Die Arbeit weist den theoretisch formulierten Zusammenhang zwischen Schrumpfungsprozessen und der Verstärkung von Segregationstendenzen empirisch am Beispiel der Stadt Leipzig nach. Dabei wird der Frage nachgegangen, inwiefern sich die spezifischen Rahmenbedingungen, welche durch die Schrumpfung entstanden sind, auf die Ausprägung der Segregationsprozesse auswirken.
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in drei Teile. Im ersten Teil werden die theoretischen Grundlagen der zu beschreibenden Prozesse dargestellt und diskutiert. Dabei handelt es sich einerseits um die ursächlichen Mechanismen und Prozesse, die für das Entstehen residentieller Segregation verantwortlich sind (Kapitel 2.1) und andererseits um die Ursachen und Folgen städtischer Schrumpfung (Kapitel 2.2). Darauf aufbauend werden die dieser Arbeit zugrunde
liegenden theoretischen Annahmen vorgestellt (Kapitel 2.3).
Im zweiten Teil werden die Untersuchungsgebiete -die Stadt Leipzig und der Ortsteil Leipzig-Mockau vorgestellt (Kapitel 3.1 und 3.2). Anschließend wird auf die spezifischen Rahmenbedingung der ostdeutschen Stadtentwicklung vor dem Hintergrund der Schrumpfung eingegangen. Am Beispiel der Untersuchungsstadt Leipzig werden dabei die wichtigsten
soziostrukturellen und wohnungsmarktrelevanten Veränderungen nach 1990 vorgestellt und diskutiert (Kapitel 4). Im Anschluss daran, wird die Fragestellung präzisiert und operationalisiert, so dass eine wissenschaftliche Bearbeitung des Themas möglich wird (Kapitel 5.1). Danach wird das methodische Instrumentarium dargestellt, mit dessen Hilfe die
Forschungsfrage beantwortet werden soll (Kapitel 5.2).
Der dritte Teil dieser Arbeit widmet sich umfassend den Ergebnissen der sekundärstatistischen Analyse (Kapitel 6) sowie der empirischen Erhebung (Kapitel 7). Abschließend werden die Ergebnisse der Untersuchung vor dem Hintergrund der vorgestellten theoretischen Annahmen geprüft (Kapitel 8).
Inhalt
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Anmerkung zur Schreibweise
1 Einleitung
1.1 Zielstellung der Arbeit
1.2 Aufbau der Arbeit
2 Theoretische Grundlagen der Untersuchung
2.1 Theoretische Grundlagen der Segregation
2.1.1 Die Rahmenbedingungen der Segregation - Angebot und Nachfrage
2.1.1.1 Zur Produktion ungleicher Räume - die Angebotsseite
2.1.1.2 Haushalte vor dem Hintergrund sozialer Ungleichheit - die Nachfrageseite
2.1.2 Der „Motor“ der Segregation - residentielle Mobilität
2.1.2.1 Mechanismen der selektiven Mobilität im Rahmen des constrained-choice-Ansatzes
2.1.3 Die kumulativen Effekte der selektiven Mobilität
2.2 Das Phänomen der Schrumpfung
2.2.1 Ursachen und Folgen der Schrumpfung
2.2.2 Zum Einfluss der Schrumpfung auf die Segregation
3 Die Untersuchungsräume
3.1 Die Untersuchungsstadt Leipzig
3.1.1 Die räumliche Differenzierung der Stadt Leipzig
3.2 Das Untersuchungsgebiet Leipzig-Mockau
3.2.1 Die räumliche Differenzierung des Ortsteils Leipzig-Mockau
4 Rahmenbedingungen der ostdeutschen Stadtentwicklung nach 1990
4.1 Folgen der Stadtschrumpfung auf die Nachfrageseite
4.1.1 Folgen der ökonomischen Schrumpfung auf die Nachfrageseite
4.1.2 Folgen der demographischen Schrumpfung auf die Nachfrageseite
4.2 Folgen der Stadtschrumpfung auf die Angebotsseite
4.2.1 Neustrukturierung des Wohnungsmarktes nach
4.2.2 Der Leipziger Wohnungsmarkt - Ein Wohnungsmarkt der Extreme
4.2.3 Die räumliche Verteilung der Leerstände in Leipzig
5 Methodischer Rahmen der Untersuchung
5.1 Fragestellung und Thesenbildung
5.2 Das Untersuchungsdesign
5.2.1 Die sekundärstatistische Analyse
5.2.2 Die empirische Erhebung
5.2.2.1 Gebäude-und Leerstandskartierung
5.2.2.2 Die schriftliche teilstandardisierte Befragung
6 Ergebnisse der sekundärstatistischen Analyse auf gesamtstädtischer Ebene
6.1 Ausprägung der sozialen Segregation
6.2 Ausprägung der ethnischen Segregation
6.3 Ausprägung der demographischen Segregation
6.4 Zusammenfassung der sekundärstatistischen Analyse
7 Ergebnisse der empirischen Untersuchung im Untersuchungsgebiet Leipzig-Mockau
7.1 Die sozialräumliche Differenzierung der Untersuchungspopulation
7.1.1 Gründerzeitlicher Mietwohnungsbau (Typ 01)
7.1.2 Mietwohnungsbau der 1920er und 1930er Jahre (Typ 02)
7.1.3 Ein- und Zweifamilienhäuser der 1920er und 1930er Jahre (Typ 03)
7.1.4 Mietwohnungsbau der 1950er und 1960er Jahre (Typ 04)
7.1.5 Mietwohnungsbau der 1970er und 1980er Jahre (Typ 05)
7.1.6 Neubauten der 1990er und 2000er Jahre (Typ 06)
7.2 Mobilitätsprozesse in Leipzig-Mockau
7.2.1 Umzüge innerhalb des Ortsteils
7.2.2 Abwanderungstendenzen
7.2.3 Zuwanderung
7.3 Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse
8 Fazit der Untersuchung
8.1 Schlussfolgerungen und Ausblick
8.2 Reflexion der Untersuchungsmethoden
Glossar
Literatur
Anhangsverzeichnis
Anhang I
Danksagung
Ohne die Hilfe und Unterstützung zahlreicher Menschen wäre diese Arbeit nicht zustande gekommen. Daher möchte ich mich an dieser Stelle bei allen bedanken, die mir in den letzten Monaten beiseite gestandenen haben.
Zunächst möchte ich mich bei Frau Prof. Dr. Denzer bedanken, die die Betreuung der Diplomarbeit ohne zu zögern übernommen und mir während des Forschungsprozesses mit nützlichen, aber auch kritischen Hinweise geholfen hat.
Besonderer Dank gilt auch Herrn Prof. Dr. Rink vom Umweltforschungszentrum, der den Anstoß zu dieser Arbeit gab und mir stets mit gutem Rat und guter Tat zu Seite stand.
Des Weiteren möchte ich den Mitarbeitern des Instituts für Geographie und des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung - UFZ für die technische und fachliche Unterstützung in den letzten Monaten danken, namentlich: Frau Dr. Annegret Haase, Frau Dr. Annett Steinführer sowie Frau Dr. Katrin Großmann.
Großer Dank gilt aber auch meinen Freunden Anne und Jack, ohne die sich die Datenerhebung bedeutend schwieriger gestaltet hätte. Ich danke zudem auch Anna für den fachlichen Beistand in den letzten Wochen. Ohne euch hätte ich das so nicht geschafft. Vielen Dank!
Besonders danke ich meinem Vater und meiner Mutter sowie dem Rest der Familie dafür, dass ihr immer an mich geglaubt habt und mirjederzeit eine Stütze ward. Vielen Dank!
Abschließend möchte ich mich noch bei allen Bewohnern Mockaus, die an der Haushaltsbefragung teilgenommen haben, für ihre Auskunftsbereitschaft bedanken.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Reaktionsschema bei Veränderungen des lokalen Standortnutzens
Abbildung 2: Ablaufschema von Handlungsentscheidungen im Sinne des constrained-choice-Ansatzes
Abbildung 3: Vereinfachte Darstellung des Makro-Meso-Mikro-Modells der residentiellenSegregation
Abbildung 4: Folgen der Schrumpfung auf die Segregation
Abbildung 5: Räumliche Gliederung der Stadt Leipzig
Abbildung 6: Einwohnerentwicklung im Ortsteil Leipzig-Mockau von 1992 bis2007
Abbildung 7: Gründerzeitliches Mietshaus in der Kieler Straße
Abbildung 8: Mietshaus der Zwischenkriegszeitin der Kieler Straße
Abbildung 9: Einfaches gründerzeitliches Mehrfamilienhaus in der Döhringstraße
Abbildung 10: Repräsentatives gründerzeitliches Mehrfamilienhaus in der Bochumer Straße
Abbildung 11: Einfache gründerzeitliche Mietshausbebauung in der Berthastraße
Abbildung 12: UnsanierteGründerzeitbestände in der Volbedingstraße
Abbildung 13: Die „Rote Front“ in der Mockauer Straße
Abbildung 14: Unsanierte Zwischenkriegsbauten in der Mockauer Straße
Abbildung 15: Sanierter Plattenbau in der Rosenowstraße (Mockau-West)
Abbildung 16: Unsanierter Plattenbau in der Samuel-Lampel-Straße (Mockau-Ost)
Abbildung 17: Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Leipzig von 1989 bis 2007
Abbildung 18: Entwicklung der Arbeitslosenquote in Leipzig von 1991 bis 2007
Abbildung 19: Entwicklung der sozioökonomischen Ungleichheit in Leipzig von 1991 bis 2006
Abbildung 20: Räumliche Bevölkerungsbewegungen zwischen Leipzig und ausgewählten Regionen von 1990 bis 2006
Abbildung 21: Natürliche und wanderungsbedingte Bevölkerungsentwicklung in Leipzig von 1985 bis 2005
Abbildung 22: Entwicklung der absoluten Haushaltszahlen und der Haushaltsgrößen in Leipzig von 1981 bis 2007
Abbildung 23: Entwicklung des Wohnraumüberangebotes in Leipzig von 1989 bis2007 50 Abbildung 24: Entwicklung der Nettokaltmieten bei Neuvermietung in Leipzig von 1994 bis 2007
Abbildung 25: Entwicklung der Wohnungsleerstände in Leipzig
Abbildung 26: Entwicklung der Segregationsindizes der Arbeitslosen in Leipzig von 1996 bis 2007
Abbildung 27: Entwicklung der Arbeitslosenquote in den Leipziger Ortsteilen in den Jahren 1996 und 2001
Abbildung 28: Entwicklung der Arbeitslosenquote in den Leipziger Ortsteilen in den Jahren 2005 und 2007
Abbildung 29: Entwicklung der Segregationsindizes der Ausländer in Leipzig von 1992 bis 2007
Abbildung 30: Entwicklung der Ausländeranteile in den Leipziger Ortsteilen in den Jahren 1996, 2001 und 2007
Abbildung 31: Entwicklung der Seniorenanteile in den Leipziger Ortsteilen in den Jahren 1996, 2001 und 2007
Abbildung 32: Entwicklung der Segregationsindizes der Senioren in Leipzig von 1992 bis2007
Abbildung 33: Index des sozioökonomischen Status nach Baustrukturtypen
Abbildung 34: Durchschnittliche Äquivalenzeinkommen der Untersuchungs population nach Baustrukturtypen
Abbildung 35: Mobilitätspotentialnach Altersklassen
Abbildung 36: Mobilitätspotentialnach Haushaltstypen
Abbildung 37: Mobilitätspotential nach derzeit ausgeübter Tätigkeit
Abbildung 38: Mobilitätspotential nach Baustrukturtypen
Abbildung 39: Motive für einen Wohnstandortwechsel
Abbildung 40: Zugewanderte und potentiell Abwandemde nach derzeit ausgeübter Tätigkeit
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Innerstädtische Umzügejel 000 Einwohner ausgewählter Städte in Ost- und Westdeutschland von 1994 bis 2006
Tabelle 2: Ausschöpfungs- und Rücklaufquote der Haushaltsbefragung
Tabelle 3: Anpassungder Stichprobe andieGrundgesamtheit
Tabelle 4: Wohnungsgrößen, Haushaltstypen und Leerstand in den Mockauer Gründerzeitquartieren
Tabelle 5: Wohnkosten, ISEI, Äquivalenzeinkommen und Leerstand in den Mockauer Gründerzeitquartieren
Tabelle 6: Wohnungsgrößen, Haushaltsstrukturen, Durchschnittsalter und Leerstand in den Mockauer Geschossbauten der Zwischenkriegszeit
Tabelle 7: Monatliche Wohnkosten pro Quadratmeter, ISEI, Äquivalenzeinkommen und Leerstand in den Mockauer Geschossbauten der Zwischenkriegszeit
Tabelle 8: Durchschnittsalter, Leerstand und Senioren- bzw. Kinderanteil in den Mockauer Altneubauten
Tabelle 9: Wohnkosten, ISEI, Äquivalenzeinkommen und Leerstand in den MockauerPlattenbaubeständen
Tabelle 10: Korrelationskoeffizienten für die Indikatoren sozialer Ungleichheit, Wohnkosten und Leerstände
Abkürzungsverzeichnis
ABM: Arbeitsbeschaffungsmaßnahme
BIP: Bruttoinlandsprodukt
BQ: Befragungsquartier
BRD: Bundesrepublik Deutschland
bspw.: beispielsweise
bzw.: beziehungsweise
ca.: circa
DDR: Deutsche Demokratische Republik
d. h.: das heißt
ebd.: ebenda
e. g.: exempli gratia
EPH: Einpersonenhaushalte
f. : folgende (Seite)
ff.: folgende (Seiten)
GmbH: Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Hg.: Herausgeber
ID: Dissimilaritätsindex
IS: Segregationsindex
ISEI: Standard International Socio-Economic Index of Occupational Status k. A.: keine Angabe
KdU: Kosten der Unterkunft
lfd.: laufende
LMC: Leipzig-Mockau-Center
LVZ: Leipziger Volkszeitung
LWB: Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH
m2: Quadratmeter
resp.: respektive
S.: Seite
SED: Sozialistische Einheitspartei Deutschlands
SVP: sozialversicherungspflichtig (Beschäftigte)
u. a.: und andere
UFZ: Helmholtz Zentrum für Umweltforschung - UFZ
usw.: und so weiter
WBS: Wohnbausystem
WE: Wohneinheit
WG: Wohngemeinschaft
z. B.: zum Beispiel
ZPH: Zweipersonenhaushalte
Anmerkung zur Schreibweise
Hiermit möchte ich darauf hinweisen, dass zur Gewährleistung der besseren Lesbarkeit in der vorliegenden Arbeit weitgehend bei Personennennungen die maskuline Form verwendet wurde.
1 Einleitung
Mit der politischen Wende 1989/90 veränderten sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in den Städten der ehemaligen DDR innerhalb sehr kurzer Zeit. Vor dem Hintergrund anhaltender Transformationsprozesse kam es zu Differenzierungen im Bereich der Sozialstruktur und des Wohnungswesens. Zudem muss davon ausgegangen werden, dass die bis dahin vorherrschenden Segregationstendenzen die Bildung neuer Segregationsmuster zumindest beeinflusst haben. FRIEDRICHS (1995) nahm an, dass sich zunächst die Spanne der Einkommen und die soziale Ungleichheit der Bevölkerung erhöhen werde, womit "eine Entmischung in den Neubausiedlungen, eine Aufwertung (Gentrification) der innenstadtnahen Wohnviertel, (...) ferner eine insgesamt steigende Segregation der Stadtbewohner nach dem sozialen Status und dem Alter" (EBD.: 57) verbunden ist. Des Weiteren erwartete er einen anderen Prozessverlauf der ostdeutschen Stadtentwicklung: "Die Entwicklung in den Städten der DDR folgt [jedoch] nicht den Phasen in der BRD, sondern überspringt Phasen und setzt gleich bei der gegenwärtigen Phase in den Städten der BRD ein (...)" (EBD.: 68, Hervorhebung im Original, Anmerkung des Verfassers). Allerdings konnte eine gewisse Trägheit bei der Konstitution der sozial-räumlichen Differenzierungen beobachtet werden (RINK 1997: 45). So wurden in den ostdeutschen Städten bis zum Ende der 1990er Jahre nur schwach ausgeprägte Segregationstendenzen festgestellt (HARTH U. A. 1998). Retardierend wirkten hier insbesondere die noch fehlenden Angebots- und Nachfragestrukturen.
Heute, 19 Jahre nach dem politischen Systemwechsel, ist die Transformation vom sozialistischen in das kapitalistische Gesellschaftsmodell weiter voran geschritten, d. h. es haben sich differenzierte Angebots- und Nachfragestrukturen gebildet, welche als Grundlage für Segregationsprozesse gelten (FRIEDRICHS 1995, HÄUSSERMANN / SIEBEL 2004). Gleichzeitig sind insbesondere die ostdeutschen Städte von starken Schrumpfungsprozessen betroffen. In der Fachliteratur wird diesbezüglich die These vertreten, dass die Stadtschrumpfung starken Einfluss auf die ohnehin stattfindenden Segregationsprozesse hat. Es wird davon ausgegangen, dass Schrumpfungsprozesse zu einer Verstärkung der Segregation einkommensschwacher Gruppen beitragen (bspw. WIEST 2001: 44; HANNEMANN 2003: 11; HERFERT 2004: 59; STROHMEYER / KERSTING 2003: 231; FARWICK 2004: 257). So stellen bspw. STOHMEIER und KERSTING (2003) fest, dass es in schrumpfenden Städten zu einer zunehmenden „Polarisierung von Lebensbedingungen, Lebenslagen und Lebensformen der Bevölkerung [kommt], ablesbar an einem Anwachsen der sozialen, ethnischen und demographischen Segregation. Arme und Reiche, Menschen mit und ohne Kinder, „Einheimische“ und „Ausländer“ rücken weiter auseinander“ (EBD.: 231, Anmerkung des Verfassers). Diese Annahmen sind jedoch empirisch kaum belegt.
1.1 Zielstellung der Arbeit
Ziel dieser Arbeit ist es, den theoretisch formulierten Zusammenhang zwischen Schrumpfungsprozessen und der Verstärkung von Segregationstendenzen empirisch nachzuweisen. Dabei wird der Frage nachgegangen, inwiefern sich die spezifischen Rahmenbedingungen, welche durch die Schrumpfung entstanden sind, auf die Ausprägung der Segregationsprozesse auswirken. Wie angedeutet, wird im wissenschaftlichen Diskurs davon ausgegangen, dass es unter Schrumpfungsbedingungen zu einer Verstärkung sozialer und räumlicher Ungleichheit kommt, was schließlich zu einer Verstärkung der multidimensionalen residentiellen Segregation führt. Daher lautet die forschungsleitende Frage dieser Diplomarbeit:
Welchen Einfluss hat das Phänomen der Stadtschrumpfung auf den Segregationsprozess?
Die Forschungsfrage soll am Beispiel der Stadt Leipzig beantwortet werden. Dabei werden zwei verschieden Aggregatebenen einbezogen. Zunächst wird der Zusammenhang zwischen Schrumpfung und Segregation auf gesamtstädtischer Ebene mit Hilfe sekundärstatistischer Analysen untersucht. Auf dieser Aggregatebene stehen langjährige und flächendeckende Zensusdaten zur Verfügung, mit deren Hilfe es möglich ist, das Entstehen großräumig ausgeprägter Segregationsmuster retrospektiv nachzuvollziehen.
In einem zweiten Schritt soll dieser Zusammenhang auch auf einer räumlich kleineren Ebene - der Ortsteilebene -empirisch nachgewiesen werden. Eine solche Herangehensweise ist notwendig, da die alleinige Betrachtung der gesamtstädtischen Ebene bzw. die alleinige Verwendung sekundärstatistischer Analysemethoden nur einen relativ oberflächlichen Eindruck über die Ausprägung sozialräumlicher Strukturen geben kann. Erstens stellen die Leipziger Ortsteile keine durchweg homogenen Räume dar. Zweitens enthalten Zensusdaten in der Regel nur wenige und nicht besonders tief gehende Informationen und lassen in der Regel keine Aussagen über künftige Entwicklungen zu, da nur ausgewählte Strukturmerkmale der erfassten Population wiedergeben werden. Aussagen über die Bewegung der Haushalte im Raum sind auf Basis dieser Daten in der Regel nicht möglich. Drittens können makrostrukturell ausgeprägte Stadtentwicklungsprozesse wie die residentielle Segregation nur dann hinreichend erklärt werden, wenn die Motive der handelnden Akteure auf der Mikroebene mit einbezogen werden.
1.2 Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in drei Teile. Im ersten Teil werden die theoretischen Grundlagen der zu beschreibenden Prozesse dargestellt und diskutiert. Dabei handelt es sich einerseits um die ursächlichen Mechanismen und Prozesse, die für das Entstehen residentieller Segregation verantwortlich sind (Kapitel 2.1) und andererseits um die Ursachen und Folgen städtischer Schrumpfung (Kapitel 2.2). Darauf aufbauend werden die dieser Arbeit zugrunde liegenden theoretischen Annahmen vorgestellt (Kapitel 2.3).
Im zweiten Teil werden die Untersuchungsgebiete -die Stadt Leipzig und der Ortsteil Leipzig- Mockau -vorgestellt (Kapitel 3.1 und 3.2). Anschließend wird auf die spezifischen Rahmenbedingung der ostdeutschen Stadtentwicklung vor dem Hintergrund der Schrumpfung eingegangen. Am Beispiel der Untersuchungsstadt Leipzig werden dabei die wichtigsten soziostrukturellen und wohnungsmarktrelevanten Veränderungen nach 1990 vorgestellt und diskutiert (Kapitel 4). Im Anschluss daran, wird die Fragestellung präzisiert und operationalisiert, so dass eine wissenschaftliche Bearbeitung des Themas möglich wird (Kapitel 5.1). Danach wird das methodische Instrumentarium dargestellt, mit dessen Hilfe die Forschungsfrage beantwortet werden soll (Kapitel 5.2).
Der dritte Teil dieser Arbeit widmet sich umfassend den Ergebnissen der sekundärstatistischen Analyse (Kapitel 6) sowie der empirischen Erhebung (Kapitel 7). Abschließend werden die Ergebnisse der Untersuchung vor dem Hintergrund der vorgestellten theoretischen Annahmen geprüft (Kapitel 8).
2 Theoretische Grundlagen der Untersuchung
In den folgenden Kapiteln werden die theoretischen Grundlagen vorgestellt, die dieser Arbeit zugrunde liegen. Dabei wird in einem ersten Schritt das Konzept der residentiellen Segregation dargestellt und diskutiert (Kapitel 2.1). In einem zweiten Schritt werden die Ursachen und Folgen der Schrumpfung näher beleuchtet (Kapitel 2.2). Abschließend wird in einer Zusammenführung dieser beiden Theoriekomplexe der Einfluss der Schrumpfung auf die Ausprägung der residentiellen Segregation dargestellt (Kapitel 2.3).
2.1 Theoretische Grundlagen der Segregation
Der Begriff Segregation leitet sich vom lateinischen Wort segregatio ab und bedeutet so viel wie Absonderung oder Trennung. Die Segregationsforschung nahm ihren Anfang in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts und beschäftigt sich mit der räumlichen Organisation der Gesellschaft. Eingeführt wurde der Begriff von Vertretern der Chigagoer Schule. Besonders bedeutend war in diesem Zusammenhang der amerikanische Soziologe ROBERT EZRA PARK. Er entdeckte, dass die räumliche Verteilung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen in der amerikanischen Einwandererstadt Chicago bestimmten sozialgruppentypischen Mustern folgte. PARK nahm an, dass sich die soziale Distanz, die zwischen verschiedenen Gesellschaftsmitgliedern besteht, auch räumlich äußert. Er beobachtete, dass innerhalb der Grenzen eines jeden natürlichen Gebiets (natural area) bestimmte soziale, baustrukturelle und nutzungsspezifische Muster auftreten: „Natural areas are the habitats of natural groups. Every typical urban area is likely to contain a characteristic selection of the population as a whole“ (PARK 1967: 62).
Die Segregation der verschiedenen Bevölkerungsgruppen nach dem Wohnstandort wird Bezug nehmend auf Park im Folgenden als residentielle Segregation bezeichnet. Die residentielle Segregation kann zudem als multidimensional verstanden werden. Je nach den betrachteten Gruppen kann anhand bestimmter Merkmale zwischen sozialer, ethnischer und demographischer Segregation unterschieden werden. Häufig überlagern sich die verschiedenen Dimensionen der residentiellen Segregation im Raum (DANGSCHAT 1994: 431 ff.).
Die Kritik am sozialökologischen Ansatz der Chicagoer Schule richtet sich einerseits auf die stark biologistische Terminologie und andererseits auf die aus heutiger Sicht stark einschränkende Theoriebildung. Die Annahme, dass die soziale Distanz der räumlichen Distanz entspricht, greift eindeutig zu kurz. Hierbei wird bspw. der regulierende Einfluss kommunaler und staatlicher Steuerung völlig vernachlässigt. Zudem werden Aspekte sozialer Ungleichheit in der Regel auf ökonomische und demographische Merkmale verkürzt und sozial selektive Prozesse wie Eigentümerverhalten und Diskriminierung nur wenig berücksichtigt. Dennoch gilt die Chicagoer Schule als begriffsbildend und hat in diesem Zusammenhang auch heute noch hohe Relevanz (DANGSCHAT 1998: 209; KAPPHAN 2002: 41).
In den 1970er Jahren rezipierten ATTESLANDER und HAMM (1974) den sozialökologischen Ansatz der Chicagoer Schule als erste Autoren in deutscher Sprache. Darauf aufbauend entwickelte FRIEDRICHS (1983, zuerst 1977) eigenständige Überlegungen zu den sozialräumlichen Organisationsprozessen in den Städten der BRD. Ihm zufolge ist die Segregation das Ergebnis von Migrationsentscheidungen und der räumlich ungleichen Verteilung von Wohnraum im Stadtgebiet. FRIEDRICHS (1983) definiert Segregation als die „disproportionale Verteilung der Bevölkerungsgruppen über städtische Teilgebiete“ (EBD.: 217). An anderer Stelle beschreibt der Autor Segregation auch als das Ergebnis sozialer Ungleichheit (FRIEDRICHS 1995: 79). In diesem Zusammenhang nimmt er Bezug auf den Wohnungsmarkt bzw. die Chancen, eine den haushaltsspezifischen Präferenzen entsprechende Wohnung zu finden (EBD.). Diese Konzeption rekurriert in erster Linie auf das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage. Entsprechend formuliert der Autor: „Je größer die Ungleichheit der Wohnungen und deren ungleiche Verteilung über die Stadtfläche und je größer die Einkommensungleichheit, desto höher ist der Grad der Segregation“ (EBD.: 93).
LICHTENBERGER (1991) unterstreicht dagegen den prozesshaften Charakter der räumlichen Organisation, indem sie residentielle Segregation auf alle „ Prozesse der räumlichen Auseinanderlegung von Bevölkerungsgruppen, die nach verschiedenen Merkmalen definiert sein können“ (EBD.: 223, Hervorhebung im Original), bezieht. Eine solche Herangehensweise ermöglicht es, den der Segregation zugrunde liegenden Prozess -die selektive residentielle Mobilität -mit einzubeziehen, denn die disproportionale Verteilung der Bevölkerung allein auf das Vorhandensein von differenzierten Angebots- und Nachfragestrukturen zu beziehen, greift eindeutig zu kurz. Synonym kann in diesem Zusammenhang auch der Begriff der „sozialräumlichen Differenzierung“ (RINK 1997: 26) verwendet werden, der stärker auf den Entstehungsprozess rekurriert als auf das Ergebnis desselben.
Eine Definition, die sich stärker auf die soziale Ungleichheit bezieht, bieten HÄUSSERMANN und SIEBEL (2001) an. Danach ist Segregation „die Projektion sozialer Strukturen auf den Raum“ (EBD.: 70) und „bezeichnet die Tatsache, dass sich soziale Gruppen in bestimmten Räumen zu bestimmten Zeiten konzentrieren“ (EBD.: 71). Ähnlich beschreibt DANGSCHAT (1998) Segregation als „die Verräumlichung sozialer Ungleichheit“ (EBD.: 208). Er versteht unter dieser Verräumlichung aber nicht nur die reine Projektion sozialer Ungleichheit in den Raum, sondern konstatiert, dass Segregation die ohnehin schon vorhandenen sozialen Disparitäten noch zusätzlich verstärkt und damit selbst zu einer Kategorie der sozialen Ungleichheit wird (EBD.).
Eine differenzierte und weitgehend umfassende Definition findet sich schließlich bei WERLEN (2000): „Segregation bezeichnet (...) einerseits den Prozess der selektiven Konzentration von Bevölkerungsgruppen (...) innerhalb eines Gebietes und andererseits das Ergebnis des Prozesses, das heißt die räumliche Trennung von ungleichen Bevölkerungsgruppen (...), die in Gebieten ausgeprägter sozialer Homogenität leben“ (EBD.: 394).
2.1.1 Die Rahmenbedingungen der Segregation -Angebot und Nachfrage
Bevor auf den der residentiellen Segregation zugrunde liegende Prozess -die residentielle Mobilität -näher eingegangen wird, müssen zunächst die Rahmenbedingungen vorgestellt werden, die für das Zustandekommen von Segregation nötig sind. Diese werden im Wesentlichen durch differenzierte Angebots- und Nachfragestrukturen repräsentiert.
2.1.1.1 Zur Produktion ungleicher Räume -die Angebotsseite
Ungleiche anthropogene Raumstrukturen werden politisch, ökonomisch, symbolisch und sozial produziert (HÄUSSERMANN / SIEBEL 2004: 157). Die politische Differenzierung von Räumen schafft verschiedene Wohnqualitäten an verschiedenen Standorten mit Mitteln der Stadtplanung, Infrastruktur- und Wohnungspolitik. Eine ökonomische Differenzierung findet über Preisdifferenzen zwischen Wohnstandorten und Ausstattungsniveaus statt. Die symbolische Differenzierung äußert sich in ungleicher Architektur, städtebaulicher Gestaltung, Bebauungsdichte und landschaftlicher Gestaltung. Damit verbunden ist die soziale Differenzierung, welche durch die soziale Zusammensetzung der Bewohnerschicht repräsentiert wird (EBD.).
Die Akteure der Angebotsseite sind die Produzenten von Wohnraum, also Vermieter, Makler sowie private und kommunale Bauträger. Da diese über die lokativen Ressourcen, d. h. die Eigentums- und Verfügungsrechte an Immobilien, Kapital und Boden verfügen, entscheiden sie letztendlich auch, wem welcher Raum zugänglich wird. Mit Hilfe dieser GatekeeperFunktionen kann bspw. das Sozialprestige eines Quartiers durch gezielte Preisgestaltung und selektive Wohnraumvergabe reguliert und gestaltet werden. Allerdings sind die Entscheidungen dieser Akteure nur im Rahmen übergeordneter rechtsstaatlicher Bedingungen möglich (FARWICK 1999: 39; HÄUSSERMANN / SIEBEL 2002: 34, 2004: 157).
In kapitalistischen Gesellschaftssystemen ist die residentielle Segregation in erster Linie an den Wohnungsmarkt gebunden, denn dieser Markt führt "den heterogenen Bestand als Angebot und die heterogenen Haushalte als Nachfrager zusammen" (FRIEDRICHS 1995: 59). Er stellt aber keinen perfekten Markt dar, da Wohnen Eigenschaften eines sozialen Guts aufweist und deshalb von staatlichen Eingriffen und Subventionen geprägt ist (FRIEDRICHS 1995: 59; KOFNER 2004: 108). Des Weiteren ist der Wohnungsmarkt kein einheitlicher Markt, sondern besteht aus verschiedenen Teilmärkten. Es werden dabei drei Teilmärkte unterschieden: subventionierte Sozialwohnungen, frei finanzierte Mietwohnungen sowie Eigentumswohnungen und Eigenheime (FRIEDRICHS 1995: 60). Innerhalb dieser Teilmärkte existieren zudem verschiedene Wohnungsmarktsegmente, die nach Ausstattungsmerkmalen, Größe, Preis und Lage differenziert werden können1.
Die verschiedenen Wohnungsmarktsegmente stehen zudem in keinem uneingeschränkten Substitutionsverhältnis, sondern sind durch Barrieren voneinander getrennt (GIFFINGER 1999). Zudem kann davon ausgegangen werden, dass die einzelnen Segmente auch räumlich voneinander getrennt sind. Die ungleiche Verteilung der verschiedenen Wohnungsmarktsegmente ist unter anderem auf historisch gewachsene Raumstrukturen zurückzuführen. Hier stehen sich bspw. die großzügig geschnittenen und stilvoll gestalteten Gründerzeitwohnungen in den ehemaligen bürgerlichen Stadtquartieren und die vergleichsweise kleinen und einfachen Wohnungen in den gründerzeitlichen Arbeiterquartieren oder aber auch die standardisierten Wohnungen industrieller Bauweise, welche zwischen 1948 und 1990 errichtet wurden, gegenüber. Diese Differenzierung findet sich nicht nur auf gesamtstädtischer Ebene, sondern auch auf Stadtteil- oder Quartiersebene. Hier ist eine Durchmischung verschiedener Baustrukturtypen sogar die Regel. Demnach muss zwischen baustrukturell homogenen und baustrukturell hoch differenzierten Stadtgebieten unterschieden werden, da es auf kleinräumiger Ebene zu starken Unterschieden kommen kann.
2.1.1.2 Haushalte vor dem Hintergrund sozialer Ungleichheit -die Nachfrageseite
Eine weitere Bedingung für Segregation ist das Vorhandensein einer differenzierten Nachfragestruktur. Hier stehen sich Wohnraum nachfragende Akteure, d. h. Haushalte gegenüber, die sich im Sinne sozialer Ungleichheit unterscheiden. Soziale Ungleichheiten sind mit HRADIL (1987) als „ gesellschaftlich hervorgebrachte und relativ dauerhafte Handlungsbedingungen zu verstehen, die bestimmten Gesellschaftsmitgliedern die Befriedigung allgemein akzeptierter Lebensziele besser als allen anderen erlauben “ (EBD.: 144, Hervorhebung im Original). Der Autor weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass soziale Ungleichheiten eine objektive und eine subjektive Seite haben (EBD.: 144).
Die objektiven, haushaltsspezifischen Handlungsbedingungen beziehen sich auf die den Haushalten zur Verfügung stehenden Ressourcen. Diese Ressourcen sollen im Folgenden - Bezug nehmend auf HÄUSSERMANN und SIEBEL (2004: 157) - als ökonomische (Einkommen, Berufsposition), kulturelle (kognitive Fähigkeiten, Bildung) und soziale Ressourcen (Netzwerke, soziale Kontakte) bezeichnet werden. Stark verkürzt lässt sich festhalten, dass die objektiven Handlungsbedingungen bzw. die Ressourcen die soziale Position resp. die soziale Lage (HRADIL 1978: 158) der Akteure bestimmen und damit die Zugangschancen zu bestimmten Wohnungsmarktsegmenten regulieren.
Das Lagekonzept von HRADIL integriert neben den klassischen, vertikalen Strukturmerkmalen sozialer Ungleichheit auch so genannte neue, wohlfahrtsstaatlich erzeugte soziale Dimensionen2. So kann bspw. die Sicherheit des Arbeitsplatzes aber auch der Wohnort entscheidend bei der Vergabe von Krediten sein. Des Weiteren weist der Autor darauf hin, dass die verschiedenen Ungleichheitsdimensionen nicht additiv wirken, sondern Substitutionsund Kompensationsmöglichkeiten zulassen. In welcher Weise die Dimensionen zum Tragen kommen ist dabei stark kontextabhängig. So haben bspw. für gesellschaftlich integrierte Gruppen ökonomische und wohlfahrtsstaatliche Dimensionen mehr Gewicht als für Randgruppen (bspw. Ausländer), bei denen die soziale Dimension (Diskriminierung) mehr Gewicht hat (EBD. 154 ff.).
Neben der objektiven hat die soziale Ungleichheit auch eine subjektive Seite. Diese wird durch die haushaltsspezifischen Präferenzen repräsentiert. Nach FRIEDRICHS (1995) kann davon ausgegangen werden, dass der "Wohnstandort (...) so gewählt [wird], daß die Ähnlichkeit des eigenen Lebensstils mit dem der Nachbarn maximiert wird" (EBD.: 93, Anmerkung des Verfassers). Die Motivation für ein solch intendiertes Verhalten ist in der Bestätigung des eigenen Lebensstils, aber auch in der Vermeidung nachbarschaftlicher Konflikte und kognitiver Dissonanzen zu sehen (EBD.). SCHNEIDER und SPELLERBERG (1999) argumentieren ganz ähnlich. Sie sind der Meinung, dass die Wohnung und das Wohnumfeld zentrale Bedeutung für die Ausbildung, Abgrenzung (Distinktion) und Darstellung von Lebensstilen haben (EBD.: 27). Diese Motivation wird vor allem in der Gentrificationliteratur betont. So suchen gerade die so genannten "neuen Haushaltstypen" (DROTH / DANGSCHAT 1985, SPIEGEL 1986) wie bspw. einkommensstarke Gentrifier, aber auch (studentische) Wohngemeinschaften eine ihren Lebensstil befürwortende Infrastruktur (WIEST / HILL 2004, GLATTER 2007). SCHNEIDER und SPELLERBERG (1999) weisen aber mittels multivariater Analysemethoden auch nach, dass „Lebensstile im Vergleich zum Alter nur wenig zur Unterscheidung zwischen mobilitätsbereiten und immobilen Personen beitragen“ (EBD.: 230) und damit weniger geeignet sind, selektive Mobilität und Segregationsprozesse zu erklären. Entsprechend findet sich in der Fachliteratur eine Vielzahl von Hinweisen, dass Mobilitätsmotive und -entscheidungen in starkem Zusammenhang mit der jeweiligen Lebenszyklusphase der Haushalte stehen (ROSSI 1980; HERLYN 1990; KRÄMER 1992; ZERWECK 1997; SCHNEIDER / SPELLERBERG 1999 oder OTTE 2004). So entwickelt sich zu Beginn der Familienphase ein Bedürfnis nach großen Wohnflächen und einer familienorientierten Infrastruktur, bspw. dem Vorhandensein von Kindertageseinrichtungen, verkehrsberuhigten Zonen oder ähnlichen Ausstattungsmerkmalen. Andere Autoren betonen dagegen die größere Relevanz von Erwerbs- und Ausbildungskarrieren (CRAMER 1992; BIRG / FLÖTHMANN 1992; STERMANN 2002). So kann eine gute oder schlechte Adresse auch Raumprofite in Form von Positions- oder Rangprofiten versprechen, die als Indikator für Erfolg (oder Misserfolg) innerhalb der sozialen Laufbahn stehen (BOURDIEU 1991: 30). Standortentscheidungen können darüber hinaus mit spezifischen Wohnstandortpräferenzen begründet werden, welche sich nicht im Bemühen um Distinktion, Raumprofite oder Lebensstilähnlichkeit ausdrücken. Diese wären dann nicht intendiert, sondern vielmehr Folge spezifischer Angebotskonzentrationen. Sind bspw. in einem Gebiet viele große Wohnungen konzentriert, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Haushalte mit Kindern dort hinziehen werden (HARTH U. A. 1998: 49).
2.1.2 Der „Motor“ der Segregation -residentielle Mobilität
Wird die residentielle Segregation nicht nur auf die „disproportionale Verteilung von Bevölkerungsgruppen“ (FRIEDRICHS 1995: 217) bezogen, sondern auf alle „ Prozesse der räumlichen Auseinanderlegung von Bevölkerungsgruppen“ (LICHTENBERGER 1991: 223, Hervorhebung im Original), stellt sich die Frage, welche Mechanismen dieser Auseinanderlegung zu Grunde liegen. Oder anders formuliert: Welche Bedingungen lösen eine Wanderung resp. einen Wohnstandortwechsel aus? Und wie kommt es dazu, dass die Vielzahl der individuellen Umzugsentscheidungen nicht zu zufälligen Verteilungsmustern, sondern zu einer sozialgruppen- und gebietsspezifischen Umverteilung führen? Grundlegend sind hier die Mechanismen und Prozesse, die eine selektive Wanderung auslösen.
In der englischsprachigen Literatur wird zwischen 'migration' für regionale Mobilität und 'residential mobility' für kleinräumige Mobilität unterschieden (STERMANN 2002: 93, BÄHR U.A. 1992: 540 ff.). In dieser Arbeit soll aufgrund der Themenstellung Mobilität als intraregionale, residentielle Mobilität verstanden werden, da die Motive für Fernwanderungen im Sinne regionaler Mobilität weniger auf kleinräumige (wie bspw. wohnungs-, wohnumfeld- oder haushaltsbezogene Faktoren) als auf makrostrukturelle Faktoren (wie bspw. hohe regionale Arbeitslosigkeit) zurückzuführen sind. Mobilität beschreibt den Wechsel eines Individuums zwischen definierten Einheiten eines räumlichen, betrieblichen oder sozialen Systems (MACKENSEN U. A. 1975: 8). Im Folgenden wird der Mobilitätsbegriff vorrangig in seiner räumlichen Ausprägung, also als Ortswechsel diskutiert. Allerdings stehen soziale und räumliche Mobilität häufig miteinander in Zusammenhang. Sie müssen aber nicht notwendigerweise miteinander verbunden sein (FRANZ 1984: 23 ff.).
Wanderungen - dabei ist zu vernachlässigen ob intra- oder interregional - weisen quantitative und qualitative Aspekte auf. Hinsichtlich der Quantität kann festgehalten werden, dass es Abwanderungsgebiete gibt, welche Einwohner an Zuwanderergebiete verlieren. Diese Wanderungsbewegungen können zu einer soziostrukturellen Verschiebung der Bevölkerungszusammensetzung führen, wenn sich die beteiligten Akteure in ihren soziostrukturellen Merkmalen vom Durchschnitt der Wohnbevölkerung unterscheiden (Koch 1983), d. h. die Wanderung sozial selektiv verläuft (Kapitel 2.1.2.1). Zunächst soll jedoch der Frage nachgegangen werden, wie es überhaupt dazu kommt, dass Haushalte wandern bzw. welche ursächlichen Mechanismen dem Mobilitätsprozess zugrunde liegen.
Ausgangspunkt der Analyse residentieller Mobilität ist der Wohnraum nachfragende Akteur, d.h. der Haushalt. Dieser hat spezifische Ansprüche an seine sozialräumliche Umwelt. Die sozialräumliche Umwelt entspricht der realen Wohnsituation und kann mit Hilfe wohnungsinterner und wohnungsexterner Variablen beschrieben werden. Diese repräsentieren den Standortnutzen (Abbildung 1). Der Standortnutzen bestimmt sich aber nicht nur aus der Funktionalität des Aktionsraums, d. h. der Nutzbarkeit der raumrelevanten Grundbedürfnisse Wohnen, Bildung, Arbeit, Freizeit und Konsum (GATZWEILER 1975: 31), sondern auch aus der vom spezifischen Ort ausgehenden Symbolik.
Die haushaltspezifischen Ansprüche und die gegenwärtige sozialräumliche Umwelt sind die Bestimmungsgrößen für die Zufriedenheit bzw. die Unzufriedenheit (residential stress) und die daraus resultierenden Verhaltensstrategien des Haushalts, welche in ihrer Gesamtheit als Wohnstandortverhalten bezeichnet werden (BROWN / MOORE 1970: 2, KOCH 1982: 23). Dabei ist zu beachten, dass Ansprüche und Umwelt stetigen Veränderungen unterworfen sind und das Wohnstandortverhalten somit einen prozesshaften Charakter aufweist (BROWN / MOORE 1970: 3; KOCH 1983: 24; FRANZ 1989: 65 f.). Sobald die Differenz zwischen Standortanspruch und Standortnutzen eine bestimmte Nutzenschwelle unterschreitet, d. h. der Standortnutzen nicht länger gewährleistet ist, gerät der Haushalt in eine Entscheidungssituation. Auslöser des nun folgenden Entscheidungsprozesses sind haushaltsinterne oder haushaltsexterne Veränderungen (STEINFÜHRER 2004: 18). Haushaltsinterne Veränderungen können bspw. lebenszyklische Zäsuren wie die Geburt eines Kindes (Vergrößerung des Haushalts), Heirat, Arbeitsplatzwechsel oder beruflicher Auf- und Abstieg und ähnliches sein. In jedem Fall kommt es zu einer Veränderung der spezifischen Wohnansprüche. Zu den haushaltsexternen Vorgängen gehören im Sinne negativer Push-Faktoren bspw. Mietsteigerungen oder subjektiv wahrgenommene Verschlechterungen des Wohnumfelds. Letztere können bspw. aufgrund ethnischer oder sozialer Veränderungen im Wohngebiet hervorgerufen werden (GAEBE 2004: 125, STEINFÜHRER 2004: 18). Welche spezifische Handlungsalternative ein gegebener Haushalt nun auswählt, ist in starkem Maße von den jeweiligen Ressourcen und Präferenzen abhängig. Vor allem die Ressourcen wirken stark einschränkend (Kapitel 2.1.2.1). Zunächst erscheint es aber sinnvoll, einen Überblick über die möglichen Handlungsalternativen zu geben.
Eine oft verwendete und entsprechend stadtgeographischer resp. stadtsoziologischer Betrachtungsweisen veränderte Typologie möglicher Handlungsoptionen geht auf ALBERT O. HIRSCHMANN (1974, zuerst 1970) zurück. Sie wurde entwickelte, um die Zufriedenheit und die daraus resultierende Reaktion von Mitgliedern einer Organisation zu erfassen. In HIRSCHMANNS Konzeption haben die Akteure die Reaktionsmöglichkeiten Abwanderung, Widerspruch und Loyalität (EBD.: 17 ff.). Eine ähnliche Konzeption findet sich bei BROWN und MOORE (1970). Die Autoren fokussieren dabei sogar explizit auf wohnstandortbezogene Handlungsalternativen, umreißen ihr Konzept aber lediglich. Hier werden die Handlungsalternativen als relocating, restructering the environment und adjusting the needs bezeichnet (STEINFÜHRER 2004: 24). Eine umfangreiche und ausführliche Adaption dieses Modells findet sich bei FRANZ (1989). In seiner Konzeption von Stadtentwicklungsprozessen unterscheidet er hinsichtlich möglicher Handlungsreaktionen in Anlehnung an HIRSCHMANN zwischen exit, voice und non-exit / nonvoice.
Die Option exit beschreibt die Handlungsalternative der residentiellen Mobilität, d. h. Um- bzw. Wegzug. Voice entspricht allen Bemühungen, die aktuelle Situation vor Ort zu verbessern (bspw. durch politische Aktionen, Kooperationen mit Entscheidungsträgern, usw.). Die Residualkategorie (non-exit / non-voice) kann entstehen, wenn bspw. eine Umzugsentscheidung zunächst mittelfristig hinaus geschoben wird (non-exit) oder Umweltveränderungen infolge zu gering eingeschätzter Erfolgsaussichten verworfen werden (non-voice) (EBD.: 222). FRANZ weist weiter darauf hin, dass die Optionen exit und voice eher statushöhere Personen (resp. Haushalte) betreffen, welche über entsprechende Ressourcen verfügen (EBD.: 83 ff.). Diese Handlungsoptionen können als aktive Verhaltensweisen aufgefasst werden, während non-exit im Sinne eines Abwartens bzw. non-voice im Sinne von Resignation eher passive Verhaltensweisen darstellen. Im Hinblick auf mögliche Mobilitätsprozesse kann schließlich zwischen zwei verschiedenen, einander ausschließenden Verhaltensweisen unterschieden werden: dem Verbleib am Wohnstandort (Immobilität) oder dem Verlassen desselben (Mobilität) (SCHNEIDER / SPELLERBERG 1999: 238, STEINFÜHRER 2004: 26 ff.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Reaktionsschema bei Veränderungen des lokalen Standortnutzens
Quellen: Eigene Darstellung
2.1.2.1 Mechanismen der selektiven Mobilität im Rahmen des constrained-choice-Ansatzes
Die Entscheidung eines Haushalts für ein spezifisches Wohnstandortverhalten ergibt sich aus den unterschiedlichen Ressourcen und Restriktionen sowie den jeweiligen Präferenzen. Den handlungstheoretischen Rahmen bildet hierbei der constrained-choice-Ansatz.
Zunächst muss festgehalten werden, dass ein Menschenbild im Sinne eines homo oeconomicus, welcher über die Gesamtheit an Informationen verfügt und die Folgen seiner Handlungen abschätzen kann, nicht tragbar ist. Eine solche Konzeption würde der realen Welt nicht standhalten (ESSER 1991: 53). Dem entgegen wird hier eine Perspektive der eingeschränkten Rationalität (bounded rationality) eingenommen. Dies erscheint notwendig, da Haushalte in der Regel über unvollständige Informationen (bspw. über den lokalen Wohnungsmarkt) und eine begrenzte Informationsverarbeitungskapazität verfügen. Des Weiteren orientieren sich Akteure in Entscheidungssituationen an Regeln, Verhaltensroutinen und subjektiv Wichtigem. Ausgangspunkt dieses Ansatzes sind deswegen Akteure, welche in subjektiv definierten Situationen aufgrund der von ihnen erkannten Wahlmöglichkeiten handeln (FRANZ 1989: 50).
Die Handlungsentscheidung resp. die Entscheidung für ein spezifisches Wohnstandortverhalten kann als Resultat zweier aufeinander folgender Filterprozesse begriffen werden (Abbildung 2). Die Filter wirken gewissermaßen wie ein Trichter und verkleinern die Handlungsspielräume der Wohnraum nachfragenden Akteure. In einem ersten Schritt wird die abstrakte Menge aller vorstellbaren, situationsbedingten Handlungsoptionen durch kausal bestimmbare Zwänge (Restriktionen) determiniert und damit von vorn herein auf eine Teilmenge ausführbarer Handlungsalternativen reduziert. In einem zweiten Schritt wird entsprechend der Präferenzen aus dieser Teilmenge eine spezifische Alternative gewählt (FRANZ 1986: 38, 1989: 53). Bezug nehmend auf die hier eingenommene Perspektive einer eingeschränkten Rationalität ist dem ersten Filter zusätzlich noch ein „Perzeptions- und Relevanzfilter“ (FRANZ 1989: 107) vorgeschaltet.
In Anlehnung an die Überlegung von HRADIL (1987: 145 ff.) zur sozialen Ungleichheit soll der erste Filter im Folgenden als objektiver Filter bezeichnet werden. Dieser wird in erster Linie durch die Ressourcen der Haushalte bestimmt. Als am stärksten einschränkend können dabei die ökonomischen Ressourcen (Haushaltsnettoeinkommen) und die sich daraus ableitende Mietzahlungsfähigkeit angesehen werden. Neben der Mietzahlungsfähigkeit können auch so genannte Transaktionskosten einschränkend auf die Handlungsalternativen wirken. Diese sind ebenfalls abhängig von den ökonomischen Ressourcen. Denn die Transaktionskosten beinhalten die Kosten für die Suche der Wohnung, die Kosten für die Übergabe der Verfügungsrechte an der Wohnung resp. dem Haus sowie die Kosten für den Umzug und die Einrichtung der neuen Wohnung. Sie bestehen somit aus Zeit und Geld und der Verfügbarkeit über Informationen und bestimmen somit den Grad der Mobilität der jeweiligen Haushalte (GIFFINGER 1999: 30 ff.). Die kulturellen Ressourcen beschreiben kognitive Ressourcen wie Sprachfähigkeit, Kenntnisse des Wohnungsmarktes, des Mietrechts, aber auch einschlägiger wohlfahrtsstaatlicher Bedingungen. Die Höhe dieser Ressourcen hat bspw. Einfluss darauf, wie ein Haushalt einer drohenden Mieterhöhung begegnen kann. Zudem ist der Wohnungsmarkt ein sehr differenzierter und unübersichtlicher Markt. Hier ist es bspw. von großer Bedeutung, alternative (und eventuell günstigere) Angebote erschließen zu können. Die kulturellen Ressourcen üben zudem starken Einfluss auf den vorgeschalteten Perzeptions- und Relevanzfilter aus, da diese Ressource den Grad der zur Verfügung stehenden Informationen bestimmt. Des Weiteren können soziale Ressourcen in Form von Netzwerken und persönlichen Kontakten zu bestimmten Akteursgruppen der Anbieterseite, wie bspw. Maklern, Eigentümern, Hausbesitzern, so genannten Gatekeepern, aber auch zu politischen Eliten insbesondere der Wohnungs- und Stadtpolitik den Zugang zu attraktiven Wohnungen oder Wohnstandorten ermöglichen (HÄUSSERMANN / SIEBEL 2004: 158).
Nachdem die Menge aller vorstellbaren Möglichkeiten durch den ersten Filter auf eine abstrakte Menge möglicher Optionen begrenzt wurde, wirkt nun der zweite Filter, welcher dem individuellen Entscheidungsprozess entspricht. Hier kommen nun die subjektiven resp. die haushaltsspezifischen Präferenzen zum Tragen. Entsprechend soll dieser auch als subjektiver Filter bezeichnet werden. Dabei ist aber zu beachten, dass der individuelle Entscheidungsprozess ebenso einschränkend wirken kann wie die Ressourcenausstattung der Akteure. So fällt auch “eine Person mit einer großen Zahl von Wahlmöglichkeiten (...) ihre Entscheidung auf der Grundlage von Präferenzen, die sie vor der fraglichen Situation ausgebildet hat und die als Kausalfaktoren in die Handlungsentscheidung mit eingehen” (FRANZ 1989: 54 f.). Auf beide Filter wirken zudem die strukturellen Rahmenbedingungen (Angebotsstrukturen, Wohnungsmarktbedingungen) ein. Die Entscheidung für ein spezifisches Wohnstandortverhalten beruht letztendlich auf einer Kosten-Nutzen-Abwägung im Sinne einer Situationsverbesserung (EBD: 50).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Ablaufschema -von Handlungsentscheidungen im Sinne des constrained-choice-Ansatzes
Quelle: Eigene Darstellung, verändert nach Franz 1989: 57
2.1.3 Die kumulativen Effekte der selektiven Mobilität
In der bisherigen Diskussion wurde - ohne explizit darauf hinzuweisen - davon ausgegangen, dass die individuellen Entscheidungen nicht für sich stehen, sondern in einen Prozess kollektiver Praxis eingebunden sind, es also Rückwirkungseffekte kollektiver Phänomene auf den Handlungsspielraum und den Entscheidungsprozess der einzelnen Haushalte gibt. Eine solche Betrachtungsweise ist notwendig, da „viele Phänomene erst entstehen, nachdem die beteiligten Akteure mehrere gleichartige oder auf das gleiche Ziel gerichtete Handlungen in Folge ausgeführt haben, und daß viele Phänomene ihre Bedeutung erst dadurch erlangen, dass sie sich im Zeitverlauf verändern, indem sie zum z. B. exponentiell oder zyklisch zu- oder abnehmen, sich also nicht als konstante oder zweiwertige Größen darstellen. Erst mit der Einbeziehung dieser dynamischen Aspekte sind die Voraussetzungen geschaffen, komplexe soziale Prozesse der empirischen Realität zu erfassen“ (FRANZ 1989: 65). Zudem wurde bisher nur erklärt, in welchem Zusammenhang makrosoziale Rahmenbedingungen (Differenzierung von Angebot und Nachfrage) und mikrosoziale Handlungen und Entscheidungen (selektive Mobilität) stehen. Das entspricht dem klassischen Makro-Mikro-Modell residentieller Segregation (FRIEDRICHS 1995). Um die Frage zu beantworten, warum sich bestimmte soziale Gruppen in bestimmten Quartieren konzentrieren, ist es aber nötig, die mesosoziale Perspektive mit einzubeziehen. In diesem Zusammenhang bietet das Makro-Meso-MikroModell der residentiellen Segregation von DANGSCHAT (1998) eine sinnvolle Erweiterung.
In diesem Modell erfährt die Mesoebene, d. h. der konkrete Wohnstandort der Akteure, besondere Bedeutung. Gemeint ist hier der Stadtteil, das Quartier oder wie es bereits LICHTENBERGER (1991) formulierte, die „lebensräumliche Umwelt der Haushalte“ (EBD.: 27). Ein solcher empirischer Ort konstituiert sich einerseits über das physisch-materielle Substrat und andererseits über die lokale Sozialstruktur (DANGSCHAT 1998: 213). Das physisch-materielle Substrat beschreibt die Nutzungsstrukturen, welche durch die vorhandenen lokalen Bau- und Infrastrukturausstattungen bestimmt werden, aber auch die landschaftlichen, naturräumlichen und historischen Strukturen. Die Sozialstruktur ergibt sich zunächst aus der Gesamtheit der an diesem Ort messbaren sozioökonomischen und demographischen Merkmalsausprägungen. Sie ist aber nicht nur die „orts- und zeitgebundene Erscheinungsform“ (EBD.) der residentiellen Segregation (am empirischen Ort), sondern in gesamtstädtische Kontexte eingebunden. Besondere Bedeutung hat in diesem Zusammenhang die vom empirischen Ort ausgehende Symbolik, denn diese ist untrennbar mit dem physisch-materiellen Substrat und der Klasse seiner Nutzer verbunden und findet ihren Ausdruck in Architektur, Umfeldgestaltung aber auch im Sozialprestige und Image des Wohnviertels (DANGSCHAT 1994a: 350). Die Produktion einer solchen Symbolik geschieht über die raumaneignende, expressive Gestaltung des Raums. Erst dadurch wird entschieden „wem der öffentliche Raum gehört“ (DANGSCHAT 1994b: 439). Konkret bedeutet dies, dass es bspw. durch den Wegzug sozioökonomisch etablierter Gruppen (resp. dem Zuzug sozioökonomisch schwacher Gruppen) zu einer qualitativen Veränderung der lokalen Sozialstruktur und der vom empirischen Ort ausgehenden Symbolik kommt. In Gebieten mit einer hohen Konzentration von sozioökonomisch schwachen Haushalten ist auch das Angebot an privatwirtschaftlich angebotenen Gütern und Dienstleistungen schlechter, weil die Kaufkraft niedrig ist. Das senkt die Attraktivität des Quartiers für sozioökonomisch stärkere Haushalte und fördert weitere selektive Abwanderungen. Auf der anderen Seite bedingt der Attraktivitätsverlust bei zahlungskräftigen Haushalten ein Absinken der Boden- und Mietpreise, auf das Hauseigentümer infolge geringerer Mieteinnahmen mit Deinvestitionen reagieren, was die Attraktivität zusätzlich schmälert und zu weiteren selektiven Abwanderungen führt (HÄUSSERMANN / SIEBEL 2002: 37). Die Ausprägung dieser Mechanismen ist zudem stark abhängig von den strukturellen Rahmenbedingungen des lokalen Wohnungsmarkts, da diese direkten Einfluss auf die Handlungsmöglichkeiten der Haushalte haben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Vereinfachte Darstellung des Makro-Meso-Mikro-Modells der residentiellen Segregation
Quelle: Eigene Darstellung, verändert nach Dangschat 1998: 214
Dieser „Fahrstuhleffekt“ (HÄUSSERMANN 2000: 17) wird dann zu einem Problem, wenn es zu einer erhöhten Konzentration von „problembeladenen Haushalten“ (EBD.) in bestimmten städtischen Teilgebieten kommt. Es ist zu vermuten, dass die räumliche Konzentration von sozial Benachteiligten zusätzlich benachteiligend auf diese Gruppen wirkt (EBD.: 19 ff.).
Allerdings darf Segregation nicht per se als benachteiligend angesehen werden3. Beispielsweise können „Inseln ethnischer Konzentration“ (WIEST / HILL 2004) auch Schutzräume für Zuwanderer darstellen, in denen „sie sich auf Grundlage der mitgebrachten Identität mit der neuen Heimat auseinander setzen können“ (EBD.: 18). So können bspw. ethnische Kolonien eine materielle und informelle Hilfsfunktion für Zuwanderer bieten, wodurch der Aufbau sozialer Netzwerke erleichtert wird (HÄUSSERMANN / SIEBEL 2002: 39 f.).
2.2 Das Phänomen der Schrumpfung
Entsprechend der Themenstellung dieser Arbeit soll im folgenden Kapitel das Phänomen der Schrumpfung näher beleuchtet werden. Dabei wird der Frage nachgegangen, was Schrumpfung eigentlich bedeutet. Der Begriff der Stadtschrumpfung wird in der öffentlichen Debatte bisher eindeutig negativ konnotiert und entsprechend mit Bevölkerungsrückgang, Abwanderung, hohen Leerständen, Überalterung oder einem Anstieg der Arbeitslosigkeit gleichgesetzt. So zeichnen sich Schrumpfungsprozesse bspw. nach BRANDSTETTER U. A. (2005) durch eine „krisenhafte Stadtentwicklung“ (EBD.: 55) und einer „Gleichzeitigkeit von demographischen und ökonomischen (...) Niedergangsprozessen“ (EBD.) aus. Diese stark wertenden Formulierungen finden sich aber nicht nur in der deutschen Debatte. Auch im internationalen Diskurs steht Schrumpfung in einer inhaltlichen Nähe zu Begriffen wie Niedergang (decline) oder Verfall (decay) (RINK U. A. 2008: 1). Entsprechend problematisch ist die Verwendung dieses Begriffs, da er in der Regel unspezifisch und normativ verwendet wird und selten den Kern des zu beschreibenden Prozesses trifft. Eine analytische Auseinandersetzung mit dem Phänomen findet dagegen kaum statt. Dies hat zur Folge, dass Schrumpfung lediglich zu einer Verbale wird und demnach nicht geeignet ist, die sozialräumlichen Effekte dieses Phänomens wissenschaftlich evident herauszuarbeiten.
2.2.1 Ursachen und Folgen der Schrumpfung
Schrumpfende Städte hat es seit jeher gegeben. Kriege, Naturkatastrophen oder Wirtschaftskrisen haben schon immer dazu geführt, dass Städte Einwohner verloren, wirtschaftlich instabil wurden oder ganz verschwanden (HÄUSSERMANN / SIEBEL 2004b: 682). Selbst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, dem „Zeitalter der Urbanisierung“ (BENKE 2005: 54), gab es Städte, die sich nicht rechtzeitig an die wandelnden Produktionsverhältnisse anpassen konnten oder auch von den Standortentscheidungen der Industrie oder dem Verlauf der Eisenbahnlinien benachteiligt wurden und schließlich ins Abseits gerieten (EBD.: 54 ff.).
Zunächst ist es sinnvoll nach den Ursachen der Schrumpfung zu fragen. Wesentlich erscheint hier der strukturelle Wandel von einer industriellen in eine post-industrielle Gesellschaft. Das betrifft insbesondere den Prozess der Deindustrialisierung bzw. den Rückgang traditioneller (industrieller) Produktionsbereiche. Ohne die Kompensation durch moderne Dienstleistungen oder andere Gewerbe des tertiären Sektors ist hohe Arbeitslosigkeit die Folge (HANNEMANN 2003: 292). Diese Prozesse betreffen aber nicht nur die ostdeutschen Städte, sondern können weltweit seit den 1970er Jahren beobachtet werden (REUTHER / BRÄUER 2001: 17). Schrumpfungsprozesse konzentrieren sich derzeit vor allem in den altindustriellen Städten, deren ökonomische Basis vornehmlich auf die klassischen Hochindustriesektoren Bergbau, Kohle oder Stahl ausgerichtet waren. In Westdeutschland betrifft das vor allem Städte im Ruhrgebiet (GLOCK 2002: 4). Die Schrumpfungsprozesse, die in ostdeutschen Städten und Regionen stattfinden, sind damit aber nicht zu vergleichen. Sie unterscheiden sich aber sowohl qualitativ als auch quantitativ von den schrumpfenden Städten und Regionen Westdeutschlands, da die Schrumpfung nicht aus einem strukturellen Wandel, sondern vielmehr aus einem „radikalen Strukturbruch“ (RINK 1995: 77) resultiert. Mit der Wiedereinführung der Marktwirtschaft nach 1990, der Privatisierung der staatseigenen Betriebe und der Liberalisierung der Märkte brach die industrielle Basis in Ostdeutschland innerhalb weniger Jahre völlig zusammen (GLOCK 2002: 5). Besonders stark wirkte sich die schlagartige Deindustrialisierung in Städten und Regionen aus, die in der DDR zu den industriellen Schwerpunktstandorten zählten. Neben Klein- und Mittelstädten wie Hoyerswerda, Bitterfeld oder Eisenhüttenstadt waren auch größere Städte wie Leipzig, Chemnitz oder Dresden betroffen. Der Arbeitsplatzabbau im verarbeitenden Gewerbe wurde zudem durch einen parallel verlaufenden umfassenden Stellenabbau in Land- und Forstwirtschaft, Verwaltung und Militär zusätzlich potenziert (EBD.).
Eine weitere Ursache der Schrumpfung ist in der Veränderung des reproduktiven Verhaltens der Bevölkerung, d. h. der natürlichen Bevölkerungsentwicklung zu sehen. Ein Grund dafür ist sicherlich in der Individualisierung4, d. h. der Freisetzung aus tradierten Lebenszusammenhängen zu sehen (BECK 1986). Der sprunghafte Rückgang der Geburtenrate nach 1990 hat allerdings andere Gründe. Hier liegt die Ursache stärker in der wirtschaftlichen und politischen Instabilität (SAHNER 1999: 31), ist damit also vielmehr eine Folge des wirtschaftlichen Zusammenbruchs. Eine der Ursachen für den Geburtenrückgang ist neben dem „demographischen Schock“ (ZAPF / MAU 1993) auch in der Ost-West-Drift zu sehen. Vor allem junge Frauen wanderten in Folge schlechter Arbeitsplatz- und Ausbildungschancen ab, so dass Kinder nicht in Ostdeutschland, sondern im westdeutschen Zielgebiet geboren wurden (KABISCH 2002: 35). Mit dem Fortschreiten der Transformation stieg die Geburtenrate ab 1995 zwar wieder an, konnte aber angesichts einer sinkenden Sterberate die natürlichen Bevölkerungsverluste nicht kompensieren.
Neben dem natürlichen Bevölkerungsrückgang spielten aber auch wanderungsbedingte Bevölkerungsverluste eine sehr wichtige Rolle. Die Ursachen interregionaler Wanderungen sind hier sicherlich verstärkt im Arbeitsplatzabbau, also auch wieder in den Folgen der ökonomischen Umstrukturierung zu sehen. Neben diesen arbeitsmarktorientierten Wanderungen sind insbesondere die ostdeutschen Städte von mit westdeutschen Verhältnissen nicht vergleichbaren Stadt-Land-Wanderungen (Suburbanisierung) betroffen gewesen. Allerdings hat die Suburbanisierung heute längst nicht mehr solche dramatischen Folgen für die ostdeutschen Kernstädte wie noch in den 1990er Jahren.
Diese kurze Analyse zeigt, dass die Ursachen der Schrumpfung im Wesentlichen im postindustriellen bzw. post-modernen Umgestaltungsprozess liegen. In Ostdeutschland fand dieser Prozess allerdings mit einer viel stärkeren Dynamik statt. Ihren Ausdruck findet diese Umgestaltung in einer ökonomischen und einer demographischen Dimension. Diese beiden Dimensionen sind aber nicht voneinander getrennt, sondern beeinflussen sich wechselseitig. Das entspricht auch dem Befund von PALLAGST (2005). Nach der Autorin „can shrinkage either be part of post-industrial transformations related with a long-term industrial transformation process due to the decline of the manufactoring industry, or be triggered by economic changes in the so called „post industrial transformations of a second gerenation“ concerning the high tech industry (e. g. dot-com-bust)“ (EBD.: 1, zitiert nach RINK U. A. 2008). Allerdings bezieht die Autorin ihre Ausführungen auf amerikanische Städte und fokussiert vor allem auf die ökonomische Schrumpfung. Eine etwas umfassendere und auf den deutschen Kontext bezogene Definition schlagen dagegen LANG und TENZ (2003) vor:
„Aus Sicht der Stadtentwicklung ist eine schrumpfende Stadt durch zwei ursächliche Prozesse gekennzeichnet: erstens durch den Verlust an Einwohnern und zweitens durch eine nachlassende wirtschaftliche Dynamik. Diese demographischen bzw. ökonomischen Schrumpfungsprozesse ziehen in allen Bereichen der Stadtentwicklung Folgeprozesse nach sich. Charakteristisch für diese Folgeprozesse sind quantitative und qualitative Veränderungen, deren Intensität und Auswirkungen maßgeblich vom Ausmaß und dem zeitlichen Verlauf deren ursächlichen Prozesse abhängig sind. Durch die beiden ursächlichen Schrumpfungsprozesse (Demographie und Ökonomie) nimmt die nutzungsspezifische Dichte der schrumpfenden Stadt ab. Je nach Intensität ist auch eine physische Schrumpfung des Stadtkörpers denkbar“ (EBD.: 130).
Wenngleich sich die Autoren auch nicht, wie oben vorgeschlagen, explizit auf post-industrielle bzw. post-moderne Umstrukturierungsprozesse beziehen, hat diese Definition den Vorteil, dass hier klar zwischen Ursachen und Folgen unterschieden wird. Die demographische Schrumpfung ist dabei durch eine negative natürliche Bevölkerungsentwicklung und anhaltende Wanderungsverluste charakterisiert und die ökonomische Schrumpfung durch ein unterdurchschnittliches Wachstum und das Schrumpfen des Arbeitsplatzangebotes (LANG / TENZ 2003: XIV). Als abhängiger Folgeprozess wird die zurückgehende und sich verändernde Nachfrage in den Bereichen des Wohnungswesens, des Städtebaus und der Flächennutzung genannt. Des Weiteren kommt es nach den Autoren zu einer rückläufigen bzw. sich verändernden Nachfrage im Bereich städtischer Versorgungsfunktionen und der Infrastruktur, begleitet von sich verringernden kommunalen Einnahmen und einer nachlassenden Inanspruchnahme ökologischer Güter (EBD.). Dieser Ansatz ist zwar analytisch wertvoll, da er klar zwischen Ursachen und Folgen unterscheidet. Aussagen über das Ausmaß von Schrumpfung können aber aufgrund fehlender Schwellenwerte nicht gemacht werden.
GATZWEILER U. A. (2003) bieten hier eine Möglichkeit der Quantifizierung von Schrumpfung. Dazu haben die Autoren einen multidimensionalen Schrumpfungsansatz entwickelt, der sechs gleich gewichtete Strukturindikatoren gegenübergestellt: Bevölkerungsentwicklung in Prozent, Gesamtwanderungssaldo je 1000 Einwohner, die Arbeitsplatzentwicklung in Prozent, die Realsteuerkraft in Euro pro Einwohner und die Kaufkraft in Euro pro Einwohner. Nach den Autoren bezeichnet Schrumpfung einen mehrdimensionalen, zirkulären und kumulativen Prozess und stellt dann ein Problem dar, wenn „eine Stadt bei den einzelnen Indikatoren jeweils im unteren Quintil liegt, also zur Klasse der 20 % Gemeinden am unteren Ende der Rangskala gehört. Das heißt, je höher die Anzahl der Indikatorenwerte im unteren Quintil ist (maximal 6), umso größer ist das Problem Schrumpfung (...)“ (GATZWEILER U. A. 2003: 564f.). Dieser Ansatz ist insofern von Bedeutung, als hier Schwellenwerte angeboten werden, mit deren Hilfe Aussagen möglich sind, ob eine Stadt schrumpft und mit welcher Intensität. Allerdings ist eine Trennung zwischen Ursachen und Folgen nicht mehr möglich.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Schrumpfung primär als spezifische Folge der post-industriellen bzw. post-modernen Umstrukturierung verstanden werden muss, die ihren Ausdruck in einer demographischen und ökonomischen Dimension hat und zahlreiche Folgeprozesse für die Stadtentwicklung nach sich zieht. In Ostdeutschland ist dieser Prozess von einer deutlich stärkeren Dynamik gekennzeichnet, da die Umstrukturierung in einer deutlich kürzeren Zeitspanne erfolgte.
2.2.2 Zum Einfluss der Schrumpfung auf die Segregation
Im Folgenden werden die Auswirkungen der Schrumpfung auf die Entwicklung der residentiellen Segregation erläutert. Dabei soll der Frage nachgegangen werden, welcher theoretische Zusammenhang zwischen Schrumpfung und Segregation besteht.
Als ersten zentralen Folgeprozess städtischer Schrumpfung beschreiben LANG und TENZ (2003) die zurückgehende und sich verändernde Nachfrage im Bereich des Wohnungswesens. Diese resultiert in erster Linie aus der demographischen Schrumpfung und manifestiert sich in hohen Leerständen. Der Angebotsüberschuss generiert nun ein tendenzielles Absinken der Mieten. Die Folge sind veränderte Rahmenbedingungen des städtischen Wohnungsmarktes. Diese finden ihren Ausdruck in einer Abnahme der Restriktionen resp. der Zugangsbarrieren zu bestimmten Wohnungsmarktsegmenten, d. h. die Menge aller möglichen Handlungsoptionen vergrößert sich und die Entscheidung für ein bestimmtes Wohnstandortverhalten wird stärker von den haushaltsspezifischen Präferenzen als von den Ressourcen bestimmt. Bezug nehmend auf den in Kapitel 2.1.2.1 skizzierten constrained-choice-Ansatz bedeutet dies, dass der objektive Filter zugunsten des subjektiven Filters an Relevanz verliert. Allerdings können nicht alle Haushalte gleichermaßen an den erweiterten Handlungsmöglichkeiten teilhaben. Insbesondere bei einkommensschwachen Haushalten wirken hohe Transaktionskosten immer noch stark einschränkend. In der Folge kommt es zu einer erhöhten selektiven Mobilität, was den Entmischungsprozess beschleunigt und die Segregation vorantreibt. Zudem kann auch unter den Bedingungen eines Wohnraumüberangebots nicht davon ausgegangen werden, dass die Mieten in allen Segmenten gleichermaßen fallen. Infolge der ökonomischen Schrumpfung kommt es tendenziell zu einer Zunahme einkommensarmer Haushalte oder von (relativer) Armut bedrohter Haushalte, d. h. einem Anstieg der sozialen Ungleichheit. Insbesondere sozioökonomisch schwache Haushalte sind aber auf die preisgünstige Wohnungsmarktsegmente angewiesen, was dazu führt, dass die Mieten dort tendenziell eher stagnieren, als dass sie fallen (STEINFÜHRER 2004: 59).
Eine weitere Folge städtischer Schrumpfung betrifft die Nachfrage im Bereich städtischer Versorgungsfunktionen und Infrastrukturausstattungen (Kapteil 2.2.1). So sind bspw. vollständige Schulangebote oder Kindertageseinrichtungen nicht länger tragbar, wenn es zu einem Rückgang der Nachfragerhaushalte (Familienhaushalte) in einem bestimmten städtischen Teilgebiet kommt. Dies wiederum hat Folgen für die potentiellen Wohnstandortentscheidungen solcher Haushaltstypen, da diese eine ihren Präferenzen entsprechende Infrastruktur (zwingend) benötigen. Ähnliches gilt bspw. für die Ausstattung mit Kultur- und Freizeiteinrichtungen. Auch hier kann davon ausgegangen werden, dass es an Standorten, an denen nachfragende Haushalte quantitativ fehlen, tendenziell zu einer Ausdünnung der Angebotsstruktur kommt. Verschärfend kommt hinzu, dass die kommunalen Träger solcher Einrichtungen auf Steuereinnahmen (Realsteuerkraft) angewiesen sind. Diese sinken aber infolge der Schrumpfung. Dies führt dann dazu, dass nicht mehr alle Teilbereiche der Stadt gleichermaßen infrastrukturell versorgt werden können. Allerdings erhalten insbesondere ostdeutsche Städte umfangreiche Fördergelder, die diesen Aspekt etwas minimieren. Neben den kommunalen Akteuren sind aber auch die privaten Akteure der Anbieterseite von Schrumpfungsprozessen betroffen. So bringen bspw. fehlende Mieteinnahmen bei weiter laufenden Kosten die Vermieter resp. die Eigentümer von Immobilien in eine finanzielle Schieflage, infolge dessen Objekte verkauft, vernachlässigt oder aufgegeben werden müssen. Auch Einzelhändler und Gewerbetreibende sind von den Folgen der Schrumpfung betroffen, da diese auf eine kaufkräftige Kundschaft angewiesen sind. Fehlt diese, werden bspw. Fachgeschäfte geschlossen oder das Angebot verändert sich in Richtung Billigstwaren (LÜTKE-DALDRUP 2003: 57, HÄUSSERMANN 2000: 17).
Diese Beispiele zeigen, dass die Folgen der Schrumpfung starken Einfluss auf die Produktion ungleicher Räume haben. Zudem ergeben sich unter Schrumpfungsbedingungen besondere Wohnungsmarktbedingungen. Wenngleich sich die Handlungsspielräume der mittleren und oberen Einkommensgruppen vor dem Hintergrund eines entspannten Wohnungsmarktes vergrößern, bleiben die Restriktionen insbesondere für die unteren Einkommensgruppen erhalten. Es kann sogar unterstellt werden, dass es zu einer Verstärkung der Einschränkungen für eben diese Gruppen kommt, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Entspannung auf dem Wohnungsmarkt alle Segmente gleichermaßen betrifft.
Die zentrale Annahme dieser Untersuchung verfolgt demnach den Gedanken, dass es unter Schrumpfungsbedingungen zu einer Verstärkung der räumlichen und sozialen Ungleichheit kommt, mit der Folge einer stark zunehmenden Segregation (Abbildung 4).
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Abbildung 4: Folgen der Schrumpfung auf die Segregation
Quelle: Eigene Darstellung
Diese These findet sich immer wieder in den verschiedenen Veröffentlichungen zum Thema (bspw. HERFERT 2004: 59; STROHMEIER / KERSTING 2003: 231; FARWICK 2004: 257; HÄUSSERMANN / SIEBEL 2004b: 686 f.; SPIEKER 205: 89 ff.). Allerdings gibt es auch Gegenpositionen. So betont bspw. STEINFÜHRER (2004) die „Chancen eines Angebotsüberhangs für die Ausbildung bzw. Beibehaltung sozial- und altersstrukturell gemischter sozialer Räume“ (EBD.: 187). Die Autorin geht davon aus, dass es „neben kleinräumiger und sozialer Entmischung und Segregation auch die Kontinuität und Neuentstehung sozialer Mischung gibt“ und der „gewachsene Wohnungsleerstand (...) bislang segregationshemmende Wirkungen“ (STEINFÜHRER 2004: 197, Hervorhebung im Original) hat. Ähnlich äußert sich KAPPHAN (2002). Der Autor geht von einer höheren Mobilität unter den Bedingungen eines entspannten Wohnungsmarktes aus, vernachlässigt dabei aber die Selektivität dieser Mobilität. An diese Stelle tritt dagegen eine hohe „Konkurrenz um einfache und sozial diskriminierte Mieter, da die Wohnungen ansonsten leer stehen“ (KAPPHAN 2002: 53). Ob die Segregation von Armut (statistisch) zunimmt oder abnimmt, bleibt nach KAPPHAN abzuwarten, denn es ist insbesondere davon abhängig, „ob die Wohnquartiere sozial homogener werden, ob sich das Herunterfiltern auf bestimmte Wohnungsbestände konzentriert, und welcher Indikator zur Messung der Segregation herangezogen wird“ (EBD.).
3 Die Untersuchungsräume
Bevor die spezifischen Rahmenbedingungen der Segregation, welche sich unter den Bedingungen der Stadtschrumpfung ergeben haben, vorgestellt werden, wird zunächst ein Überblick über die Untersuchungsräume gegeben. Dabei wird zuerst die Untersuchungsstadt Leipzig vorgestellt (Kapitel 3.1). Im Anschluss daran wird Bezug auf das zweite, kleinräumigere Untersuchungsgebiet Leipzig-Mockau genommen (Kapitel 3.2).
Eine solche Abfolge erscheint notwendig, da die Rahmenbedingungen der Leipziger Stadtentwicklung nur mit Kenntnis der räumlichen Gegebenheiten adäquat wiedergegeben werden kann.
3.1 Die Untersuchungsstadt Leipzig
Die westsächsische Stadt Leipzig war in der DDR ein Schwerpunkstandort des Schwermaschinenbaus, der Braunkohleförderung und der chemischen Industrie. Neben Umweltproblemen und vergleichsweise geringer Lebensqualität war sie zudem durch Wohnraummangel und eine geringe urbane Attraktivität geprägt (FRIEDRICHS / HÄUSSERMANN 2001: 315). Aufgrund dessen hatte die Region schon vor der Wiedervereinigung Bevölkerungsverluste zu verzeichnen. Von 1945 bis 1989 nahm die Bevölkerung um etwa 55.000 Einwohner ab. Ein deutlich stärkerer Bevölkerungsrückgang setzte mit dem Zusammenbruch der DDR ein. Von 1989 bis 1998 verlor Leipzig knapp 93.000 Einwohner, was einem Bevölkerungsrückgang von knapp 18 Prozent entspricht. Die Bevölkerungsverluste sind im Wesentlichen auf die starke Abwanderung Anfang der 1990er Jahre, die ab 1993 einsetzende Suburbanisierungswelle und ein bis heute anhaltendes Geburtendefizit zurückzuführen. Mit der Eingemeindung von 15 Leipziger Umlandgemeinden im Jahr 1999 wuchs die Stadt schlagartig um etwa 60.000 Einwohner.
3.1.1 Die räumliche Differenzierung der Stadt Leipzig
Die räumliche Differenzierung der Stadt Leipzig, wie sie sich heute darstellt, ist ein Spiegel der Stadtgeschichte. Ihren stärksten Ausbau erfuhr die Stadt in der Gründerzeit (1870 bis 1918). Diese Phase wurde begleitet von einem starken Bevölkerungswachstum. Mit dem Beginn der Industrialisierung und dem damit einhergehenden Bedeutungsgewinn von Industriebetrieben setzte - angesichts der besseren Verdienstmöglichkeiten in den Städten - eine massive Land-Stadt-Wanderung ein (HEINEBERG 2000: 210). „Die bislang überschaubaren und klar umgrenzten Städte entwickelten sich zu wuchernden Agglomerationen von bisher unbekanntem Ausmaß“ (CALLIES 2003: 13). Um dem ungezügelten Wachstum der Städte entgegen zu wirken, wurden Bau- und Bauzonenverordnungen erlassen5 (VON SALDERN 1995: 63; GLOCK 2002: 3), welche zu frühen sozialräumlichen Differenzierungsprozessen beitrugen. Die gründerzeitliche Stadt kann - vor dem Hintergrund einer Klassengesellschaft - als stark segregiert bezeichnet werden (LICHTENBERGER 1991: 236; BÄHR / JÜRGENS 2005: 107). Bauliche Zeugen der Antagonie zwischen Arbeiterklasse und Bürgertum sind in den zahlreichen Gründerzeitquartieren der Stadt Leipzig zu finden.
Die gründerzeitlichen Bürgerviertel der Stadt Leipzig sind auf einem relativ geschlossenen Siedlungsband entlang der Elsteraue zu finden (Abbildung 5). Diese Wohngebiete sind charakterisiert durch großzügige Grünanlagen und eine stilvolle, repräsentative Jugendstilarchitektur (RINK / KABISCH 1997: 51). Neben diesen repräsentativen Bürgervierteln gibt es in Leipzig auch einfachere Bürgerviertel der Gründerzeit. Diese kleinbürgerlichen Quartiere sind weniger aufwendig gestaltet und dichter bebaut. Dennoch finden sich viele Grün- und Freiflächen. Baustrukturell sind diese Quartiere zudem als sehr heterogen einzustufen. So finden sich neben Blockrand- und Zeilenbebauung auch Villen. Dennoch bestehen vielerorts bauliche Affinitäten zu den gründerzeitlichen Arbeiterquartieren (EBD.: 54 f.). Die kleinbürgerlichen Gründerzeitquartiere schließen sich südlich und nördlich an die repräsentativen Bürgerviertel an (Abbildung 5).
Neben den gründerzeitlichen Bürgervierteln finden sich auch eine große Anzahl ehemaliger Arbeiterwohngebiete in Leipzig. Die Arbeiter wohnten um die Jahrhundertwende entweder in den überbauten und baufälligen Innenstadtquartieren und Übergangszonen (zone in transition) oder in ehemaligen, gründerzeitlich überprägten Vorstädten bzw. stadtnah gelegenen Orten. Die Wohnhäuser der Arbeiter wurden dabei oft in der Nähe von Industriebetrieben errichtet. Charakteristisch für die Arbeiterviertel der damaligen Zeit waren Mietshäuser mit vier bis fünf Stockwerken oder Mietskasernen mit Seitenflügeln und Hinterhäusern (VON SALDERN 2000: 81). Vor dem Hintergrund industrieller Produktion und vorherrschender Westwindlagen galten Standorte im Osten der Städte generell als Ungunstlagen und wurden entsprechend von Arbeitern und unteren sozialen Schichten bewohnt. Diese stark verdichteten gründerzeitlichen Arbeiterquartiere entstanden in Leipzig ab der Mitte des 19. Jahrhunderts hauptsächlich in der Nähe der Manufakturen im Westen der Stadt, aber auch östlich des Hauptbahnhofs.
In der zweiten industriellen Wachstumsphase nach 1900 entwickelten sich weitere Arbeiterviertel, die sich räumlich an die frühen gründerzeitlichen Arbeiterquartiere anschlossen (Abbildung 5). Diese entstanden vor allem in den Zwischenkriegsjahren und wurden überwiegend von kommunalen und genossenschaftlichen Bauträgern errichtet. Diese neuen Arbeiterquartiere waren von einer aufgelockerten Mehrfamilienhausbebauung und größeren Freiflächenanteilen geprägt. In der Nähe entstanden Gartenanlagen und kleinere Parks. Insbesondere die kommunalen Bestände waren auf die Aufnahme sozial schwacher Familien ausgelegt.
Ebenfalls in den 1920er und 1930er Jahren entstanden infolge der Kriegszerstörungen und der einsetzenden Wohnungsknappheit so genannte randstädtische Siedlungen, die weitgehend aus öffentlichen Mitteln finanziert wurden. Diese monostrukturellen Wohnsiedlungen sind durch eine einfache, homogene Ein- und Zweifamilienhausbebauung charakterisiert und auf die Aufnahme unterer Bevölkerungsschichten ausgelegt gewesen (VON SALDERN 1995: 121). Etwa 60 Prozent der Leipziger Bausubstanz stammt aus der Zeit vor 1948 und knapp 20 Prozent des heutigen Bestandes wurde zwischen 1948 und 1989 errichtet.
Die sozialistische Stadt sollte, ideologisch begründet, klassenlos sein. Unterschiedliche Wohntypen für unterschiedliche soziale Gruppen sollten theoretisch nicht existieren (BÄHR / JÜRGENS, 2005: 116, HANNEMANN 1997: 225). Ihren Ausdruck fand die sozialistische Gleichheitsideologie in Form der industriell gefertigten und standardisierten Neubauten. So wurde bspw. für eine der größten Plattenbausiedlungen der DDR, Halle-Neustadt, postuliert: "Jeder wohnt unter gleichen Bedingungen in gleichen Wohnungen. Es wohnen der Generaldirektor im gleichen Haus wie der Anlagenfahrer aus dem großen Chemiekombinat, die Oberbürgermeisterin im gleichen Block mit dem Schaltwart aus der Wärmeversorgung und dem Städtebauer, der die Stadt mit geplant hat" (AUTORENKOLLEKTIV 1972: 85, zitiert nach HANNEMANN 2000: 111f.). Die standardisierten Wohngebiete entsprachen voll und ganz der sozialistischen Linie, da „die Qualität der Wohngebiete keine Grundlage für eine soziale Segregation der Stadtbevölkerung mehr bilden“ (KUHN 1986: 60, zitiert nach HARTH U. A. 1998: 22) sollte und konnte. Gleichzeitig fokussierte die DDR-Wohnungsbaupolitik auf die Lösung eines quantitativen Wohnraumproblems, welches bis in die 1970er Jahre noch nicht gelöst war. Auf dem VIII. Parteitag der SED (1971) wurde als Kernstück einer neuen Sozialpolitik das Wohnungsbauprogramm der DDR beschlossen. Ziel war es, das quantitative Wohnraumproblem bis 1990 zu beseitigen und die Wohnungsfrage als soziales Problem zu lösen (HARTH 1997: 257; HANNEMANN 1997: 230). Mit der Einführung des Wohnbausystems 70 (WBS70) wurde die relativ schnelle Errichtung von großen Wohngebieten (HANNEMANN 1997: 226) sowie eine "Standardisierung der Wohnbedingungen von Rostock nach Suhl" (HARTH 1997: 258) möglich.
In Leipzig sind die Plattenbauten kleinräumig über das ganze Stadtgebiet verteilt. Die größten zusammenhängenden Gebiete finden sich auf der Ost-West-Achse (Abbildung 5). Das entspricht großen Teilen des Ortsteils Paunsdorf und der Großwohnsiedlung Grünau, welche nahezu geschlossen in dieser Bauweise errichtet wurden. Allerdings sind die jüngeren Bestände in Grünau-Mitte, Grünau-Süd und Grünau-Nord durch eine deutlich dichtere Baustruktur und weniger Grünflächenanteile geprägt.
Mitte der 1990er Jahre setze in Ostdeutschland und insbesondere in Leipzig eine Wohnsuburbanisierung von bis dahin unbekannten Ausmaß ein (HERFERT / RÖHL 2001). In dieser Zeit entstanden neben zahlreichen Einfamilienhaussiedlungen auch viele „monoton gestaltete mehrgeschossige Wohnsiedlungen“ (EBD.: 153), die sich heute in einem fast geschlossenen Suburbanisierungsring um die Kernstadt legen (EBD.). Etwa ein Fünftel des Leipziger Gebäudebestandes ist nach 1990 entstanden. In den suburbanen Wohngebieten finden sich aber nicht ausschließlich Neubauten der 1990er und 2000er Jahre. Sie sind des Weiteren geprägt von dörflichen Strukturen, die hier aber nicht weiter erläutert werden sollen.
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Abbildung 5: Räumliche Gliederung der StadtLeipzig
Quelle: Eigene Darstellung aufBasis von Kabisch u. a. 1997: 51ff.
3.2 Das Untersuchungsgebiet Leipzig-Mockau
Wenngleich Mockau aufgrund der Streckenführung der früheren Wahren-Schönefelder Verbindungsbahn administrativ bereits seit 1906 in die Ortsteile Mockau-Nord und Mockau- Süd geteilt ist (PRO LEIPZIG 1999: 28), soll das Untersuchungsgebiet im Folgenden als ein zusammenhängender Untersuchungsraum vorgestellt und behandelt werden.
Der Ortsteil Mockau befindet sich im Nordosten von Leipzig (Stadtbezirk Nordost). Im Osten grenzt er entlang der Parthenaue an die Ortsteile Schönefeld-Abtnaundorf und Thekla. Im Norden, an der Flurgrenze zu Seehausen, befindet sich das Anfang der 1990er Jahren errichtete Gelände eines großen Versandhauses und die neue Leipziger Messe. Westlich grenzt der Ortsteil Eutritzsch und im Süden auf der Höhe der Volbedingstraße die Ortslage Schönefeld- Abtnaundorf an.
Mockau erfuhr - wie auch ganz Leipzig - sein größtes Bevölkerungswachstum im Zuge der Industrialisierung. Von 1871 bis 1933 wuchs die Einwohnerzahl von 755 auf etwa 15.500. Mockau war während der Industrialisierung, aber auch bis zum Ende der DDR, ein wichtiger industrieller Standort innerhalb der Stadt. Zu den ersten ansässigen Gewerbe- und Produktionsstätten gehörten die Leipziger Wollkämmerei (gegründet 1872), die chemische Fabrik Unger (gegründet 1879) und die Presshefe- und Kornspiritusfabrik Saxonia Horn (gegründet 1886), aus der 1900 die Hefefabrik Union hervorging. Die größten Fabriken entstanden aber erst unmittelbar vor und teilweise auch während des ersten Weltkriegs. Dazu zählten das Sägewerk von C. A. Voigt (gegründet 1913), die Metallwarenfabrik Roesler & Co. (gegründet 1916) und die heute als mitteldeutsche Stahlbau GmbH modernisierte Eisenbaufirma von Reinhold Patzschke (gegründet 1923) (PRO LEIPZIG 1999: 36).
Bis 1989 stieg die Einwohnerzahl von Mockau auf etwa 20.000 Menschen. Mit dem Strukturbruch von 1989 schrumpfte die Bevölkerung bis 1999 aber auf knapp 16.900 Einwohner und Ende 2007 lebten nur noch 14.300 Menschen in Mockau (Abbildung 6). Infolge dessen ist der Ortsteil durch hohe Leerstände (zum Teil mehr als 30 Prozent) geprägt. Die Arbeitslosenquote stieg von 1999 bis 2007 um knapp 7,7 Prozentpunkte6. Des Weiteren ist der Ortsteil von einer starken Überalterung geprägt. Das Durchschnittsalter der Bevölkerung betrug Ende 2007 knapp 48 Jahre und der durchschnittliche Altenquotient7 belief sich auf 43,5. Diese Werte liegen deutlich über dem gesamtstädtischen Durchschnitt (Durchschnittsalter 44 Jahre, Altenquotient: 32,6). Der Ausländeranteil liegt mit 3,6 Prozent allerdings deutlich unter dem Stadtdurchschnitt. Die wenigen Ausländer konzentrieren sich dabei vor allem im südlichen Teil des Untersuchungsgebietes.
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Abbildung 6: Einwohnerentwicklung im Ortsteil Leipzig-Mockau von 1992 bis 2007
Quelle: Eigene Darstellung, Datengrundlage: Stadt Leipzig (Hg.): Ortsteilkataloge der Ifd. Jahre
Anmerkung: Auf die Darstellung diskreter Werte wurde an dieser Stelle verzichtet, da nicht für alle Jahre Daten vorlagen. Die fehlenden Werte wurden durch das arithmetische Mittel der vorliegenden und nachfolgenden Jahre ergänzt. Der starke Rückgang der Einwohner von 2005 bis 2006 ist vor allem auf die im Jahre 2006 eingeführte Nebenwohnsitzsteuer zurückzuführen (Stadt Leipzig (Hg.): 2008: 247).
3.2.1 Die räumliche Differenzierung des Ortsteils Leipzig-Mockau
Das Untersuchungsgebiet ist von einer starken baustrukturellen Differenzierung geprägt. Neben gründerzeitlichen Gebäuden (13 Prozent) finden sich sehr viele Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäuser der 1920er und der 1930er Jahre (56 Prozent). Des Weiteren gibt es Gebäude, die zwischen 1948 und 1990 errichtet wurden (11 Prozent) und Bestände der 1990er und 2000er Jahre (21 Prozent). Vereinzelt sind auch vorindustrielle Baustrukturen erhalten. Diese finden aber - aufgrund geringer Quantität - in dieser Untersuchung keine Berücksichtigung.
Der stadtgeschichtlich älteste Teilbereich - Altmockau - weist eine starke baustrukturelle Heterogenität auf. Neben den Gründerzeitbeständen finden sich einfache Mietshausanlagen der Zwischenkriegszeit, Neubauten der 1990er Jahre und ein letzter Drei-Seiten-Hof, der an die Zeit erinnert, als Mockau noch ein Dorf war. Um 1860 fand eine erste Erweiterung in südwestliche Richtung statt. Im Bereich der Kieler Straße und der Hilliger Straße entstanden zunächst freistehende, zweigeschossige Arbeiterwohnhäuser. Eine weitere Überbauung mit viergeschossigen Mietshäusern setzte im Jahr 1893 ein (PRO LEIPZIG 1999: 31). Charakteristisch für diese Gebäude sind die stilvoll gestalteten Fassaden (Abbildung 78 ). In den Folgejahren erfolgten Erweiterungen Richtung Norden. Zeugen dieser Bauphasen sind die Gründerzeitbestände in der Simon-Bolivar-Straße, die heute wie ein Fremdkörper zwischen den deutlich später entstandenen Plattenbauten wirken.
Der geschätzte marktaktive Leerstand9 in den Altmockauer Gründerzeitbeständen beträgt etwa 10 Prozent (Kapitel 5.2.2.1). Allerdings stehen auch knapp 20 Prozent der Gründerzeitgebäude aufgrund von Unbewohnbarkeit leer. Der strukturelle Leerstand beträgt etwa 32 Prozent. Wenngleich der marktaktive Leerstand innerhalb der Gründerzeitbestände im Vergleich zu anderen Mockauer Quartieren niedrig erscheint, ist Altmockau von hohen Leerständen geprägt. Diese betreffen jedoch vor allem die stark baufälligen und größtenteils unbewohnbaren Mietshäuser der Zwischenkriegszeit (Abbildung 8). Lediglich drei von 16 Objekten dieser Baualtersklasse sind bewohnt. Der strukturelle Leerstand ist mit knapp 90 Prozent auch entsprechend hoch. Der marktaktive Leerstand der Altmockauer Zwischenkriegsbauten beträgt etwa 46 Prozent. Die Grünsituation in Altmockau ist zwar eher bescheiden, kann aber durch die östlich angrenzende Parthenaue ausgeglichen werden. Die infrastrukturelle Ausstattung ist vergleichsweise gut. Es gibt verschiedene Ärzte und kleinere Fachgeschäfte und Dienstleister. Allerdings fehlen kleinere Geschäfte, welche Waren des täglichen Bedarfs anbieten. Die einzigen Alternativen sind ein Supermarkt an der Samuel-Lampel-Straße und das in fußläufiger Entfernung gelegene Leipzig-Mockau-Center (LMC).
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Abbildung 7: Gründerzeitliches Mietshaus in der der Kieler Straße
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Abbildung 8: Mietshaus der Zwischenkriegszeit in der Kieler Straße
Weitere gründerzeitliche Bestände finden sich nördlich und südlich der ehemaligen WahrenSchönefelder Verbindungsbahn. Die südlich der Trasse gelegene Wohnbebauung im Bereich der Döhringstraße wurde bis 1899 errichtet und als Wohngebiet für Arbeiter der umliegenden Industriebetriebe konzipiert (PRO LEIPZIG 1999: 36). Das Quartier ist durch eine einfache zweigeschossige Bauweise charakterisiert (Abbildung 9). Auf Jugendstilelemente und stilvoll gestaltete Treppenhäuser wurde weitgehend verzichtet und die Wohnungen (der befragten Haushalte) sind mit durchschnittlich 56 m2 vergleichsweise klein. Des Weiteren fehlen Grünanlagen und Freiflächen. Etwa 20 Prozent dieser gründerzeitlichen Arbeiterwohnungen stehen leer. Leerstehende Gebäude gibt es aber nur wenige. Der strukturelle Leerstand beträgt knapp 27 Prozent. Infrastrukturell ist das Quartier vergleichsweise gut ausgestattet. Es gibt verschiedene gastronomische Einrichtungen im Bereich der Mockauer Straße, einen Bäcker und kleinere Geschäfte für Waren des täglichen Bedarfs.
Nördlich der Eisenbahntrasse im Kreuzungsbereich der Bochumer Straße / Wilhelm-BuschStraße entstanden um 1910 zwei großbürgerliche Mietshäuser (Abbildung 10). Charakteristisch sind die herrschaftliche Architektur sowie die stilvoll gestalteten Treppenhäuser. Die Wohnungen (der befragten Haushalte) sind mit gemittelten 95 m2 überdurchschnittlich groß. Marktaktive Leerstände gibt es kaum. Lediglich sechs Prozent der Wohnungen sind nicht belegt. Das Quartier ist von hohen Grünanteilen und ausgedehnten Hofgärten geprägt. Nachteilig wirkt sich lediglich die hohe Lärmbelastung aufgrund der nah gelegenen Bahntrasse aus.
In der Bochumer Straße entstanden in den 1920er und 1930er Jahren weiterhin verschiedene freistehende, villenartige Gebäude. Wenngleich das architektonische Spektrum sehr groß ist, sind die kubischen Häuser mit ein oder zwei Geschossen prägend. Leerstände konnten in diesen Beständen nicht festgestellt werden, was vor allem daran liegt, dass die Gebäude in der Regel von den Eigentümern selbst bewohnt sind. Das Quartier ist infrastrukturell gut ausgestattet, wenngleich auch hier Versorgungsmöglichkeiten fehlen. Die Kaufhalle an der Essener Straße ist aber fußläufig bequem zu erreichen. Es finden sich verschiedene spezialisierte Mediziner und andere Dienstleister sowie ein Bäcker in unmittelbarer Nähe.
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Abbildung 9: Einfaches gründerzeitliches Mehrfamilienhaus in der Döhringstraße
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Abbildung 10: Repräsentatives gründerzeitliches
Im südlichsten Teil des Untersuchungsgebietes, zwischen Berthastraße und Mockauer Straße, befindet sich ein viertes gründerzeitliches Wohngebiet. Das Quartier wurde, wie schon das Quartier im Bereich der Döhringstraße, als Wohngebiet für Arbeiter der umliegenden Industriebetriebe konzipiert. Die Gebäude wurden ab 1901 in einfacher zwei- und später dreigeschossiger Bauweise errichtet. Die Fassaden sind einfach verklinkert und die Treppenhäuser vergleichsweise einfach gestaltet. Die Straßenrandbegrünung ist spärlich. Lediglich im Bereich der Berthastraße sind kleinere Vorgärten angelegt (Abbildung 11). Prägend sind auch hier die hohen Leerstände. Der geschätzte marktaktive Leerstand beträgt 24 Prozent und der strukturelle Leerstand liegt etwa bei 46 Prozent. Insbesondere die große Zahl verlassener und ruinöser Gebäude prägt das Bild (Abbildung 12). Straßen und Fußwege sind in schlechter Qualität. Infrastrukturell ist das Quartier unzureichend ausgestattet. Bis auf einen großen Supermarkt an der Mockauer Straße und zahlreiche An- und Verkäufe sind keine weiteren Einkaufsmöglichkeiten vorhanden. Allgemeinmediziner oder Apotheken fehlen völlig.
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Abbildung 11: Einfache gründerzeitliche Mietshausbebauung in der Berthastraße
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Abbildung 12: Unsanierte Gründerzeitbestände in der Volbedingstrasse
Aufgrund der Wohnraumnot infolge der Zerstörungen des ersten Weltkriegs entstanden auf dem nördlich angrenzenden Areal zwischen den Jahren 1919 und 1924 mit der Siedlung Mockau das erste kommunale Bauprojekt der Stadt Leipzig. Später erhielt die Anlage aufgrund der Bezeichnung eines ihrer Innenhöfe den Namen Weidenhofsiedlung (PRO LEIPZIG 1999: 39). Charakteristisch ist die uneinheitliche und abwechslungsreiche Gestaltung der Gebäude. Neben unterschiedlichen architektonischen Stilmitteln wie bspw. erkerartigen Vorbauten oder markanten Rundbauten, lockern insbesondere die unterschiedlich gebrannten und damit verschiedenfarbigen Ziegel die Fassadenstrukturen auf. Der Gesamtcharakter der denkmalgeschützten Siedlung erinnert an die gotisierten Städte des Mittelalters. Leerstände konnten nicht festgestellt werden, was auch hier vor allem daran liegt, dass der Großteil der Gebäude von den Eigentümern selbst bewohnt wird. Versorgungseinrichtungen fehlen allerdings völlig.
Die Weidenhofsiedlung konnte aber in keiner Weise der damaligen Wohnungsnot entgegenwirken. Aus diesem Grund wurde in den 1920er Jahren an der Mockauer Straße ein weiteres kommunales Großbauprojekt umgesetzt. Dabei handelt es sich um dreigeschossige Mietshäuser in Zeilenbauweise. Dabei wurde auf Entwürfe städtischer Typenbauten zurückgegriffen. Ähnliche Ensembles finden sich auch in den Ortsteilen Leutzsch, Neulindenau, Reudnitz und Schönefeld. Lediglich in der Gebäudestellung, der Geschosszahl und der Farbgebung unterscheiden sich die Baugruppen in den einzelnen Stadtteilen, jedoch nicht hinsichtlich des Fassadenbildes und der Wohnungsgrundrisse. Die Farbgebung der Mockauer Baugruppe - der rote Porphyrputz - korrespondiert mit den Ziegelbauten der Weidenhofsiedlung (Abbildung 13). Im Volksmund erhielten die Zeilenbauten gleich nach ihrer Fertigstellung den Namen „Rote Front“ (PRO LEIPZIG 1999: 40). Die Rote Front ist auch heute noch kommunales Eigentum (LWB). Auf der gegenüberliegenden Straßenseite finden sich weitere Mietshäuser der Zwischenkriegszeit, die aber eine stärkere architektonische Heterogenität aufweisen. Diese Bestände sind dagegen zum Teil auch in privatem Besitz. Der geschätzte marktaktive Leerstand im Bereich der Mockauer Straße beträgt etwa 32 Prozent, der geschätzte strukturelle Leerstand sogar 41 Prozent. Im nördlichen Abschnitt der Mockauer Straße werden etwa zwei Drittel des Wohnungsbestandes angesichts starker baulicher Mängel nicht länger am Markt angeboten und stehen völlig leer (Abbildung 14). Besonders betroffen davon sind die kommunalen Objekte, die diesen Straßenabschnitt flankieren. Wenngleich vereinzelt Dienstleister, kleinere Geschäfte und verschiedene Arztpraxen zu finden sind, kann die infrastrukturelle Ausstattung auch hier nur als bescheiden beschrieben werden. Straßengrün ist zwar vereinzelt vorhanden, aber insbesondere im nördlichen Bereich der Mockauer Straße ungepflegt und zum Teil stark verwildert. Die Lärmbelästigung ist angesichts der Lage an der stark befahrenen Hauptstraße sehr hoch. Positiv ist aber die Nähe zu den ausgedehnten Kleingartenanlagen im östlichen Bereich der Bestände einzuschätzen.
Weitere kommunale Geschossbauten der Zwischenkriegszeit finden sich im Bereich der Oberläuter Straße. Die Wohnanlagen wurden in den späten 1920er Jahren für sozial schwächere Familien errichtet und in den 1930er Jahren erweitert. Dabei standen vor allem quantitative Aspekte im Vordergrund, denn die Wohnungen sind vergleichsweise klein (PRO LEIPZIG / LWB 2000: 175). Leerstände konnten innerhalb dieser Bestände aber kaum festgestellt werden. Die Grünsituation muss als mangelhaft beschrieben werden. Positiv sind aber die geringe Verkehrsbelastung und die weitläufigen Innenhöfe im Bereich der Friedrichshafner Straße.
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Abbildung 13: Die „Rote Front“ in der Mockauer Straße
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Abbildung 14: Unsanierte Zwischenkriegsbauten in in der Mockauer Straße
Ebenfalls in den 1930er Jahren entstand auf den nördlichen Flurstücken die etwa 400.000 m2 große Mockauer Siedlung. Die Siedlung war auf die Aufnahme erwerbsloser und sozial schwacher Familien ausgelegt. Charakteristisch sind Doppelhausbebauungen mit vergleichsweise geringen Wohnflächen. Die ca. 300 m2 großen Gärten sollten in Krisenzeiten der Selbstversorgung der Siedler dienen (PRO LEIPZIG 1999: 45). Auffällig ist die starke Durchmischung von modernisierten und weniger stark bzw. gar nicht modernisierten Objekten. Die Bautätigkeit der frühen Nachkriegszeit umfasst einzelne Bestände südlich der ehemaligen Wahren-Schönefelder Verbindungsbahn in den Bereichen der Beuthe- und der Friedrichshafner Straße. Charakteristisch für diese Bereiche sind ausgedehnte Hofstrukturen und eine geringe Verkehrsbelastung. Weitere Bestände der 1950er und 1960er Jahre finden sich entlang der stark befahrenen Essener Straße. Während die weiter südlich gelegenen Bestände kaum von Leerständen betroffen sind, konnte im Bereich der Essener Straße ein marktaktiver Leerstand von knapp 32 Prozent festgestellt werden. Der strukturelle Leerstand beträgt angesichts einer Vielzahl unbewohnter Gebäude sogar 48 Prozent.
Ab 1975 entstanden im Norden von Mockau zwei große Wohnkomplexe - Mockau-Ost und Mockau-West - mit ursprünglich 3871 Wohneinheiten (PRO LEIPZIG 1999: 46). Wenngleich Gebäude mit vier Etagen dominieren, finden sich insbesondere in Mockau-Ost vereinzelt auch Punkthochhäuser mit 16 Etagen.
Die vergleichsweise niedrigen Leerstandsraten von sieben bzw. 14 Prozent sind auf die umfangreichen Rückbaumaßnahmen der letzten Jahre zurückzuführen. Die Gebäude sind weitgehend saniert und teilweise nachträglich mit Fahrstühlen ausgestattet worden (Abbildung 15). Eine Ausnahme bilden die Bestände an der der Samuel-Lampel-Straße in Mockau Ost. Diese Objekte sind bis dato nicht saniert und entsprechend von sehr hohen Leerständen geprägt (Abbildung 16).
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Abbildung 15: Sanierter Plattenbau in der Rosenowstraße (Mockau-West)
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Abbildung 16: Unsanierter Plattenbau in der Samuel-Lampel-Straße (Mockau-Ost)
Neben den bisher vorgestellten Baustrukturtypen finden sich in Mockau auch Neubauten der 1990er und der 2000er Jahre. Die nach 1990 errichteten Mehrfamilienhäuser wurden in der Regel in bestehende Baulücken eingefügt, wobei darauf geachtet wurde, dass sich die Neubauten den umliegenden Beständen anpassen. Beispiele dafür sind in der Berthastraße, der Mockauer Straße oder der Kieler Straße zu finden. Ein- und Zweifamilienhäuser in Reihenhausbauweise finden sich vor allem im nördlichen Bereich der randstädtischen Siedlung, aber auch auf dem ehemaligen Gelände der Backhefefabrik nördlich der Weidenhofsiedlung.
Die Darstellung der Untersuchungsräume Leipzig und Leipzig-Mockau zeigt, dass es auf beiden Aggregatebenen eine hohe räumliche Differenzierung gibt. Dies stellt einen wesentlichen Faktor für die Konstitution sozialräumlicher Differenzierungsprozesse dar. Neben den räumlichen Ungleichheiten spielen aber auch soziale Ungleichheiten und die spezifischen Rahmenbedingungen des Wohnungsmarktes eine große Rolle bei der Ausprägung residentieller Segregation. Diese Faktoren werden in den folgenden Abschnitten vorgestellt.
4 Rahmenbedingungen der ostdeutschen Stadtentwicklung nach 1990
Der Übergang von der planwirtschaftlichen in die marktwirtschaftliche Gesellschaft vollzog sich in den neuen Bundesländern unter der einzigartigen Bedingung einer Staatsauflösung und dem Beitritt in ein bereits bestehendes System. Dadurch konnte der Transformationsprozess von Beginn an institutionell und rechtlich gesteuert werden (DANGSCHAT 1997: 97; REISSIG 2000: 20 f.). Durch den Transformationsprozess rückten verschiedene neue Dimensionen sozialer Ungleichheit in den Vordergrund und es kam zu einer Neustrukturierung des Wohnungsmarktes. Mit der Wiedereinführung der Marktwirtschaft nach 1990 und der plötzlichen Entwertung der industriellen Produktionskapazitäten entwickelten sich jedoch in kurzer Zeit erhebliche wirtschaftliche Strukturdefizite in Ostdeutschland.
In den folgenden Kapiteln werden die atypischen Entwicklungen der ostdeutschen Stadtentwicklung vor dem Hintergrund der ökonomischen und demographischen Schrumpfung vorgestellt. Dabei soll der Fokus entsprechend der Themenstellung auf den Entwicklungen in Leipzig liegen. In diesem Zusammenhang wird der Frage nachgegangen, welche spezifischen Rahmenbedingungen sich vor dem Hintergrund städtischer Schrumpfung für die Segregation in ostdeutschen Städten bzw. in der Untersuchungsstadt entwickelt haben. In einem ersten Schritt werden dabei die wichtigsten Differenzierungen auf der Nachfrageseite dargestellt und diskutiert (Kapitel 4.1). Anschließend wird Bezug auf die Transformation der ostdeutschen Wohnungsmärkte und die Entwicklung räumlicher Ungleichheit genommen (Kapitel 4.2).
4.1 Folgen der Stadtschrumpfung auf die Nachfrageseite
Um dem in Kapitel 2.2.1 vorgeschlagenen Schrumpfungsverständnis Rechenschaft zu tragen, wird im Folgenden zwischen den Folgen der ökonomischen und demographischen der Schrumpfung unterschieden.
4.1.1 Folgen der ökonomischen Schrumpfung auf die Nachfragerseite
Der Strukturbruch von 1990 bedingte das plötzliche Einsetzen starker Deindustrialisierungsprozesse. Binnen weniger Jahre sank die Wirtschaftsproduktion um 50 Prozent, das Bruttoinlandsprodukt nahm um 30 Prozent ab und die industrielle Forschungskapazität fiel sogar um 80 Prozent (REISSIG 2000: 26).
Die Beschäftigungsrate in der ehemaligen DDR war im Vergleich zur Bundesrepublik deutlich höher. Das lag vor allem daran, dass es Erwerbslosigkeit im Arbeiter- und Bauernstaat offiziell nicht gab. Nach 1990 verringerte sich der Anteil der Erwerbstätigen an der Bevölkerung in ganz Ostdeutschland schlagartig. Im Zeitraum von 1989 bis 1994 sank die Zahl der Erwerbstätigen von etwa 10 Mio. auf 6,6 Mio. (HAUSER U. A. 1996: 134). Besonders betroffen waren industrielle Schwerpunktstandorte wie Leipzig (Kohle, Schwermaschinenbau), Chemnitz (Fahrzeugbau), Halle an der Saale (Chemie) oder das Mansfelder Land (Buntmetalle). In Leipzig sank die Zahl der Erwerbstätigen zwischen 1989 und 1997 von 285.865 auf 194.44010 11 (Abbildung 17). Das entspricht einem Rückgang von 32 Prozent. Der nominelle Rückgang der Erwerbstätigen ist allerdings nicht ausschließlich eine Folge der ökonomischen Schrumpfung, sondern steht auch in engem Zusammenhang mit den Bevölkerungsverlusten. Trotzdem fiel der Anteil der Erwerbstätigen an der Gesamtbevölkerung11 in diesem Zeitraum von 54 auf etwa 42 Prozent. Bis 2005 sank dieser Anteil sogar auf 38 Prozent.
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Abbildung 17: Entwicklung der sozialversicherungsptlichtigen Beschäftigten in Leipzig von 1989 bis 2007 Quelle: Eigene Darstellung, Datengrundlage: Stadt Leipzig (Hg.): Statistische Jahrbücher der Ifd. Jahre, Ortsteilkatalog 2008
Der massive Stellenabbau im primären und sekundären Sektor konnte von der Tertiärisierung zunächst nicht kompensiert werden (FRIEDRICHS / HÄUSSERMANN 2001: 319 f.). Die Folge war ein rapides Ansteigen der Arbeitslosigkeit. Zwar verhinderte der Einsatz arbeitspolitischer Maßnahmen, wie zum Beispiel Vorruhestandsregelungen, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM), Umschulungen, oder Kurzarbeit eine Massenfreisetzung (HARTH U. A. 1998: 33).
Dennoch stieg die Arbeitslosenquote bis 1999 kontinuierlich an und pendelte sich auf hohem Niveau ein12.
Auch in Leipzig stieg die Arbeitslosigkeit binnen weniger Jahre von einem sehr niedrigen Niveau stark an (Abbildung 18). Bis zum Jahr 1999 verdoppelte sich der Arbeitslosenanteil auf etwa 18 Prozent. Den vorläufigen Höhepunkt erreichte die Arbeitslosenquote im Jahr 2005 (21 Prozent). Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit zeigt dabei ihre stärkste Dynamik in den 1990er Jahren. Mit der Umstellung der Arbeitslosenerfassung im Jahr 2005 sank die Arbeitslosenquote in Bund, Ländern und Städten aber nahezu parallel. Im Jahr 2007 waren etwa 17 Prozent der Leipziger Erwerbsfähigen ohne Arbeit. Nominell stieg die Zahl der Arbeitslosen in Leipzig zwischen 1993 und 1998 von knapp 32.000 auf etwa 41.000 an. 2007 waren etwa 39.000 Leipziger arbeitslos. Analog zum Arbeitslosenanteil vergrößerte sich auch der Anteil der Haushalte, die auf Sozialleistungen wie bspw. Sozialhilfe angewiesen sind.
Eng verbunden mit der Beschäftigungssituation ist die Einkommenssituation. Die ostdeutschen Gehälter wurden zunächst schrittweise erhöht und an die westdeutschen Löhne angepasst. Nominal stiegen die Haushaltsnettoeinkommen bis 1996 ungefähr um die Hälfte, preisbereinigt allerdings nur um etwa 13 Prozent (BRENKE 2005: 320). Eine starke Ausdifferenzierung der Haushaltsnettoeinkommen fand in den neuen Bundesländern zu Beginn der 1990er Jahre aber vorerst nicht statt (HAUSER U. A. 1996: 139). Das lag vor allem am zunächst mäßigen Beschäftigungswachstum und einer „Homogenisierung“ (EBD.) der im Arbeitsmarkt Verbleibenden, da von Arbeitslosigkeit insbesondere die Personen betroffen waren, die auch schon vor 1989 ein niedriges Einkommen hatten (EBD.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 18: Entwicklung der Arbeitslosenquote in Leipzig von 1991 bis 2007
Quelle: Eigene Darstellung, Datengrundlage: Stadt Leipzig (Hg.): Statistische Jahrbücher der Ifd. Jahre, Ortsteilkatalog 2008
Diese Entwicklung vollzog sich auch in Leipzig. Mit dem Ansteigen des Anteils der Haushalte, die auf Lohnersatzleistungen angewiesen waren, vergrößerte sich der Anteil der Haushalte, die über vergleichsweise niedrige Haushaltsnettoeinkommen verfügen. So verdoppelte sich der Anteil der Haushalte, die über weniger als 50 Prozent des durchschnittlichen Äquivalenzeinkommens13 verfügen, also von relativer Armut betroffen sind, von 1991 bis 2006. Der Anteil der Haushalte mit unterdurchschnittlichen Einkommen (75 Prozent des Äquivalenzeinkommens) blieb zwar weitgehend konstant, allerdings stieg in der Summe der Anteil der Haushalte, die über unterdurchschnittliche Einkommen verfügen, deutlich an (Abbildung 19). Der Anteil der besser verdienenden Haushalte (mehr als 125 Prozent des durchschnittlichen Äquivalenzeinkommens) veränderte sich, abgesehen von konjunkturellen Schwankungen im betrachteten Zeitraum allerdings so gut wie gar nicht (STADT LEIPZIG 2005: 22; 2007: 25). Der Anteil der Haushalte mit mittleren Einkommen sank dagegen ab den 2000er Jahren erheblich um fast 10 Prozent.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 19: Entwicklung der sozioökonomischen Ungleichheit in Leipzig von 1991 bis 2006.
Quelle: EigeneDarstellung, Datengrundlage: Stadt Leipzig (Hg.): Sozialreport2005: 22, 2007: 25
Anmerkung: Für die Jahre 1994 und 2004 stehen keine Daten zur Verfügung.
Besonders stark ist das Armutsrisiko bei den jüngeren Leipziger Einpersonenhaushalten ausgeprägt, denn diese befinden sich meistens noch in der Ausbildung und haben entsprechend geringe Einkommen. Deutlich günstiger stellt sich die Situation bei den Rentnerhaushalten dar. Selbst bei den allein stehenden Rentnern ist nur etwa ein Zehntel von Einkommensarmut betroffen. Bei den Zweipersonenhaushalten über 65 Jahre sind es sogar nur zwei Prozent. Ähnlich gering sind die Anteile bei den jüngeren Zweipersonenhaushalten (SCHULTZ 2007: 9ff.).
Ein deutlich höheres Armutsrisiko findet sich dagegen bei der ausländischen Bevölkerung Leipzigs. Dies zeigt sich vor allem darin, dass die in Leipzig lebenden Ausländer deutlich stärker von Arbeitslosigkeit betroffen sind, als die erwerbsfähigen Deutschen. Der Anteil der erwerbslosen Ausländer an allen Arbeitslosen stieg im Zeitraum 1996 bis 2007 von 2,2 Prozent auf 8,7 Prozent (PHILIPPS / RINK 2008: 3, STADT LEIPZIG / Ortsteilkatalog 2008: 234). Die sozioökonomische Instabilität der Ausländer zeigt sich zudem in einer hohen Sozialhilfeempfängerquote unter den Ausländern. Diese ist mit knapp 15 Prozent mehr als doppelt so hoch wie die der Deutschen (6,4 Prozent) (PHILIPPS / RINK 2008: 3).
Analog zum Anstieg der relativen Armut hat sich auch die Einkommensschere zwischen den reichsten und den ärmsten 20 Prozent der Bevölkerung weiter geöffnet. Während die Einkommensdifferenz im Jahr 1995 noch etwa 500 € betrug, waren es 2006 schon 750 € (SCHULTZ 2007: 11).
Neben den sozioökonomischen Differenzierungen kam es nach 1990 auch zu einer Neustrukturierung im Bildungssystem. Dies ist insofern von Bedeutung, als dass Personen mit niedrigen Bildungsabschlüssen einerseits tendenziell eher von Armut betroffen sind, als Personen mit höheren Bildungsabschlüssen (STATISTISCHES BUNDESAMT 2006: 618). Zudem stellt (schulische) Bildung auch eine wichtige (kulturelle) Ressource im Wettbewerb um eine passende Wohnung dar.
Während es in der DDR ein einheitliches Bildungssystem und auch eine entsprechend wohnortnahe Schulversorgung gab, führte die Neugliederung des Schulsystems zu erheblichen Veränderungen. Durch die Differenzierung des Ausbildungssystems erhöhte sich zunächst die Zahl der Abiturienten, aber auch die Zahl der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss (HARTH U. A. 1998: 34), was zu einer Verstärkung sozialer Ungleichheit beigetragen hat14. Ein weiterer Ungleichheit fördernder Aspekt ergibt sich auch daraus, dass bestimmte Schulstandorte aufgrund demographischer Bevölkerungsrückgänge nicht länger tragbar waren. Dadurch verringerte sich in bestimmten Gebieten die Wohnortnähe, aber auch das Angebot an weiterführenden Schulen (HAUSER U. A. 1996: 186).
Zwischenfazit
Die Folgen der ökonomischen Schrumpfung auf die Anbieterseite äußern sich vor allem in einer Zunahme der sozialen Ungleichheit. Der kontinuierliche Rückgang der Beschäftigtenzahlen und das Ansteigen der Arbeitslosigkeit führten in der Folge zu einer erheblichen Einkommensungleichheit. Im betrachteten Zeitraum erhöhte sich der Anteil der Haushalte mit unterdurchschnittlichen Einkommen deutlich. Besonders betroffen sind in diesem Zusammenhang Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger, aber auch junge Haushalte, die sich noch in der Ausbildung befinden sowie Migrantenhaushalte. Altersarmut ist in Leipzig dagegen derzeit weniger ein Thema.
Die Entwicklung der sozialen Ungleichheit ist allerdings keine primäre Folge der Schrumpfung, sondern wird durch die Situation auf dem lokalen Arbeitsmarkt beeinflusst. Das Zusammenfallen von sinkender Arbeitslosigkeit und dem Anstieg des prekären Wohlstands15 ab 2005 in Leipzig deutet zudem darauf hin, dass es sich bei den neu geschaffenen Beschäftigungsverhältnissen tendenziell um unterdurchschnittlich bezahlte Tätigkeiten handelt.
4.1.2 Folgen der demographischen Schrumpfung auf die Nachfrageseite
Der Trend der demographischen Schrumpfung, der sich bereits in den 1980er Jahren in den Städten der DDR abzeichnete, setzte sich nach der politischen Wende fort. Allerdings waren die Bevölkerungsverluste von einer bis dahin nicht bekannten Dynamik gekennzeichnet. Die Bevölkerungsverluste nach 1990 sind im Wesentlichen auf die negativen Wanderungssalden und ein starkes Geburtendefizit zurückzuführen. Daraus ergeben sich neben den quantitativen Effekten auch qualitative Verschiebungen der demographischen Bevölkerungsstruktur.
Insgesamt schrumpfte die Bevölkerung in den neuen Bundesländern von 1987 bis 2006 um 2,14 Millionen Menschen, während sie in den alten Bundesländern um etwa 6,5 Millionen zunahm (STATISTISCHES BUNDESAMT 2007: 35). Das entspricht einem Bevölkerungsverlust von knapp 14 Prozent, der sich allerdings regional sehr unterschiedlich äußert. Besonders stark betroffen waren die Bundesländer Sachsen (-15,5 Prozent) und Sachsen-Anhalt (-18,7 Prozent), was vor allem daran liegt, dass dort vor 1990 Schwerpunktstandorte der industriellen Produktion verortet waren (vor allem Braunkohle, Verhüttung und Schwermaschinenindustrie). Die quantitativ stärkste Abwanderung fand in den Umbruchsjahren 1989 / 90 statt. Insgesamt verließen in dieser Zeit etwa 400.000 Menschen die neuen Bundesländer. Migrationsziele stellten vor allem die alten Bundesländer dar. Diese Wanderungen waren zum Großteil politisch motiviert.
In Leipzig wanderten zwischen 1989 und 1990 etwa 76.500 Einwohner in das alte Bundesgebiet ab. Obwohl in diesem Zeitraum auch Menschen nach Leipzig zogen (etwa 44.000), ergibt sich für diese beiden Jahre ein negativer Wanderungssaldo von mehr als 32.000 Personen. Bis 1993 verließen weitere 48.000 Einwohner die Stadt. Etwa die Hälfte dieser Personen wanderte in die alten Bundesländer ab. Diese etwas später einsetzende Abwanderungswelle ist vor allem auf die prekäre Arbeitsmarktlage, welche sich infolge der ökonomischen Schrumpfung einstellte, zurückzuführen. Im Saldo verlor Leipzig in dieser Zeit knapp 10.000 Einwohner. Die Abwanderung nach Westdeutschland schwächte sich bis zum Ende der 1990er Jahre aber deutlich ab. Während der Wanderungssaldo zwischen Leipzig und den alten Bundesländern 1997 erstmals positiv war, verlor die Stadt von 1999 bis 2002 im Saldo abermals etwa 7.300 Einwohner an westdeutsche Zielgebiete. Besonders ausgeprägt war die Abwanderungswelle bei den unter 30-Jährigen (im dreijährigen Mittel etwa 34 Prozent), was darauf schließen lässt, dass es sich hierbei um ausbildungsorientierte Wanderungen handelte (STADT LEIPZIG (Hg.): Statistische Jahrbücher der lfd. Jahre).
Neben der Ost-West-Drift sind die wanderungsbedingten Bevölkerungsverluste ostdeutscher Großstädte auch auf den 1992 / 93 einsetzenden Prozess der Suburbanisierung16 zurückzuführen. In den alten Bundesländern konnten Suburbanisierungsprozesse bisher ausschließlich in Wachstumsregionen beobachtet werden. In den neuen Bundesländern wuchsen dagegen die Umlandgemeinden, während die Kernstädte stark schrumpften. Dadurch traten Umland und Kernstadt in ein direktes Konkurrenzverhältnis (HARTH U. A 1998: 192). Insgesamt verloren die ostdeutschen Oberzentren zwischen 1993 und 1995 etwa 880.000 Einwohner an die Umlandgemeinden, im Wanderungssaldo waren es etwa 425.000 (HERFERT 1998: 763). Dabei war Leipzig „ die Stadtregion mit der höchsten Suburbanisierungsdynamik“ (HERFERT / RÖHL 2001: 151; Hervorhebung im Original). Im Saldo verlor die Stadt zwischen 1993 und 1998 knapp 34.400 Einwohner an die Umlandgemeinden im Leipziger Land (STADT LEIPZIG (Hg.): Statistische Jahrbücher der lfd. Jahre). Ursachen für den im Vergleich zu Westdeutschland intensiveren Prozessverlauf der Suburbanisierung in Ostdeutschland sind zunächst in der restriktiven Unterbindung von Eigenheimsuburbanisierung in der DDR, aber auch in den politisch rechtlich-institutionellen Rahmenbedingungen17 zu sehen. Die Suburbanisierung der 1990er fand allerdings nicht ausschließlich aus Gründen der Distinktion statt, sondern vielmehr aus gleich gelagerten Wohnpräferenzen bestimmter Gruppen (HARTH 1997: 320 ff.; FRANZ 2000: 165). Deutlich ausgeprägt war dabei die für die Suburbanisierung typische Wanderung von Familien ins Umland, insbesondere in den Altersgruppen 30-50 und 5-10 Jahre (HERFERT 1994: 15; SCHMIDT 1997: 20; HERFERT / Röhl 2001: 153). Die Ursachen sind in der nur langsam in Gang kommenden Innenstadtsanierung und dem Anfang der 1990er Jahre sehr angespannten Wohnungsmarkt zu sehen. Folglich ist der Rückgang der Suburbanisierung nach 1998 neben dem Wegfall der steuerlichen Sonderabschreibungen vor allem auf „die zunehmende Attraktivität urbanen Wohnens infolge umfangreicher Modernisierungsmaßnahmen, eines breit gefächerten Wohnungsangebotes und eines niedrigen Mietpreisniveaus in der Kernstadt, was letztlich das Preisgefälle zum Umland so gut wie auflöste“ (HERFERT 2002: 337), zurückzuführen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 20: Räumliche Bevölkerungsbewegungen zwischen Leipzig und ausgewählten Regionen von 1990 bis 2006
Quelle: Eigene Darstellung; Datengrundlage: Stadt Leipzig (Hg.): Statistische Jahrbücher der Ifd. Jahre
Anmerkung: Für die Darstellung der Suburbanisierung wurde der zusammengefasste Wanderungssaldo mit Sachsen gewählt, da dieser langjährig und lückenlos verfügbar ist. Zudem sind die Wanderungssalden mit anderen sächsischen Regionen, die sich nicht im Umland von Leipzig befinden, nur sehr schwach ausgeprägt
Trotz anhaltender Abwanderungen in den 1990er Jahren zogen gleichzeitig immer wieder Menschen nach Leipzig. Insbesondere die Zahl der Ausländer nahm von 1990 bis 2007 stetig zu. Der Wanderungssaldo mit dem Ausland war bis auf die Jahre 1998 und 2004 immer positiv (STADT LEIPZIG 2007b: 9). Von 1992 bis 1996 verdoppelte sich die Zahl der in Leipzig lebenden Ausländer von knapp 10.000 auf etwa 20.000. Bis 2007 erhöhte sich die Zahl der Ausländer auf etwa 32.800 Personen. Schätzungen aus dem Jahr 2006 gehen davon aus, dass zusätzlich zu diesen Ausländern etwa 17.000 Deutsche mit Migrationshintergrund in der Stadt leben (MARTIN 2008: 26).
Ab 2002 konnten dann insgesamt wieder positive Wanderungssalden festgestellt werden. Diese sind nach GÖSCHEL (2003) vor allem auf „Rückwanderungen aus dem suburbanen Raum und Zuwanderungen aus anderen Regionen“ (EBD.: 607) zurückzuführen. HERFERT (2002) weist aber in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass den Rückwanderungen weniger Bedeutung zugemessen werden muss, da Eigenheimbesitzer finanziell stärker an ihre Immobilien gebunden sind und daher eher im suburbanen Raum verbleiben (EBD.: 339). Relevanter erscheinen hier „junge Bevölkerungsgruppen, die im Rahmen der Ausbildung bzw. Arbeitsaufnahme aus den kleinen Gemeinden in die Mittel- und Oberzentren abwandern“ (EBD.).
Neben den migrationsbedingten Einwohnerverlusten kann in der Stadt Leipzig - wie auch in ganz Ostdeutschland - seit Ende der 1980er Jahre eine negative natürliche Bevölkerungsentwicklung beobachtet werden (Abbildung 21). Von 1989 bis 1995 sank die Zahl der Lebendgeboren in der Untersuchungsstadt von 5.961 auf 2.377, was einem Rückgang von etwa 60 Prozent entspricht. Die Ursachen für das veränderte Reproduktionsverhalten sind auch in Leipzig in den bereits angesprochenen Individualisierungsprozessen, der wirtschaftlichen und politischen Instabilität der Wendejahre sowie in der Abwanderung junger Frauen nach Westdeutschland zu sehen (Kapitel 2.2.1). Wenngleich ab 1994 eine leichte Abschwächung des Geburtendefizits zu beobachten ist, sank die Zahl der Lebendgeborenen zwischen 1989 und 2002 insgesamt von 5.961 auf 3.844 pro Jahr. Das entspricht einem Rückgang von knapp 36 Prozent. Vor dem Hintergrund einer stetig sinkenden Sterberate summierte sich das Geburtendefizit von 1989 bis 2002 auf etwas mehr als 39.000 Geburten. Bis zum Jahr 2007 stieg die jährliche Geburtenzahl allerdings wieder auf etwa 4.736 an, was einem Zuwachs von 23 Prozent in Bezug auf 2002 entspricht. Die Sterberate blieb allerdings weitgehend konstant, verringerte sich sogar leicht, so dass die natürliche Bevölkerungsentwicklung nach wie vor rückläufig ist. In der Summe migrationsbedingter und natürlicher Bevölkerungsverluste der Jahre 1989 bis 2007 ergibt sich für die Stadt Leipzig im Saldo ein Einwohnerrückgang von knapp 110.000 Einwohnern.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 21: Natürliche und wanderungsbedingte Bevölkerungsentwicklung in Leipzig von 1985 bis 2005 Quelle: Eigene Darstellung, Datengrundlage: Stadt Leipzig (Hg.): Statistische Jahrbücher der Ifd. Jahre, Ortsteilkatalog 2008
Wenngleich die Bevölkerungsentwicklung der letzten Jahre positiv erscheint, kann Leipzig nicht als ganzheitlich wachsende Stadt bezeichnet werden. Es kann vielmehr ein Nebeneinander wachsender, schrumpfender und stagnierender städtischer Teilgebiete beobachtet werden. So hatten bspw. knapp die Hälfte (27 Ortsteile) der 63 Leipziger Ortsteile Ende 2007 einen negativen Bevölkerungssaldo in Bezug auf das Jahr 1999. Die durchschnittlichen Bevölkerungsverluste dieser Ortsteile lagen in diesem Zeitraum bei etwa 12 Prozent. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich zudem, dass 26 dieser 27 Ortsteile im alten Leipziger Stadtgebiet zu finden sind (Kartenanhang, Karte 1).
Neben dem Einwohnerrückgang hat die demographische Schrumpfung auch qualitative Konsequenzen auf die Entwicklung der Nachfrageseite. Diese haben langfristige, generationsübergreifende Folgen für die Stadtentwicklungsprozesse. In den neuen Bundesländern überschritt der Altenquotient den Jugendquotienten18 erstmals Ende der 1990er Jahre (LIEBSCHER 2001: 135). In Leipzig setzte diese Entwicklung aber deutlich eher ein. Bereits 1994 lag der Jugendquotient (21,2) unter dem Altenquotienten (23,2). Ursächlich ist das Zusammenfallen massiver Abwanderungen und einer extrem niedrigen Fertilitätsrate Anfang der 1990er. Diese relative Differenz zwischen Jung und Alt vergrößerte sich in den Folgejahren stetig. Im Jahr 2007 stand einem Jugendquotienten von 15,1 ein Altenquotient von 32,6 gegenüber (STADT LEIPZIG 2008, Ortsteilkatalog). Zudem ergeben sich aus den Geburtendefiziten der frühen 1990er Jahre weit reichende Folgen. Denn diese geburtenschwachen Jahrgänge werden in absehbarer Zeit auch als Wohnraumnachfrager relevant.
Des Weiteren erhöhte sich der Anteil der Einpersonenhaushalte von 1993 bis 2002 um mehr als 10 Prozent (von 35,7 auf 46,6). Im Jahr 2005 stieg der Anteil erstmalig über die 50- Prozentmarke. Analog dazu verringerte sich der Anteil von Haushalten mit drei oder mehr Personen von 28,6 Prozent (1993) auf 17,6 Prozent (2007). Der Anteil der Zweipersonenhaushalte sank von 1993 bis 2007 aber nur leicht um etwa vier Prozentpunkte. Diese Singularisierung führte ab 1997 schließlich zu einer quantitativen Zunahme der Haushalte (Abbildung 22). Allerdings erhöhte sich dadurch auch die Nachfrage nach kleinen Wohnungen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 22: Entwicklung der absoluten Haushaltszahlen und der Haushaltsgrößen in Leipzig von 1981 bis 2007
Quelle: Eigene Darstellung, Datengrundlage Stadt Leipzig (Hg.): Statistische Jahrbücher der Ifd. Jahre, Ortsteilkatalog 2008
Anmerkung: Der sprunghafte Anstieg der Haushaltszahlen im Jahr 1999 ist auf die Eingemeindung von 15 Leipziger Umlandgemeinden zurückzuführen.
Zwischenfazit
Die Folgen der demographischen Stadtschrumpfung äußern sich vor allem in einem Rückgang der Einwohner und Haushaltszahlen. Insbesondere in den 1990er Jahren waren die summierten Bevölkerungsverluste aus Abwanderung nach Westdeutschland, Suburbanisierung und der negativen natürlichen Bevölkerungsentwicklung sehr stark ausgeprägt. Anfang der 2000er Jahre können aber leichte Reurbanisierungstendenzen registriert werden, die von einer stetigen Haushaltsverkleinerung und einer zunehmenden Überalterung der Bevölkerung begleitet werden.
4.2 Folgen der Stadtschrumpfung auf die Angebotsseite
In den folgenden Abschnitten sollen die wichtigsten Entwicklungen auf der Angebotsseite nach 1990 dargestellt und diskutiert werden. Dabei müssen in einem ersten Schritt die wesentlichen Prozesse und Auswirkungen der Wohnungsmarkttransformation beleuchtet werden (Kapitel 4.2.1), welche zwar keine Folge der Schrumpfung sind, aber wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung der Rahmenbedingungen haben. Anschließend werden die spezifischen Entwicklungen auf dem Leipziger Wohnungsmarkt vorgestellt (Kapitel 4.2.2). In einem letzten Schritt wird Bezug auf die räumliche Verteilung der Leerstände in Leipzig genommen (Kapitel 4.2.3).
4.2.1 Neustrukturierung des Wohnungsmarktes nach 1990
Im Gegensatz zur DDR war Wohnraum in der BRD nicht nur ein soziales, sondern auch ein wirtschaftliches Gut. Nach der Wiedervereinigung wurde im Wohnungswesen eine Angleichung an die westdeutschen Verhältnisse angestrebt, d. h. es sollten marktwirtschaftliche Angebotsstrukturen, also eine Privatisierung der Bestände erreicht werden (HAUSER U. A. 1996: 199 f.). Die staatliche Regulierung der Transformation im Wohnungswesen sollte einen sozial verträglichen Übergang in die Marktwirtschaft gewährleisten. Einerseits sollte eine dauerhafte Bereitstellung preiswerten Wohnraums erreicht und andererseits eine rentable Produktion und Bewirtschaftung von Wohnraum ermöglicht werden (EBD.: 200).
Zunächst musste eine Anpassung der Mietpreispolitik an das westdeutsche Vergleichssystem erfolgen. Die sukzessive Anpassung der Mieten erfolgte dabei unter Berücksichtigung der Einkommensentwicklung und wurde schrittweise erhöht. Unterstützend wurden Wohngeldbezüge relativ unkompliziert und großzügig gewährt. Des Weiteren wurden bis Ende 1995 Kündigungen aufgrund Eigenbedarfs rechtlich unterbunden und Belegungsbindungen für kommunale und genossenschaftliche Wohnungen eingerichtet (HAUSER U. A. 1996: 202). Trotz deutlicher Einkommenssteigerungen erhöhte sich die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte im Zeitraum von 1990 bis 1995 von vier auf 18 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens (EBD.).
Eine weitere wichtige wohnungspolitische Maßnahme bei der Angleichung an marktwirtschaftliche Strukturen betrifft die Neuordnung der Besitzverhältnisse. Diese sollte durch Restitution19 enteigneten Vermögens und die schrittweise Privatisierung des zunächst staatlichen und später des kommunalen und genossenschaftlichen Wohneigentums erfolgen (HAUSER U. A. 1996: 201). Im Jahre 1990 befanden sich 45,2 Prozent des ostdeutschen Wohnraumbestands in kommunaler Hand. Dieser Anteil sank zwar bis 1995 auf 34,6 Prozent, lag damit aber noch deutlich über dem Anteil in Westdeutschland (1995: 3,4 Prozent; HAUSER U. A. 1996: 198). Die privaten Bestände erhöhten sich dabei im gleichen Zeitraum um etwa 10 Prozent. Auch in Leipzig kam es zu einer Neuordnung der Eigentümerstrukturen. Das gesetzte Ziel war, mindestens 15 Prozent des kommunalen Wohneigentums zu veräußern (WIEST 1998: 40). Angesicht der geringen ökonomischen Ressourcen der Haushalte war ein Direktverkauf an die Bewohner aber nur in den seltensten Fällen möglich, so dass der Großteil (93 Prozent) der zum Verkauf angebotenen Immobilien an so genannte Zwischenerwerber veräußert wurde (EBD.: 41). Diese Verkäufe konzentrierten sich aufgrund noch nicht abgeschlossener Restitutionsverfahren vor allem auf die Plattenbaubestände in Leipzig-Grünau, wo die kommunale Wohnungsgesellschaft (LWB) Mitte der 1990er Jahre bspw. mehr als die Hälfte des Bestands an private Eigentumsgesellschaften veräußerte (BERNT 2005: 6). Der hohe Anteil kommunalen Eigentums zu Beginn der 1990er Jahre erklärt sich aus der Übernahme ehemals staatlicher Bestände. Damit war aber auch die Übernahme von Altschulden verbunden. Diese finanziellen Belastungen stellten ein wesentliches Hindernis bei der Instandsetzung der Bestände dar (BORST 1997: 127; HARTH 1997: 266; HARTH U. A. 1998: 39). Aus diesem Grund wurde 1993 das Altschuldenhilfegesetz erlassen, welches die Altschulden auf 150 DM pro m2 reduzierte (BORST 1997: 130). Ein weiteres Hemmnis stellten die umfangreichen und zeitintensiven Restitutionsverfahren dar (HAUSER U. A. 1996: 201; DOEHLER / RINK 1996: 284; Harth 1997: 266 f.; GLATTER 2007: 34).
4.2.2 Der Leipziger Wohnungsmarkt - Ein Wohnungsmarkt der Extreme
Der Instandsetzung der ostdeutschen Wohnungsbestände kam vor dem Hintergrund eines faktisch vorhandenen Wohnungsmangels aufgrund von Unbewohnbarkeit Anfang der 1990er Jahre besondere Bedeutung zu. Schätzungen gehen davon aus, dass Ende der 1980er Jahre zwischen 400.000 und 420.000 Wohnungen aufgrund von Unbewohnbarkeit leer standen (PFEIFFER U. A. 2000: 17; REICHART 2001: 44; KABISCH 2002: 37; LANG / TENZ 2003: 41). Vor allem in Städten wie Leipzig, die ihren Ausbau in der Gründerzeit erfahren hatten, gab es ruinöse Zustände vergleichsweise häufiger als anderswo (REICHART 2001: 44). Die Vernachlässigung der innerstädtischen Altbaugebiete vor 1990 war dabei aber „nicht nur Ausdruck ökonomischer Mangelwirtschaft, sondern auch ideologisch begründet insofern, als die dicht bebauten innerstädtischen Quartiere Sinnbild kapitalistischer Wohnverhältnisse waren, an deren Stelle die sozialistischen Neubaugebiete bevorzugt wurden“ (HARTH U. A. 1996: 168). Es wurde versucht „so genannte bürgerliche Wohnformen“ (HARTH 1997: 257) zu beseitigen und durch „sozialistische zu ersetzen“ (EBD.). So symbolisierten bspw. die „Mietskasernen der Gründerzeit (...) die Unterdrückung der Arbeiterklasse besonders deutlich und standen aus ideologischen Gründen ganz oben auf den Abrißlisten“ (EBD.). Die staatliche Verwaltung hatte kein Interesse an der Modernisierung und Sanierung der Altbaubestände20. Aufgrund der zwanghaft niedrigen Mieten21 war es auch privaten Eigentümern nicht möglich, die Instandsetzung zu finanzieren (HÄUSSERMANN 1996: 16). Insgesamt waren 1990 etwa 196.000 WE (75 Prozent) stark erneuerungsbedürftig und ungefähr 25.000 WE (10 Prozent) akut gefährdet bzw. offiziell nicht mehr bewohnbar (DOEHLER / RINK 1996: 276, STADT LEIPZIG 2005a: 7).
Diese Probleme waren auch Mitte der 1990er Jahre noch nicht gelöst. So konnten auch 1996 noch Leerstandsraten von knapp 60 Prozent in den Leipziger Sanierungsgebieten festgestellt werden (SCHMIDT 1997: 16). Ähnliches wurde auch in anderen ostdeutschen Großstädten beobachtet. So wiesen bspw. 1992 in Dresden 58 Prozent der Altbauwohnungen schwerwiegende Mängel auf, knapp neun Prozent waren offiziell nicht mehr bewohnbar (KILLISCH U. A. 2004: 6).
Der Instandsetzungsbedarf betraf aber nicht nur die Altbauten, sondern bezog sich auch auf die zum Teil defizitäre Ausstattung der Wohnungen, aber auch des Wohnumfeldes in den industriell gefertigten Neubausiedlungen der 1980er Jahre (HARTH 1997: 267). Die strukturell erzeugte Wohnungsnot generierte sehr angespannte Wohnungsmarktbedingungen, so dass Quadratmeterpreise von bis zu 18 DM keine Seltenheit waren (REICHART 2001: 44). Infolge der damit verbundenen Gewinnchancen und vor dem Hintergrund einer breit angelegten Förderkulisse22 kam es zu einer regen Neubautätigkeit. Insgesamt wurden in Ostdeutschland bis zum Ende der 1990er Jahre 770.000 neue Wohnungen geschaffen, darunter etwa 200.000 Wohnungen durch Modernisierungen sowie nahezu 80.000 durch Maßnahmen im Bestand (bspw. durch Wohnungsverkleinerungen oder den Ausbau von Dachgeschossen). Der Großteil der Neubautätigkeit konzentrierte sich allerdings in den suburbanen Gebieten an den Rändern der Städte (LANG / TENZ 2003: 41; PFEIFFER U. A. 2000: 10).
Der Leipziger Wohnungsbestand erhöhte sich zwischen 1992 und 1998 von etwa 260.000 auf 282.000 WE. Hier zeigt sich eindrucksvoll, wie rücksichtslos während der Bauboomphase an der Nachfrage vorbei gewirtschaftet wurde. Die Zahl der Nachfragerhaushalte verringerte sich im gleichen Zeitraum von etwa 240.000 auf 228.000 (Abbildung 23). Im Jahr 2000 standen somit ungefähr 60.000 Leipziger Wohnungen leer (STADT LEIPZIG 2005a: 23). Das entspricht einem Anteil von etwa 20 Prozent des damaligen Bestandes. Bis zum Jahr 2007 verringerten sich die Leerstände angesichts eines groß aufgelegten Rückbauprogramms und positiver Wanderungsbilanzen. Allerdings standen Ende 2006 noch immer rund 40.000 Wohnungen leer, was einem Anteil von etwa 13 Prozent entspricht (STADT LEIPZIG 2008a: 14).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 23: Entwicklung des Wohnraumüberangebotes in Leipzig von 1989 bis 2007
Quelle: Eigene Darstellung und Berechnung, Datengrundlage: Stadt Leipzig (Hg.): Statistische Jahrbücher der Ifd. Jahre, Ortsteilkatalog 2008
Die hohen Leerstände haben vielfältige Auswirkungen auf die Stadtentwicklung. Zunächst entspannte sich der Leipziger Wohnungsmarkt. Besonders ausgeprägt war der Mietrückgang in den ab 1990 neu geschaffenen Wohnungen. Hier sanken die monatlichen Nettokaltmieten zwischen 1994 und 2002 von durchschnittlich 8,03 € auf 5,35 € pro Quadratmeter (Abbildung 24). Das entspricht einer Preissenkung von etwa 34 Prozent. Ähnlich stark sanken die Mieten in den bis 1948 errichteten Altbaubeständen und in den DDR-Wohnungsbeständen. Neben dem kontinuierlichen Rückgang der Mieten sank auch die Differenz zwischen den einzelnen Segmenten (STADT LEIPZIG 2008a: 18). Bis 2007 hielt diese Entwicklung an. Wenngleich die Preise für einfache und mittlere Lagen nach wie vor auf niedrigem Niveau stagnieren, zeichnet sich ab 2007 insbesondere in den besseren Lagen ein leichter Preisanstieg ab (LVZ vom 19.09.2008).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 24: Entwicklung der Nettokaltmieten bei Jeuvermietung in Leipzig von 1994 bis 2007
Quelle: Stadt Leipzig 2007: 21
Die Folgen des entspannten Wohnungsmarktes
Der entspannte Wohnungsmarkt bedingte schließlich eine hohe innerstädtische Umzugsmobilität, denn insbesondere die mittleren Einkommensgruppen waren nun kaum Zwängen bei der Wohnstandortwahl ausgesetzt (WIEST 2001: 136). So zogen bspw. 1998 in Leipzig beinahe 20 Prozent der Haushalte um (HERFERT 2004: 59). Kleinräumige empirische Untersuchungen in Leipziger Altbauquartieren weisen für die 1990er Jahre ein zum Teil noch stärkeres Umzugsgeschehen nach. So waren Mobilitätspotentiale von bis zu 40 Prozent keine Seltenheit (KABISCH / BAMBERG 1998: 67; WIEST 1997: 111; RINK 2002: 89). Im Zeitraum von 1995 bis 1998 stieg die Zahl der innerstädtischen Umzüge pro 1000 Einwohner von 83,3 auf 154,3 (Tabelle 1). In den Folgejahren sank die Zahl der innerstädtischen Umzüge zwar kontinuierlich, lag aber immer noch deutlich über dem Niveau, das in westdeutschen Städten, die weniger von Schrumpfung betroffen sind, registriert werden konnte. Im Jahr 2006 lag die innerstädtische Umzugsrate mit 103,6 Umzügen je 1000 Einwohner dennoch deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Ähnliche Entwicklungen können auch in anderen ostdeutschen Städten wie bspw. Halle an der Saale oder Dresden beobachtet werden, allerdings nicht mit einer so starken Ausprägung wie in Leipzig.
Tabelle 1: Innerstädtische Umzügeje 1000 Einwohner ausgewählter Städte in Ost- und Westdeutschland von 1994 bis 2006
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Deutscher Städtetag (Hg.): Statistische Jahrbücher deutscher Gemeinden der Ifd. Jahre
Anmerkung: Diese Daten werden durch Umfragen bei den Gemeinden ermittelt. Die Herausgeber schließen dabei nicht aus, dass die Angaben zum teil unvollständig sind (Deutscher Städtetag (Hg.): 2007: 137). Die Schwankungen sind vermutlich auf Datenfehler zurückzuführen und nicht auf ein verändertes Umzugsverhalten. Zudem werden ab 2000 keine gesonderten Angaben für die Städte der neuen Bundesländer gemacht.
Zwischenfazit
Die Wohnungsmarktentwicklung in Ostdeutschland und insbesondere in Leipzig verlief „unter andersartigen sozialen, ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen“ (WIESSNER 2004: 9) als in den alten Bundesländern und war deshalb von spezifischen Verläufen und Ausprägungen geprägt. „Die Ausschläge in der Entwicklung sind erheblich extremer ausgefallen als bei normalen Wohnungsmarktzyklen“ (EBD.). PFEIFFER U. A. (2000) sprechen in diesem Zusammenhang auch von einem „Wohnungsmarkt der Extreme“ (EBD.: 10). Nach einer sehr starken Wohnungsnot Anfang der 1990er Jahre setzte eine massive Bauboomphase ein, die weniger an der Nachfrage als an steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten orientiert war. SPIEKER (2005) beschreibt das Wohnraumüberangebot, welches sich in der Folge entwickelte, aus diesem Grund auch ganz treffend als „subventionsindizierten Angebotsüberhang“ (EBD.: 42). Infolge der sinkenden Mieten setzte in Leipzig, wie auch in anderen ostdeutschen Städten, eine erhöhte Wohnmobilität ein.
4.2.3 Die räumliche Verteilung der Leerstände in Leipzig
Eine wesentliche Folge demographischer Schrumpfung sind die Wohnungsleerstände (Kapitel 2.2.1). Diese sind aber nicht gleichmäßig über das Stadtgebiet verteilt (Abbildung 25). Vor dem Hintergrund eines entspannten Wohnungsmarktes und einer hohen Wohnmobilität kam es zu einer räumlichen Konzentration der Leerstände in unattraktiven Quartieren: „Die Wahlfreiheit ist groß und die Ansprüche an Wohnung und Wohnumfeld sind hoch. Bausünden werden durch Unvermietbarkeit bestraft“ (STADT LEIPZIG 2005b: 23).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 25: Entwicklung der Dohnungsleerslände zw Leipzig
Quelle: EigeneDarstellung, Datengrundlage : Stadt Leipzig (Hg.): StadtLeipzig 1996, 2003, 2007
Abbildung 25 veranschaulicht die räumliche Verteilung der Leerstände in den Jahren 1995, 2002 und 2006. Dabei wird deutlich, dass Mitte der 1990er Jahre vor allem die innenstadtnahen Ortsteile betroffen waren, welche von Altbaubeständen (vor 1948 erbaut) geprägt sind. In den peripheren Lagen und insbesondere in den Großwohnsiedlungen sind die Leerstände (noch) unterdurchschnittlich. Anfang der 2000er Jahre hat sich dieses Bild grundlegend gewandelt. Zu diesem Zeitpunkt waren nahezu alle städtischen Teilgebiete von hohen Leerständen geprägt. Besonders hohe Leerstände konnten nach wie vor in gründerzeitlichen Quartieren (17 Prozent), aber auch in den Großwohnsiedlungen der 1970er und 1980er Jahre (15 Prozent) beobachtet werden (STADT LEIPZIG 2003: 13). Lediglich die suburbanen Wohngebiete waren weniger stark betroffen. Schätzungen konstatieren zu diesem Zeitpunkt einen Wohnungsüberhang von etwa 55.000 WE, was einem Anteil von etwa 17 Prozent entspricht (EBD.). Auch 2006 standen immer noch etwa 40.000 WE leer, also knapp 13 Prozent des Bestandes. Knapp die Hälfte des Leerstandes (17.000 WE, 43 Prozent) betrifft die Gründerzeitbestände (STADT LEIPZIG 2008a: 14). Dabei fällt auf, dass es in dieser Baualtersklasse zu einer räumlichen Verschiebung der Leerstandskonzentration gekommen ist. Ursächlich für diese Entwicklung sind unterschiedliche stadtplanerische Schwerpunkte. So wurden insbesondere die zentrumsnahen, denkmalgeschützten, ehemals bürgerlichen Wohngebiete aufwendiger saniert, als die gründerzeitlichen Arbeiterquartiere (DOEHLER / RINK 1996; REICHART 2001; WIEST / HILL 2004). Die Konzentration der Stadtentwicklung auf die denkmalsgeschützten, repräsentativen Gründerzeitquartiere führte dazu, dass „die ganz normale, völlig unspektakuläre Erneuerung ganzer Stadtquartiere (...) fast aus dem Blick [geriet]“ (DOEHLER / RINK 1996: 264, Anmerkung des Verfassers). Während sich in den meisten der ehemals 13 Sanierungsgebiete positive Entwicklungen vollzogen haben, bestehen insbesondere für die gründerzeitlichen Arbeiterquartiere im Osten und Westen der Stadt nach wie vor problematische Entwicklungschancen (STADT LEIPZIG 2005b: 50). Die Leitlinien der „neuen Gründerzeit“ (EBD.: 27) - mehr Grün, weniger Dichte und mehr Individualität (EBD.) - sind in diesen Quartieren bisher nur dürftig umgesetzt worden, was sich in geringer Attraktivität und schließlich in hohen Leerständen äußert.
Der leichte Rückgang der Leerstände in den Großwohnsiedlungen ist im Wesentlichen auf umfangreiche Rückbaumaßnahmen zurückzuführen. Zwischen 2001 und 2006 wurden im Rahmen des Stadtumbaus knapp 9.500 WE zurückgebaut, etwa zwei Drittel davon in den DDR-Großwohnsiedlungen (STADT LEIPZIG 2006: 49). Allerdings ist die Einwohnerentwicklung insbesondere in den Grünauer Ortsteilen stark rückläufig, so dass die Leerstandsproblematik dort weiterhin bestehen bleibt.
Die räumliche Verteilung der Leerstände steht demnach in engem Zusammenhang mit den stadtpolitischen Entscheidungen der 1990er Jahre. Diese vernachlässigte die Sanierung und Entwicklung der gründerzeitlichen Arbeiterquartiere und konzentrierte sich zu stark auf die repräsentativen Gründerzeitquartiere. Dadurch wurde die Entwicklung von Raummustern, die vor dem Zweiten Weltkrieg bereits existiert hatten forciert. Hinzu treten die hohe Leerstände in den Großwohnsiedlungen, die auch trotz umfangreicher Rückbaumaßnahmen und anhaltender Bevölkerungsverluste nach wie vor als problematisch einzuschätzen sind.
5 Methodischer Rahmen der Untersuchung
Im folgenden Kapitel wird das methodische Instrumentarium vorgestellt (Kapitel 5.2), mit dessen Hilfe die eingangs formulierte Zielstellung beantwortet werden soll (Kapitel 1.1). Zunächst wird jedoch wiederholt auf die Fragestellung Bezug genommen. Darauf aufbauend werden empirisch überprüfbare Arbeitshypothesen formuliert (Kapitel 5.1).
5.1 Fragestellung und Thesenbildung
Ziel dieser Arbeit ist es, die theoretisch formulierten Zusammenhänge zwischen Schrumpfungsprozessen und der Verstärkung von Segregationstendenzen empirisch nachzuweisen. Dabei soll der Frage nachgegangen werden, inwiefern sich die spezifischen Rahmenbedingungen, welche durch die Schrumpfung entstanden sind, auf die Ausprägung von Segregationsprozessen auswirken. Daher lautet die zentrale Forschungsfrage dieser Diplomarbeit:
Welchen Einfluss hat das Phänomen der Stadtschrumpfung auf den Segregationsprozess?
Die im theoretischen Abschnitt angesprochenen Beispiele zeigen, dass die Folgen der Schrumpfung starken Einfluss auf die Produktion ungleicher Räume haben. Zudem ergeben sich unter Schrumpfungsbedingungen besondere Wohnungsmarktbedingungen, die von Angebotsüberhängen geprägt sind. Gleichzeitig erhöht sich infolge der ökonomischen Schrumpfung die soziale Ungleichheit. Während sich die Handlungsspielräume der mittleren und oberen Einkommensgruppen vor dem Hintergrund eines entspannten Wohnungsmarktes vergrößern, bleiben die Restriktionen für die unteren Einkommensgruppen erhalten. Die zentrale Forschungsthese dieser Untersuchung lautet daher:
Die Ursachen und Folgen der städtischen Schrumpfung bedingen eine polarisierende Raumentwicklung und die Verstärkung sozialer Ungleichheit. Dies führt in der Folge zu einer Zunahme der multidimensionalen, residentiellen Segregation.
Um die zentrale These der Verstärkung von Segregationstendenzen unter den Bedingungen der Schrumpfung differenziert überprüfen zu können, ist es zunächst notwendig, diese Annahme entsprechend der Fragestellung etwas zu spezifizieren.
Zentraler Indikator für Schrumpfung soll im Folgenden die manifeste und sichtbare Folge derselben - der Wohnungsleerstand - sein. Dieser ist deshalb geeignet, da flächendeckende, quantifizierbare Daten vorhanden sind und er selbst keine Dimension sozialer, demographischer oder ethnischer Segregation darstellt. Andere Indikatoren liegen entweder nicht quantifizierbar und kleinräumig vor (wie bspw. die Kaufkraft oder das BIP), oder sind inhaltlich zu stark mit den Merkmalen residentieller Segregation verknüpft (wie bspw. die Arbeitslosenquote). Aus diesen Überlegungen ergeben sich nun folgende Arbeitshypothesen:
1. Es kommt zu einer räumlichen Überlagerung von Leerständen und der Konzentration von ressourcenschwachen und immobilen Haushalten, denn diese können an den erweiterten Handlungsspielräumen, die sich unter den veränderten Marktbedingungen ergeben, nicht teilhaben und verbleiben in den jeweiligen Quartieren. Im Sinne einer multidimensionalen residentiellen Segregation (soziale, ethnische und demographische Dimension) folgt daraus:
These 1.1 Soziale Segregation - In städtischen Teilgebieten mit hohen Leerständen kommt es zu einer erhöhten Konzentration von einkommensschwachen und statusniedrigen Haushalten.
These 1.2 Ethnische Segregation - In städtischen Teilgebieten mit hohen Leerständen kommt es zu einer verstärkten Konzentration von Haushalten, die ethnischen Minoritäten zugeordnet werden können.
These 1.3 Demographische Segregation - Städtische Teilgebiete mit hohen Leerständen erfahren eine demographische Überalterung und es kommt in diesen Quartieren zu einer Konzentration von demographischen älteren Haushalten.
Weiterhin sollen zukünftige Entwicklungen in die Überlegungen aufgenommen werden:
2. Städtische Teilgebiete, die stark vom Leerstand betroffen sind, werden sich in Zukunft tendenziell eher zu Wohnstandorten einkommensschwacher und statusniedriger Haushalte entwickeln, da davon ausgegangen werden kann, dass ein Zusammenhang zwischen niedrigen Wohnkosten und hohen Leerständen besteht. In der Folge kommt es zu soziostrukturellen Veränderungen. Diese haben starken Einfluss auf die vom lokalen Ort ausgehende Symbolik. Daraus folgt:
These 2.1 Es ziehen tendenziell eher einkommensschwache und statusniedrige Haushalte in städtische Teilgebiete mit hohen Leerständen.
These 2.2 Einkommensstarke und sozial etablierte Haushalte verlassen städtische Teilgebiete mit hohen Leerständen.
5.2 Das Untersuchungsdesign
Nun sollen die dieser Arbeit zugrunde liegenden Methoden vorgestellt und diskutiert werden. Da die Untersuchung auf zwei räumlichen Aggregatebenen angelegt ist, finden auch zwei unterschiedliche Methoden Anwendung. Auf gesamtstädtischer Ebene wird vor allem auf statistische Daten zurückgegriffen. Denn dadurch ist es möglich, die Entwicklung der Segregation über einen längeren Zeitraum darzustellen. Kapitel 5.2.1 gibt einen Überblick über die in der Untersuchung Anwendung gefundenen sekundärstatistischen Analysemethoden. Auf der Ortsteilebene wurde dagegen eine Primärerhebung durchgeführt (Kapitel 5.2.2).
Eine solche Herangehensweise ist aus verschiedenen Gründen nötig. Die alleinige Betrachtung der gesamtstädtischen Ebene bzw. die alleinige Verwendung sekundärstatistischer Analysemethoden gibt nur einen relativ oberflächlichen Eindruck über die Ausprägung sozialräumlicher Strukturen. Erstens stellen die Leipziger Ortsteile keine durchweg homogenen Räume dar. Zweitens enthalten Zensusdaten in der Regel nur wenige und nicht besonders tief gehende Informationen und lassen keine Aussagen über künftige Entwicklungen zu, da nur ausgewählte Strukturmerkmale der erfassten Population wiedergeben werden. Aussagen über zukünftige Entwicklungen auf Basis dieser Daten ist prinzipiell nicht möglich. Drittens können makrostrukturell ausgeprägte Stadtentwicklungsprozesse wie die residentielle Segregation nur dann hinreichend erklärt werden, wenn die Motive der handelnden Akteure auf der Mikroebene mit einbezogen werden.
5.2.1 Die sekundärstatistische Analyse
Der Vorteil dieser Methode besteht vor allem darin, dass in der Regel langjährig erhobene Daten vorhanden sind, so dass verschiedene Erhebungszeitpunkte miteinander verglichen werden können. Zudem stehen die Daten, insofern sie veröffentlicht sind, kostengünstig zur Verfügung. Allerdings gibt es auch Nachteile. Die Auswertung beschränkt sich auf das vorhandene Datenmaterial und ist abhängig von der Qualität der Datenerhebung (FRIEDRICHS 1981: 354 f.).
Für die sekundärstatischen Analysen wurde auf verschiedene von der Stadt Leipzig veröffentlichte Datensammlungen zurückgegriffen. Einen besonderen Stellenwert nehmen dabei die seit 1993 erscheinenden Ortsteilkataloge ein. Die in den Ortsteilkatalogen dargestellten Daten basieren auf räumlichen Aggregationen erhobener Einzeldaten. Dadurch werden Informationen über die demographische und ethnische Zusammensetzung der einzelnen Leipziger Ortsteile über einen Zeitraum von 15 Jahren vergleichbar. Seit 1996 sind zudem Daten zur Arbeitslosigkeit verfügbar.
Zusätzlich zu den Ortsteilkatalogen wurden auch andere Datenquellen, wie bspw. die seit 1990 erscheinenden statistischen Jahrbücher mit einbezogen.
Wie lässt sich Segregation messen?
Um die Entwicklung der Segregation darzustellen, stehen verschiedene Indizes zur Verfügung. In der Segregationsforschung finden üblicherweise der Segregationsindex (IS) und Dissimilaritätsindex (ID) von DUNCAN und DUNCAN (1955) Anwendung. Diese wurden auf Grundlage der statistischen Daten berechnet, die für die Leipziger Ortsteile zur Verfügung standen23. Der Segregationsindex misst die Differenz der räumlichen Verteilung einer Bevölkerungsgruppe im Vergleich zu allen anderen Bevölkerungsgruppen. Der Dissimilaritätsindex misst die Differenz zweier Bevölkerungsgruppen zueinander. Beide Indizes haben eine mögliche Spannweite von null bis 100, wobei null Gleichverteilung und 100 komplette Segregation bedeutet (LICHTENBERGER 1991: 222 f.). Die Indizes geben dabei den prozentualen Anteil der Personen (Elemente der Subgruppe) an, die umziehen müssten, damit eine Gleichverteilung erreicht wird. Der Index wird nach folgender Rechenvorschrift gebildet:
IS = (E (gi-G) - (bi -B))2 / 2 *100
gi = Subgruppe im Aggregat i
G = Summe der Subgruppe g in der Gesamtstadt
bi = Restbevölkerung im Aggregat i
B = Summe der Restbevölkerung in der Gesamtstadt
Die Berechnung des Dissimilaritätsindex (ID) erfolgt nach derselben Rechenvorschrift. Allerdings wird für die Variablen bi bzw. B nicht die Restbevölkerung, sondern die alternative Subgruppe eingesetzt.
Quelle: LICHTENBERGER 1991: 222
Kritisch anzumerken ist allerdings, dass Indizes nur ein Hilfsmittel zur Bestimmung der Segregation sein können. So hängen die Indizes vor allem von Größe und Anzahl der Teilgebiete ab, d. h. entscheidend für die Höhe der Indizes sind die entsprechenden Subeinheiten. Damit sind Indexvergleiche zwischen verschiedenen Städten, wie es in der Literatur oft gemacht wird (bspw. HARTH U. A. 1998: 100; KRÄTKE / BORST 2000: 240; GRABBERT 2008: 91 ff.), prinzipiell nicht möglich. Die Maßzahlen können des Weiteren nicht zum Ausdruck bringen, ob bspw. fast alle städtischen Teilgebiete von der gesamtstädtischen Relation nur schwach abweichen oder ob es in wenigen städtischen Teilgebieten hohe Konzentrationen einzelner Gruppen gibt (die dann den Durchschnitt heben). Unterstützend müssen hier in jedem Fall Konzentrationskarten Verwendung finden.
Für die Berechnung der Indizes sind flächendeckende Datenreihen (Zensusdaten) unbedingt notwendig. Diese sind aber aufgrund fehlender Tiefe eher weniger geeignet, um soziale Ungleichheit und deren Raumwirkung abzubilden. Außerdem kann immer nur ein Indikator resp. ein Index betrachtet werden und daher der Komplexität der Ebenen, auf denen sich Segregation darstellt, nur unzureichend Rechnung getragen werden. Schließlich bleibt unklar, welche Ursachen Segregation hat und welche Faktoren für die Veränderung verantwortlich zu machen sind (DANGSCHAT 2000: 143 ff.). Allerdings sind die Indizes geeignet, die Veränderungen der Segregation in einem betrachteten Gebiet zu dokumentieren. Hier sind bspw. Aussagen möglich, ob es zu einer Zunahme der Segregation innerhalb eines bestimmten Zeitraums gekommen ist oder nicht. Ein weiterer Schwachpunkt der Indizes ist, dass es keine allgemein akzeptierten Schwellenwerte für schwache oder starke Segregation gibt. HARTH U. A. (1998) entnehmen jedoch aus Interpretationen verschiedener Segregationsstudien, dass „Werte bis 15 als Hinweis für eine schwache Segregation, Werte zwischen 15 und 23 für eine mittlere Ausprägung und darüber liegende Werte als Ausdruck für eine deutliche disproportionale Verteilung gelten können“ (EBD.: 90).
5.2.2 Die empirische Erhebung
Um die Forschungsfrage hinreichend erklären zu können und die Arbeitshypothesen empirisch zu überprüfen, ist es unerlässlich, neben der sekundärstatistischen Analyse auch eine Primärerhebung durchzuführen. Die Vorteile einer Primärerhebung bestehen vor allem darin, dass Strukturmerkmale erhoben werden, die in der amtlichen Statistik nicht zur Verfügung stehen. Des Weiteren können kleinräumige Unterschiede auf baustruktureller Ebene erfasst werden. Ein dritter Vorteil ist, dass durch die Erhebung vor Ort auch Informationen in die Analyse mit einfließen können, welche nicht quantifiziert werden können. Diese resultieren bspw. aus Gesprächen mit den Bewohnern. Um diese Informationen dokumentieren zu können, wurden im Nachhinein vereinzelt qualitative Interviews geführt, die allerdings nur unterstützend zur Beantwortung der Forschungsfrage beitragen sollen und nicht in die Auswertung mit einfließen.
Die erste zentrale Methode der Primärerhebung stellt die Gebäude- und Leerstandskartierung dar (Kapitel 5.2.2.1). Dadurch können die räumlichen Merkmale des Untersuchungsgebietes analysiert werden. Die zweite zentrale Methode ist die schriftliche standardisierte Haushaltsbefragung (Kapitel 5.2.2.2). Mit deren Hilfe werden die soziostrukturellen Merkmale der Bewohner im Untersuchungsgebiet analysiert.
5.2.2.1 Gebäude- und Leerstandskartierung
Um den Zusammenhang zwischen Schrumpfung und Segregation empirisch zu überprüfen, wurde das Untersuchungsgebiet zunächst kartiert. Dabei wurde in einem ersten Schritt die baustrukturelle Zusammensetzung des Ortsteils erfasst. In Anlehnung an KABISCH und BAMBERG (1998: 29) wird zwischen sechs verschiedenen Baualtersstrukturtypen unterschieden:
- Typ 01: gründerzeitlicher Mietwohnungsbau
- Typ 02: Mietwohnungsbau der 1920er und 1930er Jahre
- Typ 03: Ein und Zweifamilienhäuser der 1920er und 1930er Jahre
- Typ 04: Mietwohnungsbau der 1950er und 1960er Jahre (Altneubauten)
- Typ 05: Mietwohnungsbau der 1970er und 1980er Jahre (Plattenbauten)
- Typ 06: Neubauten der 1990er und 2000er Jahre24
Um eine Gleichgewichtung zwischen den einzelnen Bautypen zu erreichen, wurde versucht, in jedem der Typen etwa 50 Haushalte zu befragen.
In einem zweiten Schritt wurde eine Leerstandskartierung im Untersuchungsgebiet durchgeführt. Die Leerstände wurden mit Hilfe der Klingelschildmethode erhoben. Anhand von freien Klingelschildplätzen wurde der jeweilige Leerstand der Gebäude ermittelt. Allerdings besteht hier die Gefahr einer Fehleinschätzung, da die Klingelschilder in der Regel genormt sind und nicht in jedem Fall mit der tatsächlichen Anzahl der Wohnungen in einem Gebäude übereinstimmen. Eine weitere Fehlerquelle ergibt sich aus der Tatsache, dass Namensschilder bei einem Auszug häufig nicht entfernt werden. Um diese Einflüsse zu minimieren, wurde der Leerstand anhand der Gebäudefenster überprüft. Aufgrund der Fehlerquellen handelt es sich bei der Leerstandserhebung um eine Schätzung.
Die Auswertung und Darstellung der erhobenen Daten erfolgte im Anschluss mit Hilfe von gängigen Kartographieprogrammen (CAD, ArcView).
Die Befragungsquartiere
Aufbauend auf den Ergebnissen der Gebäude- und Leerstandkartierung wurden 15 verschiedene Befragungsquartiere ausgewählt. Es wurde versucht für jeden Bautyp mindestens zwei Quartiere zu analysieren, die sich hinsichtlich der Leerstände stark voneinander unterscheiden. Eine Übersicht der Befragungsquartiere findet sich im Kartenanhang. Eine solche Herangehensweise ermöglicht es einerseits, den Zusammenhang zwischen Leerstand und Segregation auch auf kleinräumiger und baustruktureller Ebene nachzuvollziehen. Andererseits können zusätzlich die unterschiedlichen Wohnumfeldqualitäten (bspw. Lärmbelastung aufgrund der Lage an einer stark befahrenen Straße und ähnliches) mit erfasst werden. Für die Baustrukturtypen 6.1 und 6.2 konnten, angesichts geringer Fallzahlen, keine sich unterscheidenden Befragungsquartiere ausgewählt werden.
5.2.2.2 Die schriftliche teilstandardisierte Befragung
Die schriftliche teilstandardisierte Befragung verfolgt den Zweck, objektiv vergleichbare Merkmale der demographischen und sozioökonomischen Zusammensetzung der Untersuchungspopulation zu erhalten und allgemeine Zusammenhänge sichtbar zu machen.
Der teilstandardisierte Fragebogen (Anhang I) gliedert sich in vier Teile. Die zentralen Fragen des ersten Teils beschäftigen sich einerseits mit der aktuellen Wohnsituation, d. h. der Zufriedenheit mit der Wohnung und dem Wohnstandort. Des Weiteren wurden Fragen zur Umzugsgeschichte der Haushalte gestellt. Der zweite Teil bezieht sich auf das Mobilitätsverhalten der befragten Haushalte. Dabei wurde gefragt ob, und wenn ja, aus welchen Gründen räumliche Veränderungen geplant sind. Der dritte Teil beschäftigt sich mit der Wahrnehmung der Schrumpfung durch die Haushalte. Dieser Teil ist allerdings rein explorativ angelegt und deshalb auch nicht Teil der Auswertung. Abschließend wurden konkrete soziostrukturelle Merkmale wie Alter, Einkommen, Bildung, Haushaltstyp und Tätigkeit erfragt.
Insbesondere die Fragen des vierten Teils wurden in Anlehnung an die Fragebögen einer jüngst durchgeführten Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in anderen Leipziger Ortsteilen (Lindenau und Stötteritz) konzipiert. Dies erscheint für einen möglichen Vergleich der Erhebungsdaten als vorteilhaft.
Die Auswertung der erhobenen Daten erfolgte im Anschluss an die Befragung mit Hilfe von gängigen Statistikprogrammen (SPSS, Excel).
Organisation und Erfolg der Befragung
Um eine möglichst hohe Ausschöpfungsquote zu erreichen, wurde die Haushaltsbefragung durch ein Informationsblatt (Anhang I) drei bis vier Tage vor der eigentlichen Befragung angekündigt. Im Rahmen der dann stattfindenden Haushaltsbefragung wurden die Fragebögen persönlich an die (teilnehmenden) Haushalte ausgegeben und zwei Tage später wieder abgeholt. Durch dieses Verfahren war es einerseits möglich, nicht teilnehmende Haushalte von vornherein auszuschließen. Anderseits konnten Haushalte, die noch unschlüssig waren, zumindest teilweise überzeugt werden, doch an der Befragung teilzunehmen.
Die Verteilung der Fragebögen erfolgte teilweise zufällig, teilweise systematisch. Die Anschreiben wurden zunächst in jedem zweiten Gebäude in den Befragungsquartieren angebracht. Wenn wiederholt kein Zugang möglich war, wurde das entsprechend nächste Haus ausgewählt25. Die Auswahl der Haushalte erfolgte systematisch. Dabei wurde versucht, möglichst alle Haushalte, die in den vorher ausgewählten Objekten wohnen, zu befragen. Wurden Haushalte nicht angetroffen, so wurde eine erneute Befragung zu einem späteren Zeitpunkt versucht. War auch diese erfolglos, wurde kein dritter Befragungsversuch unternommen. Um einen hohen Rücklauf zu gewährleisten, wurden die teilnehmenden Haushalte beim Einsammeln der Bögen mindestens dreimal aufgesucht. In manchen Fällen wurde eine Nachricht an der Tür oder im Briefkasten hinterlassen und ein Abholtermin vorgeschlagen.
Eine solche Herangehensweise ist zwar sehr aufwendig und ohne Helfer nur schwer zu realisieren Dafür ist sie aber durch eine sehr hohe Rücklaufquote charakterisiert (Tabelle 2).
Tabelle 2: Ausschöpfungs- und Rücklaufquote der Haushaltsbefragung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
Repräsentativität der Stichprobe
In der Stichprobe wurden 326 Haushalte erfasst. Der Ortsteilkatalog 2008 weist für Ende 2007 eine Grundgesamtheit von 8135 Haushalten im Untersuchungsgebiet aus. Demnach repräsentiert die Stichprobe etwa vier Prozent der Grundgesamtheit. Zudem zeigt sich eine hohe Anpassung hinsichtlich der Altersstruktur (Tabelle 3). Stichprobe und Grundgesamtheit stimmen zwar nicht überein, weichen aber nur geringfügig voneinander ab. Deutlich stärkere Abweichungen gibt es dagegen bei der Haushaltsstruktur. So sind Zweipersonenhaushalte deutlich überrepräsentiert und Einpersonenhaushalte stark unterrepräsentiert. Allerdings ist eine Vergleichbarkeit mit der amtlichen Statistik in diesem Fall nicht ganz unproblematisch, da nicht eindeutig geklärt werden kann, welche Zählweise der amtlichen Statistik zugrunde liegt (siehe Anmerkung Tabelle 3).
Tabelle 3: Anpassung der Stichprobe an die Grundgesamtheit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung und Berechnung, Datengrundlage: Eigene Erhebung Juni / Juli 2008; S TADT L EIPZIG (Hg.): Ortsteilkatalog 2008: 41, 44
Anmerkung: Um die haushaltsstrukturelle Zusammensetzung der Untersuchungspopulation zu ermitteln, wurde nach dem Haushaltstyp und nach den Personen, die ständig im Haushalt leben, gefragt. Da Wohngemeinschaften in der amtlichen Statistik nicht als ein Haushalt betrachtet werden, sondern die jeweiligen Bewohner als Einzelhaushalte gezählt werden (SCHREIBER 2000: 30), wurden sie in dieser Darstellung zu den Einpersonenhaushalten addiert. Gleiches gilt für die Haushalte, die angaben mit ihren erwachsenen Kindern zusammenzuleben. Es ist zwar prinzipiell möglich, solche Haushalte als Mehrpersonenhaushalte zu bezeichnen, allerdings fehlen hier Informationen, ob die Haushaltsmitglieder auch gemeinsam wirtschaften oder sich lediglich den Wohnraum teilen.
6 Ergebnisse der sekundärstatistischen Analyse auf gesamtstädtischer Ebene
Im folgenden Kapitel werden die Ergebnisse der sekundärstatistischen Analyse vorgestellt. Dabei werden die einzelnen Dimensionen der residentiellen Segregation zunächst getrennt voneinander betrachtet und anschließend vergleichend einander gegenübergestellt.
6.1 Ausprägung der sozialen Segregation
Die soziale Dimension der residentiellen Segregation wurde am Beispiel der Arbeitslosenverteilung untersucht. Zunächst kann festgestellt werden, dass die Segregation der Arbeitslosen von 1996 bis 2007 eindeutig zugenommen hat. Der Vergleich der berechneten Segregationsindizes verdeutlicht, dass sich die Indexwerte in diesem Zeitraum mehr als verdoppelt haben (Abbildung 26, Tabellenanhang A1).
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Abbildung 26: Entwicklung der Segregationsindizes derArbeitslosen in Leipzig von 1996 bis 2007 Quelle: Eigene Darstellung und Berechnungen, Datengrundlage: Stadt Leipzig: Ortsteilkataloge der Ifd. Jahre
Die graphische Darstellung der Entwicklung der Segregationsindizes veranschaulicht zudem, dass die Segregation in zwei Schüben angestiegen ist. Auffällig ist, dass sie bis 2001 von einer deutlich stärkeren Dynamik geprägt war als in den Folgejahren. In diesem Zeitraum stieg der Segregationsindex in der Kernstadt (48 Ortsteile) von 6,41 auf 11,80. In den Folgejahren erhöhte sich der Index zwar auch, aber mit einer deutlich schwächeren Dynamik (Tabellenanhang A1).
Auf Basis der statistischen Daten, die für das Jahr 2007 zur Verfügung standen, konnte dagegen ein etwas geringerer Segregationsindex für das neue Stadtgebiet berechnet werden. Dies erklärt sich aus der Tatsache, dass es nun auch zu einer Zuname von Arbeitslosen in den eingemeindeten Ortsteilen gekommen ist, da durch die quantitative Zunahme städtischer Teilgebiete, in denen sich Arbeitslose konzentrieren, der Segregationsindex rein rechnerisch sinkt26. Dass dieser Effekt von den 1999 eingemeindeten Ortsteilen ausgeht, bestätigt der Index, der für die Kernstadt berechnet wurde, denn dieser verhält sich konstant, steigt sogar leicht an.
Die durchgängig höheren Indizes, die für das neue Stadtgebiet (63 Ortsteile) berechnet wurden, zeigen zudem, dass sich die Arbeitslosen vor allem in den kernstädtischen Bereichen konzentrieren. Diese Bereiche sind, wie bereits in Kapitel 4.1.2 dargestellt wurde, auch deutlich stärker von Einwohnerverlusten und höheren Leerständen betroffen. Die Differenz zwischen dem alten und dem neuen Stadtgebiet ist im Wesentlichen auf selektiven Stadt-LandWanderungen der 1990er Jahre zurückzuführen, da Arbeitslose in deutlich geringerem Maß an der Suburbanisierung teilnahmen. Dadurch ist ein Statusgefälle zwischen Kernstadt und Umland entstanden, welches bis heute persistent ist. Zudem verfügen Arbeitslose in der Regel über geringe ökonomische Ressourcen und sind deshalb auf günstige Wohnungen angewiesen. Des Weiteren ergeben sich aus den Richtlinien für die Übernahme der Kosten der Unterkunft27 (KdU) bestimmte Vorgaben in Bezug auf die monatlichen Wohnkosten und die maximale Wohnungsgröße. Als angemessen gilt nach den Richtlinien der KdU ein Gesamtmietzins von 6,79 € je Quadratmeter. Die zulässige Wohnungsgröße ist dabei abhängig von der Größe des Haushalts und schwankt von 45 m2 (Einpersonenhaushalt) bis 85 m2 (Vierpersonenhaushalt) (STADT LEIPZIG 2008b). Solche Angebote finden sich in den suburbanen Wohngebieten deutlich seltener als in den kernstädtischen Quartieren. Des Weiteren verfügt die Stadt Leipzig bzw. die kommunale Wohnungsbaugesellschaft (LWB) über ein Kontingent belegungsrechtsgebundener Wohnungen, die vor allem Inhabern von Wohnberechtigungsscheinen angeboten werden. Zwar konzentrieren sich diese Wohnungen in den unsanierten und teilsanierten Plattenbaubeständen, der Einfluss der wohnungspolitischen Akteure auf die räumliche Verteilung der Arbeitslosen im Stadtgebiet ist jedoch marginal. Auf Nachfrage (persönliche Telefonate am 22.10.2008) bestätigten Sprecher der Stadt Leipzig (Frau Jackisch-Tetzel) und der LWB (Herr Eßbach), dass die sozialräumlichen Differenzierungsprozesse weniger kommunalen, als marktwirtschaftlichen Regulationen unterliegen28.
Segregationsindizes sind zwar geeignet, Aussagen über die Veränderung der Segregation bestimmter sozialer Gruppen in einer Stadt zu machen, können aber nicht zum Ausdruck bringen, wo und welcher Weise sich die betrachteten Gruppen konzentrieren. Zudem sind nur bedingt Aussagen über die Ursachen der Segregation möglich. Unterstützend ist auf den nachfolgenden Karten die Veränderung der Arbeitslosenquote in den einzelnen Leipziger Ortsteilen von 1996 bis 2007 dargestellt.
Bereits Mitte der 1990er Jahre sind leicht erhöhte Arbeitslosenkonzentrationen in den ehemaligen gründerzeitlichen Arbeiterquartieren im Osten und Westen der Stadt sowie in Teilen der Großwohnsiedlungen zu beobachten. In den ehemaligen bürgerlichen Gründerzeitquartieren entlang der Elsteraue ist die Arbeitslosenquote dagegen deutlich unterdurchschnittlich (Abbildung 27). Zu diesem Zeitpunkt beträgt die gesamtstädtische Arbeitslosenquote etwa 14 Prozent und die soziale Ungleichheit ist noch vergleichsweise schwach ausgeprägt (Kapitel 4.1.1). Wenngleich Tendenzen vorhanden sind, können deutliche Segregationsmuster zu diesem Zeitpunkt noch nicht festgestellt werden.
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Abbildung 27: Entwicklung derArbeitslosenquote in den Leipziger Ortsteilen in den Jahren 1996 und 2001
Quelle: EigeneDarstellung, Datengrundlage: Stadt Leipzig (Hg.): Ortsteilkataloge 1997, 2002
Mit dem Ansteigen der Arbeitslosigkeit und der Verschärfung der sozialen Ungleichheit bis zum Jahr 2001 kommt es zu einer deutlichen Konzentration in den alten Arbeiterquartieren und Teilen der industriell gefertigten Großwohnsiedlungen. In den repräsentativen zentrumsnahen Gründerzeitquartieren können solche Entwicklungen allerdings nicht beobachtet werden. Hier bleibt die Arbeitslosenquote konstant unterdurchschnittlich, d. h. sie stagniert oder ist sogar leicht rückläufig. Zudem werden die angesprochenen Disparitäten zwischen der Kernstadt und den eingemeindeten Ortsteilen deutlich.
Im Jahr 2005 haben sich die Segregationsmuster zunehmend verfestigt. Insbesondere in den gründerzeitlichen Arbeiterquartieren Neustadt-Neuschönefeld und Altlindenau sowie in Teilen der Großwohnsiedlungen (Grünau-Nord) ist die Arbeitslosenquote überdurchschnittlich stark angestiegen. In den bürgerlichen und kleinbürgerlichen Gründerzeitquartieren stagniert die Arbeitslosenquote nach wie vor auf einem sehr niedrigen Niveau. Das Statusgefälle zwischen der Kernstadt und eingemeindeten Umlandgemeinden hat sich zudem deutlich vergrößert (Abbildung 28).
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Abbildung 28: Entwicklung der Arbeitslosenquote in den Leipziger Ortsteilen in den Jahren 2005 und 2007 Quelle: Eigene Darstellung, Datengrundlage Stadt Leipzig (Hg.): Ortsteilkataloge 2006, 2008
Anmerkung: Die starke Veränderung der Arbeitslosenquote in den Ortsteilen Hartmannsdorf-Knautnaundorf, Seehausen und Thekla ist vor allem darauf zurückzuführen, dass diese Ortsteile sehr dünn besiedelt sind. Der nominelle Rückgang der Arbeitslosen um durchschnittlich 100 Personen wirkt sich deswegen entsprechend stark auf die Arbeitslosenquote aus.
Der Rückgang der gesamtstädtischen Arbeitslosenquote im Jahr 2007 hatte allerdings nur eine schwache Wirkung auf bis dahin entstandenen Segregationsmuster. Nach wie vor sind die alten Arbeiterquartiere im Osten und Westen der Stadt sowie die Großwohnsiedlungen am stärksten von Arbeitslosigkeit betroffen, während in den repräsentativen Gründerzeitquartieren weiterhin unterdurchschnittliche Arbeitslosenanteile registriert werden können. In den suburbanen Wohngebieten zeichnet sich dagegen eine Trendumkehr ab. In neun der 15 eingemeindeten Ortsteile hat sich die Arbeitslosigkeit von Ende 2005 bis Ende 2007 um mehr als zwei Prozentpunkte erhöht. Wenngleich diese Entwicklungen nicht besonders dramatisch wirken, zeichnet sich aber eine Abschwächung der Disparitäten zwischen der Kernstadt und den eingemeindeten Ortsteilen ab. Welche zukünftigen Entwicklungen in den suburbanen Wohngebieten stattfinden werden, bleibt allerdings abzuwarten.
Die räumliche Verteilung der Arbeitslosen über das Stadtgebiet verdeutlicht zudem eine deutliche Konzentration in den Gebieten, die am stärksten von Leerständen betroffen sind (Kapitel 4.2.3). Für Mitte der 1990er Jahre kann dieser Zusammenhang statistisch allerdings noch nicht nachgewiesen werden (r = 0,153). Das ändert sich aber nach der Jahrtausendwende grundlegend. Für den Anfang der 2000er Jahre kann ein starker, hoch signifikanter statistischer Zusammenhang zwischen der Verteilung der Leerstände und der Konzentration von Arbeitslosen im Stadtgebiet festgestellt werden (r = 0,532**). Bis 2006 bleibt dieser Zusammenhang tendenziell bestehen, verstärkt sich sogar leicht (r = 0,677**, Tabellenanhang A5).
6.2 Ausprägung der ethnischen Segregation
Nach 1990 fiel die ethnische Segregation von einem sehr hohen Niveau ab. In der DDR lebten die ausländischen Vertragsarbeitnehmer und Studenten stark isoliert und unter sehr restriktiven Auflagen. Um den Kontakt mit DDR-Bürgern zu verhindern, wurden sie in der Regel in Wohnheime einquartiert (STACH / HUSSAIN 1991: 26 f., HAASE U. A. 2006: 32). Von 1994 bis 2007 stieg die ethnische Segregation im Zuge verstärkter Zuwanderung aus dem Ausland aber wieder kontinuierlich an (Abbildung 29, Tabellenanhang A2).
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Abbildung 29: Entwicklung der Segregationsindizes derAusländer in Leipzig von 1992 bis 2007
Quelle: EigeneDarstellungundBerechnungen, Datengrundlage: Stadt Leipzig (Hg.): Ortsteilkataloge der Ifd. Jahre
Anmerkung: Die dargestellten Indizes für das Jahr 2003 stellen Mittelwerte dar, die aus den vorangegangenen und den nachfolgenden beiden Jahren errechnet wurden. Die Abweichungen resultieren aus einer Registerbereinigung, die seitens der Stadt Leipzig im Jahr 2005 durchgeführt wurde.
Mitte der 1990er Jahre zeigen sich bereits leicht erhöhte Konzentrationen in den einfachen Gründerzeitquartieren der inneren Stadt sowie in Teilen der ehemaligen Arbeiterquartiere (Abbildung 30). Die Konzentrationen in der inneren Stadt sind im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass diese Ortsteile Anfang der 1990er Jahre stark von Leerständen betroffen waren und schon früh Freiräume für Ausländer darstellten. Daher kann bereits für die Mitte der 1990er Jahre ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen hohen Leerständen und der Konzentration von Ausländern festgestellt werden (r = 0,322*).
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Abbildung 30: Entwicklung derAusländeranteile in den Leipziger Ortsteilen zu den .Jahren 1996, 2001 und 2007
Quelle: Eigene Darstellung, Datengrundlage: Stadt Leipzig (Hg.): Ortsteilkataloge 1997, 2002, 2008
Anmerkung: Die leicht erhöhten Konzentrationen in den Ortsteilen Dölitz-Dösen sowie Heiterblick und Thekla (1996 und 2001) sind auf dortige Ausländerwohnheime zurückzuführen. Die erhöhten Konzentrationen im Ortsteil Lößnig (2007) sind dagegen auf Studentenwohnheime zurückzuführen.
Bis 2001 verfestigt sich dieses Muster. Auffällig ist, dass neben den Konzentrationen in den Arbeitergebieten im Leipziger Osten auch vergleichsweise hohe Ausländeranteile in den repräsentativen Gründerzeitquartieren entlang der Elsteraue zu finden sind. Die räumliche Verteilung zeigt, dass die in Leipzig lebenden Ausländer differenziert betrachtet werden müssen. Es ist davon auszugehen, dass sich die Wohnstandorte von ausländischen Studenten oder wissenschaftlichen Mitarbeitern deutlich von denen statusniedriger Ausländer unterscheiden. Allerdings liegen keine statistischen Daten vor, die diese Annahme verifizieren könnten.
Es kann davon ausgegangen werden, dass die räumliche Konzentration der Ausländer auch auf freiwillige Segregationsprozesse zurückzuführen ist. Das zeigt sich insbesondere daran, dass die in Leipzig lebenden Ausländer sich vor allem in den innenstadtnahen Ortsteilen konzentrieren. Die Zentralität (Nähe zum Bahnhof, zum Stadtzentrum oder zur Universität), aber auch die Nähe zu Landsleuten und Familienmitgliedern spielt bei der Wohnstandortwahl der Migranten eine wichtige Rolle. Die Bedeutung sozialer Netzwerke konnte bereits in verschiedenen Untersuchungen empirisch nachgewiesen werden (TÄSCHNER / KÄSEBERG 2005). Allerdings steht für Migranten, die bei ihrer Ankunft nicht auf ein soziales Netzwerk zurückgreifen können, dagegen vor allem das preiswerte Wohnen im Vordergrund (EBD.: 224). Die Entwicklung der ethnischen Segregation kann daher nicht ohne Einschränkung auf die spezifischen Rahmenbedingungen der Leipziger Stadtentwicklung zurückgeführt werden. Die räumliche Überlagerung hoher Leerstände und hoher Ausländeranteile ist aufgrund der differenzierten Verteilung der Ausländer im Raum Anfang der 2000er Jahre auch deutlich geringer ausgeprägt als bei den Arbeitslosen. Dennoch kann ein statistisch signifikanter Zusammenhang festgestellt werden (r = 0,439**). Dieser Zusammenhang bleibt auch Mitte der 2000er Jahre bestehen (r = 0,436**). Die Ursache für die hohe Korrelation sind vor allem die erhöhten Ausländeranteile in den östlichen und den westlichen Arbeiterquartieren. Im Jahr 2007 konnten zudem erstmals leicht erhöhte Konzentrationen in Teilen der Großwohnsiedlungen (Grünau-Mitte und Paunsdorf) registriert werden. Charakteristisch für diese Quartiere sind neben den hohen Leerständen vor allem die hohen Arbeitslosenanteile, was darauf schließen lässt, dass sich ethnische und soziale Segregation zumindest teilweise überlagern. Das zeigt sich auch an den hohen Arbeitslosenanteilen unter den Ausländern (Kapitel 4.1.1). Besonders betroffen sind dabei die Migranten, welche sich im Leipziger Osten konzentrieren (TÄSCHNER / KÄSEBERG 2005: 233).
6.3 Ausprägung der demographischen Segregation
Die Entwicklung der demographischen Segregation wurde an der disproportionalen Verteilung der Senioren, d. h. der Personen die älter als 65 Jahre sind, untersucht. Zunächst zeigt sich ein starkes Absinken der Segregation von Anfang bis Mitte der 1990er Jahre (Abbildung 31). Das hohe Segregationsniveau, das zu Beginn der 1990er Jahre bestand, ist im Wesentlichen auf die Wohnungsbau- und Belegungspolitik der DDR29 zurückzuführen. Ältere Menschen (aber auch Arbeiterhaushalte, sozial Benachteiligte, Geschiedene sowie Personen mit geringen Schulbildungsniveau und nicht sozialistischen Verhaltensweisen) hatten es ungleich schwerer, eine moderne Neubauwohnung zu beziehen und konzentrierten sich folglich vor allem in den Altbaubeständen der inneren Stadt (HINRICHS 1992: 34; 1996: 263; RINK 1997: 28; HARTH 1997: 262; HARTH U. A. 1998: 25). Allerdings waren auch die DDR-Neubaugebiete demographisch segregiert. Dabei ist ein Zusammenhang zwischen dem Baualter der Quartiere und dem Alter der Bewohner feststellbar, der im Wesentlichen aus den unterschiedlichen Zeitpunkten der Belegung resultiert. So wohnten Ende der 1980er Jahre in den Großsiedlungen der 1950er und 1960er Jahre vorwiegend ältere Personen und Rentner. In den jüngeren Großsiedlungen der 1970er und 1980er Jahre lebten dagegen verhältnismäßig mehr junge Menschen und Kinder (HANNEMANN 1997: 231; HARTH 1997: 263), denn die neu errichteten, damals qualitativ hochwertigen Wohnungen der Plattenbaugebiete wurden bevorzugt an junge Ehepaare, junge Familien und Kinderreiche vergeben30.
Diese Segregationsmuster hatten bis in die Mitte der 1990er Jahre Bestand. Die Senioren konzentrieren sich nach wie vor im Zentrum und in einem Ring um die Innenstadt, der baustrukturell von Ein- und Mehrfamilienhaussiedlungen der Zwischenkriegszeit und Neubaugebieten der 1950er und 1960er Jahre geprägt ist. In den Großwohnsiedlungen der 1970er und 1980er Jahre (Grünau und Paunsdorf) ist der Seniorenanteil dagegen noch vergleichsweise gering (Abbildung 31). Wenngleich keine Daten für die Mitte der 1990er vorhanden sind, ist anzunehmen, dass sich hier bereits Konzentrationsunterschiede zwischen der Kernstadt und den Umlandgemeinden entwickelt haben, da zu den klassischen Suburbaniten auch in Leipzig Haushalte mit Kindern, insbesondere in den Altersgruppen 30 bis 50 Jahre und fünf bis 10 Jahre gehörten (HERFERT 1994: 15; SCHMIDT 1997: 20; HERFERT / RÖHL 2001: 153). Bis zum Beginn der 2000er Jahre bleibt dieses Muster weitgehend bestehen. Dennoch gibt es leichte Veränderungen. Während sich die ringförmige Konzentration in den innenstadtferneren Lagen ausgeprägt hat, fand in den Gründerzeitquartieren der inneren Stadt dagegen eine eindeutige Verjüngung statt. Die Gründe dafür sind verschieden. In den repräsentativen Gründerzeitquartieren sind es vor allem die umfangreichen Sanierungsmaßnahmen, die insbesondere für ältere Haushalte eine Belastung darstellten und mobilitätsfördernd wirkten (WIEST 1997: 113 f.). In den Arbeiterquartieren war es dagegen die schlechte Qualität der Wohnung und des Wohnumfeldes (EBD.). Des Weiteren können in den älteren Teilen der Großwohnsiedlungen erste Anzeichen einer demographischen Überalterung beobachtet werden. Das betrifft insbesondere die in den späten 1970er Jahren errichteten Plattenbaugebiete in Paunsdorf, Grünau-Ost und Grünau-Mitte.
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Abbildung 31: Entwicklung der Seniorenanteile in den Leipziger Ortsteilen in den Jahren 1996, 2001 und 2007
Quelle: Eigene Darstellung, Datengrundlage: Stadt Leipzig (Hg.): Ortsteilkataloge 1997, 2002, 2008
Bis Mitte der 2000er Jahre zeigen sich keine grundlegenden Veränderungen zu den Vorjahren. Allerdings finden sich nun auch in den jüngeren Teilen der Großwohnsiedlungen deutlich höhere Konzentrationen von Personen, die älter als 65 Jahre sind.
Während die Segregation der Senioren bis zum Ende der 1990er Jahre auf niedrigem Niveau stagnierte, steigt sie ab den 2000er Jahren mit einer sehr starken Dynamik an. Im Zeitraum von 1999 bis 2007 verdoppelte sich der Segregationsindex (Abbildung 32, Tabellenanhang A3). Dabei sind kaum Unterschiede zwischen dem alten und dem neuen Stadtgebiet feststellbar. Die Ursache für die Angleichung ist darin zu sehen, dass die nun erwachsenen Kinder einstiger Suburbaniten nicht mehr in den elterlichen Haushalten leben und teilweise reurban, teilweise überregional abgewandert sind. Dadurch steigt der Anteil der Senioren an der Restbevölkerung in den eingemeindeten Ortsteilen zwangsläufig. Die Folge ist, dass sich das Konzentrationsgefälle, welches Anfang der 2000er Jahre noch existierte, nach und nach auflöst. Die stärkere Dynamik der Segregation in den 2000er Jahren geht mit einer deutlich intensiver stattfindenden Überalterung einher. Während der Altersquotient im Zeitraum 1993 bis 1999 von 22,9 auf 25,0 Prozent stieg, erhöhte sich der Quotient von 1999 bis 2007 auf 32,6 (Tabellenanhang A3).
Ein weiterer Grund für die stärkere Dynamik der demographischen Segregation in den 2000er Jahren ist in den Reurbanisierungstendenzen zu sehen. Die nach 1999 Zugewanderten rekrutieren sich vorwiegend aus jüngeren Bevölkerungsschichten. Die Präsenz von alten Menschen im Raum und die davon ausgehende symbolische Wirkung, aber auch das Fehlen von einer generationsspezifischen Infrastruktur (Diskotheken, Hochschulen, aber auch Kindergärten, Schulen, usw.) machen Räume, in denen sich Senioren konzentrieren, weniger interessant für junge Menschen. Die Diskrepanz zwischen den Ansprüchen der jüngeren Haushalte und Umfeldbedingungen, die von den Wohnstandorten der Älteren ausgehen, haben starken Einfluss auf die Wohnstandortentscheidungen. Auf der anderen Seite bevorzugen ältere Menschen ruhige und aufgeräumte Quartiere, in denen keine generationsbedingten Konflikte zu erwarten sind31.
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Abbildung 32: Entwicklung der Segregationsindizes der Senioren in Leipzig von 1992 bis 2007
Quelle: EigeneDarstellungundBerechnungen, Datengrundlage: Stadt Leipzig (Hg.): Ortsteilkataloge der Ifd. Jahre
Aufgrund der spezifischen räumlichen Verteilung der Senioren ergeben sich keine Zusammenhänge zwischen hohen Leerständen und hohen Altenanteilen. Für Anfang und Mitte der 2000er Jahre können sogar schwach negative Zusammenhänge nachgewiesen werden (r = -0,262* bzw. -0,331*, Tabellenanhang A5). Das deutet darauf hin, dass Senioren tendenziell häufiger in Gebieten anzutreffen sind, welche weniger stark von Leerständen betroffen sind. Dieser Zusammenhang ist zwar nicht signifikant, deutet aber an, dass vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft generationsspezifische Wohngebiete in Zukunft zunehmend an Bedeutung gewinnen werden.
Eine solche These ist gesellschaftspolitisch nicht unumstritten, wird aber bekräftigt durch die Tatsache, dass Jung und Alt zunehmend separiert voneinander leben. Das zeigen auch die Dissimilaritätsindizes, die für die Ungleichverteilung von Senioren und Kindern unter 15 Jahren berechnet wurden. Diese sind analog zu den Segregationsindizes seit Ende der 1990er Jahre sehr stark angestiegen (Tabellenanhang A4).
Die räumliche Konzentration von Altenpflegeheimen, Seniorenheimen und ähnlichen Einrichtungen hat allerdings auch Einfluss auf die ungleiche Verteilung der Senioren über das Stadtgebiet. Hier kann aber nur ein marginaler Einfluss festgestellt werden. Besonders deutlich wird dies am Beispiel der Ortsteile Plagwitz, Altlindenau oder Gohlis-Süd. Dort konnten insgesamt 11 solcher Einrichtungen identifiziert werden32. Der Seniorenanteil beträgt in diesen Ortsteilen allerdings nie mehr als 20 Prozent. Auf der anderen Seite finden sich in den Ortsteilen Neulindenau, Gohlis-Nord, Marienbrunn oder Mockau-Nord nur sehr wenige Einrichtungen. In diesen Ortsteilen kann dagegen ein hoher Seniorenanteil beobachtet werden. Ein statistisch signifikanter Zusammenhang hinsichtlich der Konzentration von Seniorenheimen und hohen Seniorenanteilen kann ebenfalls nicht festgestellt werden (r = -0,131) (Tabellenanhang II / Daten-CD).
6.4 Zusammenfassung der sekundärstatistischen Analyse
Die sekundärstatistische Analyse hat gezeigt, dass alle betrachteten Dimensionen der residentiellen Segregation im Zeitverlauf zugenommen haben. Dabei wird deutlich, dass die Intensität der residentiellen Segregation in starkem Zusammenhang mit dem Verhältnis der jeweils betrachteten Gruppe zur Majorität steht. Das heißt, steigt die Arbeitslosigkeit, dann steigt auch die Segregation der Arbeitslosen. Gleiches gilt für die Senioren und die Migranten. Allerdings unterscheiden sich die verschiedenen Dimensionen in ihrer Dynamik. Zudem können nicht alle der hier betrachteten Formen der residentiellen Segregation mit den veränderten Rahmenbedingungen, die sich vor dem Hintergrund der Schrumpfung ausgeprägt haben, erklärt werden.
Die stärksten Effekte der Schrumpfung zeigen sich bei der sozialen Segregation, gemessen an der räumlichen Ungleichverteilung der Arbeitslosen über das Stadtgebiet. Dabei fällt auf, dass die soziale Segregation in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre von einer deutlich stärkeren Dynamik geprägt war, als in den Folgejahren. Die Überlagerung einer hohen Segregationsdynamik, einer hohen innerstädtischen Umzugsrate und dem schnellen Anwachsen der sozialen Ungleichheit ab der zweiten Hälfte der 1990er Jahre sind Belege dafür, dass es sich hierbei weitgehend um Formen passiver Segregation handelt.
Am stärksten segregiert leben die Migranten. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die ethnische Segregation aus der Kombination zweier Faktoren resultiert. Einerseits spielen die haushaltsspezifischen Ressourcenausstattungen und die strukturellen Rahmenbedingungen eine wichtige Rolle. Andererseits ist die Präferenz, unter Landsleuten zu leben, bei Migranten besonders stark ausgeprägt. Dies zeigt sich daran, dass die Ausländeranteile in den innerstädtischen Bereichen besonders hoch sind. Die höchsten Konzentrationen finden sich dabei in den Arbeiterquartieren des Leipziger Ostens. Dort kann auch davon ausgegangen werden, dass sich ethnische und soziale Segregation überlagern. Allerdings konnten auch in den repräsentativen Gründerzeitquartieren verhältnismäßig hohe Ausländeranteile festgestellt werden. Das deutet darauf hin, dass Diskriminierung seitens der Vermieter bei entspannten Wohnungsmärkten eher eine untergeordnete Rolle spielt. Das entspricht auch den Ergebnissen von Untersuchungen der ethnischen Segregation, die in anderen ostdeutschen Städten mit entspannten Wohnungsmärkten durchgeführt wurden (bspw. BECKER 1998: 151). Allerdings ist es auch sehr wahrscheinlich, dass es deutliche sozioökonomische Unterschiede zwischen den Migranten im Leipziger Osten und in den repräsentativen Gründerzeitquartieren entlang der Elsteraue gibt. Die demographische Segregation sank Anfang der 1990er Jahre, stagnierte dann und stieg mit dem Beginn der 2000er Jahre stark an. Ursächlich hierfür sind verschiedene Prozesse. Zunächst wird deutlich, dass die demographische Segregation stark an die Verteilung verschiedener Baustrukturtypen gekoppelt ist. Das zeigt sich einerseits in der Konzentration von Senioren in einem Ring um die Innenstadt, der strukturell von Ein- und Mehrfamilienhaussiedlungen der Zwischenkriegszeit und Neubaugebieten der 1950er und 1960er Jahre geprägt ist. Andererseits aber auch im Anstieg des Seniorenanteils in den Plattenbauten der 1970er und 1980er Jahre. Da die Mobilitätsbereitschaft mit dem Alter generell abnimmt, kann hier von Formen passiver Segregation ausgegangen werden. Zudem kann davon ausgegangen werden, dass die räumliche Konzentration von alten Menschen ein sich selbst verstärkender Prozess ist. Das zeigt sich in der zeitlichen Überlagerung mit den Reurbanisierungstendenzen der 2000er Jahre, da die Zuwanderung vor allem von jüngeren Bevölkerungsschichten getragen wird.
7 Ergebnisse der empirischen Untersuchung im Untersuchungsgebiet Leipzig-Mockau
Im folgenden Kapitel werden die Ergebnisse der empirischen Erhebung dargestellt. Für die räumliche Einordnung der Ergebnisse empfiehlt es sich, auf die beiliegenden Karten (Kartenanhang 3 bis 5) zurückzugreifen.
Die empirische Analyse ethnischer Segregationstendenzen konnte aufgrund von Sprachschwierigkeiten nicht durchgeführt werden. Allerdings konnten leichte Konzentration von Haushalten, die aufgrund äußerlicher Merkmale (Hautfarbe, geringe Deutschkenntnisse, nicht-deutsche Namen an den Klingelschildern) einer anderen Ethnie zugeordnet werden können, in den Altbauquartieren im südlichen Untersuchungsgebiet (insbesondere in den Quartieren 1.1 und 2.1) „beobachtet“ werden. Da hier aber keine empirischen Daten vorliegen, sind keine validen Aussagen zur ethnischen Segregation im Untersuchungsgebiet möglich. Daher ist diese Dimension der residentiellen Segregation auch nicht Teil der Auswertung.
Neben der Betrachtung horizontaler und vertikaler Strukturmerkmale sollen die Bewohner auch hinsichtlich des sozialen Status miteinander verglichen werden. Der soziale Status der Befragten lässt sich aus der Kombination der Merkmale Bildung, Stellung im Beruf und Einkommen bilden. Die Bildung wird dabei durch den höchsten Schulabschluss gemessen. Die Stellung im Beruf kann bspw. über den Grad der Handlungsautonomie ermittelt, und das Einkommen über eine grobe Klassifikation des Haushaltsnettoeinkommen erfasst werden (HOFFMEYER-ZLOTNIK 1995: 55). Diese Herangehensweise ist aber nicht ganz unproblematisch. So zeigen sich insbesondere in Untersuchungen ostdeutscher Städte (HARTH U. A. 1998: 91) hohe Anteile „Statusinkonsistenter“ (EBD.). Hier spielen offenbar DDR-spezifische Biographien eine sehr große Rolle.
Eine Möglichkeit, den sozialen Status der befragten Haushaltsmitglieder ohne die Schwierigkeit der Statusinkonsistenz zu beschreiben, bietet der 'standardisierte internationale sozioökonomische Index des beruflichen Status' (standard International Socio-Economic Index of occupational status), kurz ISEI. Der von GANZEBOOM U. A. (1992) eingeführte Index basiert ebenfalls auf der Kombination der Merkmale Einkommen, Bildung und berufliche Stellung. Die dem Index zugrunde liegenden Daten stammen aus 31 Untersuchungen, welche zwischen 1968 und 1982 in 16 Ländern durchgeführt wurden (n = etwa 74.000; EBD.: 13 f.), womit eine internationale Vergleichbarkeit gewährleistet ist. Die Autoren gehen dabei von der Annahme aus, dass jede berufliche Stellung einen bestimmten Bildungsgrad erfordert und durch eine bestimmte Einkommenshöhe entlohnt wird. Entsprechend beschreiben die Autoren den sozioökonomischen Status „as the intervening variable between education and income that maximizes the indirect effect of education on income and minimizes the direct effect “ (GANZEBOOM U. A. 1992: 10 f., Hervorhebung im Original; zitiert nach WOLF 1995: 107). In der Anwendung wird dabei jeder Berufsgruppe ein Zahlenwert zugeordnet. So haben bspw. Facharbeiter einen Skalenwert von 35,1, während leitenden Angestellten ein Skalenwert von 57,5 und den freien Akademikern ein Wert von 72,4 zugewiesen wird (WOLF 1995: 114).
7.1 Die sozialräumliche Differenzierung der Untersuchungspopulation
Im weiteren Verlauf werden die wesentlichen Ergebnisse der Haushaltsbefragung dargestellt. Dabei soll der Frage nachgegangen werden, welche Zusammenhänge zwischen hohen Leerstandsraten und der räumlichen Verteilung von soziodemographisch differenzierbaren Gruppen besteht. In diesem Zusammenhang wird Bezug auf die baustrukturelle Differenzierung genommen, da sich deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Baustrukturtypen abzeichnen. Damit wird auch der Tatsache Rechenschaft getragen, dass die Leipziger Ortsteile keine homogenen Gebiete sind, sondern hoch differenzierte Raumeinheiten darstellen.
7.1.1 Gründerzeitlicher Mietwohnungsbau (Typ 01)
Altersstruktur und Wohndauer
Die Altersstruktur der in der Stichprobe erfassten Bewohner in den gründerzeitlichen Beständen im Ortsteil Leipzig-Mockau entspricht weitgehend den Befunden, die auch schon in anderen Leipziger Ortsteilen gemacht wurden (KABISCH / BAMBERG 1998; RINK 2002; WIEST / HILL 2004). Das Durchschnittsalter der Befragten in den Mockauer Gründerzeitbeständen liegt mit 45 Jahren deutlich unter dem Stichprobenmittel (53 Jahre). Damit wohnen im bauhistorisch ältesten der hier betrachteten Typen die durchschnittlich jüngsten Bewohner. Etwa 58 Prozent der Befragten sind jünger als 45 Jahre und der Seniorenanteil ist mit etwa 19 Prozent deutlich geringer als in allen anderen Baustrukturtypen (Tabellenanhang A12).
Auf Quartiersebene ergeben sich aber deutliche Unterschiede. Diejüngsten Befragten wohnen im Quartier 1.3 (Altmockau, Durchschnittsalter 38 Jahre), gefolgt vom Quartier 1.2 (Döhringstraße, Durchschnittsalter 41 Jahre). Noch etwas älter sind die Befragten im Quartier 1.4 (Bochumer / Kieler Straße, Durchschnittsalter 46 Jahre). Die ältesten Befragten wurden im Quartier 1.1 (Berthastraße, Durchschnittsalter 51 Jahren) angetroffen. Entsprechend differenziert ist die altersstrukturelle Zusammensetzung der Quartiere.
Die differenzierte Alterstruktur der Quartiersbewohner korrespondiert ferner mit der durchschnittlichen Wohndauer. So gaben 43 Prozent der Befragten im Untersuchungsgebiet 1.1 an, seit mehr als 20 Jahren im Ortsteil zu leben. Zwei Drittel dieser Personen ist älter als 60 Jahre. Im wesentlich jüngeren Untersuchungsgebiet 1.3 sind dagegen über 90 Prozent der Befragten erst nach 1996 in den Ortsteil gezogen. Ähnliche Ergebnisse lassen sich für die Untersuchungsgebiete 1.2 und 1.4 festhalten. Auch hier wohnt die Mehrzahl der erfassten Bewohner erst seit Mitte der 1990er Jahre im Ortsteil.
Haushaltsstruktur
Der Anteil der Einpersonenhaushalte (EPH) entspricht in etwa dem Stichprobenmittel (27 Prozent). Die Alleinlebenden streuen dabei relativ gleichmäßig über die verschiedenen Altersklassen, wenngleich leichte Konzentrationen bei den Jüngeren (bis 35 Jahre) und den Älteren (ab 65 Jahre) beobachtet werden können. Allerdings sind auch hier, wie schon bei der Altersstruktur, leichte Verschiebungen zwischen einzelnen gründerzeitlichen Befragungsquartieren zu erkennen. Die meisten EPH wurden im Befragungsquartier 1.2 angetroffen. Dort lebt mehr als die Hälfte der Befragten (57 Prozent) allein. In den anderen Quartieren beträgt der Anteil der EPH nie mehr als ein Viertel. Die wenigsten EPH wurden im Befragungsquartier 1.4 angetroffen. Dort lebt lediglich ein Achtel allein in ihrer Wohnung.
Zweipersonenhaushalte (ZPH) wurden im Vergleich zum Stichprobenmittel deutlich seltener angetroffen (30 Prozent, Stichprobendurchschnitt 40 Prozent). Zudem ist etwa die Hälfte dieser Haushalte älter als 55 Jahre (Durchschnittsalter 55 Jahre). Dies sind Indizien dafür, dass es sich hierbei vor allem um konsolidierte Familien handeln dürfte. Auf Quartiersebene ergeben sich in Bezug auf die Verteilung der ZPH aber keine großen Unterschiede. So liegt der Anteil dieses Haushaltstyps in allen Untersuchungsgebieten bei etwa einem Drittel. Lediglich im Quartier 1.2 wurden deutlich weniger Zweipersonenhaushalte angetroffen (14 Prozent).
Die Familienhaushalte sind mit 25 Prozent in den gründerzeitlichen Beständen leicht überrepräsentiert (Durchschnitt 21 Prozent). Etwa die Hälfte aller befragten Familienmitglieder (53 Prozent) ordnet sich der Altersklasse der 36- bis 45-Jährigen zu. Das Durchschnittsalter beträgt 40 Jahre (Stichprobendurchschnitt 42 Jahre). Die meisten Familien wohnen im Quartier 1.4 (42 Prozent), die wenigsten im Quartier 1.2 (sieben Prozent). In den anderen beiden Quartieren liegt der Anteil bei etwa einem Fünftel. Trotz der quantitativen Unterschiede liegt die durchschnittliche Familiengröße in den gründerzeitlichen Beständen ohne nennenswerte Unterschiede bei 3,41 Personen. (Der Durchschnittswert für Mockau beträgt 3,35.)
Eine Besonderheit der gründerzeitlichen Bestände ist der überdurchschnittlich hohe Anteil an Wohngemeinschaften (WG). Insgesamt wurde dieser Haushaltstyp im Ortsteil Mockau äußerst selten angetroffen (drei Prozent). In den gründerzeitlichen Beständen beträgt dieser Anteil dagegen etwa ein Achtel. Die WGs sind aber vergleichsweise klein. So leben etwa zwei Drittel zu Zweit und ein Drittel zu Dritt in einer Wohnung. Zudem scheinen sich die Wohngemeinschaften vor allem in den Quartieren 1.3 und 1.4 zu konzentrieren. Drei Viertel der befragten WG-Bewohner wohnen in diesen beiden Quartieren33.
Qualifikationsniveau
Die Befragten in den Gründerzeitbeständen verfügen über ein überdurchschnittlich hohes allgemeinbildendes Qualifikationsniveau. Etwa jeder Zweite (54 Prozent) verfügt nach eigenen Angaben über einen Hochschulzugang (10 Prozent Fachabitur, 44 Prozent Abitur). Hier zeigt sich ein schwacher, aber hoch signifikanter Zusammenhang zum geringen Durchschnittsalter der Befragten34 (r = -0,337**). So geben etwa 70 Prozent der jüngeren Befragten (bis 45 Jahre) an, hohe allgemeinbildende Abschlüsse35 erreicht zu haben. Im Vergleich der einzelnen gründerzeitlichen Quartiere wird dieser Zusammenhang noch deutlicher. So haben die Befragten im demographisch ältesten Quartier 1.1 das niedrigste Bildungsniveau, die Befragten im demographisch jüngsten Quartier 1.3 das höchste. Ein weiterer Grund für den hohen Abiturientenanteil ist sicherlich auch die Attraktivität dieser Bestände für Studenten, da diese in den Gründerzeitbeständen deutlich überrepräsentiert sind (21 Prozent).
Im Gegensatz zum allgemeinbildenden ist das berufliche Qualifikationsniveau in den untersuchten gründerzeitlichen Beständen unterdurchschnittlich. Besonders auffällig ist, dass etwa ein Viertel der Befragten (noch) über keinen beruflichen Abschluss verfügt. Diese Gruppe setzt sich allerdings zu knapp 70 Prozent aus Studenten zusammen. Das deutlich höchste berufliche Ausbildungsniveau haben die Befragten in den Quartieren 1.3 und 1.4. Hier verfügt fast jeder Zweite über einen höheren Berufsabschluss36. In den Quartieren 1.1 und 1.2 überwiegen dagegen niedrige Ausbildungsabschlüsse.
Berufspositionen und sozioökonomischer Status
Analog zu den beruflichen und allgemeinbildenden Abschlüssen geben in den Quartieren 1.3 und 1.4 überdurchschnittlich viele Befragte an, in einer höheren Berufsposition37 beschäftigt (gewesen) zu sein, während sich in den Quartieren 1.1 und 1.2 niedrige und mittlere Berufspositionen häufen. Insgesamt sind in den gründerzeitlichen Beständen niedrige Berufspositionen leicht über- und mittlere Berufspositionen leicht unterrepräsentiert.
Der berechnete Index des sozioökonomischen Status (ISEI) der Befragten ist im Vergleich zum Stichprobenmittel, aber auch zu allen anderen Baustrukturtypen zunächst unterdurchschnittlich (Abbildung 33, Tabellenanhang A17).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 33: Index des sozioökonomischen Status nach Baustrukturtypen Quelle: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
Allerdings ergeben sich deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Befragungsquartieren. Die statushöchsten Bewohner finden sich erwartungsgemäß in den Quartieren 1.4 (ISEI = 50,0) und 1.3 (ISEI = 45,0). Diese geringe Differenz ergibt sich aus der Tatsache, dass niedrige und höhere Berufspositionen in Altmockau (BQ 1.3) etwa zu gleichen Teilen deutlich überrepräsentiert sind (42 Prozent). Dagegen überwiegen im Befragungsquartier 1.4 mittlere und höhere Berufspositionen (jeweils 39 Prozent). Ursächlich hierfür sind einerseits die vergleichsweise höheren Studentenanteile im Quartier 1.3, andererseits aber auch das höhere Durchschnittsalter der Befragten im Quartier 1.4. So waren bzw. sind in diesem Quartier 35 Prozent der Befragten als leitende Angestellte und 30 Prozent als mittlere Angestellte beschäftigt, also in Berufspositionen, die in der Regel erst mit fortgeschrittenem Alter erreicht werden. Die Indizes des sozioökonomischen Status in den Befragungsquartieren 1.1 und 1.2 liegen mit 40,9 bzw. 39,3 deutlich unter dem Stichprobendurchschnitt und stellen auch im Vergleich zu allen anderen Baustrukturtypen und Befragungsquartieren die insgesamt niedrigsten Indizes dar.
Äquivalenzeinkommen und Beschäftigungsstruktur
Entsprechend der sozioökonomischen Differenzierung der hier betrachteten Teilpopulation verteilen sich weiterhin die monatlich zur Verfügung stehenden Äquivalenzeinkommen38. Zunächst zeigt sich, dass das durchschnittliche Äquivalenzeinkommen der befragten Bewohner in den gründerzeitlichen Beständen etwas unter dem Stichprobenmittel liegt. Während allen befragten Mockauer Haushalten durchschnittlich 934 € zur Verfügung stehen, beträgt das durchschnittliche Äquivalenzeinkommen der hier betrachteten Teilpopulation etwa 850 €. Das höchste Äquivalenzeinkommen haben dabei die befragten Haushalte im Befragungsquartier 1.4 (1024 €), gefolgt von den Haushalten im Quartier 1.3 (926 €). Ein deutlich geringeres Vergleichseinkommen steht dagegen den Haushalten in den Quartieren 1.2 (781 €) und 1.1 (620 €) zur Verfügung.
Der Erwerbstätigenanteil ist im Vergleich zum Stichprobenmittel leicht überdurchschnittlich und der Anteil derjenigen, welcher Transferleistungen bezieht, stark unterdurchschnittlich. Das liegt vor allem an dem vergleichsweise niedrigen Rentneranteil. Deutlich überrepräsentiert ist dagegen die Residualkategorie (26 Prozent, Stichprobendurchschnitt 10 Prozent). In dieser Kategorie sind alle Personen vereinigt, deren monatliches Einkommen nicht zweifelsfrei einer der beiden oben genannten Kategorien zugeordnet werden konnte. Es wird davon ausgegangen, dass die in der Residualkategorie zusammengefassten Personen in der Regel über niedrige Einkommen verfügen. Dazu zählen Studenten, Auszubildende sowie Hausfrauen und -männer. Die bedeutsamste Gruppe in diesem Baustrukturtyp sind zweifelsohne die Studenten. Die Erwerbs- und Beschäftigungsstrukturen sind in den betrachteten Befragungsquartieren annähernd gleich. Nur im demographisch ältesten Befragungsquartier 1.1 beziehen anteilig mehr Personen Transferleistungen. Ursächlich hierfür ist der vergleichsweise hohe Rentneranteil (35 Prozent). Zudem ist der Arbeitslosenanteil (15 Prozent) dort fast doppelt so hoch wie im Stichprobenmittel und der Anteil der Erwerbstätigen beträgt lediglich ein Fünftel. In allen anderen Befragungsquartieren war es immer knapp die Hälfte der Befragten.
Zwischenfazit
Erwartungsgemäß wurden in den Mockauer Gründerzeitbeständen die durchschnittlich jüngsten Bewohner angetroffen. Allerdings gibt es hier leichte Verschiebungen auf der Quartiersebene. Ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen dem Alter der Befragten und dem aktiven Wohnungsleerstand im jeweiligen Befragungsquartier kann jedoch nicht nachgewiesen werden (r = 0,061).
Insgesamt wurden - entsprechend dem niedrigen Durchschnittsalter der Befragten - auch mehr Familien angetroffen. Diese leben allerdings räumlich konzentriert. Ursächlich sind vor allem die unterschiedlichen Wohnungsgrößen. Der statistische Zusammenhang zwischen Wohnungsund Haushaltsgröße ist entsprechend verhältnismäßig stark ausgeprägt und zudem höchst signifikant (r = 0,570**, Tabellenanhang A6). Exemplarisch dafür sind die ungleichen Haushaltsstrukturen in den Quartieren 1.2 und 1.4 (Tabelle 4).
Tabelle 4: Wohnungsgrößen, Haushaltstypen und Leerstand in den Mockauer Gründerzeitquartieren
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Quelle: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
Zwischen Leerständen und Haushaltsgröße besteht auf den ersten Blick ein schwach negativer, hoch signifikanter Zusammenhang (r = -0,322**). Umso größer die Leerstände sind, desto kleiner sind auch die Haushalte. Allerdings handelt es sich hierbei um eine Scheinkorrelation, denn Leerstände und Wohnungsgrößen überlagern sich, d. h. dort wo der Leerstand hoch ist, sind die Wohnungen auch vergleichsweise klein (r = -0,725**). Das betrifft in diesem Fall die Quartiere 1.1 und 1.2.
Die Analyse der soziostrukturellen Indikatoren zeigt, dass die Bewohnerschaft der erfassten Gründerzeitbestände den vergleichsweise niedrigsten sozioökonomischen Status hat. Das liegt an dem insgesamt hohen Studentenanteil. Allerdings gibt es hier deutliche Unterschiede zwischen den betrachteten Quartieren. Gleiches gilt für die durchschnittlichen Äquivalenzeinkommen (Tabelle 5). Hier werden nun erstmals deutliche Überschneidungen mit den aktiven Leerständen in den jeweiligen Befragungsquartieren sichtbar. Je größer die Leerstände sind, desto niedriger ist auch der sozioökonomische Status der Befragten. Dies gilt ebenso für das durchschnittliche Äquivalenzeinkommen.
Tabelle 5: Wohnkosten, ISEI, Äquivalenzeinkommen und Leerstand in den Mockauer Gründerzeitquartieren
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Quelle: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
Zwischen den monatlichen Wohnkosten pro Quadratmeter und dem Index des sozioökonomischen Status (ISEI) gibt es überhaupt keinen Zusammenhang (r = 0,086). Deutlich stärker korreliert der ISEI dagegen mit den aktiven Leerständen (r = -0,368**). Ganz ähnliche Zusammenhänge ergeben sich bei der Betrachtung des Äquivalenzeinkommens. Auch hier ist der Zusammenhang mit den Leerständen (r = -0,368**) deutlich stärker und signifikanter ausgeprägt, als der Zusammenhang mit den monatlichen Wohnkosten pro Quadratmeter (r = 0,243*). Bei diesen Zusammenhängen handelt es sich nicht - wie bei den Haushaltsgrößen- um Scheinkorrelationen, da kein statistischer Zusammenhang zwischen den monatlichen Wohnkosten pro Quadratmeter und den aktiven Wohnungsleerständen in den jeweiligen Befragungsquartieren (r = -0,113) hergestellt werden kann.
Ähnliche Zusammenhänge zeigen sich beim allgemeinbildenden und beruflichen Qualifikationsniveau der Befragten. Das Bildungsniveau in den Quartieren 1.1 und 1.2 ist als heterogen einzustufen, das berufliche Ausbildungsniveau als unterdurchschnittlich. Dagegen sind höhere Schul- und Ausbildungsabschlüsse in den Quartieren 1.3 und 1.4 deutlich stärker vertreten. Beim höchsten angegebenen Schulabschluss zeigt sich zudem ein schwacher, aber hoch signifikanter Zusammenhang mit den aktiven Wohnungsleerständen (r = -0,341**). Umso stärker die jeweiligen Quartiere von aktiven Leerstand betroffen sind, desto niedriger ist das schulische Qualifikationsniveau. Die Korrelation ist zwar insgesamt schwach ausgeprägt, aber es fällt ein deutlich stärkerer Zusammenhang als mit den monatlichen Wohnkosten pro Quadratmeter (r = 0,031) auf. Ähnliches gilt für das berufsbildende Qualifikationsniveau (Tabellenanhang A6).
7.1.2 Mietwohnungsbau der 1920er und 1930er Jahre (Typ 02)
Altersstruktur
Auffällig ist zunächst die hohe Konzentration sehr junger und sehr alter Bewohner. Der Anteil der unter 25-Jährigen ist mit etwa 15 Prozent knapp doppelt so hoch wie im Stichprobenmittel. Ebenso sind die Hochbetagten (älter als 80 Jahre) mit 15 Prozent deutlich überrepräsentiert (Stichprobendurchschnitt fünf Prozent). Das Durchschnittsalter liegt mit knapp 50 Jahren etwas unter dem Stichprobenmittel. Allerdings gibt es auch hier deutliche Unterschiede zwischen den Befragungsquartieren 2.1 (Mockauer Straße), 2.2 (Oberläuter Straße) und 2.3 (Kieler Straße). Im Quartier 2.1 ist etwa die Hälfte der befragten Bewohner jünger als 45 Jahre (Durchschnittsalter 44 Jahre). Im Befragungsquartier 2.2 kann lediglich jeder Fünfte zu dieser Gruppe gerechnet werden (Durchschnittsalter 61 Jahre). Im Quartier 2.3 wurden aufgrund der extrem hohen Leerstände (46 Prozent) nur fünf Haushalte angetroffen. Dies waren sehr junge (bis 25 Jahre) und sehr alte Haushalte (ab 65 Jahre).
Haushaltsstruktur
Die starken altersstrukturellen Unterschiede zwischen den hier betrachteten Befragungsgebieten spiegeln sich auch in den Haushaltsstrukturen wieder. So finden sich im Quartier 2.2 vornehmlich ältere Ein- und Zweipersonenhaushalte (jeweils 40 Prozent). Im Quartier 2.1 wurden dagegen zwar weniger (19 Prozent), aber dafür deutlich jüngere EPH angetroffen (Durchschnittsalter 36 Jahre). Der Anteil der ZPH entspricht hier etwa dem Stichprobenmittel (39 Prozent, Durchschnittsalter 53 Jahre). Im Quartier 2.3 wurden dagegen ausschließlich EPH angetroffen. Der Familienanteil liegt bei etwa 17 Prozent, also leicht unter dem Stichprobendurchschnitt (21 Prozent). Allerdings unterscheiden sich die Befragungsquartiere in Anbetracht der unterschiedlichen Altersstruktur bei diesem Haushaltstyp stark. Während im Quartier 2.2 lediglich ein Familienhaushalt angetroffen wurde, waren es im Quartier 2.1 sechs Haushalte. Das entspricht einem knappen Viertel.
Bei näherer Betrachtung der Familienhaushalte fällt auf, dass die durchschnittliche Familiengröße in diesem Baustrukturtyp mit 3,71 Personen deutlich über dem Stichprobenmittel liegt (3,32 Personen). Hier wohnen im Vergleich zu allen anderen Baustrukturtypen zwar anteilig etwas weniger, dafür aber auch die vergleichsweise größeren Familien. Im Untersuchungsgebiet 2.1 beträgt die durchschnittliche Familiengröße sogar 3,83 Personen.
Des Weiteren geben im Befragungsquartier 2.1 zwei Befragte an, in einer Wohngemeinschaft zu wohnen und drei allein erziehend zu sein. Trotz der geringen Fallzahlen zeigen sich hier insofern deutliche Unterschiede zu den Befragungsquartieren 2.2 und 2.3, als dass dort keiner dieser Haushaltstypen angetroffen wurde.
Qualifikationsniveau
Das Bildungsniveau kann als unterdurchschnittlich eingeschätzt werden. Insgesamt überwiegen in diesem Baustrukturtyp niedrige (28 Prozent) und mittlere (47 Prozent) Schulabschlüsse. Das höchste Bildungsniveau weisen die befragten Bewohner im Quartier 2.2 vor. Dort verfügt jeder Zweite über einen höheren Schulabschluss. Das niedrigste Bildungsniveau haben dagegen die Bewohner im Quartier 2.3. Im Quartier 2.1 gab etwa jeder Zweite an, über einen mittleren Schulabschluss zu verfügen.
Ähnlich ist die Situation bei den beruflichen Abschlüssen. Deutlich überrepräsentiert sind einfache Lehrausbildungen (71 Prozent, Durchschnitt 47 Prozent). Auf Quartiersebene zeigen sich auch hier die zu erwartenden Unterschiede. Die erfassten Bewohner des Befragungsquartiers 2.1 haben ein tendenziell niedrigeres berufliches Ausbildungsniveau. So geben bspw. 80 Prozent der Befragten an, über einen einfachen Facharbeiterabschluss zu verfügen. Im Quartier 2.2 waren das nur die Hälfte der Befragten und ein Drittel verfügt nach eigenen Angaben sogar über einen Hochschulabschluss.
Berufsposition und sozioökonomischer Status
Die eingenommenen Berufspositionen verteilen sich analog zu den Qualifikationsniveaus. Auch hier wurden niedrige (39 Prozent) und mittlere Berufspositionen (47 Prozent) überdurchschnittlich oft angegeben. Höhere Berufspositionen sind entsprechend unterrepräsentiert.
Der Vergleich der Berufspositionen auf Quartiersebene zeigt zudem, dass im Quartier 2.1 mehr als die Hälfte der Befragten in einer niedrigen Berufsposition beschäftigt (gewesen) ist, während dies im Quartier 2.2 lediglich ein Achtel angibt.
Der Index des sozioökonomische Status (ISEI) der Befragten ist mit 44,8 insgesamt leicht unterdurchschnittlich (Stichprobenmittel 47,3). Dabei haben die Befragten im Quartier 2.2 den höchsten Status (ISEI = 49,9). Deutlich niedriger ist dieser in den Quartieren 2.1 (42,9) und 2.3 (44,9).
Äquivalenzeinkommen und Beschäftigungsstruktur
Das monatlich zur Verfügung stehende Äquivalenzeinkommen der befragten Haushalte beträgt im Mittel 727 €, also etwa 200 € weniger als dem Mockauer Durchschnittshaushalt zur Verfügung steht. Dies ist - im Vergleich mit allen anderen Baustrukturtypen - das generell niedrigste Äquivalenzeinkommen (Abbildung 34).
Auf Quartiersebene ergeben sich hier ebenfalls die zu erwartenden Unterschiede. Während die erfassten Bewohner im Quartier 2.1 mit durchschnittlich 648 € über das niedrigste Äquivalenzeinkommen verfügen, steht den Befragten im Quartier 2.2 mit durchschnittlich 938 € wesentlich mehr Kapital zur Verfügung. Die Äquivalenzeinkommen der Befragten im Quartier 2.3 beträgt durchschnittlich 600 €39.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 34: DurchschnilllicheAquivalenzeinkommen der Untersuchungspopulation nach Baustrukturtypen
Quelle: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
Die Erwerbsstruktur entspricht weitgehend dem Durchschnitt der der Mockauer Untersuchungspopulation. Während etwa jeder Zweite Transferleistungen bezieht, ist etwas mehr als ein Drittel erwerbstätig und etwa ein Achtel bezieht sein Einkommen aus sonstigen Quellen. Lediglich im Quartier 2.3 beziehen alle Befragten Transferleistungen. Die Beschäftigungsstruktur der Bewohner dieses Baustrukturtyps weicht aber teilweise vom Stichprobendurchschnitt ab. Während Rentnerhaushalte mit insgesamt 28 Prozent deutlich unterrepräsentiert sind, wurden im Vergleich zur Gesamtstichprobe beinahe doppelt so viele Arbeitslose (13 Prozent) angetroffen. Vor allem im Quartier 2.1 ist dieser Anteil überdurchschnittlich (12 Prozent)40. Allerdings scheinen die Erwerbs- und Beschäftigungsstrukturen insgesamt nur wenig Erklärungskraft in Bezug auf die unterschiedlichen Äquivalenzeinkommen zu besitzen. So beziehen in den Quartieren 2.1 und 2.2 etwa 44 Prozent der Befragten Transferleistungen und etwa genauso viele sind erwerbstätig. Es ist daher fraglich ob eine äquivalente Einkommensdifferenz von fast 300 € allein aus der Beschäftigungsstruktur erklärt werden kann. Hier spielen offenbar die unterschiedlichen Haushaltsstrukturen und -größen eine weitaus wichtigere Rolle. Ein erstes Indiz dafür sind die vergleichsweise niedrigen (äquivalenten) Familieneinkommen von durchschnittlich 491 € im Quartier 2.1 (Das durchschnittliche Äquivalenzeinkommen aller befragten Familienhaushalte im Ortsteil beträgt 895 €, Tabellenanhang A18). Des Weiteren kann davon ausgegangen werden, dass die Befragte im Quartier 2.1 durchschnittlich schlechter bezahlte Tätigkeiten ausüben, als Befragten im Quartier 2.2. So stehen den Haushalten der befragten Erwerbstätigen im Quartier 2.1 durchschnittlich 825 € zur Verfügung. Im Quartier 2.2 sind es 1045 € (Stichprobenmittel 1104 €.).
Zwischenfazit
Zunächst kann in Teilen der Mockauer Zwischenkriegsbauten eine deutliche Verjüngung festgestellt werden. Das betrifft vor allem das Quartier 2.1 (Mockauer Straße). So lebt mehr als die Hälfte der dort Befragten (58 Prozent) erst seit 2001 im Ortsteil. Zudem sind 82 Prozent der Zugezogenen jünger als 35 Jahre. Im Quartier 2.2 (Oberläuter Straße) scheint eine solche Entwicklung nicht stattgefunden zu haben. Hier ist eine ähnliche alterstrukturelle Zusammensetzung zu beobachten, wie sie schon zu Beginn der 2000er Jahre bspw. im benachbarten Ortsteil Eutritzsch festgestellt werden konnte (RINK 2002: 85).
Insgesamt zeigt sich ein nur schwacher Zusammenhang zwischen den Leerständen in den Befragungsquartieren und dem Alter der Befragten (r = -0,289). So wurden Jüngere tendenziell öfter in Quartieren mit höheren Leerständen angetroffen (Tabelle 6). Allerdings ist dieser Zusammenhang statistisch nur schwach ausgeprägt und statistisch nicht signifikant. Zudem überlagern sich auch hier, wie schon in den Gründerzeitquartieren, Wohnungsgrößen und Leerstände relativ stark (r = 0,426*). Hier besteht ein stärkerer Zusammenhang zwischen der jeweiligen Familienzyklusphase und der Wohnungsgröße. So wurden insbesondere im Quartier 2.1 deutlich mehr Familien angetroffen (Tabelle 6). Dies drückt sich im erwartungsgemäß starken Zusammenhang zwischen den Haushalts- und Wohnungsgrößen dieser Teilpopulation aus (r=0,647**).
Tabelle 6: Wohnungsgrößen, Haushaltsstrukturen, Durchschnittsalter und Leerstand in den Mockauer Geschossbauten der Zwischenkriegszeit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
Das unterdurchschnittliche Äquivalenzeinkommen und der niedrige sozioökonomische Status der Bewohner dieses Baustrukturtyps sind vor allem auf die niedrigen Qualifikationsniveaus und die niedrigen Berufspositionen zurückzuführen. Dabei gibt es aber deutliche Unterschiede zwischen den betrachteten Quartieren. Ähnlich wie schon in den Gründerzeitbeständen (Typ 01), kann auch in diesem Baustrukturtyp ein Zusammenhang zwischen aktiven Wohnungsleerständen und sozialer Segregation angenommen werden. Indizien für diese Annahme sind die niedrigen Äquivalenzeinkommen und Berufspositionen sowie der niedrige sozioökonomische Status der Befragten in den Quartieren 2.1 und 2.3, also in Quartieren mit sehr hohen Leerständen. Dort wurden einkommensärmere Haushalte häufiger angetroffen (Tabelle 7). Allerdings ist dieser Zusammenhang statistisch schwächer ausgeprägt (r = -0,393*), als der mit den monatlichen Wohnkosten pro m2 (r = 0,471*). Werden die Leerstände und die angegebenen Berufspositionen in Verbindung gebracht, wird dagegen ein stärkerer Zusammenhang deutlich, da diese unabhängig von der Haushaltsgröße sind, welche starken Einfluss auf das Äquivalenzeinkommen hat. Dies äußert sich in einer zwar schwachen, aber signifikanten Korrelation (r = -0,396*, Tabellenanhang A7).
Tabelle 7: Monatliche Wohnkosten pro Quadratmeter, ISEI, Äquivalenzeinkommen und Leerstand in den Mockauer Geschossbauten der Zwischenkriegszeit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
Allerdings darf bei der Interpretation dieser Zusammenhänge nicht übersehen werden, dass es beim sozioökonomischen Status (ISEI) und bei der Berufsposition eine Verzerrung gibt. So ist der etwas höhere ISEI der Befragten im Quartier 2.3 (44,9) nicht gleichbedeutend mit einem hohen Einkommen oder einer hohen derzeit ausgeübten Berufsposition, da es sich bei diesen Haushalten ausschließlich um Arbeitslose und Rentner handelt. Gleiches gilt für die Arbeitslosen im Quartier 2.1. Diese gaben alle an, zuletzt als mittlere oder leitende Angestellte beschäftigt gewesen zu sein.
Ein Zusammenhang zwischen niedrigen Qualifikationsniveaus und hohen Leerständen kann dagegen nicht festgestellt werden. Niedrige Schulabschlüsse und hoher Leerstand korrelieren nicht signifikant (r = -0,289). Der Zusammenhang zwischen niedrigen beruflichen Abschlüssen und hohen Leerständen ist zwar etwas stärker ausgeprägt (r = -0,312), aber immer noch deutlich schwächer als der Zusammenhang mit den Quadratmeterpreisen (r = 0,510**).
Dennoch kann festgehalten werden, dass es auch in den hier betrachteten Befragungsquartieren deutliche Zusammenhänge zwischen Leerständen und sozialer Segregation gibt. Wenngleich diese Zusammenhänge nicht besonders stark ausgeprägt sind, sind sie dennoch in den meisten Fällen signifikant. In den untersuchten Quartieren kann demnach - zumindest tendenziell - die Annahme bestätigt werden, dass es zu einer räumlichen Überlagerung von sozioökonomisch schwachen Haushalten und hohen Leerständen kommt.
Ein Zusammenhang zwischen Leerstand und demographischer Segregation kann in den Geschossbauten der Zwischenkriegszeit nicht eindeutig hergestellt werden. Entscheidender sind hier, wie schon in den Gründerzeitbeständen, die Wohnungsgrößen.
7.1.3 Ein- und Zweifamilienhäuser der 1920er und 1930er Jahre (Typ 03)
Alterstruktur und Wohndauer
Auffällig ist zunächst der geringe der Anteil der unter 45-Jährigen. Lediglich jeder Fünfte kann dieser Altersgruppe zugerechnet werden. Im Stichprobenmittel sind es dagegen 37 Prozent. Deutlich überrepräsentiert sind dagegen Senioren (44 Prozent, Durchschnitt 34 Prozent), aber auch Personen zwischen 56 und 65 Jahren (20 Prozent, Durchschnitt 15 Prozent). Das Durchschnittsalter (58 Jahren) liegt demnach über dem Stichprobenmittel. Es gibt zudem deutliche Unterschiede zwischen den untersuchten Quartieren 3.1 (Bochumer Straße), 3.2 (randstädtische Siedlung) und 3.3 (Weidenhofsiedlung).
Das Durchschnittsalter liegt zwar in allen betrachteten Quartieren über dem Stichprobenmittel. Allerdings ist der Anteil der über 55-Jährigen in der Weidenhofsiedlung (BQ 3.3) mit knapp 80 Prozent fast doppelt so hoch wie in der Bochumer Straße (BQ 3.2). Deutliche Unterschiede gibt es auch bei der Wohndauer. So geben mehr als zwei Drittel der Befragten in den beiden Siedlungen (BQ 3.2 und BQ 3.3) an, schon seit mehr als 20 Jahren in Mockau zu leben. In der randstädtischen Siedlung (BQ 3.2) sagt zudem etwa ein Viertel, noch immer im eigenen Geburtshaus zu leben. Dem gegenüber sind im Befragungsquartier Bochumer Straße deutlich mehr Haushalte vertreten, die erst in den 1990er oder 2000er Jahren nach Mockau gezogen sind (58 Prozent).
Haushaltsstruktur
Einpersonenhaushalte wurden erwartungsgemäß selten angetroffen (15 Prozent). Das hohe Durchschnittsalter der EPH von 69 Jahren legt die Vermutung nahe, dass es sich hierbei vor allem um verwitwete Personen handelt. Auffällig ist zudem, dass sich Alleinlebende im Quartier 3.2 zu konzentrieren scheinen. Dort leben sechs der acht angetroffenen EPH, während im Quartier 3.1 kein einziger angetroffen wurde. Deutlich überrepräsentiert sind dagegen Zweipersonenhaushalte. So kann fast jeder Zweite der Befragten (46 Prozent, Durchschnittsalter 46 Jahre) diesem Haushaltstyp zugeordnet werden. Die meisten ZPH wurden in den beiden Siedlungen angetroffen. Dort lebt etwa jeder Zweite Befragte in einem solchen Haushalt, während es in der Bochumer Straße (BQ 3.1) lediglich ein Drittel der Befragten angab. Dies spiegelt sich auch in den durchschnittlichen Haushaltsgrößen wieder. Während im Quartier 3.1 durchschnittlich 2,70 Personen einen Haushalt bilden, sind es im Quartier 3.3 nur 2,29 und im Quartier 3.2 lediglich 2,10 Personen. Insgesamt liegt die durchschnittliche Haushaltsgröße der Befragten in diesem Baustrukturtyp mit 2,26 über dem Stichprobenmittel (2,03). Ursächlich dafür ist der hohe Familienanteil (26 Prozent). Die durchschnittliche Familiengröße (3,36 Personen), liegt insgesamt nur leicht über dem Mittelwert der Stichrobe.
Auf Quartiersebene zeigen sich die zu erwartenden Unterschiede. So lebt im demographischen jüngsten Quartier 3.1 mehr als die Hälfte der Befragten in Familienhaushalten. In der randstädtischen Siedlung (BQ 3.2) ist es knapp ein Viertel und in der Weidenhofsiedlung (BQ 3.3) nur noch etwas mehr als ein Achtel. Auffällig ist allerdings der große Anteil derjenigen, die mit ihren erwachsenen Kindern in einem Haushalt leben.
Qualifikationsniveau
Der Vergleich der allgemeinbildenden Abschlüsse der Befragten in diesem Baustrukturtyp zeigt ein tendenziell niedrigeres Bildungsniveau. Hier sind niedrige und mittlere Schulabschlüsse zu Lasten der höheren Abschlüsse insgesamt etwas häufiger vertreten. Etwa jeder Vierte erreichte lediglich die achte Klasse und sieben Prozent gaben an, über gar keinen Schulabschluss zu verfügen. Niedrige Schulabschlüsse verteilen sich erwartungsgemäß auf die Älteren. Dadurch ergeben sich auch deutliche Unterschiede auf Quartiersebene. So dominieren in der Weidenhofsiedlung eindeutig mittlere schulische Abschlüsse (64 Prozent), während höhere Schulabschlüsse deutlich unterrepräsentiert sind (sieben Prozent). Dagegen sind in der randstädtischen Siedlung niedrige (39 Prozent) und höhere (26 Prozent) allgemeinbildende Abschlüsse stärker vertreten. In der Bochumer Straße werden ausschließlich mittlere und höhere Schulabschlüsse angegeben.
Die beruflichen Ausbildungsabschlüsse der Befragten entsprechen tendenziell wiederum dem Stichprobenmittel. Zwischen den Siedlungen (BQ 3.2 und BQ 3.3) können dabei keine wesentlichen Unterschiede festgestellt werden. Deutlichere Unterschiede ergeben sich dagegen zum Quartier 3.1. Während in den beiden Siedlungen niedrige und mittlere Berufsabschlüsse öfter angegeben werden, dominieren in der Bochumer Straße eindeutig die höheren Ausbildungsabschlüsse.
Berufsposition und sozioökonomischer Status
Niedrige, mittlere und höhere Berufspositionen entsprechen weitgehend dem Stichprobendurchschnitt. Ein knappes Viertel der Befragten ist in niedrigen oder hohen Berufspositionen beschäftigt (gewesen). Bemerkenswert ist diesbezüglich der deutlich höhere Anteil freiberuflicher Selbständiger in diesem Baustrukturtyp (14 Prozent, Durchschnitt sieben Prozent). Auf Quartiersebene werden hohe Berufspositionen im Quartier 3.1 am häufigsten genannt. In der Weidenhofsiedlung (BQ 3.3) dominieren mittlere Berufspositionen (62 Prozent) und in der randstädtischen Siedlung (BQ 3.2) verteilen sich niedrige, mittlere und höhere Berufspositionen relativ gleichmäßig.
Insgesamt entspricht auch der sozioökonomische Status dem Stichprobenmittel. Der durchschnittliche ISEI der Befragten weicht in diesem Baustrukturtyp (47,6) nur schwach vom Stichprobenmittel (47,2) ab. Die befragten Bewohner im Quartier 3.1 haben den höchsten (52,6) und die Bewohner im Quartiers 3.3 den niedrigsten sozioökonomischen Status (42,7). Im Mittelfeld bewegen sich die Befragten im Quartier 3.2 (48,2).
Äquivalenzeinkommen und Beschäftigungsstruktur
Diese Konvergenz setzt sich auch bei den durchschnittlichen Äquivalenzeinkommen fort. So liegt das gemittelte Vergleichseinkommen der Befragten in diesem Baustrukturtyp mit 964 € nur leicht über dem Stichprobenmittel (934 €). Während die Befragten in der Bochumer Straße über das durchschnittlich höchste Äquivalenzeinkommen (1147 €) verfügen, beträgt das Vergleichseinkommen in der randstädtischen Siedlung 982 € und in der Weidenhofsiedlung 742 €.
Die Erwerbs- und Beschäftigungsstruktur gleicht, ähnlich stark wie die zuvor betrachteten Merkmale, der Gesamtpopulation. Etwa ein Drittel ist erwerbstätig und etwas mehr als die Hälfte der Befragten bezieht Transferleistungen. Auf Quartiersebene ergeben sich die zu erwartenden Unterschiede. So ist der Anteil der Erwerbstätigen in der Bochumer Straße deutlich höher als in den Siedlungen. Umgekehrt ist der Rentneranteil in den Siedlungen höher. Arbeitslose und Studenten sind zudem stark unterrepräsentiert.
Zwischenfazit
Zunächst können kaum Unterschiede zur Mockauer Untersuchungspopulation festgestellt werden. Alle Werte bewegen sich im Mittelfeld. Lediglich bei der Alters- und Haushaltsstruktur ergeben sich leichte Verschiebungen. Zusammenhänge zwischen Leerständen und sozialer Segregation können hier prinzipiell nicht hergestellt werden, da keine vakanten Gebäude registriert wurden. Die sozialräumliche Differenzierung findet hier eindeutig auf Grundlage von Wohnungsmerkmalen (resp. Hausmerkmalen) statt. Es kann zunächst ein schwacher, aber signifikanter Zusammenhang zwischen der Wohnungsgröße und dem Alter der Befragten festgestellt werden. So wohnen die Älteren tendenziell in den kleineren Häusern (r = -0,479**). Ähnliches gilt für den Sanierungsgrad. Auch hier wohnen die Älteren tendenziell in den weniger sanierten bzw. modernisierten Objekten (r = -0,421**). Dies liegt vor allem daran, dass die Siedlerhäuser in den letzten Jahren von den Bewohnern resp. deren Kindern modernisiert wurden. Solchen Instandsetzungsarbeiten sind die Älteren in der Regel finanziell und körperlich nicht mehr gewachsen.
Auch die soziostrukturellen Merkmale hängen stark mit den Wohnungsgrößen und dem jeweiligen Sanierungs- und Modernisierungsgrad der Gebäude zusammen, d. h. in den größeren und stärker modernisierten Gebäuden leben auch tendenziell solche Haushalte, die über ein höheres Äquivalenzeinkommen, höhere Qualifikationen, höhere Berufspositionen, usw. verfügen (Tabellenanhang A8).
7.1.4 Mietwohnungsbau der 1950er und 1960er Jahre (Typ 04)
Altersstruktur und Wohndauer
Die Altersstruktur der Mockauer Altneubauten entspricht weitgehend den Befunden, die schon in anderen Leipziger Ortsteilen, aber auch in anderen Städten gemacht wurden (bspw. KABISCH / BAMBERG 1998: 50 f., HARTH U. A. 1998: 52). So handelt es sich bei den befragten Bewohnern dieses Baustrukturtyps erwartungsgemäß um die durchschnittlich älteste Teilpopulation der gesamten Stichprobe. Das Durchschnittsalter beträgt 61 Jahre. Zwei Drittel der Befragten sind aber älter als 65 Jahre. Im Befragungsquartier Essener Straße können sogar 81 Prozent der Befragten dieser Altersgruppe zugeordnet werden. Lediglich ein Viertel der in diesem Baustrukturtyp angetroffenen Bewohner ist jünger als 45 Jahre. Auffällig ist zudem, dass die 56- bis 65-Jährigen überhaupt nicht angetroffen wurden. Gleichwohl muss auch dieser Baustrukturtyp differenziert betrachtet werden, da es deutliche Unterschiede zwischen den beiden untersuchten Quartieren Friedrichshafner Straße (BQ 4.1) und Essener Straße (BQ 4.2) gibt. Während das Durchschnittsalter im letztgenannten Quartier mit 67 Jahren den höchsten Wert der gesamten Stichprobe annimmt, sind die befragten Bewohner des Quartiers 4.1 etwas jünger (durchschnittlich 55 Jahre).
Der größte Teil der Befragten (58 Prozent) lebt seit mehr als 33 Jahren in Mockau. In Verbindung mit der Tatsache, dass die Wohnmobilität vor 1990 nur sehr schwach ausgeprägt war (WIEST 1997: 107) und 56 Prozent der Befragten in den letzten 15 Jahren keinen Umzug getätigt haben, kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei den angetroffenen Bewohnern zum Großteil um die Erstbezieher der 1950er / 60er Jahre handelt. Bekräftigt wird diese Vermutung durch die Tatsache, dass etwa 53 Prozent der Befragten ihre Wohnung durch betriebliche oder staatliche Zuweisung erhalten haben, was typisch für die Vergabe solcher (damals durchaus moderner und begehrter) Wohnungen war. Hier zeigt sich eine mögliche Ursache für die Abstinenz der 55- bis 65-Jährigen, da diese Gruppe deutlich öfter in den Geschossbauten der 1970er / 80er anzutreffen ist (Kapitel 7.1.5), was unzweifelhaft eine Folge der staatlich gelenkten Belegung aus der Zeit vor 1990 ist.
Haushaltsstruktur
In Abhängigkeit zur Altersstruktur kann eine für diesen Baustrukturtyp typische Haushaltsstruktur_festgestellt werden. So dominieren ältere Ein- und Zweipersonenhaushalte.
Die angetroffenen Einpersonenhaushalte (41 Prozent) sind durchschnittlich 64 Jahre alt. Die befragten Haushaltsmitglieder, die in einem Zweipersonenhaushalt leben (38 Prozent), sind im Mittel sogar 71 Jahre alt. Die wenigen erfassten Familienhaushalte sind vergleichsweise jung (17 Prozent, Durchschnittsalter 38 Jahre). Allerdings verschieben sich diese Anteile auf Quartiersebene. So zeigt sich im Quartier 4.1 eine stärkere Mischung verschiedener Haushaltstypen insofern, als dass dort Ein- und Zweipersonenhaushalte zu je einem Drittel und Familienhaushalte mit einem knappen Viertel vertreten sind. Im Quartier 4.2 dominieren dagegen Einpersonenhaushalte (47 Prozent) und Zweipersonenhaushalte (43 Prozent). Familien wurden dort deutlich seltener angetroffen.
Qualifikationsniveau
Das allgemeinbildende Niveau ist insgesamt als unterdurchschnittlich einzustufen. Im Vergleich zur Mockauer Untersuchungspopulation sind niedrige allgemeinbildende Abschlüsse in diesem Baustrukturtyp deutlich häufiger vertreten. So verfügt etwa ein Viertel der Befragten lediglich über einen Volks- oder Hauptschulabschluss und jeder Zehnte hat gar keinen Schulabschluss. Trotzdem ist die Bewohnerschaft der Altneubauten in Bezug auf ihr Bildungsniveau die am stärksten gemischte Teilpopulation der gesamten Stichprobe. Niedrige, mittlere und höhere Bildungsabschlüsse sind zu je einem Drittel vertreten. Erwartungsgemäß konzentrieren sich niedrige und mittlere Schulabschlüsse vor allem bei den älteren Kohorten.
Die beruflichen Qualifikationen sind ebenfalls unterdurchschnittlich. So dominieren niedrige Ausbildungsabschlüsse. Diese setzen sich zu 85 Prozent aus Facharbeiterabschlüssen zusammen. Allerdings verfügt etwa ein Fünftel (18 Prozent) der Senioren über einen Fachhochschulabschluss und knapp vier Prozent über einen Hochschulabschluss. Dagegen gibt bei den unter 55-Jährigen keiner der Befragten an, über einen hohen oder mittleren Ausbildungsabschluss zu verfügen.
Berufsposition und sozioökonomischer Status
Der Vergleich der (zuletzt) ausgeübten Tätigkeiten zeigt, dass mittlere Berufspositionen mit 61 Prozent deutlich überrepräsentiert sind. Ungefähr jeder Zweite gibt an, (zuletzt) als mittlerer Angestellter beschäftigt (gewesen) zu sein. Niedrige und höhere Berufspositionen sind entsprechend unterrepräsentiert. Dabei fällt auf, dass sich mittlere und höhere Berufspositionen vor allem auf älteren Kohorten verteilen. So war bspw. knapp die Hälfte der Senioren (54 Prozent) in mittleren und ein Drittel (36 Prozent) in höheren Berufspositionen beschäftigt41.
Das wird auch anhand des sozioökonomischen Status deutlich. Der Index (ISEI) liegt mit 47,9 zunächst nur leicht über dem Stichprobenmittel. Auffällig ist aber der vergleichsweise hohe sozioökonomische Status der befragten Seniorenhaushalte, die bereits seit mehr als 30 Jahren in diesen Beständen wohnen (ISEI 49,7). Der Index des sozioökonomischen Status der jüngeren Kohorten, also vor allem derjenigen, die erst in den 1990er Jahren zugezogenen sind, beträgt 42,9. Noch niedriger ist der Index der Befragten, die in den letzten zwei Jahren in den Ortsteil gezogen sind (32,4). Allerdings befinden sich in dieser Gruppe auch drei Befragte, die sich noch in einer Ausbildung befinden, was den Durchschnitt aus oben genannten Gründen (Kapitel 7.1.1) sinken lässt.
Äquivalenzeinkommen und Beschäftigungsstruktur
Insgesamt 81 Prozent der Befragten realisieren ihren Lebensunterhalt mit Hilfe von Transferleistungen. Im Quartier 4.2 sind es sogar 86 Prozent. Ursächlich hierfür sind die extrem hohen Rentneranteile von über 70 Prozent. Das durchschnittliche Äquivalenzeinkommen der befragten Bewohner dieses Baustrukturtyps beträgt 889 €. Das Vergleichseinkommen der quantitativ bedeutsamsten Gruppe - der Rentnerhaushalte - beträgt dagegen 968 €. Entsprechend gering ist das Vergleichseinkommen aller anderen Haushalte (667 €). Auf Quartiersebene ergeben sich hier aber keine wesentlichen Unterschiede.
Zwischenfazit
In den Mockauer Altneubauten kann eine ausgeprägte Alterssegregation festgestellt werden. Besonders deutlich wird dies im Befragungsquartier Essener Straße, in welchem der Rentneranteil 86 Prozent beträgt. Bemerkenswert ist, dass sich die Älteren dort konzentrieren, wo die aktiven Leerstände höher sind (Tabelle 8). Dieser Zusammenhang ist in diesem Baustrukturtyp - im Vergleich zu allen anderen Geschossbauten - deutlich stärker ausgeprägt (r=0,315*). Da sozialer Status und Äquivalenzeinkommen bei den älteren Befragten vergleichsweise hoch sind, muss in diesem Zusammenhang aber von einer Form freiwilliger Segregation ausgegangen werden.
Zudem fällt auf, dass die Zahl der Familienhaushalte zwischen den beiden Quartieren stark schwankt (Tabelle 8). Die Ursache hierfür ist sicherlich in den unterschiedlichen Wohnumfeldqualitäten zu sehen. Während sich im Quartier 4.1 großzügige Innenhöfe und verkehrsberuhigte Zonen finden, ist das Quartier 4.2 von der stark befahrenen Essener Straße geprägt. Die Lärmbelastung ist in diesem Quartier als sehr hoch einzustufen. Das zeigt sich auch in der Bewertung der lokalen Lärmbelastung durch die Befragten. So gaben etwa zwei Drittel der Befragten im Quartier 4.1 an, keine Probleme mit dem Lärmpegel zu haben. Im Quartier 4.2 findet dies dagegen nur knapp ein Viertel.
Tabelle 8: Durchschnittsalter, Leerstand und Senioren- bzw. Familienanteil in den Mockauer Altneubauten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
Der soziale Status der Befragten ist insgesamt als stabil einzustufen. Dennoch gehen insbesondere von den jüngeren Haushalten Abwertungstendenzen aus. Das wird besonders am vergleichsweise niedrigen sozialen Status der jüngeren Kohorten deutlich. Allerdings kann kein Zusammenhang zwischen niedrigen sozioökonomischen Statuspositionen und hohen Leerständen festgestellt werden (r = -0,002). Hier zeigt sich ein deutlich stärker Zusammenhang zu den Quadratmeterpreisen (r = 0,473**). Auch bei den anderen betrachteten soziostrukturellen Merkmalen kann kein signifikanter Zusammenhang mit hohen Leerstandsquoten hergestellt werden. Deutlich stärker sind auch hier die Zusammenhänge mit den monatlichen Wohnkosten pro Quadratmeter (Tabellenanhang A9).
7.1.5 Mietwohnungsbau der 1970er und 1980er Jahre (Typ 05)
Altersstruktur und Wohndauer
Ähnlich wie in den Altneubauten werden auch in diesem Baustrukturtyp die Folgen der staatlich gesteuerten Belegung der DDR-Jahre sichtbar. Es bestehen starke Zusammenhänge zwischen Entstehungszeitpunkt der Bestände und der Altersstruktur der Bewohner. Auffällig ist zunächst, dass die Gruppe der 56- bis 65-Jährigen mit einem knappen Viertel (24 Prozent) im Vergleich zur Mockauer Untersuchungspopulation (15 Prozent), aber auch in Relation zu allen anderen Baustrukturtypen deutlich überrepräsentiert ist. Der Vergleich der Zuzugszeitpunkte dieser Altersgruppe zeigt, dass drei Viertel dieser Befragten in den späten 1970er Jahren (1975 bis 1978) und weitere 15 Prozent in den 1980er Jahren zugezogen sind. Von diesen Haushalten haben zudem über 90 Prozent in den letzten 15 Jahren keinen Umzug getätigt, was dafür spricht, dass es sich bei dieser Gruppe um die Erstbezieher der späten 1970er Jahre handelt. Ein weiteres Indiz für diese Annahme ist, dass 69 Prozent der Befragten dieser Altersgruppe angaben, ihre jetzige Wohnung über staatliche oder betriebliche Zuweisung erhalten zu haben. Insgesamt entspricht das Durchschnittsalter der Befragten in diesem Baustrukturtyp mit 52 Jahren in etwa dem Stichprobendurchschnitt. Auf Quartiersebene ergeben sich aber deutliche demographische Unterschiede zwischen den beiden Befragungsquartieren Mockau-Ost (BQ 5.1) und Mockau-West (BQ 5.2).
Zunächst kann festgehalten werden, dass die Teilpopulation im Befragungsquartier 5.1 deutlich jünger ist als die Teilpopulation im Befragungsquartier 5.2. Der Anteil der Befragten, welche angeben, älter als 55 Jahre zu sein, beträgt im Quartier 5.1 etwa 42 Prozent. Im Quartier 5.2 sind es fast zwei Drittel (63 Prozent) aller Befragten. Werden die unsanierten Bestände im östlichen Befragungsquartier (BQ 5.2), in denen 91 Prozent der Befragten älter als 55 Jahre sind aus42, ausgeklammert, so liegt dieser Anteil mit 48 Prozent immer noch über dem Anteil, der im Befragungsquartier Mockau-West festgestellt werden konnte.
Haushaltssstruktur
Beim Vergleich der Haushaltsstruktur fallen Analogien zu den Altneubauten (Typ 04) auf. Ähnlich wie im Typ 04 dominieren in den Plattenbaubeständen ältere Ein- und Zweipersonenhaushalte, während Familien mit einem knappen Zehntel deutlich unterrepräsentiert sind (Durchschnittsalter 41 Jahre). Knapp die Hälfte der Befragten gibt an, in einem Zweipersonenhaushalt zu leben (Durchschnittsalter 55 Jahre) und etwa ein Drittel wohnt allein (Durchschnittsalter 54 Jahre). Auf Quartiersebene ergeben sich trotz der unterschiedlichen Altersstrukturen jedoch insgesamt kaum Unterschiede. Nur in den unsanierten Beständen wurden ausschließlich Ein- und Zweipersonenhaushalte angetroffen.
Qualifikationsniveau
Insgesamt ist das Bildungsniveau in den Mockauer Plattenbaubeständen relativ gemischt. Mittlere Schulabschlüsse überwiegen (48 Prozent) zu Lasten der niedrigen und höheren Abschlüsse. Die altersstrukturelle Verteilung der Schulabschlüsse zeigt im Gegensatz zu den bisher betrachteten Teilpopulationen eine Konzentration höherer allgemeinbildender Abschlüsse bei den Älteren (ab 55 Jahre). Mittlere Schulabschlüsse konzentrieren sich dagegen eher bei den Jüngeren. So verfügen etwa 42 Prozent derjenigen, die älter als 55 Jahre sind, über einen Hochschulzugang, während das bei den unter 55-Jährigen nur knapp ein Fünftel (19 Prozent) angibt. Diese Differenzierung zeigt sich auch auf Quartiersebene. So dominieren im Quartier 5.1 mittlere allgemeinbildende Abschlüsse (59 Prozent). Im Quartier 5.2 sind dagegen niedrige, mittlere und höhere Schulabschlüsse relativ gleichmäßig verteilt sind. Zudem wurde im diesem Quartier lediglich ein Befragter angetroffen, der jünger als 55 Jahre ist und über einen Hochschulzugang verfügt.
Das berufliche Qualifikationsniveau der befragten Plattenbaubewohner unterscheidet sich insgesamt kaum von der Mockauer Untersuchungspopulation. Auf Quartiersebene sind niedrige Ausbildungsabschlüsse im Quartier 5.1 etwas häufiger vertreten als im Quartier 5.2, während höhere Abschlüsse annähernd gleich verteilt sind.
Berufspositionen und sozioökonomischer Status
Im Vergleich zum Stichprobendurchschnitt sind niedrige und mittlere Berufspositionen leicht überrepräsentiert. Während ungefähr ein Viertel aller befragten Mockauer (27 Prozent) in einer höheren Berufsposition tätig (gewesen) ist, gibt dies innerhalb der Plattenbaubestände lediglich ein Fünftel der Befragten an. Bezüglich der höheren Berufspositionen gibt es aber keine Unterschiede zwischen den beiden Befragungsquartieren. Auffällig ist, dass diese Gruppe sich zu 85 Prozent aus Personen rekrutiert, die in den 1970er oder 1980er Jahren nach Mockau gezogen sind. Im demographisch jüngeren Untersuchungsgebiet 5.1 dominieren daher die niedrigen Berufspositionen (47 Prozent), während im demographisch älteren Befragungsquartier 5.2 eindeutig mittlere Berufspositionen (57 Prozent) überwiegen. Insgesamt sind etwa 71 Prozent der Befragten, welche erklärten, in einer niedrigen Berufsposition tätig zu sein, erst in den 1990er Jahren nach Mockau gezogen.
Der Zusammenhang zwischen dem Alter bzw. dem Zuzugszeitpunkt der Befragten und der Stellung im Beruf drückt sich auch im sozioökonomischen Status der Befragten aus. Der ISEI der in der Stichprobe erfassten Bewohner liegt mit 46,6 zunächst insgesamt leicht unter dem Stichprobendurchschnitt. Im Quartier 5.2 beträgt der Index 47,5, während er im Quartier 5.1 dagegen nur 45,8 beträgt. Diejenigen die angaben, bereits vor 1990 in den Mockauer Plattenbauten gewohnt zu haben, weisen dabei den höchsten Status (50,3) auf. Darunter sind auch die Befragten in den unsanierten Beständen im Quartier 5.2, die sich durch einen sehr hohen sozioökonomischen Status auszeichnen (51,6). Der ISEI der in den 1990er Jahren Zugezogenen beträgt dagegen durchschnittlich nur noch 47,9 und der Index der nach 2000 Zugezogenen lediglich 41,7.
Äquivalenzeinkommen und Beschäftigungsstruktur
Das durchschnittliche, monatlich zur Verfügung stehende Äquivalenzeinkommen ist mit 990 € leicht überdurchschnittlich (Durchschnitt 934 €). Allerdings zeigen sich starke Unterschiede zwischen den Quartieren. Während das Durchschnittseinkommen im Quartier 5.1 mit 827 € als unterdurchschnittlich zu bewerten ist, stehen den Befragten im Quartier 5.2 im Mittel 1189 € im Monat zur Verfügung.
Bei den Erwerbs- und Beschäftigungsstrukturen zeigen sich dagegen kaum Unterschiede. In beiden Quartieren sind etwa 42 Prozent der Befragten erwerbstätig. Im Quartier 5.2 beziehen etwas mehr Personen Transferleistungen. Dagegen ist der Anteil der Residualkategorie im Quartier 5.1 etwas höher. Die Einkommen der Rentner sind nur leicht überdurchschnittlich (1091 €, Durchschnitt 1003 €). Unterschiede zwischen den Quartieren existieren hier kaum. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Erwerbstätigen im Quartier 5.2 deutlich besser bezahlte Tätigkeiten ausüben. Das zeigt sich sehr deutlich bei den Äquivalenzeinkommen der Erwerbstätigen. Diese betragen im Quartier 5.1 durchschnittlich 887 € und im Quartier 5.2 durchschnittlich 1524 €.
Zwischenfazit
Die Entmischung der Plattenbaubestände, die FRIEDRICHS (1995) in den 1990er Jahren prognostiziert hat, kann in den Mockauer Plattenbauten nur bedingt festgestellt werden. Die in der Stichprobe untersuchten Bestände deuten weniger auf ein „Sammelbecken älterer, gering qualifizierter und wirtschaftlich inaktiver Bevölkerung“ (HERFERT 2004: 61) hin. Der sozioökonomische Status der Befragten entspricht weitgehend dem Durchschnitt, das Beschäftigungsniveau liegt sogar leicht darüber. Auch die Altersstruktur entspricht in großen Teilen dem Stichprobendurchschnitt. Die sozioökonomische Stabilität geht dabei vor allem von den älteren Bewohnern aus. Abwertungstendenzen gehen dagegen - wie schon in den Altneubauten (Typ 04) - von den jüngeren Bewohnern aus.
Das Ausbleiben einer Konzentration von sozial Benachteiligten in den Mockauer Plattenbaubeständen ist auf soziostrukturelle Persistenzen der Zeit vor 1990 zurückzuführen. Unterstützend wirkten dabei die umfangreichen Modernisierungs- und Rückbaumaßnahmen. Dadurch erhöhte sich die Wohnqualität, was sich in vergleichsweise geringen Wohnungsleerständen ausdrückt. Eine Ausnahme bilden hier allerdings die letzten unsanierten Bestände in der Samuel-Lampel-Straße. Im Gegensatz zu der Leipziger Großwohnsiedlung Leipzig-Grünau (ursprünglich über 36.000 WE) ist die Mockauer Plattenbausiedlung deutlich kleiner (ursprünglich 3.871 WE), was den Rückbau auf wenige Objekte beschränkte und eine nahezu vollständige Sanierung vereinfachte.
Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass in Mockau-West geringere Leerstände vorzufinden sind als in Mockau-Ost. Dies ist insofern bemerkenswert, als dass die dort ansässigen Befragten einen niedrigeren sozialen Status haben und über ein geringeres Äquivalenzeinkommen verfügen. In den Plattenbauten besteht daher ein positiver Zusammenhang zwischen Leerständen und Einkommen (r = 0,324*). Eine sich räumlich überlagernde Konzentration sozioökonomisch schwacher Haushalte und hoher Leerstände kann demnach nicht festgestellt werden (Tabelle 9, Tabellenanhang A10). Exemplarisch dafür sind die bereits angerissenen Besonderheiten in den unsanierten Beständen in Mockau-Ost. Die Befragten in diesen Beständen haben einen sehr hohen sozioökonomischen Status. Mehr als ein Drittel der Befragten (37 Prozent) gibt an, als leitender Angestellter oder als Führungskraft tätig gewesen zu sein. Diese Personen stehen aber nicht mehr im Berufsleben. Trotzdem sind die durchschnittlichen Äquivalenzeinkommen dieser Haushalte vergleichsweise hoch (1308 €). Allerdings muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass es hier höchstwahrscheinlich zu einer starken Verzerrung bei der Erhebung gekommen ist, da insbesondere die jüngeren Bewohner überdurchschnittlich oft eine Befragung verweigerten oder nicht angetroffen wurden. Auch sehr alte Bewohner verweigerten mehrheitlich die Befragung.
Tabelle 9: Wohnkosten, ISEI, Äquivalenzeinkommen und Leerstand in den Mockauer piattenbaubeständen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
Bezüglich der Altersstruktur kann zwar ein tendenzieller Zusammenhang mit dem Leerstand festgestellt werden, dieser ist aber - wie schon im Typ 04 - auf Formen freiwilliger Segregation zurückzuführen und zudem statistisch nicht signifikant (r = 0,148).
7.1.6 Neubauten der 1990er und 2000er Jahre (Typ 06)
Altersstruktur und Wohndauer
Personen mittleren Alters (36 bis 55 Jahre) sind stark überrepräsentiert (42 Prozent, Durchschnitt 29 Prozent), während die unter 35-Jährigen deutlich unterrepräsentiert sind (10 Prozent, Durchschnitt 22 Prozent). Der Seniorenanteil entspricht dagegen der Untersuchungspopulation. Das Durchschnittsalter liegt mit 55 Jahren demnach auch nur leicht über dem Stichprobenmittel (53 Jahre). Allerdings gibt es hier deutliche Unterschiede zwischen den Geschossbauten (Typ 6.1) und den Einfamilienhäusern (Typ 6.2). So ist Anteil der 46- bis 55-Jährigen in den Einfamilienhäusern mit knapp 31 Prozent mehr als doppelt so hoch wie in den Geschossbauten. Umgekehrt wurden Senioren in den Geschossbauten mehr als doppelt so oft angetroffen. Dem entsprechend schwankt das Durchschnittsalter zwischen 49 Jahren in den Einfamilienhäusern und 57 Jahren in den Geschossbauten.
Knapp 70 Prozent aller Befragten wohnt erst seit maximal 10 Jahren im Ortsteil. Besonders ausgeprägt ist der Anteil der Zugezogenen in den Einfamilienhausbeständen (90 Prozent).
Haushaltsstruktur
Die differenzierte Alterstruktur der beiden Neubaubestände spiegelt sich auch in der Haushaltsstruktur wieder. So werden die Geschossbauten vor allem von älteren Zweipersonenhaushalten bewohnt (44 Prozent, Durchschnittsalter 66 Jahre). Unterrepräsentiert sind dagegen Einpersonenhaushalte (21 Prozent, Durchschnittsalter 63 Jahre) und Familien (15 Prozent, Durchschnittsalter 43 Jahre). Auffällig ist aber der vergleichsweise hohe Anteil von Alleinerziehenden in den Geschossbauten (sechs Haushalte, das entspricht 17 Prozent).
In den Einfamilienhäusern wurden dagegen erwartungsgemäß ausschließlich Familienhaushalte (77 Prozent, Durchschnittsalter 48 Jahre) und Zweipersonenhaushalte (23 Prozent, Durchschnittsalter 61 Jahre) angetroffen.
Qualifikationsniveau
Das Qualifikationsniveau dieser Teilpopulation kann insgesamt als hoch eingeschätzt werden. Die Hälfte aller Befragten verfügen nach eigenen Angaben über einen höheren Schulabschluss. Während mittlere Schulabschlüsse weitgehend dem Stichprobenmittel entsprechen, geben lediglich vier Befragte an, nur die achte Klasse erreicht zu haben (Das entspricht etwa einem Zehntel). Diese Personen sind alle älter als 65 Jahre. Zwischen den Bewohnern der Einfamilienhäuser und der Geschossbauten bestehen dabei tendenziell kaum Unterschiede. Analog zu den allgemeinbildenden Abschlüssen verteilen sich auch die beruflichen Ausbildungsabschlüsse. Hier sind ebenfalls höhere berufliche Abschlüsse (46 Prozent) überrepräsentiert. Im Gegensatz zu den Schulabschlüssen zeigen sich aber deutliche Unterschiede zwischen den Bewohnern der Einfamilienhäuser und der Geschossbauten. So geben die Befragten in den Beständen des Typs 6.1 etwa zu gleichen Teilen an, über höhere und niedrige Berufsabschlüsse zu verfügen (jeweils 43 Prozent). In den Einfamilienhäusern (Typs 6.2) werden dagegen öfter höhere (54 Prozent) und mittlere Berufsabschlüsse genannt (39 Prozent).
Berufspositionen und sozioökonomischer Status
Etwa die Hälfte der Befragten gibt an, in einer höheren Berufsposition beschäftigt gewesen zu sein. Während der Anteil der mittleren Berufspositionen etwa dem Durchschnitt entspricht, werden niedrige Berufspositionen sehr selten genannt (sechs Prozent). Nur drei Befragte geben an, einfache Arbeiter oder einfache Angestellter (gewesen) zu sein. Allerdings ergeben sich auch hier leichte Verschiebungen zwischen den beiden Neubaubeständen.
So sind mittlere und höhere Berufspositionen in den Einfamilienhäusern (Typ 6.21) etwa gleich verteilt (zu je 46 Prozent), während in den Geschossbauten (Typ 6.1) eindeutig höhere Berufspositionen dominieren (59 Prozent). Der etwas höhere Status der Einfamilienhausbewohner (ISEI Typ 6.1 = 52,4; Typ 6.2 = 54,4) resultiert aus der Tatsache, dass die höheren Berufspositionen in den Einfamilienhäusern weniger stark streuen. Hier werden anteilig mehr Berufspositionen angegeben, die mit einem höheren Index verknüpft sind. Alles in allem haben die Bewohner der Mockauer Neubaubestände den insgesamt höchsten sozioökonomischen Status der gesamten Stichprobe (52,4).
Äquivalenzeinkommen und Beschäftigungsstruktur
Das insgesamt hohe Qualifikationsniveau und die hohen Berufspositionen der Neubautenbewohner zeigt sich auch in den überdurchschnittlich hohen Äquivalenzeinkommen (1171 €). Lediglich das gemittelte Äquivalenzeinkommen der Alleinerziehenden ist mit 818 € erwartungsgemäß unterdurchschnittlich.
Ungefähr die Hälfte aller befragten Neubautenbewohner ist erwerbstätig, während die andere Hälfte Transferleistungen bezieht. Allerdings unterscheiden sich die Bewohner der Typen 6.1 und 6.2 etwas von einander. So bezieht in den Einfamilienhäusern lediglich ein Viertel der Befragten (23 Prozent) Transferleistungen, was vor allem an dem niedrigeren Rentneranteil (15 Prozent) liegt. In den Geschossbauten ist dieser Anteil mit etwa 57 Prozent deutlich höher. Andere Leistungsempfänger spielen in beiden Baustrukturtypen so gut wie keine Rolle, denn in den Neubauten wurden insgesamt nur zwei Arbeitslose und zwei Umschüler angetroffen. Trotz der unterschiedlichen Beschäftigungsstrukturen sind die Einkommensunterschiede zwischen den Einfamilienhäusern und den Geschossbauten nur sehr gering (Differenz 18 €). Eine mögliche Erklärung findet sich in den gemittelten Äquivalenzeinkommen der erfassten Rentnerhaushalte. So verfügen die Rentnerhaushalte der Neubauten durchschnittlich über 1258 €. Das sind knapp 250 € mehr als dem durchschnittlichen Mockauer Rentnerhaushalt zur Verfügung steht. In den Einfamilienhäusern beträgt das Äquivalenzeinkommen der Rentner sogar 1322 €, während es in den Geschossbauten mit 1194 € etwas niedriger ist (Tabellenanhang A18).
Die Äquivalenzeinkommen der Erwerbstätigen schwanken ähnlich stark, sind aber dafür in den Geschossbauten etwas höher (1275 €) als in den Einfamilienhäusern (1095 €). Ursächlich sind die unterschiedlichen Haushaltsgrößen der hier betrachteten Erwerbstätigen. In den Geschossbauten beträgt die durchschnittliche Haushaltsgröße der Erwerbstätigen nur 2,14 Personen, während es in den Einfamilienhäusern durchschnittlich 3,44 Personen sind.
Zwischenfazit
Ähnlich wie auch schon in anderen Leipziger Ortsteilen festgestellt wurde, zeigt sich in den Mockauer Neubauten eine deutliche Konzentration statushoher Bewohner. Die Äquivalenzeinkommen, die Berufspositionen und das Qualifikationsniveau sind überdurchschnittlich. Diese Konzentration statushoher und einkommensreicher Hausalte in diesem Baustrukturtyp entspricht den Befunden die auch in anderen Leipziger Ortsteilen gemacht werden konnten (RINK 2002: 85). Zudem gibt es bezüglich der sozioökonomischen Strukturmerkmale kaum Verschiebungen zwischen den Einfamilienhäusern und den Geschossbauten. Lediglich bei der Alters- und Haushaltsstruktur zeigen sich Unterschiede. Dies liegt an den baustrukturellen Unterschieden, die zwischen diesen beiden Bestände bestehen.
Einen Zusammenhang zwischen Leerständen und sozialer Segregation herzustellen, ist für die Einfamilienhäuser nicht möglich, da insgesamt keine Leerstände registriert werden konnten. Lediglich bei den untersuchten Geschosswohnungen wurden zwei leere Wohnungen dokumentiert, was einer Leerstandsquote von weniger als fünf Prozent entspricht.
7.2 Mobilitätsprozesse in Leipzig-Mockau
Insgesamt kann im Untersuchungsgebiet eine hohe Mobilitätsbereitschaft festgestellt werden. So erwägen etwa 28 Prozent aller Befragten einen Umzug in den nächsten ein bis drei Jahren. Allerdings wollen nur 19 Prozent auch den Ortsteil verlassen, d. h. etwa ein Drittel der mobilen Haushalte in Mockau möchte bleiben.
7.2.1 Umzüge innerhalb des Ortsteils
Die Präferenz im angestammten Wohngebiet zu verbleiben, steigt mit zunehmender Wohndauer und ist deshalb bei älteren Haushalten deutlich stärker ausgeprägt, da Wohngebiete in der Regel soziale Netzwerke, Freunde, Verwandte und Nachbarn beinhalten. Des Weiteren stellt sich eine gewisse Routine in Bezug auf die alltäglichen Verhaltensweisen und die Nutzung bestimmter lokaler Infrastruktureinrichtungen ein, die insbesondere für ältere Haushalte größere Relevanz besitzt (HÄUSSERMANN / SIEBEL 2004: 158). Erwartungsgemäß ist etwa die Hälfte dieser Haushalte älter als 55 Jahre. Allerdings äußert auch etwa ein Fünftel der unter 35-Jährigen den Wunsch, innerhalb des Ortsteils umzuziehen.
Die Präferenz, den Ortsteil bei einem Umzug nicht zu verlassen, ist am stärksten unter den älteren Haushalten in den Geschossbauten der 1950er / 60er (Typ 04) und der 1970er / 80er (Typ 05) ausgeprägt. In den Gründerzeitbeständen (Typ 01) sind es dagegen eher die Jüngeren, die einen Umzugswunsch innerhalb der Grenzen von Mockau formulieren.
In den Gründerzeitquartieren (vor allem in den Quartieren 1.2 und 1.4) werden überwiegend Motive genannt, die mit haushaltsinternen Veränderungen in Zusammenhang zu bringen sind (Wohnung zu groß, zu klein oder zu teuer). Nur wenige Nennungen beziehen sich auf haushaltsexterne Faktoren.
Die Umzugswilligen in den Plattenbauten und in den Altneubauten begründen den beabsichtigten Wohnungswechsel dagegen häufiger mit der Befürchtung, dass sich das soziale Umfeld verschlechtern werde. Aber auch haushaltsinterne Veränderungen wie bspw. Krankheit oder Behinderung werden genannt. Auffällig - wenn auch nicht überraschend - ist zudem, dass die Plattenbaubewohner ihrem Baustrukturtyp treu bleiben wollen. Etwas mehr als die Hälfte (56 Prozent) möchte den Baustrukturtyp nicht wechseln.
7.2.2 Abwanderungstendenzen
Wie bereits erwähnt, wollen zwei Drittel aller in der Stichprobe erfassten Umzugswilligen den Ortsteil Mockau verlassen. Davon sind aber 15 Haushalte noch sehr unschlüssig und wollen nur vielleicht umziehen. Unter Vernachlässigung dieser Haushalte ergibt sich ein realistisches Wegzugspotential von etwa 14 Prozent (46 Haushalte). In Bezug auf die Themenstellung beziehen sich die nachfolgenden Ausführungen ausschließlich auf die Haushalte, welche beabsichtigen, den Ortsteil in absehbarer Zeit zu verlassen.
Die demographischen Strukturmerkmale der potentiell Abwandernden
Die Gruppe der Wegzugswilligen setzt sich zu knapp zwei Dritteln (61 Prozent) aus Haushalten zusammen, die jünger als 35 Jahre sind (Abbildung 35). Mit zunehmendem Alter sinkt die Wegzugsbereitschaft erwartungsgemäß. Ein leicht erhöhtes Mobilitätspotential von knapp 13 Prozent kann allerdings auch bei den 56- bis 65-Jährigen festgestellt werden. Diese Haushalte konzentrieren sich vor allem in den Plattenbaubeständen (Typ 05). Das Durchschnittsalter der mobilen Haushalte ist mit 36 Jahren entsprechend niedrig. Die demographische Selektivität der Abwanderung hat dabei starke Auswirkungen auf die altersstrukturelle Zusammensetzung der gesamten Untersuchungspopulation, da insbesondere in der Altersklasse der unter 25-Jährigen ein sehr hohes Mobilitätspotential festgestellt werden kann (58 Prozent).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 35: Mobilitätspotential nach Altersklassen (alle Angaben in Prozent) Quelle: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
Die Abwanderung wird vor allem von Einpersonenhaushalten (28 Prozent) und Familienhaushalten (24 Prozent) getragen. Einen etwas geringeren Anteil haben dagegen Zweipersonenhaushalte und Personen, die in Wohngemeinschaften leben (beide etwa 20 Prozent). Alleinerziehende sind nur marginal an der Abwanderung beteiligt (vier Prozent).
In Bezug auf die gesamte Untersuchungspopulation ergeben sich dabei aber zum Teil sehr unterschiedliche Mobilitätspotentiale. Die geringste Mobilitätsbereitschaft kann bei den Zweipersonenhaushalten festgestellt werden. Die Ursache hierfür ist vor allem das hohe Durchschnittsalter dieser Haushalte (61 Jahre). Etwas höher ist das Mobilitätspotential erwartungsgemäß bei den Einpersonenhaushalten sowie bei den Familienhaushalten. So beabsichtigen etwa 17 Prozent aller angetroffenen Familien, den Ortsteil in absehbarer Zeit zu verlassen. Die deutlich höchste Wegzugsbereitschaft kann jedoch bei den Mitgliedern der Wohngemeinschaften festgestellt werden. Knapp 82 Prozent aller angetroffenen WG- Bewohner beabsichtigen Mockau über kurz oder lang zu verlassen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 36: Mobilitätspotential nach Haushaltstypen (alle Angaben in Prozent) Quelle: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
Die soziostrukturellen Merkmale der potentiell Abwandernden
Die potentiell Abwandernden rekrutieren sich aus drei großen Gruppen. Den größten Anteil haben die Vollzeiterwerbstätigen (42 Prozent), gefolgt von den Studenten und den Auszubildenden (zusammen 31 Prozent). Bei den restlichen Haushalten handelt es sich entweder um Arbeitslose (fünf Haushalte), Haushalte in Elternzeit (vier Haushalte) oder Rentnerhaushalte (drei Haushalte).
Der Vergleich der Mobilitätspotentiale zeigt, dass knapp ein Fünftel aller Vollzeiterwerbstätigen beabsichtigt, Mockau demnächst zu verlassen. Ebenfalls stark ausgeprägt ist die Wegzugsneigung bei den Arbeitslosen. Das deutlich höchste Mobilitätspotential kann erwartungsgemäß bei den Studenten und den Auszubildenden festgestellt werden (siehe oben). Dies korreliert auch sehr stark mit der alters- und haushaltsstrukturellen Zusammensetzung der potentiell Abwandernden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 37: Mobilitätspotential nach derzeit ausgeübter Tätigkeit (alle Angaben in Prozent)
Quelle: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
Anmerkung: Das überdurchschnittlich hohe Mobilitätspotential der Haushalte, die angaben, sich derzeit in Eltemzeit zu befinden, resultiert aus den geringen Fallzahlen. Insgesamt äußerten vier von acht angetroffen Haushalten einen Wegzugswunsch.
Der hohe Studentenanteil (24 Prozent) unter den Abwandernden hat zwei wesentliche Effekte auf die soziostrukturelle Zusammensetzung dieser Teilpopulation. Auf der einen Seite verfügen die potentiellen Abwanderer über hohe allgemeinbildende Qualifikationen. So verfügt mehr als die Hälfte (54 Prozent) aller wegzugsbereiten Haushalte über einen Hochschulzugang. In der gesamten Untersuchungspopulation sind es dagegen nur 38 Prozent. Auf der anderen Seite sind Berufspositionen, sozioökonomischer Status und Äquivalenzeinkommen im Vergleich zur gesamten Untersuchungspopulation leicht unterdurchschnittlich. Während das monatliche Vergleichseinkommen der wegzugsbereiten Haushalte im Mittel 859 € beträgt, stehen allen erfassten Mockauer Haushalten durchschnittlich 934 € zur Verfügung.
Gleiches gilt für den sozioökonomischen Status. Der ermittelte sozioökonomische Index beträgt bei den potentiellen Abwandererhaushalten im Mittel 45,0 und bei allen anderen Haushalten 47,3. Daher erscheint es sinnvoll, die wegzugsbereiten Haushalte hinsichtlich ihrer derzeit ausgeübten Tätigkeit differenziert zu betrachten.
Die Studenten waren bisher nur in niedrigen Berufspositionen beschäftigt und verfügen daher über einen geringen sozioökonomischen Index (ISEI 39,7). Das durchschnittliche Äquivalenzeinkommen dieser Haushalte beträgt 380 €.
Die Erwerbstätigen sind ausschließlich in mittleren (57 Prozent) oder höheren Berufspositionen beschäftigt. Das drückt sich auch in einem hohen sozioökonomischen Status aus (ISEI 53,4). Das Äquivalenzeinkommen der Erwerbstätigen ist mit durchschnittlich 1666 € deutlich höher als das aller anderen wegzugsbereiten Haushalte.
Die restlichen, nicht erwerbstätigen Haushalte waren zuletzt ausschließlich in niedrigen und mittleren Berufspositionen tätig und haben einen entsprechend niedrigen sozioökonomischen Status (ISEI 41,9). Das durchschnittliche Äquivalenzeinkommen dieser Teilpopulation beträgt 560 €.
Differenzierung der potentiell Abwandernden nach Baustrukturtypen und Befragungsquartieren
Am stärksten ist das Mobilitätspotential in den gründerzeitlichen Beständen (Typ 01) ausgeprägt (Abbildung 38). Dort möchte ein Viertel der angetroffenen Haushalte den Ortsteil binnen der nächsten zwei Jahre verlassen. Ebenfalls stark ausgeprägt ist die Wegzugsbereitschaft in den Plattenbaubeständen (21 Prozent), gefolgt von den Geschossbauten der Zwischenkriegszeit (17 Prozent). In allen anderen Baustrukturtypen ist die Umzugsbereitschaft deutlich geringer ausgeprägt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 38: Mobilitätspotential nach Baustrukturtypen (alle Angaben in Prozent)
Quelle: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
Anmerkung: Die Typen 03 und 6.2 wurden nicht dargestellt. In den Einfamilienhäusern formulierten lediglich drei Personen den Wunsch, Mockau binnen der nächsten zwei Jahre zu verlassen. Dabei handelt es sich ausschließlich um Personen, diejünger als 25 Jahre sind und noch bei ihren Eltern wohnen.
Die soziodemographische Struktur der mobilen Haushalte in den einzelnen Baustrukturtypen weicht nur geringfügig von der Durchschnittsbevölkerung im jeweiligen Typ ab. Die wegzugsbereiten Haushalte der Gründerzeitbestände rekrutieren sich neben Studenten und statushohen Familienhaushalten (durchschnittlicher ISEI 49,7) vor allem aus jungen Einpersonenhaushalten (Durchschnittsalter 28 Jahre), die zudem einen hohen sozioökonomischen Status (durchschnittlicher ISEI 53,8) haben und über relativ hohe Einkommen (durchschnittlich 1316€) verfügen.
In den Plattenbauten (Typ 05) sind es dagegen vor allem die älteren Zweipersonenhaushalte, die beabsichtigen Mockau zu verlassen. Zwei Drittel der mobilen Plattenbaubewohner sind erwerbstätig und in mittleren und höheren Berufspositionen beschäftigt. Der gemittelte sozioökonomische Status ist zwar insgesamt etwas unterdurchschnittlich (ISEI 45,8), dafür ist das Äquivalenzeinkommen überdurchschnittlich (1848 €).
Die Abwanderer aus den Geschossbauten der Zwischenkriegszeit (Typ 02) rekrutieren sich hauptsächlich aus Auszubildenden und einfachen Arbeitern. Sozioökonomischer Status (ISEI 45,3) und Äquivalenzeinkommen (759 €) sind entsprechend unterdurchschnittlich.
Auf die dezidierte Analyse der wegzugsbereiten Haushalte in den Typen 6.1 und 04 wird angesichts sehr geringer Fallzahlen (insgesamt drei Haushalte) verzichtet.
Die Gegenüberstellung der Befragungsquartiere zeigt, dass die Wegzugsbereitschaft in Quartieren mit hohen Leerständen deutlich stärker ausgeprägt ist. Insgesamt kann ein relativ starker statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen diesen beiden Merkmalen festgestellt werden (r = 0,614*)43. Allerdings gibt es hier deutlich Unterschiede zwischen den einzelnen Baustrukturtypen.
Besonders stark ist dieser Zusammenhang in den Gründerzeitquartieren ausgeprägt. Beispielsweise beabsichtigt mehr als ein Drittel aller angetroffenen Haushalte im Quartier Berthastrasse (BQ 1.1), den Ortsteil in absehbarer Zeit zu verlassen. Der geschätzte marktaktive Leerstand beträgt dort etwa 24 Prozent. Im Befragungsquartier Bochumer Strasse (BQ 1.4) beträgt der marktaktive Leerstand dagegen nur sechs Prozent und das Wegzugspotential liegt bei etwa vier Prozent. Ähnliches kann auch in den Geschossbauten der Zwischenkriegszeit beobachtet werden. In den nach 1948 errichteten Beständen kann ein solcher Zusammenhang aber nicht beobachtet werden (Tabellenanhang A20). Ursächlich ist hier die altersstrukturelle Zusammensetzung der Bewohner. Insbesondere in den Quartieren, welche von stärkeren Leerständen geprägt sind, finden sich auch höhere Konzentrationen älterer Haushalte und diese sind erwartungsgemäß weniger stark an der Abwanderung beteiligt.
Die Wegzugsmotive
Die Gründe den Ortsteil zu verlassen, sind vielfältig und resultieren aus der Unzufriedenheit mit dem gegenwärtigen Aktionsraum. Der Wohnstandortwechsel wird durch haushaltsinterne oder haushaltsexterne Veränderungen ausgelöst (Abbildung 39). Die befragten Haushalte hatten die Möglichkeit mehrere Antworten zu geben. Bei 27 Prozent der mobilen Haushalte überwiegen Faktoren, die mit haushaltsinternen Veränderungen in Zusammenhang zu bringen sind. Bei etwa 58 Prozent der Haushalte überwogen dagegen Faktoren, welche mit haushaltsexternen Veränderungen im Zusammenhang stehen. Für 15 Prozent der Haushalte sind beide Faktoren gleich bedeutend.
Wegzugsmotive, die mit haushaltsinternen Veränderungen in Zusammenhang gebracht werden können, stehen im Kontext mit dem Preis der Wohnung (14 Nennungen), der Größe der Wohnung (16 Nennungen) oder dem Wunsch, näher bei Verwandten, Partnern oder Freunden zu wohnen (15 Nennungen). Zudem sagen acht Haushalte aus, Mockau aufgrund eines bevorstehenden Arbeitsplatzwechsels zu verlassen. Diesen Grund geben unter anderem auch vier Arbeitslose an, was ein Hinweis darauf ist, dass soziale und residentielle Mobilität miteinander in Verbindung stehen können.
Bezüglich der haushaltsexternen Faktoren zeigt sich, wie bereits angedeutet, eine starke Unzufriedenheit mit den Wohnumfeldbedingungen. Fast jeder zweite Haushalt (46 Prozent) bemängelt das fehlende Kultur- und Freizeitangebot und etwa 40 Prozent die fehlende Innenstadtnähe. Diese Motive sind am stärksten bei den jüngeren Haushalten ausgeprägt, da knapp 80 Prozent der unter 35-Jährigen diese Gründe nennen. Etwa ein Drittel (36 Prozent) ist unzufrieden mit dem sozialen Umfeld. Dieser Grund wurde aber weniger altersspezifisch genannt, wenngleich die Gruppe der unter 35-Jährigen dieses Motiv am häufigsten nennt (sieben Nennungen, in allen anderen Altersgruppen zusammen neun Nennungen). Insgesamt 14 Mal wird der Umzugswunsch mit der Feststellung begründet, dass Mockau kein geeigneter Ort sei, um Kinder aufzuziehen. Erwartungsgemäß wird dieses Motiv am häufigsten von Haushalten mit Kindern genannt (sechs Nennungen), aber auch von jüngeren Zweipersonenhaushalten (vier Nennungen). Da diese alle jünger als 35 Jahre sind, kann davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei um Haushalte handelt, die kurz vor der Gründung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 39: Motive für einen Wohnstandortwechsel nach Häufigkeit der Nennung Quelle: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
Insgesamt wird Mockau von den potentiell Abwandernden gemischt beschrieben. Neunzehn der 46 zum Ortswechsel bereiten Haushalte etikettieren den Ortsteil als einen der schlechteren Leipziger Stadtteile. Allerdings sagen auch 18 Haushalte, Mockau sei ein Ortsteil wie jeder andere auch. Lediglich acht Haushalte sind der Meinung, Mockau sei einer der besseren Leipziger Ortsteile. Interessanterweise sagten dies ausschließlich Haushalte, die jünger als 35 Jahre sind. Allerdings äußerten sich auch 68 Prozent der unter 35-Jährigen gegenteilig.
Insgesamt gibt etwas mehr als ein Fünftel an, den Ortsteil verlassen zu wollen, weil Mockau einen schlechten Ruf habe. Zu dieser Einschätzung kommen insbesondere die Haushalte, welche erst seit wenigen Jahren in Mockau wohnen.
Die Zielgebiete der potentiellen Abwanderer
Insgesamt beabsichtigt die Hälfte (46 Prozent) der Wegzugsbereiten in Leipzig zu bleiben. Ein Viertel möchte die Stadt verlassen und ein knappes Drittel ist sich noch unschlüssig.
Die Zielgebiete sind sehr verschieden und stehen in starkem Zusammenhang zur Altersstruktur. Insbesondere die Jüngeren (bis 35 Jahre) können sich vorstellen, demnächst in den innenstadtnahen Gründerzeitquartieren im Leipziger Süden zu wohnen. Am häufigsten wird in diesem Zusammenhang die Südvorstadt und Connewitz genannt (acht Nennungen). Dies korreliert auch mit den Wegzugsmotiven, da diese Ortsteile bekannt sind für das vielfältige Kulturangebot und den hohen Studentenanteil. Zentrumsnähe ist insgesamt ein wichtiges Kriterium bei der Wohnstandortwahl. Wenngleich keine konkreten Ortsteile genannt werden, beziehen sich Wohnwünsche in neun weiteren Fällen auf innenstadtnahe Gründerzeitquartiere. Deutlich seltener werden dagegen die gründerzeitlichen Arbeiterquartiere genannt.
Die älteren Wegzugswilligen nennen dagegen häufiger Zielgebiete in unmittelbarer Nähe (drei Nennungen: Schönefeld, Taucha und Thekla). Der Wunsch demnächst im Leipziger Umland zu leben, wird erwartungsgemäß ausschließlich von Haushalten mit Kindern und älteren Paaren formuliert.
7.2.3 Zuwanderung
Neben der (potentiellen) Abwanderung kann aber auch Zuwanderung beobachtet werden. Hier stellt sich die Frage, welche Unterschiede zwischen den Zugewanderten -definiert als die in den letzten zwei Jahren in den Ortsteil Zugezogenen - und den potentiell abwandernden Haushalten bestehen. Erst die Gegenüberstellung dieser beiden Teilpopulationen ermöglicht Aussagen über den soziodemographisch selektiven Entmischungsprozess.
Der Vergleich zugezogener und potentiell wegziehender Haushalte zeigt zunächst, dass etwa ein Drittel (36 Prozent) der Haushalte, welche angaben Mockau binnen der nächsten zwei Jahre verlassen zu wollen, erst vor zwei Jahren in den Ortsteil gezogen sind. Werden die Haushalte mit einbezogen, die seit 2001 im Ortsteil leben, sind es sogar mehr als zwei Drittel (69 Prozent). Damit zeigt sich, dass der Ortsteil insbesondere für die jüngeren, mobilen Haushalte lediglich ein Durchgangsquartier darstellt. Bekräftigt wird diese These dadurch, dass knapp die Hälfte der ab 2001 zugezogenen Haushalte (45 Prozent) ursprünglich nicht aus Leipzig kommt. Das Hauptmotiv des Zuzugs kann in den niedrigen Mieten gesehen werden, da die durchschnittliche Warmmiete lediglich 6,35 € pro Quadratmeter beträgt. So geben knapp zwei Drittel der nach 2001 zugezogenen Haushalte als Zuzugsgrund an, in Mockau eine „passende Wohnung“ gefunden zu haben. Wenngleich nicht explizit nach einer „billigen Wohnung“ gefragt wurde, erscheint es doch plausibel, dass sich der Ausdruck „passend“ auf den Preis bezieht, da andere bspw. quartiersspezifische Zuzugsgründe so gut wie gar nicht genannt werden. Zudem war der Ortsteil den meisten Zugezogenen vorher weitgehend unbekannt. So wussten vor dem Zuzug etwa 42 Prozent dieser Haushalte nur wenig und 41 Prozent überhaupt nichts über den Ortsteil. Lediglich ein Achtel der Zugezogenen kannte Mockau schon vorher. Diese Haushalte sind alle aus anderen Leipziger Ortsteilen zugezogen. Die Annahme, dass der Hauptgrund des Zuzugs im niedrigen Mietzins zu sehen ist, wird dadurch bekräftigt, dass etwa die Hälfte der Haushalte die in den letzten zwei Jahren zugezogen ist, ihre jetzige Wohnung über das Internet gefunden hat. Gerade in diesem Medium werden Wohnkosten zu einem zentralen Vergleichskriterium für Wohnungssuchende.
Die demographischen Merkmale der Zuwanderer
Ähnlich wie bei den Haushalten, die Mockau verlassen wollen, rekrutieren sich die Zugezogenen erwartungsgemäß vor allem aus jüngeren Haushalten. Drei Viertel der in den letzen zwei Jahren Zugezogenen sind jünger als 35 Jahre. Hinsichtlich der Haushaltsstrukturen dominieren auch hier Einpersonenhaushalte und Wohngemeinschaften. Auffällig ist der hohe Anteil Alleinerziehender (19 Prozent). Diese sind im Vergleich zu den potentiell Wegziehenden deutlich überrepräsentiert. Anders stellt sich das bei den Familienhaushalten dar. Anteilig ist dieser Haushaltstyp in deutlich geringerem Maß an der Zuwanderung beteiligt. Gleiches gilt für Zweipersonenhaushalte.
Die soziostrukturellen Merkmale der Zuwanderer
Im Hinblick auf die soziostrukturelle Zusammensetzung der Zuwanderer zeigt sich eine ähnliche Verteilung wie bei den potentiell Abwandernden. Auch hier dominieren Erwerbstätige (36 Prozent), Studenten (25 Prozent) und Auszubildende (14 Prozent). Zudem ist ein Viertel der Zugezogenen zur Zeit nicht erwerbstätig (11 Prozent sind arbeitslos, 11 Prozent in Elternzeit und drei Prozent in Umschulung). Im Vergleich zu den Wegziehenden zeigt sich allerdings, dass anteilig weniger Erwerbstätige unter den Zuwanderern sind. Gegenteiliges kann bei den Auszubildenden beobachtet werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 40: Zugewanderte undpotentiell Abwandernde nach derzeit ausgeübter Tätigkeit (alle Angeben in Prozent)
Quelle: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
Der sozioökonomische Status der Zugezogenen (40,5) ist zudem deutlich geringer als bei den potentiellen Abwandernden (ISEI 45,0). Die Verteilung über- und unterdurchschnittlicher Statuspositionen verhält sich bei den beiden Teilpopulationen spiegelverkehrt. Gleiches gilt für das Äquivalenzeinkommen. Etwa drei Viertel der in den letzten zwei Jahren zugezogenen Haushalte verfügen über ein Äquivalenzeinkommen von weniger als 750 € im Monat. Bei den potentiell Abwandernden sind es nur knapp zwei Drittel. Deutlicher werden diese Unterschiede bei der Betrachtung des oberen Einkommensdrittels. Während etwa ein Viertel der wegzugsbereiten Haushalte über mehr als 1250 € im Monat verfügt, sind es bei den Zugezogenen nur 15 Prozent. Ein knappes Zehntel der abwandernden Haushalte verfügt sogar über ein Äquivalenzeinkommen von mehr als 1750 €. Bei den kürzlich Zugezogenen konnte kein Haushalt identifiziert werden, der ein solches Einkommen vorweisen kann.
Zwischenfazit
Zunächst kann festgehalten werden, dass die Mobilitätsprozesse einer starken demographischen und soziostrukturellen Selektivität unterliegen. Insbesondere junge Haushalte sind unzufrieden mit den lokalen Wohnumfeldbedingungen. Das betrifft vor allem das Kultur- und Freizeitangebot in Mockau, aber auch die fehlende Innenstadtnähe. Für die älteren Haushalte ist es vor allem die subjektiv wahrgenommene Verschlechterung des sozialen Umfelds, welche mobilitätsfördernd wirkt. Insgesamt spielen das Image und der Ruf eine wichtige Rolle bei den Motiven, den Ortsteil zu verlassen. Bemerkenswert ist die hohe Wegzugsbereitschaft unter den Familienhaushalten. Dies ist insofern problematisch, als dass deutlich weniger Familien zuwandern als potentiell abwandern. Gleiches gilt für die Erwerbstätigen. Auch hier beabsichtigen anteilig mehr Haushalte den Ortsteil zu verlassen, als in den letzten Jahren zugezogen sind. Die Zuzugsgründe liegen vor allem im niedrigen Mietpreisniveau. Allerdings zeigt sich, dass der Ortsteil für den Großteil der Zugezogenen nur ein Durchgangsquartier darstellt.
Der Vergleich der Wegzugspotentiale auf Quartiersebene zeigt zudem einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen den Leerständen und der Wegzugsbereitschaft, d. h. insbesondere die Quartiere, welche sowieso schon von starken Leerständen betroffen sind, laufen Gefahr, weitere Einwohner zu verlieren. Lediglich die Einfamilienhaussiedlungen (Typ 03 und Typ 6.2) erscheinen stabil im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen. Abwanderungsprozesse sind hier so gut wie gar nicht zu beobachten, was aber auch daran liegt, dass die Bewohner in diesen Beständen deutlich stärker an ihren Wohnort bzw. an ihr Wohneigentum gebunden sind.
7.3 Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse
Auf baustruktureller Ebene zeigen sich zunächst ähnliche sozialräumliche Differenzierungsmuster, wie sie schon in anderen Leipziger Ortsteilen beobachtet werden konnten. Während die Bewohner der Gründerzeitbestände (Typ 01) die durchschnittlich jüngste Teilpopulation darstellen, ist eine ausgeprägte Alterssegregation in den Altneubauten (Typ 04) zu beobachten. Diese steht in starkem Zusammenhang mit den Belegungszeitpunkten, da es sich bei den älteren Haushalten vielfach um die Erstbezieher der 1950er und 1960er Jahre handelt. Ähnlich stellt sich die Situation in den Plattenbauten der 1970er und 1980er Jahre dar. Auch in den Neubauten der 1990er und 2000er Jahre (Typ 06) entspricht die demographische Struktur den Erwartungen. Während die Geschossbauten vorwiegend von älteren Haushalten bewohnt werden, finden sich in den Einfamilienhäusern vor allem jüngere Familien. Einzig in Teilen der Geschossbauten der Zwischenkriegszeit (Typ 02) haben in den letzten Jahren offensichtlich stärkere demographische Veränderungen stattgefunden. Auch in Teilen der Altneubauten und der Plattenbauten kann dies beobachtet werden, wenn auch deutlich abgeschwächt.
Die räumliche Überlagerung hoher Leerstände und der Konzentration demographisch älterer Haushalte kann insgesamt nicht festgestellt werden. Eine Ausnahme bilden die Nachkriegsbauten in der Essener Straße (BQ 4.2) und die Plattenbauten in Mockau-Ost (BQ 5.2). Da die Älteren in der Regel über relativ hohe ökonomische Ressourcen verfügen, ist davon auszugehen, dass es sich hierbei um Formen freiwilliger Immobiliät handelt. Auch zwischen Haushaltsgröße und Leerständen kann kein statistisch signifikanter Zusammenhang hergestellt werden (r = -0,060). Hier besteht erwartungsgemäß ein deutlich stärkerer Zusammenhang zu den Wohnungsgrößen (r = 0,534**).
Neben den demographischen Merkmalen wurden auch soziostrukturelle Indikatoren betrachtet. Auch hier ergeben sich die zu erwartenden sozialräumlichen Muster. So haben die Bewohner der Neubauten (Typ 06) den höchsten sozioökonomischen Status und das durchschnittlich höchste Äquivalenzeinkommen der gesamten Stichprobe. Der niedrige Status in den Gründerzeitbeständen (Typ 01) ist auf den hohen Studentenanteil zurückzuführen. Allerdings gibt es in diesem Baustrukturtyp zum Teil starke Unterschiede zwischen den betrachteten Quartieren. Die Disparität zwischen den einfachen und den gehobenen Gründerzeitquartieren, die auf gesamtstädtischer Ebene beobachtet werden kann, ist auch in Mockau nachzuvollziehen. Ähnlich stellt es sich bei den Geschossbauten der Zwischenkriegszeit (Typ 02) dar. Die soziostrukturelle Zusammensetzung der Bewohner in den Einfamilienhausiedlungen der Zwischenkriegszeit (Typ 03) ist als stabil einzuschätzen. In den Altneubauten (Typ 04) und den Plattenbauten (Typ 05) können dagegen Abwertungstendenzen festgestellt werden, die vor allem aus dem Zuzug sozioökonomisch schwacher Haushalte resultiert.
Hinsichtlich der räumlichen Überlagerung von hohen Leerständen und der Konzentration statusniedriger und sozioökonomisch schwacher Haushalte können statistisch signifikante Zusammenhänge festgestellt werden44. Diese Zusammenhänge sind zwar schwach ausgeprägt, aber dafür hoch signifikant (Tabelle 10). Es zeigt sich zudem, dass Leerstände deutlich stärker mit den Indikatoren sozialer Ungleichheit korrelieren, als mit den monatlichen Wohnkosten pro Quadratmeter. Besonders stark sind diese Zusammenhänge in den Altbauquartieren (Typ 01 und Typ 02) ausgeprägt. In den Nachkriegsbauten die zwischen 1948 und 1990 errichtet wurden, ist dieser Zusammenhang dagegen nicht nachweisbar.
Tabelle 10: Korrelationskoeffizienten für die Indikatoren sozialer Ungleichheit, Wohnkosten und Leerstände
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Erhebung und Berechnungen (Juni / Juli 2008)
Die Analyse der Mobilitätsprozesse zeigt, dass die Zuwanderung - im Gegensatz zur potentiellen Abwanderung - tendenziell von sozioökonomisch schwachen Haushalten getragen wird. Ursächlich hierfür ist vor allem das niedrige Mietpreisniveau in Mockau. Zudem stellt der Ortsteil insbesondere für die jüngeren Haushalte ein Durchgangsquartier dar. Hinsichtlich der Wegzugsbereitschaft wird auf kleinräumiger Ebene ein starker Zusammenhang mit den Leerständen deutlich. In Quartieren, die von hohen Leerständen geprägt sind, kann eine überdurchschnittliche Mobilitätsbereitschaft festgestellt werden. Die Gründe für den Wegzug sind vor allem auf die dürftige Infrastrukturausstattung, aber auch auf das schlechte Image von Mockau zurückzuführen.
8 Fazit der Untersuchung
Ziel dieser Arbeit war es, den Einfluss der Schrumpfungsprozesse auf die Entwicklung der Segregation nachzuweisen. In diesem Zusammenhang lautet die zentrale Annahme, dass es infolge der Schrumpfung zu einer Vertiefung der räumlichen Disparitäten und einer Erhöhung der sozialen Ungleichheit kommt, was schließlich die Ausprägung der residentiellen Segregation verstärkt. Dieser Zusammenhang wurde mit Hilfe sekundärstatistischer und empirischer Analysemethoden auf zwei unterschiedlich großen Raumebenen nachgewiesen.
Die vorliegenden Untersuchungsergebnisse auf beiden Aggregatebenen zeigen, dass die spezifischen Rahmenbedingungen, welche sich unter Schrumpfungsbedingungen ausbilden, eindeutig zu einer Verstärkung der Segregation beitragen. Allerdings sind die Ursachen nicht für alle betrachteten Dimensionen der residentiellen Segregation dieselben. Es zeigt sich vielmehr, dass für die Erklärung des Anstiegs bzw. der Ausprägung der residentiellen Segregation auf mehrere Erklärungsansätze zurückgegriffen werden muss. Bezüglich der eingangs formulierten Arbeitshypothesen bedeutet das im Einzelnen:
1. These: Es kommt zu einer räumlichen Überlagerung von Leerständen und der Konzentration von immobilen Haushalten:
These 1.1: Soziale Segregation - In städtischen Teilgebieten mit hohen Leerständen kommt es zu einer erhöhten Konzentration von einkommensschwachen und statusniedrigen Haushalte.
Diese These kann verifiziert werden, da eine starke räumliche Überlagerung von hohen Leerständen und der Konzentration sozioökonomisch schwacher Haushalte nachgewiesen werden kann. Ein Beleg für diese These ist die Konzentration von Arbeitslosen in weniger attraktiven Lagen der Stadt. Dies sind vor allem die dicht bebauten und von hohen Leerständen geprägten gründerzeitlichen Arbeiterquartiere im Osten und Westen der Stadt, sowie in Teilen der Großwohnsiedlungen. Im Gegensatz dazu kann in den attraktiven Lagen, d. h. vor allem in den repräsentativen Gründerzeitquartieren entlang der Elsteraue, aber auch in den suburbanen Wohngebieten eine deutlich geringere Konzentration von Arbeitslosen beobachtet werden (Kapitel 6.1). Auf kleinräumiger Ebene wiederholt sich dieses Muster, denn auch hier kann eine Konzentration sozioökonomisch schwacher Haushalte in Quartieren, welche durch hohe Leerstände geprägt sind festgestellt werden (Kapitel 7.3). Zudem zeigt sich auf kleinräumiger Ebene, dass die Ausprägung dieser Zusammenhänge in starker Abhängigkeit zu der baustrukturellen Zusammensetzung der einzelnen Quartiere steht.
These 1.2: Ethnische Segregation - In städtischen Teilgebieten mit hohen Leerständen kommt es zu einer verstärkten Konzentration von Haushalten, die ethnischen Minoritäten zugeordnet werden können.
Diese These kann nur bedingt verifiziert werden. Zwar kann die Verstärkung der ethnischen Segregation eindeutig nachgewiesen werden, aber die Ursachen sind vielschichtig und nicht vollständig auf die veränderten Rahmenbedingungen, welche sich vor dem Hintergrund der Schrumpfung ausbilden, zurückzuführen. Die ethnische Segregation basiert sehr stark auf der Präferenz, soziale Netzwerke zu bilden. Dies zeigt sich vor allem an der kontinuierlichen Zunahme der Ausländerkonzentration in der inneren Stadt. Allerdings kann auch eine Überlagerung ethnischer und sozialer Segregation beobachtet werden. Dies zeigt sich insbesondere in der hohen Ausländerkonzentration im Leipziger Osten (Kapitel 6.2).
Auf Ortsteilebene konnten diese Zusammenhänge empirisch aber nicht überprüft werden. Ursächlich waren die Kommunikationsschwierigkeiten bzw. Sprachbarrieren, die zwischen den ethnischen Gruppen und dem Verfasser dieser Arbeit bestanden.
These 1.3: Demographische Segregation - Städtische Teilgebiete mit hohen Leerständen erfahren eine demographische Überalterung und es kommt in diesen Quartieren zu einer Konzentration von demographischen älteren Haushalten.
Die räumliche Überlagerung von hohen Leerständen und der Konzentration alter Menschen konnte weder auf gesamtstädtischer Ebene noch auf Ortsteilebene nachgewiesen werden. Die demographische Segregation - und insbesondere die Alterssegregation - steht vielmehr im Zusammenhang mit der räumlichen Verteilung bestimmter Baustrukturtypen. Da die Seniorenhaushalte in der Regel über hohe Einkommen und einen stabilen sozioökonomischen Status verfügen, kann in diesem Zusammenhang davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei um Formen freiwilliger Segregation handelt. Allerdings besteht auch hier ein indirekter Zusammenhang zu den veränderten Wohnungsmarktbedingungen. Dieser rekurriert allerdings mehr auf den Wohnstandortentscheidungen junger Haushalte.
2. These: Städtische Teilgebiete, die stark von Leerstand betroffen sind, werden sich in Zukunft tendenziell eher zu Wohnstandorten einkommensschwacher und statusniedriger Haushalte entwickeln.
These 2.1: Selektive Zuwanderung - Es ziehen tendenziell eher einkommensschwache und statusniedrige Haushalte in städtische Teilgebiete mit hohen Leerständen.
These 2.2: Selektive Abwanderung - Einkommensstarke und soziale etablierte Haushalte verlassen städtische Teilgebiete mit hohen Leerständen.
Diese beiden Thesen können bestätigt werden. Das zeigt insbesondere die Analyse der Mobilitätsprozesse auf kleinräumiger Ebene (Kapitel 7.2). Hier werden deutliche sozioökonomische Unterschiede zwischen den zugewanderten und den potentiell abwandernden Haushalten offensichtlich.
Zudem zeigt sich, dass die Folgen der Schrumpfung, welche sich unter anderem in einem Rückgang der Infrastrukturangebote äußert, stark mobilitätsfördernd wirken. Auch die Zuwanderung sozioökonomisch schwacher Haushalte und die damit verbundene Veränderung der vom Ort ausgehenden Symbolik hat nachweislich Einfluss auf die Wegzugsbereitschaft der Haushalte.
8.1 Schlussfolgerungen und Ausblick
Im Hinblick auf die Forschungsfrage dieser Arbeit kann zusammenfassend festgestellt werden, dass die Rahmenbedingungen, die sich unter den Bedingungen der Schrumpfung einstellen, starke Auswirkungen auf die Ausprägung der residentiellen Segregation haben. Dies äußert sich in einer polarisierenden Raumentwicklung, welche durch die selektive Ab- und Zuwanderung zusätzlich verstärkt wird. Im Ergebnis dieser Studie steht somit die Feststellung, dass die Bedingungen, welche sich vor dem Hintergrund von Schrumpfungsprozessen einstellen, residentielle Segregation eher verstärkt, als dass sie diese abschwächt.
Zudem zeigt sich, dass die Ausprägung der Segregation unter den Bedingungen der Schrumpfung in starkem Zusammenhang mit der baustrukturellen Zusammensetzung steht. Daher ist anzunehmen, dass sich Städte wie Leipzig, die stark von Altbausubstanz geprägt sind, von Städten, die andere baustrukturelle Gegebenheiten aufweisen, in den Ausprägungen und Prozessverläufen der Segregation unterscheiden.
Welche zukünftigen Entwicklungen in den untersuchten Räumen stattfinden werden, bleibt offen. Die Untersuchung stellt lediglich eine Momentaufnahme dar und die Formulierung von Prognosen ist somit nicht eindeutig möglich. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass sich die bis dato ausgebildeten Segregationstendenzen weiter verstärken werden. Einerseits kann davon ausgegangen werden, dass sich die symbolischen und Differenzierungen, die sich bisher ausgebildet haben, weiter verstärken werden. Andererseits deutet wenig darauf hin, dass es zu einem Rückgang der sozialen und räumlichen Ungleichheit kommen wird.
Um den beschriebenen Entwicklungstendenzen effektiv entgegenwirken zu können, ist es nötig, Stadtentwicklungskonzepte für die von Schrumpfung betroffenen Stadtgebiete zu entwickeln, welche vor allem darauf fokussieren, die Ortsteile für junge Menschen und Familien sowie sozioökonomische stabile Haushalte interessant zu machen. In diesem Zusammenhang müssen Angebote geschaffen werden, die auf diese spezifischen Nachfragergruppen zugeschnitten sind. Eine alleinige Sanierung der Bestände greift eindeutig zu kurz, da die Wohnstandortentscheidungen der Haushalte in engem Zusammenhang mit den Wohnumfeldbedingungen stehen. Insbesondere vor dem Hintergrund eines entspannten Wohnungsmarktes gewinnt die symbolische und infrastrukturelle Ausstattung eines Quartiers zusätzlich an Gewicht. Erstrebenswert wäre hier eine stärkere Einbeziehung der Bewohner, also eine „Stadtteilentwicklung von unten“ (FRANZ 1989). Erst so ist es möglich, die spezifischen Vorteile der problematischen Quartiere herauszukehren und diese zu stärken.
8.2 Reflexion der Untersuchungsmethoden
Kritisch anzumerken ist, dass insbesondere Fragen der ethnischen Segregation nicht hinreichend geklärt werden konnten. Dies ist einerseits in dem zur Verfügung stehenden Datenmaterial der amtlichen Statistik begründet. In diesem Zusammenhang sind tiefer gehende Information nötig, da Ausländer keine in sich homogene Gruppe darstellen. Hier wären weiterführende Informationen, bspw. über die spezifische Verteilung bestimmter ethnischer Gruppen nach demographischen und soziostrukturellen Merkmalen, dringend notwendig. Ähnliche Schwierigkeiten bestanden bei der empirischen Erhebung. Um Fragen der ethnischen Segregation empirisch evident aufzuarbeiten, ist es unerlässlich, mit zwei- oder dreisprachigen Fragebögen zu arbeiten, da die angetroffenen Migrantenhaushalte aufgrund starker Sprachschwierigkeiten nicht einbezogen werden konnten.
Hinsichtlich der sozialen Segregation muss angemerkt werden, dass auf gesamtstädtischer Ebene nur ein Merkmal sozialer Ungleichheit (Arbeitslosigkeit) betrachtet wurde. Auch hier sind tiefer gehende Informationen resp. die Einbeziehung weiterer Faktoren, wie bspw. Qualifikationsniveau, beruflicher und sozialer Status oder Äquivalenzeinkommen von Nöten. Diese sind zwar teilweise vorhanden, allerdings nicht in entsprechender Tiefe und Kontinuität.
In Bezug auf die demographische Segregation erscheint es notwendig, weitere demographische Gruppen einzubeziehen. Insbesondere bei den jungen Haushalten kann eine stärkere Überlagerung mit der sozialen Segregation festgestellt werden.
Des Weiteren stellt die empirische Untersuchung im Wesentlichen die Momentaufnahme eines schrumpfenden Ortsteils dar. Inwiefern die sozialräumlichen Muster und Mobilitätsprozesse, die im Untersuchungsgebiet beobachtet werden konnten, auf andere schrumpfende Ortsteile übertragbar sind, bleibt offen. Zudem würde der Vergleich mit einem wachsenden Ortsteil zusätzliche Erkenntnisse bringen. Dies konnte aber im Rahmen der Untersuchung, angesichts beschränkter Ressourcen nicht geleistet werden. Gleiches gilt für die gesamtstädtische Ebene. Auch hier wäre ein Vergleich mit einer alternativen schrumpfenden Stadt - aber auch mit einer wachsenden Stadt - ein zusätzlicher Erkenntnisgewinn.
Glossar
Altenquotient
Der Altenquotient gibt das statistische Verhältnis der Menschen an, die (meist ab 65 bzw. 60 Jahren) nicht mehr im erwerbsfähigen Alter sind, zu denen, die sich im erwerbsfähigen Alter befinden (meist ab 15 bzw. 20 Jahre bis 64 bzw. 59 Jahre). Er bezieht sich dabei immer auf eine bestimmte Bevölkerung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Üblich ist die Berechnung eines Altenquotienten aus der Zahl von Personen im Alter ab 65 Jahren bezogen auf die Zahl der 15- bis 64-Jährigen (also bezogen auf die Zahl der Personen im typischen Erwerbsalter). Der Quotient wird nach folgender Rechenvorschrift gebildet: Altenquotient = Personen über 65 Jahre / Personen von 15 bis 65 Jahre.
Altersindex
Der Altersindex beschreibt die Relation zwischen Personen, die älter als 65 Jahre und Personen, die jünger als 15 Jahre sind. Der Index wird nach folgender Rechenvorschrift gebildet: Personen über 65 Jahre / Personen unter 15 Jahre*100
Äquivalenzeinkommen
Um die Einkommen von Haushalten unterschiedlicher Größe miteinander vergleichen zu können, ist eine Äquivalenzskala erforderlich. Herangezogen werden kann entweder die alte OECD-Skala (1. Person im Haushalt: Gewicht 1, weitere Haushaltsmitglieder ab 15 Jahren: Gewicht 0,7 und Jugendliche unter 15 Jahre: Gewicht 0,5) oder die neue OECD-Skala (1. Person im Haushalt: Gewicht 1, weitere Haushaltsmitglieder abl5 Jahren: Gewicht 0,5 und Jugendliche unter 15 Jahren: Gewicht 0,3).
Jugendquotient
Der Jugendquotient wird analog zum Altenquotient gebildet, bezieht sich aber auf das mathematische Verhältnis der Personen unter 15 Jahren zu den Erwerbstätigen.
Leerstand
Hinsichtlich des Leerstands kann zwischen marktaktivem und strukturellem Leerstand unterschieden werden. Der marktaktive Leerstand beschreibt den Anteil der leer stehenden Wohnungen an allen am Markt angebotenen Wohnungen. Der strukturellen Leerstand beinhaltet dagegen auch Wohnungen die nicht am Markt angeboten werden.
prekärer Wohlstand
Der prekäre Wohlstand beschreibt die Einkommen, welche zwischen 50 und 75 Prozent des durchschnittlichen Äquivalenzeinkommens liegen.
Literatur
Atteslander, P. / Hamm, B. (1974): Materialien zur Siedlungssoziologie. Köln.
Autorenkollektiv (1972): Halle-Neustadt. Plan und Bau der Chemiearbeiterstadt. Berlin.
Bähr, J. / Jentsch, C. / Kuls, W. (1992): Bevölkerungsgeographie - Eine Einführung. Berlin.
Bähr, J. / Jürgens, U. (2005): Stadtgeographie. Regionale Stadtgeographie. Braunschweig.
Beck, U. (1986): Risikogesellschaft. Auf dem Weg in die andere Moderne. Frankfurt / Main.
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Frau Jackisch-Tetzel, amtliche Sachgebietsleiterin, Sozialamt Leipzig-Süd.
Herr Eßbach, LWB-Pressesprecher.
Anhangsverzeichnis
Anhang I
Anhang 1: Anschreiben an die Bewohner
Anhang 2: Fragebogen
Kartenanhang
Karte 1: Einwohnerentwicklung in den Leipziger Ortsteilen von 1999 bis 2007 144
Karte 2: Kommunale Gebietsgliederung Leipzig 145
Karte 3: Verteilung der Baustrukturtypen in Leipzig-Mockau (Kartentasche)
Karte 4: Verteilung der Wohnungsleerstände in Leipzig-Mockau (Kartentasche)
Karte 5: Übersicht Befragungsquartiere in Leipzig-Mockau (Kartentasche)
Tabellenanhang
Tabelle ATEntwicklung der Segregationsindizes der Leipziger Arbeitslosen und der gesamtstädtischen Arbeitslosenquote von 1996 bis 2007
Tabelle A2: Entwicklung der Segregationsindizes der Ausländer und des gesamtstädtischen Ausländeranteils in Leipzig von 1992 bis 2007
Tabelle A3: Entwicklung der Segregationsindizes der Senioren und des Altenquotienten in Leipzig von 1992 bis 2007
Tabelle A4: Entwicklung der Dissimilaritätsindizes Senioren / Kinder unter 15 Jahren in Leipzig und Altersindex von 1992 bis 2007
Tabelle A5: Korrelationskoeffizienten (nach Pearson) auf gesamtstädtischer Ebene
Tabelle A6: Korrelationskoeffizienten (nach Pearson) Typ 01
Tabelle A7: Korrelationskoeffizienten (nach Pearson) Typ 02
Tabelle A8: Korrelationskoeffizienten (nach Pearson) Typ 03
Tabelle A9: Korrelationskoeffizienten (nach Pearson) Typ 04
Tabelle AIO: Korrelationskoeffizienten (nach Pearson) Typ 05
Tabelle All: Korrelationskoeffizienten (nach Pearson) Mockau gesamt
Tabelle A12: Altersstruktur der Untersuchungspopulation
Tabelle Al 3: Haushaltsstruktur der Untersuchungspopulation
Tabelle A14: Erwerbs- und Beschäftigungsstruktur der Untersuchungspopulation
Tabelle A15: Allgemeinbildes Qualifikationsniveau der Untersuchungspopulation
Tabelle A16: Berufsbildendes Qualifikationsniveau der Untersuchungspopulation
Tabelle A17: Verteilung der Berufspositionen der Untersuchungspopulation
Tabelle A18: Einkommensstruktur der Untersuchungspopulation
Tabelle A19: Wohnungsmerkmale nach Baustrukturtypen
Tabelle A20: Wegzugspotentiale nach Befragungsquartieren
Tabelle A21: Leerstandverteilung im Untersuchungsgebiet Leipzig-Mockau
Anhang 1 - Anschreiben an die Bewohner
Liebe Hausbewohner und Hausbewohnerinnen,
Im Rahmen meiner Diplomarbeit findet in diesen Tagen eine Haushaltsbefragung in Mockau statt. Die Studienarbeit beschäftigt sich dabei mit aktuellen Stadtentwicklungsprozessen in Leipzig und insbesondere in Mockau. Die Befragung soll dazu dienen, einen Eindruck über ihre aktuelle Wohnsituation, die Zufriedenheit mit dem Stadtteil und über mögliche Entwicklungen zu bekommen.
Die Beantwortung der Fragen ist nicht schwierig und wird etwa 10 bis 15 Minuten in Anspruch nehmen.
Die Fragebögen werden am zwischen und Uhrvon miroder einem Helfer persönlich überreicht und zwei Tage später wieder abgeholt. Die Beantwortung der Fragen ist selbstverständlich freiwillig.
Ich garantiere ich Ihnen, dass alle Angaben anonymisiert bleiben, absolut vertraulich behandelt werden und nur im Rahmen dieser Untersuchung verwendet werden.
Wenn Sie inhaltliche oder andere Nachfragen haben, können Sie eine derfolgenden Nummern anrufen:
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Arndt.
Anhang 2 - Fragebogen
Teil A: WOHNSITUATION
Im Folgenden werden Ihnen Fragen zu Ihrer derzeitigen Wohnsituation gestellt.
Dabei sind vor allem Aspekte der Wohnung und des Wohnumfeldes von Bedeutung.
1. Wie lange wohnen Sie schon in Mockau?
-i ich wohne seit ... Jahren in Mockau
-2 Ich wohne schon immer in Mockau (weiter mit Frage 6)
2. Wo haben sie vorher gewohnt?
-i Im Leipziger Stadtteil,
-2 Außerhalb von Leipzig.
3. Warum sind sie damals nach Mockau gezogen? (mehrere Antworten möglich)
-i bekam hier eine Wohnung zugewiesen
-2 haben passende Wohnung gesucht und hier gefunden
-3 wollte gern nach Mockau und habe gezielt hier gesucht
-4 Stadtteil hatte einen guten Ruf
-5 Freunde / Verwandte wohnen hier
-6 Habe früher schon einmal in Mockau gewohnt
-7 Nähe zum Arbeitsplatz
-8 Anderer Grund, nämlich
4. Wie haben Sie ihre jetzige Wohnung gefunden?
-1 Makler
-2 Zeitung
-3 Internet
-4 Freunde / Bekannte
-5 Sonstiges
5. Wie gut kannten sie ihrjetziges Wohngebiet vorher?
-1 sehr gut U2 mittelmäßig U3 gar nicht
6. Wie zufrieden sind sie mit ihrem jetzigen Wohngebiet?
-i sehr zufrieden U2 teils - teils U3 gar nicht zufrieden
7. Wenn Sie den Stadtteil Mockau mit anderen Leipziger Stadtteilen vergleichen, wie würden Sie werten?
-i.ist einer der qualitativ besseren Stadteile
-2.ist ein Stadtteil wie jeder andere auch
-3.ist einer der qualitativ schlechteren Stadtteile
-4.kann ich nicht beurteilen
8. wie beurteilen Sie ihr direktes Wohnumfeld im Vergleich zu anderen Gegenden im Stadtteil?
-1.ist eine der qualitativ besseren Gegenden
-2.ist eine Gegend wie jede andere auch
-3.ist eine der qualitativ schlechteren Gegenden
-4.kann ich nicht beurteilen
9. Wie zufrieden oder unzufrieden sind sie mit folgenden Bereichen ihres Wohnumfeldes?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
10. Wie zufrieden oder unzufrieden sind sie mit folgenden Bereichen ihrer Wohnung / ihres Wohnhauses?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
11. Wie zufrieden sind sie mit Ihrerjetzigen Wohnung?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
12. Würden Sie einem guten Freund raten nach Mockau zu ziehen?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Teil B: UMZUGSÜBERLEGUNGEN
Die nächsten Fragen beschäftigen sich mit möglichen Umzugsüberlegungen.
Dabei ist von Bedeutung wo Sie sich vorstellen könnten in Zukunft zu leben und aus welchen Gründen.
13. Planen Sie in absehbarer Zeit einen Umzug?
-i ja U2 nein (weiter mit Frage 20)
14. Wenn sie umziehen wollen, wie konkret sind ihre Pläne?
-i sehr konkret, innerhalb des nächsten halben Jahres ziehe ich um
-2 recht konkret, in den nächsten 1 bis 2 Jahren ziehe ich um
-3 eher unkonkret, will aber ganz bestimmt umziehen
-4 unkonkret, möchte vielleicht umziehen
15. Was sind für Sie Gründe für einen Umzug? (mehrer Antworten möglich)
-1 Arbeitsplatzwechsel
-2 Krankheit / Behinderung
-3 Wohnung ist zu klein
-4Wohnung ist zu groß
-5 Wohnung ist zu teuer
-6 ich möchte näher bei Verwandten / Freunden / beim Partner sein
-7 Verschlechterung des sozialen Umfelds
-8 generelle Unzufriedenheit mit Wohnung und Vermieter
-9 generelle Unzufriedenheit mit dem Stadtteil
16. Wo sollte dann ihre nächste Wohnung liegen?
-1 weiterhin in Mockau (weiter mit Frage 18)
-2 in einem anderen Leipziger Stadtteil, nämlich
-3 im Umland von Leipzig
-4 in einer anderen Stadt
-5 das ist mir egal
17. Welche dieser Eigenschaften sollte ihr zukünftiges Wohnumfeld aufweisen? (mehrere Antworten möglich)
-4 gutes soziales Umfeld
-2 attraktive, stilvolle Bebauung
-3 Grün in der Umgebung
-4 gute Verkehrsanbindung (Straßenbahn, Bus, usw.)
-5 Einkaufsmöglichkeiten
-6 Nähe zur Innenstadt
-7 Sauberkeit
-s Ruhe
-9 Sicherheit (vor allem Nachts)
-10 Parkmöglichkeiten
-n Sonstiges
18. Welche dieser Wohnmöglichkeiten könnte für Sie in Zukunft in Frage
-1 Mietwohnung
-2 Eigenheim im Umland
-3 Seniorenresidenz / betreutes Wohnen
19. Welcher Bautyp würde für eine zukünftige Wohnung in Frage kommen?
-i Gründerzeitlicher Altbau (erbaut vor 1919)
-2 Siedlungsreihenhäuser der 20er und 30er Jahre
-3 Altneubauten der 50er und 60er Jahre
-4 Plattenbauten der 70er und 80er Jahre
-5 Neubau ab 1990
-6 das spielt für mich keine Rolle
-7 das weiß ich noch nicht
Teil C: STADTSCHRUMPFUNG
Das Phänomen der Stadtschrumpfung beschreibt einen Bevölkerungsrückgang, wie er zur Zeit in ostdeutschen Städten wie Leipzig zu beobachten ist. Innerhalb der Stadt Leipzig schrumpfen aber nicht alle Stadtgebiete gleichermaßen, einige Stadtteile verzeichnen sogar Einwohnerzuwächse. Diese resultieren zum Beispiel aus innerstädtischen Umzügen. Nachfolgend werden Ihnen nun einige Fragen gestellt, wie Sie diese Entwicklung einschätzen.
20. Wie stark war Mockau in den letzten 10 Jahren von Schrumpfung betroffen?
-i sehr stark U2 mäßig
-3 weniger U4 gar nicht
21. Was glauben Sie, wie werden sich die Einwohnerzahlen in Mockau in den nächsten 5 Jahren entwickeln?
-1 werden steigen U2 werden gleich bleiben U3 werden sinken
22. Glauben Sie, dass Initiativen und Fördermaßnahmen der Stadt Leipzig dazu beitragen können die Schrumpfung aufzuhalten?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
23. Was denken sie welche Auswirkungen die Stadtschrumpfung auf Mockau haben wird? Bitte bedenken sie dabei, dass selbst wenn ihr Wohngebiet nicht schrumpft, Auswirkungen in ihrem Umfeld spürbar werden könnten, (mehrere Antworten möglich)
-1 es wird insgesamt ruhiger sicherer
-2 Wohngebiet wird insgesamt sauberer
-3 Anteil der Familien wird abnehmen
-4 Anteil der sozial schwacher wird zunehmen
-5 Umweltqualität wird sich verbessern
-6 Stadtteilzentren werden ausgebaut
-7 Freizeiteinrichtungen werden abnehmen
Teil D Statistik
Sie haben es gleich geschafft. Abschließend noch einige statistische Frage zu Ihrer Wohnung und ihrer Person.
24. Wie groß ist ihre Wohnung (bei Ein- und Zweifamilienhäusern: Ihr Haus, bei Wohngemeinschaften: die ganze Wohnung)?
. m2 und hat ... Wohnräume (ohne Bad, Flur und Küche)
25. Mit wem leben Sie in dieser Wohnung zusammen?
-1 Ich lebe allein (weiter mit Frage 26)
-2 Ich lebe mit Partner/in, aber ohne Kinder
-3 Ich lebe in einer Wohngemeinschaft
26. Wie viele Personen leben ständig in ihrem Haushalt?
. Personen, darunter ...Kinder unter 18 Jahreund / oder ... Kinder über 18Jahre
27. Wie hoch ist die monatliche Warmmiete (einschließlich Nebenkosten) für ihre Wohnung / Ihr Haus (bei Wohngemeinschaften die gesamte Wohnung)? Wenn sie Wohneigentum besitzen, geben Sie bitte Ihre monatlichen Belastungen an.
-ibis 199 € assoo-sgge
-2 200 - 299 € a6600 - 699 €
-3 300 - 399 € □/ 700 - 799 €
-4 400 - 499 € a8 800 € und mehr
28. Welchen höchsten allgemeinen Schulabschluss haben Sie?
1 Schule beendet ohne Abschluss vor Erreichen der 8. Klasse
2 POS, mit Abschluss 8. oder 9. Klasse / Haupt- oder Volksschule
3 POS, 10 Klasse Abschluss, (mittlere Reife), Realschulabschluss
4 Fachhochschulreife
5 allgemeine oderfachgebundene Hochschulreife (EOS, Gymnasium)
6 anderen Schulabschluss, nämlich
29. Welchen höchsten beruflichen Ausbildungsabschluss haben Sie?
1 beruflich-betriebliche Anlernzeit mit Abschlusszeugnis, aber keine Lehre
2 Teilfacharbeiterabschluss
3 abgeschlossene Lehre, Facharbeiter
4 berufliches Praktikum, Volontariat
5 Fachschul-, Meister-, Techniker- oder gleichwertiger Fachschulabschluss
6 Fachhochschulabschluss
7 Hochschulabschluss
8 anderer beruflicher Ausbildungsabschluss, nämlich
9 ich bin noch in der Ausbildung (Azubi / Student/in / Lehrling)
10 keinen beruflichen Ausbildungsabschluss
30. Sie sind derzeit.
1 vollzeiterwerbstätig (mind. 35 h / Woche) ü2 in Teilzeit / stundenweise erwerbtätig
3 in ABM ü4 in Umschulung
3 Promotionsstudent/in ü6 In Ausbildung (Azubi / Student/in)
5 In Mutterschutz / Elternzeit U8 arbeitslos / auf Arbeitssuche
7 Hausfrau / Hausmann Rentner/in
9 Aus anderen Gründen nicht erwerbstätig
32. In welcher beruflichen Stellung sind Sie derzeit bzw. waren Sie zuletzt tätig? (nur eine Nennung möglich)
-1 ungelernter Arbeiter
-2 angelernter Arbeiter
-3 gelernter oder Facharbeiter
-4 Vorarbeiter / Kolonnenführer
-5 Meister / Poliere
-6 mit einfacher Tätigkeit (Verkäufer/in)
-7 mit qualifizierter Tätigkeit (Sachbearbeiter/in)
-8 Leitungsfunktion (Ingenieur, Abteilungsleiter)
-9 mit umfassenden Führungsaufgaben (Direktor, Geschäftsführer)
-10 selbstständiger Landwirt
-14 einfacher Dienst
-11 selbstständige Akademiker
-15 mittlerer Dienst
-12 sonstige freie Berufe
-16 gehobener Dienst
-13 mithelfende Familienangehörige
-17 höherer Dienst
33. Wenn Sie alle Einkünfte aus Erwerbstätigkeit, Renten, Arbeitslosen- und Kindergeld, usw. zusammenrechnen: Wie viel Geld hat ihr Haushalt im Monat zur Verfügung?
-1 unter 500 Euro
-2 500 - 899 Euro
-3 900- 1.299 Euro
-4 1.300- 1.499 Euro
-5 1.500- 1.699 Euro
-6 1.700- 1.999 Euro □7 2.000-2.599 Euro
-8 2.600-3.199 Euro □9 3.200 - 3.999 Euro
-10 4.000 Euro und mehr
Sie haben es geschafft! Vielen Dank für ihre Unterstützung !
Kartenanhang
Karte 1: Einwohnerentwicklung in den Leipziger Ortsteilen von 1999 bis 2007
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung, Datenrundlage: Stadt Leipzig (Hg.): Ortsteilkataloge 2000 und 2008
Karte 2: Kommunale Gebietsgliederung (Leipzig, Gebietsstand 01.01.2001)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Stadt Leipzig (Hg.): Ortsteilkatalog 2008
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabellenanhang
Tabelle Al: Entwicklung der Segregationsindizes der keipzigerArheilslosen und der gesamtstädtischen Arbeitslosenquote von 1996 bis 2007 (*1996: 48 Ortsteile, 1999 bis 2007: 63 Ortsteile)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Berechnungen, Datengrundlage: Stadt Leipzig (Hg.): Statistische Jahrbücher der Ifd. Jahre, Ortsteilkataloge der Ifd. Jahre
TabelleA2: Entwicklung der Segregationsindizes derAusländer und desgesamtstädtischenAusländeranteils in Leipzig •von 1992 bis 2007 (*1992 bis 1996: 48 Ortsteile, 1999 bis 2007: 63 Ortsteile)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Berechnungen, Datengrundlage: Stadt Leipzig (Hg.): Statistische Jahrbücher der Ifd. Jahre, Ortsteilkataloge der Ifd. Jahre
TabelleA3: Entwicklung der Segregationsindizes der Senioren und desAltenquotienten in Leipzig von 1992 bis 2007 (*1992 bis 1996: 48 Ortsteile, 1999 bis 2007: 63 Ortsteile)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Berechnungen, Datengrundlage: Stadt Leipzig (Hg.): Statistische Jahrbücher der Ifd. Jahre, Ortsteilkataloge der Ifd. Jahre
Tabelle A4: Entwicklung der Dissimilaritätsindizes Senioren /Kinder unter 15 Jahren in Leipzig und Allersindex (*1992 bis 1996: 48 Ortsteile, 1999 bis 2007: 63 Ortsteile)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Berechnungen, Datengrundlage: Stadt Leipzig (Hg.): Statistische Jahrbücher der Ifd. Jahre, Ortsteilkataloge der Ifd. Jahre
TabelleA5: Korrelationskoeffizienten (nach Pearson) auf gesamtstädtischer Ebene
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: EigeneBerechungen, Datengrundlage: Stadt Leipzig (Hg.): GWZ (1995), Monitoringberichte 2003 und 2007, Ortsteilkataloge 1997, 2004, 2008
T'abelleA6: Korrelationskoeffizienten (nach Pearson) Typ 01
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Berechnungen, Datengrundlage: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
Tabelle A7: Korrelationskoeffizienten (nach Pearson) Typ 02
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Berechnungen, Datengrundlage: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
TabelleAS: Korrelationskoeffizienten (nach Pearson) Typ 03
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Berechnungen, Datengrundlage: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
Tabelle A9: Korrelationskoeffizienten (nach Pearson) Typ 04
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Berechnungen, Datengrundlage: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
TabelleAlO: Korrelationskoeffizienten (nach Pearson) Typ 05
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anmerkung: Bei den Korrelationen für den Typ 05 (Geschossbauten der 1970er/1980er Jahre), wurden die unsanierten Bestände im Befragungsquartier 5.2 nicht berücksichtigt, da diese Daten stark verzerrt sind.
TabelleAll: Korrelationskoeffizienten (nach Pearson)Mockau gesamt
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Berechnungen, Datengrundlage: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
Anmerkung: Bei den Korrelationen für den gesamten Ortsteil Leipzig-Mockau wurden die Einfamilienhausbestände (Typ 03 und 6.2) nicht berücksichtigt, da dort keine vakanten Gebäude registriert wurden.
Tabelle Al2:A!tersstruktur der Untersuchungspopulation (alle Angaben in Prozent)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle A13:Haushaltsstruktur der Untersuchungspopulation (alle Angaben in Prozent)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
TabelleAlA: Erwerbs- undBeschäftigungsstruktur der Untersuchungspopulation (alle Angaben in Prozent)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
TabelleA15:Allgemeinbildes Qualifikationsniveau der Untersuchungspopulation (alle Angaben inProzent)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
TabelleA16:Berufsbildendes Qualifikationsniveau der Untersuchungspopulation (alle Angaben inProzent)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
Tabelle A17: Verteilung der Berufspositionen der Untersuchungspopulation (alle Angaben in Prozent)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
Tabelle .118: Einkommensstruktur der Untersuchungspopulation (alle Angaben in €)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle A19: Wohnungsmerkmale nach
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
Tabelle A20: Wegzugspotentiale nach Befragungsquartieren (alle Angaben in Prozent)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
TabelleA21: Leerstandverteilung im UntersuchungsgebietLeipzig-Mockau nach Befragungsquartieren
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Erhebung (Juni / Juli 2008)
Anmerkung: Einfamilienhäuser des Typs 03 und 6.2 wurden bei der Leerstandschätzung nicht berücksichtigt, da keine vakanten Gebäude registriert werden konnten. Befragungsquartier 6 bezieht sich auf die Geschossbauten der 1990er und 2000er Jahre (Typ 6.1).
[...]
1 Steinführer (2004: 34) weist in diesem Zusammenhang daraufhin, dass die Segmentation des Wohnungsmarktes nicht a priori existiert, sondern analytisch in Abhängigkeit zur Fragestellung nach bestimmten Kriterien gebildet wird.
2 Hradil weist aber daraufhin, dass diese Dimensionen schon immer bestanden haben und deswegen keineswegs neu sind. Das Neue an diesen Dimensionen ist vor allem in der Durchsetzung im politischen Willensbildungsprozess und der öffentlichen Anerkennung zu sehen (Hradil 1987: 146).
3 Eine ausführliche Diskussion der Bewertung der Segregation findet sich bei Häussermann und Siebel 2002: 36 ff.
4 Eine kritische Reflexion der Individualisierungsthese findet sich bei Friedrichs (1998): Die Individualisierungs-These. Eine Explikation im Rahmen der Rational-Choice-Theorie. In: Friedrichs, J. (Hg.): Die Individualisierungsthese, S. 33 - 47, Opladen.
5 Beispielsweise wurden für den Leipziger Ortsteil Gohlis bereits im Jahr 1890 „Ortsstatuarische Bestimmungen“ (Pro Leipzig 1996: 23) erlassen, die eine offene bzw. halboffene Bebauung festsetzten und gewerbliche Nutzung nicht erlaubte (ebd.).
6 Diese Werte stellen Durchschnittswerte dar. In Mockau-Süd stieg die Arbeitslosenquote im angegebenen Zeitraum um etwa 17 Prozentpunkte. In Mockau-Nord ist dagegen ein leichter Rückgang (-1,6 Prozentpunkte) der Arbeitslosigkeit feststellbar. Des Weiteren sind das Durchschnittsalter und der Altenquotient in Mockau-Nord deutlich höher als in Mockau-Süd.
7 Definition siehe Glossar
8 Die Abbildungen (Fotos) 7 bis 16 wurden im Untersuchungszeitraum vom Verfasser selbst aufgenommen.
9 Definition siehe Glossar
10 Zwischen Erwerbstätigen und sozialversicherungsptlichtigen Beschäftigten (SVP-Beschäftigte) bestehen quantitative Unterschiede, die sich aus den unterschiedlichen Zählweisen ergeben. Beamte und Selbstständige werden bei den SVPBeschäftigten bspw. generell nicht aufgenommen. Durch diese Zählweise werden aber nur 72 Prozent der Erwerbstätigen erfasst (Winkler 2001: 163; Pohlan 2004: 206). Die Zahl der SVP-Beschäftigten gibt demnach nur bedingt Auskunft über den Anteil wirtschaftlich aktiver Bevölkerung. Da vor 1993 keine Daten über die SVP-Beschäftigten vorlagen entsprechen die Zahlen bis dahin den Erwerbstätigen.
11 Normalerweise werden die SVP-Beschäftigten ins Verhältnis zu der erwerbsfähigen Bevölkerung zwischen 15 und 65 Jahren gesetzt. Die Bezugnahme auf die Gesamtpopulation erscheint aber sinnvoll, da so auch der hohe Seniorenanteil mit berücksichtigt wird und der wachsende Anteil der wirtschaftlich inaktiven Bevölkerung besser dargestellt werden kann.
12 Allerdings gab es zum Teil starke regionale Unterschiede. Beispielsweise stieg die Arbeitslosigkeit in den Städten Jena, Chemnitz, Rostock oder Leipzig deutlich stärker an als bspw. in Potsdam. Während sich die Arbeitslosigkeit in den erstgenannten Städten bis 1996 fast verdoppelte, stieg der Erwerbslosenanteil in Potsdam im selben Zeitraum lediglich um 1,7 Prozentpunkte. Die Ursachen dafür liegen einerseits im Bedeutungsgewinn durch die Rolle als Landeshauptstadt, andererseits konnte Potsdam von der Nähe zu Berlin profitieren (Dangschat 1997: 106 f).
13 Definition siehe Glossar
14 Der Anteil der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss betrug im Schuljahr 1995/96 knapp neun Prozent. Im Schuljahr 2005/06 waren es bereits 11 Prozent (Stadt Leipzig (Hg.): Statistisches Jahrbuch 1997,2007).
15 Definition siehe Glossar
16 Eine ausführliche Beschreibung der ostdeutschen Suburbanisierungsprozesse findet sich bspw. bei Bertram und Kollmorgen (2001), Brake u. a. (2001) oder Gaebe (2004).
17 So begünstigten Sonderabschreibungen (Fördergebietsgesetzt Ost), Wohnungsbauförderungen des Bundes und der neuen Länder sowie ungeklärte Restitutionsansprüche im Bestand und Planungsvereinfachungen die Suburbanisierung in Ostdeutschland in entscheidendem Maße (Herbert 1998: 764 f.)
18 Definition siehe Glossar
19 Die Restitution wurde im Einigungsvertrag 1990 festgeschrieben und beschreibt die Wiederherstellung der Eigentümerstrukturen von 1933 (Lang / Tenz 2003: 25). Eine Ausführliche Beschreibung des Restitutionsverfahrens findet sich bspw. bei Reimann (1997) und Dieser (1996).
20 Infolge der zunehmenden Verschlechterung der Bausubstanz wurden ab den 1970er Jahren flächenhaft Altbaubestände abgerissen und teilweise durch industriell gefertigte Neubauten ersetzt. Erst in den 1980er Jahren wurden bestandserhaltende Projekte in Angriff genommen, da der Neubau die durch Unbewohnbarkeit entstandenen Abgänge nicht mehr kompensieren konnte (Reichart 2001: 44).
21 Die Subventionierung der Mietwohnungen hielt das Preisniveau künstlich auf dem Stand von 1936 und ermöglichte jedem Bürger eine erschwingliche Wohnung. Wohnkosten zwischen 0,80 und 1,25 Mark der DDR pro Quadratmeter belasteten die Arbeitnehmerhaushalte mit weniger als drei Prozent ihres Monatseinkommens daher kaum (Harth 1997: 259; Franz 2000: 163; Glatter 2007: 27).
22 In diesem Zusammenhang sind vor allem das Gesetz zur Erleichterung des Wohnungsbaus (1990), das Gesetz zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland (1993) sowie das Wohnraummodernisierungsprogramm (1997) und dessen Fortschreibungen zu nennen (Lang / Tenz 2003: 41).
23 Die Bezugnahme auf die Leipziger Ortsteile erscheint aus mehreren Gründen sinnvoll. Erstens stehen die Daten auf dieser Aggregatebene zur Verfügung. Zweitens kann davon ausgegangen werden, dass die Präferenz für einen bestimmten Wohnstandort sich nicht in dem Wunsch ausdrückt, in einem bestimmten statistischen Bezirk oder einer bestimmten Straße zu wohnen. Von Ortsteilen gehen deutlich stärkere Symbolwirkungen aus, welche die Wohnstandortentscheidungen der Haushalte beeinflussen. Das zeigt bspw. die Untersuchung von Wiest (1997) in drei Leipziger Altbauquartieren Mitte der 1990er Jahre (ebd.: 102).
24 Typ 06 differenziert sich des Weiteren in die Typen 6.1 (Mehrfamilienhäuser der 1990er/2000er Jahre) und 6.2 (Einfamilienhäuser der 1990er/2000er Jahre).
25 Bei den Einfamilienhäusern (Typ 03 und Typ 6.2) wurde ein Anschreiben injeden zweiten Briefkasten des jeweiligen Hauses eingeworfen.
26 Dies konnte auch schon in anderen Segregationsanalysen beobachtete werden, bei denen Segregationsindizes Anwendung gefunden haben (bspw. bei Kapphan 2004: 52)
27 Die Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II. Diese laufenden Leistungen werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind (Stadt Leipzig 2008b).
28 Ähnlich beschreibt Stichel (2005), dass der aktive Einfluss stadt- und arbeitsmarktpolitischer Akteure nur geringen Einfluss auf die Wohnstandortwahl der Arbeitslosen hat. Relevanter sind in diesem Zusammenhang die zur Verfügung stehenden ökonomische Ressourcen der Arbeitslosen (ebd.: 109 f.).
29 Wohnraum wurde in der DDR nach gesellschaftspolitischen, volkswirtschaftlichen und sozialen Kriterien vergeben (Hinrichs 1996: 254, Häussermann 1996: 18). Zudem war das Grundrecht auf Wohnen in der Verfassung der DDR rechtlich verankert und wurde über die staatliche Lenkung und Zuweisung von Wohnraum umgesetzt (Hinrichs 1996: 253). Es bestand prinzipiell kein Anspruch auf eine bestimmte Wohnung, so dass für etwa 60 Prozent der Bevölkerung die kommunale Zuweisung der Wohnung zum Regelfall wurde (ebd.: 257). Die sozialen Aspekte der Wohnraumvergabe basierten auf der Familien- und Sozialpolitik der DDR. Kinderreichen Familien jungen Ehepaaren ohne eigene Wohnung sowie allein erziehenden Müttern wurde dabei bevorzugt eine Wohnung vermittelt (Häussermann 1996: 18).
30 Segregationstendenzen, die auf demographischen Merkmalen basieren, konnten auch in anderen sozialistischen Staaten festgestellt werden, bspw. in der Tschechoslowakei (Musil 1974) oder in Polen (Dangschat 1985).
31 Ähnlich beschreibt Rink (2002) am Beispiel von drei Leipziger Ortsteilen die kognitiven Dissonanzen bzw. die sozialen und lebensweltliche Entfernung zwischen demographisch jüngeren und älteren Milieus und deren Ausprägung im Raum (ebd.: 95).
32 Diese Informationen basieren auf einer Internetrecherche (Tabellenanhang II! Daten-CD).
33 Anhand der Wohngemeinschaften werden zwei Dinge deutlich. Zunächst zeigt sich, welche spezifischen Präferenzen bei den Studenten hinsichtlich Wohnform und Baustrukturtyp bestehen, zumal 71 Prozent der in Mockau angetroffenen Studenten in den Gründerzeitbeständen wohnen und davon etwas mehr als die Hälfte (57 Prozent) in einer Wohngemeinschaft. Des Weiteren zeigt sich, dass diese Wohnform es - über eine gemeinschaftlich hohe Mietzahlungsfähigkeit - auch Haushalten mit geringen ökonomischen Ressourcen erlaubt, von gut ausgestattetem, attraktivem Wohnraum zu partizipieren (Droth / Dangschat 1985: 170). Das zeigt sich vor allem daran, dass sich die monatlichen Wohnkosten der Wohngemeinschaft im Durchschnitt zwischen 300 und 399 € bewegen, während das durchschnittliche Äquivalenzeinkommen dieser Personen lediglich 312 € beträgt.
34 Die altersstrukturellen Verschiebungen beim allgemeinbildenden Qualifikationsniveau sind auf die seit den späten 1960er Jahren zunehmende Bildungsexpansion zurückzuführen. Während 1970 noch mehr als die Hälfte (53 Prozent) derjenigen, welche die 7. Klasse besuchten, sich auf der Hauptschule befanden, waren es 1980 noch 38 und 1989 mit 32 Prozent weniger als ein Drittel (Schildt 2001: 37).
35 Hoher Schulabschluss: Fachabitur, Abitur; Mittlerer Schulabschluss: mittlere Reife, 10. Klasse-Abschluss, Realschulabschluss; Niedriger Schulabschluss: kein Schulabschluss, Haupt- oder Volksschulabschluss (bezogen auf Harth u. a. 1998: 91)
36 Hoher Berufsabschluss: Fachhochschul- oder Hochschulabschluss; Mittlerer Berufsabschluss: Meister, Ingenieur, usw.; Niedriger Berufsabschluss: kein Berufsabschluss, in Ausbildung , berufliche Anlernzeit mit Zeugnis, berufliches Praktikum / Volontariat, Teilfacharbeiterabschluss, abgeschlossene Lehre / Facharbeiterabschluss (bezogen auf Harth u. a. 1998: 91)
37 Um den sozioökonomischen Status der in Mockau quantitativ großen Gruppe der Rentner erfassen zu können, wurde gefragt: „In welcher beruflichen Stellung sind Sie derzeit bzw. waren Sie zuletzt tätig?“ (Fragebogen im Anhang: Frage 41). Danach wurden die angegebenen beruflichen Stellungen wie folgt kategorisiert: Hohe Berufsposition: leitende Angestellte, Führungskräfte, Selbständige, gehobene und höhere Beamte; Mittlere Berufsposition: Vorarbeiter / Polier, Meister, mittlere Angestellte, einfache / mittlere Beamte; Niedrige Berufsposition: mithelfende Familienangehörige, ungelernte Arbeiter, angelernte Arbeiter, einfache Facharbeiter, einfache Angestellte (bezogen auf Harth u. a. 1998: 91).
38 Da bei der Datenerhebung nicht erfasst wurde, ob Kinder unter oder über 15 Jahren im Haushalt leben, sondern ob Kinder unter / über 18 Jahre im Haushalt leben, wird hier ein angenähertes Äquivalenzeinkommen verwendet. Dabei zählt die erste Person = 1, die zweite Person und Kinder über 18 Jahren werden mit = 0,7 und Kinder unter 18 Jahren mit = 0,6 gewichtet. Nach der ,alten’ OECD Berechnung wären es normalerweise für die zweite Person über 15 Jahren 0,7 und für Kinder unter 15 Jahren 0,5 Gewichtung. Die hier vorgeschlagene Gewichtung der unter 18-Jährigen ergibt sich aus den Mittelwerten der weiteren Haushaltsmitglieder unter / über 15 Jahren. Für die Gewichtung der über 18-Jährigen wurde der Wert 0,7 beibehalten. Beispiel: in einer vierköpfigen Familie erwirtschaften die Eltern zusammen 5000 €, ein Kind ist 16 Jahre, ein weiteres Kind ist 18 Jahre. Das Äquivalenzeinkommen beträgt demnach 5000 / (1 + 0,7 + 0,6 + 0,7) = 1667 €.
39 Alle Befragten im Quartier 2.3 gaben an, über 600 bis 699 € im Monat zu verfügen. Da es sich hierbei ausschließlich um Rentner und junge Arbeitslose handelt, kann davon ausgegangen werden, dass die tatsächlichen Bezüge eher im unteren Drittel dieser Einkommenskategorie liegen dürften. Aus diesem Grund wurden diese Einkommen auf den Betrag von 600 € festgesetzt.
40 Im Befragungsquartier 2.3 beträgt der Arbeitslosenanteil sogar 40 Prozent. Allerdings ist hier angesichts geringer Fallzahlen keine Repräsentativität gegeben.
41 Die Inkonsistenzen, welche zwischen dem allgemeinbildenden und dem berufsbildenden Qualifikationsniveau sowie der später eingenommen Berufsposition bestehen, verdeutlicht die spezifische soziale Mobilität der älteren Kohorten in der Nachkriegszeit. Diese Inkonsistenzen konnten auch in anderen Studien festgestellt werden (bspw. bei Kabisch / Bamberg 1998: 50).
42 Angesichts der hohen Leerstände von 55 Prozent konnten in diesen Beständen nur 11 Haushalte befragt werden. Wenngleich die Fallzahlen sehr gering sind, wurde diese Teilpopulation in der Analyse berücksichtigt, da deutliche Unterschiede hinsichtlich der demographischen und soziostrukturellen Verteilung beobachtet werden können.
43 Bei der Korrelationsanalyse wurden die Einfamilienhausbestände (Typ 03 und Typ 6.2) nicht berücksichtigt, da in diesen Baustrukturtypen keine vakanten Gebäude registriert wurden. Eine differenzierte Korrelationsanalyse in Bezug auf die einzelnen Baustrukturtypen erscheint angesichts geringer Fallzahlen (Befragungsquartiere) in diesem Zusammenhang nicht sinnvoll.
Häufig gestellte Fragen zum Inhalt
Was ist das Hauptthema dieses Dokuments?
Das Dokument ist eine umfassende Sprachvorschau, die den Titel, das Inhaltsverzeichnis, die Ziele und wichtigsten Themen, Kapitelzusammenfassungen und Schlüsselwörter einer Diplomarbeit enthält. Der Schwerpunkt liegt auf der Untersuchung von Segregationsprozessen im Kontext städtischer Schrumpfung, insbesondere am Beispiel der Stadt Leipzig und des Stadtteils Leipzig-Mockau.
Welche Bereiche werden im Inhaltsverzeichnis aufgeführt?
Das Inhaltsverzeichnis umfasst unter anderem: Tabellenverzeichnis, Abkürzungsverzeichnis, Einleitung, theoretische Grundlagen der Untersuchung (Segregation, Schrumpfung), Untersuchungsräume (Leipzig, Leipzig-Mockau), Rahmenbedingungen der ostdeutschen Stadtentwicklung nach 1990, methodischer Rahmen der Untersuchung, Ergebnisse der sekundärstatistischen Analyse und der empirischen Untersuchung, Fazit, Glossar und Literatur.
Welches Ziel verfolgt die Diplomarbeit laut Einleitung?
Ziel der Arbeit ist es, den theoretisch formulierten Zusammenhang zwischen Schrumpfungsprozessen und der Verstärkung von Segregationstendenzen empirisch nachzuweisen. Es wird untersucht, inwiefern die spezifischen Rahmenbedingungen der Schrumpfung die Ausprägung von Segregationsprozessen beeinflussen.
Welche theoretischen Grundlagen werden im Dokument behandelt?
Das Dokument behandelt theoretische Grundlagen der Segregation (Definition, Rahmenbedingungen, residentielle Mobilität, kumulative Effekte) und des Phänomens der Schrumpfung (Ursachen, Folgen, Einfluss auf Segregation).
Welche Dimensionen der Segregation werden im Dokument unterschieden?
Es werden verschiedene Dimensionen der residentiellen Segregation unterschieden: soziale, ethnische und demographische Segregation.
Welche Ursachen für Stadtschrumpfung werden im Dokument genannt?
Zu den Ursachen der Schrumpfung zählen der strukturelle Wandel von einer industriellen in eine postindustrielle Gesellschaft, Deindustrialisierung, Veränderung des reproduktiven Verhaltens der Bevölkerung (Geburtenrückgang) und Wanderungsverluste.
Welchen Einfluss hat die Schrumpfung auf die Segregation laut dem Dokument?
Das Dokument untersucht, ob Schrumpfungsprozesse zu einer Verstärkung der Segregation einkommensschwacher Gruppen beitragen, eine Polarisierung von Lebensbedingungen verursachen und die multidimensionale residentielle Segregation verstärken.
Welche Methoden werden in der Diplomarbeit angewendet?
Es werden sowohl sekundärstatistische Analysen auf gesamtstädtischer Ebene als auch eine empirische Untersuchung im Untersuchungsgebiet Leipzig-Mockau durchgeführt. Die empirische Erhebung umfasst Gebäude- und Leerstandskartierung sowie eine schriftliche teilstandardisierte Befragung.
Welche Hypothesen werden im methodischen Rahmen formuliert?
Die zentralen Hypothesen umfassen die räumliche Überlagerung von Leerständen und der Konzentration von ressourcenschwachen Haushalten, eine verstärkte Konzentration von einkommensschwachen, ethnischen und älteren Haushalten in Gebieten mit hohen Leerständen, und das Ergebnis selektiver Wanderung in die bzw. aus den Wohngebieten.
Welche statistischen Indizes werden zur Messung der Segregation verwendet?
Zur Messung der Segregation werden der Segregationsindex (IS) und der Dissimilaritätsindex (ID) nach Duncan und Duncan (1955) verwendet.
Welche Hauptergebnisse werden bezüglich der sekundärstatistischen Analyse erwartet?
Es wird erwartet, dass die Intensität der residentiellen Segregation in starkem Zusammenhang mit dem Verhältnis der jeweils betrachteten Gruppe zur Majorität steht und dass die Ursachen für die Segregation Veränderungen der betrachteten Gruppe widerspiegeln.
Wie wird der Wohnungsmarkt im Dokument beschrieben?
Der Leipziger Wohnungsmarkt wird als ein "Wohnungsmarkt der Extreme" beschrieben, der von hoher Leerstandsrate nach 1990 durch den Rückgang der Bevölkerung geprägt war. Die Rahmenbedingungen der Leipziger Stadtentwicklung werden vorgestellt.
Welche methodischen Einschränkungen werden in der Untersuchung reflektiert?
Die Einschränkungen umfassen Schwierigkeiten bei der Erfassung ethnischer Segregation (Sprachbarrieren, Datenverfügbarkeit), die Beschränkung auf die Arbeitslosenquote als einzigem Merkmal sozialer Ungleichheit auf gesamtstädtischer Ebene und die fehlende Einbeziehung weiterer demographischer Gruppen und Vergleichsstädte.
Welche Konsequenzen werden aus den Resultaten gezogen?
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass unter Schrumpfungsbedingungen die residentielle Segregation eher verstärkt als abgeschwächt wird. Daraus resultiert, dass Stadtentwicklungskonzepte für die betroffenen Gebiete entwickelt werden müssen, um die Quartiere für junge Menschen, Familien und sozioökonomische stabile Haushalte attraktiv zu machen.
- Citar trabajo
- Thomas Arndt (Autor), 2008, Segregation unter Schrumpfungsbedingungen. Sozialräumliche Differenzierungsprozesse auf gesamtstädtischer und Ortsteilebene, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1142468