Industrie 4.0, Big Data, Cloud, Automatisierung und Internet der Dinge (Internet of Things = IOT) sind Schlagworte, die mittlerweile in jedem Unternehmen verwendet werden und das Zeitalter der Digitalisierung repräsentieren. Sie stellen eine Kombination aus der Interaktion zwischen verschiedenen Technologien und dem Menschen dar. Sie werden aktuell sowie zukünftig dafür sorgen, dass sich Arbeitswelt und Beschäftigungsperspektiven fundamental verändern werden.
Ein Wandel in der Arbeitswelt lässt sich bereits seit Beginn der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland beobachten, aktuell jedoch in einem beträchtlichen Tempo sowie mit vielen Veränderungen in kurzen Zeitintervallen. Schon zur Zeit der Industrialisierung, als die ersten Maschinen die Arbeit von Menschen übernommen haben, machte sich eine Veränderung der Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland bemerkbar. Menschen waren gezwungen, sich der neuen, für sie ungewohnten Situation anzupassen und den Change zu tragen, um ihren Lebensunterhalt verdienen zu können.
Die Digitalisierung wird die Beschäftigungsverhältnisse noch viel stärker umwälzen. Praktische Bei-spiele finden sich schon heute, wo Roboter in der Betreuung oder als Lehrerersatz tätig sind und menschliche Emotionen erkennen und ausdrücken können (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Deshalb werden die aktuellen Bedingungen, Strukturen und organisatorischen Gegebenheiten in Unternehmen auf den Prüfstand gestellt und überdacht, um nicht als Verlierer aus der Digitalisierung hervorzugehen.
Es besteht zwar Ungewissheit darüber, wie sich die Arbeitswelt im Detail verändern wird, als gesichert gilt jedoch, dass unkomplizierte Tätigkeiten nicht mehr von Menschen ausgeführt werden müssen, sondern Roboter bzw. Maschinen diese übernehmen und demzufolge ein Change in der Beschäftigungsstruktur stattfinden wird.
Aufgrund der neuen Anforderungen werden sich zudem die Arbeitsrollen sowie deren Inhalte deutlich verändern und an Komplexität gewinnen. Daher müssen Unternehmen bei der Besetzung von offenen Stellen neben der Fachlichkeit auch weiche Faktoren beachten.
Inhaltsverzeichnis
I. Abbildungsverzeichnis
II. Tabellenverzeichnis
III. Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung:
1.1 Zielsetzung und Forschungsfrage
1.2 Einordnung des Themas
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Theoretische Fundierung
2.1 Arbeitswelt und Gesellschaft
2.1.1 KMU
2.1.2 Digitalisierung
2.1.3 Fachkräftemangel
2.1.4 Wettbewerb
2.2 Technologische Möglichkeiten für das Recruiting von Morgen
2.2.1 Künstliche Intelligenz (KI)
2.2.2 360-Grad-Videos, Virtual Reality, Augmented Reality
2.2.3 Mobile Recruiting
2.2.4 Chatbot
2.2.5 Erkennungssoftware
2.3 Wandel des Recruitings:
2.3.1 Recruiting 1.0–4.0
2.3.2 Candidate-Experience
2.3.3 Talentmanagement
2.3.4 Personalmarketing
2.3.5 Employer-Branding
2.3.6 Social Media
2.3.7 Active Sourcing
3 Methodik und Forschungsdesign
3.1 Methodischer Ansatz und Vorgehensweise – qualitative Forschung
3.1.1 Formulierung der Forschungsfrage
3.2 Experteninterview
3.2.1 Formen der Interviews
3.3 Experten: Wissen und Rolle
3.4 Auswahl der Experten
3.5 Kontaktaufnahme mit den Experten
4 Forschungsergebnisse
4.1 Durchführung
4.2 Leitfaden und Interview
4.2.1 Pretest
4.3 Ablauf und Gesprächsdurchführung
4.4 Datenaufbereitung
4.4.1 Wahl der Darstellungsmittel
4.4.2 Protokollierungstechnik
4.4.3 Konstruktion deskriptiver Systeme
4.5 Datenauswertung
4.5.1 Auswertung nach der zusammenfassenden Inhaltsanalyse
5 Interpretation mit Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen
5.1 Ergebnisse
5.2 Interpretation der Ergebnisse
6 Fazit und Ausblick
6.1 Gütekriterien qualitativer Forschung
Literaturverzeichnis
Anhang A: Einladung zum Experteninterview
Anhang B: Experteninterviewleitfaden
Anhang C: Transkription der Experteninterviews
Anhang D: Einwilligungserklärung
Die Transkription der Interviews ist aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht in der Publikation enthalten
I. Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Bitkom mahnt Fachkräftemangel in der IT an
Abb. 2: Konjunktur-Risiken
Abb. 3: Vereinfachte Darstellung des Recruiting-Funels
Abb. 4: Phasen des Recruitings
Abb. 5: Bewerbungsverfahren im Zeitverlauf
Abb. 6: Ziele des Social-Media-Einsatzes aus Sicht von HR-Managern
Abb. 7: Nutzung von Social-Media-Kanälen durch potenzielle Kandidaten
Abb. 8: Anteil an Unternehmen mit umgesetzten Social-Media-Maßnahmen
Abb. 9: Rückmeldungen von aktiv angesprochenen Kandidaten
Abb. 10: Ablaufstruktur empirischer Forschungsprozesse
Abb. 11: Ablauf eines problemzentrierten Interviews
II. Tabellenverzeichnis
Tab. 1: KMU-Schwellenwerte der EU seit 01.01.2005
Tab. 2: Status quo Robot-Recruiting
Tab. 3: Aufgaben und Funktionen eines BMS
Tab. 4: Phasen, Inhalte und Erfolgsfaktoren der Candidate-Experience
Tab. 5: Unterscheidung qualitativer und quantitativer Forschung
Tab. 6: Begriffsbestimmung qualitativ orientierter Interviewformen
Tab. 7: Experten der durchgeführten Leitfadeninterviews
Tab. 8: Kontaktaufnahme mit Experten und Resonanz.
Tab. 9: Durchgeführte Interviews: Anzahl und Interviewform
Tab. 10: Kodierleitfaden nach der induktiven Kategorienbildung
Tab. 11: Quantitative Zusammenfassung der Expertenaussagen
III. Abkürzungsverzeichnis
KPI´s = Key Performance Indicator
SaaS = Software as a Service
KMU = Kleine und mittlere Unternehmen
VR = Virtual Reality
AR = Augmented Reality
BMS = Bewerbermanagementsystem
ATS = applicant tracking system
Danksagung
Hiermit möchte ich mich bei allen Beteiligten für die Unterstützung bei der Erstellung dieser Arbeit bedanken.
Mein besonderer Dank gilt den Experten, die sich die Zeit genommen haben mich mit ihrer Expertise bei der Ausarbeitung und der Erkenntnisgewinnung zu unterstützen.
Des Weiteren bedanke ich mich bei der Firma Sonix für die Unterstützung bei der Transkription der Experteninterviews und bei der Firma Scribbr bei der Überprüfung meiner Rechtschreibung und Grammatik
Mannheim, den 02. Oktober 2020
Lutz Hintersatz
1 Einleitung:
1.1 Zielsetzung und Forschungsfrage
Industrie 4.0, Big Data, Cloud, Automatisierung und Internet der Dinge (Internet of Things = IOT) sind Schlagworte, die mittlerweile in jedem Unternehmen verwendet werden und das Zeitalter der Digitalisierung repräsentieren. Sie stellen eine Kombination aus der Interaktion zwischen verschiedenen Technologien und dem Menschen dar. Sie werden aktuell sowie zukünftig dafür sorgen, dass sich Arbeitswelt und Beschäftigungsperspektiven fundamental verändern werden.
Ein Wandel in der Arbeitswelt lässt sich bereits seit Beginn der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland beobachten, aktuell jedoch in einem beträchtlichen Tempo sowie mit vielen Veränderungen in kurzen Zeitintervallen. Schon zur Zeit der Industrialisierung, als die ersten Maschinen die Arbeit von Menschen übernommen haben, machte sich eine Veränderung der Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland bemerkbar. Menschen waren gezwungen, sich der neuen, für sie ungewohnten Situation anzupassen und den Change zu tragen, um ihren Lebensunterhalt verdienen zu können.
Die Digitalisierung wird die Beschäftigungsverhältnisse noch viel stärker umwälzen. Praktische Beispiele finden sich schon heute, wo Roboter in der Betreuung oder als Lehrerersatz tätig sind und menschliche Emotionen erkennen und ausdrücken können (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), 2019, S. 9).
Deshalb werden die aktuellen Bedingungen, Strukturen und organisatorischen Gegebenheiten in Unternehmen auf den Prüfstand gestellt und überdacht, um nicht als Verlierer aus der Digitalisierung hervorzugehen. Es besteht zwar Ungewissheit darüber, wie sich die Arbeitswelt im Detail verändern wird, als gesichert gilt jedoch, dass unkomplizierte Tätigkeiten nicht mehr von Menschen ausgeführt werden müssen, sondern Roboter bzw. Maschinen diese übernehmen und demzufolge ein Change in der Beschäftigungsstruktur stattfinden wird (Stettes, 2016, S. 4).
Aufgrund der neuen Anforderungen werden sich zudem die Arbeitsrollen sowie deren Inhalte deutlich verändern und an Komplexität gewinnen. Daher müssen Unternehmen bei der Besetzung von offenen Stellen neben der Fachlichkeit auch weiche Faktoren beachten.
1.2 Einordnung des Themas
Bei der Digitalisierung handelt sich um ein aktuelles Themengebiet, zu dem es viele Visionen und Ansätze gibt, wie sich Unternehmen dem Thema annehmen und dieses entsprechend umsetzen können. Trotz der starken Maschinisierung in sämtlichen Bereichen der Gesellschaft wird die Arbeitskraft Mensch weiterhin einen entscheidenden Faktor darstellen. Unternehmen, die sich den Herausforderungen stellen, ihre Mitarbeitende hinsichtlich der neuen Gegebenheiten zu spezialisieren sowie diese emotional zu binden, werden ein deutliches Wachstum verzeichnen können und sogar als Game-Changer auf dem Markt fungieren können. Technologische Unternehmen wie Google, Apple und SAP haben in den letzten Jahren erhebliche Wachstumsraten verzeichnet. Um die Größenordnung zu verdeutlichen, kann die Entwicklung des Umsatzes von Google betrachtet werden. Laut Statista hat das Unternehmen im dritten Quartal 2015 einen Umsatz von 18.534 Mrd. US-Dollar erzielt. Dieser hat sich bis zum dritten Quartal 2019 auf 40.344 Mrd. US-Dollar mehr als verdoppelt (Statista, 2020).
Ein anderes Beispiel ist Qualtrics, das im Jahr 2002 gegründet wurde und sich auf das Gebiet Erfahrungsmanagement fokussiert hat. Unternehmen können mit der Qualtrics-Software analysieren, wie zufrieden Kunden oder Mitarbeitende sind. Im Jahr 2018 hat SAP diese Unternehmen gekauft und dafür acht Mrd. EUR ausgegeben (Theile, 2018).
Die erwähnten Unternehmen sind u. a. erfolgreich, weil sie ihre Organisationstruktur und Arbeitsrollen den Gegebenheiten auf dem Markt angepasst haben. Diese Veränderungen stehen vielen Unternehmen jedoch noch bevor, unabhängig davon, ob es sich um mittelständische Organisationen oder Konzerne handelt.
Um einen Wandel bewirken zu können, benötigen Unternehmen die richtigen Mitarbeitende, die den beabsichtigten Change vorantreiben und begleiten. Durch die verstärkte Zunahme an Technik und Software in Unternehmen bedarf es immer mehr IT-Fachkräfte, die sich dem Thema Digitalisierung annehmen und dieses in Unternehmen implementieren. Da in den kommenden Jahren nahezu jedes Unternehmen Geld in die Digitalisierung stecken und Experten dafür benötigen wird, entsteht ein umworbener Markt für IT-Experten. Nur, wer am Ende die richtigen Mitarbeitende für den Wandel in Richtung Digitalisierung hat, wird sich auf dem umkämpften internationalen Markt behaupten können. Um IT-Experten anzuziehen, ist ein zeitgemäßes, kompetentes Recruiting erforderlich. Dieses wird erheblich an Bedeutung gewinnen. Um den Status quo zu ermitteln, muss daher ein Blick auf den deutschen Markt, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU), gerichtet werden.
Folgende Fragestellungen werden im Rahmen der vorliegenden Masterthesis betrachtet:
- Wo stehen Unternehmen in der Digitalisierung ihrer Recruiting-Abteilung?
- Existiert ein umkämpfter Markt um IT-Experten?
- Was verbirgt sich hinter den neuen Technologien?
- Wie verändern diese Technologien Unternehmen in Bezug auf die Arbeits- bzw. Organisationsstruktur im Bereich Recruiting?
- Welche neuen Anforderungen müssen bei der Besetzung offener Vakanzen erfüllt werden?
- Welche Unterschiede bestehen bei der Rekrutierung von Personal zwischen dem Mittelstand und Konzernen?
Um diese Fragen beantworten zu können, wurden Experteninterviews durchgeführt. Die Auswertung erfolgte auf einer qualitativen Ebene, um eine Potenzialeinschätzung für KMU geben zu können. Mithilfe der theoretischen Ausarbeitung und den geführten Experteninterviews soll die Zielsetzung dieser Masterarbeit erreicht werden.
1.3 Aufbau der Arbeit
In Kapitel 2 werden zunächst die theoretischen Grundlagen geschaffen. In diesem Kontext werden die bedeutsamsten Aspekte der Arbeitswelt und Gesellschaft vorgestellt. Anschließend werden die gegebenen technischen Möglichkeiten erläutert. Zum Abschluss werden die Veränderung des Recruitings betrachtet und es wird dargelegt, wie technische Neuerungen Einfluss darauf nehmen können.
In Kapitel 3 werden die Methodik und das Forschungsdesign beschrieben, das genutzt wird, um die Forschungsfrage beantworten zu können. Es wurden Experteninterviews durchgeführt und anschließend transkribiert. Demzufolge wurde ein qualitativer Ansatz gewählt. Nach der Dokumentation der Ergebnisse werden diese in Kapitel 4 vorgestellt. Sie werden darüber hinaus in Kapitel 5 analysiert sowie interpretiert, um entsprechende Handlungsempfehlungen aussprechen zu können. Die Aufarbeitung der Daten erfolgte mithilfe der zusammenfassenden Inhaltsanalyse nach (Mayring2016). Diese Abhandlung wird Kapitel 6 mit einem Fazit in Form einer Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse abgeschlossen.
2 Theoretische Fundierung
2.1 Arbeitswelt und Gesellschaft
2.1.1 KMU
Der Europäischen Kommission zufolge werden KMU als Kleinstunternehmen, d. h. kleine und mittlere Unternehmen definiert (Europäische Union, 2003, S. 1).
Gemäß dem Bundesverband mittelständischer Wirtschaft sind 3,5 Mio. Betriebe in Deutschland KMU. Sie machen demzufolge 99,5 Prozent sämtlicher Unternehmen in Deutschland aus. Insgesamt 58 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten sind in KMU tätig und 97,1 Prozent des deutschen Exports werden durch KMU generiert (BVMW, 2020).
Diese Zahlen verdeutlichen die Bedeutung von KMU in Deutschland sowie deren allgemeinen Stellenwert in der Gesellschaft. Die europäische Kommission hat die Schwellenwerte für KMU im Jahr 2005 wie folgt definiert:
Tab. 1: KMU-Schwellenwerte der EU seit 01.01.2005.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Europäische Kommission, 2005.
Diese Werte gelten nur für Einzelunternehmen. Handelt es sich um eine Tochtergesellschaft oder einer anderen Gruppierung eines größeren Unternehmens werden die Mitarbeiterzahl und der Umsatz dieser Gruppe mitberücksichtigt (Europäische Kommission, 2003).
In der Kategorie KMU werden auch Familienunternehmen aufgelistet, die größer sind und mehr Umsatz erzielen, allerdings Inhaber- oder Familien-geführt sind (BVMW, 2020). Dazu zählen u. a. die BMW Group, Aldi oder die Schwarz Gruppe.
2.1.2 Digitalisierung
Unter Digitalisierung wird die vollständige oder teilweise Umwandlung von analogen Geschäftsprozessen in eine elektronische bzw. digitale Umgebung verstanden. Die Leistungserbringung kann auf Geschäfts- sowie Wertschöpfungsprozesse, Humanressourcen, Aufgaben, Produkte, Unternehmen oder weitere Organisationen angewendet werden. Ein Beispiel dafür ist das Erstellen und Signieren eines Vertrages auf einer papierlosen Basis mithilfe einer Software (Wolf und Strohschen, 2018, S. 58).
Die Digitalisierung schreitet zunehmend schneller voran und erfasst immer mehr Berufsgruppen. Treiber dafür sind beispielsweise die in Kapitel 2.2 näher beschriebenen Technologien Robot-Recruiting, künstliche Intelligenz (KI) und Technologiekonvergenz. Immer mehr Aufgaben werden nicht mehr von Menschen erledigt, sondern vielmehr durch Maschinen, Softwarelösungen etc.
Hinzu kommen eine alternde Gesellschaft und immer weniger Menschen in einem erwerbstätigen Alter, was Unternehmen hinsichtlich der Beschaffung von IT-Experten zunehmend an deren Grenzen bringt. Organisationen nutzen häufig noch die gleichen Methoden, Prozesse und Kanäle wie vor zehn Jahren für die Recruitierung von neuen Mitarbeitenden. Da sich in der Vergangenheit stets ausreichend Interessenten beworben haben, bestand aus Sicht der Unternehmen keine Notwendigkeit, etwas zu verändern. Es wurden weder Analysen durchgeführt, um zu überprüfen, welche Kanäle sich am besten zur Rekrutierung eignen, noch Key-Performance-Indicators (KPIs) etc. zur Steuerung der Recruiting-Abteilung herangezogen (Mülder, 2018, S. 109).
2.1.3 Fachkräftemangel
Wenn von Mangel an Personal die Rede ist, muss zwischen dem Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel unterschieden werden.
Von einem Arbeitskräftemangel wird gesprochen, wenn die Anzahl an vorhandenen im Vergleich zu den nachgefragten Arbeitskräften in einem regional begrenzten Arbeitsmarkt nicht ausreichend ist. Dieser äußert sich durch wenige oder keine Bewerbungen auf Vakanzen.
Ein Unternehmen kann diesen Zustand nicht dauerhaft ausgleichen und muss infolgedessen entweder Güter sowie Dienstleistungen reduzieren oder die Arbeit durch Kapital substituieren.
Da die Wirtschaft auf Wachstum ausgelegt ist, kann der Zustand des Arbeitskräftemangels nicht dauerhaft sein (Kettner, 2012, S. 15).
Der Begriff Fachkräftemangel wird nur auf die unzureichende Besetzung von offenen Stellen in Teilbereichen eines Unternehmens bezogen und stellt demzufolge eine quantitative Messgröße da. Gründe dafür kann u. a. die Diskrepanz zwischen Qualifikationen und Anforderungen sein (Kettner, 2012, S. 16).
Die Nachfrage nach qualifizierten IT-Experten wird aufgrund der zunehmenden digitalen Anforderungen an Unternehmen und der damit verbundenen benötigten IT-Expertise weiter steigen.
Sinkende Erwerbspersonenpotenziale aufgrund des demografischen Wandels in Deutschland, unfreiwillige Erwerbsunterbrechungen sowie ungenutzte Potenziale von Langzeitarbeitslosen, Zuwanderern und älteren Personen begrenzen das Angebot an Fachkräften zunehmend (Kettner, 2012, S. 58).
Laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird die Zahl der Erwerbstätigen bis zum Jahr 2030 von 40,6 auf 39,2 Mio. zurückgehen (BMAS, 2013, S. 4).
Gleichzeitig werden mehr Fachkräfte benötigt, insbesondere mit IT-Background. Dies belegt eine Studie von Bitkom aus dem Jahr 2019. Der Studie zufolge gab es im Jahr 2019 124 000 offene Stellen für IT-Spezialisten. Dies bedeutet einen Anstieg von 51 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (82 000).
Die Anzahl der offenen IT-Stellen hat sich innerhalb von zwei Jahren folglich mehr als verdoppelt (2017: 55 000). Die Zuversicht, die offenen Vakanzen zu besetzen, hat sich infolgedessen reduziert. Insgesamt 83 Prozent der Unternehmen gaben 2019 an, dass sie einen Fachkräftemangel von IT-Spezialisten erleben. Im Jahr 2017 betrug dieser Anteil 67 Prozent. Dies deutet darauf hin, dass sich die Situation auch in den nächsten Jahren weiter zuspitzen wird.
Bitkom Präsident Achim Berg äußerte sich 2019 wie folgt dazu:
„Jede unbesetzte IT-Stelle kostet Umsatz, belastet die Innovationsfähigkeit der Unternehmen und bremst die nötige digitale Transformation. Der Mangel an IT-Experten bedroht die Wettbewerbsfähigkeit unserer gesamten Wirtschaft.“ (Bitkom, 2019)
Abb. 1: Bitkom mahnt Fachkräftemangel in der IT an.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Bitkom Research, 2019.
Im Rahmen der Umfrage wurden 850 Geschäftsführer mit Personalverantwortung ab einer Unternehmensgröße von drei Mitarbeitende aus sämtlichen Branchen befragt (Bitkom, 2019).
Zahlreiche Unternehmen erachten die Personalgewinnung als bedeutsam. Das ifo-Institut führte im Jahr 2016 eine Befragung zu dem Thema durch, was die größten Risiken für die Konjunktur sind. Auf Platz 1 mit 59 Prozent nannten die Befragten den zunehmenden Fachkräftemangel. Im Jahr 2018 wurde die Befragung wiederholt mit einem Ergebnis von 70 Prozent.
Abb. 2: Konjunktur-Risiken.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: ifo Institut, 2019, S. 64.
Der zunehmende Fachkräftemangel und die aktuell über 120 000 IT-Vakanzen verdeutlichen, dass die Personalgewinnung zukünftig eine immer größere Rolle spielen wird. Auch durch die veränderten Rollen und Inhalte der Berufsbilder aufgrund des technologischen Wandels wird das Recruiting komplexer, da nicht genau abzusehen ist, wie sich die Berufe ändern, ob es diese zukünftig noch geben wird und welche Fähigkeiten sowie Kompetenzen dann benötigt werden.
Des Weiteren ändern sich Organisationsformen und Strukturen der neuen Arbeitswelt. In diesem Kontext wird von Fluid und Caring Company gesprochen. In ersteren sorgen ein regelmäßig wechselndes Personal und sich stetig verändernde Aufgaben für einen hohen Durchlauf an Personal. Zweitere sind Unternehmen, die Mitarbeitende ein sicheres sowie stabiles Arbeitsumfeld bieten um diese langfristig zu binden (Diercks, 2018, S. 51–52).
Im Jahr 2024 werden den Zukunftsforschern Hörnschemeyer und Jánszky zufolge nur noch 30–40 Prozent der Erwerbstätigen in einem langfristigen Beschäftigungsverhältnis tätig sein (Hörnschemeyer und Jánszky, 2014, S. 8–10).
2.1.4 Wettbewerb
Neben dem immer kleiner werdenden Pool an Fachkräften spielt der Wettbewerb mit anderen Unternehmen eine entscheidende Rolle. Insbesondere große, renommierten Unternehmen haben eine höhere Resonanz an Bewerbungen.
Bitkom führte im Auftrag von Personio 2018 eine Studie zum Thema Effizienz bei der Einstellung von neuem Personal durch, in deren Rahmen 304 Personalentscheider befragt wurden. Insgesamt 100 Entscheider waren in einem großen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitende tätig, 100 in einem mittleren Unternehmen mit 100–499 und die übrigen 102 in einem kleinen Betrieb mit 50–99 Mitarbeitende (Schareika 2018).
Die großen Unternehmen hatten im Durchschnitt 2054 Bewerbungen innerhalb eines Jahres erhalten. Bei mittleren und kleinen Betrieben waren es 374 bzw. 182 Bewerbungen. Auch die Erfolgsquote bei großen Unternehmen ist deutlich besser. Etwa 35 Prozent der Bewerber werden nach dem Vorstellungsgespräch eingestellt, während dieser Anteil bei mittleren Unternehmen 18 Prozent und bei kleinen 11 Prozent beträgt (Schareika 2018).
Ein Grund für die abweichende Besetzungsquote liegt u. a. im Einsatz von Software und einer damit verbundenen Effizienzsteigerung. Eine Software kann beispielsweise bei der Vorauswahl der Bewerber unterstützen. Im Jahr 2018 arbeiteten ca. 34 Prozent der großen Unternehmen mit einer entsprechenden Software, aber nur 12 Prozent der kleinen Betriebe. Ohne Software werden 23 Prozent der potenziellen Kandidaten zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und 5 Prozent eingestellt, während mit Software 18 Prozent eingeladen und 5 Prozent eingestellt werden. Insbesondere für große Unternehmen mit einer hohen Anzahl an Bewerbern ist ein schneller, effizienter Prozess elementar für die Personalrekrutierung (Schareika 2018).
Doch auch große Unternehmen müssen sich umstellen. Dies kann eine Chance für KMU darstellen, um als Vorreiter voranzugehen und dadurch deutlich mehr Fachkräfte anzuziehen als bisher. Laut einer Studie von Bertelsmann aus dem Jahr 2016 sind große Firmen weit davon entfernt, das Thema Digitalisierung umgesetzt zu haben und demzufolge auch weit davon entfernt, den Recruitingprozess durch den Einsatz von neuer Software und Technologie zu verbessern (Bertelsmann Stiftung, 2016, S. 15).
Aktuell sind Unternehmen wie Google Vorreiter in Bezug auf neue Technologien, da diese bereits Chatbots und humanoide Roboter für die Interviewauswahl einsetzen. Aber auch in diesen ist das Potenzial noch nicht ausgereizt (Diercks, 2018, S. 59–60).
Was es bedeutet, technische Trends nicht rechtzeitig zu erkennen, wird an Unternehmen wie Kodak, Grundig oder Nokia deutlich. Trotz ihrer einst starken Marktposition hat sich bei diesen Organisationen ein Misserfolg eingestellt. Diesen gegenüber stehen digitale Erfolgsgeschichten von Apple, Facebook, Netflix, Spotify, Airbnb oder Uber (Petry und Jäger, 2018, S. 27–28).
Diese Bespiele zeigen, wie bedeutsam es ist, sich neuen technologischen Herausforderungen zu stellen und sich dem Wandel als Game-Changer oder technologischer Vorreiter anzunehmen.
In den nächsten drei bis fünf Jahren werden diese Veränderungen große Auswirkungen auf Unternehmen sowie den Markt haben und zu einem erheblichen Wettbewerbsdruck führen (Semet und Hilberer, 2018, S. 181).
2.2 Technologische Möglichkeiten für das Recruiting von Morgen
Neben weiterhin durch Menschen ausgeführten Tätigkeiten wird der Beschaffungsprozess von Personal aufgrund der Digitalisierung in den nächsten Jahren eine bedeutsame Veränderung erfahren. Mithilfe von KI, Algorithmen und entsprechenden Softwarelösungen wird der komplette Prozess zunehmend von Maschinen übernommen. Dies wird als Robot-Recruiting oder Recruiting 4.0 bezeichnet. Die Tätigkeiten reichen von der Formulierung einer passenden Stellenanzeige, über die Auswahl der geeigneten Bewerberprofile und die automatisierte Kommunikation mit diesen, bis hin zur Abgabe einer Empfehlung zu deren Einstellung (Petry, 2018, S. 50–51).
Einige technologische Möglichkeiten kommen bereits heute zum Einsatz, z. B. im Kontext der Candidate-Experience. In deren Rahmen wird potenziellen Kandidaten über den gesamten Prozess hinweg der aktuelle Stand ihrer Bewerbung mitgeteilt. Dieser Aspekt wird in Kapitel 2.3 näher erläutert. Darüber hinaus ist das automatische Auslesen von Lebensläufen in digitaler Form verbreitet. Eine entsprechende Software erkennt persönliche Daten wie Name, Adresse, Anschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse, den schulischen und beruflichen Werdegang sowie die Fähigkeiten eines Bewerbers und überträgt diese Informationen in das CRM-System des Unternehmens. Diese Software bzw. dieser Prozess wird als CV-Parsing bezeichnet. Zudem verwenden einige Unternehmen eine Matching-Software, die eine Vorauswahl der Bewerber in Form eines Rankings für die Recruiter erstellt und diesen dadurch Arbeit in Bezug auf den Entscheidungsprozess abnimmt (Mülder, 2018, S. 107).
Allerdings sind diese technologischen Lösungen nur ein kleiner Teil des gesamten Recruitingprozesses und interagieren nicht miteinander, da sie noch autark sowie partiell eingesetzt werden. Das Robot-Recruiting umfasst hingegen mehr Aspekte. Eine Unterstützung findet beispielsweise in folgenden Prozessschritten statt:
Stellenausschreibung:
Eine KI kann dabei helfen, eine Stellenausschreibung mit relevanten Begriffen zu befüllen, so dass potenzielle Bewerber auf die Ausschreibung aufmerksam werden. Daneben kann sie eine geeignete Plattform identifizieren, je nachdem, welche Zielgruppe bei welchen Medien stärker vertreten ist, z. B. um Online-Jobbörsen oder Social-Media-Kanäle wie Xing oder LinkedIn.
Kommunikation mit Bewerbern:
Im Rahmen der Kommunikation über den gesamten Recruitingprozess hinweg können KI-gestützte Chatbots Bewerberfragen beantworten und die Kandidaten regelmäßig über den aktuellen Stand ihrer Bewerbung informieren. Dies kann über digitale Kanäle erfolgen.
Datenerkennung:
In diesem Kontext kann das CV-Parsing eingesetzt werden. Neben der automatisierten Erkennung von CVs kann eine Suchfunktion für Social-Media-Profile erstellt werden, um so an weitere Berater für das CRM-System zu gelangen.
Matching:
Beim Matching-Prozess kommt ein entwickelter Algorithmus zum Einsatz, der die Qualifikationen der Bewerber rankt. In den Prozess werden vorhandene Bewerber im CRM-System, ggf. ehemalige Mitarbeitende sowie eine Suche in den Social-Media-Kanälen eingeschlossen. Die relevanten Parameter müssen allerdings zuvor festgelegt werden, damit das Ergebnis einen Mehrwert bei der Auswahl eines Bewerbers bietet (Petry und Jäger, 2018, S. 66–67).
Vorstellungsgespräche:
Im Rahmen von Vorstellungsgesprächen wird es zukünftig möglich sein, mithilfe eines digitalen Assistenten ein automatisiertes Prescreening-Interview durchzuführen und über eine KI-gestützte Sprach- sowie Bilderkennung anhand von Sprache, Mimik und Gestik von Kandidaten Persönlichkeitsanalysen zu erstellen.
Der Recruiter übernimmt am Ende der Prozesskette die finale Auswahl eines Bewerbers anhand der ihm durch die zuvor automatisiert durchgeführten Prozessschritte zur Verfügung gestellten Daten (Petry und Jäger, 2018, S. 66–67).
Eine Studie von Böhm und Meurer aus dem Jahr 2017 hat gezeigt, dass die technologischen Möglichkeiten branchen- sowie unternehmensübergreifend eingesetzt werden können.
Dies gilt für beispielsweise für Careerbots zur karrierespezifischen Informationsbeschaffung, Jobbots zur konkreten Stellensuche, Job-Matcher für automatisierte Job- bzw. Unternehmensvorschläge und Karriere-Matcher, die automatisiert geeignete Jobs vorschlagen (siehe Tab. 2).
Tab. 2: Status quo Robot-Recruiting.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Böhm und Meurer, 2018, S. 162.
Anhand der Studie wurde ersichtlich, dass Unternehmen kaum Robot-Recruiting-Lösungen einsetzen und daher noch ungenutzte Potenziale bestehen, insbesondere für KMU, um die Digitalisierung im Recruiting als Vorreiter erfolgreich voranzutreiben und sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen (Böhm und Meurer, 2018, S. 162).
2.2.1 Künstliche Intelligenz (KI)
Die Abkürzung KI steht für künstliche Intelligenz. Im Englischen lautet die Bezeichnung Artificial Intelligence (AI). Diese ist darauf ausgerichtet, Probleme eigenständig zu erkennen, zu bearbeiten und demzufolge eine menschenähnliche Intelligenz zu simulieren (Petry und Jäger, 2018, S. 46).
Semet und Hilberer zufolge sind es vier wesentliche Fähigkeiten, die eine KI beherrscht und ausführt: Verstehen, Schlussfolgern, Lernen und Interagieren (Semet und Hilberer, 2018, S. 183).
Eine KI kann Daten aus unterschiedlichen Quellen extrahieren. Diese können strukturiert wie in einem Lebenslauf sein, aber auch unstrukturiert wie Einträge auf Social-Media-Plattformen. Die Erkennung kann in schriftlicher sowie gesprochener Form erfolgen. Eine KI ist zudem in der Lage, Inhalte in einem Kontext zu verstehen.
Mithilfe der extrahierten Daten können Schlussfolgerungen gezogen und entsprechende Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. Der Vorteil einer KI besteht in einer unbegrenzten Aufnahme von Informationen. Im Gegensatz zum menschlichen Gehirn kann eine KI in kurzer Zeit schnell neue Informationen aufnehmen und verarbeiten.
Durch die Interaktion mit dem Menschen und den vorhandenen Informationen ist eine KI imstande, kontinuierlich neue Zusammenhänge zu erlernen. Dadurch können zukünftige Recherchen, Auswertungen sowie Handlungsempfehlung optimiert und zielgerichteter durchgeführt werden.
Die Interaktion mit dem Menschen kann schriftlich oder visuell erfolgen (Semet und Hilberer, 2018, S. 183–184).
Eine KI kann in zwei Formen unterschieden werden: Assisted Intelligence und Augmented Intelligence. Erstere automatisiert wenig komplexe Aufgaben, die ohne den Einsatz von Menschen und dadurch kostengünstiger, schneller sowie fehlerfrei durchgeführt werden. Zweitere unterstützt den Menschen bei dessen Entscheidungsfindung durch Vorselektion und Aufbereitung von wesentlichen Informationen (Dahm und Dregger, 2019, S. 251).
Künstliche Intelligenz kann im Recruiting unterstützend genutzt werden, um Recruitern administrative Aufgaben abzunehmen und ihnen infolgedessen mehr Freiraum für das Wesentliche in ihrer Tätigkeit geben (Roedenbeck, 2020, S. 64).
Die durch die KI gewonnenen Informationen und Daten für die Personalgewinnung werden auch als People-Analytics bezeichnet. Das zentrale Ziel ist es, den Recruiter durch die Aufbereitung von Daten bei der Personalbesetzung zu unterstützen. Eine Entscheidung sollte auf Zahlen sowie Fakten basieren und nicht auf einem Bauchgefühl. Die Aufbereitung der Daten erfolgt aus Texten, Prozessen, dem Web und Media-Mining-Verfahren (Petry 2018, S. 46–47).
Damit eine KI Interaktionen durchführen kann, benötigt sie viele Daten, muss schnell auf diese zugreifen und verschiedene Typen von Daten nutzen können. Für die Bereitstellung und Informationsverarbeitung kommt Big Data als Grundbaustein für KI zum Einsatz. Big Data zeichnet sich durch High Volume (große Datenbestände), High Velocity (hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit) und High Variety (Vielfalt an Daten) aus (Bastam et al., 2020, S. 242).
Big Data weist folgende Merkmale auf:
- Bereitstellen von riesigen Datenmengen, deren Auswertung mithilfe von geeigneten Algorithmen erfolgt
- Datenvielfalt aus externen und internen Datenquellen
- strukturierte und unstrukturierte Datenmengen
- schnelle Bereitstellung von Daten für Analysezwecke
- automatische Erkennung von Mustern und Zusammenhängen (Mülder, 2018, S. 108–109).
Ein Beispiel von KI in der Praxis ist z. B. Google mit seiner Suchmaschine.
Nach der Eingabe von Suchbegriffen merkt sich Google diese, lernt die für den Nutzer relevanten Ergebnisse und stuft diese nach der entsprechenden Relevanz ein. Bei der nächsten Suche wird dem Nutzer anhand seiner Suchgewohnheiten eine angepasste Trefferliste mit seinen Präferenzen angezeigt (Teetz, 2018, S. 225).
Ziel ist es, die Arbeitsweise von KI in den Recruitingprozess zu adaptieren, um diesen weitgehend zu automatisieren, z. B. Stellenausschreibung, Kontaktaufnahme, Kandidatenauswahl, Vorstellungsgespräch und Einstellung. Eine KI kann Unternehmen dabei unterstützen, mehr geeignete Bewerber zu bekommen, diese für Vorstellungsgespräche zu selektieren und bei der Einstellungsentscheidung mithilfe von objektiven Parametern eine ideale Auswahl zu treffen (Teetz, 2018, S. 229).
Bei der Veröffentlichung von Stellenausschreibungen kann die KI anhand von vorhandenen Informationen aus alten sowie aktuellen Ausschreibungen die entsprechende Resonanz und Trefferquote in Bezug auf Bewerber heranziehen, um geeignete Keywords für die Stellenausschreibung zu identifizieren und dadurch eine optimale Platzierung der Stellenausschreibung zu gewährleisten (Teetz, 2018, S. 230).
Zu Beginn sollten die Stellenausschreibung stets manuell überprüft werden, um mögliche Fehler zu korrigieren und der KI falsche Informationen mitzuteilen, damit diese lernt und diese Fehler in den darauffolgenden Ausschreibungen nicht mehr macht (Teetz, 2018, S. 231).
Nicht nur bei der Ausschreibung einer Stelle kann KI unterstützen, sondern auch bei der Priorisierung. Basierend auf der Analyse verschiedener Stellenausschreibungen kann im Vorfeld eine Priorisierung erfolgen. Sollte ein Unternehmen aktuell auf der Suche nach vielen neuen Mitarbeitende sein, kann eine Priorisierung z. B. nach der Dauer bis zur erforderlichen Besetzung eine hilfreiche Information für Recruiter sein, um vermeintlich schwieriger zu besetzende Stellen zu priorisieren und den Fokus darauf zu legen. Parameter, die einfließen können, sind z. B. Erfahrungen bzw. Skills, ein ungünstiger Einsatzort oder der Mangel an entsprechenden Experten, da die zu besetzende Stelle von jedem Unternehmen gesucht wird (Dahm und Dregger, 2019, S. 252).
Damit die KI bei der Suche nach Bewerbern unterstützen kann, benötigt sie sämtliche erforderlichen Informationen, um ein Matching zu realisieren. Ein entsprechendes Training kann durch einen Active Sourcer, Recruiter oder anderen Personen aus dem Recruiting erfolgen. Entscheidend ist die Qualität der Informationen. Das Spektrum an Informationen, das einer KI vermittelt werden kann, ist komplex. Insbesondere zu Beginn sollten simple Kategorien gelehrt werden, um darauf aufbauend im Verlauf der Zeit das Portfolio an Parametern zu erweitern (Teetz, 2018, S. 231).
Erste Parameter könnten wie folgt lauten:
- Mobilität und Lokalität (Wo möchte der Bewerber arbeiten und wie mobil ist er?)
- Bildungsabschluss (Welcher ist der höchste erreichte Bildungsabschluss?)
- Berufliche Erfahrung (Wie viele Jahre Berufserfahrung hat der Bewerber?)
- Reifegrad der Person und Karriere (Wie lange übt er welche Tätigkeiten aus?)
- Reifegrad der Fähigkeiten und Kompetenzen (Wie viele Jahre Erfahrung hat er in bestimmten Skills?) (Teetz, 2018, S. 232–233).
Um an die Daten der Bewerber zu gelangen, gibt es zwei Möglichkeiten:
1. Ein potenzieller Kandidat sendet seine Bewerbung, z. B. per E-Mail. Die Aufbereitung der erforderlichen Daten kann in diesem Fall mithilfe von CV-Parsing erfolgen.
2. Die KI sucht sich alle erforderlichen Informationen über einen Bewerber eigenständig im Netz. Diese können u. a. Xing oder LinkedIn entnommen werden (Teetz, 2018, S. 235–236).
Nachdem die erforderlichen Daten der Bewerber zur Verfügung stehen, kann die KI die Recruiter mithilfe der Augmented Intelligence mit weiteren Informationen versorgen, um bei der Bewerberauswahl zu unterstützen. Insbesondere bei häufig ausgeschriebenen Stellen und einer Vielzahl an Bewerbern nimmt die Unterstützung einen hohen Stellenwert ein. Die KI bewertet die erste Bewerbung ebenso neutral wie die tausendste. Dadurch ist die erforderliche Objektivität gegeben. Die KI kann Bewerbern zudem Feedback geben und den Entscheidungsprozess dadurch transparent halten. Sie kann den Prozess durch die aufbereiteten Informationen darüber hinaus beschleunigen. Diese Aspekte führen zu einer höheren Bewerberzufriedenheit sowie Kosteneinsparungen durch einen geringeren Personalaufwand.
Um die Treffsicherheit bei der Auswahl der Bewerber sicherzustellen, müssen die Parameter zuvor festgelegt werden. Möchte ein Unternehmen z. B. einen Scrum-Master einstellen, der kreativ sein und einen Design-Thinking-Workshop besucht haben muss, sollte diese Kombination als Auswahlkriterium berücksichtig werden (Dahm und Dregger, 2019, S. 252).
2.2.2 360-Grad-Videos, Virtual Reality, Augmented Reality
2.2.2.1 360-Grad-Videos
Neben klassischen Videos werden 360-Grad-Videos von Unternehmen eingesetzt, um möglichen Bewerbern einen tieferen Einblick in das Unternehmen oder die Räumlichkeiten vor Ort zu gewähren, ohne dass diese physisch anwesend sind. Dadurch können Unternehmen im Sinn des Employer-Brandings (Kapitel 2.3.5) Werbung für sich machen und sich als attraktiv gegenüber Bewerbern zu präsentieren. Das Unternehmen kann auch im Form der Stellenausschreibung für das Recruiting den zukünftigen Arbeitsplatz darstellen, damit mögliche Bewerber direkt den Arbeitsplatz und die Räumlichkeit virtuell sehen können.
Videos lassen sich via Link in der Stellenausschreibung auf der Unternehmens-Homepage abbilden oder auf Social-Media-Plattformen wie LinkedIn, Xing oder Facebook verbreiten. Dadurch erzielt ein 360-Grad-Video eine große Reichweite. Aktuell sind 360-Grad-Brillen nicht weit in der Bevölkerung verbreitet. Dies wird sich in den nächsten Jahren jedoch verändern (Jäger, 2018a, S. 171).
2.2.2.2 Virtual Reality
Eine Stufe weiter ist Virtual Reality (VR). Diese basiert auf einer in Echtzeit computeranimierten 360-Grad-Umgebung. Ein User ist nicht nur passiv virtuell vor Ort, sondern angehalten, sich aktiv einzubringen sowie zu bewegen. Er kann sogar interagieren, indem er Gegenstände berührt oder umstellt. Der Mehrwert für Unternehmen ist erheblich. Es können beispielsweise Schulungen oder Trainings virtuell stattfinden, Arbeitsabläufe simuliert werden oder ein Umsehen in Unternehmen erfolgen. Diese Methode wird speziell im Employer-Branding und Personalmarketing (Kapitel 2.3.4) genutzt, um das Unternehmen zu präsentieren und den Arbeitsplatz sowie die Tätigkeiten vorzustellen. Unternehmen haben zudem die Möglichkeiten, das Verhalten des Users zu bewerten und die gesammelten Informationen zu nutzen. Aufgrund der Visualisierung und der Interaktion nimmt der User Informationen bewusster war und prägt sich diese besser ein als durch das bloße Ansehen eines Videos.
Aktuell ist die Verbreitung noch gering, da VR bislang nicht technisch, z. B. via Link, geteilt werden kann, sondern eine spezielle Plattform benötigt wird. Auch die Geräte sind aktuell noch zu wenig verbreitet und zudem teuer (Jäger, 2018a, S. 172).
Vorteile von VR für Bewerber können sein, dass diese einen bleibenden Eindruck vom Unternehmen erhalten, virtuell das Team kennenlernen und realitätsnahe Emotionen umfassender transportiert werden können (Jäger, 2017, S. 36).
2.2.2.3 Augmented Reality
Augmented Reality (AR) bedeutet so viel wie erweiterte Realität. Sie verbindet echte Umgebungen mit virtuellen Erscheinungen. In der Praxis sieht der User eine echte Umgebung, in die sich digital Werkzeuge, Texte, Videos etc. virtualisieren lassen.
Dadurch können beispielsweise betriebliche Abläufe, Produktionsvorgänge, Fertigungsabläufe von Maschinen, Wartungsservice oder Reparaturen von Geräten dargestellt werden (Felder, 2018, S. 67).
Im Recruiting kann dadurch zum Beispiel ein Prozess durchlaufen werden und der Bewerber kann sich die Tätigkeit sowie Arbeitsumgebung ansehen, um einen umfassenderen Einblick in diese zu erhalten. Diese Transparenz hinterlässt beim User ein eindeutigeres Bild der Tätigkeiten und Anforderungen, die im Job auf ihn zukommen, als eine klassische Stellenanzeige. Da die Aufgaben im Detail vorab bekannt sind, kann ein optimiertes Matching erfolgen. Die Übertragung kann via Mobiltelefon oder AR-Brille erfolgen. Bei ersterem ist die Reichweite hoch, bei zweiterem hingegen noch gering (Jäger, 2018a, S. 173).
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Entwicklung von VR und AR von einer zweidimensionalen auf eine dreidimensionale Ebene gehoben wird. Insbesondere im Recruiting kann durch die Präsentation des Unternehmens und der Stelle ein vollkommendes sowie transparentes Bild für Bewerber realisiert werden. Durch die virtuelle Umgebung wird ein Vor-Ort-Gefühl und durch die aktive Interaktion in der Arbeitsumgebung ein Mittendrin-Erlebnis geweckt, das sich stärker im Bewusstsein verankert als das Ansehen eines Firmenvideos (Petry und Jäger, 2018, S. 49).
Es muss jedoch beachtet werden, dass je nach Zielgruppe unterschiedliche Methoden angewendet werden müssen, um einen geeigneten Wirkungsgrad sowie eine entsprechende Reichweite zu erzielen. Es kann beispielsweise ein Portrait der Firma im Sinn des Employer-Brandings oder eine Stellenausschreibung im Bereich Recruiting erstellt werden. Dies ist zu Beginn aufwendig, da mehrere Videos und Szenarien produziert werden müssen.
Es sollte auf langweilige Informationen verzichtet werden, da sich negative Konnotationen bei Bewerbern einprägen und dies möglicherweise zu einem negativen Image des Unternehmens führt (Jäger, 2018a, S. 170).
Konzerne wie Google, Microsoft oder Facebook haben sich dem Thema Virtual Reality angenommen und eigene Abteilungen geschaffen, um diese voranzubringen (Jäger, 2018a, S. 174).
In Deutschland sind die ersten 360-Grad- bzw. VR-Videos im Jahr 2015 im Bereich Employer-Branding und Recruiting zum Einsatz gekommen. Die Bayer AG hat ihre 360-Grad- bzw. VR-Video-Kampagne auf der Cebit 2016 gestartet. Weitere Unternehmen folgen diesem Beispiel (Jäger, 2018a, S. 174).
2.2.3 Mobile Recruiting
Für gewöhnlich werden Computer oder Laptop verwendet, um nach Stellenausschreibungen zu suchen und sich mit Bewerbungsunterlagen darauf zu bewerben.
Allerdings sind Veränderungen erforderlich, so dass sich Interessenten auch direkt mit Smartphones und anderen mobilen Geräten auf Stellensuche begeben und sich bewerben können (Petry und Jäger, 2018, S. 39 zitiert nach Bohm et al., 2011, S. 15).
Unternehmen sehen sich schon länger mit der Herausforderung konfrontiert, ihre Onlinepräsenz auch für mobile Endgeräte zu optimieren. Mobile Recruiting kann im gesamten Bewerbungsprozess eingesetzt werden und die Candidate-Experience ohne einen Medienbruch an den relevanten Kontaktpunkten optimieren. Dies kann das Abspringen potenzieller Kandidaten reduzieren (Petry und Jäger, 2018, S. 39).
Eine Darstellung von Mobile Recruiting über den kompletten Recruitingprozess könnte wie folgt aussehen:
Abb. 3: Vereinfachte Darstellung des Recruiting-Funnels.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Böhm und Meurer, 2018, S. 158.
Die engste Anwendung findet beim Mobile Recruiting im letzten Abschnitt statt, der Bewerbung sowie dem Bewerberkontakt (Böhm und Meurer, 2018, S. 158).
Folgende Anforderungen werden an das Mobile Recruiting gestellt:
- Schlüsselinhalte müssen angegeben sein (Unternehmen, Ort, Stellentitel)
- gute Erkennbarkeit der Information ohne Zoom
- Informationsgestaltung: alles auf einen Blick, ohne scrollen
- kleiner, kompatibler Seitenaufbau für User mit schlechter Internetverbindung (Jäger, 2017, S. 23).
Unternehmen, die keine mobile Option anbieten, sehen sich mit einem negativen Arbeitgeberimage konfrontiert. Im Jahr 2017 nutzen 42 Prozent das Smartphone für stellenrelevante Informationen bei der Jobsuche, 13 Prozent bewerben sich häufig damit und ca. 50 Prozent ziehen der traditionellen eine mobile Bewerbungsmöglichkeit vor. Etwa 70 Prozent der Kandidaten erachten die Bewerbungsverfahren von Unternehmen als umständlich.
An dieser Stelle besteht Nachholbedarf seitens der Unternehmen, da ansonsten ein Großteil der potenziellen Bewerber kaum noch zu erreichen ist (Böhm und Meurer, 2018, S. 160, zitiert nach Weitzel et al., 2017, S. 9).
Eine weitere Studie von Weitzel aus dem Jahr 2017 zeigt, dass 72,2 Prozent der Nutzer mobilen Endgeräten im Recruiting einen großen Einfluss bestätigen, während 53,6 Prozent der Unternehmen kein Mobile Recruiting anbieten (Jäger, 2017, S. 17, zitiert nach Weitzel et al., 2017).
Im Mobile Recruiting findet ebenfalls ein Zusammenspiel mit anderen Technologien statt. Hier können zum Beispiel AR- und VR-Umsetzungen sowie Chatbots sinnvoll zur Unterstützung eingesetzt werden, um eine positive Candidate-Experience zu ermöglichen (Petry und Jäger, 2018, S. 39).
2.2.4 Chatbot
Chatbot bezeichnet den digitalen Dialog zwischen einem Menschen und einem Computer.
Chat bedeutet Geplauder, das mittels Texteingabe stattfindet und über eine Internetverbindung geführt wird. Bot ist die Kurzform von Robot.
Der Chatbot ist demzufolge ein Computerprogramm, das mithilfe einer KI automatisch mit Menschen kommunizieren kann. Dies kann sowohl in Textform als auch auf Sprachebene erfolgen (Spierling und Luderschmidt, 2018, S. 387).
Chatbots sollen den Menschen im Recruiting bei der Kommunikation mit den Bewerbern unterstützen in Form eines Feedbacks nach der Bewerbung, als Unterstützer auf der Karrierewebseite von Unternehmen, als digitaler Helfer für die Bewerbung, aber auch als Feedbackgeber während des Recruitingprozesses. Ein potenzieller Kandidat erhält ein automatisiertes Zwischenfeedback über den aktuellen Stand seiner Bewerbung. Auch bei der Absage von Bewerbern kann der Chatbot aktiv werden (Jäger, 2018b, S. 23).
Ein entscheidender Faktor wird zukünftig die Glaubwürdigkeit von Chatbots sein. Aktuell ist eine Mensch-zu-Mensch-Kommunikation glaubwürdiger als eine Computer-zu-Mensch-Kommunikation. Dies kann sich zukünftig jedoch ändern (Spierling und Luderschmidt, 2018, S. 391).
Bei Chatbots wird zwischen zwei Arten unterschieden: einem regelbasierten und einem Machine-Learning-Chatbot (ML-Chatbots). Bei ersterem erfolgt das Erlernen der Wissensbasis händisch, d. h. dem Chatbot werden Regeln einzeln beigebracht, indem Kategorien festgelegt werden und für jede davon eine entsprechende Antwort als Output vorgegeben wird. Der Chatbot wählt seine Antwort aus einer Liste, Templates oder Textbausteinen, die zuvor zusammengestellt worden sind aus (Spierling und Luderschmidt, 2018, S. 393).
Machine-Learning-Chatbots werden darüber hinaus mit praktischen Beispielen, d. h. Anwendungsfällen, trainiert. Damit der Chatbot kontinuierlich lernt, kommen Methoden und Modelle aus der Statistik zum Einsatz. Auf dem Chatbot bezogen bedeuten das, dass dieser nach dem Erlernen von praktischen Anwendungsfällen, basierend auf statischen Mustern, Antworten erkennt und diese entsprechend gibt. Dies ist jedoch nur möglich, wenn ausreichend Daten und Informationen vorliegen (Spierling und Luderschmidt, 2018, S. 397).
Ein praktisches Beispiel für den Einsatz von ML-Chatbots sind die Spracherkennungen von Mobiltelefonen oder Alexa von Amazon (Petry und Jäger, 2018, S. 47).
Im Recruiting können beide Varianten von Chatbots zum Einsatz kommen: ein regelbasierter für standardisierte Antworten und ein ML-Chatbot für das Führen von Vorstellungsgesprächen (Petry und Jäger, 2018, S. 47).
Im Jahr 2017 bot nur jedes zehnte Unternehmen in der IT-Branche einen digitalen Karriereberater an (Weitzel et al., 2018, S. 6).
2.2.5 Erkennungssoftware
Eine Erkennungssoftware kann u. a. beim Prescreening eingesetzt werden. Es wird beispielsweise daran geforscht, anhand von Mimik, Gestik und Sprache Rückschlüsse auf die Persönlichkeit einer Person zu ziehen. Mithilfe von Social-Media-Daten soll auf die Nutzer geschlossen werden können. Schriftproben, Alter, Geschlecht und Emotionen können genutzt werden, um Einstellungen sowie die Persönlichkeit zu erkennen. Das Fraunhofer Institut hat einen ersten Prototypen entwickelt, der von der Mimik auf den Gemütszustand schließt und dies durch eine Sprachanalysesoftware unterstützt untermauert (Diercks, 2018, S. 59).
Amazon startete im Jahr 2014 ein Projekt mit dem Einsatz einer Erkennungssoftware für die Bewerberauswahl. Die Software las die Bewerbungen, wählte eigenständig Top-Bewerber aus und nahm ein Ranking vor. Die Daten, die zur Überprüfung herangezogen wurden, basierten auf echten Daten von Personen, die in den letzten zehn Jahren bei Amazon eingestellt worden waren. Ein Problem in diesem Kontext war, dass mehr Männer in Führungspositionen angestellt worden waren und diese durch den Algorithmus bevorzugt wurden. Aufgrund dieser Diskriminierung wurde das Projekt gestoppt (Bastam et al., 2020, S. 242).
2.2.5.1 Prescreening
In der Zukunft könnte das Prescreening ein Teil des Bewerbungsprozesses werden. Das Prescreening System kann die Bewerbungsunterlagen bzw. das Online-Profil auf die geforderten Anforderungen hin überprüfen. Der Abgleich bzw. das Matching der Kandidaten zum Stellenprofil kann automatisiert werden, um eine Vorauswahl für die Recruiter zu treffen. Dadurch kann zudem ein Abgleich mit alternativen Stellen in dem Unternehmen vorgenommen werden (Petry, 2018, S. 51).
In der Praxis könnte die Recruiting-Abteilung einen Algorithmus entwickeln, mit dem Bewerbungsunterlagen mit Social-Media-Auftritten verglichen und ggf. ergänzt werden können. Das Bewertungsmuster in Bezug auf die Ausprägung der Kompetenzen kann z. B. nummerisch mittels Schulnoten erfolgen und bzw. oder durch eine Bewertung der vorhandenen Kompetenzen mit 1 = ja oder 0 = nein.
Die Parameter müssen im Vorfeld festgelegt sowie definiert werden, idealerweise mithilfe von Bewerbungen von bereits eingestellten Mitarbeitende, um die zentralen Kompetenzen und Erfahrungen korrekt zu definieren. Nach dem Auslesen der Werte kann der Recruiter mit dn relevanten Bewerbern Vorstellungsgespräche führen (Roedenbeck, 2020, S. 66–67).
Ein Bewerbungsgespräch kann nicht nur durch den Menschen erfolgen, sondern auch von einer Maschine geführt werden, die den Recruiter ersetzt. Dabei findet keine Interaktion mehr von Mensch zu Mensch statt, sondern der Bewerber führt das Gespräch mit einer Softwarelösung, die durch KI gesteuert wird.
Die KI muss dafür ausreichend Informationen aus vorangegangen Gesprächen erhalten. In der Praxis könnte das Prescreening beispielsweise neben einem gewöhnlichen Bewerbungsgespräch mitlaufen, um daraus zu lernen. Möglich wäre darüber hinaus die Kopplung mit einem Stresstest, mit dem Stimme, Mimik und Gestik eines Bewerbers analysiert wird (Teetz, 2018, S. 236–237).
Diese Technik ist in der Praxis allerdings noch nicht so weit vorangeschritten. Die Firma Precire bietet z. B. die Möglichkeit, die Persönlichkeit eines Bewerbers mittels Sprachdaten zu analysieren. Dazu wird ein automatisiertes Interview geführt. Anhand der Antworten des Bewerbers wird dessen Profil erstellt. Der Inhalt des Gesagten spielt in diesem Fall lediglich eine Nebenrolle, da das wie zum Ergebnis führt. Precire unterzog 5000 Teilnehmer einem solchen Interview und ließ sie im Anschluss einen Persönlichkeitstest absolvieren. Nach Angaben der Firma existiert eine Vorhersagegüte von 85–90 Prozent. Allerdings wird dies in der Wissenschaft von mehreren Seiten infrage gestellt und als Marketing-Aktion deklariert, viele Faktoren Einfluss auf das Gesagte nehmen können (z. B. Alkohol oder Medikamente) (Dahm und Dregger, 2019, S. 253).
2.2.5.2 Bewerbermanagementsystem
Das Bewerbermanagementsystem (BMS) wird als Tool zur Verwaltung von Bewerbungen genutzt. In Fachzeitschriften das BMS auch als Applicant-Tracking-System (ATS) bezeichnet.
Die Aufgaben einen BMS umfassen die Unterstützung eines Recruiters während des kompletten Recruitingprozesses. In Tab. 3 sind kurz die bedeutsamsten Hauptfunktionen und entsprechenden Tasks übersichtlich dargestellt.
Tab. 3: Aufgaben und Funktionen eines BMS.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Talention
Im Jahr 2014 nutzten 66 Prozent der Unternehmen ein BMS-System für das Recruiting. Der Markt ist unübersichtlich, da ca. 160 aktive Systeme existieren. Die meist genutzten Systeme sind SAP-E-Recruiting (11 Prozent), Access oder Excel (11 Prozent), Eigenentwicklung (10 Prozent), d.vinci (10 Prozent), rexx (8 Prozent) und Taleo (7 Prozent) (Conradi et al., 2016, S. 6).
2.3 Wandel des Recruitings:
Die Rekrutierung von Mitarbeitende hat sich über die letzten 20 Jahre hinweg verändert und stellt Unternehmen aktuell vor wesentliche Herausforderungen. Gründe sind der erwähnte Fachkräftemangel sowie der bevorstehende demografische Wandel. Veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen und neue Anforderungen an die Arbeitswelt sowie neue technologische Möglichkeiten zwingen Unternehmen zu Veränderungen.
Das Kapital Mensch wird zunehmend bedeutsamer für Unternehmen, um sich in internationalen Märkten behaupten und wettbewerbsfähig bleiben zu können (Vollrath, 2018, S. 167–168).
2.3.1 Recruiting 1.0–4.0.
Der klassische Recruitingprozess hat sich über die Jahre hinweg kaum verändert. Unternehmen schalten eine Stelleausschreibung auf einem Medium, interessierte Kandidaten, die auf Jobsuche sind, bewerben sich auf diese Anzeige und die Personalauswahl erfolgt mithilfe von Bewerbungsgesprächen (siehe Abb. 4).
Abb. 4: Phasen des Recruitings.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Teetz, 2018, S. 230.
[...]
- Arbeit zitieren
- Lutz Hintersatz (Autor:in), 2019, Technologischer Wandel und die sich verändernde Arbeitswelt im Zeitalter der Digitalisierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1148790
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