In der vorliegenden Arbeit werden grundsätzliche Fragen in Bezug auf psychische Störungen im Zusammenhang mit unerfülltem Kinderwunsch und reproduktionsmedizinischen Maßnahmen beantwortet. Untersucht wird, ob psychische Störungen zu Unfruchtbarkeit führen, oder ein unerfüllter Kinderwunsch zu psychischen Erkrankungen führen kann. Darüber hinaus wird die Rolle reproduktionsmedizinischer Maßnahmen als Ursache für psychische Störungen erforscht. Vor dem Erstellen des systematischen Reviews wurden die Forschungsfragen identifiziert und ihre Beziehungen zueinander analysiert. Vor allem randomisierte kontrollierte Studien, systematische Übersichtsarbeiten sowie Metaanalysen und Leitlinien der letzten 25 Jahre wurden berücksichtigt.
Es gibt keine eindeutigen wissenschaftlichen Belege für psychopathologische Persönlichkeitsstrukturen, welche bei unfruchtbaren Paaren eine Fertilitätsstörung verursachen könnten. Ausschließlich psychopathologische Faktoren wie krankhaftes Essverhalten, starkes Unter- sowie Übergewicht bei Frauen und starkes Übergewicht bei Männern sowie exzessiver Sport bei Frauen und der Genuss- und Arzneimittelmissbrauch können die Fertilität einschränken. Das Gefühl des Versagens, der Niederlage und der Ausweglosigkeit kann nach erfolglosen medizinischen Kinderwunschbehandlungen sowohl bei Frauen als auch bei Männern depressive Symptome fördern. Ängstlichkeit und Depressivität haben jedoch keinen Einfluss auf das Eintreten einer Schwangerschaft nach medizinischer Kinderwunschbehandlung. Ob Einlingskinder nach medizinischer Kinderwunschbehandlung psychisch beeinträchtigt sind, ist nicht eindeutig geklärt. Die Mehrlingsproblematik nach medizinischen Kinderwunschbehandlungen ist aus psychologischer Sicht jedoch dramatisch. Mehrlinge leiden wesentlich häufiger an Verhaltensstörungen.
Es ist zu vermuten, dass ausschließlich Paare, welche im Vorfeld einer künstlichen Befruchtung an psychischen Störungen leiden, von psychosozial orientierten Beratungsangeboten vor der medizinischen Kinderwunschbehandlung profitieren. Dennoch ist die Einbeziehung psychischer und sozialer Gesichtspunkte, im Sinne einer primären psychosomatischen Grundversorgung, vor der Behandlung sinnvoll. Neue Forschungsfelder ergeben sich durch die zunehmende Verschiebung der klassischen Mutter-Vater-Kind-Kernfamilie hin zu Einelternfamilien, Co-Parenting-Eltern und gleichgeschlechtlichen Familien.
Inhaltsverzeichnis
- Definition und Inzidenz
- Psychische Belastung
- Mangel an Wissen und übersteigerte Erwartungen
- Die Situation in Österreich
- Stress und Unfruchtbarkeit
- Recherche und Studien
- Aufbau der Arbeit
- Literatur-Review
- Teil 1: Theoretische Grundlagen
- Reproduktion im Allgemeinen
- Physiologie der menschlichen Reproduktion
- Geschichte der Reproduktionsmedizin
- Häufigkeit und medizinische Ursachen von unerfülltem Kinderwunsch
- Prognostische Kriterien bei ungewollt kinderlosen Paaren
- Prognosekriterien für Schwangerschaften bei Kinderwunschbehandlungen
- Neue Familienformen und sozialpolitische Aspekte
- Medizinische Behandlungsmöglichkeiten bei unerfülltem Kinderwunsch
- Weiterentwicklung der Reproduktionsmedizin
- Teil 2: Psychische Aspekte der Kinderlosigkeit
- Kinderwunschmotive
- Unerfüllter Kinderwunsch und psychische Belastung
- Stress und Infertilität
- Belastungserleben durch ungewollte Kinderlosigkeit
- Männer und Kinderwunsch
- Paarbeziehung und Kinderwunsch
- Die Überschätzung der eigenen Fruchtbarkeit
- ÄrztInnen-PatientInnen-Beziehung während der Kinderwunschbehandlung
- Teil 3: Psychische Störungen und unerfüllter Kinderwunsch
- Psychische Störungen als Ursache für unerfüllten Kinderwunsch
- Unerfüllter Kinderwunsch als Ursache für psychische Störungen
- Reproduktionsmedizinische Maßnahmen als Ursache für psychische Störungen
- Teil 4: Bewältigungs- und Therapieformen bei unerfülltem Kinderwunsch
- Coping
- Psychotherapeutische Interventionen vor der medizinischen Therapie
- Die psychosomatische Grundversorgung
- Psychosoziale Beratung
- Autoregulationsverfahren
- Positive Neubewertung und Stressbewältigung
- Verhaltenstherapeutische Interventionen
- Verhaltenstherapeutische Gruppen- und Paartherapie
- Internetbasierte psychosoziale Unterstützung
- Kombinierte Behandlungen
- Hypnose, Musiktherapie, Akupunktur, traditionelle chinesische Medizin
- Medikamentöse Behandlung
- Teil 5: Methodische Aufarbeitung
- Darstellung methodischer Ansätze des Forschungsfelds
- Weiterentwicklung methodischer Ansätze
- Diskussion
- Auswirkungen von Stress auf das Behandlungsergebnis
- Therapie
- Beantwortung der Forschungsfragen
- Können psychische Störungen zu Unfruchtbarkeit führen?
- Kann unerfüllter Kinderwunsch zu psychischen Erkrankungen führen?
- Können reproduktionsmedizinische Maßnahmen eine Ursache für psychische Störungen sein?
- Limitationen
- Künftige Forschungsfragen
- Zusammenfassung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Masterarbeit untersucht die komplexen Zusammenhänge zwischen psychischen Störungen, unerfülltem Kinderwunsch und reproduktionsmedizinischen Maßnahmen. Die Arbeit beleuchtet die Frage, ob psychische Störungen zu Unfruchtbarkeit führen, ob unerfüllter Kinderwunsch zu psychischen Erkrankungen führen kann und ob reproduktionsmedizinische Maßnahmen eine Ursache für psychische Störungen darstellen können. Die Arbeit basiert auf einer systematischen Literaturrecherche, die sich auf aktuelle Studien der letzten 25 Jahre konzentriert.
- Die Auswirkungen von psychischen Störungen auf die Fruchtbarkeit
- Die psychische Belastung im Zusammenhang mit unerfülltem Kinderwunsch
- Die Rolle reproduktionsmedizinischer Maßnahmen als Ursache für psychische Störungen
- Bewältigungs- und Therapieformen bei unerfülltem Kinderwunsch
- Methodische Ansätze und zukünftige Forschungsbedarfe
Zusammenfassung der Kapitel
- Teil 1: Theoretische Grundlagen
- Dieses Kapitel bietet einen umfassenden Überblick über die Reproduktion im Allgemeinen, die Physiologie der menschlichen Reproduktion, die Geschichte der Reproduktionsmedizin sowie die Häufigkeit und medizinischen Ursachen von unerfülltem Kinderwunsch. Es beleuchtet auch prognostische Kriterien für ungewollt kinderlose Paare, Prognosekriterien für Schwangerschaften bei Kinderwunschbehandlungen sowie neue Familienformen und sozialpolitische Aspekte. Abschließend werden medizinische Behandlungsmöglichkeiten bei unerfülltem Kinderwunsch und die Weiterentwicklung der Reproduktionsmedizin diskutiert.
- Teil 2: Psychische Aspekte der Kinderlosigkeit
- Dieses Kapitel befasst sich mit den verschiedenen Kinderwunschmotiven, der psychischen Belastung durch unerfüllten Kinderwunsch, dem Einfluss von Stress auf die Infertilität und dem Belastungserleben im Zusammenhang mit ungewollt kinderlosen Paaren. Weiterhin werden die Perspektiven von Männern und Paaren im Kontext von Kinderwunsch beleuchtet, sowie die Überschätzung der eigenen Fruchtbarkeit und die Arzt-Patienten-Beziehung während der Kinderwunschbehandlung untersucht.
- Teil 3: Psychische Störungen und unerfüllter Kinderwunsch
- Dieses Kapitel analysiert die komplexen Zusammenhänge zwischen psychischen Störungen und unerfülltem Kinderwunsch. Es untersucht sowohl psychische Störungen als Ursache für unerfüllten Kinderwunsch als auch unerfüllten Kinderwunsch als Ursache für psychische Störungen. Darüber hinaus werden die Auswirkungen reproduktionsmedizinischer Maßnahmen auf die psychische Gesundheit beleuchtet.
- Teil 4: Bewältigungs- und Therapieformen bei unerfülltem Kinderwunsch
- Dieses Kapitel präsentiert eine Vielzahl von Bewältigungs- und Therapieformen, die bei unerfülltem Kinderwunsch eingesetzt werden können. Es behandelt sowohl psychotherapeutische Interventionen vor der medizinischen Therapie als auch die psychosomatische Grundversorgung, psychosoziale Beratung, Autoregulationsverfahren und verschiedene Therapieformen wie Verhaltenstherapie, Hypnose und Musiktherapie. Darüber hinaus werden kombinierte Behandlungen und medikamentöse Therapien beleuchtet.
- Teil 5: Methodische Aufarbeitung
- Dieses Kapitel beschreibt die methodischen Ansätze des Forschungsfeldes und beleuchtet die Weiterentwicklung dieser Ansätze.
- Diskussion
- Dieser Abschnitt analysiert die Auswirkungen von Stress auf das Behandlungsergebnis, beleuchtet verschiedene Therapieformen und beantwortet die zentralen Forschungsfragen. Weiterhin werden die Limitationen der vorliegenden Arbeit diskutiert und zukünftige Forschungsfragen aufgezeigt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die Themenbereiche Kinderwunsch, Unfruchtbarkeit, Reproduktionsmedizin, psychische Störungen, Stress, Belastung, Bewältigungsstrategien, Therapieformen, Forschungsmethoden und zukünftige Forschungsbedarfe.
- Quote paper
- Leonhard Loimer (Author), 2021, Psychische Störungen im Zusammenhang mit unerfülltem Kinderwunsch und reproduktionsmedizinischen Maßnahmen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1151771