In Mathematik schwach gewesen zu sein, gilt unter Erwachsenen heutzutage eher
als vollkommen normal und trendy, denn wer kann schon diese viele
trigonometrische Zahlendreherei verstehen und wer sieht tatsächlich einen
Zusammenhang zwischen alltäglichem Leben und Infinitisimalrechnung?
Andererseits könnte ebenso provokant behauptet werden, dass Pädagogen und
Ärzte nach der PISA-Studie bei Kindern tendenziell schnell Legasthenie- oder
Dyskalkuliediagnostiken stellen, wenn diese Kinder vergleichsweise langsam
lesen, schreiben und rechnen lernen und nicht der Norm entsprechen. Ohne die
Bedeutung der Dyskalkuliediagnostik abzuwerten, stellt sich doch die Frage, ob
nicht vorschnell geurteilt wird, ohne genau zu beobachten und jedem Kind seinen
individuellen Entwicklungszeitraum zu lassen. Ist es wirklich eine Störung, wenn
man musikalisch oder sprachlich begabt erscheint und für das mathematische
Verständnis etwas länger braucht? Und wo findet man als Pädagoge in seinen
Beobachtungen die Grenze, die aus einem langsameren Kind ein
rechenschwaches werden läßt?
Mit diesen Fragen soll sich die folgende Arbeit beschäftigen. Obwohl aber
Dyskalkulie und sein Wesen im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen, so sollen
nur für das Verständnis markante Elemente der Rechenschwäche erläutert
werden, da eher die Bedeutung der heutigen Dyskalkuliediagnostik im
Vordergrund steht, als eine genau Analyse der Teilleistungsstörung. Sowohl
theoretische, als auch praxisorientierte und geschlechtsspezifische Komponenten
werden beleuchtet. Die provokante Ausgangsfrage, inwiefern Dyskalkulie nur
populär-moderne Panikmache zum Geldverdienen ist und wieviel wissenschaftlich fundierte Rechenschwäche tatsächlich von den Ärzten diagnostiziert wird, dient
als Basis für die fachliche Auseinandersetzung mit Dyskalkulie und seinen Folgen
für die betroffenen Kinder heute und später.
[...]
GLIEDERUNG
Einleitung
1. Was ist Dyskalkulie?
1.1. physiologische Faktoren
1.2. psychische Belastungen
1.3. Anzeichen, Symptome
2. geschlechtsspezifische Dyskalkulie
3. Umgang mit Dyskalkulie heute
3.1. Tests
3.2. Hilfe, Förderung, spielerische Unterstützung
4. Schlussbetrachtung
Bibliografie
EINLEITUNG
"Die Erfahrung, Mathe in der Schule nicht verstanden zu haben, war zumindest bis zum Ende der neunziger Jahre unter Erzieherinnen weit verbreitet." (vgl. Beek II/2006, S.48)
In Mathematik schwach gewesen zu sein, gilt unter Erwachsenen heutzutage eher als vollkommen normal und trendy, denn wer kann schon diese viele trigonometrische Zahlendreherei verstehen und wer sieht tatsächlich einen Zusammenhang zwischen alltäglichem Leben und Infinitisimalrechnung? Andererseits könnte ebenso provokant behauptet werden, dass Pädagogen und Ärzte nach der PISA-Studie bei Kindern tendenziell schnell Legasthenie- oder Dyskalkuliediagnostiken stellen, wenn diese Kinder vergleichsweise langsam lesen, schreiben und rechnen lernen und nicht der Norm entsprechen. Ohne die Bedeutung der Dyskalkuliediagnostik abzuwerten, stellt sich doch die Frage, ob nicht vorschnell geurteilt wird, ohne genau zu beobachten und jedem Kind seinen individuellen Entwicklungszeitraum zu lassen. Ist es wirklich eine Störung, wenn man musikalisch oder sprachlich begabt erscheint und für das mathematische Verständnis etwas länger braucht? Und wo findet man als Pädagoge in seinen Beobachtungen die Grenze, die aus einem langsameren Kind ein rechenschwaches werden läßt?
Mit diesen Fragen soll sich die folgende Arbeit beschäftigen. Obwohl aber Dyskalkulie und sein Wesen im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen, so sollen nur für das Verständnis markante Elemente der Rechenschwäche erläutert werden, da eher die Bedeutung der heutigen Dyskalkuliediagnostik im Vordergrund steht, als eine genau Analyse der Teilleistungsstörung. Sowohl theoretische, als auch praxisorientierte und geschlechtsspezifische Komponenten werden beleuchtet. Die provokante Ausgangsfrage, inwiefern Dyskalkulie nur populär-moderne Panikmache zum Geldverdienen ist und wieviel wissenschaftlich fundierte Rechenschwäche tatsächlich von den Ärzten diagnostiziert wird, dient als Basis für die fachliche Auseinandersetzung mit Dyskalkulie und seinen Folgen für die betroffenen Kinder heute und später.
1. WAS IST DYSKALKULIE ?
Bereits in der terminologischen Auseinandersetzung mit Dyskalkulie werden die verschiedenen Herangehensweisen an das Thema, die sich besonders in der Ursachen- und Grundlagenforschung zeigen, deutlich. Die Termini reichen von Rechenschwäche, über Rechenstörung, zu Teilleistungsschwäche und Teilleistungsstörung. In jedem Fall aber ist "Dyskalkulie [...] bei eskalierten und fixierten generellen Rechenschwierigkeiten trotz normalem oder gutem sonstigen Lernniveau [...] [gegeben], ohne dass eine Verursachung durch grobe (zentral)organische Störungen vorliegt" (vgl. Atzesberger 1994, S. 42). Obwohl die verschiedenen Definitionen aufgrund ihrer verschiedenen Adressaten in ihren Formulierungen variieren, so sind die grundlegenden Aussagen die gleichen.
- Die Rechenleistung der betroffenen Kinder muss, bezogen auf elementare Rechenfertigkeiten, beeinträchtigt sein. Das heißt, dass die Kinder im Vergleich zu Gleichaltrigen starke Schwächen mit dem Addieren, Subtrahieren, Multiplizieren und dem Dividieren haben. Dyskalkulie beinhaltet jedoch nicht die Schwierigkeiten, die pünktlich zu Beginn der höheren Mathematik (Algebra, Trigonometrie, Infinitisimalrechnung etc.) bei den Jugendlichen auftreten.
- In anderen Fächern muss das Leistungsniveau der rechenschwachen Kinder nicht eingeschränkt sein. Oft aber geht Dyskalkulie auch mit einer Lese-/Rechtschreibschwäche einher. (vgl. Barth 2003, S.136)
Grundsätzlich wird in der heutigen Wissenschaft nicht mehr von einer Intelligenzminderung der Kinder oder einer eindeutigen "unangemessenen Beschulung" ausgegangen (vgl. WHO zit. nach Barth 2003, S.136). Vielmehr sind es verschiedenste Faktoren, die vor allem im Zusammenspiel zu einer Rechenschwäche führen. Man kann die Ursachen, die Dyskalkulie hervorrufen können, in zwei Gruppen einteilen: grundlegende basale Teilleistungsstörungen, die hier auch unter dem Absatz der physiologischen Faktoren zusammengefasst erläutert werden, und psychische Belastungen, welche sich zusammensetzen aus dem Stellenwert des eigenen Ichs, familiären Problemen und schulischen Faktoren.
1.1. PHYSIOLOGSCHE F AKTOREN
Aufgrund der vielen verschiedenen Erklärungsansätze der Forschung hinsichtlich organischer Ursachen für Rechenschwäche und ihrer umstrittenen Relevanz für das Auftreten von Dyskalkulie soll an dieser Stelle nur auf einige wenige wissenschaftlich fundierte Faktoren, die Dyskalkulie hervorrufen könnten, eingegangen werden.
Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass es "kein eindeutig lokalisierbares 'Rechenzentrum' im Gehirn" gibt und dass bisher "keine eindeutigen hirnorganischen Ursachen [...] nachgewiesen werden konnten" (vgl. Gaidoschik 2003, S.18). Das heißt, dass kein einzelner Bereich ausschließlich dem mathematischen Verständnis und dem Rechnen gilt, auch wenn einige für das Rechnen wichtigen Voraussetzungen, wie optische und räumliche Vorstellung, dem rechten Teil des Gehirns zugeordnet werden können (vgl. Atzesberger 1994, S.52). Vielmehr setzt sich dieses mathematische Verständnis aus den unterschiedlichsten Einzelleistungen der Wahrnehmung und des Denkens zusammen. Die Vielzahl der Möglichkeiten für Dyskalkulie liegen in der einfachen Tatsache, dass das Zusammenspiel dieser Leistungen zahlreichen Störungen unterliegen kann.
Gegenwärtig gilt die Minimale Cerebrale Dysfunktion, kurz MCD, immernoch als eine Ursache dieser Art basaler Teilleistungsstörungen, auch wenn sie in der Wissenschaft allmählich angezweifelt wird. Diese geringfügige Hirnfunktionsstörung kann zu "spezifischen Schwächen in einzelnen Bereichen der Hirnleistung führen" (vgl. Krüll 1994, S.39).
Ein anderer moderner Ansatz aus der amerikanischen Forschung sieht hingegen die Ursache der Teilleistungsstörung "in einem Mangel an [...] 'Neurotransmittern', also einer Art 'Mikro-Stoffwechelstörung' " (vgl. Gaidoschik 2003, S.18). Bei dieser Theorie wird nicht von einer Schädigung im Gehirn ausgegangen, sondern von einem Defizit an biochemischen Stoffen, die verantwortlich sind für die Informationsweitergabe zwischen Nervenzellen.
Weiterhin können natürlich auch Beeinträchtigungen in den Gedächtnisprozessen von Ultrakurzzeit-, Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis, sowohl in deren Einzelleistung als auch in ihrer Zusammenarbeit, zu rechenschwachen Leistungen führen.
Im Unterschied zu den vorangegangenen hirnorganischen Faktoren, die die Rechenfähigkeit beeinflussen können, lassen sich Defizite in den kindlichen Wahrnehmungsleistungen als Verursacher von Dyskalkulie schwerer messen. "Grundlegende Voraussetzungen für das Lernen im allgemeinen liegen in der Wahrnehmung sowie der Verarbeitung der verschiedenen Sinneseindrücke" (vgl. Krüll 1994, S.42). Ist die Wahrnehmung in ihrer Informationsaufnahme, der Weiterleitung oder der Verarbeitung im Gehirn gestört, kann ebenfalls Dyskalkulie die Folge sein.
Für das mathematische Verständnis sind vor allem drei Teilbereiche der Wahrnehmung von entscheidener Bedeutung:
- VISUELLE WAHRNEHMUNG:
Das Kind erkennt die äußere Umgebung durch die Augen. Durch diese optischen Erfahrungen lernt das Kind Entfernungen zu Gegenständen kennen und entwickelt eine Richtungssicherheit, so dass es den Raum, die Lage und die Labilität unterscheiden kann (vgl. Krüll 1994, S.43). Außerdem kann es mit Hilfe der visuellen Wahrnehmung Figuren in ihrer Grundstruktur unterscheiden. Rechenschwache Kinder zeichnen sich durch eine eindeutige Richtungsunsicherheit und Probleme im Unterscheiden von Figuren aus, so dass sie häufig Zahlen verdrehen und die Unterschiede nicht genügend wahrnehmen können.
- TAKTIL-KINÄSTHETISCHE & VESTIBULÄRE WAHRNEHMUNG: Kinder müssen die Formen um sie herum berühren und anfassen, um sie zu begreifen und zu verstehen. Dabei erfahren sie ihren eigenen Körper, Gleichgewicht, "aber auch Entfernungen, die zurückzulegen sind, um gewünschte Dinge zu erreichen" (vgl. Krüll 1994, S.44). Kinder mit Dyskalkulie haben nur eine ungenügende Vorstellung über sich, ihren Körper und die Entfernungen um sie herum. Außerdem haben sie Schwierigkeiten im Unterscheiden von Formen, selbst bei direkten Berührungen. Das kann Auswirkungen auf die spätere Vorstellung von Größenverhältnissen und Mengenangaben haben, da sie die Differenzen nicht ausreichend wahrnehmen.
- AUDITIVE WAHRNEHMUNG:
Durch das Hören entstehen bei den Kindern Bilder von Dingen im Kopf, die sie nicht gesehen, sondern lediglich gehört haben. Außerdem lernen sie akustisch Prioritäten zu setzen und bestimmte Laute zu diskrimieren. Das ist wichtig für das spätere zum-Lehrer-gerichtete Zuhören im Unterricht. "Eine Beeinträchtigung der auditiven [W]ahrnehmung führt zu einer erhöhten Ablenkbarkeit und zu Einschränkungen in der selektiven Aufmerksamkeitssteuerung bzw.
[...]
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.