Im Zuge der Diskussion über die notwendige Veränderung von Schule und Unterricht in unserer heutigen Zeit, ist das Thema des selbstständigen Lernens wieder aktuell geworden. „Dass Lernende ihre eigenen Lehrer sein sollten, ist eine alte pädagogische Forderung und ein aktueller Trend in der pädagogischen-psychologischen Diskussion“ (Konrad/Traub 1999, S.8). Die Bildungsinstitution Schule hat die Aufgabe jungen Menschen zu einem mündigen und selbstständigen Leben zu verhelfen. Daher ist in der Literatur auch oft die Rede von der Notwendigkeit, die Fähigkeit des lebenslangen Lernens zu entwickeln.
Wir leben in einer schnelllebigen Gesellschaft. Wissen veraltet durch die ständigen neuen Erkenntnisse der Wissenschaft sehr schnell, ständige Neuerungen fordern eine gewisse Flexibilität. Daher ist es für einen mündigen Menschen von Bedeutung die Befähigung zu besitzen, sich Wissen und Informationen möglichst selbstständig anzueignen. Dieses Können gibt dem Individuum die Möglichkeit mit den Anforderungen und schnellen Veränderungen in Beruf, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft Schritt zuhalten.
Diese äußeren Umstände veranlassen die allgemeine Didaktik zu einem Paradigmenwechsel von der konventionellen Vermittlungsdidaktik über eine handlungsorientierte Didaktik zu einer Autodidaktik (vgl. Bönsch, 2002, S. 143ff). Dem allgemeinen humanen und demokratischen Ziel der gesellschaftlichen Erziehung, sich in möglichst hohem Grad selbst zu bestimmen, folgt unweigerlich das pädagogische Prinzip der Selbststeuerung (Klafki 2003, S.19). Somit verändern sich auch die Anforderungen an Lernende und Lehrende. Die bisherige Rollenverteilung des Schülers und des Lehrers muss aufgebrochen werden. In dieser Arbeit soll vor allem auf die Rolle des Lehrers eingegangen werden. Was muss ein Lehrer beim schülerzentrierten Unterricht beachten? Wie kann er selbstgesteuerte Lernprozesse unterstützen und wie verändert sich die Rolle des Lehrers im Vergleich zum lehrerzentrierten Unterricht?
Um einen genaueren Rahmen für selbstgesteuertes Lernen abzustecken, wird in der Arbeit zunächst auf die Begriffsbestimmung eingegangen. Danach werden kurz die wichtigsten strategischen Kompetenzen eines selbstgesteuerten Lerners erläutert und ein Modell zur Unterscheidung von Lernphasen nach Schiefel/Pekrun (1997) vorgestellt. Anhand des Trainingsprogramms des „reziproken Lehrens“ sollen die Funktionen des Lehrers konkret dargestellt werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Was ist selbstgesteuertes Lernen?
2.1. Begriffsbestimmung
2.2. Selbst- vs. Fremdsteuerung
2.3. Definitionen selbstgesteuerten Lernens
2.4. Strategische Kompetenzen
2.5. Rahmenmodell nach Schiefele & Pekrun
3. Die Rolle des Lehrers
3.1. Das Trainingsprogramm „reziprokes Lehren“
3.2. Funktionen des Lehrers beim reziproken Training
3.2.1. Vorbereitungsfunktion
3.2.2. Modellfunktion
3.2.3. Beobachtungs- und Beratungsfunktion
3.3. Die veränderte Rolle des Lehrers
4. Zusammenfassung
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Im Zuge der Diskussion über die notwendige Veränderung von Schule und Unterricht in unserer heutigen Zeit, ist das Thema des selbstständigen Lernens wieder aktuell geworden. „Dass Lernende ihre eigenen Lehrer sein sollten, ist eine alte pädagogische Forderung und ein aktueller Trend in der pädagogischen-psychologischen Diskussion“ (Konrad/Traub 1999, S.8). Die Bildungsinstitution Schule hat die Aufgabe jungen Menschen zu einem mündigen und selbstständigen Leben zu verhelfen. Daher ist in der Literatur auch oft die Rede von der Notwendigkeit, die Fähigkeit des lebenslangen Lernens zu entwickeln.
Wir leben in einer schnelllebigen Gesellschaft. Wissen veraltet durch die ständigen neuen Erkenntnisse der Wissenschaft sehr schnell, ständige Neuerungen fordern eine gewisse Flexibilität. Daher ist es für einen mündigen Menschen von Bedeutung die Befähigung zu besitzen, sich Wissen und Informationen möglichst selbstständig anzueignen. Dieses Können gibt dem Individuum die Möglichkeit mit den Anforderungen und schnellen Veränderungen in Beruf, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft Schritt zuhalten.
Diese äußeren Umstände veranlassen die allgemeine Didaktik zu einem Paradigmenwechsel von der konventionellen Vermittlungsdidaktik über eine handlungsorientierte Didaktik zu einer Autodidaktik (vgl. Bönsch, 2002, S. 143ff). Dem allgemeinen humanen und demokratischen Ziel der gesellschaftlichen Erziehung, sich in möglichst hohem Grad selbst zu bestimmen, folgt unweigerlich das pädagogische Prinzip der Selbststeuerung (Klafki 2003, S.19). Somit verändern sich auch die Anforderungen an Lernende und Lehrende. Die bisherige Rollenverteilung des Schülers und des Lehrers muss aufgebrochen werden. In dieser Arbeit soll vor allem auf die Rolle des Lehrers eingegangen werden. Was muss ein Lehrer beim schülerzentrierten Unterricht beachten? Wie kann er selbstgesteuerte Lernprozesse unterstützen und wie verändert sich die Rolle des Lehrers im Vergleich zum lehrerzentrierten Unterricht?
Um einen genaueren Rahmen für selbstgesteuertes Lernen abzustecken, wird in der Arbeit zunächst auf die Begriffsbestimmung eingegangen. Danach werden kurz die wichtigsten strategischen Kompetenzen eines selbstgesteuerten Lerners erläutert und ein Modell zur Unterscheidung von Lernphasen nach Schiefel/Pekrun (1997) vorgestellt. Anhand des Trainingsprogramms des „reziproken Lehrens“ sollen die Funktionen des Lehrers konkret dargestellt werden. Anschließend wird auf die Veränderung der Lehrerrolle bei selbstgesteuerten Lernprozessen eingegangen.
2. Was ist selbstgesteuertes Lernen?
2.1. Begriffsbestimmung
Lernen
Die Selbststeuerung bezieht sich in unserem Kontext immer auf die Organisation und Durchführung des eigenen Lernens. Daher stellt sich zunächst die Frage, was ist oder wie funktioniert Lernen? Über den Begriff ‚ Lernen’ gibt es keine eindeutige allgemeingültige Definition.
Lernen ist ein psychischer Prozess und wird durch unsere genetische Ausstattung beeinflusst. Das Lernpotenzial oder die Lernfähigkeit ist bei allen Menschen unterschiedlich ausgeprägt. Lernen beinhaltet einen Prozess aktiver Auseinandersetzung und kann bewusst oder unbewusst ablaufen. Es beschreibt den Erwerb von geistigen, körperlichen oder sozialen Kenntnissen und Fähigkeiten. Lernen ist für jedes Individuum eine Grundvoraussetzung um sich in der Umwelt anpassen zu können und so im Leben zurechtzukommen. Die Fähigkeit sich im eigenen Interesse verändern zu können ist auch eine Vorraussetzung für Bildung.
In der Psychologie wird Lernen als ein Prozess definiert, „… der zu relativ stabilen Veränderungen im Verhalten oder im Verhaltenspotenzial führt und auf Erfahrungen aufbaut. Lernen ist nicht direkt zu beobachten. Es muss aus den Veränderungen des beobachtbaren Verhaltens erschlossen werden“ (Zimbardo 1996, S. 206).
Lernen baut also auf Erfahrungen auf die man mit und in seiner Umwelt macht. Eine Veränderung im Verhalten muss eine relative Stabilität aufweisen um als gelernt zu gelten. Veränderungen durch Lernen bestehen aber nicht notwendigerweise dauerhaft. Das gelernte Verhalten kann vergessen werden oder sich durch äußere (aus der Umwelt gegebenen) oder innere (personelle) Umstände verändern.
Siebert (2001) beschreibt das Lernen als einen strukturdeterminierten Vorgang. Die kognitiven Strukturen jedes Lerners sind in Abhängigkeit zu seiner Lernbiographie unterschiedlich entwickelt. Lernen ist auch durch intentionale Prozesse bestimmt. „Denken, Lernen, Zuhören erfolg mit bestimmten Absichten.“ Diese Absichten variieren von Individuum zu Individuum (vgl. ebd., S. 36,38). Diese Umstände müssen auch dem Lehrenden bewusst sein.
Das Denken, Fühlen und Handeln eines Individuums beeinflussen die Art des Lernens. Daher gibt es viele unterschiedliche Wege und Möglichkeiten wie man lernen kann. Das selbstgesteuerte Lernen beschreibt eine komplexe Methode.
Selbst
Betrachten wir zunächst die erste Wortkomponente. Das ‚ Selbst’ beschreibt die eigene Person mit ihrem eigenen Willen und eigenen Vorstellungen und ist bei jedem Menschen unterschiedlich ausgeprägt.
Siebert definiert das Selbst wie folgt (er stützt seine Formulierung auf Aussagen Metzingers): „Das Selbst ist der fraglose Standpunkt, auf den unser subjektives Erleben zentriert ist. Dieses Zentrum unserer Weltanschauung ist unser Ich. Wir konstruieren und modellieren dieses Selbst. Unsere Identität ist unser Selbstmodell und unser Selbstbild, […] das unsere Wahrnehmung von Welt steuert“ (Siebert 2001, S. 33).
Konrad/Traub sprechen in diesem Zusammenhang von einem Selbstkonzept, das jedem Individuum zugrunde liegt. „Selbstkonzepte […] bestehen aus kognitiven Repräsentationen der eigenen Person (selbstbezogene Wissensbestände, Überzeugungen, Vorstellungen, Gefühle, Befindlichkeiten und Bewertungen) und liefern Kriterien für die Auswahl und Festlegung von Verhaltenszielen, ebenso wie für die Beurteilung von Situationen und Handlungen; …“ (Konrad/Traub 1999, S. 9).
Unser Selbst ist also ein Teil unserer Persönlichkeit und konstituiert sich aus Erfahrungen unserer Umwelt und beeinflusst unser Denken und Handeln. Das Selbstkonzept muss nicht statisch festgelegt sein, sondern kann sich in bestimmten Kontexten verändern. Durch Selbstkonzepte können wir unser Handeln selbst bestimmen. Eigene Entscheidungen zu treffen ist eine wichtige Fähigkeit des Menschen und beeinflusst auch die Fähigkeit selbständig zu lernen.
Steuerung
Mit der anderen Wortkomponente ‚ Steuerung’ wird ein Prozess beschrieben, in dem bewusst oder unbewusst Systeme, Gegenstände oder Personen gelenkt werden. Der Duden (2001) erklärt steuern mit „sich zielstrebig in eine bestimmte Richtung bewegen“ oder „für einen bestimmten Ablauf, Vorgang sorgen“. Der Begriff Steuerung bezogen auf das Lernen ist schwieriger zu umschreiben. Siebert gibt zu bedenken, „Steuerung unterstellt bewusste Regulierung. Viele Lernprozesse ereignen sich jedoch unbewusst, ungesteuert.“ So kommt er zu der Bilanz, „Selbstgesteuertes Lernen ist kein exakter, operationalisierbarer Begriff“ (Siebert 2001, S. 26f).
2.2. Selbst- vs. Fremdsteuerung
Um den Begriff der Selbststeuerung in Bezug auf das Lernen besser abgrenzen zu können, empfiehlt es sich ihm das Antonym gegenüberzustellen. Der Begriff der Selbststeuerung umschreibt alle Einflüsse die vom Individuum selbst ausgehen und die Gestaltung des Lernens determinieren (z.B. Motivation, Volition, Kognition; dazu später mehr), sie wird auch als interne Steuerung bezeichnet (vgl. Konrad/Traub 1999, S. 11). Die Fremdsteuerung beschreibt die externe Steuerung des Lernens, also die Bestimmung von außen durch Personen (z.B. Instruktionen des Lehrers) oder durch gegebene Umstände (z.B. beschränkte Auswahlmöglichkeit von Lernmedien oder Lernumgebungen), die das Lernen des Individuums beeinflussen.
Auch wenn die Begriffe zunächst Gegensätzliches bedeuten, in der Realität sind immer beide Arten der Steuerung präsent. Lernen ist immer in gewissem Maße ein subjektiver Vorgang. Alles menschliche Lernen ist von der Basis her selbstständig angelegt. Keiner kann einen anderen dazu zwingen etwas zu lernen, es bedarf immer einem gewissen Grad an Eigeninitiative. Allerdings sind Lernprozesse auch nie ganz selbstgesteuert, mindestens der Lerngegenstand bestimmt die Art der Lernaktivität (z.B. kann man nicht Fahrrad fahren lernen indem man ein Buch liest). Auch die Lernumgebung kann den Grad der Selbst- oder Fremdsteuerung beeinflussen. Der Begriff des selbstgesteuerten Lernens kann daher auf einem Kontinuum angesiedelt werden. Die eine Maxime beschreibt die „vollkommene Autonomie“, die andere Maxime stellt die „vollkommene Fremdsteuerung“ dar. Ein Lernprozess siedelt sich immer zwischen diesen beiden Punkten an. Beispielsweise ist der Anteil fremdgesteuerten Lernens im traditionellen lehrerzentrierten Schulunterricht sicherlich höher als beim schülerzentrierten Lernen mit offenen Unterrichtsformen. Der Begriff Selbststeuerung beinhaltet somit die Möglichkeit unterschiedliche Intensität von Fremdsteuerung zuzulassen (vgl. Konrad/Traub 1999, S.12f).
2.3. Definitionen selbstgesteuerten Lernens
Betrachten wir nun den Begriff der Selbststeuerung näher. In der Literatur findet man zahlreiche Formulierungen wie selbstbestimmtes, selbstverantwortetes, selbstorganisiertes oder autodidaktisches Lernen. Das Prinzip der Selbststeuerung lässt sich von anderen Konzepten nur schwer abgrenzen, es gibt keine einheitliche, allgemein akzeptierte Definition. Gemeinsam ist ihnen aber ein „Wandel im Menschenbild der Psychologie vom passiven, extern gesteuerten zum aktiv-reflexiven, intern gesteuerten Menschen“ (Schiefele/Pekrun 1997, S. 256). Im Mittelpunkt steht der Lernende als Organisator eigener Lernprozesse. Selbstgesteuertes Lernen kann als eine Lernform definiert werden, wobei „…der Handelnde die wesentlichen Entscheidungen, ob, was, wann, wie und woraufhin er lernt, gravierend und folgenreich beeinflussen kann“ (Weinert 1982, S. 102).
Der Begriff selbstgesteuertes Lernen hat sich von der amerikanischen Wendung „self-directed learning“ abgeleitet. Knowles formulierte 1975 eine viel zitierte, „klassische“ Definition: „Self-directed learning is a process in which the individuals take the initiative, with or without the help of others, in diagnosing their learning needs, formulating learning goals, identifying human and material resources for learning strategies, and evaluating learning outcomes…” (Knowles 1975, S.18).
Selbstgesteuertes Lernen ist in der Idealvorstellung also ein Prozess, in dem der Lernende die Fähigkeit besitzt seine Lernbedürfnisse, seinen Lerngegenstand, seine Lernziele, seine Lernstrategien, seine Lernumgebung, seine Lernzeit, seinen Lernpartner sowie seine Lernmedien selbst zu bestimmen und seine Lernergebnisse zu evaluieren. Diese Aufzählung verdeutlicht, dass an einen selbstgesteuerten Lerner hohe Anforderungen gestellt werden und er eine Menge an Entscheidungen treffen muss. Um die Fähigkeit zum selbständigen Lernen zu entwickeln, benötigt der Lernende spezielle strategische Kompetenzen. Es lassen sich aus unterschiedlichen theoretischen Ansätzen die bedeutsamsten Teilkomponenten für erfolgreiches selbstgesteuertes Lernen zusammenfassen:
- Motivation
- Volition
- Kognitive Strategien
- Metakognitive Strategien
- ressourcenbezogene Strategien
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- Quote paper
- Doris Gehrhardt (Author), 2008, Selbstgesteuertese Lernen unter Beachtung der Lehrerrolle, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114159
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