Bereits der Titel dieser Hausarbeit bringt eine These und eine damit einhergehende Fragestellung mit sich, den er enthält den Begriff der totalen Institution. Definitorisch soll hierbei von den soziologischen Ausführungen Erving Goffmans ausgegangen werden, die er im Zusammenhang mit dem Begriff der totalen Institution in seinem Werk „Asyle“ darlegt.
Wie definiert also Goffman totale Institutionen und vor allem kann der menschliche Körper zu einer solchen werden? Zumindest der zweite Teil der formulierten Fragestellung wird sich durch die gesamte Arbeit ziehen, auf der Suche nach einer hinreichenden Beantwortung und Belegen.
Als „Instrument“ zur Identifizierung von Belegen soll hierbei Jean-Dominique Baubys „Schmetterling und Taucherglocke“ dienen. Am 8. Dezember 1995, im Alter von dreiundvierzig Jahren, erleidet Jean-Dominique Bauby, der zu diesem Zeitpunkt Chefredakteur der Elle ist, einen Gehirnschlag. Konsequenz ist, dass der Vater zweier Kinder schlagartig aus dem Leben katapultiert wird und erst Ende Januar 1996 das Bewusstsein wiedererlangt. Sein Verstand und sein Bewusstsein erholen sich schnell, doch sein Körper versagt ihm den Dienst. Bauby leidet an dem sog. Locked-In Syndrom, wodurch er unfähig ist, sich zu artikulieren oder sich gar zu bewegen. Einzig seinen Kopf kann er etwas drehen und - wie es für die Symptomatik des LIS typisch ist - mit einem Augenlid blinzeln.
Mithilfe einer Logopädin etabliert Jean-Dominique Bauby darüber eine mühsame Kommunikationsform. Über ein ausgeklügeltes Alphabet kann er so einer Lektorin ein Buch, sein Schicksal, seine Gedanken diktieren. Doch was Bauby hier beschreibt, ist nicht nur einfach das Schicksal eines Patienten mit LIS. Er schafft es darüber hinaus auf eindrucksvolle Art und Weise, sich reflektierend mit der Institution Krankenhaus auseinanderzusetzen.
Der Blick Jean-Dominique Baubys ermöglicht es, sich dem Konzept „Totale Institution“ von Innen herauszunähern, wohin gegen anhand Goffman der theoretische Blick von Außen gewährleistet wird. Gestützt werden diese Überlegungen u.a. von Vera Pohland, die in diesem Zusammenhang in der literarischen Verarbeitung von medizinischen Institutionen und Krankheiten ein Instrument begreift, sowohl Kritik an der Institution selbst und der Gesellschaft zu üben, als auch seine eigene Rolle einer genaueren Betrachtung zu unterziehen.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Das Locked-In-Syndrom - Krankheitsdefinition
- Das Konzept der „Totalen Institution“ – Eine begriffliche Näherung
- Der menschliche Körper, eine „Totale Institution"?
- Schutz des Selbst vor dem Selbst
- Quellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit dem Konzept der „Totalen Institution“ im Kontext des Locked-In-Syndroms. Sie analysiert, inwiefern der menschliche Körper, insbesondere im Falle des Autors Jean-Dominique Bauby, als „Totale Institution“ verstanden werden kann. Die Arbeit greift dabei auf die soziologischen Ausführungen Erving Goffmans zurück und beleuchtet Baubys autobiografisches Werk „Schmetterling und Taucherglocke“ als Fallbeispiel.
- Das Locked-In-Syndrom als neurologische Erkrankung
- Goffmans Konzept der „Totalen Institution“
- Die Rolle des Krankenhauses als „Totale Institution“
- Die literarische Verarbeitung von Krankheit und medizinischen Institutionen
- Die Selbstwahrnehmung und -reflexion des „Locked-In-Patienten“
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit vor und führt den Begriff der „Totalen Institution“ nach Goffman ein. Sie erläutert den Fall Jean-Dominique Baubys und seine Erfahrungen mit dem Locked-In-Syndrom. Das zweite Kapitel widmet sich der Definition des Locked-In-Syndroms und seinen Ursachen. Es beschreibt die Symptome und die Herausforderungen, denen Betroffene gegenüberstehen. Das dritte Kapitel nähert sich dem Konzept der „Totalen Institution“ nach Goffman an. Es analysiert die Merkmale und Mechanismen dieser Institutionentypen und untersucht, inwiefern das Krankenhaus als „Totale Institution“ betrachtet werden kann.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das Locked-In-Syndrom, die „Totale Institution“ nach Goffman, das Krankenhaus als Institution, die literarische Verarbeitung von Krankheit und die Selbstwahrnehmung des „Locked-In-Patienten“. Die Arbeit analysiert die Erfahrungen von Jean-Dominique Bauby, der an dem Locked-In-Syndrom litt, und beleuchtet, inwiefern sein Körper als „Totale Institution“ verstanden werden kann.
- Quote paper
- David Liniany (Author), 2008, Der menschliche Körper, eine "Totale Institution"?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115458