Faktoren und Handlungsansätze gelingender Kindertagesstätten-Fachberatung. Potentiale und Grenzen der Personalentwicklung


Thèse de Master, 2021

89 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhalt

Formalia:

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Ziel und Methode
1.2 Aufbau der Arbeit
1.3 Derzeitiger Forschungsstand

2. Zum Setting: Kita-Fachberatung

3. Idealtypische Beratungsanliegen und Anspruchsgruppen
3.1 Prozessberatung
3.2 Beratung herausfordernder Personen und Systeme
3.3 Beratung in Konfliktsituationen
3.4 Wissensvermittlung

4. Beratungsansätze und handlungsleitende Theorien
4.1 Systemische Beratung
4.2 Personenzentrierte Beratung
4.3 Intuition
4.4 Naturwissenschaftliche Ableitungen
4.4.1 Newtonsche Mechanik
4.4.2 Doppler-Effekt
4.4.3 Chaostheorie
4.5 Lerntheorien
4.6 Kommunikation
4.6.1 Theorie des Verstehens: Termini Technici
4.6.2 Theorie des Verstanden-werdens: biografische Klarheit
4.6.3 Habitustheorie
4.6.4 Klassische Kommunikationstheorien
4.7 Unternehmensberatung
4.8 Zwischenfazit

5. Bedarfsermittlung und Handlungsgrundlagen
5.1 Personale Voraussetzungen
5.1.1 Lernfähigkeit und Reflexionsfähigkeit
5.1.2 Leistungsfähigkeit und Stressresistenz
5.1.3 Durchsetzungsfähigkeit
5.1.4 Selbstorganisation und Verständnis für Handhabbarkeit
5.1.5 Kognitive Voraussetzungen
5.2 Beratungsfachliche Voraussetzungen
5.3 Ethische Grundlagen
5.4 Beziehungsgestaltung
5.4.1 Erstkontakt in professionelle Beziehung überführen
5.4.2 Beziehungsgestaltung bei unfreiwilliger Beratung
5.4.3 Beziehungsgestaltung bei schwierigen KuK
5.4.4 Beziehungsgestaltung im Dialog
5.5 Informationsmanagement und Beratungsadministration
5.6. Haltung
5.7 Zwischenbilanz

6. Herausforderungen für die Personalentwicklung
6.1 Kriterienkatalog
6.2 Theoretische Grundlage
6.3 Methodik der Personalentwicklung
6.4 Rückkopplungseffekte für die Personalentwicklung

7. Resümee und Ausblick

Literaturverzeichnis

Formalia:

In dieser Arbeit sind alle Geschlechter gleichermaßen gemeint, daher wird eine geschlechterneutrale Sprachverwendung bevorzugt. Immer dann, wenn dies nicht möglich ist, werden die zur Verfügung stehenden Formen Verwendung finden, um anzuzeigen, dass alle Geschlechter gleichermaßen gemeint sind. Ergänzend wird im Versuch der Barrierefreiheit, wenn notwendig, ein Doppelpunkt eingesetzt werden. Die Verfasserin traut allen Lesenden diesen schriftsprachlichen Modus zu und erwartet dadurch keine Einschränkungen der guten Lesbarkeit dieser Arbeit.

Danksagung

Danke an Carina, Claudius und Patrick Hammer für die Zeit, die ihr mir geschenkt habt, um mich so intensiv dieser Arbeit widmen zu können.

Danke an Frau Dr. Stipp für die hervorragende Betreuung dieser Arbeit.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Die Berufsgruppe FB entbehrt bislang einer komplexen gemeinsamen Wissensbasis, auf deren Grundlage sowohl ein Berufsverständnis entstehen könnte als auch eine Reflexion zur Bewältigung neuer Gegebenheiten stattfinden kann. Die Lücke der wissenschaftlichen Wissensbasis kann zu Abgrenzungsproblematiken und Einschränkung der beruflichen Autonomie führen.1 Verschärft wird das Problem dadurch, dass es keine formalen Zugangsqualifikationen und staatlich anerkannte Ausbildungsgänge für FBs gibt. Die Professionalisierung der Frühen Bildung ist eine seit mehr als 10 Jahren geführte Debatte, die sich in einer zunehmenden Akademisierung der Berufsbilder im Arbeitsfeld Kindertagesstätte erschöpft. „Mehr und mehr setzt sich jedoch inzwischen die Erkenntnis durch, dass die Professionalisierung der Fachkräfte auch der Professionalisierung der Stützsysteme bedarf“.2 Da es jedoch keine bundeseinheitliche Ausbildung und kein Studium gibt, das explizit für den Beruf der FB befähigt, kein Curriculum, kann eine strategische PE die Professionalisierung ermöglichen. Doch was ist gutes Beratungshandeln von FBs? Ohne Kenntnis der gesetzlichen Regelungen, Bedarfe und Voraussetzungen kann die PE nicht zielführend tätig werden. Welche Faktoren aus dem Teilbereich Beratung zu einer gelingenden FB führen, muss eruiert werden, um eine Grundlage zu schaffen für eine systematische PE als flankierendes, strukturelles Entwicklungs- und Stützsystem des Stützsystems.3 Nur wenn die PE Kenntnis von diesen Bedarfen hat, kann sie mit ihren Mitteln die FBs befähigen, ihren Auftrag bestmöglich auszuführen.

1.1 Ziel und Methode

Die vorliegende Arbeit befragt theoretische Ansätze verschiedener wissenschaftlicher Richtungen mit dem Ziel, Faktoren und Handlungsansätze für gelingendes Beratungshandeln von FBs zu extrahieren und zu aggregieren. Es soll die Frage beantwortet werden, welche Kompetenzen und welches Wissen FBs brauchen, um professionell in diesem Setting beraten zu können. Das Wissen um diese Bedarfe soll der PE als Anhaltspunkt dienen, dem ökonomischen Prinzip folgend diese spezielle Berufsgruppe bei der Professionalisierung und Entwicklung zielgerichtet und passgenau zu unterstützen, Weiterbildungsbedarfe aufzudecken, geeignete Methoden der Vermittlung zu wählen, zweckvoll zu handeln unter Einbeziehung relevanter Einflussgrößen und bei Neueinstellungen auf eine Entscheidungsgrundlage zurückgreifen zu können. Ist im Haushaltsplan der Mitteleinsatz für PE-Maßnahmen für FBs vorgegeben, kann gemäß dem Maximumprinzip das bestmögliche Ergebnis angestrebt werden.4 Zugleich eröffnet diese Arbeit das Festlegen auf ein bestmögliches, definiertes Qualifikationstableau, mit dem der gesetzliche Auftrag zur Qualitätssicherung in Kitas befördert werden.5 Zu diesem Zweck soll ein Kriterienkatalog erstellt werden. Da die pädagogisch-fachlichen und verwaltenden-finanzwirtschaftlichen Teilbereiche der FBs ausgenommen sind und eine Konzentration auf den Teilbereich Beratung erfolgt, bietet diese Arbeit kein Gesamtkonzept an. Um die Arbeit zu konturieren, wird eine verwendungswissenschaftliche Diskussion einbezogen. Schlussendlich soll die PE ein präzises Bild von fachberaterischem Beratungshandeln erhalten, um ihre PE-Maßnahmen systematisch darauf abstimmen und gegebenenfalls evaluieren zu können.

Es handelt sich um eine theoretische Themenstellung, die mittels Literaturarbeit bearbeitet wird. Deskriptive Analysen im Sinne einer Evaluation und Monitoring stellen für die Fragestellung keine Antworten in Aussicht, da belastbare Daten fehlen. Bislang liegt kein valider Kriterienkatalog vor, was eine empirische Studie ausschließt. Zur Bearbeitung wurde die Methode der Hermeneutik und doppelten Hermeneutik gewählt. Es darf davon ausgegangen werden, dass sich alle Wissenschaftler:innen vor dem eigenen Wissenshintergrund und Forschungsinteresse einem Gegenstand nähern. Im Prozess des Auseinandersetzens mit einem Forschungsgegenstand, in diesem Falle mit einer Literaturquelle, ändert sich der Wissenshintergrund und die Erfahrung. Mit dieser Veränderung wird in den Deutungsprozess eingetreten. Vorwissen und Deutung werden weiterentwickelt. In vielen Momenten handelt es sich in den Sozialwissenschaften um Aussagen von Forschenden, die sich auf bereits bestehende Erkenntnisse beziehen. In diesem Fall findet eine Methode Anwendung, die Giddens als doppelte Hermeneutik bezeichnet.6

Sowohl FB als auch die Anspruchsgruppen und Arbeitssituationen sind vielgestaltig. Dies rechtfertigt, theoretische Analysen unterschiedlicher Fachbereiche vorzunehmen, um den Grad des Erkenntnisgewinns zu weiten. Da der Ausbau von Kitas in Deutschland voranschreitet, die Ausbildung der pädagogischen Fachkräfte akademisiert wird und FB per Gesetz der Qualitätsentwicklung dienen, ist Forschung und Erkenntnisgewinn als Voraussetzung für Reflexion, Weiterbildung und Qualitätssteigerung dringend angeraten. Es besteht ein Legitimationsinteresse für die Profession der FBs. Keineswegs wird ein defizitgeleiteter Abgleich im Sinne eines erwachsenenpädagogischen Funktionszykluses angestrebt, sondern eine Verortung theoretischer Fundierung des Untersuchungsgegenstandes und Deutungsversuchen angeboten, die die PE für die Planung ihrer Maßnahmen heranziehen kann.7

1.2 Aufbau der Arbeit

Kapitel zwei beginnt mit einem Überblick darüber, welche Aufgaben und Einsatzmöglichkeiten sich aus den gesetzlichen Vorgaben für FBs ergeben und welche Eingangsqualifikation erwartet wird. Darauf folgt in Kapitel drei ein Abriss über idealtypische Beratungssettings, die in vier Cluster gefasst und mit Beispielen vorgestellt werden. Kapitel vier bietet ausgewählte theoretische Ansätze unter anderem aus den Bereichen Psychologie, Sozial- und Naturwissenschaften an, um für die Beratungsanliegen ein wissenschaftliches Fundament zu eruieren, auf dem aufbauend in Kapitel fünf Handlungsgrundlagen und Bedarfe ermittelt werden sollen. Kapitel sechs wendet sich schließlich dem Aufgabenfeld der PE zu. In Kapitel 6.1 wird mittels eines Kriterienkataloges eine valide Antwort darauf geben, welche Bildungs- und Entwicklungsbedarfe bei FBs anhand der vorliegenden Arbeit ermittelt werden konnten. Kapitel 6.2 bietet einen theoretischen Abriss über die Vermittlungsdidaktik an. Daran anschließend wird ein methodischer Einblick gewagt, bevor in Kapitel 6.4 Konsequenzen, die sich daraus ergeben, ausgeführt werden. Abschließend folgt in Kapitel sieben ein Resümee, das einen Ausblick beinhaltet.

1.3 Derzeitiger Forschungsstand

Münch erkennt, dass FB „eine Blackbox in empirischer wie auch fachwissenschaftlicher Hinsicht“ ist.8 Die Studie „Fachberatung für Tageseinrichtungen für Kinder – Konzeption Arbeitsfeld und berufliches Selbstbild“ aus dem Jahr 1984 von Hebenstreit gilt zwischenzeitlich als überholt, jedoch knüpft die WiFF Studie von 2014 daran an, indem „Vorstellungen von den Wirkungsweisen ihrer Beratung komparativ typenbildend“ rekonstruiert werden könnten.9 In der „kritische[n] Bestandsaufnahme“ nimmt das Thema „Aufsicht und Beratung“ eine besondere Rolle ein, verbleibt dann jedoch im Oberflächlichen und ist durch die zahlreichen Änderungen in der Kita-Landschaft zwischenzeitlich auch nicht mehr zur seriösen Betrachtung heranzuziehen.10 Friesinger stellt in ihrer Bachelorarbeit das Fehlen einer „anwendungsbezogenen Beratungstheorie“ fest.11 An diesem Stand der Forschung hat sich in den letzten 13 Jahren nichts verändert. Bislang liegt nur sehr wenig Forschungsliteratur mit FBs als Untersuchungsgegenstand vor, davon befasst sich keine ernsthaft mit der Entwicklung eines Beratungsansatzes und den daraus resultierenden Qualifikations- oder Kompetenzbedarfen. In Ermangelung dieser Grundlage stehen auch keine validen Evaluationsergebnisse zur Verfügung, die Aufschluss geben, welche PE-Maßnahmen die Beratungskompetenz von FBs befördern oder gar behindern. Dass die Beratungspraxis professionalisiert werden muss, ist in der Forschung unstrittig.12 Preissing zieht das Fazit, dass die „Entwicklung der Fachberatung […] weder kontinuierlich durch eine wissenschaftliche oder fachpolitische Auseinandersetzung begleitet, geschweige denn beeinflusst oder gar gesteuert“ wurde.13

2. Zum Setting: Kita-Fachberatung

FBs übernehmen im System der Frühpädagogik als „personenbezogene, strukturentwickelnde, soziale Dienstleistung“14 die Funktion des „Unterstützungssystems und Steuerungsinstruments“.15 Ein Berufsverband für FBs ist inexistent, obgleich aus der übersichtlichen Menge an Forschungsliteratur hervor geht, dass transformative Funktionen der Arbeit in der Gruppe wesentlich wären. Die gesetzlichen Regelungen zu FBs ist uneinheitlich, ebenso die ministeriellen Zuständigkeiten. Im Bundesgebiet findet sich eine Anbindung der FBs an Kultus- oder Sozialministerien. Auf Bundesebene wird im KJHG Fach- mit Praxisberatung synonym verwendet und lediglich vermerkt, dass eine FB den MA der freien sowie öffentlichen Jugendhilfe zur Verfügung gestellt werden muss.16 Die Ziele von FB variieren innerhalb der Bundesländer und bewegen sich von strategischer Personalentwicklung über Qualitätssicherung bis zu unspezifischer Begleitung und Unterstützung von Akteuren im Kita-Umfeld. „Fachberatung, […] erfüllt diese Aufgabe in Landkreisen, Kommunen und bei freien Trägern und wird zunehmend auch freiberuflich angeboten. Ihre Hauptaufgabe ist die Qualifizierung und fachliche Weiterentwicklung der pädagogischen Praxis der Kindertageseinrichtung, die Sicherung der Qualitätsstandards und die Begleitung bei der Umsetzung von Innovationen“.17 Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind in der Verantwortung, für eine „angemessene Versorgung aller Einrichtungen ihres Zuständigkeitsbereiches mit Fachberatung“ Sorge zu tragen.18 Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter fasst in ihrer „Empfehlung zur Fachberatung“ zusammen, dass Beratung und Fortbildung als zentrale Aufgabe der FB als Teil des Unterstützungssystems im SGB VIII verankert sein soll, die Landesausführungsgesetze machen jedoch nur teilweise verbindliche Vorgaben zur „Ausgestaltung des Anspruchs auf Fachberatung“ und sind darüber hinaus uneinheitlich.19

Als Adressaten von FB werden in Berlin, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen explizit neben den pädagogischen Fachkräften die Träger genannt. Hier ist die FB in der Pflicht, zur konzeptionellen und strukturellen Weiterentwicklung sowie der Qualität frühkindlicher Bildung, Erziehung und Betreuung zu beraten.20 Sie übernimmt demnach Aufgaben aus dem Bereich Organisations- und Personalentwicklung. Hamburg zählt die Beratung zu „wirtschaftlichen, organisatorischen und baulichen Fragen“ in ihr Aufgabengebiet.21 In Berlin und Hamburg zählen laut Verordnung Leitungskräfte und in Thüringen Eltern zur Anspruchsgruppe. In Thüringen werden als einziges Bundesland die Kinder als Anspruchsgruppe genannt.22 Wo im Saarland pädagogische Fachkräfte die Möglichkeit haben sollen, ihre Arbeit durch FBs begleiten zu lassen, gehört in Berlin die Teilnahme an der FB zu ihren Aufgaben.23

Bis auf Baden-Württemberg nennt jedes Bundesland in mindestens einem analysierenden Dokument zu Zielen, Gesetzen, Verordnungen oder Rahmenverträgen FBs oder vergleichbare Begrifflichkeiten.24 Sowohl die Parameter Vergütung als auch Zuständigkeiten, Ressourcen, Qualifikation, Adressatinnen und Adressaten von FBs und Aufgaben bleiben im Vagen.25 Lediglich in zwei von 16 Bundesländern gibt es gesetzliche Vorgaben zur Zuständigkeit von Qualifizierungen der FBs.26 Rheinland-Pfalz stärkt mit dem neuen Kita-Zukunftsgesetz die Rolle der FB. „Jede Kita soll Zugang zu FB haben“, führt es aus, ebenso wird dort eine Eingabe zur Finanzierung gemacht.27 Nur Thüringen und Schleswig-Holstein machen Eingaben zur Trennung von FB und Dienst- und Fachaufsicht, in allen anderen Bundesländern können FBs zugleich Dienstvorgesetzte sein.28 Schleswig-Holstein beteiligt sich an der Finanzierung der FB auch nur unter der Bedingung, dass Dienst- und Fachaufsicht nicht an die FB übertragen wurden.

Außer Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein machen alle Bundesländer Angaben, was zum Aufgabenfeld der FB zählt. Der Rahmen des Genannten ist ausgesprochen groß und reicht von Qualifizierung der Fachkräfte bis Qualitätssicherung.29 Hamburg benennt als FB-Aufgabenfeld Beratung „nach Bedarf zu pädagogischen und organisatorischen Fragestellungen“.30 Nordrhein-Westfalen sieht die Beratung zur „konzeptionellen und strukturellen Weiterentwicklung“31, Thüringen die Beratung zur „umfassenden Einbeziehung der Eltern in Fragen der Bildung und Erziehung ihrer Kinder“ als Fachberatungsauftrag.32 Ein Spannungsfeld eröffnet Nordrhein-Westfalen mit dem inhaltlichen Beratungsauftrag für die Anspruchsgruppe Träger, der „Sicherstellung und Weiterentwicklung des Leistungsangebots (und) zum Ausbau der Betreuungsplätze“33 vorsieht sowie zur Information zu politischen Entwicklungen und Regeländerungen.34 Thüringen erwartet klar eine Beratung zur „Betriebsführung der baulichen, räumlichen und sächlichen Ausstattung“.35 Hamburg sieht die Trägervertretung in Gremien bei der FB angesiedelt.36 Aus dieser Vorlage geht gleichsam hervor, dass FB die Träger bei der Einführung neuer Angebotsformen zu unterstützen haben. Zur Netzwerkarbeit machen Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Thüringen Vorgaben. Unterschiede gibt es zwischen Vernetzung im Sozialraum und der FB untereinander.

Es zeigt sich, dass die Aufgaben nahezu unendlich vielfältig sind, ständig variieren können, sich verändernden politischen Entscheidungen unterliegen und die Anspruchsgruppen heterogen sind. Für diese ausgesprochen anspruchsvolle Aufgabe sieht Hessen eine Person mit einer Qualifizierung vor, die wenige Tage dauert. Nur sechs Bundesländer nennen vage Qualifikationsanforderungen, beispielsweise „langjährige Erfahrung“.37 Schleswig-Holstein bietet eine 1,5 Jahre andauernde berufsbegleitende Weiterbildung an, die an der FH Kiel angesiedelt, jedoch für die Tätigkeit als FB nicht verbindlich vorgeschrieben ist.38 Mecklenburg-Vorpommern erwartet, dass sich FBs fort- und weiterbilden. Die Inhalte bleiben offen, wer diese Bedarfe decken und finanzieren soll ebenso.

3. Idealtypische Beratungsanliegen und Anspruchsgruppen

Da nicht alle in der Praxis möglichen Beratungsanliegen individuell bedacht werden können, sollen zur Herausbildung einer Beratungshaltung und Gelingensfaktoren vier exemplarische Cluster gebildet werden, in denen sich relevante Beratungsanliegen wiederfinden. Clusterbildung darf als Übersetzung der Wirklichkeit in klar erkenn- und bearbeitbare Strukturen verstanden werden.39 Mittels eines Beispiels und eines Erklärungsabrisses legen die Cluster die Bedarfe offen, die von der PE bedient werden können. Ausgewählt wurde anhand der in der Literatur, der gesetzlichen Eingaben und dem WIFF-Bericht meist genannten Aufgabenfeldern. Diese erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Weitere Cluster sind möglich, generieren jedoch für das vorliegende Thema keinen signifikanten Mehrwert.

3.1 Prozessberatung

In Rheinland-Pfalz bringt das Kita-Zukunftsgesetz neue Öffnungszeiten mit sich, die eine längere Betreuungszeit am Stück vorgibt. Die Einrichtungen und Träger brauchen nun neue Konzepte, die der längeren Nutzungszeit am Stück durch Schlafräume, Möglichkeiten der Schlafwache, veränderten Bedürfnissen der Kinder und Möglichkeiten der Eltern Rechnung tragen und pädagogische Qualität sichern. Hierbei wird die Hilfe der FB angefordert. In diesem Musterbeispiel wird von einem Träger in Person des Bürgermeisters ausgegangen. Er ist verärgert, da teure räumliche Anpassungen vorgenommen werden müssen (Schlafraumerweiterung, Kücheneinbau), für die keine Landesmittel vorgesehen sind und die den kommunalen Haushalt stark belasten. Die pädagogischen Fachkräfte sind gespalten. Ein Teil freut sich, zukünftig nur noch bis zum frühen Nachmittag arbeiten zu müssen, ein Teil sorgt sich um die Schlafwache und pädagogische Qualität der Arbeit, ein Teil ist bereits jetzt in Konflikten mit Eltern, die weiterhin eine Betreuung bis in den späten Nachmittag erwarten und hier keinerlei Kompromissbereitschaft zeigen. Alle eint, dass sie bei der hohen Arbeitsbelastung keine Ressourcen erkennen, sich auf den Prozess hin zu einer neuen Konzeption einzulassen, die jedoch gefordert wird. Aus dem Mandat der FB ergibt sich hier der Auftrag, auf Fachfragen unterschiedlicher Anspruchsgruppen Antworten zu liefern, in Form von Einzel- aber auch Gruppenberatungen eine klassische Prozessberatung zu begleiten40, zugleich das Team zu einen und innerhalb des Teams zu vermitteln. Dem Mandat können Einmalberatungen immanent sein, etwa für Eltern, den Träger oder einzelne pädagogische Fachkräfte. Ebenso kann der Auftrag eine langfristige Prozessberatung beinhalten. Der FB fällt die Aufgabe zu, ein rasches Ergebnis herbeizuführen und auf dem Weg dahin die Kompetenzen und Erfahrungen sowie das Fachwissen aller Beteiligter zu fördern, zum Vorschein zu bringen und einzubinden. Die FB findet sich wieder in der Rolle der Mittler:in, Fachexpert:in, Bau- und Wirtschaftsberater:in für die Träger, Moderator:in, Treiber:in für Neuerungen, Überwacher:in von Fortschritten, Koordinator:in, Informationslieferant:in, Wegbereiter:in für Lösungen, Erfolgskontrolleur:in, Berater:in im Change-Prozess, Netzwerker:in, Personalentwickler:in, Person, die interveniert und zugleich auch Bindeglied zur Verwaltung und möglicherweise Landesregierung ist. Die FB bietet in diesem Fall vornehmlich aufsuchende Beratung an, die erwartet wird und nicht zwingend der Prämisse der Freiwilligkeit unterliegt.

[...]


1 Pfeiffer 2009

2 Kaiser; Fuchs-Rechlin 2020

3 Kalicki et al 2019, S. 10

4 Wöhe 2020, S. 34

5 Es kann angestrebt werden, die Erreichung des Qualifikationstableaus gemäß dem Minimumprinzip mit geringst möglichem Mitteleinsatz zu verfolgt.

6 Giddens 1984

7 vgl. Arnold 2004

8 Münch 2010, S. 51

9 Leygraf 2014

10 vgl. Engler; Irskens 2007, Kap. 4.3

11 Friesinger 2008, S. 23

12 Nestmann et al 2004, S. 603

13 Preissing et al 2018, S. 14

14 Irskens 2007, S. 302

15 Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge 2012, S. 2

16 KJHG § 72, Abs. 3, „Fachberatung und Praxisberatung sind laut SGB VIII § 72 (Kinder- und Jugendhilfegesetz) Aufgaben der Jugend- und Landesjugendämter, sie sollen die Professionalität der sozialpädagogischen Mitarbeiter/-innen sicherstellen.

17 Irskens 2007, S. 11

18 Preissing et al. 2016, S. 281; Wie viele Träger, Kitas oder gar Kinder eine FB pro Vollzeitäquivalent betreuen soll, ist weitestgehend im Unklaren. Mecklenburg-Vorpommern nennt als eines von zwei Bundesländern eine Kennzahl: 1200 Betreuungsplätze pro Vollzeitäquivalent Praxis- oder Fachberaterstelle (§ 16 Abs. 3 KiföG). Vgl. PädQuis.

19 Textor; Bostelmann 2003

20 ThürKitaG § 10 Abs. 10 KitaFö, § 11 Abs. 2

21 Hamburger Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration; LRV HH Anl. 3

22 § 4 Abs. 3 ThürKitaVO

23 12 Abs. 6 VO-SKBBG § 10 Abs. 4 KitaFöG

24 Kaiser; Fuchs-Rechlin 2020, S. 13-20

25 Ausnahme: SächQualiVO

26 § 19 Abs. 2 ThürKitaG; § 21 Abs. 3 SächsKitaG; § 6 SächsQualiVO

27 KitaZG § 25. Die FB wird mit 1% refinanziert. Wie viele Kitas und Träger von einem FB-Vollzeitäquivalent betreut werden sollen, ist nicht vermerkt, auch nicht die Qualifikation der FB und wie die 99% verbleibenden FB-Kosten getragen werden sollen.

28 § 4 Abs. 6 ThürKitaVO; § 20 Abs. 2 Kita-Reform-Gesetz S-H. Wer Dienst- und Fachaufsicht inne hat, übernimmt Personalverantwortung und wacht über die Einhaltung von Dienstpflichten, verantwortet den Einsatz und die Verteilung von Sachmitteln und Personal sowie der inhaltlich-fachlichen Vorgaben.

29 Dieser unbestimmte Rechtsbegriff lässt offen, für welchen Bedarf die PE qualifizieren soll.

30 nl. 3 LRV HH

31 § 6 Abs. 1 KiBiz

32 § 4 Abs. 4 ThürKitaVO

33 § 6 Abs. 1 KiBiz

34 § 6 Abs. 1 KiBiz

35 § 4 Abs. 5 ThürKitaVO

36 Anl. 3 LRV HH

37 § 16 Abs. 1 KiföG

38 Die Uni Koblenz erkennt die Fortbildung in ihrem Kindheitswissenschaftlichen Studiengang mit 30 Credit Points an.

39 Walter 2019

40 Hier insbesondere als Unterstützung für den Träger im Finanzierungsprozess und des Teams bei der Konzeptentwicklung sowie für Team und Träger im Betriebserlaubnisverfahren.

Fin de l'extrait de 89 pages

Résumé des informations

Titre
Faktoren und Handlungsansätze gelingender Kindertagesstätten-Fachberatung. Potentiale und Grenzen der Personalentwicklung
Université
University of Kaiserslautern  (Personalentwicklung)
Cours
Personalentwicklung
Note
1,3
Auteur
Année
2021
Pages
89
N° de catalogue
V1151430
ISBN (ebook)
9783346548481
ISBN (Livre)
9783346548498
Langue
allemand
Annotations
Diese Masterarbeit schaut genau auf das Stützsystem in der Kitalandschaft: die Fachberatungen. Die Arbeit erfasst zum einen die Herausforderungen und Begebenheiten der Kita-Landschaft in den einzelnen Bundesländern und extrahiert den Beratungsansatz als das wohl einzig alle Fachberatungen betreffende Moment. Was Beratung genau sein kann, welche Voraussetzungen es braucht, verschiedene Blicke auf Beratungshandeln und Beratungsansätze folgen. Daran schließt sich an, wie die Personalentwicklung diese Kompetenzen und Fähigkeiten entwickeln, erhalten und ausbilden kann.
Mots clés
Fachberatung, Kindergarten Fachberatung, Personalentwicklung, Kita, Pädagogik, Betriebspädagogik, Elementarpädagogik, Fachkräftegewinnung, Beratung, Beratungspraxis, Kitafachberatung, öffentlicher Dienst, Soziale Arbeit, Systemische Beratung, Biografiearbeit, Lerntheorie, Habitustheorie, Unternehmensberatung, Prozessberatung, TU Kaiserslauter, Masterthesis, Stützsystem
Citation du texte
Tanja Hammer (Auteur), 2021, Faktoren und Handlungsansätze gelingender Kindertagesstätten-Fachberatung. Potentiale und Grenzen der Personalentwicklung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1151430

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