Welche Auswirkungen haben die Arbeitswelt 4.0 und New Work Konzepte auf die Gesundheit der Beschäftigten?
Begünstigt oder minimiert die Arbeitswelt 4.0 und New Work Konzepte die psychische Gesundheit der Beschäftigten?
Ziel der Arbeit ist es, auf Basis einer systematischen Literaturrecherche und -auswertung Merkmale und Ausprägungen der Arbeitswelt 4.0 und der New Work - Konzepte aufzuzeigen und deren Potenziale und Risiken auf die Gesundheit der Beschäftigten herauszuarbeiten.
Nach der Einleitung folgt eine kurze Darstellung der Zielsetzung der Arbeit. Danach wird zunächst der aktuelle wissenschaftliche Kenntnisstand der Arbeitswelt, mit Fokus auf psychische Belastungen, hergeleitet, problemspezifisch dargestellt und erläutert. Anschließend werden grundlegende Begriffe der heutigen Berufswelt im Kontext des Gesundheitsmanagements geklärt, welche für den weiteren Verlauf der Arbeit eine wichtige Rolle spielen.
Kapitel drei schließt sowohl mit Definitionen und Darstellungen der Themen Arbeitswelt 4.0, Industrie 4.0, New Work, Homeoffice, Work-Life-Balance, Work-Life-Blending als auch Studien zur gesundheitlichen Auswirkungen der Arbeitswelt 4.0 und New Work ab. In Kapitel vier erfolgt der Methodikteil mit Recherche nach Merkmalen und Ausprägungen der Arbeitswelt 4.0 und der New Work Konzepte. Das Kapitel endet mit einer Erstellung eines Bewertungs- und Klassifizierungsschemas, einer qualifizierten Inhaltsanalyse und letztendlich der jeweiligen Rechercheergebnisse. Nach der Ergebnisdarstellung erfolgt eine Diskussion. Hier werden Ergebnisse und Recherche kritisch betrachtet. Abschließend werden Handlungsempfehlungen ausgearbeitet sowie eine Zusammenfassung dargestellt.
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG
2 ZIELSETZUNG
3 GEGENWÄRTIGER KENNTNISSTAND
3.1 Heutige Arbeitswelt
3.2 Begriffsdefinitionen
3.2.1 Gesundheit
3.2.2 Management
3.2.3 Betriebliches Gesundheitsmanagement
3.2.4 Digitales Betriebliches Gesundheitsmanagement (dBGM)
3.2.5 Arbeits- und Gesundheitsschutz
3.2.6 Betriebliche Gesundheitsförderung
3.2.7 Betriebliches Eingliederungsmanagement
3.3 Arbeitswelt 4.0
3.3.1 Arbeitswelt 4.0
3.3.2 Industrie 4.0
3.4 New Work
3.4.1 Agile Teamarbeit
3.4.2 Homeoffice
3.4.3 Work-Life-Balance
3.4.4 Work-Life-Blending
3.5 Studien zu gesundheitlichen Auswirkungen der Arbeitswelt 4.0 und New Work
3.5.1 Publikationen zu Arbeitswelt 4.0
3.5.2 Publikationen zu New Work
4 METHODIK
4.1 Fragestellungen
4.2 Untersuchungsablauf
4.3 Vorgehensweise bei der Auswertung
4.3.1 Identifikation
4.3.2 Vorauswahl
4.3.3 Eignung
4.3.4 Einschluss
4.4 Vorgehen der Fundstellen mittels Qualitative Inhaltsanalyse
4.5 Vorgehen bei der Beantwortung der Fragestellungen
5 ERGEBNISSE
5.1 Vorstellung Rechercheergebnisse
5.2 Auswertungsergebnisse der Fundstellen
5.3 Beantwortung der Fragestellungen
5.3.1 Arbeitsbedingungsfaktoren
5.3.2 Digitalisierung
5.3.3 Physische Gesundheit Arbeitswelt 4.0
5.3.4 Psychische Gesundheit Arbeitswelt 4.0
5.3.5 Soziales Umfeld
5.3.6 Atypische Arbeitszeitsysteme
5.3.7 Work-Life-Balance
5.3.8 Homeoffice
5.3.9 Physische Gesundheit New Work
5.3.10 Psychische Gesundheit New Work
5.3.11 Zusammenfassung der Ergebnisse aus den Fragestellungen
6 DISKUSSION
6.1 Zusammenfassung, Bewertung und Interpretation der Hauptergebnisse
6.2 Diskussion der Methodik
6.3 Ausblick
7 ZUSAMMENFASSUNG
8 LITERATURVERZEICHNIS
9 ABBILDUNGS-, TABELLEN-, ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
9.1 Abbildungsverzeichnis
9.2 Tabellenverzeichnis
9.3 Abkürzungsverzeichnis
10 ANHANG
10.1 Anhangsverzeichnis
Anhang 1: Kategoriensystem zu Arbeitswelt 4.0
Anhang 2: Kategoriensystem zu New Work
Anhang 3: Zusammenhänge der Kategorien zu Arbeitswelt 4.0
Anhang 4: Zusammenhänge der Kategorien zu New Work
1 Einleitung und Problemstellung
„Gesundheit ist zwar nicht alles - aber ohne Gesundheit ist alles nichts.“ Mit diesem Zitat brachte der deutsche Philosoph Arthur Schopenhauer (1788-1860) es auf den Punkt, dass Gesundheit als höchstes Gut des Menschen verstanden werden kann.
Die heutige Arbeitswelt befindet sich in einem massiven Umbruch. Beispielhaft für diesen Wandel steht die Arbeitswelt 4.0. Die Arbeitswelt 4.0, welche gerade erst begonnen hat und ihren Namen den drei vorangegangenen industriellen Revolutionen zu verdanken hat, stellt zwar für Unternehmen enorme Potenziale dar, führt aber auch bei Beschäftigten zu Ängsten und konfrontiert diese mit neuen oder veränderten Anforderungen (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin [BAuA], 2019a, S. 1). Durch Megatrends wie Globalisierung, Digitalisierung, Technologisierung Flexibilisierung und Prozessbeschleunigungen verändert sich die Arbeitswelt grundlegend (Matusiewicz & Kaiser, 2017, S. 38).
Bereits im Jahre 2007 war laut BAuA eine Zunahme von psychischen und physischen Erkrankungen messbar (2019, S. 1). Die Wirkungszusammenhänge zwischen Arbeitsbedingungen in der modernen Wissensgesellschaft einerseits und der Gesundheit der Beschäftigten andererseits sind in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus von Wissenschaft, Öffentlichkeit und Politik gerückt. Dabei stehen in der aktuellen Diskussion zum einen das Risiko der zunehmenden psychischen Belastung der Beschäftigten durch die Flexibilisierung, zum anderen das damit verbundene potenzielle Erkrankungsrisiko im Vordergrund (Lohmann-Haislah, 2012). Bei den Arbeitsunfähigkeitstagen (AU-Tage) dominieren mittlerweile Erkrankungen mit Diagnosen psychischer Störungen. Mit 289 AU-Tagen je 100 Versicherungsjahre konnten dieser Erkrankungsgruppe 18,8 Prozent aller Fehltage zugeordnet werden (Techniker Krankenkasse [TK], 2020, S. 20). Die Erkrankungen des Bewegungsapparats belegten mit geschlechterübergreifend durchschnittlich 270 Fehltagen je 100 Versicherungsjahre und einem Anteil von 17,6 Prozent der Gesamtfehlzeiten im Jahr 2019 den zweiten Rang der Krankheitsgruppen hinsichtlich der Fehlzeiten (TK, 2020, S. 20).
Trotzdem bieten neue digitale Technologien und flexiblere Möglichkeiten der Arbeitsorganisation größere Handlungsspielräume für die Beschäftigten, sodass die Chance besteht, berufliche und private Interessen besser vereinbaren zu können (Bundesministerium für Arbeit und Soziales [BMAS], 2015). Steigende Krankenstände bedeuten für Unternehmen in erster Linie Kosten aufgrund von Lohnfortzahlungen, es besteht das 5/103
Risiko länger andauernder Ausfälle bis hin zur Erwerbsminderung oder gar des vorzeitige Ausstieg aus dem Erwerbsleben (Walle, 2018, S. 84).
Aus diesen Gründen hat sich die Gesundheit in der Gesellschaft zu einem Trendthema entwickelt. Auch wird durch den Einfluss der technologischen Entwicklung ein Wandel von analogen zu digitalen Vorgehensweisen im Gesundheitswesen sichtbar (Matusiewicz & Kaiser, 2017, S. 2).
Die Globalisierung und die damit verbundene Öffnung sowie Verschmelzung von Märkten hat zur Folge, dass eine Internationalisierung und Expansion vieler Unternehmen stattfindet. Dies erhöht die Anzahl der Mitbewerber und damit den Druck, zum einen kosteneffizienter zu produzieren und zum anderen neue Dienstleistungen und Produkte schneller auf den Markt zu bringen als die Konkurrenz (Burkhart & Hanser, 2018, S. 38). Die Internationalisierung und Expansion vieler Unternehmen führt zu zunehmender grenzüberschreitender Zusammenarbeit von Teams. Dies geschieht vermehrt online, im „virtuellen Raum“, dem sogenannten „Barlovian Cyberspace“ (Featherstone & Burrows, 1995). Der zentrale Treiber, um zeit- und ortsflexibel organisierte Arbeit zu gewährleisten, ist das Internet mit seiner Funktion als Kommunikationsmedium. Dies führt dazu, dass der Mitarbeiter in einem stark mediatisierten und digital geprägten Lebensstil vermehrt mit der Erwartung konfrontiert wird, permanent online und vernetzt sein zu müssen (Moser, Scheuble & Kammerl, 2014). Reinecke und weitere (2016) beschreiben, dass durch neue Entwicklungen der Informations- und KommunikationsTechnologie (IKT), wie beispielsweise den E-Mail-Verkehr oder die Flut an Statusmeldungen von den verschiedenen Social-Media Seiten, der wahrgenommenen Stress erhöht und mit Krankheitsbildern wie Burnout, Angst und Depressionen in Zusammenhang steht.
Das Problem wird dadurch verschärft, dass die genannten Einflussfaktoren dann außerdem auf einen Wertewandel in der Gesellschaft treffen. Dies äußert sich insbesondere durch den Wunsch nach mehr Arbeitszeitautonomie, Mitsprache und besserer WorkLife-Balance bzw. auch Work-Life-Blending sowie Homeoffice-Möglichkeiten. Das alles sind Inhalte des „New Work“ Konzeptes nach Bergmann (2005).
Das führt alles führt zwangsläufig zu den Fragen, ob, und wenn ja, welche Auswirkungen diese Veränderungen auf die Gesundheit der Beschäftigten haben. Setzen wir bereits „vor dem Hintergrund der strategischen Anforderungen die richtigen Dinge [um], um die Gesundheit und Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Mitarbeiter langfristig zu fördern?“ (Schnabel, 2013, S. 1).
Diese Arbeit gliedert sich folgendermaßen: Nach der Einleitung folgt eine kurze Darstellung der Zielsetzung der Arbeit. Danach wird zunächst der aktuelle wissenschaftliche Kenntnisstand der Arbeitswelt, mit Fokus auf psychische Belastungen, hergeleitet, problemspezifisch dargestellt und erläutert. Anschließend werden grundlegende Begriffe der heutigen Berufswelt im Kontext des Gesundheitsmanagements geklärt, welche für den weiteren Verlauf der Arbeit eine wichtige Rolle spielen.
Kapitel drei schließt sowohl mit Definitionen und Darstellungen der Themen Arbeitswelt 4.0, Industrie 4.0, New Work, Homeoffice, Work-Life-Balance, Work-LifeBlending als auch Studien zur gesundheitlichen Auswirkungen der Arbeitswelt 4.0 und New Work ab. In Kapitel vier erfolgt der Methodikteil mit Recherche nach Merkmalen und Ausprägungen der Arbeitswelt 4.0 und der New Work Konzepte. Das Kapitel endet mit einer Erstellung eines Bewertungs- und Klassifizierungsschemas, einer qualifizierten Inhaltsanalyse und letztendlich der jeweiligen Rechercheergebnisse. Nach der Ergebnisdarstellung erfolgt eine Diskussion. Hier werden Ergebnisse und Recherche kritisch betrachtet. Abschließend werden Handlungsempfehlungen ausgearbeitet sowie eine Zusammenfassung dargestellt. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden auf die gleichzeitige Verwendung weiblicher und männlicher Sprachformen verzichtet und das generische Maskulinum verwendet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beide Geschlechter.
2 Zielsetzung
Ziel der Arbeit ist es, auf Basis einer systematischen Literaturrecherche und - auswertung Merkmale und Ausprägungen der Arbeitswelt 4.0 und der New Work - Konzepte aufzuzeigen und deren Potenziale und Risiken auf die Gesundheit der Beschäftigten herauszuarbeiten. Insbesondere soll auf die zwei Fragestellungen eingegangen werden:
1. Welche Auswirkungen haben die Arbeitswelt 4.0 und New Work Konzepte auf die Gesundheit der Beschäftigten?
2. Begünstigt oder minimiert die Arbeitswelt 4.0 und New Work Konzepte die psychische Gesundheit der Beschäftigten?
3 Gegenwärtiger Kenntnisstand
In diesem Kapitel wird zunächst der aktuelle Forschungsstand der Arbeitswelt hergeleitet, problemspezifisch dargestellt und erläutert. Anschließend werden grundlegende Begriffe der heutigen Berufswelt im Kontext des Gesundheitsmanagements, welche für den weiteren Verlauf der Arbeit eine wichtige Rolle spielen, geklärt. Abschließend sind Studien zu gesundheitlichen Auswirkungen der Arbeitswelt 4.0 und New Work dargestellt. Die nachfolgende Abhandlung gibt aus diesem Grund einen Überblick, auf welcher Wissengrundlage diese Untersuchung aufbaut.
3.1 Heutige Arbeitswelt
Unsere Arbeitswelt ist im Wandel. „Bezeichnend für die sich ändernden Rahmenbedingungen sind zum einen der wirtschaftliche Strukturwandel von der industriellen Produktion hin zur Dienstleistung, zum anderen die Globalisierung und der fortschreitende demografische Alterungsprozesse in Betrieben, Organisation und Verwaltungen“ (Ba- dura Walter & Hehlmann, 2010, S. 9). Unternehmen sind dazu gezwungen, sich aufgrund der Globalisierung und Digitalisierung im nationalen sowie internationalen Wettstreit zu etablieren. Der ständige Wettbewerbsdruck hat als Konsequenz, dass die Qualität der Arbeitsprozesse, der Kostenstruktur und der Organisation fortlaufend überprüft und verbessert werden sollte (Badura Walter & Hehlmann, 2010, S. 9). In Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 und neuen Managementmethoden, wie z.B. Lean-Management oder Outsourcing, welche Unternehmen dabei unterstützen sollen, konkurrenzfähig zu bleiben, jedoch meistens lediglich als ökonomisches Messinstrument auf Managementebene dienen, spielt der Beschäftigte eher eine untergeordnete Rolle. Die Konsequenzen für den Arbeitnehmer reichen von einer permanenten Arbeitsplatzunsicherheit, über eine erhöhte Arbeitsplatzbelastung bis hin zu einem möglichen Arbeitsplatzverlust. Dauerhafte Restrukturierung bzw. Produktivitätssteigerung in Verbindung mit einer Rationalisierung führt dazu, dass immer weniger Mitarbeiter immer mehr leisten müssen. Opaschowski (2008, S. 93) führt dabei folgende Formel auf: „Für die privilegierten Vollzeitbeschäftigen wird die Arbeit immer intensiver und konzentrierter, zeitlich länger und psychisch belastender, dafür aber auch aus der Sicht der Unternehmen immer produktiver und effektiver. Die neue Arbeitsformel für die Zukunft lautet: 0,5x2x3 d.h. die Hälfte der Mitarbeiter arbeitet doppelt so viel und muss dafür dreimal so viel leisten wie früher ..(Opaschowski, 2008, S. 93).
Der Metamorphoseprozess der heutigen Berufswelt führt zu einer Neudefinition des Arbeitsprofils. Eine Neuausrichtung bzw. Verschiebung der Work-Life-Balance, das Streben nach einem ausgewogenen Verhältnis zwischen dem Privatleben und Berufsleben, wird immer schwieriger (Rudow, 2004). Beschleunigte Arbeitsprozesse, Arbeitsplatzverdichtung, ständige Erreichbarkeit aufgrund der Technisierung, zunehmender sowie andauernder Zeit- und Leistungsdruck sind Gründe dafür, dass Arbeitnehmer sich an die schlechten Arbeitsverhältnisse anpassen müssen und infolgedessen krank werden (Haubl & Voß, 2008). Außerdem entstehen unsichere Arbeitsbedingungen wie widrige Arbeitsverhältnisse, durch Werkverträgen, Leiharbeit oder befristete Arbeitsverträge. Seit Jahren steigen psychische Belastungen und Erkrankungen (Badura, 2010, S. 11; Oppolzer, 2010, S. 85.). Der Strukturwandel von der Industrie- zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft verlangt den Mitarbeitern einiges ab, sowohl in der geistigen und zwischenmenschlichen Arbeit als auch in der Motivation sich stetig neues Wissen anzueignen. Physische Belastungen reduzieren sich im Zuge des Strukturwandels, psychische Belastungen dagegen steigern sich (Badura, Ducki, Schröder, Klose & Meyer, 2019). Stress am Arbeitsplatz oder Burnout scheinen mittlerweile zur Tagesordnung zu gehören. Die Fehlzeitenreporte der Krankenkassen spiegeln diese Transformation der Krankheitsarten wieder (Badura, Ducki, Schröder, Klose & Meyer, 2019).
Unweigerliche Folgen der Belastungssteigerung sind: Demotivation, Fluktuation der Mitarbeiter und zunehmende Fehlzeiten (Badura & Steinke, 2009; Meister-Scheufelen, 2012, S. 57). Teamarbeit findet zunehmend online und in verschiedenen virtuellen Arbeitsverhältnissen statt (Burkhart & Hanser, 2018, S. 38). Ermöglicht wird das z.B. durch neue Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT). Den Unternehmen bietet das die Gelegenheit, standortübergreifende, komplexe Aufgaben zu bewältigen, über Ländergrenzen hinweg zu lernen sowie Experten internationaler Standorte in Projektteams zusammen zu führen (Burkhart & Hanser, 2018, S. 39). Dies erhöht anderseits den Anspruch an Selbstorganisation und soziale Kompetenz des Erwerbstätigen, wenn die Arbeit zunehmend eingegrenzt und flexibilisiert stattfindet. Der zentrale Treiber, der eine Zeit- und ortsflexibel organisierte Arbeit ermöglicht, ist das Internet in seiner Funktion als Kommunikationsmedium. Durch den stark mediatisierten und digital geprägten Lebensstil sind Mitarbeiter zunehmend damit konfrontiert, permanent online und vernetzt sein zu müssen (Moser, Scheuble & Kammerl, 2014). Hinzu kommt die Herausforderung des Datenschutzes im digitalen Wandel. Die Kommunikation in Büros wird aktuell neu definiert, interne soziale Netzwerke treten an die Stelle von E-Mails. „Facebookartige“ Kommunikationssoftware erlaubt schnellen Informationsaustausch innerhalb definierter Arbeitsgruppen (Schmiedt, Susec & Brandl, 2019, S. 72). Gemeinsames Bearbeiten von Dokumenten, schnelle Durchführung von Audio- und Videokonferenzen per Smartphone oder Laptops, das Verteilen und Kontrollieren von Arbeitsaufgaben ist immer einfacher und schneller möglich (Bundesministerium für Arbeit und Soziales [BMAS], 2016; Boes et al. 2018). Durch die Verabschiedung der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) wurde ein Spielraum für ein eigenständiges nationales Beschäftigtendatenschutzgesetz geschaffen und die Gefährdungen, die sich aus der Praxis für die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten ergeben, erfordern rechtliche, technische und organisatorische Schutz- und Abwehrmaßnahmen, die in einem zeitgemäßen Beschäftigtendatenschutzgesetz normiert werden müssen. Dies erfordert gesonderte Aufmerksamkeit und geht mit zusätzlichem Arbeitsaufwand sowohl für den Arbeitgeber, als auch dem Erwerbstätigen einher (Schmiedt, Susec & Brandl, 2019, S. 73).
Mai und Wilhelm (2015) beschreiben, dass IKT wie E-Mail-Verkehr oder, durch sogenannte Awarness Cues ausgestattete Messenger-Anwendungen wie Facebook- Nachrichten, WhatsApp und andere Anwendungen, zu einem zentralen Auslöser für Stress gehören. Anhand einer Umfrage von Reinecke und weiteren wurde 2016 mit 1557 Internetnutzern gezeigt, dass IKT-Multitasking wahrgenommenen Stress erhöht und mit Krankheitsbildern wie Burn-out, Angst und Depressionen in Verbindung steht. In der Umfrage konnte ebenfalls nachgewiesen werden, das IKT-Multitasking mit einer Zunahme an Überstunden zusammenhängt. 2015 haben laut einer Erhebung des Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) 1,8 Mrd. deutsche Überstunden geleistet. Hauptsächlich betroffen sind vor allem Hochqualifizierte und Führungskräfte, von Arbeitnehmern wird dabei zunehmend erwartet, dass sie auch außerhalb der regulären Arbeitszeiten zu Verfügung stehen (Burkhart & Hanser, 2018, S. 38). Bereits heute stellen Wissensarbeiter mit über 40 Prozent die größte Berufsgruppe in Deutschland dar. Vermehrt von geistiger und weniger von physischer Leistung ist der Erfolg ihrer Arbeit abhängig, was mit der steigenden Automatisierung von Routinedaten in Korrelation steht (Rosa, 2005). Unterschiedliche Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass bei zunehmender Reduktion von Routineaufgaben gleichzeitig der Anspruch an Wissensarbeit sowie an individuelle Jobs stetig steigt (Bonin, Gregory & Zierahn, 2015). In der modernen Arbeitswelt und im Zeitalter der Wissensarbeit ist Zeit- und Leistungsdruck einer der zentralen psychischen Belastungsfaktoren. Vor allem bei jungen Erwerbstätigen im Alter von 20 bis 34 ist auffällig, dass eine Steigerung ihres Anteils der psychischen Störungen im Vergleich zu 2009 um 20 Prozent gestiegen ist (Burkhart & Hanser, 2018, S. 38). Doch wie genau sich die Arbeitswelt wandelt und welche Auswirkung diese Veränderungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Beschäftigten haben, ist aktuell noch wenig untersucht (Bouffier, 2018).
Laut der Techniker Krankenkassen im Jahr 2015 liegen bei der Diagnose der psychischen Störungen Depressionen gefolgt von Angststörungen und somatoformen Störungen an erster Stelle. In welcher Art und Weise die Entwicklungen der Arbeitswelt Auslöser für diesen Anstieg sind, ist umstritten und wird kontrovers diskutiert (Meyer, Wenzel & Schenkel, 2018). Einzelne Diagnosedaten belegen wiederum, dass die Prävalenz psychischer Erkrankungen bei Erwerbstätigen keinen stärkeren Anstieg als in anderen Versichertengruppen aufweist (Stahmeyer, Kuhlmann & Eberhard, 2018). Darüber hinaus wird teilweise diskutiert, dass die reale Prävalenz psychischer Erkrankungen in den letzten Jahren relativ stabil ist und eine Vielzahl von Einflüssen zu einem Anstieg der oben genannten Daten beitragen (Thom, Bretschneider & Kraus, 2019).
Nach Gronau, Stender und Fenn (2019, S. 321) ist, unabhängig von der Diskussion um einen Anstieg psychischer Erkrankungen, festzustellen, dass die Entwicklungen der Arbeitswelt Unternehmen branchenübergreifend vor neue Herausforderungen stellen. Dem betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) wird hierbei in der gesunden Gestaltung des digitalen Veränderungsprozesses eine wichtige Bedeutung beigemessen. Aufgrund der neuen Herausforderungen in der Arbeitswelt 4.0 muss sich das BGM mit den Neuerungen auseinandersetzen und sich weiterentwickeln, um eine zeitgemäße betriebliche Präventionsarbeit gewährleisten zu können (Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2016).
3.2 Begriffsdefinitionen
In diesem Kapitel sollen die wesentlichen Begriffe definiert werden, die für den weiteren Verlauf der Arbeit eine wichtige Grundlage bilden.
3.2.1 Gesundheit
Zu Beginn des Kapitels stellt sich die Frage, was unter dem Begriff „Gesundheit“ zu verstehen ist. Jeder Mensch hat eine individuelle Vorstellung davon, was Gesundheit für ihn beinhaltet und wann er gesund ist oder sich gesund fühlt.
Bereits im Jahr 1946 beschäftigte sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit der Frage, was Gesundheit ist und kam zu folgender Definition: „(.) Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen“ (WHO Europa, 2016, S. 1).
Badura (1993) hingegen beschreibt Gesundheit als eine Fähigkeit, nicht als einen Zustand und modifiziert die Definition der WHO, dass Gesundheit „eine Fähigkeit zur Problemlösung und Gefühlsregulierung, durch die ein positives Selbstbild, ein positives seelisches und körperliches Befinden erhalten oder wiederhergestellt wird“ (Badura, 1993, S. 24.). Es leitet sich demnach ab, dass Gesundheit nicht lediglich das körperliche, sondern ebenso das psychische und soziale Wohlbefinden umfasst (Badura, Münch & Ritter, 1998, S. 11). Im beruflichen Kontext werden hohe geistige Anforderungen, welche die Beschäftigten aber im gleichen Zuge nicht überfordern bzw. belasten sollten, als „bedeutsame Quelle von Gesundheit“ angesehen (Ulich, 2011, S. 553; zitiert nach Leitner, 1999, S. 80).
3.2.2 Management
Management (engl.) bedeutet in der deutschen Übersetzung „Direktion“, „Führung“ oder „Leitung“ und behandelt zum einen die Eigenschaften der Führungsebene und zum anderen deren Instrument innerhalb einer Organisation (Haric, 2018, S. 1). Im weitesten Sinne ist hierbei ein zielorientierter Steuerungsprozess zu verstehen, welcher nach Beginn der Zielsetzung sowie Planung einer Maßnahme die Realisierung dessen an Angestellte weiter delegiert. Die Aufgaben für die Führungsebene behandeln folgende Kriterien: „1) die Festlegung von Zielen der Organisation, 2) die Entwicklung einer Strategie zur Zielerreichung, 3) die Organisation und Koordination der Produktionsfaktoren und die Führung der Mitarbeiter und/oder Freiwilligen zum Zweck der Produktion von privaten oder öffentlichen Gütern“ (Haric, 2018, S. 1).
3.2.3 Betriebliches Gesundheitsmanagement
Den Begriff BGM beschreibt Faller (2017, S. 28) als die „Verankerung von Gesundheit als betriebliches Ziel unter Inanspruchnahme von Managementmethoden“.
Nach DIN SPEC 91020 wird BGM als die „(...) systematische sowie nachhaltige Schaffung von gesundheitsförderlichen Strukturen und Prozessen einschließlich der Befähigung der Organisationsmitglieder zu einem eigenverantwortlichen, gesundheitsbewussten Verhalten“ (DIN, 2012) charakterisiert. BGM wird somit als gezielte Koordination sowie Ausrichtung aller in einer Organisation absolvierten Arbeitsprozesse zur
Förderung und Erhaltung der Gesundheit der Arbeitnehmer verstanden. Becker und Markatou (2012, S. 13). merken an, dass das BGM als ganzheitliches und systematisches Vorgehen zu verstehen ist. Folgt man deren Ansatz, ist BGM als „ganzheitliches System, das in erster Linie der Prävention von gesundheitlichen Belastungen der Beschäftigten dient“ zu verstehen. „Kennzeichnend für dieses System ist ein systematisches Vorgehen, das langfristig in der Organisation der Dienststelle verankert sein muss“ (Becker & Markatou, 2012, S. 13). Nach dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV, 2017, S. 83) setzt sich BGM aus drei vom Gesetzgeber geregelten Bereichen zusammen: Arbeits- und Gesundheitsschutz (AGS), Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) und Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM). Ein wichtiger Ansatz in einem gesundheitsfördernden Projekt ist zudem die Evaluation. Anhand des folgenden Schemas (Abb. 6, S. 18) wird ein Überblick über die Bestandteile der Maßnahmenprozesse im BGM gegeben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Regelkreis der BGM-Maßnahmen (Kraußlach, 2013, S. 50; in Anlehnung an Badura, 1999, S. 58)
Aus den Bestandteilen dieses Regelkreises ist zu entnehmen, dass die Evaluation in sämtlichen Ebenen der strategisch orientierten BGM-Maßnahmen involviert ist. Der Regelkreislauf beginnt mit der Integration der grundlegenden Strukturen im BGM, anschließend kommt es zu einer Diagnose in Form von Gesundheitsberichten, Mitarbeiterbefragungen oder Bewertung von Ergebnissen bisheriger Maßnahmen. Daraufhin kommt es zu einer Maßnahmenplanung und Durchführung. Dann kann neu diagnostiziert werden und der Prozess läuft einen neuen Zyklus weiter. Morsch (2020, S. 197) erweitert diesen Regelkreislauf um eine Phase. Der ganzheitliche Prozess, oder auch 6-Phasen-Modell genannt, ist durch Bedarfsbestimmung, Analyse Interventionsplanung, Interventionen (Maßnahmen), Evaluation und Nachhaltigkeit gekennzeichnet (Morsch, 2020, S. 197). In der Bedarfsbestimmung sind grundsätzliche Informationen über mögliche Beweggründe, Zielsetzungen, Projektplanung und Ressourcenplanung zu klären. Anschließend findet eine Analyse in Form einer Partizipation von beispielsweise Mitarbeiter-Befragungen, Analysen und Auswertung von Statistiken wie zu Unfällen und Arbeitsunfähigkeitszeiten (AU-Zeiten) statt. Daraufhin wird, abhängig vom Ergebnis, eine Interventionsplanung mit einer Zusammenführung, Priorisierung und Aktualisierung des Projektplans vorgenommen. Interventionen wie Gesundheitskurse, ergonomische Arbeitsplatzgestaltungen und Unterweisungen sind hierbei mögliche Maßnahmen die durchzuführen sind. Das Erfassen und Bewerten von den angesetzten Maßnahmen, Prozessen und Ergebnissen zur Wirkungskontrolle und Steuerung, findet in der fünften Phase mit der Evaluation statt. Die endgültige Verschmelzung aller Bereich wird in der letzten Phase mit der Nachhaltigkeit aufgezeigt. Neben weiterführenden Maßnahmen stehen in dieser Phase auch Organisationsveränderungen und die Integration anderer Maßnahmen wie Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) und Personalentwicklung im Fokus. Hauptaugenmerk des ganzheitlichen BGM-Prozesses sind ganzheitliche Gesundheitsförderung, prozessorientierte Vorgehensweise, Verschmelzung des Gesundheits- und Arbeitsschutzmanagement und Gesundheitscontrolling. Sowohl für Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten, kleine und mittelständischen Unternehmen (KMU), in der Regel bis zu 250 Mitarbeiter als auch für Großunternehmen mit mehr als 250 Mitarbeiter gilt dieser ganzheitliche BGM-Prozess, da die Vorgehensweise unabhängig von der Größe des Unternehmens ist (Morsch, 2020, S. 198).
3.2.4 Digitales Betriebliches Gesundheitsmanagement (dBGM)
Wie bereits in Kapitel eins beschrieben, ist Digitalisierung im Gesundheitswesen kein vorübergehender, sondern wird ein permanenter Baustein sein. So beschreiben Kaiser und Matusiewicz (2018, S. 1), dass sich ein modernes Unternehmen in der Zukunft hinsichtlich der Mitarbeitergesundheit vom herkömmlichen BGM hin zu dBGM weiterentwickeln wird. Ein Definitionsvorschlag zu dBGM von Kaiser und Matusiewicz lautet folgendermaßen:
Unter digitalem Betrieblichem Gesundheitsmanagement (dBGM) wird der Einsatz von digitalen Methoden und Instrumenten im Betrieblichen Gesundheitsmanagement verstanden. Hierzu werden verschiedene Methoden und Instrumente (wie beispielsweise Online-Coaching, Gesundheitsplattformen, Employee Assistance Programs (EAP), BGM-Komplettsysteme, Gesundheits-Apps und Wearables) zur Unterstützung des klassischen Betrieblichen Gesundheitsmanagement[s] eingesetzt. (2018, S. 2)
Junker und Kaluza sprechen dagegen bezüglich dBGM von einem unterstützenden Prozess, welcher nur unter bestimmten Rahmenbedingungen in Unternehmen einsetzbar ist (2018, S. 632). Sie beschreiben zudem, dass aus Unternehmens- und Mitarbeitersicht ein dBGM ein übliches BGM nicht ersetzen, jedoch den Erfolg des BGMs erhöhen kann. Sayed und Kubalski (2018, S. 557) zufolge können dadurch neue Zielgruppen erreicht werden, für die bislang auf dem Gesundheitsmarkt wenig adäquate BGM- Angebote gibt. Insbesondere in der Phase der Ist-Analyse, der Umsetzung von individuellen Gesundheitsangeboten und bei der Evaluation kann ein dBGM sinnvoll sein (2018, S. 640). Die Frage, wann eine digitale Unterstützung im BGM eines Unternehmens hilfreich sein kann, beantwortet das folgende Rahmenmodell.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Rahmenmodell für den sinnvollen Einsatz einer digitalen Unterstützung innerhalb des BGMs (Junker & Kaluza, 2018, S. 639)
Das Rahmenmodell, mit der Eingangsfrage ob das Unternehmen zum tertiären Sektor angehört, selektiert direkt aus, ob lediglich ein klassisches BGM genügt oder ob mit weiteren Folgefragestellungen und -Schritten eine digitale Unterstützung sinnvoll ist (vgl. Abb. 2, S. 15). Falls die anschließenden Fragen, ausgeschlossen ist die Frage „Ist die individuelle Gesundheit ein relevantes Thema?“, im Unternehmen mit „nein“ beantwortet worden sind, sind entsprechende Maßnahmen abzuleiten, um ein BGM zu implementieren. Sofern Ziele definiert, Analysen durchgeführt, Ergebnisse sowie Maßnahmen abgeleitet worden sind und sich in der Umsetzung befinden, können abgeleitete Maßnahmen mit einer sach- und fachgerechten Bewertung (Evaluation) mit Einsatz digitaler Anwendungen unterstützend wirken. Sofern die individuelle Gesundheit kein relevantes Thema ist, ist ein klassisches BGM, laut Junker & Kaluza (2018, S. 639), vorzuziehen.
Neben onlinebasierten Interventionen und Gesundheits-Apps bieten nach Sayed und Kubalski (2018, S. 560) digitale Prozessabwicklung und Steuerung das Potenzial zur Weiterentwicklung des BGMs. Sie beschreiben zudem, dass hierdurch vor allem die Kommunikation optimiert und BGM Prozesse digitalisiert und teilweise automatisiert werden können. Diese digitalen Prozesse ermöglichen darüber hinaus eine erleichterte Kennzahlengenerierung und somit die Erfolgsmessung des BGMs (2018, S. 641). Lüerßen und weitere (2015) kommen im Rahmen ihrer Studie „BGM im Mittelstand 2015“ zu dem Ergebnis, dass begrenzte personelle und finanzielle Ressourcen, fehlende Erfolgsnachweise und Datengrundlagen vielfache Hürden bei der Umsetzung des BGMs im Betrieb darstellen und schlussendlich die nachhaltige Implementierung sogar verhindern können. Sayed und Kubalski (2018, S. 561) fassen für das Management betrieblicher Gesundheitsangebote drei Kernthemen zusammen, in denen digitales Arbeiten sinnvoll erscheint:
- „Kommunikation und Erreichung der Mitarbeiter mit den Gesundheitsangeboten
- Optimierung des Ressourceneinsatzes durch digitale Prozesse
- Generierung von Kennzahlen zur Erfolgsbewertung und Steuerung im Rahmen digitaler Prozesse“
Als ein grundlegendes Element für eine Implementierung eines nachhaltigen Betrieblichen Gesundheitsmanagements kann die Generierung von Kennzahlen bzw. einer Erfolgsbewertung angesehen werden (Lüerßen et al., 2015). Als Basis hierfür zählen neben den im Unternehmen vorhandenen Routinedaten, welche vorrangig die Spätindikatoren wie Fehlzeiten und Fluktuation umfassen, vor allen Dingen Prozessdaten und Mitarbeiterbefragungen, welche als Frühindikatoren anzusehen sind (Sayed & Kubalski 2018, S. 565). Die digitale Prozessbearbeitung kann hierbei mit geringem Aufwand laufende Kennzahlen sammeln und aufbereiten (Sayed & Kubalski 2018, S. 565). Folgende Abbildung soll ein mögliches Vorgehen bei der Implementierung einer digitalen Kennzahlengenerierung aufzeigen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Digitale Kennzahlengenerierung im BGM (Sayed & Kubalski 2018, S. 566).
Neben quantitativen Prozessdaten wie zum Beispiel Nutzerzahlen können ebenfalls qualitative Daten erhoben werden. Um auf Gruppenebene aggregierte Kennzahlen zu sammeln, können hierbei beispielsweise Ergebnisse der Vorsorgeuntersuchungen und digitalen Feedbacks zur Zufriedenheit mit dem Angebot genutzt werden. Diese Kennzahlen bilden die Basis zur Weiterentwicklung des BGMs im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (Sayed & Kubalski 2018, S. 565).
3.2.5 Arbeits- und Gesundheitsschutz
Der AGS basiert auf dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) mit den dazugehörigen Verordnungen und dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG). Unternehmer sind demnach verpflichtet Unfallverhütungsvorschriften zu berücksichtigen und die Erste Hilfe im Betrieb zu gewährleisten bzw. zu organisieren (Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie [GDA], 2017, S. 5).
Die GDA grenzt das ArbSchG und das ASiG folgendermaßen voneinander ab:
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) verpflichten die Arbeitgeber/die Arbeitgeberinnen, für eine geeignete Organisation zur Planung und Durchführung aller erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sorgen, diese Aktivitäten in die Führungsstrukturen einzubinden und dafür Sorge zu tragen, dass die Maßnahmen bei allen Tätigkeiten beachtet werden. Die Erfahrung zeigt, dass ein präventiv ausgerichteter, wirksamer Arbeitsschutz entsprechender betrieblicher Prozesse und Strukturen bedarf und als integraler Bestandteil der betrieblichen Organisation zu verstehen ist. Die Bewertung der Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes ist somit ein Kernthema für die Aufsichtsdienste, das mit der Leitlinie Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes aufbereitet werden soll (GDA, 2017, S. 5).
3.2.6 Betriebliche Gesundheitsförderung
Im Vergleich zum gesetzlich vorgeschriebenen AGS ist die BGF sowohl für den Arbeitgeber, als auch für den Arbeitnehmer, ein freiwilliger Leistungskomplex. BGF hat seinen Ursprung zum einen in der Ottawa-Charta der Weltgesundheitsorganisation und zum anderen in der Luxemburger Deklaration. In der veröffentlichten Ottawa-ChartaErklärung heißt es: „Die sich verändernden Lebens-, Arbeits- und Freizeitbedingungen haben entscheidenden Einfluss auf die Gesundheit. Die Art und Weise, wie eine Gesellschaft die Arbeit, die Arbeitsbedingungen und die Freizeit organisiert, sollte eine Quelle der Gesundheit und nicht der Krankheit sein. Gesundheitsförderung schafft sichere, anregende, befriedigende und angenehme Arbeits- und Lebensbedingungen“ (WHO, 1986, S. 3). Des Weiteren beschreibt die Charta-Erklärung als oberstes Leitprinzip für die Welt, Länder, Regionen und Gemeinschaften, die Schaffung eines „sozial ökologischen Weg[s] zur Gesundheit“, also einen Einklang zwischen Mensch und Umwelt sowie „die Erhaltung natürlicher Ressourcen“ (WHO, 1986, S. 3).
Betriebliche Gesundheitsförderung umfasst nach der Luxemburger Deklaration „(...) alle gemeinsamen Maßnahmen von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Gesellschaft zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Dies kann durch eine Verknüpfung folgender Ansätze erreicht werden: Verbesserung der Arbeitsorganisation und der Arbeitsbedingungen, Förderung einer aktiven Mitarbeiterbeteiligung und Stärkung persönlicher Kompetenzen“ (Betriebskrankenkasse [BKK]-Dachverband, 2004, S. 2). Hierbei werden folgende Erfolgsfaktoren in der Luxemburger Deklaration definiert:
1. Die gesamte Belegschaft muss einbezogen werden ( Partizipation ).
2. BGF muss bei allen wichtigen Entscheidungen und in allen Unternehmensbereichen berücksichtigt werden ( Integration ).
3. Alle Maßnahmen und Programme müssen systematisch durchgeführt werden: Bedarfsanalyse, Prioritätensetzung, Planung, Ausführung, kontinuierliche Kontrolle und Ergebnisbewertung ( Projektmanagement ). 4. BGF beinhaltet sowohl verhalten[s]- als auch verhältnisorientierte Maßnahmen. Sie verbindet den Ansatz der Risikoreduktion mit dem des Ausbaus von Schutzfaktoren und Gesundheitspotentialen ( Ganzheitlichkeit ). (BKK-Dachverband, 2004, S. 2)
3.2.7 Betriebliches Eingliederungsmanagement
Auf Grundlage des §167 Abs. 2 SGB IX sind Arbeitgeber seit 2004 verpflichtet Beschäftigten, welche innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen wiederholt bzw. ununterbrochen arbeitsunfähig sind, ein BEM anzubieten. Nach Flothow und Kuhnt (2018, S. 3) ist das BEM „ein Instrument, Beschäftigte nach längerer Arbeitsunfähigkeit bzw. mit Behinderungen trotz eventuell bleibender gesundheitlicher Einschränkung wieder in den Arbeitsprozess einzugliedern. Es dient somit dem Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit“. Das Gesetz ordnet an, dass der Arbeitgeber analysieren und klarlegen muss, „wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann“ (Flothow und Kuhnt 2018, S. 3). Hierzu zählen Maßnahmen wie die technische sowie organisatorische Umgestaltung des Arbeitsplatzes, eine schrittweise Wiedereingliederung in Form von Entlastung bestimmter Tätigkeiten wie Nachtschichtarbeit oder schweres repetitives Heben sowie Tragen und eine zeitliche Steigerung der Arbeitszeit.
3.3 Arbeitswelt 4.0
Dieses Kapitel zielt darauf ab die zwei Themen Arbeitswelt 4.0, und Industrie 4.0 genauer voneinander abzugrenzen.
3.3.1 Arbeitswelt 4.0
Arbeit 4.0 ist momentan eines der meist verwendeten Schlagworte, wenn es um die Zukunft der Arbeitswelt geht, eine Google-Suche ergibt mehr als 38 Mio. Treffer. Der Begriff „Arbeit 4.0“ leitet sich aus dem seit einiger Zeit intensiv geführten Diskurs um „Industrie 4.0“ ab (Definition vgl. Kap. 3.3.2, S. 14). Arbeit 4.0 behandelt nicht nur Trends und Entwicklungen im industriellen Bereich, sondern darüber hinaus das gesamte System Arbeit mit seinen umfangreichen Facetten. (Rump & Eilers 2017, S. 4). In Grünbuchs Definition von Arbeiten 4.0 (BMAS, 2015) wird unter Arbeiten 4.0 ein vernetzteres, digitaleres und flexibleres Arbeiten beschrieben, dabei findet ein Wandel der Produktionsweise, eine wachsende Vernetzung und zunehmende Kooperation von Mensch und Maschine statt. Diese Kooperation ändert nicht nur die Art, wie produziert wird, sondern schafft auch ganz neue Produkte und Dienstleistungen. Durch den kulturellen und gesellschaftlichen Wandel entstehen neue Ansprüche an Arbeit, auch die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen verändert sich so (BMAS, 2015, S. 38). Ein weit verbreitetes Schlagwort hierbei ist „Disruption“, wonach über kurz oder lang durch Digitalisierung ein totaler Umbruch aller sozialen und wirtschaftlichen Strukturen stattfindet (Hirsch-Kreinsen & Wienzek, 2019, S. 18). Zukünftig wird laut Bauer (2015) die Arbeit zum Menschen kommen und nicht mehr der Mensch zur Arbeit. Hierbei geht es hauptsächlich um die bestehende Möglichkeit, unabhängig von Zeit und Ort zu arbeiten, die gleichzeitig aber nicht das Bedürfnis nach menschlicher Nähe und Gemeinschaft verdrängen wird. Darüber hinaus beschreibt er, dass bestimmte Aufgaben und Tätigkeiten besser oder ausschließlich im Team zu bewältigen sind. Als Beispiel seien Kreativworkshops oder Strategiemeetings genannt. Ebenso wird es in Zukunft zu einer weiteren Ausdifferenzierung flexibler Arbeitsmodelle kommen, was sowohl den Beschäftigten als auch dem Unternehmen entgegenkommt (Bauer, 2015). Konkret, so laut Bauer (2015), müsse dies mit flexibleren Rahmenbedingen wie zum Beispiel in Bezug auf Arbeitszeitregelungen einhergehen, flankiert durch individuelle Absprachen zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften. Die Frage nach potentiellen Jobverlusten infolge der Digitalisierung ist umstritten. Folgt man dem Stand der Forschung, so ist unstrittig, dass kurzfristig mit gewissen Freisetzungseffekten durch die neuen Technologien zu rechnen ist (Hirsch-Kreinsen & Wienzek, 2019, S. 19). Umstritten ist allerdings, ob diese sich auch langfristig durchsetzen oder ob sie vielmehr durch neu entstehende Arbeitsplätze kompensiert werden, so Hirsch und Wienzek (2019, S. 18). Weitgehend einig sind sich fast alle Autoren, dass Arbeitsplatzverluste vor allem im Segment geringqualifizierter und standardisierter Tätigkeiten wie in Produktion und Logistik in Zukunft anfallen werden. Laut Hirsch-Kreinsen & Wienzek (2019, S. 18) liegt die Begründung darin, dass solche Tätigkeiten einen strukturierten und regelorientierten Charakter aufweisen und sich somit einfacher in Algorithmen überführen lassen. Zu dieser Erkenntnis sind die englischen Ökonomen Frey und Osborne gekommen. Sie prognostizierten erstmals 2013 in einer Studie auf der Basis einer Analyse des US- amerikanischen Arbeitsmarktes für die nahe Zukunft hohe Gefahren der Substitution von Berufen mit vornehmlich routinisierten Tätigkeiten. Ferner erwarten sie aber auch längerfristig die Substitution qualifizierter (nicht-) routinierter Tätigkeiten und Berufe (Frey und Osborne, 2017). Dagegen wird von Pfeiffer und Suphan (2018) kritisiert, dass auch Routinetätigkeiten stets Nicht-Routine-Elemente wie Erfahrungswissen einschließen, die sich computertechnisch kaum hinreichend abbilden und substituieren lassen. Folgen für Beschäftigte, die durch Digitalisierung ausgelöst sind, sind neue Kontrollmöglichkeiten von Arbeit. So sind im industriellen Arbeitsprozess die Kontrollpotenziale digitaler Endgeräte wie Assistenzsysteme, Werkstattsteuerungssysteme oder Wearables der verschiedensten Art beachtlich, denn sie können unter Umständen und im Kontext der verschiedensten Arbeitsformen zu weitreichenden Leistungs- und Verhaltenskontrollen genutzt werden (Hofmann & Kurz, 2016). Unweigerliche mögliche Folgen können nach Hirsch-Kreinsen & Wienzek (2019, S. 22) gegenüber dem Beschäftigten eine permanente Überwachung, Sanktionierung bis hin zu Personenselektionen sein. Auf der anderen Seite entstehen durch die Arbeitswelt 4.0 auch viele Potenziale, um die Menschen in ihrer Arbeit zu unterstützen. Einige Ansätze erlauben eine kognitive Entlastung durch Assistenzsysteme und eine Verminderung körperlich stark belastender Tätigkeitsanteile, wie zum Beispiel die Exoskelette, die vom Menschen zur Unterstützung getragen werden, sodass die Belastungs-Beanspruchungs-Situation des Menschen weiter verbessert werden kann (Jeske und Terstegen, 2017, S. 78).
Shareground und die Universität St. Gallen sprechen in ihren 25 Thesen gar von einer „Auflösung der Organisation“ (2015). Dabei beziehen sie sich in ihrem Zukunftsszenario zum einen auf die Entwicklung von starren hin zu liquiden Organisationen, welche von Netzwerkstrukturen gekennzeichnet sind und keine klare organisationale Zugehörigkeit von Arbeitsplätzen mehr zulassen. Auch sehen sie eine „Peer-to-peer“- Kommunikation voraus, die Menschen aufgrund ihrer fachlichen Expertise zusammenbringt anstelle auf Basis von Hierarchien, sowie Organisationsstrukturen in der sich festen Bindungen immer weiter auflösen. Hinzu kommt, dass eine globale Transparenz über Fähigkeiten, Kompetenzen und Verfügbarkeiten wichtiger als in der Vergangenheit sein wird. Ein weiterer Aspekt ist, dass komplexe IT-Systeme standardisierte Abläufe und Organisationsformen angeben, das bedeutet die Organisation passt sich der Software an (Shareground und St. Gallen, 2015).
3.3.2 Industrie 4.0
Industrie 4.0 ist ein Marketingbegriff, der ebenso in der Wissenschaftskommunikation Anwendung findet. Es steht für ein "Zukunftsprojekt" der deutschen Bundesregierung. Die sogenannte vierte industrielle Revolution zeichnet sich durch Individualisierung bzw. Hybridisierung der Produkte und die Integration von Kunden und Geschäftspartnern in die Geschäftsprozesse aus (Bendel, 2019).
Das BMAS definiert Industrie 4.0 wie folgt:
Das Schlagwort „Industrie 4.0“ beschreibt einen Umbruch im produzierenden Sektor. Leitbild der Industrie 4.0 ist eine hochautomatisierte und vernetzte industrielle Produktions- und Logistikkette. Dabei verschmelzen virtuelle und reale Prozesse auf der Basis sogenannter cyberphysischer Systeme. Dies ermöglicht eine hocheffiziente und hoch flexible Produktion, die Kundenwünsche in Echtzeit integriert und eine Vielzahl von Produktvarianten ermöglicht. (BMAS, 2017, S. 200)
Laut Mosch (2017, S. 51) steht im Zentrum von Industrie 4.0 der Maschinenbau, denn dieser fungiert sowohl als Anbieter als auch Anwender. Er beschreibt zudem, dass Industrie 4.0 nicht die Revolution auf technologischer Ebene ist, denn die technologische Revolution kam mit dem Einzug der Computertechnologie und ist der Industrie 3.0 zuzuordnen. Vielmehr ist die Automatisierung das heutige Ergebnis und entwickelt sich zunehmend weiter, woraus neue Formen des Unternehmertums und neue Denkweisen in der Organisation von Abläufen in Wertschöpfungsnetzen entstehen (Mosch 2017, S. 51). Als zentralen Baustein sieht er für die Industrie 4.0 die digitale Vernetzung.
Adolphs (2017, S. 109) versteht unter Vernetzung eine Zusammenarbeit zum Beispiel von Kunden, Zulieferern, Produktionsanlagen und Produkten. Zudem soll die Vernetzung automatisch, ohne eine zentrale Kontrolle erfolgen. Voraussetzung laut Adolphs ist ein hohes Maß an Flexibilität, da sich Anlagen durch immer neue Aufgabenstellungen möglichst selbstständig anpassen müssen. Um dies zu erreichen gilt es die Erfahrungen aus Maschinen- und Anlagenbau, Automatisierungstechnik und InternetTechnologien zusammenzubringen (Adolphs, 2017, S. 109).
3.4 New Work
In einigen aktuellen Wirtschafts- und Personalmagazinen, in TV-Debatten, in Zeitungen und in vielen Internetforen häufen sich die Beiträge hinsichtlich New Work (Hackl, Attmer, Wagner & Baumann, 2017). Dies, so beschreiben es Hackl, Wagner und Baumann 2017, hat den Hintergrund, dass in Deutschland und vielen anderen Ländern der westlichen Welt ein grundlegender Wandel stattfindet. Dieser Wandel wird von tief greifenden Veränderungen getrieben, die sowohl auf gesellschaftlicher als auf Unternehmensebene spürbar sind (Hackl, Attmer, Wagner & Baumann, 2017, S. 1). Hackl, Friedrichs und Wagner führen an, dass eine exakte Definition schwierig ist, da viele unterschiedliche Varianten kursieren (2016).
Vorreiter und Präger des Begriffs New Work ist der Sozialphilosoph Frithjof Bergmann. Er entwickelte ein Modell zur Lohnarbeit zu einem kapitalistischen Wirtschaftssystem, er nannte es New Work. Laut Bergmann soll eine übliche Erwerbsarbeit durch ein Beschäftigungsmodell ersetzt werden, bei dem der Beschäftigte zu einem Drittel klassische Erwerbsarbeit nachgeht, zu einem Drittel High-Tech-Eigen-Produktion betreibt und zu einem Drittel Arbeit verrichtet, die er auch wirklich ausüben will (Bergmann, 2005). Bergmann schreibt auch:
In der Vergangenheit war die zu erledigende Aufgabe in vielen Fällen das Ziel oder der Zweck. Der Mensch wurde von anderen, aber auch von sich selbst als Werkzeug benutzt, als Mittel zur Verwirklichung dieses Zwecks ... Die Neue Arbeit ist eine nun schon mehr als 20 Jahre andauernde Bemühung, diesen Zustand umzukehren.
Nicht wir sollten der Arbeit dienen, sondern die Arbeit sollte uns dienen. Die Arbeit, die wir leisten, sollte nicht all unsere Kräfte aufzehren und uns erschöpfen. Sie sollte uns stattdessen mehr Kraft und Energie verleihen, sie sollte uns bei unserer Entwicklung unterstützen, lebendigere, vollständigere, stärkere Menschen zu werden. (2017, S. 11)
Während Bergmann anfangs damit eine ganz spezielle Form der Arbeit im Sinne hatte, wird heute der Begriff New Work eher allgemein im Sinne von grundlegender und nachhaltiger Veränderung der Arbeitswelt verstanden. Väth bringt in seinem Buch „Arbeit: Die schönste Nebensache der Welt“ was New Work eigentlich ist, folgende Fragestellungen an:
Worauf bezieht sich New Work eigentlich? Welche Art von Arbeit soll denn neu werden? Reden wir hier nur von der bezahlten Arbeit oder müssen wir den Arbeitsbegriff insgesamt neu definieren? Davon hängt vieles ab. Wir machen es uns zu einfach, wenn wir sagen: In dem Moment, in dem man ausstempelt, gilt New Work nicht mehr. Denn mit New Work ist es wie mit echtem Zeitmanagement: Entweder man praktiziert es über alle Lebensbereiche hinweg (und nicht nur im Berufsleben) oder man lässt es. (2016, S. 16)
Nach Hackl, Attmer, Wagner und Baumann (2017, S. 12) sind folgende vier große gesellschaftliche Veränderungen verantwortlich, dass sich Unternehmen teilweise sehr stark verändern: Demographischer Wandel, Digitalisierung, Globalisierung und Wertewandel. Die vier Treiber, die auf der gesellschaftlichen Ebene stattfinden sind demografischer Wandel, Digitalisierung, Globalisierung und Wertewandel. Malone (2004) hingegen führt noch an: „einige der wichtigsten Innovationen entstehen nicht durch neue Technologien, sondern durch andere Arten zusammenzuarbeiten und Arbeit zu organisieren“. Väth (2016) spricht dagegen, dass der Begriff New Work zu einem unübersichtlichen Sammelbegriff für die unterschiedlichsten Maßnahmen im Kontext der drei großen „D“s, Demokratisierung, Digitalisierung und Dezentralisierung geworden ist. Nach Väth (2016) basiert die Verwirklichung von New Work auf vier Säulen: einer bewussten Lebensführung mit einer Neubewertung von Arbeit, einem an die dynamische Arbeitswelt angepassten Kompetenzmodell, einem Veränderungsmodell für Strukturen und Kultur von Organisationen und einer intensiven Debatte über die Rolle von Arbeit in der Gesellschaft. Er befürwortet die Aufhebung des Begriffes »Work-Life-Balance« und führt »Work-Life-Blending« als neue Alternative ein. Dadurch soll verdeutlicht werden, dass es weniger um eine Grenze zwischen Arbeit und Privatleben geht, sondern mehr um eine gelungene Kombination der beiden, die keine negativen Entgrenzungswirkungen zeigt. Eine aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages vom BMAS geförderte und vom Frauenhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (Frauenhofer IAO) ausgeführte Studie definiert New Work wie folgt:
Unter New Work verstehen wir erwerbsorientierte Arbeitskonzepte, die durch ein hohes Maß an Virtualisierung von Arbeitsmitteln, Vernetzung von Personen, Flexibilisierung von Arbeitsorten, -zeiten und -inhalten gekennzeichnet sind. Die digitale Transformation und der damit verbundene Innovationsdruck fordern und fördern zudem zunehmend agile, selbstorganisierte iterative und hochgradig kundenorientierte Arbeitsprinzipien. Nicht nur das Wann und Wo der Arbeit, sondern auch der Modus der Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen sowie Kundinnen und Kunden ändern sich. Das Konzept der New Work steht auch für die veränderten Erwartungen der Mitarbeitenden in Bezug auf Beteiligung, Autonomie und Sinnstiftung durch die Arbeit. In der Konsequenz verändern sich Anforderungen an Führungskräfte und - systeme weg von der Hierarchie hin zu einem coachenden, lateralen und unterstützenden Führungsverständnis. (Frauenhofer IAO, 2019, S. 24)
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