Zu Beginn dieses Portfolios werden die Begriffe „Kreativität“ und „Farbe“ erläutert und anschließend auf die Phasen des „kreativen Prozesses“ nach Rudolf Seitz eingegangen. Auf die Frage: „Was zeichnet eine kreative Person aus?“, wird eine mögliche Antwort gegeben. Im weiteren Verlauf werden zwei individuelle kreative Prozesse von mir geschildert, analysiert und reflektiert. Zum Abschluss wird Bezug auf die Kreativität und die Auswirkungen auf die Arbeit in der frühkindlichen Bildung genommen. Dabei werden Anregungen für die Fachkräfte vorgeschlagen, welches für eine erfolgreiche und zukunftsorientierte Kooperation mit Kindern in Bezug auf Kreativitätsförderung dienen kann.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Kreativität und Farbe
3. Der Kreative Prozess nach Rudolf Seitz
4. Beschreibung und Reflexion der künstlerischen Tätigkeiten
4.1. Müllmonster
4.2. Spatz im Wunderland
5. Konsequenzen für die frühkindliche Bildungsarbeit
6. Fazit
Anhang
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In der Kunstpädagogik werden viele Werke, die seitens Künstler produziert werden, auf eine besondere Waage gestellt. Denn sie gehen mit ihrer Tätigkeit sehr bedacht und bewusst vor. Sie begeben sich in einen Prozess, auf welchem sie durch neue Inspirationen und Ideen, die Herausforderungen des Denkens und der Kreativität annehmen. Was veranlasst Künstler, bzw. wie kommen Künstler zu solchen Ergebniswerken? Solche Fragen spielen in den Köpfen der Menschen ab. Heißt das also, dass solche Menschen kreative Personen sind? Man fragt sich, wie eine kreative Person sich auszeichnet. An dieser Stelle schneiden natürlich die dazu gehörenden Themenbereiche wie Kreativität, kreative Prozesse und das kreative Verhalten an.
Auch der Umgang mit Farbe im weitesten Sinne, Pinselstrich-Verläufe oder der Abstraktionsgrad hält Künstler nicht davon ab, mit diesen Mittel ihren Gefühlszuständen, Gedanken, Intention und ihres Schöpfens Ausdruck zu geben. Künstler sind nicht nur Erwachsene, sondern sehr wohl auch Kinder, da sie schon sehr früh mit Neugierde und Enthusiasmus sich an ihre Umwelt heranwagen, mit unterschiedlichsten Materialien experimentieren und konstruieren. Junge Künstler profitieren von älteren Künstlern. Für ein anregendes Umfeld gehört es auch, dass Erwachsene als Vorbilder dienen, um den Kindern bei ihren kreativen Prozessen erfolgreich zu begleiten.
Zu Beginn dieses Portfolios werden die Begriffe „Kreativität“ und „Farbe“ erläutert und anschließend auf die Phasen des „kreativen Prozesses“ nach Rudolf Seitz eingegangen. Auf die Frage: „Was zeichnet eine kreative Person aus?“, wird eine mögliche Antwort gegeben. Im weiteren Verlauf werden zwei individuelle kreative Prozesse von mir geschildert, analysiert und reflektiert. Zum Abschluss wird Bezug auf die Kreativität und die Auswirkungen auf die Arbeit in der frühkindlichen Bildung genommen. Dabei werden Anregungen für die Fachkräfte vorgeschlagen, welches für eine erfolgreiche und zukunftsorientierte Kooperation mit Kindern in Bezug auf Kreativitätsförderung dienen kann.
2. Kreativität und Farbe
Zunächst sollte man sich Gedanken über diese zwei Begriffe machen, denn sie spielen in der Kunst eine durchaus große Rolle. Im Alltag verwenden wir den Begriff der Kreativität sehr oft, jedoch nach genauerem Überlegen ist es nicht so einfach dieses Wort zu definieren. Wie würde man nun Kreativität beschreiben, wenn wir uns ein Überblick darüber verschaffen müssten.
Der Begriff ‘Kreativität‘ hat seinen Ursprung im lateinischen „creare“ und bedeutet so viel wie, etwas hervorbringen, „[...] und zwar durch die gestalterische Tätigkeit des Geistes, der schöpferischen Fantasie“ (Peez 2009, S. 21). Kreativität wird als eine schöpferische Fähigkeit verstanden, produktiv zu denken und zu handeln. Kreativ sein bedeutet demnach schöpferisch sein im Sinne des Hervorbringens und Gestalt-Annehmens von etwas Neuem. Vorstellungsfähigkeit ist dabei ein wesentlicher Aspekt von Kreativität (vgl. ebd., S.10).
Auch Seitz formuliert Kreativität als die Fähigkeit des Menschen, neue Denkergebnisse hervorzubringen. Da diese Fähigkeit das Neue Denken umfasst, ist sie in jedem Bereich des menschlichen Lebens vielfältig einsetzbar (vgl. Seitz 1998, S.24). Die Grundstruktur der Kreativität ist in jedem Menschen verankert, welches jedoch unterschiedlich stark genutzt wird (vgl. Csikszentmihalyi 2010, S.9). Dabei stellt sich die Frage wovon die Nutzung der Kreativität abhängt und wie man diesen aktivieren kann.
Da Kreativität eine Fähigkeit ist und somit zunächst etwas Abstraktes, kann es durch das Verhalten des Menschen und den Dingen oder Materialien, die er konstruiert und hervorbringt, sichtbar gemacht machen. Anders formuliert, gibt es zuerst die schöpferische Idee, ein Impuls, dann das Planen als Denkprozess und danach die Umsetzung in eine Tat, also das Verhalten. Ein ausdifferenziertes Theoriemodell zur Kreativität findet sich zum Beispiel bei Peez 2009, worauf ich nicht näher eingehen werde, da es den Rahmen meines Portfolios sprengen würde. Nun möchte ich auf die eingangsgestellte Frage eingehen, nämlich, was eine kreative Person auszeichnet. Rudolf Seitz beschreibt das Verhalten einer kreativen Person folgendermaßen. Er hat dies anhand derart Eigenschaften ausgemacht: „Sensibilität, Assoziationsfähigkeit, Originalität, sich eine Sache anders vorstellen können, Spontanität, Mut, Bedürfnis, sich zu äußern, Fähigkeit zur Analyse und Synthese, eine Sache zu Ende führen können, Konflikttoleranz, Humor“ (Seitz 1998 zit. nach Kirchner/Peez 2009 S.9). Auch der ungarisch-amerikanische Kreativitätsforscher Mihaly Csikszentmihalyi (1997) beschäftigte sich mit dieser Frage. Dazu hat er knapp 100 Personen aus verschiedenen Disziplinen untersucht. Er kam zum Ergebnis, das eine kreative Person gegensätzliche Eigenschaften in sich vereinen müsse. Zum Beispiel: Intelligenz - Naivität, konservativ und rebellisch, sowie Fantasie und Realitätssinn (vgl. Peez 2009, S. 17).
Befasst haben wir uns im Wahlmodul mit den Begriffen Kreativität und Farbe. Daher werde ich nun im Folgenden auf den Begriff der Farbe näher eingehen. Farbe an sich ist genauer genommen kein Material zum Malen, sondern wissenschaftlich gesehen ein Phänomen. Denn Farbe an sich existiert nicht, sondern sie wird erst durch unser Sinnesorgan, dem Auge wahrgenommen und durch das Gehirn als ein Farbeindruck, konstruiert. Zu den verschiedenen Schichten der Farben hat man Bedeutungen und Wörter zugeschrieben. Farbe ist also ein Zusammenspiel von Licht, Oberflächenstruktur und der menschlichen Wahrnehmung, und somit ein dynamischer Prozess (vgl. Schulz 2013, S.5). Ohne Licht existiert auch keine Farbe. Nun, was rufen Farben in uns Menschen hervor? Farben haben eine Wirkung auf Menschen. Wie diese Wirkung ausfällt, hängt von der Kultur und vom Individuum ab. Farben wirken auf unsere Sinne und beeinflussen die Gefühle. In der Farbenlehre wird zum Beispiel unter warmen (gelb und rot Töne) und kühlen Farben (blau Töne) unterschieden. Farbeindrücke können als eine Inspirationsquelle für Kreativität sein. Man kann das Thema Farbe in vielen Kontexten gebrauchen. Hier jedoch geht es um die Auseinandersetzung mit Farben als Material für das kreative Tun und sie in der Kunst als wirkkräftiges Medium bildnerischer Prozesse zu betrachten (vgl. Schulz 2013, S. 4f). Farbe kann also als Ausdrucksmittel für Kreativität sein. Mit Farbe kann man beispielsweise die Gefühlszustände der Menschen ausdrücken. Sie kann bei der Darstellung von Ideen helfen, sie nach außen hin zu tragen. Farbe als ein Teil der menschlichen Wahrnehmung kann eine Tür zum Experimentieren sein.
3. Kreativer Prozess nach Rudolf Seitz
Rudolf Seitz ist Kunstpädagoge und entwickelte vier Phasen durch die man kreative Prozesse bei Kindern und Erwachsenen ausfindig macht. Diese Phasen tragen zur kreativen Entwicklung eines Menschen bei und lassen sich auch immer wieder in Handlungen sichtbar werden. Er unterteilte sie in: Problemphase, Suchphase, Lösungsphase und Verdeutlichungsphase. Nun werde ich diese vier Phasen im weiteren Verlauf, die sich nacheinander aufbauen, genauer erläutern.
In der Problemphase geht es darum, dass man sich vor einem Problem befindet. Seitz sagt auch: „Dieses Problem kann gestellt worden sei, es kann sich aus verschobenen Umwelttatbeständen oder zwischenmenschlichen Beziehungen oder von innen her ergeben. Es gibt kein Gebiet, auf dem ein derartiges Problem nicht möglich wäre“ (Seitz 1998, S. 30). Nun gibt es also Situationen, wo wir auf Probleme stoßen. Es gibt dagegen immer eine Art und Weise, Probleme aufzuheben bzw. zu bewältigen. Nach dieser Problemphase folgt die Suchphase. Man begibt sich auf die Suche nach Lösungen. Dies kann lange andauern, da man sich auf ein bestimmtes Problem konzentriert und sich Gedanken über dieses Phänomen macht. Es kommen dabei Versuche zustande, die zu einer Lösung führen sollen. Informationen werden abgetastet, Versuche durchgeführt, Experimente veranlasst, um zu einer möglichen Lösung des Problems zu kommen. Nachdem man fündig wird, kommt man auch schon in die dritte Phase, Lösungsphase. In dieser Phase entstehen nämlich Lösungen. Diese können plötzlich auftreten; ‘Gedankenblitze‘, rasche Einfälle oder ähnliche Ereignisse finden in unserem Gehirn statt. Sprich: „Die Lösung wird nun formuliert (eventuell aus verschiedenen Lösungen ausgewählt), analysiert und schließlich in der Verwirklichungsphase realisiert“ (Seitz 1998, S. 31). Die Überlegung wird in die Tat umgesetzt. Hier kommt es nun zu einem kreativen Prozess, indem aus mehreren Lösungen eine passende (für sich selbst) ausgewählt und verwirklicht wird (vgl. Seitz 1998, S. 30-32).
Es ist wichtig, den Ablauf von kreativen Prozessen zu wissen, da man kreatives Verhalten in pädagogischen Aktionen somit ermöglichen kann. Anhand dieser Phasen kann man ausmachen, ob man einen kreativen Prozess erlebt hat. Nun widmen wir uns zwei Beispielen. Anhand diesem soll der kreative Prozess erkennbar werden. Hier wird auch eine Selbstreflexion dargestellt. Dazu werde ich die kreativen Handlungsprozesse beschreiben.
4. Beschreibung und Reflexion der künstlerischen Tätigkeiten
Im Wahlmodul Kunst durften wir zahlreiche kreative Erfahrungen sammeln und dafür stand uns ein Atelier zur Verfügung. Wir haben unserer Fantasien freien Lauf gelassen und es entstanden dabei viele interessante Werke.
Im Folgenden werde ich auf zwei von mir angefertigte Produkte, die in Seminar durchgeführt wurden, genauere Informationen geben und die Handlungsprozesse die dabei entstanden, genauer erläutern. Diese werden natürlich zusätzlich auf ihren künstlerischen Gehalt und Kreativität hin betrachtet.
4.1. Müllmonster
In der zweiten Sitzung des Seminars wurde uns die Aufgabe gegeben, alles an Materialien, das wir zu Hause finden, einzusammeln und diese anschließend mit in das Seminar zu bringen. Keiner im Seminar wusste natürlich, was man damit machen werde, da die Aufgabe nur zunächst das Sammeln anbelangte. Die Aufgabe konkret lautete: Sammeln Sie 15 Gegenstände ihrer Lieblingsfarbe und bringen Sie diese zur nächsten Sitzung mit. Nun begab ich mich auf die Suche nach Gegenständen in meiner Lieblingsfarbe zu sammeln. Ich konnte mich anfangs nicht entscheiden, ob ich nach gelben oder dunkelblauen Gegenständen suchen sollte. So sammelte ich 15 Alltagsmaterialien in der Farbe Gelb und brachte sie in den Seminar. Nachdem alle Seminarbeteiligte ihre 15 Sammel-Materialien gezeigt hatten, durften wir alles Mögliche mit diesen Gegenständen machen. Explorieren mit diesem Material, war die Aufgabe. Gestalterisch sollten wir mit diesem sein und es war alles erlaubt. Meine Materialiensammlung, die ich für mein Werk gebraucht habe, bestand aus: einem Schwamm, einer Schale Physalis, zwei Strohhalme, zwei Schaschlik-Spieße, einem Ahornblatt, einem Knopf, einem gelben Sack und einem Gummiband. Nachdem ich die konkrete Aufgabe gehört hatte, war ich in Anbetracht meiner Gegenstände zu dem Zeitpunkt unsicher, ob ich überhaupt etwas Anständiges damit konstruieren könnte. Da die Fragestellung offen gestaltet war, hatte ich anfangs Schwierigkeiten aus den 15 mitgebrachten Gegenständen etwas entstehen zu lassen. Die Gegenstände waren alle zusammenhanglos, weil sie nur aus Alltagsmaterialien bestanden. Ich hatte in diesem Moment eine Blockade, die eine Weile andauerte. Ich war mir in dieser Phase nicht schlüssig, ob ich etwas Abstraktes (beispielsweise verschiedene Formen) erfinden soll oder etwas Reales (zum Beispiel ein Baum) herstelle, was ich aus meiner Umgebung kenne. Zu diesem Zeitpunkt befand ich mich in der Problemphase. Nun nachdem ich meine Blicke über die Gegenstände schweifte, fing ich als erstes an die Gegenstände zu sortieren. Hier begann die Suchphase. Die Positionen der Gegenstände änderte ich immer wieder, damit sich aus den verschiedenen Kombinationen eine Idee ableiten ließ. Ich suchte mir aus den gelben Materialien zunächst den gelben Sack aus, um diesen auf das weiße Papier zu legen. Nacheinander stellte ich die anderen Gegenstände dazu. Ich hatte immer noch keine klare Vorstellung, was sich aus diesen Materialen ergeben würde. Ich versuchte aus den einzelnen Teilen mir ein Ganzes vorzustellen. Alles an Materialien sollte seinen Platz in dem Kunstwerk einnehmen. Nachdem ich die Gegenstände dort auf dem Blatt sah, kam mir eine Idee in den Sinn. Ich könnte den gelben Sack als Grundlage für mein Bild nehmen und auf diesen die restlichen Gegenstände platzieren. Ich hatte in dem Moment einen Gedanken-Blitz und fand eine Lösung. Ich beschloss aus dem Gelben Sack eine Kreatur zu machen. Mit diesem Beschluss begann auch die Verdeutlichungsphase. Alle Gegenstände schob ich bei Seite und nahm den Gelben Sack in die Hand. Den Gelben Sack faltete ich einmal, sodass er halb so groß wurde. In der Mitte formte ich einen Kopf und befestigte es mit einem Gummiband. Anschließend legte ich den gebunden gelben Sack auf mein weißes Papier zurück und suchte aus den anderen Gegenständen weitere Anregungen für die neu entstehende Kreatur. Ich hatte für meine Gegenstände einen Sinn gefunden und fügte diese Stück für Stück auf das Bild hinzu. Ich nahm mir zwei Strohhalme und legte diese auf die rechte und linke Seite des gelben Sackes. Die Strohhalme stellten die Arme dar. Als ich die Physalis in die Hand nahm, öffnete ich die äußere Pflanze, damit die Frucht zum Vorschein trat und platzierte diese auf das werdende Gesicht. Die Physalis sollten die Augen der Kreatur repräsentieren. Ich zerschnitt einen Schwamm in zwei Stücke und schaute zunächst überlegt, wofür ich diese gebrauchen könnte. Als ich die Spieße auf dem Tisch sah, steckte ich die Schwämme in die Spieße, sodass sie als Beine für meine Kreatur dienten. Ich merkte, dass mir langsam die Ideen sprudelten. Es war ein Gefühl der Freude, da ich meiner Fantasie den freien Lauf ließ. Nun lag noch ein Ahornblatt auf dem Tisch. Mit diesem gestaltete ich den Bauch der Kreatur. Die Arme sahen etwas leer aus, also aß ich zwei Physalis Früchte und verwendete den Rest, also die Blätter als Hände. Nun ging ich mehr auf Details ein und stellte noch den Knopf auf den Bauch als Accessoire und schmückte mit farbigen mini Quadratblätter die Ecken des Bildes. Ich setzte noch ein kleines gelbes Quadrat-Blatt unter den Kopf der Kreatur. Meine Kreatur war somit vollständig und ich war mit meinem vollendeten Werk zufrieden (Abb. 1).
Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich einen kreativen Prozess erlebt habe. Denn am Anfang hatte ich keinerlei Idee, was man auf Anhieb mit diesen Materialien machen könnte. Aus den gesammelten etwas Neues hervorzubringen, das Überforderte mich. Der Wendepunkt des Problems bestand darin, dass ich angefangen habe die Gegenstände zu sortieren. Denn durch das Sortieren der Gegenstände versuchte ich auf Ideen zu stoßen. So begann ich mit den Gegenständen zu Experimentieren. Ich suchte nach Inspiration. Besonders fiel mir der Gelbe Sack auf. Dieser brachte mich auf eine Idee. Ich assoziierte mit dem Gelben Sack eine Figur und verdeutlichte es schließlich mit Hilfe der anderen Gegenstände. Die Prozesse, die Seitz erwähnt, kommen in meiner Tätigkeit zum Vorschein, da ich alle Phasen durlaufen habe. Ich hatte am Anfang ein negatives bzw. unsicheres Gefühl und gegen Ende ein positives Erlebnis.
4.2. Spatz im Wunderland
In einer anderen Sitzung, haben wir von der Dozentin einen Brief, in dem Buchstabennudeln enthalten waren, bekommen. Es waren die gewöhnlichen Buchstaben-Nudeln, die für Suppen gedacht sind. Die Aufgabe lautete, man solle sich mit den Mini-Nudeln eine lange Zeit beschäftigen. Mit solch einem Material wurde ich in diesem Kontext bisher nicht konfrontiert. Ich hatte hiermit nicht gerechnet. Denn ich dachte mir: „Was soll man ein paar Stunden mit einem Haufen von Buchstabennudeln denn machen?“ Ich war in einer Situation, in der ich nicht wusste, wie genau ich vorgehen sollte. Der Zustand der Ungewissheit verunsicherte mich. Denn, wir sind es gewöhnt Aufgabenstellungen zu bekommen und diese nach genauen Anleitung zu erledigen. Aller Anfang ist schwer dachte ich. Jedoch, ohne weiter viel nachzudenken, fing ich an die Buchstaben-Nudeln nach dem Alphabet zu sortieren. Nach der Sortierarbeit wusste ich nicht, was ich damit nun machen sollte. Dies könnte der Drang nach Ordnung sein. Ich brachte die Nudeln wieder in den Anfangszustand und überlegte weiter, was mit den Nudeln noch gelegt werden könnte. Die Nudeln lagen willkürlich auf dem Tisch. Ich schaute meinen Nachbarn zu und versuchte Eindrücke zu gewinnen. Ich holte mir ein Blatt, damit ich die Nudeln auf diesen legen konnte. Vielleicht könnte man mit Hilfe der Nudeln etwas darstellen und daraus ein Bild machen. Meine beiden Hände benutzte ich nun, um irgendetwas spontan aus den Nudeln zu gestalten. Ich schaute mir die Nudeln an und sah, dass es im gesamten langsam aber sicher eine Gestalt annahm. Mein erster Gedanke dabei war ein Tier, und zwar der Spatz. Ich schob die Nudel so zusammen, sodass sich daraus ein Vogel erkennbar machte. Nachdem ich mit den Nudeln einen Spatz geformt hatte, ließ ich das entstandene Bild auf mich wirken und betrachtete es eine Weile. Das Blatt sah etwas leer und einfarbig aus. Also ging ich mir etwas Farbe holen. Der Spatz bekam sofort ein Auge. Ich malte auch einen Ast, damit es aussah, als ob sich der Vogel auf diesen befand (Abb.1) . Eine Weile saß ich vor dem Bild und überlegte, was als nächster Schritt folgen könnte. Ich war innerlich frustriert, da ich keine weiteren Einfälle in dem Moment hatte. Es stellte sich an dieser Stelle ein Problem. Das Bild, welches vor mir stand, gefiel mir nicht. Ich wollte eigentlich kein gewöhnliches Bild mit den Nudeln darstellen. Es sollte etwas bunter werden auf dem Bild. Ich malte zwei Wolken und eine Sonne dazu. Auch zwei fliegende Vögel waren nun im Bild zu erkennen. Der Ast bekam auch noch zwei Blätter. Das Bild füllte sich und das gefiel mir allmählich. Da der Spatz im Mittelpunkt gesetzt war, kam mir spontan die Idee einen Umriss für den Vogel vorzunehmen und zeichnete mit einer schwarzen Farbe einen Umriss. Nachdem der Umriss gezeichnet war, stellte ich mein Blatt vertikal auf, damit die Nudeln auf den Tisch fielen. In diesem Moment hatte ich Freude daran, dass die Nudeln aus dem Blatt verschwanden. Doch sie sollten immer noch auf meinem Bild vorkommen, aber nicht im Mittelfeld des Bildes. Ich malte einige rote Punkte verteilt auf dem gesamten Bild, nahm jeweils vier bis fünf Nudeln und stellte diese auf die roten Punkte, die um den Vogel herum standen (Abb. 2). Rasch schob ich mit meinen beiden Händen die ganzen Nudeln bei Seite, sodass sie aus dem Bild verschwanden (Abb.3). Nach und nach fügte ich mehr Farbe in mein Bild ein. Dazu nahm ich aus dem Schrank mehrere verschiedene Farben und bekleckste das Bild. Der Vogel im Hintergrund verschwand allmählich und dass gefiel mir (Abb.4). Dieser sollte nun im Hintergrund sein, dachte ich mir dabei. Die Farben in meinem Bild machten mich glücklich. Das Bild musste noch mit einem anderen Material geschmückt werden. Dazu ging ich auf die Regale zu, um mir ein passendes Material für die nächsten Schritte zu holen. Ich machte eine Schublade auf und sah einige Zeitungspapiere. Diese nahm ich mit auf meinen Platz und Zerriss sie in kleine Stücke. Anschließend klebte ich die Papierschnipsel verteilt auf mein Bild. Auf einige der zerrissenen Blätter malte ich nun Punkte, zunächst in roter Farbe auf (Abb.5). Danach folgten weitere Punkte in gelber und brauner Farbe. Somit erhielt ich ein tolles Bild und war damit vollkommen zufrieden und stellte diesen zum Trocken auf die Seite (Abb.6).
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- Quote paper
- Meryem Akcay (Author), 2015, Kreative Prozesse. Reflexion zwei dokumentierter künstlerischer Tätigkeiten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1141853
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