Die vorliegende Studie untersucht die Beeinflussung der intuitiven Wahrnehmung von
Führungspersönlichkeit durch Hinweisreize. Anhand 20-sekündiger, tonloser Videoclips
schätzten 34 Studenten die Führungsstärke von 86 Zielpersonen auf der Skala
Persönlichkeitsstärke ein. Weitere 50 Studenten beurteilten die Zielpersonen anhand der
gleichen Videosequenzen bezüglich deren Attraktivität, Extraversion, Maskulinität,
Femininität und Intelligenz.
Als erstes Ergebnis ist festzuhalten, dass die Führungsstärke der Zielpersonen besser als
zufällig eingeschätzt wurde (r = .32). Als Referenzwert für wahre Führungsstärke diente
hierbei ein auf Gruppenübungen basierendes Expertenurteil, das sich im Vergleich zur
Selbsteinschätzung der Zielpersonen als verlässlicher herausstellte.
Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Intuitiv-Beurteiler ihre Einschätzung von
Führungsstärke vor allem von der wahrgenommenen Attraktivität und Extraversion der
Zielpersonen abhängig machten. Diese beiden Hinweisreize erwiesen sich dabei als
tendenziell valide.
Zusammenfassung
Die vorliegende Studie untersucht die Beeinflussung der intuitiven Wahrnehmung von Führungspersönlichkeit durch Hinweisreize. Anhand 20-sekündiger, tonloser Videoclips schätzten 34 Studenten die Führungsstärke von 86 Zielpersonen auf der Skala Persönlichkeitsstärke ein. Weitere 50 Studenten beurteilten die Zielpersonen anhand der gleichen Videosequenzen bezüglich deren Attraktivität, Extraversion, Maskulinität, Femininität und Intelligenz.
Als erstes Ergebnis ist festzuhalten, dass die Führungsstärke der Zielpersonen besser als zufällig eingeschätzt wurde (r = .32). Als Referenzwert für wahre Führungsstärke diente hierbei ein auf Gruppenübungen basierendes Expertenurteil, das sich im Vergleich zur Selbsteinschätzung der Zielpersonen als verlässlicher herausstellte.
Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Intuitiv-Beurteiler ihre Einschätzung von Führungsstärke vor allem von der wahrgenommenen Attraktivität und Extraversion der Zielpersonen abhängig machten. Diese beiden Hinweisreize erwiesen sich dabei als tendenziell valide.
Schlagwörter: “thin slices“ – Führungsstärke – Hinweisreize
Abstract
This study investigates the influence of certain cues on the intuitive perception of leadership. Based on 20-second silent video clips, 34 students assessed the leadership strength of 86 target persons on the Personality Strength Scale. Using the same sequences further 50 students rated the target persons’ attractiveness, extraversion, masculinity, femininity and intelligence.
As a result, the judges estimated the target persons’ leadership strength better than chance (r = .32). An expert judgement based on group exercises, which proved to be more reliable than the target persons’ self-assessment, was used as a reference value. Furthermore, the analyses show that the leadership judgements were mainly influenced by the targets’ perceived attractiveness and extraversion, which tended to be valid cues for actual leadership strength.
keyword s: “thin slices” – leadership - cues
Die intuitive Wahrnehmung von Führungsstärke –
Ein “thin slices“ - Experiment zur Untersuchung möglicher Hinweisreize
The world of the 90s and beyond will not belong to >managers< or those who can make the numbers dance. The world will belong to passionate, driven leaders - people who not only have enormous amounts of energy but who can energize those whom they lead.
Jack Welch (1935 - )
Als Jack Welch 1981 zum CEO von General Electric ernannt wurde, rechnete wahrscheinlich niemand damit, dass sich das damals bereits 100 Jahre alte, leicht marode Unternehmen unter seiner Führung einmal zu einem der erfolgreichsten internationalen Konzerne entwickeln würde (Slater, 2004). Ebenso wenig konnte er sich zu der Zeit vermutlich selbst vorstellen, dass zahlreiche Bücher über seinen Führungsstil geschrieben und sogar seine Führungsprinzipien in einem Lexikon verewigt werden würden (Krames, 2002). Zwei Jahrzehnte führte Jack Welch erfolgreich das amerikanische Mischunternehmen und förderte darüber hinaus noch viele weitere Talente, die ihrerseits in anderen Großunternehmen Karriere machten.
Führungspersönlichkeiten wie Jack Welch, die mit Energie und Leidenschaft an die Arbeit gehen und andere mitreißen können, treten dabei vornehmlich in Wirtschaft und Politik zum Vorschein, doch findet man sie auch an anderer Stelle. Laut einer umfassenden Studie des Allensbacher Instituts nehmen persönlichkeitsstarke Menschen in vielen Lebensbereichen unabhängig von Status und Alter eine wichtige Rolle ein (Noelle-Neumann, 1983). Sie zeichnen sich gemäß den Ergebnissen dieser Studie durch einen großen Bekanntenkreis aus, werden von ihrem Umfeld oft um Rat gebeten, haben Freude an der Arbeit und an der eigenen Weiterentwicklung, sind selbstkritisch, optimistisch, lebensfroh und offen für Neues. Persönlichkeitsstarke Menschen nehmen zudem tatsächlich häufig leitende Positionen ein, weshalb man die Begriffe Führungsstärke und Persönlichkeitsstärke als Synonyme verstehen kann.
Verfügt man folglich über die nötigen Informationen, lassen sich führungsstarke Personen anhand der genannten Eigenschaften leicht von führungsschwachen Personen unterscheiden. Doch ist es auch möglich, die Führungsstarken ohne ein fundiertes Hintergrundwissen zu erkennen? Hat man das Führungspotenzial von Jack Welch auf den ersten Blick erkennen können, als er gerade am Anfang seiner Karriere stand und noch keine offensichtlichen Erfolge zu verbuchen hatte? War es ein reiner Glücksgr]iff seines Vorgängers, ihn in diese Position zu bringen? Die vorliegende Studie knüpft an diese Fragestellungen an und untersucht, inwiefern es Menschen möglich ist, Führungspersonen auf den ersten Blick zu erkennen.
Damit stellt sie einen weiteren Beitrag der so genannten "accuracy"-Forschung dar, deren Gegenstand darin besteht zu untersuchen, inwiefern Menschen in der Lage sind, intuitiv ein korrektes Urteil über andere Personen zu fällen. Die Wiederauflebung dieser Forschung liegt etwa 30 Jahre zurück, als einige Wissenschaftler die damals umstrittene Annahme trafen, dass die Akkuratheit des menschlichen Wahrnehmungs- und Urteilsprozesses oftmals unterschätzt würde (Funder, 1987; Swann, 1984). Seither haben zahlreiche Studien belegen können, dass Menschen durchaus in der Lage sind, anhand weniger Informationen besser als zufällig korrekte Urteile über andere Menschen bilden zu können. So konnte beispielsweise gezeigt werden, dass emotionale Zustände (Ambady, Bernieri & Richeson, 2000), die Tendenz zu altruistischem Verhalten (Fetchenhauer & Groothuis, 2007), das Ausmaß der Sympathie zwischen zwei Menschen (Bernieri, Gillis, Davis & Grahe, 1996), die Art der vorliegenden sozialen Beziehung (Constanzo & Archer, 1989) oder auch Persönlichkeitseigenschaften (Albright, Kenny & Malloy, 1988; Lippa & Dietz, 2000) intuitiv richtig erkannt werden können.
Eine gängige Methode in diesem Forschungsbereich ist die Verwendung so genannter "thin slices" als Stimulusmaterial. "Thin slices" sind Video- oder Audiosequenzen, die die zu bewertende Person (Zielperson) weniger als fünf Minuten, häufig sogar nur wenige Sekunden, zeigen. Es wird angenommen, dass die kurzen Sequenzen dynamischen Verhaltens genügend Informationen für den Betrachter bereithalten, um ein adäquates Urteil über die Zielpersonen fällen zu können (Ambady et al., 2000). Unabhängige Beobachter bewerten demnach die gezeigte Person allein auf Grundlage dieser kurzen Ausschnitte in Bezug auf bestimmte Eigenschaften. Dabei können die Ausschnitte jeglichem Kommunikationskanal wie z. B. dem Gesicht, dem Körper oder der Stimme entstammen. Die Beurteilungsgüte wird durch den Vergleich mit Referenzwerten ermittelt. Gemäß den Ergebnissen vergangener Studien beläuft sich der Zusammenhang der intuitiven Beurteilungen auf Grundlage der "thin slices" und einem Referenzwert durchschnittlich auf Korrelationen von r = .25 (Ambady et al., 2000). Das bedeutet, dass es zwar nicht in jedem Fall gelingt, die zu bewertende Eigenschaft exakt vorherzusagen, jedoch sehr viel besser als rein zufällig.
Obwohl bereits durchgeführte berufsbezogene "thin slices"-Studien von der intuitiv akkuraten Vorhersage beispielsweise über den Ausgang eines Bewerbungsinterviews (Prickett, Gada-Jain & Bernieri, 2000) oder über den Erfolg von Managern (DeGroot & Motowidlo, 1999) beziehungsweise von Vertriebsmitarbeitern (Ambady, Krabbenhoft & Hogan, 2006) zeugen, betonen Personaler, dass sich Beurteiler im Bewerbungsprozess nicht vom ersten Eindruck des Kandidaten beeinflussen lassen sollten (Berry, 2003). Besonders wenn es um die Besetzung von Führungspositionen geht, wird in der Personalauswahl nichts der Intuition überlassen. Schließlich gehen Fehlentscheidungen bei der Personalauswahl mit hohen Kosten, unnötigem Aufwand und verlorener Zeit einher (Swan, 2000). So müssen sich Bewerber eines der begehrten Nachwuchsführungskräfteprogramme, wie z.B. das der Deutschen Lufthansa AG, in einem ausgefeilten Auswahlprozess, bestehend aus Persönlichkeitstests, Interviews und Assessment Center, beweisen (Deutsche Lufthansa AG, 2008).
Das Misstrauen in die menschliche Intuition, das sich hier in den vielseitigen Auswahlmethoden widerspiegelt, rührt vermutlich von den Erkenntnissen der so genannten "error"-Forschung, die die Sozialpsychologie lange Zeit dominierte. Dieser Forschungszweig beschäftigt sich damit, wie der menschliche Wahrnehmungs- und Urteilsprozess funktioniert. Der Fokus dieser Forschung liegt jedoch konträr zu dem der "accuracy"-Forschung auf der Untersuchung menschlicher Fehlurteile. Dabei wird angenommen, dass sich anhand von Fehlurteilen die zugrunde liegenden Wahrnehmungsprozesse besonders gut abbilden lassen (Bless & Keller, 2006).
Ein großer Teil der "error"-Forschung beschäftigt sich mit der Verwendung von Heuristiken (Kahneman, Slovic & Tversky, 1982; Nisbett & Ross, 1980). Heuristiken können als mentale Abkürzungen oder einfache Entscheidungsregeln verstanden werden, die in Anbetracht komplexer Sachverhalte die Urteilsbildung erleichtern (Bless & Keller, 2006). Verschiedene Studien konnten zeigen, dass angesichts der begrenzten Kapazität menschlicher Informationsverarbeitung sehr häufig auf einfache Urteilsheuristiken anstelle rationaler Entscheidungswege zurückgegriffen wird (Kahneman & Tversky, 1973; Tversky & Kahneman, 1974). Stereotype stellen dabei eine Form von Heuristiken dar (Fischer & Wiswede, 2002), die im Besonderen bei der Personenwahrnehmung eine große Rolle spielen. Hierbei werden Personen anhand eines einzelnen Merkmals, wie z.B. dem Geschlecht einer bestimmten Gruppe zugeordnet.
Weitere Eigenschaften, die mit dieser Gruppe assoziiert werden, werden sodann auf die zu bewertende Person übertragen, unabhängig davon, ob sie auf diese Person tatsächlich zutreffen oder nicht (Kunda & Spencer, 2003). Die Verwendung von Stereotypen beziehungsweise Heuristiken stellt bei der Einschätzung von Personen eine einfache und energiesparende Herangehensweise dar, die jedoch im Fall von Vernachlässigung wichtiger Informationen zu systematischen Fehlurteilen führen kann (Kahneman et al., 1982).
Im Bereich der Personenwahrnehmung kann es dabei nicht nur bei der Fremdeinschätzung zu Wahrnehmungsverzerrungen kommen, sondern auch bei der Selbsteinschätzung. Beispielsweise belegen Studien, dass Menschen im sozialen Vergleich mit anderen aus selbstwertdienlichen Gründen dem “better than average“- Effekt verfallen, indem sie ihre eigenen Fähigkeiten oder Charaktereigenschaften überschätzen (Alicke, Klotz, Breitenbecher, Vredenburg & Yurak, 1995; Dunning, Meyerowitz & Holzberg, 1989).
In Anbetracht der Vielzahl durch die "error"-Forschung entdeckten Wahrnehmungsverzerrungen, die bei der Fremd- und Selbstbeurteilung auftreten können, mag das Misstrauen in die Intuition durchaus nachvollziehbar sein. Dem gegenüber steht jedoch eine wachsende Anzahl an "thin slices"-Studien, die die Akkuratheit des menschlichen Urteils belegen (Ambady et al., 2000). Der Frage, ob ein “Jack Welch“, also eine führungsstarke Person, auf den ersten Blick erkannt werden kann und wie dieses Urteil zustande kommt, widmeten sich zwei kürzlich durchgeführte "thin slices"-Studien der Universität zu Köln. Hierbei dienten 20-sekündige tonlose Videosequenzen den unabhängigen Beobachtern als Grundlage für ihre intuitive Einschätzung von Führungsstärke. In beiden Fällen zeigten die Sequenzen die Zielpersonen dabei, wie sie sich selbst in die Kamera vorstellen.
Zunächst konnte Hoffmann (2006) belegen, dass die Bewertung der "thin slices"- Beobachter signifikant mit der von den Zielpersonen selbst eingeschätzten Führungsstärke korrelierte (r = .30, p < .01). Die Selbsteinschätzung wurde hierbei durch die Skala Persönlichkeitsstärke von Noelle-Neumann erhoben (Noelle-Neumann, 1983). In einer Folgestudie mit ähnlichem Versuchsdesign von Rodrigo van der Geest (2007) ergab sich hingegen kein signifikanter Zusammenhang von Selbsteinschätzung und Beobachtereinschätzung. Allerdings zeigte sich im Vergleich mit einem als alternativer Referenzwert erstellten Expertenurteil über die Führungsstärke der Zielpersonen, dass die Selbsteinschätzung Wahrnehmungsverzerrungen unterlag. Daher wurde das Expertenrating, das auf aufgezeichneten Assessment Center-Übungen der Zielpersonen beruhte, als Maß für die tatsächliche Führungsstärke verwendet. Gestützt durch eine auf diesen Übungen beruhende Auszählung führungsrelevanten Verhaltens, korrelierte das Expertenrating signifikant mit den Einschätzungen der spontanen Beobachter (r = .35, p < .05). Die intuitive Fremdeinschätzung der Führungsstärke war demnach tendenziell korrekt und genauer als die Selbsteinschätzung, die nur einen marginal signifikanten Zusammenhang mit dem Expertenrating aufwies. Darüber hinaus verfielen die männlichen Zielpersonen dieser Studie dem “better than average“-Effekt, indem sie ihre eigene Führungsqualität systematisch überschätzten.
Geht man nun analog zu den Ergebnissen dieser beiden Studien davon aus, dass auf Grundlage kurzer, nonverbaler Verhaltensausschnitte auf die Führungsstärke einer Person geschlossen werden kann, so stellt sich im Folgenden die Frage, wie die Beurteiler zu ihrer Einschätzung gelangen. Ist Führungsstärke eine direkt zu beobachtende Charaktereigenschaft? Oder ist es vielmehr so, dass bei der Einschätzung von Führungsstärke hauptsächlich auf Stereotype beziehungsweise andere womöglich leichter zu entdeckende Charaktereigenschaften zurückgegriffen wird? Welche Hinweisreize könnten im Zusammenhang mit Führung eine Rolle spielen?
Bei der Überlegung, auf welche Stereotype bei der Einschätzung von Führungsstärke zurückgegriffen werden könnte, bietet sich offensichtlich die Verwendung des Geschlechts als Basiskategorie der Stereotype an. Folgt man dem stereotypischen Bild eines Mannes, so zeichnet sich dieser durch Dominanz, Aggression, Ehrgeiz, Unabhängigkeit, Wettbewerbsgeist und Kompetenz aus. Frauen werden im Gegensatz dazu eher als warm, einfühlsam, hilfsbereit, personenorientiert, passiv und wenig durchsetzungsfähig angesehen (Williams & Best, 1990). Dass Führung dabei eher mit dem männlichen Stereotyp als dem weiblichen assoziiert wird, wurde in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts unter dem "think manager - think male"-Phänomen bekannt (Schein, 1973, 1975) und konnte seither in einer Vielzahl an Studien immer wieder belegt werden (Powell, Butterfield & Parent, 2002; Willemsen, 2002). Betrachtet man allerdings Studien, die untersuchen, inwieweit Führungsqualitäten einer bestimmten Person zugeordnet werden, so sind die Ergebnisse weniger eindeutig. In einigen Studien werden Männern pauschal mehr Führungsqualitäten zugesprochen (Branscombe & Smith, 1990; Olian, Schwab & Haberfield, 1988; Pratto & Bargh 1991), in anderen aber auch Frauen (Biernat & Kobrynowicz, 1997, 1999; Sczesny, Spreemann & Stahlberg, 2006 ). Bei Hoffmann (2006) und Rodrigo van der Geest (2007) konnte bei der Intuitiv- Beurteilung kein geschlechtsspezifischer Einfluss auf die Zuschreibung von Führungsstärke gefunden werden. Bei Rodrigo van der Geest (2007) zeigten sich darüber hinaus auch keine Anzeichen für eine geschlechtsstereotypische Bewertung bei den Experten. Angesichts dieser konträren Ergebnisse gibt es in der Forschung die Überlegung, dass das biologische Geschlecht eine zu offensichtliche Kategorisierung darstellt, als dass die Beurteiler nicht auf diese Verzerrung aufmerksam würden und sich selbst versuchten zu korrigieren (Sczesny & Kühnen, 2004). In aktuellen Studien wird daher untersucht, inwiefern sich geschlechtsstereotypische Eigenschaften, also die Ausprägung der Maskulinität beziehungsweise Femininität einer Person, unabhängig von ihrem biologischen Geschlecht, auf die Führungszuschreibung auswirkt. So konnten Sczesny et al. (2006) beispielsweise zeigen, dass äußerlich maskulin wirkende Männer und Frauen eine höhere Führungsstärke zugeschrieben wurde als Personen mit femininen Zügen.
Neben der Favorisierung von Männern beziehungsweise maskulin wirkenden Personen bei der Führungswahrnehmung könnten im Sinne des Schönheitsstereotyps "what is beautiful is good" auch attraktive Menschen vorgezogen werden. Diesem Kategorisierungsmuster zufolge wird attraktiven Menschen allein aufgrund ihrer äußerlichen Vorzüge eine Reihe von vor allem positiven Persönlichkeitsmerkmalen attestiert. Die Attraktivität einer Person „überstrahlt“ also im Sinne eines Halo-Effekts (Halo = Glorienschein) den Rest der Person und lässt sie in einem durchweg positiven Licht dastehen (Ebner, Gathmann & Wiedermann, 2002). In einer großen Anzahl an Studien, die belegen dass beispielsweise attraktiveren Menschen unterstellt wird, mehr sozial erwünschte Charaktereigenschaften zu besitzen, ein glücklicheres Leben zu führen und über mehr berufliche, interpersonale und intellektuelle Kompetenz zu verfügen (Dion, Berscheid & Walster, 1972; Eagly, Ashmore & Makhijani, 1991; Langlois et al., 2000), zeigt sich die Persistenz des Schönheitsstereotyps. Für die Bewertung der Attraktivität werden dabei für Männer und Frauen unterschiedliche Kriterien herangezogen. So werden Frauen mit femininen Gesichtszügen wie z. B. einer Stupsnase und einem jugendlichen und auf Fruchtbarkeit hindeutenden Aussehen als attraktiv eingestuft. Bei den Männern sind hingegen maskuline Gesichtszüge wie z. B. ein markantes Kinn, aber auch ein dominantes oder selbstbewusstes Auftreten als Kriterien für Attraktivität zu nennen (Dobner, Reitmayr, Spazierer & Tiefenbach, 2002; Sczesny & Kühnen, 2004). Generell lässt sich demnach festhalten, dass ein geschlechtstypisches Erscheinungsbild als attraktiv empfunden wird.
Abgesehen von der Einflussnahme dieser Stereotype, wäre es auch möglich, dass die Beurteiler auf wahrgenommene Charaktereigenschaften achten, die mit dem tatsächlichen Berufserfolg zusammenhängen. Zwei stabile Persönlichkeitseigenschaften, die mit dem tatsächlichen Berufserfolg, gerade auch in Managementpositionen, positiv in Zusammenhang zu stehen scheinen, sind Intelligenz und Extraversion (Hunter & Schmidt, 1996; Judge, Bono, Ilies & Gerhardt, 2002; Salgado, 1997).
Zur Ermittlung von Extraversion als eine der fünf grundlegenden Persönlichkeitseigenschaften (“Big Five“) wird üblicherweise der Selbsteinschätzungsfragebogen des NEO Fünf Faktoren Inventars nach Costa und McCrae herangezogen (Borkenau & Ostendorf, 1993). Extrovertierte Individuen können hiernach als gesellig, selbstsicher, aktiv, gesprächig, energisch, heiter, optimistisch und menschen-orientiert charakterisiert werden. Sie sind gerne Teil einer Gruppe oder gesellschaftlichen Zusammenkunft, lieben die Aufregung und neigen zu einem heiteren Naturell (Borkenau & Ostendorf, 1993). Die Beschreibung einer extrovertierten Person deckt sich dabei zum Teil mit denen über die Beschreibung einer persönlichkeitsstarken Person (Noelle Neumann 1983), weshalb die Eignung von Extraversion als Prädiktor für Führungserfolg nicht verwundert. Eine wichtige Erkenntnis im Zusammenhang mit dieser Studie ist, dass Extraversion eine Persönlichkeitseigenschaft darstellt, die an äußerlich leicht zu erkennenden Merkmalen wie z. B. einem ausgeprägten Lächeln oder schnellen Bewegungen festgemacht werden kann. So konnte in einigen Studien bereits belegt werden, dass es aufgrund der Verfügbarkeit relevanter Hinweisreize auch Fremden möglich ist, anhand weniger Informationen die selbst eingeschätzte Extraversion der Zielperson akkurat einzuschätzen (Borkenau & Liebler, 1993, 1995; Carney, Colvin & Hall, 2007; Funder & Dobroth, 1987; Little & Perrett, 2007).
Ähnlich wie Extraversion ist gemessene Intelligenz ein verlässlicher Prädiktor für den Berufserfolg allgemein und auch für Managementpositionen im Speziellen (Bertua, Anderson & Salgado 2005). In "thin slices"-Studien hat sich gezeigt, dass Intelligenz ebenfalls anhand kurzer Videosequenzen von Fremden eingeschätzt werden kann (Borkenau & Liebler, 1993; Borkenau, Mauer, Riemann, Spinath & Angleitner, 2004; Reynolds & Gifford, 2001). Die Analyse von akustischen und visuellen Hinweisreizen hat dabei ergeben, dass sowohl die gemessene als auch die wahrgenommene Intelligenz eher von akustischen Informationen, wie z.B. der Verständlichkeit, abgeleitet wird.
Stehen dem Beurteiler nur visuelle Informationen über die Zielperson zur Verfügung, wird die Einschätzung von Intelligenz ungenauer (Reynolds & Gifford, 2001).
Die gemessenen Variablen Extraversion und Intelligenz eignen sich folglich dazu, Führungsstärke vorherzusagen und können darüber hinaus auch intuitiv erkannt werden. Doch stellt sich natürlich die Frage, ob Laien bei der intuitiven Beurteilung von Führungsstärke diese Hinweisreize berücksichtigen. Greifen sie überhaupt auf Hinweisreize zurück oder erkennen sie die Führungsstärke ganz unvermittelt?
Die vorliegende Studie hat das Ziel, diese Fragestellung näher zu untersuchen und leistet somit einen weiteren Beitrag in der Reihe der "thin slices"-Forschung zum Thema Führungsstärke. Hierzu soll nach Hoffmann (2006) und Rodrigo van der Geest (2007) erneut die Akkuratheit der intuitiven Einschätzung von Führungsstärke überprüft werden. Um Vergleiche zu den Vorgängerstudien ziehen zu können, werden daher erneut tonlose Einzelaufnahmen der Zielpersonen als "thin slices" verwendet, wobei allerdings der Grad der Expressivität der Verhaltensausschnitte variiert wird. In Anlehnung an eine Studie von Borkenau und Liebler (1992) zur Erkennung von Persönlichkeitsmerkmalen besteht die Aufgabe der Zielpersonen der vorliegenden Studie darin, einen Wetterbericht in die Kamera vorzutragen. Im Gegensatz zur aufgezeichneten Selbstvorstellung der Vorgängerstudien verspricht das Vorlesen eines standardisierten Textes noch weniger Möglichkeit für eine individuelle und ausdrucksstarke Gestaltung seitens der Zielpersonen. Obwohl folglich die Wahl des Verhaltensausschnitts die Unterscheidung von Führungsstarken und Führungsschwachen erschweren könnte, wird analog zu den vorherigen Ergebnissen angenommen, dass die Intuitiv-Beurteiler die Führungsstärke auf den ersten Blick erkennen können. Ferner wird der Frage nachgegangen, welches Referenzmaß sich als Wert für „wahre“ Führungsstärke eignet. Im Hinblick auf die Ergebnisse von Rodrigo van der Geest (2007) wird erwartet, dass sich ein Expertenrating als das im Vergleich zur Selbsteinschätzung bessere Referenzmaß erweist. Der Fokus der vorliegenden Studie bezieht sich jedoch, wie oben erwähnt, darauf, weiterführende Erkenntnisse über die Nutzung von Hinweisreizen bei der intuitiven Einschätzung von Führungsstärke hervorzubringen. Hoffmann (2006) und Rodrigo van der Geest (2007) konnten in ihren Studien das Geschlecht als potenziellen Hinweisreiz ausschließen. Hoffmann (2006) stellte darüber hinaus fest, dass die Intuitiv-Beurteilung von Führungsstärke durch die wahrgenommene Attraktivität der Zielpersonen im Sinne des Schönheitsstereotyps positiv beeinflusst wurde. Im Folgenden sollen daher die bereits bestehenden Ergebnisse zu den Hinweisreizen Geschlecht und Attraktivität überprüft, sowie die als ebenfalls potenziell erachteten Hinweisreize Maskulinität, Femininität, Extraversion und Intelligenz untersucht werden.
Dabei wird davon ausgegangen, dass analog zu den Ergebnissen der Vorgängerstudien das biologische Geschlecht der Zielperson keinen Einfluss auf die Höhe der zugeschriebenen Führungsstärke haben wird und zwar weder bei der Intuitiv- Beurteilung noch bei den Einschätzungen der Experten. Es wird vermutet, dass sich das "think manager - think male"-Phänomen eher auf subtilerem Weg äußert, indem sich die wahrgenommene Maskulinität einer Person positiv auf die Führungsstärkeeinschätzung auswirkt und die wahrgenommene Femininität negativ. Weiterhin wird davon ausgegangen, dass die Intuitiv-Beurteiler wie bei Hoffmann (2006) bei ihrer Einschätzung auf das Schönheitsstereotyp "what is beautiful is good" zurückgreifen und als attraktiv wahrgenommene Zielpersonen als führungsstärker bewerten. Bezüglich der wahrgenommenen Extraversion wird die Hypothese aufgestellt, dass diese als eine visuell leicht zu erkennende Persönlichkeitseigenschaft als Hinweisreiz genutzt wird und sich positiv auf die Intuitiv-Beurteilung von Führungsstärke auswirkt. Konträr hierzu haben Studien gezeigt, dass die wahrgenommene Intelligenz hingegen eher von akustischen Informationen abgeleitet wird. Daher wird vermutet, dass sie angesichts des tonlosen Stimulusmaterials nicht als Hinweisreiz für die Einschätzung von Führungsstärke genutzt wird.
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