21] Für das stagnierende Europa bzw. Italien bedeutet das, das konservative System (nach Gramsci) aufgebrochen werden muss, um der Stagnation entgegenzuwirken. Als Mittel zum Zweck kann dieses Aufbrechen nur über den Kommunismus erreicht werden.
[...]
[1] Der ideologische Beginn dieser ersten Phase ist in den 80er Jahren des 19. Jahrhundert anzusiedeln;
[2] De Amicis: “ sulĺoceano “
[3] Gentile: zwischen 1930 und 1940 sind 51 Bücher über die USA aus Italien stammend;
[4] Fiori, Giuseppe: Vita di Antonio Gramsci, Editori Laterza 1989;
[5] Die Literatur weicht in ihren Aussagen voneinander ab; So wird auch das Jahr 1926 als Inhaftierungsdatum angegeben;
[6] Auch in diesem Falle weichen die Literaturangaben voneinander ab; so wird auch die Zahl 32 als Gesamtumfang der “ Quaderni del Carcere “ angegeben;
[7] Kindlers Neues Literaturlexikon, Band 6;
[8] Gramsci, Antonio: Quaderni del Carcere, Volume terzo, Giulio Einaudi editore, Torino1975;
[9] Fordismus ist bezogen auf die Ideologie des Automobilgiganten Ford und seinen Gründer Henry Ford;
[10] Für Gramsci ist der Marxismus eine Philosophie der Praxis, der zufolge die Kraft der geschichtlichen Entwicklung in der menschlichen Freiheit liegt. Er tritt damit der Auffassung. dass die Geschichte ehernen Naturgesetzen gehorche und zwangsläufig auf den Zusammenbruch des kapitalistischen Systems hinsteuere; Diese Erkenntnisse sind auf die Auseinandersetzung mit dem philosophischen Ansatz von B. Croce zurückzuführen siehe in: B. Croce : Philosophie der Praxis;
[11] Siehe auch Quaderno 22, S. 2147- 2150 in: A. Gramsci, Quaderno 22 (V), 1934, Americanismo e fordismo;
[12] Siehe auch Quaderno 22, S. 2139- 2140 in: A. Gramsci, Quaderno 22 (V), 1934, Americanismo e fordismo;
[13] Siehe auch Quaderno 22, S. 2140- 2142 in: A. Gramsci, Quaderno 22 (V), 1934, Americanismo e fordismo;
[14] Propyläen der Geschichte der Literatur, Band VI, Die moderne Welt 1914- Heute, S. 276- 291; Gramsci betont den Aufbau einer revolutionären Partei bzw. die Neugestaltung des politischen Lebens in Italien. Denn wahrer Fortschritt ist nach Gramsci nur dann möglich, wenn sich die bürgerliche Gesellschaft gleichzeitig wirtschaftlich und geistig entwickelt. Der Grund der Fortschrittlichkeit hängt letzten Endes von der Breite und neuen Funktion der intellektuellen Schicht ab, bedingt durch Erneuerungsprozesse und die Erweiterung ihrer generellen Einflussmöglichkeiten;
[15] Stalin, J.: Rede auf der ersten Unionsberatung der Stachanowleute (17. November 1935) in: Fragen des Leninismus. Dietz Verlag, Berlin 1951;
[16] Ausgangspunkt für diese Vermutung ist wiederum die ideologische Prägung Gramscis,
der den Kommunismus heroisierte und abgesehen von den wirtschaftlichen Ansätzen den Fordismus indirekt kritisiert; Die Kritik besteht darin, das es im Fordismus im Gegensatz zum Wirtschaftssystem des Kommunismus den Faktor der Entfremdung gibt, der im alten Europa zusätzlich geschürt wird durch den Klassenkampf; daraus resultierend ist die einzige Lösung der Übergang zum Kommunismus und der damit verbundene Kampf gegen den Faschismus;
[17] Siehe auch Quaderno 22, S. 2141, in: A. Gramsci, Quaderno 22 (V), 1934, Americanismo e fordismo;
[18] Siehe auch Quaderno 22, S. 2142, in: A. Gramsci, Quaderno 22 (V), 1934, Americanismo e fordismo;
[19] Siehe auch Quaderno 22, S. 2145, in: A. Gramsci, Quaderno 22 (V), 1934, Americanismo e fordismo;
[20] Siehe auch Quaderno 22, S. 2145, in: A. Gramsci, Quaderno 22 (V), 1934, Americanismo e fordismo;
[21] Im Falle von Europa bezieht sich Gramsci auf den eher restaurativen Faktor;
- Quote paper
- Tobias Zander (Author), 2004, Das Amerikabild in Italien während des Faschismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116316
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