Chancen und Risiken von künstlicher Intelligenz im Human Resource Management. Strategische Auswirkungen für Unternehmen


Master's Thesis, 2021

111 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Ziel der Arbeit
1.3 Vorgehensweise

2. Grundlagen künstlicher Intelligenz
2.1 Der Begriff der Intelligenz
2.2 Der Begriff der künstlichen Intelligenz
2.2.1 Menschliches Handeln
2.2.2 Menschliches Denken
2.2.3 Rationales Denken
2.3 Maschinelles Lernen, Tiefes Lernen
2.4 Natürliche und künstliche neuronale Netze
2.5 Anwendungsbeispiele von künstlicher Intelligenz

3. Einsatz künstlicher Intelligenz im Human Resource Management
3.1 Human Resource Management im Wandel
3.2 Use Cases entlang der Wertschöpfungskette im Personalmanagement
3.2.1 Personalplanung
3.2.2 Beschaffung und Auswahl
3.2.3 Personaleinsatz
3.2.4 Personalbeurteilung
3.2.5 Personalentwicklung
3.2.6 Personalvergütung
3.2.7 Personalfreisetzung
3.3 Einsatz künstlicher Intelligenz im Personalmanagement
3.3.1 Recruiting im Prozessschritt Beschaffung und Auswahl
3.3.2 HR- Analytics
3.3.3 Personalentwicklung in Zeiten von KI
3.4 Die Zukunft des Personalmanagements

4. Strategischer Wert von künstlicher Intelligenz für Unternehmen
4.1 Changemanagement im Rahmen von KI
4.2 Chancen und Risiken beim Einsatz künstlicher Intelligenz im Unternehmen
4.3 Build or buy Dilemma

5. Ethische und rechtliche Grundsätze beim Einsatz künstlicher Intelligenz im Personalmanagement
5.1 Datenschutz im Personalmanagement
5.2 Algorithmische Diskriminierung und Ethik

6. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Meilensteine von KI

Abbildung 2: Dimensionen der Künstlichen Intelligenz

Abbildung 3: Bilderkennungsrate Mensch vs. Maschine

Abbildung 4: Aufbau menschliches Nervensystem

Abbildung 5: Schematische Darstellung eines Neurons

Abbildung 6: Künstliches neuronales Netz

Abbildung 6: Verbindung Neuronen

Abbildung 8: Künstliches neuronales Netz mit Gewichten

Abbildung 9: Bilderkennung Google KI

Abbildung 10: Die 5 Stufen des autonomen Fahrens

Abbildung 11: Künstliche Intelligenz beim autonomen Fahren

Abbildung 12: Evolution des HRM

Abbildung 13: Wertschöpfungsprozess Personalmanagement

Abbildung 14: Betriebliches Anreizsystem

Abbildung 15: Ablauf Recruiting-Prozess

Abbildung 16: Recruiting-Prozess mithilfe von KI

Abbildung 17: Methoden zur Reifegradentscheidung

Abbildung 18: Möglichkeiten zur Nutzung von HR-Analytics

Abbildung 19: Schwerpunkte im zukünftigen HRM

Abbildung 20: Arbeitsweltszenarien heute vs. 2025

Abbildung 21: Notwendige Kompetenzen im HRM heute vs. 2025

Abbildung 22: Zentrale Erkenntnisse PwC Studie

Abbildung 23: Mitarbeitersorgen beim Einsatz von künstlicher Intelligenz?

Abbildung 24: Changemanagementprozess im Zuge künstlicher Intelligenz

Abbildung 25: Vier Wege zur Eingliederung von künstlicher Intelligenz im Unternehmen

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Definitionen Künstliche Intelligenz

Tabelle 2: Entwicklung des Web

Tabelle 3: Chancen und Risiken für Unternehmen beim Einsatz künstlicher Intelligenz

Abkürzungsverzeichnis

AG Arbeitgeber

AGG allgemeine Gleichbehandlungsgesetz

AI Artificial Intelligence

AKV Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungsprinzip

BCG Boston Consulting Group

BR Betriebsrat

BuB Betriebs- und Berechtigungskonzept

BPM Bundesverband der Personalmanager

CIO Chief Information Officer

DGFP Deutschen Gesellschaft für Personalführung e.V.

DSGVO Europäischen Datenschutzgrundverordnung

DL Deep Learning

EB Europäischer Binnenmarkt

EU Europäische Union

EFF Electronic Frontier Foundation

FB Facebook

GG Grundgesetz

HRM Human Resource Management

IT Informationstechnologie

KI Künstliche Intelligenz

knN Künstliche neuronale Netze

KOFA Kompetenzzentrums für Fahrkräftesicherung

LA Learning Analytics

ML Machine Learning

MMI Mensch-Maschine Interaktion

Mrd. Milliarden

OECD Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

PM Personalmanagement

PwC PricewaterhouseCoopers

SoLAR Society for Learning Analytics Research

1. Einleitung

Die künstliche Intelligenz (KI), auch bekannt unter dem englischen Begriff der Artificial Intelligence (AI), gehört zu den Megatrends der aktuellen Zeit.1 Es wird viel darüber diskutiert, welchen Einfluss die KI in Zukunft auf unser Leben haben kann.

Die Meinungen über KI sind gespalten. Einerseits wird davon ausgegangen, dass die KI zukünftig einen großen Nutzen für die Menschheit haben wird, andererseits gibt es Stimmen, die vor der KI warnen.

Ein berühmter Befürworter von KI ist Mark Zuckerberg, Gründer und Vorstandsvorsitzender von Facebook (FB), der größten Plattform für soziales Netzwerken.2 In 2020 konnten ca. 2,7 Milliarden (Mrd.) FB-Nutzer identifiziert werden.3 Damit wäre Facebook, wenn es ein Staat wäre, mit den o. g. Nutzern das größte Land der Welt. Mark Zuckerberg sieht großes Potenzial hinsichtlich der Nutzung von KI, vor allem in Form des menschlichen Lernens. Prinzipiell wertet Mark Zuckerberg die KI zudem eher als Unterstützung für den Menschen im alltäglichen Leben.4

Neben Befürwortern gibt es aber auch berühmte Kritiker dieser erfolgversprechenden Technologie, darunter zählen der bekannte Unternehmer Elon Musk und der Physiker und Astrophysiker Stephan Hawking.5

In 2014 warnte Stephen Hawking dringend vor der Implementierung von KI, da dies seiner Meinung nach das Ende des menschlichen Lebens darstellen könnte.6

Auch Elon Musk befürchtet, dass die KI den Menschen innerhalb von fünf Jahren überholen könnte.7

Doch was verbirgt sich hinter dieser umstrittenen Technologie, bei der sich sogar die Meinungen berühmtberüchtigter Größen spalten? Welche Chancen und Risiken verbergen sich hinter diesem zukünftigen Megatrend? Weshalb bestehen einerseits diese Sorgen und welche Potenziale werden andererseits bei der Nutzung dieses zukünftigen Megatrends gesehen?

1.1 Problemstellung

Die Digitalisierung hat in den vergangenen Jahren ein ernstzunehmendes Tempo erreicht. Damit einhergehend entwickeln sich Märkte rasant schnell und erfordern entsprechend kurzfristigere, unternehmerische Reaktionen. Zudem stehen mit der demographischen Entwicklung und der Globalisierung weitere Treiber im Mittelpunkt, die dazu führen, dass das Personalmanagement (PM) vor immer größere Herausforderungen gestellt wird und einer neuen Rolle im Unternehmen bedarf.

Das Human Resource Management (HRM) ist nicht mehr nur die reine Personalverwaltung aus der Vergangenheit. Sie hat im Zuge der o. g. Entwicklungen eine strategische Stellung im Unternehmen eingenommen und wird zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Die neuen Technologien verändern des Weiteren nicht nur die Stellung des HRM, sondern erfordern auch ein Umdenken und Mitmachen jedes einzelnen Mitarbeiters und der gesamten Organisation. Daher steht das HRM, stellvertretend für alle Unternehmen, vor einer großen Aufgabe, bei der KI Abhilfe schaffen kann. Mithilfe automatisierter Systeme kann das HRM Unternehmen hinsichtlich der Gewinnung von neuen, leistungsstarken Mitarbeitern zum Erfolg führen. Weiterhin können durch die Einführung von diversen digitalen Tools Prozesse effizienter dargestellt und optimiert werden.

1.2 Ziel der Arbeit

Das Ziel der Arbeit ist es zunächst herauszustellen, wie KI funktioniert und auf welchem Grundgedanken diese Technologie basiert. Ferner wird im weiteren Verlauf die Analyse der aktuellen Nutzung von KI im HRM und die Ermittlung von weiteren Potenzialen in den Vordergrund gestellt. Abschließend erfolgt eine Analyse, welche zum Ziel hat, die Chancen und Risiken für Unternehmen bei der Implementierung von KI-Tools im Zuge der Personalarbeit aufzuzeigen.

1.3 Vorgehensweise

Nach der Einleitung werden zunächst wichtige KI-Grundlagen geklärt, indem Begriffe wie Intelligenz und KI, Machine Learning (ML) sowie Deep Learning (DL) und künstliche neuronale Netze (knN) voneinander abgegrenzt werden. Abgeschlossen wird das Kapitel zwei von verschiedenen aktuellen Anwendungsbeispielen der KI. Das Kapitel drei handelt von der Nutzung von KI im HRM8. Bevor es zu dieser Analyse kommt, wird zunächst die Wertschöpfungskette des HRM veranschaulicht. Auf Basis dieser Wertschöpfungskette werden einzelne Prozesse ausgewählt und entsprechende Möglichkeiten des KI-Einsatzes vorgestellt. Abgeschlossen wird das Kapitel drei durch eine Analyse der Anforderungen des zukünftigen HRM auf Basis verschiedener Studien. Im Kapitel vier werden die strategischen Auswirkungen von KI im Unternehmen analysiert und anhand dieser die Möglichkeiten von KI für das PM bzw. für das gesamte Unternehmen benannt.

Im Kapitel fünf werden ethische und datenschutzrechtliche Themen im Zusammenhang mit KI angesprochen. Abgeschlossen wird die vorliegende Arbeit vom Kapitel sechs, dem Fazit bzw. der kritischen Würdigung.

2. Grundlagen künstlicher Intelligenz

Als im Jahre 2004 der Science-Fiction Thriller „I, Robot“ erschien, staunten viele Kinobesucher nicht schlecht. Der Kinohit spielt sich im Jahr 2035 ab und zeigt das Zusammenleben von Menschen und Robotern. Der Mensch wird im alltäglichen Leben von Robotern unterstützt, Mensch und Roboter leben auf engstem Raum zusammen und führen einen gemeinsamen Haushalt. Zudem werden Aufgaben von Robotern übernommen, die vorher vom Menschen selbst erledigt wurden.

Der Mensch verbindet damit KI, menschenähnliche Gestalten, die sich wie Menschen verhalten und den Menschen theoretisch ersetzen könnten. Doch ist das schon alles? Steht der Roboter als Synonym für KI? Was wird eigentlich unter dem Begriff KI verstanden? Und warum erlebt diese Technologie erst jetzt diesen Hype?

Die Wissenschaft verbindet weitaus mehr mit KI als die reine Robotik.

Das Sachgebiet der KI eröffnet Unternehmen neue Wachstumschancen und die Erschließung neuer Geschäftsfelder. Unternehmen sehen im Zeitalter der Digitalisierung und der damit verbundenen Datenflut zusätzliche Weiterentwicklungsmöglichkeiten in ihren eigenen Reihen.

Demgegenüber verbinden Menschen die Gefahr des Jobverlustes mit KI. Bereits in 2018 titelte das Handelsblatt unter Berufung auf eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD): „Digitalisierung gefährdet Millionen von Jobs – welche besonders betroffen sind“.9

Auch Unternehmen stehen vor zukünftigen Herausforderungen. KI ermöglicht zwar die Einführung neuer Innovationen, mit denen Prozesse verbessert bzw. automatisiert werden können, jedoch können Innovationen auch einen disruptiven Charakter für etablierte Geschäftsfelder bedeuten und diese somit ablösen.

Die nachfolgende Abbildung von Buxmann und Schmidt zeigt einige Meilensteine der Entwicklung von KI, welche in der vorliegenden Arbeit auch teilweise aufgegriffen werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Meilensteine von KI

Quelle: Buxmann, Peter und Schmidt, Holger (2021), S.7

Es ist zu erkennen, dass die Technologie der KI bereits im Jahre 1950 im Zuge des Turing-Tests ihre ersten Schritte unternommen hat. In 1997 erlebte die ganze Welt einen beeindruckten Moment, als die Maschine Deep Blue einen ganzen Schachwettbewerb gegen den amtierenden Schachweltmeister Garri Kasparow gewann. Seit dem 21. Jahrhundert entwickelt sich die KI immer mehr in die Richtung von Maschinellem Lernen - im Folgenden auch Machine Learning genannt - welches ein Teilgebiet von KI darstellt. Weshalb sich die KI erst zur aktuellen Zeit so rasant entwickelt, ist leicht erklärt: Im Zuge des 21. Jahrhunderts haben vermehrt Tech-Unternehmen wie Facebook oder Google an Bedeutung gewonnen. Dadurch verfügt die Wissenschaft über viel mehr Daten, die verarbeitet werden können. Darüber hinaus können stetig höhere Rechenleistungen nachgewiesen werden, mit denen die Datenmassen verarbeitet werden können. Weiterhin setzen sich mittlerweile weitaus mehr Wissenschaftler, vor allem aus der Informationstechnologie (IT), mit dieser Technologie auseinander und entwickeln bessere Methoden und Modelle, was dazu führt, dass das Interesse an KI auch in der Gesellschaft steigt.

In den nachfolgenden Kapiteln werden grundsätzliche Fragen der KI geklärt und Begrifflichkeiten erläutert sowie voneinander abgegrenzt. Es wird dargestellt, was unter KI zu verstehen ist und wie sich dieser Begriff von anderen Begrifflichkeiten wie ML, DL und knN unterscheidet. Des Weiteren werden in diesem Kapitel Beispiele der Nutzung von KI aus verschiedenen Wirtschaftsbereichen veranschaulicht.

2.1 Der Begriff der Intelligenz

Bevor eine tiefere Analyse in die Technologie der KI erfolgt, sollten zunächst grundsätzliche Begrifflichkeiten geklärt werden. Daher wird zunächst eine Definition des Begriffes Intelligenz erfolgen, um die Basis für den weiteren Verlauf der Arbeit aufzustellen.

Die Wissenschaft tut sich bei der Definition des Begriffes Intelligenz schwer. Es gibt keine allgemeingültige Definition für Intelligenz, jedoch werden bestimmte Faktoren mit Intelligenz verknüpft, die sich in fast allen Definitionen wiederfinden.

Der Begriff der Intelligenz stammt vom lateinischen Wort „intellegere“ ab, bedeutet so viel wie „verstehen“ und impliziert laut Duden die „Fähigkeit des Menschen, abstrakt und vernünftig zu denken und daraus zweckvolles Handeln abzuleiten“.10 Dies stellt zwar eine sehr allgemeine Definition dar und gibt keine genaue Auskunft über die zu beherrschenden Kompetenzen, jedoch wird bereits hier deutlich, dass es um besondere Fähigkeiten geht, die ein entscheidendes Handeln des Menschen bewirken soll und nicht von jedermann umgesetzt werden kann.

Eine weitere Definition bietet das Gabler Wirtschaftslexikon: Intelligenz ist „in der Psychologie ein hypothetisches Konstrukt (d.h. eine Erklärung für ein nicht direkt beobachtbares Phänomen), dass die erworbenen kognitiven Fähigkeiten und Wissensbestände einer Person bezeichnet, die ihr zu einem gegebenen Zeitpunkt zur Verfügung stehen“.11

Das Gabler Wirtschaftslexikon geht in eine tiefere Definitionsdimension des Begriffes und verknüpft weitere Begrifflichkeiten wie kognitiv und Wissen mit Intelligenz. Der Begriff „kognitiv“ stammt vom lateinischen Wort „cognoscere“ ab und ist mit „zu erkennen“ zu übersetzen. Mit dem Begriff kognitiv werden entscheidende Funktionen wie Wahrnehmung, Lernen, Erinnern, Denken sowie das Wissen des Menschen verbunden und verdeutlicht somit die entscheidenden Faktoren, die mit Intelligenz in Zusammenhang stehen. Hier wird der Begriff Intelligenz als Informationsverarbeitungsprozess mit Problemlösungsqualitäten dargestellt.

William Stern definierte Intelligenz zu Beginn des 20. Jahrhunderts als „Fähigkeit zur Anpassung an unbekannte Situationen zur Lösung neuer Probleme“.12 Die Idee Sterns war es in Anlehnung an Alfred Binet, welcher in 1905 der Erste war, der Intelligenz mithilfe eines Fragenkataloges messen wollte, einen Index zu erstellen, welcher die Intelligenz der Menschen messen und in eine Rangfolge stellen sollte. Heute ist dieser Index auch unter Intelligenzquotient bzw. IQ bekannt.13

Anknüpfend an diese Definition wurde im psychologischen Wörterbuch von Dorsch Intelligenz als „Fähigkeit angesehen, sich in neuen Situationen aufgrund von Einsichten zurechtzufinden oder Aufgaben mithilfe des Denkens zu lösen, ohne dass hierfür die Erfahrung, sondern vielmehr die Erfassung von Beziehungen wesentlich ist“.14

Diese Definition entspricht grundsätzlich den zuvor genannten, stellt jedoch noch stärker heraus, dass Intelligenz nicht mit Erfahrungen als Einflussfaktor verbunden und somit als angeborene Kompetenz eines Menschen dargestellt wird, welcher selbst in unbekannten Situationen mit seinem Wissen bzw. mit der logischen Verknüpfung von Beziehungen Lösungen finden kann.

Der Begriff „künstlich“ hingegen wird gemäß Duden grundsätzlich als Vorgang beschrieben, der natürliches Geschehen nachahmt bzw. natürliche Prozesse imitiert.15 Im Zusammenhang mit KI kann dies also bedeuten, dass Aktionen, die durch den Menschen entstehen oder durchgeführt werden bzw. Probleme gelöst werden, durch einen Prozess ersetzt werden, indem der Mensch nicht direkt beteiligt ist. Zumindest ergibt sich dies zunächst aus der Zusammenführung der jeweiligen Begriffe Intelligenz bzw. künstlich.

Doch wie definiert die Wissenschaft KI, wenn nicht einmal eine klare Definition für Intelligenz besteht.

2.2 Der Begriff der künstlichen Intelligenz

Grundsätzlich kann im Rahmen von KI zwischen starker und schwacher Grundlage unterschieden werden. Bei der Anwendung schwacher KI wird von der Nachahmung von intelligentem Wesen ausgegangen bzw. eine KI wird so programmiert, dass es sich in bestimmten Bereichen intelligent verhält.16 Eine starke KI hingegen zeichnet aus, dass der Computer oder Roboter genauso intelligent ist wie der Mensch und vor allem über ein menschenähnliches Bewusstsein verfügt.17 18

Darüber hinaus haben sich in der Wissenschaft vier Ansätze durchgesetzt, welche einige Definitionen von KI im weiteren Sinne darstellen. Hierbei wird zwischen rational und menschlich bzw. zwischen Denken und Handeln unterschieden – siehe nachfolgende Tabelle.

Tabelle 1: Definitionen Künstliche Intelligenz

Quelle: Russell, Stuart J. und Norvig, Peter (2012) S.23

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.2.1 Menschliches Handeln

Unter dem Ansatz des Menschlichen Handelns spielt vor allem der Grundgedanke des Alan Turings im Sinne der KI eine bedeutsame Rolle.

Das Jahr 195019 gilt als das Geburtsjahr der künstlichen Intelligenz. In diesem Jahr veröffentlichte Alan Turing seinen Artikel zum Thema „Computing Machinery and Intelligence“. Erstmals referierte Turing über den Turing-Test, das maschinelle Lernen, genetische Algorithmen und das Reinforcement Lernen. Das sind

Begrifflichkeiten, die seither stets im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz stehen.20

Zur Beantwortung der Frage, ob Computer intelligent seien, entwickelte Alan Turing den Turing-Test, der erste Aufschlüsse von intelligenten Computern geben sollte. Die Idee hinter diesem Test war es, einen Menschen mittels Computer und Tastatur eine Onlineunterhaltung mit zwei verschiedenen Gesprächspartnern ohne Hör- und Sehkontakt über fünf Minuten führen zu lassen. Hinter den Gesprächspartnern verstecken sich einerseits ein Mensch und andererseits eine Maschine bzw. ein Computer. Sofern der menschliche Fragensteller nach der Befragung in 30% der Fälle nicht beantworten kann, welcher Gesprächspartner das Programm ist, hat die Maschine den Turing-Test bestanden.21

In der Literatur heißt es, dass ein Computer verschiedene Eigenschaften erfüllen muss, um den Turing-Test zu bestehen:

- Verarbeitung natürlicher Sprache
- Wissensrepräsentation
- Automatisches logisches Schließen
- Maschinenlernen.22

Die o. g. Eigenschaften verzeichnen zunächst keinen physischen Kontakt zwischen den jeweiligen Nutzern, „da eine physische Simulation einer Person für die Intelligenz nicht erforderlich ist.“23 Bei der Ausweitung des Tests kommen weitere Eigenschaften hinzu.

Die Erweiterung des Tests ist unter der Begrifflichkeit totaler Turing-Test bekannt geworden und sieht folgende zwei weitere Eigenschaften des Computers als erforderlich an, um diesen vollen Turing-Test zu bestehen:

- Computervision
- Robotik.24

Die o. g. Eigenschaften bilden grundsätzlich die Grundzüge von KI ab und spielen somit bis heute eine wichtige Rolle bei der Analyse von KI.

2.2.2 Menschliches Denken

Der Ansatz des Menschlichen Denkens verfolgt die Idee der kognitiven Modellierung. In dem Gebiet der Kognitionswissenschaft werden Computermodelle aus der KI mit Techniken aus der Psychologie zusammengebracht, um die Theorien des menschlichen Verstandes in die Welt der Maschinen zu übertragen. Bevor dies jedoch umgesetzt werden kann, muss zunächst erforscht werden, wie der Mensch überhaupt denkt. Hierfür sind drei Möglichkeiten vorhanden:

- Durch Introspektion bzw. Selbstbeobachtung,
- durch psychologische Experimente (Beobachtung anderer Menschen) und
- durch Hirntomografie (Beobachtung des aktiven Gehirns).25

Bei ausreichenden Informationen über die Theorie des menschlichen Verstandes, ist die Übertragung in ein Computerprogramm möglich.

Sofern In- als auch Output des Computerprogramms dem menschlichen Verhalten ähnelt, weist dies darauf hin, dass die Mechanismen des Computerprogramms auch beim Menschen eine Rolle spielen können.

2.2.3 Rationales Denken

Die ersten „Gesetze des Denkens“ stammen aus der Zeit der Antike. Der bekannte griechische Philosoph Aristoteles26 entwickelte verschiedene Muster von Argumentationsstrukturen, die auf erste logische Schlüsse hindeuteten, sogenannte Syllogismen. Syllogismen beschreiben die Ableitung eines logischen Gedankens aus zwei Prämissen und damit einhergehend die Ableitung vom Allgemeinen auf das Besondere.27

Ein Beispiel für seinen Syllogismus zeigt die nachfolgende Struktur, aufbauend auf erster und zweiter Prämisse sowie die dadurch resultierende Schlussfolgerung:

1. Erste Prämisse: Sokrates ist ein Mensch.
2. Zweite Prämisse: Alle Menschen sind sterblich.
3. Schlussfolgerung: Daher ist auch Sokrates sterblich.

Auf Basis der Vorgehensweise der Syllogismen von Aristoteles, wurde die Begrifflichkeit bzw. die Entwicklung der Logik im 19. Jahrhundert in die Wege geleitet. Es wurden in den 1960er Jahren Problemlösungssysteme aufgesetzt, die jegliche Problematik, die in einer logischen Notation erfasst wird, lösen kann. Diese Problemlösungssysteme können für KI die Grundlage werden, um intelligente Systeme aufzubauen.28

2.3 Maschinelles Lernen, Tiefes Lernen

Der Begriff des Lernens ist ein zentraler Bestandteil, wenn es um das Thema KI geht. Wie kann eine Maschine ohne vorherigen Input x einen gewünschten Output y erbringen? Das Maschinelle Lernen oder eher bekannt unter seinem englischen Begriff ML, ist ein Teilgebiet der KI.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Dimensionen der Künstlichen Intelligenz

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an datasolut GmbH (Hrsg.), Abruf am 07.03.2021

Im Sachgebiet des ML geht es um Algorithmen, die von Daten lernen, um ein gewünschtes Ergebnis zu erzielen oder eine Vorhersage treffen zu können. Die Fähigkeit, Entscheidungen treffen zu können, erlernt eine Maschine im Laufe der Zeit auf Basis von Erfahrungen bzw. Vergangenheitsdaten.29

ML wird in drei zentrale Verfahren unterteilt:

- Supervised Learning (überwachtes Lernen)
- Unsupervised Learning (unbewachtes Lernen)
- Reinforcement Learning (verstärkende Lernen)30

Das Supervised Learning beschreibt das Trainieren eines Algorithmus auf Basis klar gekennzeichneter Dateien. Das bekannteste Beispiel in diesem Segment ist das Antrainieren des Algorithmus mit vielen verschiedenen Tierbildern.

Der Algorithmus erhält als Input Tierbilder, die aufgrund einer klaren Kennzeichnung nach Tierart unterschieden werden können. Nachdem der Algorithmus mit den Daten und den entsprechenden Informationen trainiert wurde, erfolgt eine Überprüfung des Trainingsdatensatzes, um eine Aussage über die Güte des Algorithmus tätigen zu können.31

Gemäß einem Bericht der Electronic Frontier Foundation (EFF) aus dem Jahr 2018, in dem es um die Messung des Fortschritts der KI-Forschung ging, wurde unter anderem die Fehlerrate hinsichtlich der Klassifizierung von Bildern analysiert und auch ein Vergleich zwischen Mensch und Maschine angestellt. Während die Fehlerrate beim Menschen bei 0,05 liegt, hat sich die Maschine in den letzten zehn Jahren stark verbessert und die Fehlerrate minimiert, sodass diese gegen null läuft und den Menschen überholt hat.

Die nachfolgende Abbildung zeigt die Entwicklung der Maschine seit 2011 bis 2018:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Bilderkennungsrate Mensch vs. Maschine

Quelle: Electronic Frontier Foundation (Hrsg.), Abruf am 15.05.2021

Die Methode des Supervised Learning ist aufgrund der Menge an Anwendungsmöglichkeiten das am häufigsten angewendete Prinzip des ML.

Das Unsupervised Learning hingegen beschreibt das unbewachte Lernen. Dies bedeutet, dass der Algorithmus im Gegensatz zum vorgenannten Supervised Learning keine Informationen über den Input erhält und eigenständig Muster in den Daten herausstellt. Um beim zuvor genannten Beispiel der Tierbilder zu bleiben, erhält der Algorithmus keine Information über die Tierart, sondern der Algorithmus wird dahingehend trainiert, die Tierbilder auf Basis eigens erstellter Muster zusammenzutragen und diese zu kategorisieren.

Das dritte Verfahren des ML ist das Reinforcement Learning. Bei diesem Verfahren soll für ein bestehendes Problem eine optimale Strategie erlernt werden. Die Grundlage bildet hierbei die Anreiz- und Belohnungsfunktion, die es zu maximieren gilt. Der Algorithmus erhält keine Information darüber, welche Aktion in welcher Situation die Richtige ist. Der Algorithmus erhält im Zuge der Anreiz- und Belohnungsfunktion eine Rückmeldung, die in Form einer Belohnung oder Strafe erfolgen kann. Der aktuelle Zustand einer Umgebung wird vom Entwickler spezifiziert und verschiedene Handlungsalternativen auf Basis der bestehenden Umweltbedingungen aufgezeigt. Ein Beispiel hierfür ist das Schachspiel. Dem Algorithmus werden bei jedem Schachzug die verschiedenen Optionen aufgezeigt, welche zur Verfügung stehen und auf Basis der Schachregeln getroffen werden können. Die Aufgabe des Algorithmus ist es, auf Basis der bestehenden Informationen, die optimale Wahl zu treffen und die Anreizfunktion zu maximieren.32

Ein Sachgebiet, welches ebenfalls dem ML zugeordnet werden kann, ist in Abbildung zwei aufgelistet, jedoch noch nicht thematisiert worden: das DL oder zu Deutsch tiefes Lernen. Das DL verwendet künstliche neuronale Netze als Grundlage. Der Vorteil des DL im Vergleich zu den gängigen ML Varianten ist, dass sie durch mehrschichtige Netzwerke komplexere Zusammenhänge erlernen kann.

Im nachfolgenden Kapitel wird die Thematik von natürlichen und künstlichen neuronalen Netzen näher erläutert, welche die Grundlage für das DL darstellt.

2.4 Natürliche und künstliche neuronale Netze

Bevor eine Abgrenzung des Begriffs knN erfolgt, findet zunächst ein kurzer Exkurs in die Neurowissenschaft statt, um den Grundgedanken bzw. die Funktion eines neuronalen Netzes vorab zu verstehen.

Die Neurowissenschaft beschäftigt sich mit der Struktur und Funktion des Nervensystems. Das Nervensystem besteht aus dem Gehirn, Rückenmark sowie peripheren Netzen und stellt eine komplexe Struktur dar. Es gilt als Informationsverarbeitungssystem, welches sämtliche physiologische Prozesse des Körpers steuert. Die Funktionen des Nervensystems, welche unabhängig von anderen Körpersystemen sind, bilden die Grundlage für Bewusstsein, Gedächtnis, Denken und Sprache.33

Das Nervensystem besteht aus zwei Teilen – dem zentralen und dem peripheren Nervensystem.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Aufbau menschliches Nervensystem

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Michael-Titus, Adina u.a. (2018), S.2.

Das zentrale Nervensystem besteht aus dem Gehirn, dem Hirnstamm und dem Rückenmark. Die Aufgabe des zentralen Nervensystems ist neben den o. g. Grundfunktionen der Sprache und des Denkens auch die Kontrolle der Motorik sowie die Verarbeitung jeglicher Informationen aus der Umwelt.

„Das periphere Nervensystem besteht aus Nervenfasern, die bestimmte sensorische und motorische Informationen zum zentralen Nervensystem leiten (...).“34 Das somatische Nervensystem regt die Skelettmuskulatur, die Haut und die inneren Organe an. Das autonome Nervensystem steuert hingegen die inneren Organe.35 Das zentrale Nervensystem und das periphere Nervensystem sind anatomisch zwar getrennt, auf funktionaler Ebene jedoch miteinander verbunden.36

Das zentrale und das periphere Nervensystem bestehen aus zwei Zellarten, zum einen den Nervenzellen, oder auch Neuronen genannt, und zum anderen den Gliazellen. Die Gliazellen machen circa die Hälfte der Gehirnmasse aus und sind zehn Mal mehr als Neuronen vertreten. Unter anderem verfügen sie über die Kompetenz der Immunfunktion.37

Neuronen sind Informationsverarbeitungselemente und bestehen aus einem Zellkörper sowie Leitungen, welche die einzelnen Neuronen miteinander verknüpfen und mit Informationen versorgen. Die Leitungen sind auch unter dem Begriff Dendriten bekannt. Sie erhalten Signale, verarbeiten diese und leiten eine entsprechende Reaktion weiter, bspw. an einen Muskel. Die Leitung, welche die Informationen weiterträgt, wird Axon genannt. Axone enden mit mehreren Verzweigungen an der Synapse, an dessen Stelle die Informationen an andere Zellen übertragen werden.38

Die nachfolgende Abbildung zeigt den Aufbau eines multipolaren Neurons.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Schematische Darstellung eines Neurons

Quelle: Michael-Titus, Adina u.a. (2018), S.32.

Ein neuronales Netz ist bezugnehmend auf den oben beschriebenen Aufbau und deren Verknüpfungen somit eine Vielzahl miteinander verbundener Neuronen.

Mit künstlichen neuronalen Netzen versucht die Wissenschaft die biologischen neuronalen Netze als informationsverarbeitendes System mit Computern nachzubilden bzw. zu modellieren. Die hochkomplexe Struktur und strukturelle Verarbeitung von Informationen, die das Gehirn ermöglicht und damit dem Menschen komplexes Verhalten nachzuweisen ist, sollen in Zukunft auch im Bereich der KI umgesetzt werden können.

Das Modell des künstlichen neuronalen Netzes besteht aus Knoten (Neuronen) und Kanten (Synapsen), welche Informationen aufnehmen, bearbeiten und ein Ergebnis ausgeben. Dies erfolgt über drei Schichten, die Eingabeschicht (Input-Units), die verborgene Schicht (Hidden Units/ Hidden Layer) und die Ausgabeschicht (Output-Units). Jede Schicht hat definierte Aufgaben:

- Eingabeschicht/ Input:

In der ersten Schicht geht es um die Versorgung des neuronalen Netzes mit Informationen. Die eingegebenen Daten werden verarbeitet, mit Gewichten versehen und im Anschluss an die nächste Schicht weitergegeben.

- Verborgene Schicht/ Hidden Layer:

Diese Schicht befindet sich zwischen der Eingabe- und der Ausgabeschicht. Die Besonderheit dieser Schicht ist, dass es im Gegensatz zu den zuvor genannten Schichten aus mehreren Schichten bestehen kann. Auch in dieser Schicht werden die Informationen gewichtet und an die Ausgabeschicht weitergetragen. Die Gewichtungen finden in dieser Schicht in jeder einzelnen Ebene statt. Der Begriff der verborgenen Schicht kommt daher, weil die Verarbeitung der Informationen nicht sichtbar ist.

- Ausgabeschicht/ Output:

Die Ausgabeschicht ist die letzte Schicht und damit der Abschluss des Informationsflusses.39

Die nachfolgende Abbildung zeigt die skizzenhafte Darstellung eines knN auf.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Künstliches neuronales Netz

Quelle: Rocketloop GmbH (Hrsg.), Abruf am 15.05.2021

Die Neuronen sind durch Kanten miteinander verbunden. Besteht ein Netz aus zwei Neuronen b und c, drückt das Gewicht entlang der Kante zwischen b und c aus.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Verbindung Neuronen

Quelle: Eigene Darstellung

Das Wissen des knN baut auf exakt diesen Gewichten auf. Die Darstellung in Matrizenform dient zu Zwecken der Vereinfachung. Nachfolgendes Modell zeigt die Darstellung von Gewichten graphisch und mathematisch in Matrizenform:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Künstliches neuronales Netz mit Gewichten

Quelle: Buxmann, Peter und Schmidt, Holger (2019), S.16.

DL beschreibt in diesem Zusammenhang somit nichts Anderes als tiefe neuronale Netze, mit der eine große Anzahl an künstlichen Neuronen Eingangsinformationen in mehreren Schichten verarbeiten und ein Ergebnis bereitstellen.40

Dieses Kapitel zeigt auf, welche Komplexität hinter der Idee von knN steckt und welche herausragenden Möglichkeiten in den verschiedenen Bereichen wie bspw. in der Wirtschaft oder Medizin dadurch eröffnet werden können. Jedoch ist auch hier Vorsicht geboten, denn diese Technologie hat ihre Grenzen. Die Ergebnisse, die mit den verschiedenen Modellen von ML bzw. DL erzielt werden, sind wie unter anderem im Bericht der EFF aus 2018 zu entnehmen war, äußerst positiv und mit den menschlichen Fähigkeiten zu vergleichen. Jedoch sind auch Maschinen nicht frei von Fehlentscheidungen. Die in Abbildung acht dargestellte Katze wurde bspw. von einer Google KI nicht als solche erkannt, sondern als Guacamole.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Bilderkennung Google KI

Quelle: Labsix (Hrsg.), Abruf am 15.05.2021

Sind die Parameter des Algorithmus bekannt, kann das knN durch einfache Anpassungen getäuscht werden, sodass ein falsches Ergebnis ausgegeben wird.

In diesem Zusammenhang ist die Fehlentscheidung zwar nicht besonders gravierend, kann sich jedoch je nach Sachverhalt, wie bspw. beim autonomen Fahren, dramatisch verändern. Diese Beispiele zeigen die hohe Korrelation zwischen maschinellem Lernen und Sicherheit.41

Des Weiteren zeigt sich beim Ansatz des ML das Problem der Black Box. Es ist nicht bekannt, warum das knN zu einem bestimmten Ergebnis kommt, so wie im obigen Beispiel mit der Katze und der Guacamole, da die Entscheidung auf Basis der errechneten diversen Gewichte des Netzwerks, welche schwer zu interpretieren sind, erfolgt. Dieses Problem stellt sich vor allem dann als sehr problematisch dar, wenn der Einsatz solcher Technologien in Zusammenhang mit personellen Entscheidungen bspw. des HRM steht.42 Hierauf wird zu einem späteren Zeitpunkt der Arbeit tiefer eingegangen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sofern nicht bekannt ist, weshalb ein Algorithmus ein bestimmtes Ergebnis erzielt, die Ansätze hinterfragt werden müssen und die Anwendung vorerst unterbrochen wird.

2.5 Anwendungsbeispiele von künstlicher Intelligenz

Wie die zuvor genannten Beispiele bereits aufgezeigt haben, ist das Gebiet der KI sehr breit und kann in verschiedenen Bereichen der Informatik, Wirtschaft aber auch Medizin verwirklicht werden. Im nachfolgenden Kapitel werden verschiedene Anwendungsbeispiele aus Bereichen aufgezeigt, in denen KI bereits Anwendung findet und dadurch zusätzliches Wissen ermöglicht.

Die Medizin war bereits zu Beginn der Erforschungen von KI das Anwendungsgebiet, welches für erste Ansätze dieser Technologie Berücksichtigung finden sollte.

In den 1980er Jahren wurden Algorithmen wie bspw. CADUCEUS entwickelt, welche auf Basis einer Datenbank bestehend aus Krankheitsbefunden und Symptomen für innere Medizin, Krankheiten durch ML schneller zugeordnet werden konnten. Im Jahre 1986 wurde in Deutschland die Datenbank Diagnosis ins Leben gerufen, welche dem Nutzer ebenfalls ermöglichte, mittels Eingabe von Symptomen eines Patienten im System, Befunde zu erheben. Die Datenbank warf dem Nutzer eine Kontrollliste der möglichen Diagnosen aus, auf welche die Symptome und Befunde zutrafen.43

Die weiterhin positiven Erkenntnisse in den vergangenen Jahren im DL haben dazu geführt, dass weitere technologische Entwicklungen im Bereich der Medizin angestoßen wurden.44 Das exponentielle Wachstum von Datenmengen eröffnet der Wissenschaft neue Möglichkeiten, Krankheiten schneller zu identifizieren bzw. sogar im Vorfeld zu erkennen, um ggf. gegensteuern zu können.

So haben zur heutigen Zeit bereits Forschungen und Studien der Universität Nottingham anhand von Menschen, die an hohem Cholesterinspiegel leiden, jedoch keine Symptome aufzeigen, im Zusammenhang mit kardiovaskulären Krankheiten (Herz-Kreislauf-System) belegt, dass KI-Systeme den bisher bestehenden medizinischen Leitlinien überlegen waren und mehr Krankheitsfälle vorausgesagt haben. Das KI-System, welches über ein neuronales Netz trainiert wurde, schloss am besten ab und hätte ca. acht Prozent mehr Krankheitsereignisse vorausgesagt, als es durch den Menschen identifiziert worden wäre.45

Eine weitere Studie aus Italien zeigte auf, dass eine KI so gut trainiert werden konnte, dass diese mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit eine Voraussage über eine mögliche neurodegenerative Erkrankung (in dem Fall Alzheimer) eines Patienten mittels Gehirnscans tätigen konnte. Über das Verfahren der Magnetresonanztomographie konnte der Algorithmus, Veränderungen zwischen den Verbindungen der jeweiligen Gehirnregionen erkennen und dementsprechend eine Aussage über den Krankheitsverlauf tätigen. Da es für die Alzheimer-Demenz aktuell keine heilbaren Forschungsmethoden in der Medizin gibt, wäre eine präventive Erforschung der Krankheit für den Patienten enorm wichtig, um bereits im symptomfreien Frühstadium dagegen ankämpfen zu können und die Risikofaktoren zu minimieren.46

Diese beiden Beispiele aus der Medizin verdeutlichen, dass es mittels KI zukünftig möglich werden könnte, Krankheiten zu verhindern und sich zu einem neuen Gesundheitssystem, der präventiven Krankheitsversorgung, zu entwickeln. Jedoch ist die Grundlage für eine funktionierende Technologie der Zukunft eine besonders große Datenmenge und damit verbunden die Implementierung von neuen KI-Infrastrukturen, welche vorerst mit hohen Investitionen verbunden sein dürfte. Weiterhin ist auch wichtig, dass die Nutzung solcher Methoden in Zukunft bei den Patienten Akzeptanz findet und diese als Vorteil gesehen wird.47

Ein weiteres sehr stark diskutiertes Anwendungsbeispiel von KI befindet sich im Bereich des automatisierten bzw. autonomen Fahrens.

Das autonome Fahren lässt sich in sechs Stufen klassifizieren. Die verschiedenen Stufen beschreiben die jeweiligen Aufgaben des automatisierten Systems bzw. stellt die jeweiligen Anforderungen an den Fahrer dar. Während die Stufe null keine automatisierten Fahrfunktionen aufweist, zeigt die Stufe fünf, welche als fahrerlos gekennzeichnet wird, die vollumfängliche Automatisierung des Systems auf allen Straßentypen, Geschwindigkeitsbegrenzungen und unter allen Umweltbedingungen.48

Die nachfolgende Abbildung zeigt die einzelnen Stufen im Detail.

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Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Die 5 Stufen des autonomen Fahrens

Quelle: Aon Beteiligungsmanagement Deutschland GmbH & Co. KG (Hrsg.), Abruf am 15.05.2021

Ab der zweiten Stufe wird in diesem Schema von Teilautomatisierung gesprochen. In Stufe vier wird die Vollautomatisierung erreicht und der Fahrer wird ab dieser zum Passagier.

Wie in den vorherigen Kapiteln erläutert, basiert die KI bzw. Teildisziplinen von KI auf Daten. Auch in diesem Anwendungsbeispiel spielen Daten eine tragende Rolle. In der Automobilbranche wird von zwei verschiedenen Lösungsansätzen beim Einsatz von automatisiertem Fahren gesprochen. Zum einen eine Ende-zu-Ende-Lösung, die sämtliche Eingabeinformationen verarbeiten kann und zum anderen eine große Anzahl an verschiedenen Systemen, die miteinander verknüpft arbeiten muss.49

Die Fortschritte im DL zeigen auf, dass eine ganzheitliche Ende-zu-Ende-Lösung durchaus umsetzbar ist. Aufgrund der Möglichkeit, eine große Anzahl an Daten über knN verarbeiten zu können, wird diese Variante in den Expertenkreisen favorisiert, da eine Aufteilung und Schaffung von Teilsystemen zu aufwändig erscheint. Zudem erlernt das System auf Basis der zur Verfügung stehenden Daten auch relevante Strukturen und kann somit auch Teilprobleme im Gesamtkonstrukt lösen.50

Diverse Automobilhersteller verfolgen jedoch die Variante der verschiedenen Teilsysteme, die miteinander kommunizieren und Datenmengen untereinander austauschen. Die zusätzlich eingebaute Steuerungslogik trifft auf Basis der Daten eine Fahrentscheidung.51

In der nachfolgenden Abbildung werden die eingesetzten Verfahren in einem automatisierten Fahrzeug vollständigkeitshalber dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11: Künstliche Intelligenz beim autonomen Fahren

Quelle: Nolting, Michael und Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (2021), S 125.

Im Rahmen dieser Arbeit wird sich auf den Einsatz von KI im Rahmen des HRM konzentriert. Unternehmen sind aufgrund des externen Drucks und der fortschreitenden Technologie gezwungen, sich mit dieser auseinanderzusetzen, um weiterhin im Wettbewerb bestehen bleiben zu können. Der Einsatz von KI im HRM bezieht sich vor allem darauf, wie sich Tätigkeiten bzw. Prozesse des Personalmanagements im Zuge der Digitalisierung verändern. Die Nutzung von KI im Personalmanagement ist bisher noch ziemlich überschaubar, obwohl ein nicht unerhebliches Potenzial der Nutzung vorhanden ist, da im Personalmanagement sämtliche Mitarbeiterdaten verfügbar sind. Vor allem in den Bereichen der Personalplanung oder im Performance Management zeigen sich Möglichkeiten auf, die bei der Implementierung von KI im Bereich des HRM von großer Bedeutung sein können.52

Eine Befragung der Technischen Universität Kaiserslautern und der Deutschen Gesellschaft für Personalführung e.V. (DGFP) in 2019 über KI im HRM, zeigte auf, dass die Mehrheit der Unternehmen, ca. 93%, in Deutschland einer Nutzung von KI entgegenstehen. Lediglich 3% der Unternehmen nutzen KI bereits heute in ihren Prozessen. Die Haupteinsatzgebiete von KI sind vor allem im Recruiting wiederzufinden, besonders bei der Vorauswahl von Bewerbern bzw. automatisierten Analyse von eingehenden Dokumenten.53

[...]


1 Vgl. Initiative Intelligente Vernetzung c/o Roland Berger GmbH (Hrsg.), Abruf am 02.04.2021, S.1f.

2 Vgl. Statista GmbH (Hrsg.), Abruf am 02.04.2021.

3 Vgl. Handelsblatt GmbH - ein Unternehmen der Handelsblatt Media Group GmbH (Hrsg.), Abruf am 02.04.2021.

4 Vgl. Axel Springer SE (Hrsg.), Abruf am 02.04.2021

5 Vgl. The Financial Times Ltd.(Hrsg.), Abruf am 02.04.2021.

6 Vgl. (a) Handelsblatt GmbH - ein Unternehmen der Handelsblatt Media Group GmbH (Hrsg.), Abruf am 02.04.2021.

7 Vgl. Independent Digital News and Media Ltd.(Hrsg.), Abruf am 02.04.2021.

8 Im Verlauf dieser Arbeit werden die Begrifflichkeiten Human Resource Management und Personalmanagement gleichbedeutend genutzt.

9 Vgl. (b) Handelsblatt GmbH - ein Unternehmen der Handelsblatt Media Group GmbH (Hrsg.).Abruf am 12.12.2021

10 Vgl. Bibliographisches Institut GmbH, 2021 (Hrsg.), Abruf am 12.12.2020

11 Vgl. Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (Hrsg.), Abruf am, 12.12.2021

12 Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH (Hrsg.), Abruf am 12.12.2020.

13 Vgl. Julius-Maximilians-Universität Würzburg (Hrsg.), Abruf am 12.12.2020.

14 Dorsch, Friedrich u.a.(hrsg) (1998).

15 Vgl. (a) Bibliographisches Institut GmbH, 2021 (Hrsg.), Abruf am 12.12.2020.

16 Vgl. Helbig, Hermann und Springer-Verlag GmbH (2020) S.497.

17 Vgl. Ebenda, S.497.

18 Helbig geht in seinem Buch auch auf die Kritik dieser Definition von starker KI ein. Aufgrund des begrenzten Rahmens dieser Arbeit wird hierauf verzichtet.

19 Neben dem Aufsatz von Alan Turing, gilt auch der von John McCarthy ins Leben gerufene Workshop in Darmouth im Jahre 1956 als die erste Initiative von mehreren Experten aus der Branche der Automation, neuronalen Netzen und Intelligenz als richtungsweisende Entwicklung der künstlichen Intelligenz.

20 Vgl. Russell, Stuart J. und Norvig, Peter (2012) S.39f.

21 Vgl. Ebenda S.1177.

22 Vgl. Ebenda, S. 23.

23 Ebenda S. 23.

24 Vgl. Russell, Stuart J. und Norvig, Peter (2012),S. 23ff.

25 Vgl. Ebenda, S.24.

26 Aristoteles lebte in der Zeit 384 v. Chr. bis 322 v. Chr.

27 Vgl. (b) Bibliographisches Institut GmbH, 2021 (Hrsg.), Abruf am 07.03.2021.

28 Vgl. Russell, Stuart J. und Norvig, Peter (2012) S.25.

29 Vgl. Buxmann, Peter und Schmidt, Holger (2019), S.7.

30 Vgl. Ebenda S.9.

31 Vgl. Buxmann, Peter und Schmidt, Holger (2019), S.10.

32 Vgl. Buxmann, Peter und Schmidt, Holger (2019), S.11.

33 Vgl. Michael-Titus, Adina u.a. (2018), S.2.

34 Michael-Titus, Adina u.a. (2018), S.2.

35 Vgl. Ebenda S.20.

36 Vgl. Ebenda, S.2.

37 Vgl. Ebenda, S.33.

38 Vgl. Ebenda, S.31.

39 Vgl. Moring, Andreas (2021), S.29ff.

40 Vgl. JUST ADD AI GmbH (Hrsg.), Abruf am 15.05.21

41 Vgl. Buxmann, Peter und Schmidt, Holger (2019), S.16.

42 Vgl. Buxmann, Peter und Schmidt, Holger (2019), S.17.

43 Vgl. Wittpahl, Volker und Springer-Verlag GmbH (2019), S.161.

44 Vgl. Ebenda, S.161.

45 Vgl. Wittpahl, Volker und Springer-Verlag GmbH (2019), S.167.

46 Vgl. Ebenda, S.177.

47 Vgl. Ebenda, S.172.

48 Vgl. Nolting, Michael und Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (2021), S.116.

49 Vgl. Nolting, Michael und Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (2021), S 120.

50 Vgl. Ebenda, S 120.

51 Vgl. Ebenda, S.121.

52 Vgl. Barton, Thomas u.a. (2020) S.221.

53 Vgl. Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. (Hrsg.), Abruf am 22.03.2021

Excerpt out of 111 pages

Details

Title
Chancen und Risiken von künstlicher Intelligenz im Human Resource Management. Strategische Auswirkungen für Unternehmen
College
University of Applied Sciences Bonn-Rhein-Sieg
Grade
2,0
Author
Year
2021
Pages
111
Catalog Number
V1146766
ISBN (eBook)
9783346550699
ISBN (Book)
9783346550705
Language
German
Notes
Mit Academic Plus bietet GRIN ein eigenes Imprint für herausragende Abschlussarbeiten aus verschiedenen Fachbereichen. Alle Titel werden von der GRIN-Redaktion geprüft und ausgewählt. Unsere Autor:innen greifen in ihren Publikationen aktuelle Themen und Fragestellungen auf, die im Mittelpunkt gesellschaftlicher Diskussionen stehen. Sie liefern fundierte Informationen, präzise Analysen und konkrete Lösungsvorschläge für Wissenschaft und Forschung.
Keywords
Human Resource Management, Künstliche Intelligenz, Artificial Intelligence, Strategie, Zukunft, Unternehmen, HRM, Personalmanagement, Digitalisierung, Arbeitsmarkt, Veränderungen, Potenzial, Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Innovation
Quote paper
Sead Sadiku (Author), 2021, Chancen und Risiken von künstlicher Intelligenz im Human Resource Management. Strategische Auswirkungen für Unternehmen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1146766

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