Die Wurzeln des Blaubartmythos reichen bis in das 6. Jahrhundert hinein. Der bretonische Geschichtsschreiber Albert le Grand erzählt vom Count Conomor, einem Frauenmörder, der ausschließlich schwangere Frauen tötete. Es entsteht die Legende vom heiligen Gildas, dem Sohn, einer erneut zum Leben erweckten Frau des Count Conomor. Eine düstere Legende, aus der der Franzose Charles Perraults 1697 das Märchen vom Blaubart entwickelte. „La Barbe-Bleue“ erschien in einer gedruckten Sammlung von 8 französischen Zaubermärchen. Ein wieder erweckter, schattenhafter Archetyp, der nun erstmals sein charakteristischstes Merkmal erhält - la barbe-bleue. Seit der Veröffentlichung jener französischen Märchensammlung scheint die kulturelle Rezeption des blaubärtigen Frauenmörders unübertroffen. Literarische Größen wie Ludwig Tieck, Max Frisch, Martin Mosebach und Alfred Döblin, um nur einige zu nennen, bemächtigten sich des grausigen Märchens und erschufen neue Bezüge und Interpretationsmöglichkeiten. Ebenso das Theater, der Film und die Musik konnten sich dem Mann mit dem blauen Bart nicht entziehen. Das Märchenhafte blieb erhalten, oder schlängelte sich bruchstückhaft durch traumatisch anmutende Erzählsequenzen. Verschiedenste Märchenfassungen variieren nach Kultur, Gesellschaft, Zeitgeist und literarischem Genre. Alfred Döblins „Ritter Blaubart“, eine um 1911 geschriebene Erzählung, in der sich rezipierte Wirklichkeit mit samt dem Rezipienten verlieren kann. Ebenso wie sich die Protagonisten, die sich einer ständigen Metamorphose unterziehen müssen, selbst verlieren. In mythischen Märchenbildern überlagert und verdichtet der Autor streng konstruierte und unendlich verworrene, traumhafte Sequenzen, stellt die Natur, einem Caspar David Friedrich gleich, dem verlorenen Ich gegenüber, als Fluch und Segen zugleich. Er selbst bezeichnet seine Werke als „entfesselte Realitäten“ , die dem Rezipienten unvoreingenommen gegenübertreten. Döblin entführt den Leser zusammen mit seinen Protagonisten in ein unheilvolles Seelenlabyrinth, aus dem man entkommen oder erwachen muss, unaufhörlich konfrontiert mit dem Verdrängten. Eine Liaison von Traum, Natur und Traumata, seit Urzeiten tief im Menschsein verankert und untrennbar miteinander verkettet. So begegnet man sich selbst in der Blaubarterzählung Döblins, eine Erfahrung, die die Protagonisten teilen.
Inhaltsverzeichnis
- Prolog
- Der Literarisch konstruierte Traum
- Traumsymbole
- Die Metaphorik der Natur
- Der Wald
- Das Sinnbild der Birke
- Der Berg
- Das Wasser
- Die Figurenanlage mit Hilfe von Traum, Natur und Märchenelementen
- Der Baron Paolo di Selvi
- Der schwarze Reiter
- Der „braune Bart“ des Ritter Blaubarts
- Das gebundene „Ich“ - Das Geheimnis der Blaubart-Kammer
- Die Medusa
- Miss Ilsebill
- Die erlösende Jungfrau
- Miss Ilsebill als Teil der Natur
- Der Baron Paolo di Selvi
- Epilog
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Rolle der Natur in Alfred Döblins Erzählung „Der Ritter Blaubart“ im Kontext von Traum und Märchen. Die Zielsetzung besteht darin, aufzuzeigen, wie Döblin die Natur als Gestaltungselement einsetzt, um traumhafte und märchenhafte Sequenzen zu konstruieren und die Figuren zu charakterisieren.
- Die Metaphorik der Natur in Döblins Werk
- Die Verbindung von Traum, Märchen und Natur als narrative Elemente
- Die Konstruktion der Figuren durch die Verwendung von Naturbildern
- Die Bedeutung von Traumsymbolen im Kontext der Erzählung
- Die Darstellung des „verlorenen Ichs“ im Spannungsfeld von Natur und Traum
Zusammenfassung der Kapitel
Prolog: Der Prolog beleuchtet die historische Entwicklung des Blaubart-Mythos, beginnend mit dem bretonischen Geschichtsschreiber Albert le Grand und seiner Erzählung vom Count Conomor. Er verweist auf die vielfältigen literarischen und kulturellen Adaptionen des Mythos und hebt die Besonderheit von Alfred Döblins Version hervor, die traumhafte Sequenzen mit mythischen Märchenbildern verbindet und die Natur als zentrales Gestaltungselement einsetzt. Die Arbeit deutet an, dass Döblins Erzählung eine Auseinandersetzung mit dem „verlorenen Ich“ im Kontext von Traumata darstellt, wobei die Natur als Fluch und Segen zugleich erscheint.
Der Literarisch konstruierte Traum: Dieses Kapitel analysiert die Konstruktion des Traumes in Döblins Werk. Es werden Traumsymbole und ihre Bedeutung im Kontext der Erzählung untersucht, insbesondere die Metaphorik der Natur. Die Analyse legt den Schwerpunkt auf die Symbolik der Naturbilder, die zur Schaffung einer traumartigen Atmosphäre beitragen und die psychischen Zustände der Figuren widerspiegeln. Die Verwendung von Naturmetaphern wird als wichtiges Mittel zur Vermittlung von Emotionen und zur Gestaltung der Erzählungshandlung betrachtet.
Der Wald, Der Berg, Das Wasser: Diese Kapitel untersuchen die symbolische Bedeutung von Wald, Berg und Wasser in Döblins Erzählung. Der Wald wird dabei als Ort der Verlorenheit und des Geheimnisvollen interpretiert, der Berg als Symbol der Überwindung und das Wasser als Element der Transformation und Reinigung. Die detaillierte Analyse der jeweiligen Naturbilder konzentriert sich auf ihre Rolle in der Figurenentwicklung und der Gestaltung der Handlung. Die Symbole werden im Kontext des Gesamtwerks betrachtet und ihre Bedeutung für das Verständnis der Erzählung erläutert. Besonderes Augenmerk wird auf das Sinnbild der Birke gelegt, um die Komplexität der Naturmetaphorik zu verdeutlichen.
Die Figurenanlage mit Hilfe von Traum, Natur und Märchenelementen: Dieses Kapitel erörtert, wie Döblin Traum-, Natur- und Märchenelemente einsetzt, um seine Figuren zu gestalten. Es konzentriert sich auf die Charakterisierung des Baron Paolo di Selvi, Miss Ilsebill und der Medusa, wobei die jeweiligen Naturbilder und Traumsequenzen analysiert werden, um die jeweiligen Charakterzüge und ihre Bedeutungen innerhalb der Erzählung zu verstehen. Die Analyse umfasst auch die Symbolik des „schwarzen Reiters“, des „braunen Bartes“ und des „gebundenen Ichs“ im Zusammenhang mit dem Geheimnis der Blaubart-Kammer. Die erlösende Funktion von Miss Ilsebill wird im Kontext ihrer Naturverbundenheit untersucht.
Schlüsselwörter
Alfred Döblin, Der Ritter Blaubart, Traum, Natur, Märchen, Metaphorik, Symbolik, Figurenanalyse, Blaubart-Mythos, Traumdeutung, verlorenes Ich, traumatisierende Erzählsequenzen.
Häufig gestellte Fragen zu Alfred Döblins "Der Ritter Blaubart"
Was ist der Gegenstand dieser wissenschaftlichen Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Alfred Döblins Erzählung "Der Ritter Blaubart" unter besonderer Berücksichtigung der Rolle von Natur, Traum und Märchenelementen. Der Fokus liegt auf der Gestaltung der Erzählung und der Charakterisierung der Figuren durch die Verwendung dieser Elemente.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit untersucht die Metaphorik der Natur in Döblins Werk, die Verbindung von Traum, Märchen und Natur als narrative Elemente, die Konstruktion der Figuren durch Naturbilder, die Bedeutung von Traumsymbolen, und die Darstellung des "verlorenen Ichs" im Spannungsfeld von Natur und Traum. Konkrete Beispiele umfassen die Symbolik des Waldes, des Berges, des Wassers und der Birke.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in jedem Kapitel?
Die Arbeit gliedert sich in einen Prolog, der den historischen Kontext des Blaubart-Mythos beleuchtet, und mehrere Hauptkapitel. Es folgt ein Kapitel zur Analyse des literarisch konstruierten Traums mit Fokus auf Traumsymbole und Naturmetaphorik. Weitere Kapitel untersuchen die symbolische Bedeutung von Wald, Berg und Wasser. Ein zentrales Kapitel analysiert die Figurenanlage (Baron Paolo di Selvi, Miss Ilsebill, die Medusa) unter Verwendung von Traum-, Natur- und Märchenelementen. Die Arbeit schließt mit einem Epilog.
Wie werden die Figuren in der Erzählung charakterisiert?
Die Figuren werden durch die Kombination von Traumsequenzen, Naturbildern und Märchenelementen charakterisiert. Die Arbeit analysiert beispielsweise die Symbolik des "schwarzen Reiters", des "braunen Bartes" und des "gebundenen Ichs" im Zusammenhang mit dem Geheimnis der Blaubart-Kammer und die erlösende Funktion von Miss Ilsebill im Kontext ihrer Naturverbundenheit.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit am besten?
Schlüsselwörter sind: Alfred Döblin, Der Ritter Blaubart, Traum, Natur, Märchen, Metaphorik, Symbolik, Figurenanalyse, Blaubart-Mythos, Traumdeutung, verlorenes Ich, traumatisierende Erzählsequenzen.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit will aufzeigen, wie Döblin die Natur als Gestaltungselement einsetzt, um traumhafte und märchenhafte Sequenzen zu konstruieren und die Figuren zu charakterisieren. Sie untersucht, wie diese Elemente zusammenwirken, um die Erzählung und ihre Bedeutung zu formen.
Wie wird der Blaubart-Mythos in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit betrachtet Döblins "Der Ritter Blaubart" im Kontext der vielfältigen literarischen und kulturellen Adaptionen des Blaubart-Mythos. Sie hebt die Besonderheit von Döblins Version hervor, die traumhafte Sequenzen mit mythischen Märchenbildern verbindet und die Natur als zentrales Gestaltungselement einsetzt. Der Prolog beleuchtet die historische Entwicklung des Mythos, beginnend mit Albert le Grand.
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- Julia Kulewatz (Author), 2008, Die Natur als Grundlage figuraler Traum- und Märchenkonstruktion in Alfred Döblins ‘Der Ritter Blaubart’ , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116115