In unserer heutigen modernen Leistungsgesellschaft wird es für die Personalabteilungen großer Firmen und Institutionen zunehmend schwieriger, die richtigen Entscheidungen über die Vielzahl von Bewerbern zu treffen. Deshalb spielen eignungsdiagnostische Verfahren in der Personalauswahl eine immer wichtigere Rolle, wenn es um eine objektive Selektion von Menschen hinsichtlich ihrer individuellen Merkmale und Fähigkeiten geht.
Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Evaluation zwei verschiedener Eignungsauswahlverfahren an der Thüringer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung / Verwaltungsfachhochschule (Fachbereich Polizei), welche für die Selektion von Studienbewerbern für den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Bundeslandes Thüringen eingesetzt werden.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung und Überblick
2. Eignungsdiagnostische Verfahren in der Personalauswahl
2.1. Bedeutung eignungsdiagnostischer Verfahren
2.2. Verschiedene Arten von eignungsdiagnostischen Verfahren
2.3. Grundlagen zur Evaluation von eignungsdiagnostischen Verfahren
2.4. Zusammenfassung
3. Eignungsauswahlverfahren an der Thüringer VFHS
3.1. Bedeutung
3.2. Ausleseprozess
3.2.1. Allgemeine Einstellungsund Bewerbungsvoraussetzungen
3.2.2. Testabschnitt 1 des Eignungsauswahlverfahrens
3.2.3. Testabschnitt 2 des Eignungsauswahlverfahrens
3.2.4. Testabschnitt 3 des Eignungsauswahlverfahrens
3.3. Entwicklung des Verfahrens
3.4. Beschreibung der evaluierten Testverfahren
3.4.1. EAV1 des 16. Studienjahrgangs
3.4.2. EAV1 des 18. Studienjahrgangs
3.4.3. Assessment-Center
3.5. Zusammenfassung
4. Hintergründe und Rahmenbedingungen der vorliegenden Evaluation
4.1. Zentrale Fragestellungen der Untersuchung
4.2. Beschreibung der Stichproben
4.2.1. Der 16. Studienjahrgang
4.2.2. Der 18. Studienjahrgang
4.3. Prädiktoren der Untersuchung
4.4. Kriterien der Untersuchung
4.5. Zusammenfassung
5. Ergebnisse der Untersuchungen am 16. Studienjahrgang
5.1. Univariate Ergebnisse
5.1.1. Deskriptive Statistiken der erreichten Werte
5.1.2. Geschlechtsspezifische Unterschiede
5.1.3. Unterschiede hinsichtlich der Bewerbungsform
5.2. Bivariate Zusammenhänge
5.2.1. Zusammenhänge zwischen den Prädiktoren
5.2.2. Zusammenhänge zwischen den Kriterien
5.2.3. Validierung der Prädiktoren
5.3. Zusammenfassung
6. Ergebnisse der Untersuchungen am 18. Studienjahrgang
6.1. Univariate Ergebnisse
6.1.1. Deskriptive Statistiken der erreichten Werte
6.1.2. Geschlechtsspezifische Unterschiede
6.1.3. Unterschiede hinsichtlich der Bewerbungsform
6.2. Bivariate Zusammenhänge
6.2.1. Zusammenhänge zwischen den Prädiktoren
6.2.2. Zusammenhänge zwischen den Kriterien
6.2.3. Validierung der Prädiktoren
6.3. Zusammenfassung
7. Zusammenfassende Diskussion
Quellenverzeichnis
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Kategorien des Intelligenztests des 16. Studienjahrgangs
Tabelle 2: Aufgabengruppen des IST2000R für die Aufstiegsbeamten des 18. Studienjahrgangs
Tabelle 3: Oberkategorien des IST2000R für die Direktbewerber des 18. Studienjahrgangs
Tabelle 4: Überblick über die Schritte des Ausleseprozesses an der VFHS
Tabelle 5: Kreuztabelle zur Zusammensetzung des 16. Studienjahrgangs hinsichtlich Geschlecht und Bewerbungsform
Tabelle 6: Häufigkeitstabelle zur Zusammensetzung der Aufstiegsbewerber des 16. Studienjahrgangs hinsichtlich ihrer Dienstgrade
Tabelle 7: Häufigkeitstabelle zur Altersverteilung im 16. Studienjahrgang
Tabelle 8: Kreuztabelle zur Zusammensetzung des 18. Studienjahrgangs hinsichtlich Geschlecht und Bewerbungsform
Tabelle 9: Häufigkeitstabelle zur Zusammensetzung der Aufstiegsbewerber des 18. Studienjahrgangs hinsichtlich ihrer Dienstgrade
Tabelle 10: Häufigkeitstabelle zur Altersverteilung im 18. Studienjahrgang
Tabelle 11: Darstellung der Prädiktoren aus EAV1
Tabelle 12: Darstellung der Prädiktoren aus EAV2
Tabelle 13: Darstellung der Kriterien der vorliegenden Evaluation
Tabelle 14: Deskriptive Statistiken über die Ergebnisse des 16. Studienjahrgangs
Tabelle 15: Mittelwertvergleich zwischen Männern und Frauen des 16. Studienjahrgangs hinsichtlich der Gesamtergebnisse
Tabelle 16: Mittelwertvergleich zwischen Aufstiegsbeamten und Direktbewerbern des 16. Studienjahrgangs hinsichtlich der Gesamtergebnisse
Tabelle 17: Signifikante Koeffizienten aus der Korrelation der Prädiktoren aus EAV1 mit denen aus EAV2 des 16. Studienjahrgangs
Tabelle 18: Korrelation zwischen „eav1_it“ und „eav1_pft“ des 16. Studienjahrgangs
Tabelle 19: Korrigierte Item-Skala-Korrelationen der Prädiktoren aus dem Intelligenztest des 16. Studienjahrgangs mit „eav1_it“
Tabelle 20: Signifikante Koeffizienten aus der Interkorrelation der Prädiktoren aus EAV1 des 16. Studienjahrgangs
Tabelle 21: Korrigierte Item-Skala-Korrelationen der Prädiktoren aus EAV2 des 16. Studienjahrgangs mit „eav2“
Tabelle 22: Signifikante Koeffizienten aus der Interkorrelation der Gesamtnoten der Aufgabenbereiche aus EAV2 des 16. Studienjahrgangs sowie deren Korrelation mit „eav2“
Tabelle 23: Signifikante Koeffizienten aus der Interkorrelation der Prädiktoren aus EAV2 des 16. Studienjahrgangs
Tabelle 24: Korrigierte Item-Skala-Korrelationen der Kriterien des 16. Studienjahrgangs mit „ste“
Tabelle 25: Korrelation zwischen „ste_k“ und „ste“ des 16. Studienjahrgangs
Tabelle 26: Korrelation zwischen „ste_k“ und „ste_m“ des 16. Studienjahrgangs
Tabelle 27: Korrigierte Item-Skala-Korrelationen der Kriterien des 16. Studienjahrgangs mit „ste_k“
Tabelle 28: Interkorrelation der Kriterien des 16. Studienjahrgangs
Tabelle 29: Praktisch bedeutsame Validitätskoeffizienten der Prädiktoren aus EAV1 des 16. Studienjahrgangs
Tabelle 30: Praktisch bedeutsame Validitätskoeffizienten der Prädiktoren aus EAV2 des 16. Studienjahrgangs
Tabelle 31: Deskriptive Statistiken über die Ergebnisse des 18. Studienjahrgangs
Tabelle 32: Mittelwertvergleich zwischen Männern und Frauen des 18. Studienjahrgangs hinsichtlich der Gesamtergebnisse
Tabelle 33: Mittelwertvergleich zwischen Aufstiegsbeamten und Direktbewerbern des 18. Studienjahrgangs hinsichtlich „eav2“ und „ste“
Tabelle 34: Signifikante Koeffizienten aus der Korrelation der Prädiktoren aus EAV1 der Aufstiegsbeamten mit denen aus EAV2 des 18. Studienjahrgangs
Tabelle 35: Signifikante Koeffizienten aus der Korrelation der Prädiktoren aus EAV1 der Direktbewerber mit denen aus EAV2 des 18. Studienjahrgangs
Tabelle 36: Korrelation zwischen „eav1_ist_ab“ und „eav1_pft“ des 18. Studienjahrgangs
Tabelle 37: Statistische Kennziffern für die relevanten Aufgabengruppen im IST2000R
Tabelle 38: Signifikante Koeffizienten aus der Interkorrelation der Prädiktoren aus dem EAV1 der Aufstiegsbeamten des 18. Studienjahrgangs
Tabelle 39: Korrelation zwischen „eav1_ist_db“ und „eav1_db_oist“ des 18. Studienjahrgangs
Tabelle 40: Statistische Kennziffern für die Oberkategorien im IST2000R
Tabelle 41: Korrigierte Item-Skala-Korrelationen der Prädiktoren aus EAV2 des 18. Studienjahrgangs mit „eav2“
Tabelle 42: Signifikante Koeffizienten aus der Interkorrelation der Gesamtnoten der Aufgabenbereiche aus EAV2 des 18. Studienjahrgangs sowie deren Korrelation mit „eav2“
Tabelle 43: Signifikante Koeffizienten aus der Interkorrelation der Prädiktoren aus EAV2 des 18. Studienjahrgangs
Tabelle 44: Korrigierte Item-Skala-Korrelationen der Kriterien des 18. Studienjahrgangs mit „ste“
Tabelle 45: Korrelation zwischen „ste_k“ und „ste“ des 18. Studienjahrgangs
Tabelle 46: Korrelation zwischen „ste_k“ und „ste_m“ des 18. Studienjahrgangs
Tabelle 47: Korrigierte Item-Skala-Korrelationen der Kriterien des 18. Studienjahrgangs mit „ste_k“
Tabelle 48: Interkorrelation der Kriterien des 18. Studienjahrgangs
Tabelle 49: Praktisch bedeutsame Validitätskoeffizienten der Prädiktoren aus EAV1 der Aufstiegsbeamten des 18. Studienjahrgangs
Tabelle 50: Praktisch bedeutsame Validitätskoeffizienten der Prädiktoren aus EAV2 des 18. Studienjahrgangs
1. Einleitung und Überblick
In unserer heutigen modernen Leistungsgesellschaft wird es für die Personalabteilungen großer Firmen und Institutionen zunehmend schwieriger, die richtigen Entscheidungen über die Vielzahl von Bewerbern zu treffen. Deshalb spielen eignungsdiagnostische Verfahren in der Personalauswahl eine immer wichtigere Rolle, wenn es um eine objektive Selektion von Menschen hinsichtlich ihrer individuellen Merkmale und Fähigkeiten geht.
Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Evaluation zwei verschiedener Eignungsauswahlverfahren an der Thüringer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung / Verwaltungsfachhochschule (Fachbereich Polizei), welche für die Selektion von Studienbewerbern für den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Bundeslandes Thüringen eingesetzt werden.
Im theoretischen Teil dieser Arbeit möchte ich zunächst einen grundlegenden Überblick zur Thematik „Eignungsdiagnostische Verfahren in der Personalauswahl“ geben. Daher werden im zweiten Kapitel einführend die Bedeutung sowie verschiedene Arten dieser Verfahren dargestellt. Anschließend möchte ich in diesem Kapitel die allgemeinen Grundlagen zur Evaluation von eignungsdiagnostischen Verfahren beschreiben und dabei die für diese Untersuchung relevanten Aussagen der klassischen Testtheorie vorstellen.
Mit Kapitel 3 soll speziell auf das Eignungsauswahlverfahren der VFHS eingegangen werden, wobei zunächst seine Bedeutung herausgestellt wird. Anschließend werde ich den kompletten Ausleseprozess für den gehobenen Polizeivollzugsdienst mit den Einstellungsund Bewerbungsvoraussetzungen sowie den 3 Testabschnitten des Eignungsauswahlverfahrens erläutern. Weiterhin soll in diesem Kapitel die Entwicklung des Verfahrens in den letzten Jahren vorgestellt werden und es folgt eine Beschreibung der drei evaluierten Testverfahren.
Das vierte Kapitel beschäftigt sich schließlich mit den Hintergründen und Rahmenbedingungen der vorliegenden Evaluation. Dabei werden zunächst die zentralen Fragestellungen der Untersuchung und die zwei betreffenden Studienjahrgänge hinsichtlich ihrer Zusammensetzung vorgestellt. Im Anschluss daran werde ich alle zur Verfügung stehenden Prädiktoren und Kriterien präsentieren.
Die Kapitel 5 und 6 stellen den empirischen Teil der vorliegenden Diplomarbeit dar, in dem an beiden Stichproben die gleichen Untersuchungen durchgeführt werden. Zunächst werde ich dabei die univariaten Ergebnisse aufführen, bei denen deskriptive Statistiken sowie Mittelwertvergleiche eine Rolle spielen. Danach folgen die Resultate auf bivariatem Niveau, wobei jeweils die Zusammenhänge zwischen den Prädiktoren und zwischen den Kriterien sowie die Validitätskoeffizienten untersucht wurden.
Im letzten Kapitel werden schließlich die zentralen Fragestellungen der vorliegenden Evaluation mit den Ergebnissen aus dem Empirie-Teil beantwortet und vor dem theoretischen Hintergrund diskutiert.
2. Eignungsdiagnostische Verfahren in der Personalauswahl
In diesem Abschnitt möchte ich zunächst auf die Bedeutung der Eignungsdiagnostik eingehen und anschließend die verschiedenen Verfahren mit ihren wesentlichen Besonderheiten vorstellen. Weiterhin werde ich einige Ausführungen zur Evaluation von eignungsdiagnostischen Verfahren machen und dabei auf die elementaren Grundlagen der klassischen Testtheorie eingehen.
2.1. Bedeutung eignungsdiagnostischer Verfahren
Seit dem Ersten Weltkrieg kam in Deutschland ein gestiegenes Bedürfnis nach Testverfahren auf, welche die Eignung von Arbeitskräften für bestimmte Berufe vor ihrer Eingliederung in den Produktionsprozess feststellen sollten. Das Entscheidende während und nach der Kriegszeit war, dass nicht nur jede Arbeitskraft, die verfügbar war, eingestellt werden musste, sondern dass sie aufgrund der engen Beschränkung der Zahl an verfügbaren Arbeitskräften vor allem am richtigen Platz eingesetzt wurde, der ihrer Qualifikationsstruktur am besten entsprach. Somit wurden Fragen der Diagnose von Berufseignungen für die Psychologie zu einem wichtigen Tätigkeitsfeld. Besonders seit der einsetzenden Bildungsreform in den 80er Jahren, wobei das staatliche Bildungswesen den Auftrag erhielt, jeden Schüler und Studenten optimal und nach seinen Begabungen zu bilden, versuchten auch Unternehmen zunehmend, sich ein genaues Bild von den Fähigkeiten ihrer zukünftigen Mitarbeiter zu machen (vgl. Hossiep 1995, S. 25).
Obwohl sich seit dieser Zeit viele Veränderungen und Weiterentwicklungen in der beruflichen Eignungsdiagnostik vollzogen haben, weisen die Autoren Althoff & Thielepape (2000) darauf hin, dass in Verwaltung und Wirtschaft auch heute noch Personalund Auswahlentscheidungen auf der Basis unzureichender Kriterien getroffen werden. Eignungsurteile werden nicht selten mit vorwissenschaftlichen Methoden von zweifelhaftem oder geringem Wert gefällt und man kann davon ausgehen, dass das intuitive Urteil des Betriebspraktikers bis heute die häufigste Grundlage von Ausleseentscheidungen ist. Bedenklich sei dies deshalb, weil Personalentscheidungen sowohl für den betroffenen Menschen als auch für die Verwaltung meist besonders weit reichende Konsequenzen haben. Es handelt sich oftmals um „unwiderrufliche“ Entscheidungen, was für die Einstellung von Nachwuchskräften ebenso gilt wie für die Besetzung einzelner Stellen. Dabei können Fehlbesetzungen erhebliche zusätzliche Kosten und eine Fülle von unangenehmen personalpolitischen Problemen mit sich bringen (vgl. Althoff & Thielepape 2000, S. 231). Beispielsweise kann eine Vielzahl von fehlbeschäftigten Mitarbeitern zu einer massiven Verschlechterung des Betriebsklimas, der Gesundheit der Betroffenen und anderen Aspekten des Wohlbefindens führen (vgl. Kleinmann 1997, S. 2).
Die Verfahren der psychologischen Eignungsdiagnostik können die zahlreichen personellen Entscheidungen unterstützen, die jährlich im Rahmen von Entwicklungs-, Platzierungsund Auswahlfragen zu treffen sind. Durch diese Verfahren können einerseits die für den beruflichen Erfolg notwendigen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse bestimmt und andererseits berufliche Erwartungen, Interessen und Erfolgsaussichten bei personellen Entscheidungen berücksichtigt werden.
Die Unternehmen zeigen ein vorrangiges Interesse daran, nur diejenigen Bewerber auszuwählen, die am besten den Anforderungen an Wissen und Können gerecht werden, die bei den zu besetzenden Arbeitsplätzen verlangt werden. Dabei kann ein systematischer Auswahlprozess mit der Anwendung adäquater eignungsdiagnostischer Verfahren eine Hilfestellung sein (vgl. Schuler u.a. 1995, S. 1). Durch das Personalmarketing sollen schließlich Mitarbeiter gewonnen und später gehalten werden, die möglichst viel zum Erfolg der Organisation beitragen. Dabei wird sich die Auswahlentscheidung des Unternehmens primär an den zu erwartenden Leistungen orientieren (vgl. Schuler 1996, S. 12). Weiterhin kann durch den Einsatz eignungsdiagnostischer Verfahren auch das Entwicklungspotential von Personen festgestellt werden und sie können somit auch die Grundlage für firmeninterne Maßnahmen sein (vgl. Schuler u.a. 1995, S. 1).
Nicht nur für Unternehmen und Institutionen, sondern auch für den einzelnen Mitarbeiter können sachgerechte Personalauswahl und –platzierung von Nutzen sein: Berufliche Entscheidungen können auf der Grundlage fundierter Informationen getroffen und gegebenenfalls frühzeitig korrigiert werden. Weiterhin besteht die Möglichkeit, durch eine angemessene Platzierung des einzelnen Mitarbeiters entsprechend seinen Fähigkeiten arbeitsbedingte Überund Unterforderung zu reduzieren, Orientierungshilfen und Entwicklungsmöglichkeiten besser aufzuzeigen sowie persönliche
Förderungsmaßnahmen gezielter zu planen und durchzuführen. All diese Punkte können zur Förderung des Wohlbefindens und zu besseren Erfolgschancen im Beruf beitragen (vgl. Schuler u.a. 1995, S. 1f.)
Auch im Bereich der Arbeitslosenberatung, die in unserer heutigen Gesellschaft eine besonders wichtige Rolle spielt, gewinnt die Eignungsdiagnostik zunehmend an Bedeutung. Häufig zeigt sich, dass besonders für qualifizierte Tätigkeiten kaum geeignete Arbeitskräfte zu finden sind. Gerade auf diesem Feld kann durch die Eignungsdiagnostik ein erheblicher Bedarf abgedeckt werden (vgl. Hossiep 1995, S. 25).
Die Berufsberatung – wie sie beispielsweise vom Arbeitsamt angeboten wird – hat den Zweck, die Ratsuchenden bei der Klärung berufsbezogener Fragen zu unterstützen und ihnen daraufhin eine fundierte Entscheidung für die Zukunft zu ermöglichen. Hierbei werden Merkmale der betreffenden Personen berücksichtigt, die sowohl für die berufliche Leistung als auch für die berufliche Zufriedenheit relevant sind. Gleichzeitig wird über die Berufe und deren Anforderungen sowie über die aktuelle Arbeitsmarktlage informiert (vgl. Schuler 1996, S. 12).
Rüdiger Hossiep (1995) weist darauf hin, dass eignungsrelevante Personenmerkmale nur in dem Ausmaß zu der von der Eignungsdiagnostik angestrebten Prognose des individuellen Berufserfolgs beitragen können, wie diese Merkmale zunächst einmal erfasst werden können. Weiterhin spielt eine wichtige Rolle, wie diese Charakteristika der Personen zwischen dem Zeitpunkt der Prognose und der Zeitspanne, auf die sie sich beziehen, unverändert bleiben oder sich regelhaft und damit vorhersagbar verändern. Somit sei Berufseignungsdiagnostik keine Prozessdiagnostik, die einen Veränderungsprozess begleitet und abbildet, sondern Statusdiagnostik, bei der sich auf jeweils vorgefundene Merkmale oder Merkmalskombinationen gestützt wird. Damit ist jedoch nicht gemeint, dass sich dieser Ansatz berufseignungsdiagnostischer Konzepte nicht der Veränderlichkeit des Individuums bewusst ist, sondern es wird versucht, mangelnde Stabilität bei bestimmten Einzelmerkmalen in die Prognose einzubeziehen (vgl. Hossiep 1995, S. 26f.).
In der psychologischen Literatur gibt es zahlreiche Versuche, den Begriff Eignungsdiagnostik zu definieren oder zu beschreiben. Meiner Meinung nach trifft es jedoch der bekannte Berufseignungsdiagnostiker Heinz Schuler (1996) besonders einfach und verständlich, indem er sein Gebiet folgendermaßen beschreibt:
„Psychologische Berufseignungsdiagnostik besteht im Bemühen, Zusammenhänge zwischen menschlichen Merkmalen und beruflichem Erfolg zu entdecken und Methoden zu entwickeln, um beides zu messen und zueinander in Beziehung zu setzen.“ (Schuler 1996, S. 5)
Eine sachgemäße Anwendung dieser Methoden ermöglicht nach Schuler bessere Prognosen des Berufserfolgs als jede andere Vorgehensweise und deshalb seien sie die angemessenste derzeit bekannte Grundlage der Auswahl und Entwicklung von Mitarbeitern sowie der individuellen Beratung bei der Berufswahl (vgl. Schuler 1996, S.5).
Speziell zum Begriff Eignungstest liefert weiterhin Volker Kunst (1994) eine aussagekräftige und einleuchtende Definition:
„Ein Eignungstest ist eine standardisierte Situation zur Feststellung eines Verhaltens, das in seiner individuellen Ausprägung Rückschlüsse auf den Erfolg in einem bestimmten Beruf oder bei einer bestimmten Tätigkeit zuläßt.“ (Kunst 1994, S. 28)
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass der Einsatz eignungsdiagnostischer Verfahren sowohl einen Nutzen für Unternehmen und Organisationen als auch für das einzelne Individuum haben kann. Deshalb sollten in unserer modernen Gesellschaft die altmodischen und subjektiven Kriterien von Auswahlentscheidungen verworfen und stattdessen standardisierte Ausleseverfahren verwendet werden.
2.2. Verschiedene Arten von eignungsdiagnostischen Verfahren
In meinen folgenden Ausführungen möchte ich in Ahnlehnung an Heinz Schuler (1996) die zur Zeit gängigsten Verfahren in der Eignungsdiagnostik kurz skizzieren und dabei etwas näher auf Leistungstests und Assessment-Center eingehen, da diese beiden Verfahren im EAV für den gehobenen Polizeivollzugsdienst angewandt wurden, welches ich im empirischen Teil meiner Diplomarbeit evaluieren möchte.
Auswertung der Bewerbungsunterlagen
Schriftliche Bewerbungsunterlagen werden bei nahezu allen Stellenbesetzungen in Europa verlangt und deren Auswertung stellt gewöhnlich den ersten Schritt bei der Auswahl neuer Mitarbeiter dar. Die Bewerbung dient einerseits dazu, einen ersten Kontakt zwischen Bewerber und Arbeitgeber herzustellen, andererseits bildet sie die Grundlage zur Überprüfung der formalen Voraussetzungen für die zu besetzende Stelle (vgl. Schuler 1996, S. 78f.). Dies sollte anhand eines erstellten Kataloges mit den unabdingbaren Kriterien für die Stellenbesetzung erfolgen (Althoff & Thielepape 2000, S. 241). In den meisten Fällen stellt die Analyse der Bewerbungsunterlagen nur den ersten von mehreren Auswahlschritten dar und sie wird daher gelegentlich als Stufe der „Vorauswahl“ im Selektionsprozess bezeichnet. Die aus den Bewerbungsunterlagen enthaltenen Informationen werden gewöhnlich zur Gestaltung der weiteren Schritte (z.B. Vorstellungsgespräche) des Ausleseprozesses verwertet und in anschlie- ßenden Entscheidungen mitgewichtet (vgl. Schuler 1996, S. 79). Die Autoren Althoff & Thielepape (2000) weisen darauf hin, dass die Durchsicht der eingehenden Bewerbungen von mehreren Personen vorgenommen werden sollte, die auch an der weiteren Auswahlprozedur beteiligt sind. Dabei sollte von voreiligen eignungsdiagnostischen Schlüssen Abstand genommen werden, da in der einschlägigen Literatur heutzutage konkrete Anleitungen zu Aufmachung und Form der Unterlagen zu finden sind, die auch weitgehend normiert sind (vgl. Althoff & Thielepape 2000, S. 241). Außerdem haben Untersuchungen der Validität von Bewerbungsunterlagen – gemessen am Kriterium der Vorgesetztenbeurteilung – eine durchschnittliche prognostische Validität von lediglich r = 0,18 ergeben (vgl. Zimbardo & Gerrig 1996, S. 755).
Auswahlgespräche
Nach der Auswertung der Bewerbungsunterlagen sind Auswahloder Einstellungsgespräche die verbreitetste Methode der Personalauswahl in den meisten europäischen Ländern. Sie werden in verschiedenen Formen durchgeführt, von der völlig freien Gesprächsform über teilstrukturierte bis zu vollstrukturierten Varianten, bei denen mit standardisierten Abläufen und Fragestellungen gearbeitet wird (vgl. Schuler 1996, S. 84). Nach Keßler (1992) versteht man allgemein unter einem Interview – worunter man das Auswahlgespräch einordnen kann – „eine zielgerichtete mündliche Kommunikation zwischen einem oder mehreren Befragten, wobei eine Informationssammlung über das Verhalten und Erleben der zu befragenden Person(en) im Vordergrund steht“ (zit. nach Hossiep 1995, S. 34). Im Kontext der Personalauswahl beziehen sich die dabei gestellten Fragen insbesondere auf Berufsausbildung und –erfahrung sowie auf Aspekte des Lebenslaufs und deren subjektive Verarbeitung. Gelegentlich kommen auch persönliche Bereiche, wie der familiäre Hintergrund des Befragten, zur Sprache. Die gegebenen Antworten wie auch weitere Eindrücke aus dem Verlauf des Gesprächs, beispielsweise nonverbales Verhalten, werden gewöhnlich zu einem Gesamturteil – in intuitiver Kombination und Gewichtung – zusammengefasst (vgl. Schuler 1996, S. 84). Das Einstellungsgespräch stellt für den (zukünftigen) direkten Vorgesetzten in aller Regel die einzige Möglichkeit zum persönlichen Kontakt mit dem Bewerber dar und ist insofern aus der Sicht des betroffenen Entscheiders aus Praktikabilitätsgründen oftmals unverzichtbar. Meistens stellt sich im Verlauf des Gesprächs beim Interviewer eine in Teilen implizite Einschätzung hinsichtlich Soziabilität und Karrieremotivation des Bewerbers ein, die mit anderen Verfahren so nicht gewonnen werden kann. Außerdem werden mit dem Interview weitere Zielsetzungen verbunden, die durch andere Auswahlverfahren kaum realisiert werden können. Dazu gehören beispielsweise der Austausch über Erwartungshaltungen des Bewerbers und des Unternehmens, das persönliche Kennenlernen sowie die Präsentation des Unternehmens. Weitere Vorteile des Einstellungsgesprächs sind seine universelle Einsetzbarkeit und flexible Handhabung (vgl. Hossiep 1995, S. 34). Obwohl mit einer Studie von Fruhner et al. (1991) nachgewiesen werden konnte, dass Interviews unter allen Auswahlverfahren bei den Bewerbern die größte Akzeptanz erfahren, muss auch auf die Nachteile von Einstellungsund Auswahlgesprächen hingewiesen werden. In besonderem Maße schlagen sich hier Probleme der sozialen Urteilsbildung nieder. Diese können zu ausgeprägt subjektiven Einschätzungen der Bewerber und somit zu geringer Objektivität im Sinne der psychologischen Testtheorie führen. Oftmals sind in herkömmlichen Auswahlgesprächen die Durchführungs-, Auswertungsund Interpretationsobjektivität so gering, dass kaum ein Spielraum für eine befriedigende Validität bleibt (vgl. Schuler 1996, S. 84f.). In einer Meta-Analyse verschiedenster Auswahlmethoden konnten nur sehr geringe Korrelationen (r zwischen 0,10 und 0,14) zwischen den Ergebnissen von Einstellungsinterviews und dem späteren Ausbildungsund Berufserfolg ermittelt werden (vgl. Althoff & Thielepape 2000, S. 244).
Personalfragebogen
In der Auswahl oder „Vorauswahl“ von Bewerbern stellt der Personalfragen für viele Betriebe ein Zwischenglied dar. Dieses Instrument soll sicherstellen, dass dem Arbeitgeber ausreichende und vergleichbare Informationen über ihm wichtig erscheinende
Fragen bzw. Auswahlgesichtspunkte vorliegen. Oftmals wird der Personalfragebogen bei der Auswahl externer Personen an die Bewerber verschickt, um von seiner Beantwortung die Einladung zum Vorstellungsgespräch abhängig zu machen. Teilweise wird die grundsätzliche Entscheidung über die Einladung zum Interview aber auch bereits auf der Grundlage der Bewerbungsunterlagen getroffen. In diesen Fällen wird der Fragebogen zum Gespräch mitgebracht oder im Betrieb ausgefüllt. In einigen Unternehmen wiederum stellt der Personalfragebogen das eigentliche Medium der Bewerbung dar, bei gewerblichen Arbeitnehmern ist er vielfach sogar die Hauptmethode der Auswahl (vgl. Schuler 1996, S. 91f.). Meistens sind Personalfragebogen betriebsspezifisch und möglicherweise tätigkeitsspezifisch gestaltet. Außerdem gelten sie nicht als Methode der psychologischen Eignungsdiagnostik im engeren Sinne und können auch als Grundlage der Personalplanung genutzt werden. Personalfragebogen bedürfen der Zustimmung des Betriebsrates und unterliegen der Vetomitbestimmung. Dadurch sollen die Arbeitnehmer vor Fragen geschützt werden, die der Privatsphäre angehören und möglicherweise rechtlich unzulässig sind (vgl. Zimbardo & Gerrig 1996, S. 757). Gewöhnlich werden Personalfragebogen im Falle einer Einstellung gemeinsam mit anderen Unterlagen des jeweiligen Mitarbeiters in der Personalakte aufbewahrt. Sie stellen die wichtigste Informationsquelle für die sogenannten Personalstammdaten dar. Zum Einstellungsinterview weist der Personalfragebogen eine enge Beziehung auf, da eine Reihe von Fragen gegenseitig austauschbar sind oder der Fragebogen die Grundlage für weiterführende Fragen im Gespräch bilden kann (vgl. Schuler 1996, S. 92).
Biographische Fragebogen
Der biographische Fragebogen kann als erweiterte, systematisierte und bezüglich der Prognosequalität psychometrisch geprüfte Form des Personalfragebogens angesehen werden (vgl. Schuler 1996, S. 92). Er dient der Erfassung von soziodemographischen Variablen, Einstellungen, bisherigen Erfahrungen, schulischen und beruflichen Entwicklungen sowie Aktivitäten und Interessen. Als standardisierte Selbstbeschreibungen beziehen sich biographische Fragebogen damit auf alle berufserfolgsrelevanten Ausschnitte der Lebensgeschichte. Im wesentlichen stellen sie eine systematische Zusammenfassung der prognostisch relevanten Informationen aus Bewerbungsunterlagen und Einstellungsinterview dar. Dabei ist die grundlegende psychologische Prämisse, dass Arbeitsverhalten und Berufserfolg in der Zukunft aus vergangenem Verhalten und Erfahrungen – bzw. deren subjektiver Verarbeitung und
Wiedergabe – prognostiziert werden können. Biographische Fragebogen können einerseits für die Vorauswahl bei großen Bewerberzahlen eingesetzt werden und andererseits als zusätzliches Instrument zur Eignungsprüfung, das vor, während oder nach dem traditionellen Vorstellungsgespräch angewandt werden kann. In der Bundesrepublik Deutschland ist dieses Verfahren besonders erfolgversprechend, wenn die in Frage kommenden Bewerber bereits mehrere berufliche Stationen in ihrem Lebenslauf aufweisen. Somit wird es schwerpunktmäßig in Branchen eingesetzt, in denen ein häufiger Arbeitgeberwechsel keine Ausnahme darstellt (z.B. Werbebranche oder Außendienst der Versicherungswirtschaft) (vgl. Hossiep 1995, S. 35f.). Die Erstellung von biographischen Fragebogen ist stark bezogen auf die jeweilige Stichprobe von Bewerbern und das jeweils verwendete Außenkriterium. Somit ist die Generalisierbarkeit dieses Verfahrens eingeschränkt und es sollte bei längerer Verwendungsdauer hinsichtlich seiner psychometrischen Eigenschaften überprüft werden (vgl. Zimbardo & Gerrig 1996, S. 757).
Psychologische Testverfahren
Die klassischen und am häufigsten verwendeten Instrumente wissenschaftlich kontrollierter Eignungsdiagnostik im engeren Sinne sind psychologische Testverfahren. Bei vielen Bewerbern wird der Begriff Test sogar synonym mit Selektionsund Bewertungsmethoden verwendet (vgl. Hossiep 1995, S. 36).
Cronbach, einer der führenden amerikanischen Psychologen, definiert den Begriff Test folgendermaßen:
„Ein Test ist ein systematisches Verfahren zur Beobachtung von Verhalten und seiner Beschreibung mit Hilfe numerischer Skalen oder festgelegter Kategorien.“ (Cronbach, zit. nach Jackson 1999, S. 52)
Nach Brandstätter (1979) ist ein psychologischer Test ein standardisiertes, routinemäßig anwendbares Verfahren zur Messung individueller Verhaltensmerkmale, aus denen Schlüsse auf Eigenschaften der betreffenden Person oder auf ihr Verhalten in anderen Situationen gezogen werden können. Die Ursachen für die häufige Verwendung von psychologischen Tests liegen einerseits in der langen Tradition des Testens (vor allem bei der Messung der Intelligenz) und andererseits in der hochentwickelten Methodologie der Testkonstruktion, wozu besonders Lienert (1989) einen erheblichen Beitrag geleistet hat. Prinzipiell sind Tests für alle Berufsgruppen einsetzbar und werden faktisch auch für eine große Zahl von Berufen verwendet. Ihre Standardisierung bezieht sich vor allem auf Inhalt, Durchführung und Auswertung. Somit ist im Vergleich zu anderen Verfahrenstypen die Grundlage hoher Objektivität (d.h. geringen Einflusses von subjektiven Beobachtungsund Urteilsfehlern) gegeben. Beispielsweise sind im Unterschied zum typischen Auswahlgespräch beim Test die Durchführung und Urteilsbildung voneinander getrennt und der Verfahrensablauf ist voll strukturiert (vgl. Schuler 1996, S. 101). In der Konstruktion zeichnen sich psychologische Testverfahren durch eine Aneinanderreihung jeweils mehrerer ähnlicher Items oder Fragestellungen pro Merkmalsbereich sowie durch eine strenge psychometrische Überprüfung aus (vgl. Hossiep 1995, S. 37).
Prinzipiell kann man alle Testverfahren in der Eignungsdiagnostik in die zwei Oberkategorien Leistungsund Persönlichkeitstests einordnen. Bei den sehr häufig eingesetzten Leistungstests wird der Proband aufgefordert, die gestellten Aufgaben nach bestem Können zu bearbeiten und es gibt richtige sowie falschen Lösungen. Diese Verfahren werden häufig auch als Fähigkeitstests bezeichnet. Demgegenüber handelt es sich bei den Persönlichkeitstests um Instrumente, die erfassen sollen, welches Verhalten für die getestete Person typisch ist. Dabei gibt es logischerweise keine richtigen oder falschen Antworten (vgl. Jackson 1999, S. 55ff.).
Innerhalb dieser zwei Hauptgruppen haben sich nach Schuler die folgenden Testverfahren in der Berufseignungsdiagnostik herauskristallisiert:
- Allgemeine Intelligenztests
- Tests spezifischer kognitiver Fähigkeiten
- Tests der Aufmerksamkeit und Konzentration
- Tests sensorischer und motorischer Leistung
- Sonstige Leistungstests
- Allgemeine Persönlichkeitstests
- Spezifische Persönlichkeitstests
- Einstellungs-, Motivationsund Interessentests (vgl. Schuler 1996, S. 103)
Als valide haben sich insbesondere Verfahren zur Messung kognitiver Fähigkeiten erwiesen, wobei sich Ausbildungsleistungen besser vorhersagen lassen als andere berufliche Leistungen (vgl. Schuler 1996, S. 105).
Da in der vorliegenden Diplomarbeit u.a. die Evaluation zweier Intelligenztests im Vordergrund steht, möchte ich in meinen folgenden Ausführungen in Ahnlehnung an Jackson (1999) noch etwas detaillierter auf dieses Verfahren eingehen.
Diese Tests der allgemeinen kognitiven Befähigung werden relativ häufig im Rahmen von Selektionsverfahren eingesetzt. Sie sind in besonderem Maße da angemessen, wo es um die Besetzung von Einstiegspositionen bzw. die Einstellung von Berufsanfängern geht und die Betriebe aus einer großen Anzahl von Bewerbern auswählen können. In solchen Zusammenhängen gibt es gute Gründe für die Annahme, dass die intellektuell leistungsfähigeren Bewerber im Durchschnitt auch die produktiveren Mitarbeiter sind.
Ein Argument für den Einsatz von Leistungsoder Intelligenztests ist die geringe Aussagekraft von anderen Testverfahren und Informationsquellen hinsichtlich der (insbesondere kognitiven) Fähigkeiten des Bewerbers. Außerdem gewinnen die Entscheidungsträger des jeweiligen Unternehmens dadurch vergleichbare Daten über alle Kandidaten. Natürlich sagt der schulische Werdegang auch etwas über die Kenntnisse und Fähigkeiten der Bewerber aus, allerdings sind die Qualifikationen oft sehr unterschiedlicher Art und Herkunft und lassen sich deshalb nicht ohne weiteres miteinander vergleichen. Wenn beispielsweise zwei Kandidaten dasselbe Fach an verschiedenen Hochschulen studiert haben, so können die Inhalte ihres Studiums oder auch die Anforderungen dennoch völlig verschieden sein. Unterziehen sich jedoch beide Personen demselben standardisierten Test, ist es relativ leicht, ihre Ergebnisse miteinander zu vergleichen. Der größte Vorteil von Tests der allgemeinen kognitiven Befähigung liegt in der hohen Reliabilität und Validität, die den meisten dieser Tests eigen ist. Das bedeutet, dass sie eine relativ genaue Einschätzung der Gesamtbefähigung der Kandidaten ermöglichen. Einige Tests liefern nach der Auswertung ein Fähigkeitsprofil des Getesteten, beispielsweise verschiedene Werte für die Bereiche Sprache, Umgang mit Zahlen und räumliches Vorstellungsvermögen. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse lassen sich mehrere Bewerber für eine Stelle problemlos in eine Rangreihenfolge entsprechend ihrer Fähigkeiten bringen. Ob die Auswahl dann allein auf der Grundlage der Testergebnisse beruht oder ob daneben auch noch andere Informationen berücksichtigt werden, hängt vor allem von den Gegebenheiten der spezifischen Situation ab. Im Idealfall sollte das Unternehmen eine Validitätsstudie durchführen, um herauszufinden, ob die Testergebnisse allein oder die Kombination mit anderen Informationen über den Kandidaten eine bessere Vorhersage der späteren beruflichen Leistung ermöglichen. Allerdings verfügen in der Praxis nur wenige Unternehmen über die notwendigen Mittel zur Durchführung solcher Studien und eine Reihe von Psychologen würden auch bezweifeln, dass sie angesichts der zahlreichen Belege für den Zusammenhang zwischen allgemeiner intellektueller Befähigung und der beruflichen Leistung überhaupt notwendig sind.
Der Einsatz von Intelligenztests ist jedoch nicht so unkompliziert, wie es zunächst aussieht. Man sollte Tests generell auf mögliche Benachteiligungseffekte untersuchen, also darauf, ob ein Test für bestimmte Personen schwieriger ist als für andere, was jedoch nichts mit der Fähigkeit des Tests zu tun hat, die Arbeitsleistung vorherzusagen. Weiterhin sollten Tests ein für die Gruppe der Bewerber angemessenes Schwierigkeitsniveau haben, dürfen also nicht zu leicht und nicht zu schwierig sein, da sie sonst nichts zur Unterscheidung der besseren von den schwächeren Bewerbern beitragen können. Außerdem würden beide Fälle zu einer Begrenzung des „range“, der Streubreite der Testresultate, führen und der Test wäre kaum in der Lage, die Leistung der Bewerber einigermaßen genau vorherzusagen. (vgl. Jackson 1999, S. 74ff.)
Arbeitsproben
Nach Schuler werden unter Arbeitsproben „(...) standardisierte Aufgaben verstanden, die inhaltlich valide und erkennbar äquivalente Stichproben des erfolgsrelevanten beruflichen Verhaltens provozieren.“ (Schuler 1996, S. 115) Die Orientierung am inhaltsbezogenen Aspekt der Validität ist also hier charakteristisch (vgl. Schuler 1996, S. 115). Auf der Basis von arbeitsplatzanalytischen Daten wird die Arbeitsprobe gezielt zur Prognose der Leistung an einem konkreten Arbeitsplatz entwickelt. Deshalb wird sie häufig auch als komplexes motorisches Prüfverfahren bezeichnet, in dem es um die Simulation konkreter Arbeitstätigkeiten geht. Der Einsatz von Arbeitsproben liegt hauptsächlich bei handwerklich-industriellen Tätigkeiten sowie bei Eignungsuntersuchungen für spezielle Steuerungsund Überwachungstätigkeiten. Ein offenkundiger Vorteil dieses Instruments ist seine hohe Augenscheinvalidität sowie die Akzeptanz seitens der Betroffenen, die immer wieder hervorgehoben wird. Dies ist auch dadurch zu begründen, dass in den Arbeitsproben selbst relevante Informationen über die Arbeitsanforderungen enthalten sind (vgl. Hossiep 1995, S. 38).
Schuler (1996) weist jedoch daraufhin, dass den Vorzügen von Arbeitsproben ein recht hoher Aufwand bei der Konstruktion entgegen steht, jedenfalls dann, wenn sie sachgerecht nach testtheoretischen Prinzipien und anforderungsbezogen gestaltet werden. Die Zahl der Items ist oft geringer als bei Tests und ihre Unabhängigkeit nur beschränkt gegeben. Bei der hohen inhaltlichen Validität von Arbeitsproben, sprich ihrem engen Realitätsbezug, ist außerdem zu befürchten, dass ihre Generalisierbarkeit geringer ist als die von Fähigkeitstests. Im zeitlichen Verlauf ist darüber hinaus mit einer raschen Verminderung der Validitätskoeffizienten zu rechnen. Ein weiterer Nachteil dieses Verfahrens ist seine begrenzte Einsatzmöglichkeit, da die fragliche berufliche Qualifikation zumindest in Ansätzen schon vorliegen muss. Allerdings könnte dieser Aspekt bei der internen Auswahl von Mitarbeitern genutzt werden, wo die Arbeitsproben eine interessante Alternative zu anderen Verfahren darstellen könnten. Die Verwendung von Arbeitsproben zur Evaluation von Personalentwicklungsmaßnahmen ist ebenfalls naheliegend (vgl. Schuler 1996, S. 118).
Assessment-Center
Für die in den 90er Jahren entwickelte Methode des Assessment-Centers liefern die Autoren Althoff & Thielepape folgende aussagekräftige Definition:
„Die AC-Technik ist ein verhaltensorientiertes Verfahren zur systematischen Beobachtung von Verhaltensleistungen einer Gruppe von Personen in mehreren standardisierten Situationen, Übungen und Tests bezüglich vorher festgelegter Anforderungen durch mehrere Beobachter.“ (Althoff & Thielepape 2000, S. 252)
Die AC-Methode wird sowohl zur Auswahl künftiger Mitarbeiter wie auch als Beurteilungs- und Förderinstrument eingesetzt. Die wichtigste „manifeste“ Zielsetzung des AC’s ist die Auswahl oder Förderung von Führungskräften, aber auch für eine Vielzahl anderer Tätigkeiten wurde die Methode bereits eingesetzt. Mit der folgenden Auflistung dürften die zentralen Einsatzzwecke erfasst sein:
- Interne Personalauswahl
- Auswahl externer Bewerber
- Laufbahnplanung
- Ausbildungsberatung
- Beurteilung, insbesondere Potentialbeurteilung
- Trainingsbedarfsanalyse
- Teamentwicklung
- Berufsberatung
- Berufliche Rehabilitation
- Arbeitsplatzgestaltung
- Forschung (vgl. Schuler 1992, S. 2ff.)
Wie bereits in der o.g. Definition deutlich wird, ist das Charakteristische für AC’s, dass mehrere Personen (ca. 6-12) gleichzeitig als Beurteilte daran teilnehmen und dass auch die Einschätzungen von mehreren unabhängigen Beurteilern (im Verhältnis etwa 1:2 zur Zahl der Teilnehmer) vorgenommen werden. Die Gruppe der Beurteiler besteht in der Regel aus Vorgesetzten, Psychologen und Mitarbeitern des Personalwesens (vgl. Schuler 1996, S. 118). Das Leistungsverhalten der Teilnehmer im AC wird von den Beurteilern meistens anhand vorgegebener Skalen eingestuft oder zunächst als konkrete Verhaltensbeschreibung festgehalten. Häufig beinhalten diese Registrierungen jedoch nicht nur Beschreibungen, sondern auch Interpretationen des beobachteten Verhaltens im Sinne der Zuschreibung bestimmter Eigenschaften. Im Anschluss an die Gesamtdurchführung des Verfahrens findet üblicherweise eine sogenannte Beurteilerkonferenz statt, in der die Einzelbeobachtungen und –einschätzungen diskutiert werden und ein Gesamturteil abgefasst wird. Somit basiert die Eignungsaussage auf der „klinischen“ Kombination der Einzelurteile, wobei jedoch der statistische Fehlerausgleich durch die unabhängige Urteilsabgabe der Beobachter möglich ist (vgl. Hossiep 1995, S. 40f.).
Zu den Vorteilen von AC-Methoden gehört einerseits die Tatsache, dass sie eine Chance bieten, ein größeres Maß an Realismus in den Auswahlprozess einzubringen und gewisse Dynamiken des Arbeitsplatzes bzw. der Arbeitstätigkeit zu berücksichtigen. Andererseits können durch dieses Verfahren spezifische Talente, Charakteristika und Neigungen der Teilnehmer durch eine Vielzahl von Techniken und durch das Vorhandensein von mehreren Beobachtern angemessen identifiziert werden. Außerdem ergeben sich neben den Aspekten der optimierten Vorhersagemöglichkeit beruflicher Bewährung zahlreiche Nebennutzen dieser Methode. Beispielsweise geben sie die Gelegenheit, ein gemeinsames Verständnis von Anforderungen und Leistungen auf der Führungskräfteebene zu entwickeln. Sie betonen die Bedeutung von Personalplanung und Personalentwicklung und oftmals erweist sich die Aufgabe des Beobachtens im AC für die beteiligten Entscheidungsträger als ein effizientes Führungstraining (vgl. Hossiep 1995, S. 41).
Der Nachteil des AC-Ansatzes liegt zum einen in der Tatsache, dass diese Form der Eignungsuntersuchung erheblich zeitund kostenaufwendiger als andere Verfahren ist und zum anderen darin, dass nur wenige situative Übungen existieren, die generelle Verwendung finden können. Das bedeutet, dass für den einzelnen Untersuchungszweck häufig spezifische Übungen entwickelt werden müssen. Das Hauptproblem des AC’s ist jedoch seine fragwürdige Konstruktvalidität. Oftmals hat sich eine enttäuschend geringe Konvergenz der Messungen von Fähigkeiten über verschiedene Übungen hinaus ergeben. Es ist weitgehend ungeklärt, welche Dimensionen der Beurteilung wirklich relevant sind. Einige Forscher vermuten sogar, dass die teilweise hohe Übereinstimmung zwischen Empfehlungen bzw. Urteilen der Beobachter und tatsächlichem Karriereerfolg in hohem Maße auf das Vorwissen der Beurteiler über die Beförderungspraktiken des jeweiligen Unternehmens zurückzuführen sind. Aufgrund der problematischen Konstruktvalidität von AC’s führten Scholz und Schuler (1993) eine Metaanalyse durch mit dem Ziel, die Aufklärung des Gesamturteils der Beurteiler näher zu bestimmen. Dabei ergab sich, dass Intelligenz, soziale Kompetenz, Leistungsmotivation, Dominanz und Selbstvertrauen die deutlichsten Korrelate des Abschneidens im AC darstellen (vgl. Hossiep 1995, S. 41f.).
2.3. Grundlagen zur Evaluation von eignungsdiagnostischen Verfahren
Die Autoren Althoff & Thielepape (2000) weisen darauf hin, dass eine verantwortungsbewusste Eignungsdiagnostik ihre ständige Kontrolle einschließt, d.h. die Treffsicherheit der Eignungsurteile und –prognosen sollte systematisch analysiert werden. Dabei darf das subjektive Evidenzgefühl des Personalpraktikers ebenso wenig ein akzeptabler Gradmesser für die Qualität der Prognosen und der ihnen zu Grunde liegenden Methoden sein wie Einzelfälle, bei denen (vielleicht zufällig) eine offenkundige Übereinstimmung zwischen Prognose und späterem Berufserfolg besteht. Nur systematische Überprüfungen des Zusammenhanges zwischen Eignungsurteilen und dem späteren Berufserfolg mit statistischen Prüfverfahren an großen, repräsentativen Stichproben können verlässliche Aussagen über den Wert der Methoden garantieren (vgl. Althoff & Thielepape 2000, S. 254).
Von zentraler Bedeutung für die Beurteilung eignungsdiagnostischer Verfahren ist die Validität, die nach Lienert & Raatz den Grad der Genauigkeit angibt, „(...) mit dem dieser Test dasjenige Persönlichkeitsmerkmal oder diejenige Verhaltensweise, das (die) er messen soll, tatsächlich mißt oder vorhersagt.“ (1994, S. 10) Demnach ist ein
Test vollkommen valide, wenn seine Ergebnisse einen unmittelbaren und fehlerfreien Rückschluss auf den Ausprägungsgrad des zu erfassenden Merkmals erlauben, wenn also der individuelle Testpunktwert eines Probanden diesen auf der Merkmalsskala eindeutig lokalisiert.
Prinzipiell werden die folgenden 3 Unterscheidungen in bezug auf die Validität eines Tests getroffen:
- Inhaltliche Validität
- Konstruktvalidität
- Kriterienbezogene Validität (vgl. Lienert & Raatz 1994, S. 10)
In meiner Diplomarbeit geht es hauptsächlich um die Überprüfung der kriterienbezogenen Validität, weshalb ich in meinen folgenden Ausführungen auch auf diese eingehen und die anderen beiden Formen vernachlässigen werde.
Historisch und praktisch gesehen, ist die kriterienbezogene Validität der bedeutsamste Aspekt in der Evaluation eignungsdiagnostischer Verfahren. In vielen psychodiagnostischen Lehrbüchern beziehen sich die Validitätsdefinitionen konkret auf diese Validitätsart, wodurch erkennbar wird, dass sie dominierende Rolle spielt (vgl. Lienert & Raatz 1994, S. 220).
Im Zusammenhang mit der kriterienbezogenen Validität spielen die Begriffe „Prädiktor“ und – wie der Name schon sagt – „Kriterium“ eine zentrale Rolle. Deshalb möchte ich diese zunächst definieren:
„Nach Maukisch (1978, S.126) sind Prädiktoren ‚diagnostische Verfahren, die Persönlichkeitsmerkmale beliebiger Art in irgendeiner Weise operationalisieren und für die Vorhersage eines Kriteriums eingesetzt werden.’ Diese Definition von Maukisch ist insofern zu erweitern, als im Prinzip nicht nur Persönlichkeitsmerkmale, sondern auch andere Variablenkategorien zur Prognose des Berufserfolges herangezogen werden können.“ (Hossiep 1995, S. 43)
„In der Eignungsdiagnostik versteht man unter einem Außenkriterium die objektiv bewertbare Leistung eines Probanden oder ein Schätzurteil über ihn, also eine durch berufspraktische Bewährung gegebene Wertung, die zur Prüfung der Gültigkeit einer Eignungsprognose herangezogen werden kann.“ (Schmale & Schmidtke 1969, zit. nach Hossiep 1995, S. 49)
Das Zentrale an der kriterienbezogenen Validität ist nun die Überprüfung des Bezugs der Testpunktwerte (Prädiktoren) zu Kriterienpunktwerten, was in der Regel mit Hilfe der Korrelation geschieht (vgl. Lienert & Raatz 1994, S. 220) und durch eine Kennziffer, den Korrelationskoeffizienten, ausgedrückt wird:
„Der Korrelationskoeffizient beschreibt die Enge des linearen Zusammenhangs zweier Merkmale durch eine Zahl r, die zwischen +1 und –1 liegt. Bei r = +1 sprechen wir von einem perfekt positiven und bei r = –1 von einem perfekt negativen Zusammenhang. Ist r = 0, besteht kein linearer Zusammenhang.“ (Bortz 1999, S. 198)
Die Testvalidierung mit der kriterienbezogenen Validität beruht auf verschiedenen Annahmen. Die erste betrifft die Vorstellung von einer gewissen Stabilität, d.h. es wird implizit davon ausgegangen, dass Menschen sich in verschiedenen Situationen ähnlich verhalten. Die zweite Annahme lautet, dass zwei Probanden mit demselben Punktwert sich auch gleich verhalten werden. Daraus ergeben sich zwei verschiedene Formen von kriterienbezogener Validität:
- Prädiktive Validität (die Fähigkeit des Tests, zukünftiges Verhalten vorherzusagen)
- Konkurrente Validität (die Fähigkeit des Tests, einen bestehenden Zustand zu diagnostizieren oder mit bereits vorliegenden Kriteriumsdaten übereinzustimmen)
(vgl. Jackson 1999, S. 111)
In der vorliegenden Diplomarbeit wird vor allem die prädiktive Validität der untersuchten Testverfahren angesprochen.
Ein Kernproblem eignungsdiagnostischer Untersuchungsstrategien liegt in der Auswahl adäquater Bewährungskriterien, so dass der Wert von Evaluationen zur Validitätsbestimmung diagnostischer Methoden weitgehend von der Auswahl des Kriteriums bzw. der Kriterien abhängt. Nur bei der Verwendung repräsentativer und relativ zeitstabiler Kriterien lassen sich zuverlässige Eignungsprognosen erstellen (vgl. Hossiep 1995, S. 49). Lienert & Raatz weisen darauf hin, dass man von vornherein fragen muss, wodurch denn die Validität des Validitätskriteriums bestimmt sei. Diese kann beispielsweise durch ein Rating von kompetenten Beurteilern bestimmt werden, wobei es sich in der Regel um Psychologen handeln wird. Besonders bei Eignungstests müssen jedoch bisweilen auch andere „Experten“ herangezogen werden, etwa Lehrlingsausbilder oder Dozenten. Mit einer solchen Abstimmung kann das Kriterium als etwas Relatives, als Resultat einer Übereinkunft verstanden werden. Dabei bleibt es jedem Testinterpreten überlassen, dieses Kriterium anzuerkennen oder zu verwerfen bzw. nach einem passenderen zu suchen. Der durch Evaluationen errechnete Validitätskoeffizient stellt in jedem Falle eine wichtige Testcharakteristik dar und kann im Hinblick auf das zugrundeliegende Kriterium interpretiert werden (vgl. Lienert & Raatz 1994, S. 221).
Die Sicherstellung der Unabhängigkeit der Kriteriumsmaße von den Testleistungen stellt ein grundsätzliches Problem bei der Validitätsbestimmung dar. Wenn die Beurteiler die Testergebnisse kennen, könnten sie in ihrem Urteil beeinflusst sein und es kommt zu „sich selbst erfüllenden Prophezeiungen“. Daher kommt es bei der Wahl eines geeigneten Kriteriums vor allem auf zwei Dinge an:
- Das Kriterium muss reliabel gemessen werden können.
- Das Kriteriumsmaß muss einen validen Indikator für das vorzusagende Verhalten darstellen.
(vgl. Jackson 1999, S. 114)
Abschließend bleibt noch einmal zu erwähnen, dass Bewährungskontrollen eignungsdiagnostischer Verfahren in der modernen Personalauswahl unerlässlich sind. Leider begnügt man sich jedoch auch heute noch häufig mit unkontrollierten Erfahrungen, die man mit den eingestellten Personen gemacht zu haben glaubt bzw. zieht Einzelfälle als Beweis für die Richtigkeit der getroffenen Entscheidungen heran (vgl. Althoff & Thielepape 2000, S. 254).
Auch in dem hier untersuchten Berufsfeld findet man diesbezüglich noch Defizite: In der Fachliteratur wird oft darauf hingewiesen, dass bei der Polizei ein Mangel an Evaluation der Personalauswahlpraxis herrscht (vgl. Kersting 1999, S. 146). Im persönlichen Gespräch mit einem Experten für das Eignungsauswahlverfahren der Thüringer Polizei wurde mir diese Tatsache ebenfalls bestätigt: Meine Diplomarbeit stellt die erste Evaluation der eingesetzten Verfahren dar und hat demzufolge für die Thüringer Verwaltungsfachhochschule (Fachbereich Polizei) eine herausragende Bedeutung.
2.4. Zusammenfassung
Eignungsdiagnostische Verfahren besitzen in unserer Gesellschaft eine zentrale Bedeutung sowohl für Organisationen und Unternehmen als auch für das einzelne Individuum. Es hat sich jedoch gezeigt, dass in der heutigen Zeit noch immer Auswahlentscheidungen auf der Grundlage von altmodischen und subjektiven Kriterien getroffen werden.
Bei der Darstellung verschiedener Arten von eignungsdiagnostischen Verfahren wurde deutlich, dass vor allem Leistungstests und Assessment-Center als Methoden der Eignungsfeststellung herangezogen werden.
Die klassische Testtheorie liefert die Grundlagen für die Evaluation eignungsdiagnostischer Verfahren, wozu vor allem die Autoren Lienert & Raatz einen ernormen Beitrag geleistet haben.
In der vorliegenden Diplomarbeit geht es speziell um die Überprüfung der prädiktiven kriterienbezogenen Validität.
3. Eignungsauswahlverfahren an der Thüringer VFHS
In diesem Kapitel möchte ich einige Ausführungen zum EAV für den gehobenen Polizeivollzugsdienst in Thüringen machen. Dabei werde ich zunächst auf seine allgemeine Bedeutung eingehen und den gesamten Ausleseprozess vorstellen, den die Bewerber an der VFHS durchlaufen müssen. Wie wir im vorherigen Kapitel bereits ansatzweise feststellen konnten, unterliegen berufseignungsdiagnostische Verfahren einer stetigen Evaluation und Weiterentwicklung. Deshalb möchte ich in meinen folgenden Ausführungen weiterhin die kontinuierliche Entwicklung des EAV’s seit dem Jahr 2000 sowie den derzeitigen Stand des Verfahrens darstellen. Abschließend folgt eine Beschreibung der in dieser Diplomarbeit evaluierten Testverfahren.
3.1. Bedeutung
Der Beruf des Polizeivollzugsbeamten im gehobenen Dienst erfreut sich schon seit vielen Jahren größter Beliebtheit. Dies wird auch am Beispiel des Bundeslandes Thüringen mit einer durschnittlichen Anzahl von 2000 Direktbewerbern pro Jahr – Tendenz steigend – deutlich. Momentan vergibt der gehobene Dienst für Direktbewerber durchschnittlich 70 Ausbildungsstellen pro Jahr, noch bis zum Jahr 2006 waren es lediglich 50 Stellen. Hinzu kommen noch die ohnehin vorgesehenen Studienplätze für Aufstiegsbeamte aus dem mittleren Dienst, so dass zur Zeit ca. 100-120 Polizeikommissare jährlich ausgebildet werden. Die Anzahl der zu besetzenden Stellen richtet sich einerseits nach dem Bedarf an neuen Beamten in den einzelnen Polizeidienststellen des Bundeslandes Thüringen, wobei die normale Fluktuation durch beispielsweise Pensionierungen und andere Ausfälle eine Rolle spielt. Andererseits können natürlich auch nur so viele Polizeivollzugsbeamte ausgebildet werden, wie durch das Thüringer Innenministerium finanziert werden können. Immerhin bekommen die Studierenden an der VFHS – im Gegensatz zu Studierenden an anderen Hochschulen – eine Ausbildungsvergütung. In Anbetracht der oben genannten Zahlen liegt es nahe, dass die Polizei es sich leisten kann, aus dieser hohen Anzahl von Bewerbern nur diejenigen auszuwählen und schließlich auszubilden, die für den Beruf des gehobenen Polizeivollzugsbeamten am geeignetsten erscheinen. Um diese Eignung möglichst realistisch feststellen zu können, wurde im Rahmen des Ausleseprozesses für diesen Beruf ein EAV konzipiert. Dadurch sollen die zur Verfügung stehenden
Studienplätze möglichst optimal besetzt werden. Das bedeutet durchaus, dass es – wie bei vielen anderen Berufen auch – jedes Jahr zahlreiche Bewerber gibt, die zwar anhand des Auswahlverfahrens als geeignet für den Beruf des gehobenen Polizeivollzugsbeamten eingestuft werden, jedoch aufgrund der fehlenden Kapazitäten keinen Studienplatz bekommen. Daher ist es besonders wichtig, dass durch das EAV nahezu alle Fähigkeiten ermittelt werden können, welche die Anwärter zur Ausübung dieses Berufs benötigen. Dass sich aus dieser Anforderung eine Aufspaltung des Verfahrens in mehrere Teilbereiche ergibt, mit denen jeweils die Eignung auf einem ganz bestimmten Gebiet erfasst werden soll, erklärt sich von selbst. Im folgenden Abschnitt möchte ich den gesamten Ausleseprozess der VFHS (Fachbereich Polizei) mit seinen spezifischen Anforderungen vorstellen.
(Die Informationen aus diesem Abschnitt habe ich in einem persönlichen Gespräch mit einem Polizeivollzugsbeamten an der VFHS gesammelt, der für die Konzeption und Durchführung der EAV’s verantwortlich ist.)
3.2. Ausleseprozess
Die Auslese der Studienbewerber für den gehobenen Polizeivollzugsdienst in Thüringen ist ein sehr vielschichtiger Prozess, den ich in meinen folgenden Ausführungen erläutern möchte. Dabei werde ich zunächst auf die allgemeinen Voraussetzungen der Bewerber und die erforderliche Zusammenstellung der Bewerbungsunterlagen eingehen. Anschließend sollen die einzelnen Testabschnitte des EAV’s mit ihren wesentlichen Inhalten skizziert werden.
3.2.1. Allgemeine Einstellungsund Bewerbungsvoraussetzungen
Unabhängig davon, ob die Bewerber eine Laufbahn im mittleren oder gehobenen Dienst einschlagen möchten, existieren die allgemeinen Einstellungsvoraussetzungen entsprechend der Thüringer Laufbahnverordnung für den Polizeivollzugsdienst. Dazu gehört zunächst einmal, dass sie die allgemeinen beamtenrechtlichen Voraussetzungen nach dem Thüringer Beamtengesetz erfüllen müssen:
- Die Bewerber müssen Deutsche(r) gemäß Artikel 116 des Grundgesetzes oder EU-Staatsangehörige(r) sein.
- Sie sollen Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintreten.
- Die Bewerber dürfen nicht gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen haben.
- Sie sollen keine hauptamtliche oder inoffizielle Mitarbeit beim Ministerium für Staatssicherheit / Amt für Nationale Sicherheit oder bei den im § 8 Abs. 3 Thüringer Beamtengesetz aufgeführten Organe geleistet haben.
Die Anwärter dürfen noch nicht das 32. Lebensjahr vollendet haben und sowohl Männer als auch Frauen müssen mindestens 1,65 m groß sein. Weiterhin sollten die Bewerber nach ihrer Gesamtpersönlichkeit für die angestrebte Laufbahn geeignet erscheinen. Dazu gehört beispielsweise, dass sie geordnete wirtschaftliche Verhältnisse vorweisen können, einen guten Ruf besitzen und bisher keine Vorstrafen hatten. Für die Ausbildung im gehobenen Polizeivollzugsdienst ist ferner einer der folgenden Bildungsstände nachzuweisen:
- Fachhochschulreife
- eine andere zu einem Hochschulstudium berechtigende Schulbildung
- einen vom hierfür fachlich zuständigen Ministerium im Einvernehmen mit dem Landespersonalausschuss als gleichwertig anerkannten Bildungsstand
Neben diesen allgemeinen Einstellungsvoraussetzungen existieren weiterhin Vorauswahlkriterien bezüglich der Schulnoten. Danach wird aus den Noten der Fächer Deutsch, Mathematik, Sport und einer Fremdsprache der Durchschnitt gebildet. Dieser darf bei Bewerbern für den gehobenen Dienst mit Fachhochschulreife oder allgemeiner Hochschulreife nicht schlechter als 3,0 sein. Außerdem muss die Leistung im Fach Deutsch mindestens Note 3 sein. Ausschlaggebend für diese Vorauswahl ist jeweils das letzte Zeugnis zur Erlangung eines der oben aufgeführten Schulabschlüsse.
Über all diese Voraussetzungen für eine Bewerbung im gehobenen Polizeivollzugsdienst können sich die Interessenten auf den Internetseiten des Bildungszentrums der Thüringer Polizei informieren. Die Bewerbung erfolgt dann mit einem vorgefertigten dreiseitigen Bewerbungsbogen, welchen man sich ebenfalls auf der Homepage herunterladen kann. Weiterhin müssen die Bewerber einen handgeschriebenen tabellarischen Lebenslauf, ein Passbild sowie Kopien der folgenden Dokumente beifügen:
- Geburtsurkunde / Abstammungsurkunde oder der Nachweis der deutschen Staatsangehörigkeit (Bescheinigung der zuständigen Meldestelle)
- Bundespersonalausweis oder Reisepass
- Schulabschlusszeugnis oder das letzte aktuelle Schulzeugnis bzw. der Nachweis über einen anerkannten Bildungsstand
- Führerschein (soweit vorhanden)
- ggf. Zeugnisse über Beschäftigungen seit der Schulentlassung
- Deutscher Schwimmpass in Bronze oder Deutsches Sportabzeichen in Bronze
- ggf. ärztliche Befunde
- bei Ermittlungsverfahren eine Kopie vom Ausgang des Verfahrens und eine schriftliche Äußerung zum Sachverhalt
Aufgrund der hohen Bewerberzahlen scheiden diejenigen Interessenten, welche die allgemeinen Einstellungsvoraussetzungen nicht erfüllen können und sich dennoch bewerben, sofort aus der Gruppe potentieller Studienanfänger aus. Auch das Einreichen von unvollständigen Bewerbungsunterlagen führt zum unmittelbaren Ausschluss. Alle übrigen Bewerber, bei denen keine Defizite in den Voraussetzungen und Bewerbungsunterlagen festgestellt werden, bekommen eine schriftliche Einladung zum EAV, welches sich in die folgenden drei Testabschnitte gliedert:
- Testabschnitt 1: Sichtung durch den Polizeiärztlichen Dienst in Meiningen, Rechtschreibprüfung, Leistungstests, Sportprüfung
- Testabschnitt 2: Polizeidiensttauglichkeitsuntersuchung in Erfurt
- Testabschnitt 3: Assessment-Center, Englischtest
Nach jedem dieser Testabschnitte erfolgt eine Auswertung. Sollten die Bewerber in einem dieser Bereiche nicht bestanden oder einen bestimmten Mindestwert nicht erreicht haben, scheiden sie aus dem weiteren Testverfahren aus. Alle geeigneten Bewerber werden mit dem erreichten Ergebnis im EAV in eine Rangfolge eingestuft und nach Abschluss der Prüfungsperiode werden die Besten entsprechend der Zahl der vorhandenen Ausbildungsstellen für eine Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst im Freistaat Thüringen vorgesehen. (vgl. Bildungszentrum der Thüringer Polizei 2007)
Obwohl für die vorliegende Evaluation lediglich das Testverfahren zur Messung der intellektuellen Fähigkeiten aus Testabschnitt 1 sowie das Assessment-Center aus Testabschnitt 3 von Interesse sein sollen, möchte ich in meinen folgenden Ausführungen alle drei Testabschnitte kurz erläutern.
3.2.2. Testabschnitt 1 des Eignungsauswahlverfahrens
Beim ersten Testabschnitt des EAV’s werden die Bewerber zunächst beim Polizei- ärztlichen Dienst an der VFHS in Meiningen vorstellig. Hierbei geht es lediglich darum, die grundsätzliche gesundheitliche Eignung zur Teilnahme am EAV festzustellen. Diese Sichtung durch den Polizeiärztlichen Dienst ist nicht zu verwechseln mit der in Testabschnitt 2 durchgeführten Untersuchung der Polizeidiensttauglichkeit der Bewerber.
Als nächstes folgt die Teilnahme an einer Rechtschreibprüfung, die in der Regel in Form eines Diktats durchgeführt wird. Hierbei gilt es zu beachten, dass die Anwendung der neuen deutschen Rechtschreibung verlangt wird und dass der Test am PC durchgeführt wird (Grundkenntnisse im Umgang mit einem Textverarbeitungsprogramm sind erforderlich). Jede/r Bewerber/in darf nur maximal 30 Fehlerpunkte in dieser Prüfung aufweisen, ansonsten scheidet er/sie aus dem weiteren Auswahlprozess aus.
Im dritten Teil des ersten Testabschnitts müssen die Teilnehmer verschiedene Leistungstests absolvieren. Dazu gehören in der Regel ein psychologisches Testverfahren, verschiedene Merkaufgaben sowie ein Wissenstest. Prinzipiell kann man diesen Abschnitt als Testverfahren zur Messung der intellektuellen Fähigkeiten der Bewerber bezeichnen. Im Abschnitt 3.4. dieses Kapitels werde ich gesondert auf die beiden evaluierten Verfahren eingehen.
Im letzten Schritt folgt schließlich die Sportprüfung für alle Bewerber, die bis dahin noch nicht ausgeschieden sind. Diese dient u.a. der Feststellung der körperlichen Eignung für den Beruf des Polizeivollzugsbeamten und besteht aus fünf Einzelübungen. Diese sind auf die Inhalte des Sportunterrichtes während der Ausbildung abgestimmt und erfassen die sportmotorischen Fähigkeiten Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Koordination. Die fünf Einzelübungen der Sportprüfung sind:
- Medizinballstoßen
- Dreierhopp
- Linienlauf
- Bankdrücken oder Liegestütze
- Laufband
In jeder der ersten vier Disziplinen gibt es vier Abstufungen hinsichtlich der erbrachten Leistung und je nachdem, welcher Wert erreicht wurde, werden 1-4 Punkte an die Bewerber vergeben. Bei der Übung „Laufband“ sind hingegen keine Abstufungen vorgesehen und man muss hier den geforderten Wert erreichen, wofür man dann 4 Punkte erhält. Selbstverständlich wird bei allen Einzelübungen eine Differenzierung zwischen Männern und Frauen vorgenommen.
Nach dem Durchlaufen aller fünf Disziplinen müssen die Teilnehmer insgesamt mindestens 12 Punkte (also 60%) erreicht haben, um die Sportprüfung zu bestehen. Es gilt jedoch zu beachten, dass keine Disziplin mit 0 Punkten bewertet sein darf und dass bei der Laufband-Übung der geforderte Wert erreicht werden muss.
Wenn bereits im Verlauf der Sportprüfung festgestellt werden kann, dass ein/e Bewerber/in die geforderten 12 Punkte nicht mehr erreicht oder in einer Disziplin keinen Punkt erhalten hat, so wird er/sie unmittelbar von den restlichen Übungen ausgeschlossen und die Sportprüfung gilt als nicht bestanden.
Falls es im Verlauf dieser Prüfung aufgrund von Verletzungen zu einem Abbruch kommt, entscheidet der zuständige Testleiter in Absprache mit dem Polizeiärztlichen Dienst über einen neuen Termin für die betreffenden Teilnehmer.
Diejenigen Bewerber, die alle Bereiche des ersten Testabschnitts erfolgreich absolviert haben, bekommen daraufhin eine schriftliche Einladung zum nächsten Testabschnitt. (vgl. Bildungszentrum der Thüringer Polizei 2007)
3.2.3. Testabschnitt 2 des Eignungsauswahlverfahrens
Der zweite Testabschnitt des EAV’s für den gehobenen Dienst betrifft die Untersuchung auf Polizeidiensttauglichkeit gemäß Polizeidienstvorschrift 300 durch den Polizeiärztlichen Dienst des Freistaates Thüringen in Erfurt.
Der Polizeivollzugsdienst stellt besondere Anforderungen an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sowie seelische Belastbarkeit der Anwärter. Die gesundheitliche
Eignung für den Polizeivollzugsdienst ist daher nach besonderen Maßstäben nur von Polizeiärzten zu beurteilen.
Bei der polizeiärztlichen Untersuchung im Rahmen des EAV’s wird festgestellt, ob die Bewerber den Anforderungen des Berufes gesundheitlich gewachsen sind. Dafür müssen sie folgende Mindestanforderungen erfüllen:
- gesunder Körperbau (keine Funktionsbehinderungen oder Bewegungseinschränkungen)
- kein Überbzw. Untergewicht im Verhältnis zum Körperbau / BMI (Body-Maß-Index)
- keine auffälligen Hautveränderungen
- gesundes Sehorgan (Farbunterscheidungsvermögen, Stereosehen, Nachtsehvermögen)
- Sehleistung auf jedem Auge ohne Brille / Sehhilfe: bis 20. Lebensjahr mindestens 50%, über 20. Lebensjahr mindestens 30%
- keine störenden Sprachfehler
- saniertes Gebiss, eine kieferorthopädische Behandlung muss abgeschlossen sein
- ein belastbares Herz-Kreislauf-System (normale Blutdruckwerte, keine Herzkrankheiten)
- keine allergischen Erkrankungen der Atmungsorgane (Bronchialasthma, Heuschnupfen)
- keine ständige Medikamenteneinnahme, außer Verhütungsmittel
Ärztliche Befunde über Erkrankungen, Unfälle, Operationen – vor allem in den letzten 5 Jahren vor der Bewerbung – oder über noch andauernde Behandlungen sollten die Anwärter bereits ihren Bewerbungsunterlagen beifügen, damit sie schon im Vorfeld durch den Polizeiarzt gesichtet werden können.
Für Brillenträger empfiehlt sich, der Bewerbung ein Attest über die Art und Stärke der verordneten Sehhilfe beizufügen, um polizeiärztlicherseits abklären zu können, ob ihre Sehschwäche einer Einstellung in den Polizeivollzugsdienst entgegensteht.
Auch für diesen Testabschnitt gilt, dass die Bewerber erst als polizeidiensttauglich eingeschätzt werden müssen, um zum dritten Testabschnitt des EAV’s zugelassen zu werden. Ansonsten scheiden sie aus der Gruppe der potentiellen Studienanfänger aus. (vgl. Bildungszentrum der Thüringer Polizei 2007)
[...]
- Quote paper
- Diplom-Kommunikationspsychologin (FH) Julia Fischer (Author), 2007, Evalutation eignungsdiagnostischer Verfahren zur Selektion von Studienbewerbern für den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Bundeslandes Thüringen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114494
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