Im Dialog Menon lässt Platon seinen Lehrer Sokrates auf einen jungen Mann aus gutem Hause treffen, welcher von ihm erfahren will, ob die Arete lehrbar sei. Diese Arbeit untersucht dialektische Elemente in diesem Dialog im Abschnitt über die Hypothesis-Methode im Abgleich mit seinem Sonnen- und Liniengleichnis.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Hinführung
3 Logische Struktur der Hypothesis-Methode
4 Abriss der Dialektik bei Platon
5 Dialektik in der Hypothesis-Methode
6 Fazit
7 Quellen- und Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Im Dialog Menon lässt Platon seinen Lehrer Sokrates auf einen jungen Mann aus gutem Hause treffen, welcher von ihm erfahren will, ob die Arete lehrbar sei. Diese Arbeit untersucht dialektische Elemente in diesem Dialog im Abschnitt über die Hypothesis-Methode im Abgleich mit seinem Sonnen- und Liniengleichnis. Hierzu wird zunächst eine Hinführung (2) gegeben zur Verortung des Abschnitts und um einen thematischen Überblick zu geben. Anschließend (3) wird die logische Struktur der Hypothesis-Methode vorgestellt und dann (4) wird ein Abriss der platonischen Dialektik nachgezeichnet. Daraufhin (5) wird die dialektische Methode im Abschnitt zur Hypothesis-Methode untersucht und ein (6) Fazit gezogen.
Platons Dialog Menon entstand zirka 386/5 vor unserer Zeitrechnung und gehört damit in die Übergangsphase seines Schaffens. Während das erste Buch der Politeia ( Thrasymachos) zu Platons Frühwerk gerechnet wird, zählt das sechste Buch, in welchem sich das Sonnen- und Liniengleichnis befindet, zu seinem Spätwerk. Der zentrale Begriff des Menon ist Arete (vom altgriechischen ἀρετή aretḗ ). Dieser wird zumeist mit Tugend oder Gutsein übersetzt. Arete hat jedoch nicht nur eine moralische Bedeutung,1 er bezeichnet vielmehr „die besondere Tauglichkeit eines Dinges zur Erfüllung einer Funktion oder diejenige eines Menschen in einer sozialen Rolle“2. Im Folgenden wird der Begriff Arete verwendet und nicht eine der problematischeren Übersetzungen. Da es des Weiteren um die Dialektik gehen soll, sei darauf hingewiesen, dass im altgriechischen Text der Begriff zweimal vorkommt, er aber nur in der Übersetzung von Ludwig von Georgii von 1860 korrekt übersetzt wurde:
„Sind es aber Freunde, welche sich wie jetzt ich und du miteinander besprechen wollten, so müßte die Antwort wohl auch freundlicher und der Dialektik gemäßer lauten. Es ist aber ohne Zweifel der Dialektik gemäßer, nicht nur die richtige Antwort zu geben, sondern sie auch in Ausdrücken zu geben, von denen der Fragende zugibt, daß er sie verstehe. Ich will es also versuchen, dir eine solche Erklärung zu geben.“3
Von Friedrich Schleiermacher wird die Stelle, die Georgii mit „freundlicher und der Dialektik gemäßer“ mit „sanfter und kunstmäßiger“ übersetzt.4 Margarita Kranz umgeht die Übersetzung von διαλεκτική ganz und schreibt an der Stelle „umgänglicher und mehr einem solchen Gespräch entsprechend“5.
2 Hinführung
Menon möchte von Sokrates erfahren, ob die Arete lehrbar sei, setzt also bereits voraus, dass bekannt sei was die Arete ist. Nicht anwesend, aber für das Gespräch wichtig ist Gorgias von Leontinoi als Vertreter der Sophisten. Ihn nennt Sokrates gleich zu Anfang und zieht in Zweifel, dass dieser wüsste, was die Arete sei.6 Eben von ihm meint Menon zu wissen was die Arete sei. Da Gorgias nicht anwesend ist, schlägt Sokrates vor, dass Menon ihm sagen solle, was sie ist.7 Die explizite Frage des Dialogs ist somit die nach der Lehrbarkeit und dem Wesen der Arete, die implizite jedoch ist, wie sich bald herausstellt, die Frage nach dem Wissen selbst. Sokrates möchte nicht in eine klassische Lehrerfunktion treten, der seinem Gegenüber die Welt erklärt, sondern mit ihm in einem Dialog Fragen erörtern und bestehende Meinungen hinterfragen. Dahinter verbirgt sich bereits der pädagogische Appell, selbst nachzudenken und nicht alles unkritisch zu übernehmen.
Eine der Vorgehensweisen, die Sokrates zu diesem Zwecke verwendet, ist die Hebammentechnik, in welcher er durch geschicktes Nachfragen den Gesprächspartner zur Erkenntnis bringen möchte.8 Ihm geht es um die Überprüfung der bestehenden Wissensansprüche. Durch die Aufdeckung von Widersprüchen in den Aussagen seiner Dialogpartner führt er sie in eine Aporie, da ihre Meinungen mit wenigen Fragen desavouiert werden können. Sokrates ist der Zusammenhang von Form und Inhalt wichtig. Bevor er Menons Sachfrage, die Lehrbarkeit der Arete klären will, möchte er klären, was Arete selbst ist. Sokrates fragt hierfür nach dem Wesen der Sache und möchte keine Auflistung von Beispielen, sondern eine Definition beziehungsweise allgemeine Bestimmungen. Ihm geht es dabei um den formalen Aspekt der Definition: Er will Real-Definitionen und keine nominalen.
Nachdem Sokrates die Auffassung Menons von der Arete untergraben hat, versucht er ihm das Definieren anhand eines Körpers nahezubringen. 9 Daraufhin versucht Sokrates an einem Sklaven Menons zu illustrieren, dass Lernen ein Erinnern ist und diskutiert die Unsterblichkeit der Seele.10 Anschließend wird die Hypothesis-Methode eingeführt.
[...]
1 Viel eher kam dem Begriff diese moralische Konnotation erst später zu.
2 Hallich: Platons „Menon“, S. 21f.
3 Platon, Menon 75d.
4 Vgl. ebd. auf Seite 15 der Platon Werke 2 im Rowohlt-Verlag.
5 Vgl. ebd. auf Seite 19 der Reclam- Griechisch / Deutsch- Ausgabe.
6 Platon, Menon 70b.
7 Ebd.
8 Platon, Menon 79e-86c.
9 Platon, Menon 75c-76a.
10 Platon, Menon 82b-86c.
- Quote paper
- Andreas Raissle (Author), 2021, Dialektik in Platons Dialog Menon. Hypothesis-Methode und der Geist des Widerspruchs, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1157951
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