In dieser Bachelorarbeit soll anhand eines demokratietheoretischen Maßstabs, der Demokratiefunktionalität, der gegenläufige Weg gegangen werden. Statt einem möglicherweise starken Einfluss des Bundesverfassungsgerichts auf die deutsche Politik nachzugehen, sollen Einflussfaktoren auf Fälle untersucht werden, in denen das Bundesverfassungsgericht mehr oder weniger überraschend nicht eingeschritten ist, seinen "justizialisierenden" Einfluss auf dem politischen Parkett also zurückhielt. Damit soll der Justizialisierungsthese eine neue Perspektive hinzugegeben werden, indem die seltener beleuchtete gerichtliche Zurücknahme in den Fokus gerückt wird. Denn anstatt pauschal von einer generellen Justizialisierung der Politik auszugehen, scheint es mir ratsam, gerade solche Fälle zu untersuchen, in denen das Bundesverfassungsgericht sich zurückhielt, obwohl es aus demokratietheoretischer Perspektive seinen Einfluss hätte geltend machen müssen.
Aus der bereits bestehenden Forschung sollen Erklärungsansätze für das "Schweigen" des Gerichts herangezogen und exemplarisch für einen Fall auf ihre Plausibilität hin untersucht werden. Das herangezogene Urteil erfasst einen Fall, in dem das Bundesverfassungsgericht nicht interveniert, also das in der Entscheidung zur Frage stehende Gesetz, nicht beanstandet hat. Dem juristischen Maßstab möchte ich jenen der Demokratiefunktionalität gegenüberstellen. Damit soll also ein Fall untersucht werden, in dem das BVerfG aus demokratiefunktionaler Perspektive hätte intervenieren können und sogar müssen, dies aber dennoch, ob juristisch begründbar oder nicht, unterlassen hat.
Inhalt
1. Einleitung
2. Das Bundesverfassungsgericht im politischen System derBundesrepublik Deutschland
a. Die Rolle von Verfassungsgerichten in liberal-rechtsstaatlichen Demokratien
b. Die Rolle des Bundesverfassungsgerichts im politischen System der Bundesrepublik Deutschland
3. Demokratiefunktionalität als politikwissenschaftlicher Bewertungsmaßstab verfassungsgerichtlicher Urteile
4. Methodik zur Kategorisierung von Urteilen nach Intervention und Demokratiefunktionalität
5. Das Homosexuellen-Urteil (1957) als Beispiel einer demokratiedysfunktionalen Nicht-Intervention
6. Analyse des öffentlichen Umfeldes
a. Die Öffentlichkeit als Machtressource des Bundesverfassungsgerichts
b. Der Einfluss öffentlicher Wertschätzung auf das Entscheidungsverhalten des Bundesverfassungsgerichts
i. Die Intensität medialer Berichterstattung
ii. Das Vorhandensein organisierter Interessengruppen
iii. Die Komplexität des Sachgebietes
iv. Zwischenergebnis
c. Der Einfluss öffentlicher Wertschätzung auf das Entscheidungsverhalten des Bundesverfassungsgerichts:
Kritik und Erweiterung
7. Historische und normimmanente Kontextfaktoren
8. Auswertung
9. Fazit
10. Literatur- und Abkürzungsverzeichnis
11. Abkürzungsverzeichnis
- Arbeit zitieren
- Leonard Wagenbreth (Autor:in), 2018, Zwischen Funktionalität und Opportunismus. Was sind Erklärungsansätze für demokratie-dysfunktionales Entscheiden des Bundesverfassungsgerichts durch Nicht-Intervention?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1161991
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