Als am 25. März 1957 die sogenannten „Römischen Verträge“ unterzeichnet wurden und damit die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) gegründet wurde, stand die Schaffung einer gemeinsamen europäischen Marktwirtschaft als Ziel im Vordergrund. An das Gesundheitswesen dachte zu diesem Zeitpunkt niemand. Die Zuständigkeit und Kompetenz für die Gesundheitspolitik und die Ausgestaltung bzw. Organisation der Gesundheitssysteme lag damals wie heute bei den einzelnen Gründungsstaaten der EWG bzw. heute bei den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU). Trotzdem und gerade wegen des Fortschreitens des europäischen Integrationsprozesses gewinnt die Gesundheitspolitik und das Sozialrecht immer mehr an Bedeutung. Zwischen der supranationalen Wirtschafts- und Währungspolitik und der Gesundheits- bzw. Sozialpolitik bestehen Interdependenzen. Die Krankenversicherung als Zweig des Gesundheitswesens wird immer mehr von den Regeln und den Urteilen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) beeinflusst. Das Gesundheitswesen ist in allen Mitgliedsstaaten der EU ein erheblicher Wirtschaftssektor mit enormen Beschäftigungszahlen und Finanzvolumen. Auch im Hinblick auf die demografische Entwicklung der europäischen Wirtschaftsländer wird ein leistungsfähiges Gesundheitssystem im europäischen Kontext zu einer noch größeren Gewichtung führen. Die Krankenversicherung ist Teil der Gesundheitspolitik und gliedert sich speziell in das Sozialrecht ein. Sozialrecht bezieht sich auf das Recht der sozialen Sicherheit und der Sozialhilfe. Beide werden als System des „sozialen Schutzes“ bezeichnet und bestehen seit mehreren Jahrzehnten in allen europäischen Staaten. Es umfasst im Wesentlichen die Einrichtungen sozialer Vorsorge für die Risiken Krankheit und Mutterschaft, Alter und Invalidität, Arbeitsunfall und Berufskrankheiten, Arbeitslosigkeit, die Familienleistungen sowie die Sozialhilfe. Der Inbegriff dieser Einrichtungen bildet das Sozialrecht.
Die Instrumente zur Errichtung eines gemeinsamen Binnenmarktes waren und sind vor allem die Markt- und Grundfreiheiten, also der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital. Diese Grundfreiheiten haben erheblichen Einfluss auf die nationalen gesetzlichen Krankenversicherungssysteme der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU), obwohl der EG-Vertrag einschlägige Rechtssetzungsbefugnisse der EG nur im Bereich der Freiheit der Arbeitnehmerfreizügigkeit vorsieht.[...]
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG
1.1 Problemstellung und Motivation für die Themenwahl
1.2 Gesundheitssysteme – keine zwei, die gleich sind
1.3 Ziel, Inhalt und Aufbau der Arbeit
2 DIE DEUTSCHE KRANKENVERSICHERUNG INNERHALB DES EG- RECHTS
2.1 Historische Entwicklung der Krankenversicherung innerhalb des EG-Rechts
2.2 Rechtssetzungsbefugnisse der EU auf dem Gebiet der Krankenversicherung
2.3 Grenzüberschreitende Leistungsinanspruchnahme für deutsche Versicherte
2.4 Koordinierung versus Harmonisierung in der Krankenversicherung
3 EINFLUSS DER GRUNDFREIHEITEN AUF DIE GKV IN DEUTSCHLAND
3.1 Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Freier Personenverkehr)
3.1.1 Freizügigkeit der Arbeitnehmer als Grundfreiheit des europäischen Binnenmarktes
3.1.2 Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Kontext zur gesetzlichen Krankenversicherung
3.2 Niederlassungsfreiheit (Freier Personenverkehr)
3.2.1 Niederlassungsfreiheit als Grundfreiheit des europäischen Binnenmarktes
3.2.2 Niederlassungsfreiheit im Kontext zur gesetzlichen Krankenversicherung
3.3 Dienstleistungsfreiheit
3.3.1 Dienstleistungsfreiheit als Grundfreiheit des europäischen Binnenmarktes
3.3.2 Dienstleistungsfreiheit im Kontext zur gesetzlichen Krankenversicherung
3.4 Warenverkehrsfreiheit
3.4.1 Warenverkehrsfreiheit als Grundfreiheit des europäischen Binnenmarktes
3.4.2 Warenverkehrsfreiheit im Kontext zur gesetzlichen Krankenversicherung
4 KOORDINIERUNGSENTWICKLUNGEN DER EU IM GESUNDHEITSWESEN
4.1 Europäisches koordinierendes Sozialrecht
4.2 Grundsätzliche Entscheidungen des EuGH für das Sozialrecht .30
4.2.1 Urteile im Zusammenhang mit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer
4.2.1.1 Rechtssache Rindone 22/86 vom 12. März 1987
4.2.1.2 Rechtssache Paletta C-45/90 vom 3. Juni 1992
4.2.2 Urteile im Zusammenhang mit der Warenverkehrsfreiheit
4.2.3 Urteile im Zusammenhang mit der Niederlassungsfreiheit.
4.2.4 Urteile im Zusammenhang mit der Dienstleistungsfreiheit
4.2.4.1 Rechtssache Kohll C-158/96 vom 28. April 1998
4.2.4.2 Rechtssache Smits / Peerbooms / Vanbraekel C-157/99 und C- 368/98 vom 12. Juli 2001
4.2.4.3 Rechtssache Müller-Fauré / van Riet C-385/99 vom 13. Mai 2003
5 SPANNUNGSVERHÄLTNIS ZWISCHEN WETTBEWERB UND REGULIERUNG IM BINNENMARKT (AUSWIRKUNG DES EU- WETTBEWERBSRECHTS)
5.1 Die Besonderheiten des Marktes für Gesundheitsdienstleistungen
5.2 Der europäische Gesundheitsmarkt im Wandel am Beispiel der deutschen GKV
5.3 Spannungsverhältnis von Wettbewerb und Daseinsvorsorge
6 DIE REFORM DES EUROPÄISCHEN KOORDINIERENDEN SOZIALRECHTS
6.1 VO (EG) Nr. 883/2004
6.1.1 Die VO (EG) Nr. 883/2004 aus Sicht der gesetzlichen Krankenversicherung
6.1.2 Die VO (EG) Nr. 883/2004 aus der Sicht der deutschen Sozialpolitik
6.2 Die neue europäische Sozialrechtskoordinierung
6.3 Die EU-Dienstleistungsrichtlinie
6.4 Die EU-Gesundheitsrichtlinie
7 KOORDINIERUNGSSCHWIERIGKEITEN IM DEUTSCH - ÖSTERREICHISCHEN GRENZGEBIET
7.1 Erwartungen bei grenzüberschreitenden Gesundheitsdienstleistungen aus Sicht der deutsch - österreichischen Grenzbevölkerung
7.1.1 Hintergrund und Untersuchungsziele
7.1.2 Untersuchungsergebnisse
7.1.2.1 Soziodemografischer Teil
7.1.2.2 Offene Fragen
7.1.2.3 Zusammenfassung des inhaltlichen Teils
7.2 Verbesserungsansätze für die Vision „Gesundheit ohne Grenzen“
7.2.1 Notfallversorgung
7.2.2 Informationsbedarf an Versicherte
7.2.3 Einfacher Zugang zu grenzüberschreitenden Leistungen
7.2.3.1 Einzelverträge mit ausländischen Leistungserbringern
7.2.3.2 Grenzüberschreitende Zusammenarbeit im deutsch - österreichischen Grenzbereich
7.2.3.3 Informationen an Leistungserbringern über die europäische Krankenversichertenkarte
7.2.3.4 Elektronische Lesbarkeit von nationalen Krankenversicherungskarten
7.2.4 Ergänzende Leistungsabdeckung
8 FAZIT UND ZUSAMMENFASSUNG
Anhang
Literaturverzeichnis.
Anlage
Abbildungsverzeichnis
Abb.: 1 Rechtsgrundlagen für die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen bei vorübergehendem Aufenthalt im EU/EWR-Ausland.
Abb.: 2 Die vier Grundfreiheiten im Binnenmarkt.
Abb.: 3 Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland.
Abb.: 4 Rechtssprechungen des EuGH im Kontext der Grundfreiheiten.
Abb.: 5 Prozess des OMK-Verfahrens und Streamlining
Abb.: 6 - 11 Soziodemografische Untersuchungsergebnisse.
Abb.: 12 Zusammenfassung der Fragen 1 bis 6 der grenzüberschreitenden Kundenbefragung
Abb.: 13 Zusammenfassung der Fragen 7 bis 15 der grenzüberschreitenden Kundenbefragung
Abb.: 14 Zusammenfassung der Fragen 16 bis 24 der grenzüberschreitenden Kundenbefragung
Abkürzungsverzeichnis:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Hinweis:
Diese Arbeit ist zur textlichen Vereinfachung in der männlichen Form gefasst. Die in dieser Arbeit genannten Bezeichnungen in der männlichen Form schließen selbstverständlich die weibliche Form mit ein
1 Einleitung
„Europa lässt sich nicht mit einem Schlag herstellen, und auch nicht durch eine einfache Zusammenfassung: Es wird durch konkrete Handlungen entstehen, die zunächst eine Solidarität der Tat schaffen.“1
1.1 Problemstellung und Motivation für die Themenwahl
Als am 25. März 1957 die sogenannten „Römischen Verträge“ unterzeichnet wurden und damit die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) gegründet wurde, stand die Schaffung einer gemeinsamen europäischen Marktwirtschaft als Ziel im Vordergrund. An das Gesundheitswesen dachte zu diesem Zeitpunkt niemand. Die Zuständigkeit und Kompetenz für die Gesundheitspolitik und die Ausgestaltung bzw. Organisation der Gesundheitssysteme lag damals wie heute bei den einzelnen Gründungsstaaten der EWG bzw. heute bei den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU).
Trotzdem und gerade wegen des Fortschreitens des europäischen Integrationsprozesses gewinnt die Gesundheitspolitik und das Sozialrecht immer mehr an Bedeutung. Zwischen der supranationalen Wirtschaftsund Währungspolitik und der Gesundheitsbzw. Sozialpolitik bestehen Interdependenzen. Die Krankenversicherung als Zweig des Gesundheitswesens wird immer mehr von den Regeln und den Urteilen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) beeinflusst. Das Gesundheitswesen ist in allen Mitgliedsstaaten der EU ein erheblicher Wirtschaftssektor mit enormen Beschäftigungszahlen und Finanzvolumen.2 Auch im Hinblick auf die demografische Entwicklung der europäischen Wirtschaftsländer wird ein leistungsfähiges Gesundheitssystem im europäischen Kontext zu einer noch größeren Gewichtung führen. Die Krankenversicherung ist Teil der Gesundheitspolitik und gliedert sich speziell in das Sozialrecht ein. Sozialrecht bezieht sich auf das Recht dersozialen Sicherheit und der Sozialhilfe. Beide werden als System des „sozialen Schutzes“ bezeichnet und bestehen seit mehreren Jahrzehnten in allen europäischen Staaten. Es umfasst im Wesentlichen die Einrichtungen sozialer Vorsorge für die Risiken Krankheit und Mutterschaft, Alter und Invalidität, Arbeitsunfall und Berufskrankheiten, Arbeitslosigkeit, die Familienleistungen sowie die Sozialhilfe. Der Inbegriff dieser Einrichtungen bildet das Sozial-recht.3
Die Instrumente zur Errichtung eines gemeinsamen Binnenmarktes waren und sind vor allem die Marktund Grundfreiheiten, also der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital. Diese Grundfreiheiten haben erheblichen Einfluss auf die nationalen gesetzlichen Krankenversicherungssysteme der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU), obwohl der EG-Vertrag einschlägige Rechtssetzungsbefugnisse der EG nur im Bereich der Freiheit der Arbeitnehmerfreizügigkeit vorsieht.4 Die vier Grundfreiheiten haben keine Begrenzungen auf bestimmte mitgliedsstaatliche Politiken und beeinflussen damit praktisch indirekt alle Politikbereiche in den einzelnen Mitgliedsstaaten der EU.
Politik in diesem Bereich ist heute nicht mehr alleine Aufgabe einzelner Mitgliedsstaaten, vielmehr nimmt der Einfluss und die Regelungsbefugnis der EU immer mehr zu. Bereits seit der Gründung der EWG werden die Systeme sozialer Sicherheit der Mitgliedsstaaten gemeinschaftsrechtlich miteinander verknüpft, d.h. „koordiniert“. Über Jahrzehnte entwickelte sich so ein dichtes, festgefügtes Regelwerk, das allen Mitgliedsstaaten einheitliche Maßstäbe für die Koordination vorgibt. Seit einigen Jahrzehnten beeinflusst die EU die innere Gestalt der Systeme sozialer Sicherheit der Mitgliedsstaaten, fördert also deren „Harmonisierung“. So gebietet das europäische Gemeinschaftsrecht, Männer und Frauen auch im Sozialrecht gleich zu behandeln und auch bei den Leistungen der sozialen Sicherheit den Binnenmarkt zu gewährleisten.
Aus ökonomischer Sicht wird die geplante Nachfrage nach grenzüberschreitenden Gesundheitsleistungen bei den Versicherten dann ausgelöst, wenn der Nutzen, den sie sich hiervon versprechen, größer ist, als die von Ihnen zu tragenden Kosten. Aus der Perspektive der Finanzierungsträger ist die Inanspruchnahme grenzüberschreitender Leistungen dann ökonomisch, wenn sich dabei Wirtschaftlichkeitsvorteile erzielen lassen, die gegenüber den Steuerungsnachteilen überwiegen.5 Von einer echten Harmonisierung oder Annäherung der unterschiedlichen Krankenversicherungssysteme in der EU ist man noch weit entfernt. Jedoch fanden einige europäische Regelungen bereits Einzug in die nationale Sozialgesetzgebung, wie die Möglichkeit der Kostenerstattung für im europäischen Ausland beanspruchte Leistungen.6 Dies ermöglicht für die Versicherten und Bürger der EU einen erleichterten Zugang zu grenzüberschreitenden Gesundheitsdienstleistungen.
Gerade diese kurz angerissen Konflikte zwischen der Koordinierung durch überstaatliche Regelungen und nationalen Rechtsvorschriften des Sozialrechts und die damit verbundenen praktischen Probleme, stellen die Motivation für diese Arbeit dar. Die These des „Gebots einer praktischen Konkordanz“,7 beide Seiten in gleichem Maße zu „ihrem Recht“ zu verhelfen und optimal zu entfalten aber nicht die eine zu Kosten der anderen ganz oder überwiegend zu realisieren, stellt einen Leitgedanken für diese Arbeit dar.
1.2 Gesundheitssysteme – keine zwei, die gleich sind
Jedes EU-Land hat sein Gesundheitswesen etwas anders organisiert als seine Nachbarn. Womöglich gibt es weltweit keine zwei Staaten, bei denen sich die Gesundheitssysteme einander völlig gleichen. Grundsätzlich lassen sich drei Typen von Gesundheitssystemen unterscheiden:
- der Typ des staatlichen Gesundheitssystems
- der Typ des Sozialversicherungs-Gesundheitssystems und
- der Typ des marktwirtschaftlichen Gesundheitssystems.
Das staatliche Gesundheitssystem finanziert sich durch Steuereinnahmen ihrer Bürger. Träger ist in der Regel ein staatlicher Gesundheitsdienst, der die Gesundheitsversorgung als Fürsorgepflicht des Staates auffasst. William Henry Beveridge8 entwickelte dieses System (sog. Beveridge-Modell). Klassisches Beispielland hierfür ist Großbritannien. Der Zugang zu medizinischen Leistungen ist unabhängig vom Einkommen der Wohnbevölkerung. Hauptprobleme am Beispiel von Großbritannien liegen im Kapazitätsmangel und in den Versorgungsengpässen, wie monatelange Wartezeiten. Die Finanzierung sozialversicherungsrechtlicher Gesundheitssysteme basiert auf einkommensabhängigen Beitragszahlungen ihrer Mitglieder. Die Beitragslast wird von Arbeitnehmern und Arbeitgebern paritätisch getragen. Reichskanzler Otto von Bismarck9 war der „Gründungsvater“ dieses Systems (sog. Bismarck-Modell). Deutschland und Österreich gehören mit ihren Systemen der sozialen Sicherheit zu den Sozialversicherungs-Gesundheitssystemen. Die in diesen Systemen meist sehr umfangreiche Grundversorgung zieht hohe Kosten nach sich, deren Finanzierung sich als größte Schwierigkeit herauskristallisiert. Bei marktwirtschaftlichen Gesundheitssystemen hat der Staat den Regulierungsanteil im Gesundheitssektor stark zurückgeschraubt. Er überlässt größtenteils den Gesundheitsmarkt dem Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage. Diesen Weg des Gesundheitssystems bestreiten bspw. die Schweiz oder die Niederlande. Es sind zwar Grundabsicherungen zwingend vorgeschrieben, zusätzliche Leistungspakete können von den Kunden optional gewählt werden. Auch dieses System stellt leider nicht das Idealbild eines funktionierenden Gesundheitssystems dar.10 Nun kann man sich gut vorstellen, dass es schwierig ist, all diese unterschiedlichen europäischen Gesundheitssysteme miteinander abzustimmen bzw. Wege der Koordinierung zu finden.
1.3 Ziel, Inhalt und Aufbau der Arbeit
Die Bevölkerung in Europa altert, die Medizin erweitert beständig ihre technischen Möglichkeiten und gleichzeitig schießen die Gesundheitsausgaben in die Höhe. Diese Umstände begleiten die nationalen Systeme der sozialen Sicherheit und erschweren eine europäische Koordination auf dem Gebiet der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Die Divergenzen zwischen Koordinierungsbzw. Harmonierungsregelungen der EU im europäischen Sozialrecht und der täglichen Praxis sind erheblich. Ziel dieser Arbeit ist es, anhand praktischer Beispiele und von Fällen Problembereiche aufzuzeigen und somit eine mögliche Orientierung in einem sich sehr dynamisch entwickelnden Rechtsgebiet zu geben.
Inhaltlich zeigt diese Arbeit zu Beginn die Eingliederung der GKV in das EG- Recht und schildert anschließend den Einfluss der europäischen Grundfreiheiten auf die Krankenversicherung in Deutschland. Sie stellt die bisherigen Koordinierungsregelungen der EU dar und gibt einen Ausblick auf die Entwicklungen in diesem Bereich. Anhand der deutsch - österreichischen Grenzregion werden praktische Problembereiche der unterschiedlichen gesetzlichen Krankenversicherungssysteme geschildert und versucht, Lösungsansätze für eine praktische Konkordanz aufzuzeigen. Es soll geschildert werden, dass die Gesundheitssysteme speziell im Bereich der Krankenversicherung voneinander lernen können. Durch eine internationale Netzwerkbildung kann eine aufeinander abgestimmte europäische Gesundheitspolitik einen vereinfachten Zugang zu grenzüberschreitenden Leistungen für die EU- Bürger ermöglichen.
2 Die deutsche Krankenversicherung innerhalb des EG-Rechts
2.1 Historische Entwicklung der Krankenversicherung innerhalb des EG-Rechts
Obwohl bei der Unterzeichnung der Römischen Verträge im Jahr 1957 zur Gründung der EWG die wirtschaftlichen Aspekte im Vordergrund standen, wurde die Schaffung eines europäisch koordinierten Sozialrechts und damit verbunden auch das Recht der deutschen Krankenversicherung unabdingbar. Dies stand damals bei der EWG und steht heute bei der EU immer noch im Zusammenhang mit der Freizügigkeit der Staatsangehörigen. Dieses Freizügigkeitsrecht beinhaltet die freie Einreise in andere Mitgliedsstaaten, die freie Arbeitsausübung, die freie Wohnsitznahme und die Beibehaltung des Wohnsitzes in einem anderen Mitgliedsstaat, auch nach Beendigung der Beschäftigung.
Dieser unausweichbaren und mit der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft verbundenen Koordinierungspflicht des Sozialrechts kam das EG-Recht anfangs in Form der Verordnung (VO) (EWG) Nr. 3/58 und 4/58 nach, die jeweils am 01.01.1959 in Kraft traten.11 Diese Verordnungen wurden durch die VO (EWG) Nr. 1408/71 und VO (EWG) Nr. 574/72 abgelöst. Die VO (EWG)
Nr. 1408/71 enthält die substanziellen Regelungen für die zwischenstaatliche Sozialrechtskoordination und die VO (EWG) Nr. 574/72 beinhaltet die zur Umsetzung nötigen Durchführungsbestimmungen.12 Die Einheitliche Europä- ische Akte im Jahr 1986 räumte der Gemeinschaft das Recht ein, mit qualifizierter Mehrheit durch Richtlinien Mindestvorschriften zu erlassen. Dies hatte auch Auswirkungen auf das Sozialrecht und dementsprechend auf das Recht der deutschen Krankenversicherung.
Der rein wirtschaftliche Ansatz einer freien europäischen Marktund Wettbewerbsordnung wurde erst mit dem am 01.11.1993 in Kraft getretenen Vertrag von Maastricht (Ratifizierung am 7. Februar 1992) über die Europäische Union überwunden. Dies wurde auch äußerlich durch das Weglassen des „W“ in EWG und zur Umbenennung in EG erkennbar.
Die Mitgliedsstaaten verpflichteten sich, künftig über die Bereiche der supranational strukturierten, durch partiellen Souveränitätsverzicht gekennzeichneten EG hinaus, auf zwei weitere Politikfelder intergouvernemental zusammenzuarbeiten. So wurden unter dem Dach der EU neben der EG als tragende Säule die ohne Souveränitätsverzicht rein völkerrechtlich organisierte Zusammenarbeit auf den Gebieten der Außenund Sicherheitspolitik (Zweite Säule) sowie der Justiz und Inneres (Dritte Säule) institutionalisiert.13 Zusätzlich wurde der Gesundheitsschutz als neue Aufgabe der Gemeinschaft in den Vertrag mit aufgenommen und die Gemeinschaft verpflichtet, sich seit Maastricht einen Beitrag zur Erreichung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus zu leisten.
Mit dem am 1. Mai 1999 in Kraft getretenen Vertrag von Amsterdam wurde dem EG-Vertrag ein Kapitel über Beschäftigungsförderung und Sozialvorschriften angefügt14, sowie die auf den Vertrag von Maastricht zurückgehende Vorschrift über das Gesundheitswesen novelliert.15 Beispielsweise wurden Bereiche für Blutund Organspende den gemeinschaftlichen Kompetenzen zum Erlass bestimmter verbindlicher Maßnahmen übertragen.
Um das Problem der unterschiedlichen sozialen Standards und Niveaus im Bereich des sozialen Schutzes im Krankheitsfall besser zu koordinieren, setzt die EU seit dem Ratsgipfel in Lissabon im Jahr 2000 verstärkt auf die offene Methode der Koordinierung (OMK). Sie verzichtet bewusst auf formale
Rechtsakte und Sanktionen und setzt statt dessen auf den Vergleich des Erfolgs der Mitgliedsstaaten beim Verfolgen gemeinsam vereinbarter Ziele und ggf. der Identifizierung von „Best Practice“ Lösungen.16
2.2 Rechtssetzungsbefugnisse der EU auf dem Gebiet der Krankenversicherung
Die EG als solche besitzt keine eigene Rechtspersönlichkeit und Staatlichkeit. Die EU ist kein Staat im klassischen Sinn, sondern vielmehr ein Zusammenschluss von Staaten, die der Union nach und nach Zuständigkeiten übertragen. So prägt Walter Hallstein den Begriff einer „Rechtsgemeinschaft“.17 Das jeweilige Rechtssetzungsverfahren und damit die Beteiligungsform der Organe (Europäischer Rat, Rat der Europäischen Union (=Ministerrat), Europäisches Parlament und Europäische Kommission) ergibt sich regelmäßig aus der Kompetenznorm, die der Gemeinschaft im Verhältnis zu den Mitgliedsstaaten die Zuständigkeit zur Regelung bestimmter Bereiche zuweist (Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung).18
In diesem Zusammenhang wurde mit dem Maastrichter Vertrag, der 1993 in Kraft trat, das sog. „Subsidiaritätsprinzip“ in den EG-Vertrag aufgenommen. Es besagt, dass in den Bereichen, die nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fallen, die Gemeinschaft nur tätig wird, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedsstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können.19
Rechtspersönlichkeit bedeutet die mit Rechten und Pflichten verbundene Eigenschaft, rechtsund geschäftsfähig zu sein. Völkerrechtlich gesehen sagt es aus, mit der Eigenschaft ausgestatten zu sein, bindende Verträge abzuschließen und internationalen Organisationen beizutreten. Durch den Vertrag von Lissabon, der am 13. Dezember 2007 unterzeichnet wurde, und am 1. Januar 2009 Inkrafttreten soll, erhält die EU zukünftig erstmals eine eigene Rechtspersönlichkeit.20
Die Ordnung der „Rechtsgemeinschaft der EG“ wird begrifflich in „Primärrecht“ und „Sekundärrecht“ unterschieden. Als Primärrecht (oder primäres Gemeinschaftsrecht) bezeichnet die EU den durch die Mitgliedsstaaten für ihr Handeln vorgegebenen Rechtsrahmen, innerhalb dessen sie zur Schaffung einer eigenen Rechtsordnung befugt ist. Dies sind die Gründungsverträge der drei Europäischen Gemeinschaften einschließlich der Anlagen und
Protokolle, sowie deren spätere Ergänzungen und Novellierungen.21 Die von der EU auf dieser Grundlage geschaffene Rechtsordnung wird als Sekundärrecht (sekundäres Gemeinschaftsrecht) bezeichnet. Die Handlungsformen des Sekundärrechts sind Verordnungen, Richtlinien, Entscheidungen, Empfehlungen und Stellungnahmen.22
Der EG-Vertrag enthält mehrere sozialpolitische Zielsetzungen und zahlreiche sozialpolitische Kompetenzen, die insoweit auch die GKV in Deutschland betreffen. Dies sind u.a. eine Gesundheitsberichterstattung, Präventionspolitik und die Förderung der Zusammenarbeit im Bereich der Sozialpolitik.23 Die wichtigste Kompetenz der EU zur Regelung des materiellen Leistungsrechts ist das sog. „koordinierte europäische Sozialrecht“, das wiederum dem sekundären Gemeinschaftsrecht zuzuordnen ist. Wegen der besonderen Bedeutung des Risikos „Krankheit“ für die Bürger der EU hat dieses koordinierte europäische Sozialrecht den formellen Charakter verloren und regelt grenz- überschreitende praktische Fälle im Recht der Krankenversicherung. Im Zentrum dabei stehen nicht nur die Geldleistungen, sondern auch die Dienstleistungen im Sozialrecht.
Europäische Rechtsgrundlage dafür ist die VO (EWG) 1408/71 (speziell die Art. 19 Abs. 1, Art. 22 Abs. 1, Art. 22 a, Art. 25 Abs. 1 und 3, Art. 28 Abs. 1, Art. 29 Abs. 1 und Art. 31). Diese Europäische Verordnung gilt für alle Mitgliedsstaaten der EU und den Staaten, die dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) beigetreten sind, wie Island, Liechtenstein und Norwegen sowie die Schweiz. Sie regelt somit für die Bürger der EU/EWR den Leistungsbezug für grenzüberschreitende Krankenversicherungsleistungen. Der sachliche Geltungsbereich der Verordnung erstreckt sich auf vorübergehende Aufenthalte im Ausland (Urlauber) und auf den gewöhnlichen Aufenthalt (Wanderarbeitnehmer).
Grundgedanke dabei ist, dass Dienstleistungen im Wohnoder Aufenthaltsort nach den dortigen Vorschriften und vom dortigen, dem sog. aushelfenden Träger zu Lasten des zuständigen Trägers erbracht werden, und zwar so, als ob der Versicherte im Aufenthaltsort versichert wäre. Um diese Leistungsansprüche zu erlangen, hat das Gemeinschaftsrecht ein komplexes System von Nachweisen und Vordrucken eingeführt, das eine kurzfristige und reibungslose Leistungsaushilfe ermöglichen soll. Mit diesem komplexen System der Nachweise sowie der entsprechenden Abrechnungen beschäftigen sich die Träger der Krankenversicherung in den einzelnen Mitgliedsstaaten der EU/EWR.24
2.3 Grenzüberschreitende Leistungsinanspruchnahme für deutsche Versicherte
Seit Inkrafttreten des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes (GMG) zum 1. Januar 2004 können gesetzlich Krankenversicherte in Deutschland bei vorü- bergehendem Aufenthalt Gesundheitsleistungen in einem anderen Mitgliedsstaat der EU oder einem EWR-Staat wahlweise auf Basis von drei verschiedenen Rechtsgrundlagen in Anspruch nehmen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.: 1 Rechtsgrundlagen für die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen bei vorü- bergehendem Aufenthalt im EU/EWR Ausland25
Die bereits seit über drei Jahrzehnten existierenden EWG-Verordnungen über soziale Sicherheit Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 koordinieren u.a. die nationalen Krankenversicherungssysteme mit dem Ziel, Hindernisse für die Freizügigkeit der EU-Bürger zu beseitigen. Die deutschen gesetzlich Versicherten (auch die gesetzlich Versicherten anderer Mitgliedsstaaten der EU/EWR und der Schweiz) werden bei einem Aufenthalt in einem anderen EU/EWR-Staat oder der Schweiz so gestellt, als ob sie dort versichert wären
– mit allen Vorteilen (z.B. andere/besser Leistungen) und Nachteilen (z.B. höhere Selbstbeteiligungen). So erhält ein Versicherter als Tourist in einem anderen Mitgliedsstaat im Falle seiner Erkrankung alle medizinisch notwendigen Leistungen in Anbetracht seiner Aufenthaltsdauer. Will er sich jedoch gezielt zur Behandlung in einen anderen Mitgliedsstaat begeben, benötigt er hierzu ggf. eine vorherige Genehmigung seiner deutschen Krankenkasse.
Seit dem 1. Juli 2004 können sich die gesetzlich krankenversicherten EU- Bürger bei vorübergehendem Aufenthalt in anderen Mitgliedsstaaten der EU gegen Vorlage der Europäischen Krankenversichertenkarte sich direkt (ohne Vorlage bei aushelfenden, ausländischen Trägern der Krankenversicherung) beim Leistungserbringer (Arzt, Zahnarzt oder Krankenhaus) behandeln lassen. Mit dem GMG hat der deutsche Gesetzgeber aufgrund verschiedener Rechtssprechungen des EuGH26 das nationale Sozialgesetzbuch um den
§ 13 Abs. 4 bis 6 Sozialgesetzbuch (SGB) V erweitert. Damit hat nun der gesetzlich Versicherte die Möglichkeit, sich bei geplanter Behandlung im EU/EWR-Ausland die angefallenen Kosten der Leistungsinanspruchnahme, in Höhe der Kosten deutscher Vertragssätze erstatten zu lassen.
Ferner hat der deutsche Gesetzgeber im Rahmen des GMG den gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland ab dem 1. Januar 2004 die Möglichkeit eingeräumt, Verträge mit Leistungserbringern aus dem EU/EWR-Ausland zu schließen (§ 140 e SGB V).
2.4 Koordinierung versus Harmonisierung in der Krankenversicherung
Die Gesundheitssysteme und damit die Systeme der gesetzlichen Krankenversicherungen in den Mitgliedsstaaten der EU unterscheiden sich nicht nur in ihrer institutionellen Ausgestaltung, ihrem Leistungsniveau, in ihrer Effizienz und ihren Zielsetzungen, sondern sie differenzieren sich weiter aus und eine Konvergenz der Gesundheitssysteme in der EU ist nicht festzustellen.
Diese Situation wird durch die EU-Osterweiterung noch divergenter und stellt noch größere Herausforderungen an die zukünftige Entwicklung der EU in der Sozialpolitik.27
Im Prinzip lassen sich zwei Extrempositionen einer zukünftigen europäischen Sozialpolitik ausmachen. Zum einem die völlige dezentrale Sozialpolitik, die durch die einzelnen Mitgliedsstaaten im Sinne eines Territorialprinzips gestaltet wird und zum anderen eine gemeinsame Sozialpolitik mit einem einheitlichen Gesundheitssystem. Beide Systeme lassen sich jedoch nicht verwirklichen. Das Territorialprinzip kann eine europäische Integration im Gesundheitswesen nicht an den Grenzen eines Landes enden lassen und eine zentrale Ausrichtung würde politisch auf das Veto der Mitgliedsstaaten der EU stoßen, die einen Kompetenzverlust sehen würden.
Das in Maastricht in das EG-Recht eingeführte Subsidiaritätsprinzip ist sicherlich auch im Sozialrecht der richtige Ansatz. Es soll eine Richtschnur darstellen, die die Aufgaben und Kompetenzen auf alle Beteiligten im Gesundheitswesen vernünftig verteilt. Tatsache ist, dass die Divergenzen in den Gesundheitssystemen der EU verschiedene Sozialstandards und unterschiedliche Lebensstandards nach sich ziehen. Das Ziel, ein gewisses Maß an Wohlfahrtsniveau zu erreichen, wäre wünschenswert, denn es wäre prekär, wenn es innerhalb der EU zu unüberwindlichen Wohlfahrtsgefällen kä- me. Ein zu starker liberaler Glaube an den Wettbewerb im Gesundheitswesen würde zu einem „race to the bottom“ (Abwärts-Wettlauf)28 führen, in des-sen Zuge soziale Standards im Konkurrenzkampf um bessere Marktpositionen systematisch abgebaut werden.
„Der Gesundheitsmarkt ist kein Markt im Sinne eines ungeregelten Geschehens von Angebot und Nachfrage, sondern der Gesundheitsmarkt ist wahrscheinlich sehr wohl in jedem Kulturstaat ein ordnungspolitisch schon vorgedachtes Handlungsfeld.“29
Aufgrund der Interdependenz der europäischen Krankenversicherungssysteme muss die Koordination soweit gehen, dass eine reibungslose Zusammenarbeit der einzelnen Träger gewährleistet wird und dem EU-Bürger der Zugang zu Leistungen in einem anderen Mitgliedsstaat der EU so einfach wie möglich gestaltet wird (Gesundheit ohne Grenzen). Die unterschiedlichen Gesundheitssysteme in der EU müssen nicht harmonisiert werden, es muss jedoch erheblich an der bisherigen Koordination weiterentwickelt werden. Es müssen Mindeststandards in der sozialen Sicherung der Bevölkerung der EU geschaffen werden.
Die Herausforderung wird sein, dass anhand der praktischen Problembereiche weitere Koordinierungsregeln als sekundäres Gemeinschaftsrecht oder ggf. im Wege der offenen Koordinierung gefunden werden. Das EU- Wettbewerbsrecht muss mit dem mitgliedsstaatlichen Sozialrecht übereinstimmen, um Konflikte beider Rechtsund Kompetenzordnungen zu vermeiden. Jedes EU-Mitgliedsland muss die Anforderungen an den europäischen Wettbewerb und an das EU-Sozialrecht in ihr nationales Sozialrecht aktiv integrieren. Nur so kann das nationale Sozialrecht vermeiden, dass das EU- Recht ihm fremde Regelungen aufzwingt.
3 Einfluss der Grundfreiheiten auf die GKV in Deutschland Wegen ihrer konstitutiven Bedeutung der Grundfreiheiten für die europäischen Güter-, Arbeits-, Dienstleistungsund Kapitalmärkte stellen sie das Herzstück des Europäischen Binnenmarktes dar. Sie sind zentraler Gegenstand des EGV mit den Bestandteilen eines freien Warenverkehrs, der Arbeitnehmerfreizügigkeit, der Niederlassungsfreiheit, der Dienstleistungsfreiheit und der Freiheit des Kapitalund Zahlungsverkehrs.30 Mit Ausnahme der Freiheit des Kapitalund Zahlungsverkehrs haben die genannten Grundfreiheiten erhebliche Auswirkungen und Einfluss auf die GKV in Deutschland.31
Die Grundfreiheiten verleihen den einzelnen Bürgern der EU sowie den Unternehmen Wirtschaftsverkehrsund Freizügigkeitsrechte über die nationalen Grenzen hinaus. Die Grundfreiheiten schützen die Unionsbürger und Unternehmen vor vertragswidrigen Beschränkungen seitens der einzelnen Mitgliedsstaaten. Demgegenüber bieten die europäischen Grundrechte den EU- Bürgern und Unternehmen Schutz gegenüber der Gemeinschaft selbst.32
Unmittelbaren Einfluss der Grundfreiheiten auf die GKV hat primär das Grundrecht zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Dieser unmittelbare Zusammenhang zwischen der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und der sozialen Sicherheit lässt sich dadurch begründen, dass ein Arbeitnehmer oder ggf. auch eine andere von den sozialen Sicherungssystemen erfasste Person (bspw.
Familienangehörige, Rentner, Selbständige, Beamte) durch die Ausübung dieses Freizügigkeitsrechts keine Nachteile hinsichtlich der sozialen Sicherheit haben soll.
Nur eher mittelbare Wirkung haben die Grundfreiheiten der Niederlassungsfreiheit, der Dienstleistungsfreiheit und der Warenverkehrsfreiheit. Da diese unter der Voraussetzung der freien Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedsstaat der EU keine Nachteile hinsichtlich seiner sozialen Sicherheit erleidet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.: 2 Die vier Freiheiten im Binnenmarkt33
3.1 Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Freier Personenverkehr)
3.1.1 Freizügigkeit der Arbeitnehmer als Grundfreiheit des europäischen Binnenmarktes
Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer34 ist das bedeutsamste Element der Personenfreizügigkeitsrechte der EU, das für die Errichtung des Binnenmarktes nicht zuletzt wegen seiner praktischen Bedeutung im Mittelpunkt steht. Sie räumt den Arbeitnehmern, die einer abhängigen Beschäftigung nachgehen, weisungsgebundene Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält. unbeschränkte Mobilität im europäischen Binnenmarkt ein. Das Grundrecht der Freizügigkeit garantiert jedem Arbeitnehmer eines EG-Mitgliedstaates den freien Zugang zur Beschäftigung in jedem anderen Mitgliedsstaat.35
3.1.2 Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Kontext zur gesetzlichen Krankenversicherung
Der Einfluss des Grundrechts der Freizügigkeit der Arbeitnehmer auf die Krankenversicherung stellt sich folgendermaßen dar. Ein Arbeitnehmer oder seine Familie müsste bei der Wanderung von einem Mitgliedsstaat in einen anderen aufgrund der daraus resultierenden Zugehörigkeit zu verschiedenen Krankenversicherungssystemen Nachteile für bereits erworbene Ansprüche oder in der Höhe der Leistung befürchten, wenn sich mit Wechsel des Arbeitsplatzes die Zugehörigkeit in das andere Krankenversicherungssystem automatisch begründet.36 Aus diesem Grund gewährleistet das EG-Recht flankierende Maßnahmen zur Sicherung des Rechts auf Freizügigkeit durch den Erlass eines „freizügigkeitsspezifischen Sozialrechts“.37 Dieses ergänzende freizügigkeitsspezifische Sozialrecht bestimmt u.a., nach welchem nationalen Recht sich die Ansprüche des Arbeitnehmers oder seiner Familie richten.
Der EGV38 verlangt insoweit die Zusammenrechnung aller nach den verschiedenen innerstaatlichen Rechtsvorschriften berücksichtigten Zeiten für den Erwerb und die Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs sowie für die Berechnung der Leistungen. Für die Interdependenz Freizügigkeit der Arbeitnehmer und Sozialrecht lassen sich folgende Fallkonstellationen bilden:
- Wohnsitz im Beschäftigungsstaat
- Wohnsitz außerhalb des Beschäftigungsstaates
- Grenzgänger
Ist der Wohnsitz des Arbeitnehmers und der Beschäftigungsstaat identisch, gelten grundsätzlich die Rechtsvorschriften des EU/EWR-Staates, in dessen Gebiet er beschäftigt ist.39 Von diesem Grundsatz abweichende Regelungen gibt es u.a. für Entsendungsbeschäftigte40 (sog. Expatriates), die sich temporär in einem anderen Mitgliedsstaat der EU/EWR aufhalten. Das Krankenversicherungssystem des Beschäftigungsstaates ist in dieser Konstellation primär zuständig, allerdings kann ein ausländischer Träger zur europäischen Leistungsaushilfe verpflichtet werden, wenn der Arbeitnehmer sich bspw. auf Heimaturlaub in seinem ursprünglichen EU-Mitgliedsstaat aufhält. Die aushilfsweise erbrachten Leistungen gehen auf Rechnung des Trägers des Beschäftigungslandes, d.h. es findet zwischen aushelfenden und zuständigen Trägern eine Leistungsverrechnung statt.
Wohnen der Arbeitnehmer und/oder seine Familienangehörigen nicht im Beschäftigungsstaat, erfolgt die Zuordnung zum Krankenversicherungssystem grundsätzlich ebenfalls zum EU/EWR-Mitgliedsstaates des Beschäftigungslandes. Die Ausnahme stellen wiederum die Expatriates dar, die sich nur vorübergehend zur Beschäftigung in einen anderen EU/EWR-Mitgliedsstaat aufhalten. Die VO trägt jedoch hier dem Umstand Rechnung, dass Krankheitsfälle des Arbeitnehmers oder seiner Familienangehörigen i.d.R. im Wohnsitzland auftreten und es dort einer ortsnahen Krankenversorgung bedarf. Der zuständige Träger der Krankenversicherung stellt einen sog. Betreuungsauftrag für den aushelfenden Träger des Wohnlandes des Arbeitnehmers aus. Mit diesem Betreuungsauftrag können der Arbeitnehmer oder seine Familienangehörigen Sachleistungen (bspw. ambulant oder stationär) nach den geltenden Rechtsvorschriften des Wohnlandes erhalten. Die angefallenen Leistungen werden dann wiederum über die Träger mit dem zuständigen ausländischen Krankenversicherungsträger abgerechnet. Sieht das Land des Wohnsitzes kein Sachleistungsprinzip vor, muss der Arbeitnehmer die Kosten vorab selbst tragen und kann einen Erstattungsanspruch gegen- über des Krankenversicherungsträgers des Beschäftigungslandes geltend machen (analog wie bei Geldleistungen, bspw. Entgeltersatzleistungen wie Krankengeld).
Ein Grenzgänger ist ein Arbeitnehmer, der seine Berufstätigkeit in einem anderen Land als seinem Wohnland ausübt, jedoch täglich oder zumindest einmal wöchentlich dorthin zurück kehrt.41 Der Unterschied zu den Expatriates ist der, dass ein beschäftigendes Unternehmen den Grenzgänger nicht auf dessen Rechnung ins Ausland sendet, sondern die Beschäftigung des
Grenzgängers einer normalen innerdeutschen Beschäftigung gleicht. Die Zuständigkeit des Krankenversicherungssystems richtet sich wie bei den voran gegangenen Fallkonstellationen nach dem Land des Beschäftigungsortes.42 Die Besonderheit für Grenzgänger besteht in einem Wahlrecht in der Leistungsinanspruchnahme. Dieses kann für das Wohnsitzland oder das Beschäftigungsland ausgeübt werden. D.h. Grenzgänger müssen Sachleistungen im Wohnsitzland nicht in Anspruch nehmen, können dies aber.
3.2 Niederlassungsfreiheit (Freier Personenverkehr)
3.2.1 Niederlassungsfreiheit als Grundfreiheit des europäischen Binnenmarktes
Die Niederlassungsfreiheit43 ist eine weitere wichtige Säule der Personenverkehrsfreiheiten, die natürlichen und juristischen Personen das Recht einräumt, in einem anderen Mitgliedsstaat als ihrem Herkunftsland Aufenthalt zu nehmen, um eine dauerhafte selbständige Standortwahl für ihre wirtschaftliche Tätigkeit unter den gleichen Bedingungen wie Inländer auszuüben. Sie garantiert eine freie Standortwahl für die Ausübung ihrer wirtschaftlichen Tä- tigkeit, gewährt eine umfassende Mobilität der Produktionsfaktoren und fördert die wirtschaftliche Verflechtung zwischen den Mitgliedsstaaten. Bei der Niederlassungsfreiheit handelt es sich nicht nur um eine sekundäre Niederlassung eines Selbständigen oder Unternehmens bspw. in Form einer Zweigniederlassung, sondern auch um eine primäre Niederlassungsfreiheit, die eine komplette Standortverlegung in einen anderen Mitgliedsstaat der EU zur Folge hätte.44
3.2.2 Niederlassungsfreiheit im Kontext zur gesetzlichen Krankenversicherung
Es liegt auf der Hand, dass die Niederlassungsfreiheit Einfluss auf das Leistungserbringerrecht der gesetzlichen Krankenversicherung haben kann.Speziell spricht es die Niederlassungsfreiheit von Leistungserbringern im Gesundheitswesen an. Eine wichtige Rolle spielen in diesem Zusammenhang die Richtlinien für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prü- fungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise für bestimmte Berufsgruppen im Gesundheitswesen. Diese legen im Einzelnen den Rahmen fest, innerhalb derer die Mitgliedsstaaten der EU die Anerkennung der Berufsab-schlüsse anderer Mitgliedsstaaten regeln können.45
Um die tatsächliche Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr zu erleichtern, sind mit der Richtlinie 75/362/EWG46 die Voraussetzungen für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse etc. geschaffen worden (Grundsatz der Inländergleichbehandlung). Weithin sind die Richtlinien 89/48/EWG47, 92/51 EWG48 und 1999/42/EG49 hervorzuheben. Diese Richtlinien regeln die Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise für die Berufe des Arztes, der Krankenschwester und des Krankenpflegers, für die Pflegefachkräfte, des Zahnarztes, des Tierarztes, der Hebamme sowie des Apothekers.
Sofern neben der Niederlassung weitere Genehmigungen – wie in Deutschland die Zulassung für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung – erforderlich sind, müssen EU-Bürger hierbei ebenfalls gleich behandelt und berücksichtigt werden. Die Berechtigung, in Deutschland zu Lasten der GKV Leistungen zu erbringen, setzt neben den erforderlichen beruflichen Anerkennungen, wie bspw. der Approbation50 eine ergänzende Zulassung voraus.
Dies betrifft Vertrags(zahn)ärzte, Leistungserbringer von Heilmitteln und Krankenhäuser. Letztere werden in der Regel durch einen Krankenhaus- Versorgungsvertrag zur stationären Versorgung zugelassen.
Mit der Zulassung wird die Eignung der Leistungserbringer zur Teilnahme an der GKV-Versorgung51 festgestellt. Zugleich werden die zugelassenen Leistungserbringer an die vertraglichen und gesetzlichen Pflichten in der GKV gebunden. Für die Vertragsärzte hat das zum 1. Januar 2007 in Kraft getretene Vertragsarztrechts-Änderungsgesetz (VÄndG) zahlreiche Erleichterungen zur Berufsausübung eröffnet. So kann seitdem auch eine Teilzulassung erteilt werden, mit der eine Praxis halbtags betrieben werden kann. Die bisherige Zulassungsgrenze des vollendeten 55. Lebensjahres gilt seit dem VÄndG nicht mehr in Gebieten mit drohender oder bereits bestehender Unterversorgung, zudem wurde in diesen Gebieten auch die Altersgrenze für das Ende der Tätigkeit von 68 Jahren aufgehoben. Auch können Vertrags- ärzte nun über die Grenzen einer Kassenärztlichen Vereinigung52 in Zweigpraxen/Praxisfilialen hinaus tätig werden.
Aktuelles Beispiel für die Niederlassungsfreiheit war der Betrieb einer Apotheke – Doc Morris – als Zweigniederlassung einer ausländischen Kapitalgesellschaft in Deutschland. Um das Geschäft in Deutschland noch weiter auszubauen, eröffnete das Unternehmen am 3. Juli 2006 in Saarbrücken ein Filialgeschäft. Das saarländische Gesundheitsministerium erteilte die Betriebserlaubnis. Da nach dem deutschen Apothekengesetz nur Apotheker als Einzelperson oder in einer nicht haftungsbeschränkten Personengesellschaft (Offene Handelsgesellschaft), nicht aber eine Aktiengesellschaft, zur Eröffnung und zum Betrieb einer Apotheke berechtigt sind, klagte eine niedergelassene saarländische Apothekerin gegen die Niederlassung der Filiale.
Am 13. September 2006 gewährte das Verwaltungsgericht des Saarlandes in Saarlouis der Saarbrücker Apothekerin vorläufigen Rechtsschutz und ordnete eine Schließung der Filiale an. Durch die Betriebserlaubnis sei die Chancengleichheit im beruflichen Wettbewerb verletzt. Am 22. Januar 2007 hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Saarlouis die Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) aufgehoben, so dass die Filialapotheke zunächst weiter betrieben werden kann. Anders als das VG bewertete das OVG in seiner Urteilsbegründung die Niederlassungsfreiheit für Kapitalgesellschaften innerhalb der EU vorrangig vor deutschem Recht. Eine endgültige Entscheidung im Hauptsacheverfahren steht jedoch noch aus.
3.3 Dienstleistungsfreiheit
3.3.1 Dienstleistungsfreiheit als Grundfreiheit des europäischen Binnenmarktes
Die Dienstleistungsfreiheit53 ermöglicht es Bürgern der EU, erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten auch ohne Wohnsitzverlagerung grenzüberschreitend anzubieten bzw. nachzufragen. Sie steht in einer engen Beziehung zur Niederlassungsfreiheit und unterscheidet sich durch das Kriterium der Kontinuität. Die Rechtssprechung des EuGH sieht die Niederlassungsfreiheit, in einer stabilen und kontinuierlichen Weise am Arbeitsleben eines anderen Mitgliedsstaates als sein Herkunftsland teilzunehmen. Die wirtschaftliche und soziale Verflechtung sind hier stark gegeben. Diese Kontinuität ist bei der Dienstleistungsfreiheit nicht Voraussetzung. Dienstleistungen gelten insbesondere als gewerbliche, kaufmännische, handwerkliche und freiberufliche Tätigkeiten.54
Aus der Rechtssprechung des EuGH gliedert sich die Dienstleistungsfreiheit weiterhin in eine aktive und passive Dienstleistungsfreiheit auf55. Bei der aktiven Dienstleistungsfreiheit begibt sich der Leistungserbringer (Dienstleister) in den anderen Mitgliedsstaat der EU, um dort seine Dienstleistung zu erbringen. Bei der passiven Dienstleistung begibt sich der Dienstleistungsempfänger in den Mitgliedsstaat des Dienstleisters. Eingriffe in die Dienstleistungsfreiheit können aber auch gerechtfertigt sein. Als Rechtsfertigung kommen die in Art.55 EGV i.V.m. Art. 46 EGV genannten Gründe in Betracht. Darüber hinaus will der EuGH in Anlehnung an die Cassis de Dijon- Rechtssprechung56 Einschränkungen auch auf Grund zwingender Gründe des Allgemeininteresses anerkennen.57
3.3.2 Dienstleistungsfreiheit im Kontext zur gesetzlichen Krankenversicherung
Die ersten Einflüsse der Dienstleistungsfreiheit auf die GKV betrafen den Zwang zur Sozialversicherung (Pflichtversicherung). Zum einen schließt die Pflichtversicherung grenzüberschreitende Dienstleister von dem Zwang zur Krankenversicherung aus, gleichzeitig hindert es den bereits Zwangsversicherten, sich den Versicherungsschutz anderweitig zu beschaffen. Diese Sachverhalte wurden vom EuGH mit dem Hinweis belegt, dass die Bestimmungen des EGV zur Dienstleistungsfreiheit nicht mit dem Ziel verfolgt wurden, Bereiche der sozialen Sicherheit zu regeln. D.h. das Mitgliedsland des Lebensmittelpunkts (Herkunftsland) des Dienstleisters ist für die Krankenversicherung verantwortlich.
Anschließend (ab dem Jahr 1998) wurde nun die Frage aufgeworfen, inwieweit ausländische Dienstleistungserbringer von inländischen gesetzlich Versicherten sowohl in der Art der aktiven wie auch in der passiven Dienstleistungsfreiheit in Anspruch genommen werden können. Der EuGH entwickelte und konkretisierte in mehreren Rechtssprechungen das Verhältnis zwischen dem Grundrecht der Dienstleistungsfreiheit und den nationalen Sozialrechten.58 Die Rechtslegungen aus den Urteilen des EuGH fanden dann mit einer
Novellierung des SGB (durch das sog. GMG) ab Januar 2004 Einzug in das deutsche Sozialrecht. Ein markanter Punkt in der unterschiedlichen Rechtsauffassung des Europarechts und der nationalen Sozialrechte war die vorherige Genehmigungspflicht von Leistungen. Der EuGH stellte mit den Urteilsbegründungen unmissverständlich klar, dass auch in einem Sachleistungssystem die Übernahme der Kosten für die Versorgung, die in einen anderen Mitgliedsstaat erfolgt, nicht von der Erteilung einer vorherigen Genehmigung abhängig gemacht werden darf. Die Grundsätze lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Das Gemeinschaftsrecht der EU lässt die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten zur Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit unberührt.
- Gleichwohl müssen die Mitgliedsstaaten bei der Ausübung dieser Befugnisse das Gemeinschaftsrecht beachten.
- Eine vorherige Genehmigung für eine Auslandsbehandlung stellt eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs im Sinne der Art. 49 EGV und Art. 50 EGV dar.
- Die Beschränkung kann aber objektiv gerechtfertigt sein. In Betracht kommen zwingende Gründe im Sinne des Art. 55 EGV i.V.m. Art. 46 EGV. Im Sinne des ersteren diskutiert der EuGH eine mögliche erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit, im zweiten Sinne die Frage von Gründen der öffentlichen Gesundheit.59
In diesem Zusammenhang entzündeten sich zuletzt auf europäischer wie nationaler Ebene kontroverse Diskussionen um die Einführung der sog. Dienstleistungsrichtlinie. Die Richtlinie60 wurde am 27. Dezember 2006 im Amtsblatt der EU veröffentlicht und bedarf als EG-Richtlinie der Umsetzung in das jeweilige nationale Recht durch die einzelnen Mitgliedstaaten. Die Umsetzung soll in allen Staaten bis zum 28. Dezember 2009 erfolgen.
3.4 Warenverkehrsfreiheit
3.4.1 Warenverkehrsfreiheit als Grundfreiheit des europäischen Binnenmarktes
Die Warenverkehrsfreiheit bezweckt den Schutz des ungehinderten grenz- überschreitenden Verkehrs von beweglichen Sachen, welche Gegenstand rechtmäßiger Handelsgeschäfte sein können. Sie betrifft den größten Teil des zwischenstaatlichen Wirtschaftsverkehrs. Sie umfasst zum einen die Zollunion und einen gemeinsamen Außentarif gegenüber Drittstaaten61, sowie die Pflicht der Mitgliedsstaaten, ihre ggf. existierenden staatlichen Handelsmonopole umzuformen.62 Darüber hinaus besteht im europäischen Binnenmarkt ein Verbot von mengenmäßigen Einund Ausfuhrbeschränkungen sowie von Maßnahmen gleicher Wirkung.63 Daraus folgt der Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit, dass der Marktzugang in einem Mitgliedsstaat der EU im Grundsatz zugleich dem Zugang zu allen anderen Mitgliedsstaaten der EU eröffnet.
3.4.2 Warenverkehrsfreiheit im Kontext zur gesetzlichen Krankenversicherung
Neben dem Bereich der Hilfsmittelversorgung64 ist die GKV hauptsächlich mit den Arzneimitteln bei der Freiheit des Warenverkehrs betroffen. Ausgaben für Arzneimittel (ca. 18 % der Gesamtausgaben) stellen einen erheblichen Teil (Tendenz steigend) der Leistungsausgaben im deutschen Gesundheitswesen dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.: 3 Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland, Quartal 1 – 3 200765
Nach der Rechtssprechung des EuGH sind Arzneimittel66 Waren im Sinne der Warenverkehrsfreiheit. Arzneimittel dürfen nur dann in den Verkehr gebracht werden, wenn sie eine vorherige staatliche „Unbedenklichkeitsprü- fung“ durchlaufen haben. Das EG-Recht regelt u.a. die Herstellung, Vermarktung und das Zulassungsverfahren67 von Arzneimitteln. In Deutschland dürfen Arzneimittel nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie von der zuständigen Bundesbehörde68 zugelassen worden sind oder eine europäische Zulassung haben. Nun können die Arzneimittelhersteller auf die Idee kommen, sich das EU-Mitgliedsland auszusuchen, das die geringsten arzneimittelrechtlichen Zugangsvoraussetzungen aufstellt.
Das gemeinsame europäische Zulassungsverfahren ist jedoch ein zentrales Gemeinschaftsverfahren, das bei bereits erfolgreich durchgeführten nationalen Zulassungsverfahren nochmals eine gegenseitige Anerkennung mit einem besonderen Anerkennungsverfahren benötigt. Somit ist auf diesem Gebiet bereits eine gewisse Harmonisierung erreicht und eine Doppelbeurteilung kann weitestgehenst vermieden werden.
4 Koordinierungsentwicklungen der EU im Gesundheitswesen
Soziale Sicherheit war in der EU bzw. der EG traditionell mit dem Subsidiaritätsgedanken verankert, d.h. die Regelungen zur sozialen Sicherheit wurden den einzelnen Mitgliedsstaaten überlassen. Recht früh entstand in der EG/EU das Ziel der Armutsbekämpfung. Zudem wurden einige Bereiche wie die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und der Sozialschutz auch von übergreifenden Interessen geregelt. Hier ist primär an den Schutz der sog. Wanderarbeitnehmer zu denken. Die bereits genannten und bekannten EWG- Verordnungen Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 verfolgten im Sinne der Grundrechte der Arbeitnehmerfreizügigkeit und Niederlassungsfreiheit seit Beginn der 70er Jahre das Ziel, Wanderarbeitnehmer davor zu bewahren, durch ihre grenzüberschreitende Mobilität hinweg Einbußen im sozialen Schutz zu erleiden.
Eine bedeutende Rolle spielte in der Vergangenheit auch die entsprechende Rechtssprechung des EuGH zum Sozialrecht. Der EuGH wurde auch als Integrationsmotor in der Abstimmung sozialer Fragen und Schnittstellen zwischen den EU-Mitgliedsländern bezeichnet. In den letzten Jahren hat die europäische Integration auf dem Gebiet des Gesundheitsmarktes und damit auch im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung an Dynamik gewonnen. Meilensteine waren hier der Vertrag von Amsterdam und zuletzt die sog. Lissabon-Strategie, die erstmals auch Beschäftigungsziele fixierte. Die Meinung darüber, welche Methoden der Integration bzw. Koordinierung angewandt werden sollten, wurde politisch stets kontrovers diskutiert. Als neueste Methode wurde die Methode der offenen Koordination vorangetrieben (OKM).69
4.1 Europäisches koordinierendes Sozialrecht
Die EWG-Verordnungen Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 prägen eine Reihe von Grundsätzen und schaffen damit eine Koordinierung der einzelnen nationalen Sozialrechtssysteme. Der Grundsatz der Zusammenrechnung70 wurde bereits in das europäische Primärrecht integriert. Dieser Grundsatz besagt, dass die nach den verschiedenen innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu berücksichtigenden Zeiten für den Erwerb und die Aufrechterhaltung von Ansprüchen gegen den Leistungsträger eines Mitgliedsstaates der EU/EWR sowie für die Berechnung von Leistungen zu berücksichtigen sind.
Weiterhin wurde der Grundsatz des Leistungsexports71 im Primärrecht der EG geregelt. Auch wenn der Anspruchsberechtigte seinen Wohnsitz in einen anderen Mitgliedsstaat der EU/EWR verlegt hat, besteht der Leistungsanspruch weiter und führt nicht zu einem Verlust. Dies kann bspw. für Renten oder die klassische Geldleistung der deutschen Pflegeversicherung des Pflegegeldes72 gelten. Im Sekundärrecht der Verordnung Nr. 1408/71 (EWG) wurde des Weiteren der Grundsatz der Inländergleichbehandlung73 mit aufgeführt. Dieser definiert, dass Personen oder deren Familienangehörigen, für welche die Gemeinschaftsverordnungen gelten, Leistungsansprüche im selben Umfang wie einheimische Leistungsberechtigte erhalten müssen.
Der persönliche Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 (EWG) umfasst sowohl Arbeitnehmer und Selbständige, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedsstaaten gelten. D.h. entweder ist die Person im Besitz der Staatsangehörigkeit eines EU/EWR-Mitgliedsstaates, oder es handelt sich darüber hinaus um Staatenlose und Flüchtlinge, die ihren Wohnsitz in einem Mitgliedsstaat haben. Der sachliche Geltungsbereich erstreckt sich über die Leistungen bei Krankheit (einschließlich bei Pflegebedürftigkeit) und Mutterschaft, Invalidität, Alter, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, Arbeitslosigkeit, Tod im Hinblick auf Leistungen an Hinterbliebene und Sterbegeld sowie Familienleistungen.
Ein weiterer Grundsatz, diesmal aus der Rechtssprechung des EuGH, ist eine Art Günstigkeitsprinzip. Hier sollen die politisch gewollte Mobilität und Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der EU gefördert werden. Das bedeutet konkret, dass der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften insbesondere dann nichts entgegen steht, wenn diese bessere Leistungen vorsehen, als sie unter Berücksichtigung des Gemeinschaftsrechts gewährt werden. Bspw. hat der EuGH74 entsprechend des Günstigkeitsprinzip in einem
Fall entschieden, dass einem Betroffenen, der wegen seiner Zugehörigkeit zu den Systemen der sozialen Sicherheit verschiedener Mitgliedsstaaten mehrere Renten bezieht, die Aufstockung seiner Rente in einem Mitgliedsstaat mit der „Fremdrente“ und dadurch eine Überschreitung des nationalen Höchstrentenbetrag eintritt (Kumulierung verbunden mit einer Beschränkung), nicht rechtens ist.75
Die Koordination von Behandlungsleistungen bei Krankheit im Rahmen der Leistungen der GKV richtet sich wie bereits geschildert nach der Zuständigkeit eines nationalen Krankenversicherungssystems. Diese Zuständigkeit richtet sich bei Arbeitnehmern überwiegend nach dem Mitgliedsland des Beschäftigungsortes; bei Selbständigen und Nichterwerbstätigen hauptsächlich nach dem Wohnland.
Auf dem Weg zu einer besseren Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit wurde am 29. April 2004 die VO Nr. 883/2004 (EG) unterzeichnet. Diese Reform wird in Abschnitt 6 dieser Arbeit näher beschrieben.
4.2 Grundsätzliche Entscheidungen des EuGH für das Sozialrecht
Innerhalb des europäischen Binnenmarktes sind Krankenversicherung und Gesundheitswesen längst Gegenstand des „Europarechts im Alltag“76 geworden. Im Entwicklungsprozess der Integration hat die Rechtssprechung des EuGH eine Vorreiterrolle übernommen. Davon zeugen wegweisende Urteile des EuGH zur grenzüberschreitenden Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen, im Kontext zu den Grundfreiheiten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.: 4 Rechtssprechungen des EuGH im Kontext der Grundfreiheiten77
4.2.1 Urteile im Zusammenhang mit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer
4.2.1.1 Rechtssache Rindone 22/86 vom 12. März 1987
Der italienische Wanderarbeitnehmer Rindone kündigt zum 2. Januar 1980 sein Arbeitsverhältnis und kehrt nach Italien zurück. Am 14. Januar 1980 erhält seine ehemalige Krankenkasse eine Krankmeldung, dass er seit 24. Dezember 1979 ohne Diagnoseangaben für voraussichtlich 35 Tage arbeitsunfähig sei. Die Arbeitsunfähigkeit endete lt. späterem Attest am 28. Mai 1980. In dieser Zeit lag Herr Rindone von 21. bis 26. April 1980 im Krankenhaus.78
Die deutsche Krankenkasse verlangte, dass er einen Arzt in Deutschland aufsuche. Dieses war Herrn Rindone angeblich nicht möglich. Die deutsche Krankenkasse weigerte sich, Krankengeld zu zahlen. Das deutsche Sozialgericht verurteilte die Krankenkasse zur Zahlung des Krankengeldes für den Zeitraum des stationären Krankenhausaufenthaltes vom 21. bis 26. April 1980. Herr Rindone legte Berufung ein, die zurück gewiesen wurde. Das Bundessozialgericht wandte sich daraufhin an den EuGH.
Die Luxemburger Richter entschieden nun, dass eine deutsche Krankenkasse an die tatsächliche sowie rechtliche Feststellung des Eintritts sowie der Dauer der Arbeitsunfähigkeit eines im Ausland erkrankten Versicherten gebunden ist. Die Krankenkasse kann diese Feststellung nur beseitigen, wenn sie ihren Versicherten im Rahmen des Art. 18 Abs. 5 VO (EWG) Nr. 574/72 von einem Arzt ihrer Wahl im Ausland untersuchen lässt.
4.2.1.2 Rechtssache Paletta C-45/90 vom 3. Juni 1992
Die Familie Paletta (Vater, Mutter und zwei Kinder) war bei der Firma Brennet AG (süddeutsche Unternehmung) beschäftigt. Zum wiederholten Mal meldeten sich alle Familienangehörigen aus dem Urlaub arbeitsunfähig. Der Arbeitgeber verweigerte die Lohnfortzahlung (heute Entgeltfortzahlung) für diese Krankheitsfälle. Die Rechtssache ging vor das Arbeitsgericht Lörrach. Der EuGH entschied nun, dass auch die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber als eine Geldleistung im Krankheitsfall und als Teil der sozialen Sicherheit im Sinne der VO (EWG) Nr. 1408/71 angesehen werden muss. Dies hatte zur Folge, dass der Arbeitgeber eines im Ausland erkrankten Arbeitnehmers an eine im EG/EWR-Ausland ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gebunden ist.79
4.2.2 Urteile im Zusammenhang mit der Warenverkehrsfreiheit
Rechtssache Decker C-120/95 vom 28. April 199880
Herr Decker, ein in Luxemburg versicherter Luxemburger, hatte sich von einem in Luxemburg niedergelassenen Arzt ein Rezept für eine Brille (Hilfsmittel) ausstellen und sich die tatsächliche Versorgung durch einen Optiker in Belgien anfertigen lassen. Seine Krankenkasse in Luxemburg lehnte die Erstattung der Kosten ab, weil die Brille ohne vorherige Zustimmung der Kasse im Ausland beschafft worden sei. In dieser Genehmigungserfordernis sah der EuGH eine Beschränkung des freien Warenverkehrs, da es die Versicherten dazu veranlasse, Erzeugnisse in ihrem Heimatland und nicht in einem anderen EG-Mitgliedsstaat zu erwerben. Die Ausnahmeregelung des Art. 30 EGV, und zwar das finanzielle Gleichgewicht eines Systems der sozialen Sicherheit zu gefährden, wurde in diesem Fall vom EuGH nicht nachvollzogen.
Auch die Begründung unterschiedlicher Qualitätsstandards bei der Leistungserbringung in den EU/EWR-Ländern rechtfertigt keinen Genehmigungsvorbehalt.
4.2.3 Urteile im Zusammenhang mit der Niederlassungsfreiheit
Die anhängige Rechtssache Doc Morris wurde bereits im Punkt Nr. 3.2.2, Niederlassungsfreiheit im Kontext zur gesetzlichen Krankenversicherung, behandelt. Eine abschließende Entscheidung ist noch abzuwarten.
4.2.4 Urteile im Zusammenhang mit der Dienstleistungsfreiheit
4.2.4.1 Rechtssache Kohll C-158/96 vom 28. April 1998
Wiederum ein luxemburgischer Staatsbürger mit dem Namen Kohll beantragte bei seiner luxemburgischen Krankenkasse die Genehmigung einer Zahnregulierung für seine Tochter, die ein in Trier niedergelassener deutscher Zahnarzt durchführen sollte. Die luxemburgische Krankenkasse lehnte den Antrag auf Zahnersatz ab. Die Richter des EuGH sahen in der Ablehnung den Verstoß gegen die (passive) Dienstleistungsfreiheit darin, dass die Erstattung der Kosten für Zahnersatz durch einen Zahnarzt in einem anderen Mitgliedsstaat nach den Tarifen des Versicherungsstaates von der Genehmigung des Trägers des Versicherten abhängig gemacht wurde. Einschrän-81 kungen in der ärztlichen und zahnärztlichen Versorgung seien nur zulässig, soweit die Erhaltung eines bestimmten Umfangs erforderlich ist, z.B. beim Schutz der öffentlichen Gesundheit. Diese Ausnahmen lies der EuGH in diesem Fall nicht gelten und verpflichtete die Krankenkasse in Luxemburg zur Erstattung in Höhe der inländischen Sätze.
4.2.4.2 Rechtssache Smits / Peerbooms / Vanbraekel C-157/99 und C-368/98 vom 12. Juli 2001
In den Rechtssachen Smits, Peerbooms und Vanbraekel ging es um die Übernahme von Kosten für die stationäre Krankenhausversorgung in einem anderen Mitgliedsstaat der EU/EWR. In solchen Fällen kann die Auslandsbehandlung ohne Verstoß gegen den EGV durchaus von einer vorherigen Genehmigung der Krankenkasse abhängig gemacht werden. Die Genehmigung kann versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Patienten ebenso wirksame Behandlung rechtzeitig in einer Einrichtung erlangt wird. Diese zwingenden Gründe für das Versagen einer Genehmigung stehen im Zusammenhang mit dem finanziellen Gleichgewicht der einzelnen nationalen Systeme der sozialen Sicherung. Die Beurteilung ist in jedem Fall (Einzelfallbeurteilung) auf objektive und nicht diskriminierende Kriterien zurück zu führen. Die Überwachung wurde vom EuGH auf die nationalen Aufsichtsbehörden und Gerichte übertragen.82
Im Rechtsfall Vanbraeckel, in dem bereits eine Genehmigung für eine Auslandskrankenbehandlung erteilt wurde, erläutert der EuGH in seinem Urteil, nach welchen Bestimmungen sich der Erstattungsanspruch des Versicherten nach erfolgter Behandlung richtet. Die Erstattung der Leistung ist nach den Bestimmungen des Staates zu berechnen, in dem die Leistung erbracht wurde. Ergänzend hat der Versicherte Anspruch auf Erstattung zu Lasten des Versichertenstaates, wenn dessen Rechtsvorschriften eine höhere Erstattung vorsehen.
[...]
1 Zitat von Robert Schuman (1886 – 1963), Französischer Staatsmann, Regierungserklärung zur EGKS, Paris, 9. Mai 1950, http://europa.eu/abc/symbols/9-may/decl_de.htm, Zugriffsund Druckdatum: 27. März 2008.
2 Die Ausgaben für Gesundheit in Deutschland beliefen sich im Jahr 2005 auf insgesamt 239,4 Milliarden Euro oder 10,7% des Bruttoinlandsproduktes. Vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland: Gesundheitsausgaben, http://www.destatis.de, Zugriffsund Druckdatum: 22. April 2008.
3 Vgl. Eichenhofer, Eberhard: Sozialrecht der Europäischen Union, 1. Auflage, Berlin 2001, Seite 19.
4 Vgl. Schlegl, Rainer: Gesetzliche Krankenversicherung im Europäischen Kontext, Kapitel II, Seite 702.
5 Vgl. Wasem, Jürgen: Entwicklungsperspektiven für die GKV aus ökonomischer Sicht, in: Gerhard Igl (Hrsg.), Europäische Union und GKV, 1. Auflage, Wiesbaden 1999, Seite 139 ff.
6 Vgl. GKV-Modernisierungsgesetz – GMG, Einfügung der Abs. 4 bis 6 § 13 Sozialgesetzbuch V.
7 Vgl. Bieback, Karl-Jürgen: Rechtliche und politische Dimensionen der EU- Gesundheitspolitik, in: Gerhard Igl (Hrsg.), Europäische Union und GKV, 1. Auflage, Wiesbaden 1999, Seite 16.
8 William Henry Beveridge, (1879 –1963), Britischer Ökonom und Politiker der liberalen Partei.
9 Otto von Bismarck, (1815 – 1898), Deutscher Staatsmann, Erster Kanzler des Deutschen Kaiserreichs.
10 Kern Axel Olaf/Kupsch, Stephen Dieter: Internationale Vergleiche von Gesundheitssystemen und die Neubestimmung des Leistungskatalogs in der gesetzlichen Krankenversicherung, Universität Augsburg, Discussion Papers 217, 2002.
11 Vgl. Eichenhofer, Eberhard: Sozialrecht der Europäischen Union, 1. Auflage, Wiesbaden 2001, Seite 27.
12 Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, veröffentlicht im Amtsblatt der EU Nr. L 28 vom 30. Januar 1997 und Verordnung (EWG) Nr. 574/72, veröffentlicht im Amtsblatt der EU Nr. L 74 vom 27. März 1972.
13 Vgl. Schlegl, Rainer: Gesetzliche Krankenversicherung im Europäischen Kontext - ein Überblick -, SGb - Die Sozialgerichtsbarkeit, Ausgabe 12/2007.
14 Vgl. Art. 136 ff. EGV.
15 Vgl. Art. 152 EGV.
16 Arbeitsgemeinschaft der Sozialversicherung Deutschland: Die soziale Wirklichkeit in Europa: Eine Bestandsaufnahme, vom 20. November 2007, Seite 21.
17 Hallstein, Walter: Die Europäische Gemeinschaft, 1. Auflage, Düsseldorf 1973, S. 33 ff. 18Vgl. Art. 5 Abs. 1 EGV und Otto Lenz, Klaus-Dieter Borchardt, EU- und EG-Vertrag Kommentar, 4. Auflage, Köln 2006, Seite 213 ff.
19 Vgl. Weidenfeld, Werner/Wessels, Wolfgang (Hrsg.): Europa von A bis Z, Taschenbuch der europäischen Integration, Bonn 2007, Seite 448.
20 Vgl. Internetportal der Europäischen Union: Vertrag von Lissabon, Europa auf dem Weg ins 21. Jahrhundert, http://europa.eu/lisbon_treaty/glance/index_de.htm, Zugriffsund Druckdatum: 1. April 2008.
21 Vgl. Mickel, Wolfgang/Bergmann, Jan: Handlexikon der Europäischen Union, 3. Auflage, Baden-Baden 2005, Seite 384.
22 Verordnungen haben allgemeine Geltung in allen Mitgliedsstaaten, Richtlinien sind für die Mitgliedsstaaten hinsichtlich des Ziels verbindlich und in nationales Recht umzusetzen, Entscheidungen haben individuellen Geltungscharakter, Empfehlungen und Stellungnahmen sind nicht verbindlich für die Mitgliedsstaaten.
23 Vgl. Art. 152 EGV.
24 Vgl. Bieback, Karl-Jürgen: Rechtliche und politische Dimensionen der EU- Gesundheitspolitik, in: Gerhard Igl (Hrsg.), Europäische Union und gesetzliche Krankenversicherung, 1. Auflage, Wiesbaden 1999, Seite 12.
25 Vgl. Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen: Europa für die Versicherten gestalten, Positionspapier, Oktober 2004, Seite 8.
26 Zuletzt mit Urteil in der Rechtssache „Müller-Fauré/van Riet“ (C-385/99) vom 13.05.2003, vorher: Urteil „Smits/Peerbooms“ (C-157/99) vom 12.07.2001, „Kohll/Decker“ (C-158/96/C- 120/95) vom 28. April 1998.
27 Vgl. Ribhegge, Hermann: Europäische Sozialpolitik, Eine Einführung, VS-Verlag 2006, Seite 365.
28 Mit dem englischen Begriff „race to the bottom“ (Abwärts-Wettlauf) wird ein Modell bezeichnet, welches den Abbau von Standards (Sozial-, Arbeits-, Umwelt-Standards) im globalisierten Wettbewerb beschreibt.
29 Zitat von Günter Danner, Aktuelle Herausforderungen der EU für das Gesundheitswesen in Deutschland, in: AOK (Hrsg.) im Dialog, Europa für die Versicherten gestalten, 1. Ausgabe, Berlin 2005, Seite 18.
30 Vgl. Art. 56 – Art. 60 EGV.
31 Vgl. Schlegl, Rainer: Gesetzliche Krankenversicherung im Europäischen Kontext - ein Überblick -, SGb - Die Sozialgerichtsbarkeit, Ausgabe 12/2007.
32 Vgl. Schwarze, Jürgen: Europäisches Wirtschaftsrecht, 1. Auflage, Baden-Baden 2007, Seite 41.
33 Quelle: Eigene Darstellung.
34 Der Begriff des Arbeitnehmers wurde durch die ständige Rechtssprechung des EuGH geprägt: Arbeitnehmer ist jede Person, die während einer bestimmten Zeit für einen anderen
35 Vgl. Art. 39 EGV.
36 Vgl. Schulte, Bernd: Soziale Sicherheit in der EG, 3. Auflage, München 2007.
37 Vgl. Schuler, Rolf: Das internationale Sozialrecht der Bundesrepublik Deutschland, 2. Auflage, Baden-Baden 1988.
38 Vgl. Art. 42 EGV.
39 Vgl. Art. 13 Abs. 2 Buchst. a) VO (EWG) Nr. 1408/71.
40 Vgl. Art. 14 Abs. 1 Buchst. a) VO (EWG) Nr. 1408/71.
41 Vgl. Dobernig, Gerhard (Hrsg.)/Schmidjell, Richard (Hrsg.): Broschüre für Grenzgängerinnen und Grenzgänger für die bayerisch-österreichische Grenzregion, 1. Auflage, EURES interalp Verlag, Salzburg 2004, Seite 5.
42 Vgl. Art. 20 VO (EWG) 1408/71.
43 Vgl. Art. 43 EGV.
44 Vgl. Schulze, Reiner/Zuleeg, Manfred: Europarecht, 1. Auflage, Baden-Baden 2006, Seite 366.
45 Vgl. Schlegl, Rainer: Gesetzliche Krankenversicherung im Europäischen Kontext - ein Überblick -, SGb - Die Sozialgerichtsbarkeit, Ausgabe 12/2007.
46 Richtlinie: 75/362/EWG vom 16. Juni 1975, ABl. Nr. L 167 vom 30. Juni 1975, S. 0001-0013.
47 Richtlinie: 89/48/EWG vom 21. Dezember 1998, ABl. Nr. L 019 vom 24. Januar 1989, S. 0016-0023.
48 Richtlinie: 92/51/EWG vom 18. Juni 1992, ABl. Nr. L 209 vom 24. Juli 1992, S. 0025-0045.
49 Richtlinie: 1999/42/EG vom 7. Juni 1999, ABl. Nr. L 201 vom 31. Juli 1999, S. 0077-0093.
50 Bezeichnet die staatliche Zulassung zur Berufsausübung für die Heilberufe des Arztes, Zahnarztes, Apothekers, Psychotherapeuten und Tierarztes.
51 Vgl. §§ 95 ff. Sozialgesetzbuch (SGB) V.
52 Kassenärztliche Bundesvereinigungen stellen die politische Interessenvertretung der Vertrag(zahn)ärzte in Deutschland dar.
53 Vgl. Art. 49 EGV bis Art. 55 EGV.
54 Vgl. Art. 50 Satz 1 EGV.
55 Es wird auch noch eine dritte Art der Dienstleistungsfähigkeit aufgeführt, die sog. Korrespondenzdienstleistungsfreiheit, die sich mit grenzüberschreitenden Versandwegen auseinandersetzt. Auf diese Art wird jedoch in dieser Arbeit nicht eingegangen.
56 Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 20. Februar 1979 in Sachen REWE, Rechtssache 120/78, Sammlung der Rechtssprechung 1979, Seite 00649.
57 Vgl. Fuchs, Maximilian: Dienstleistungsfreiheit und Sozialversicherung in der Rechtsspre-chung des EuGH, Neue Zeitschrift für Sozialrecht, Ausgabe 7/2002, Seite 337-392.
58 Zuletzt mit Urteil in der Rechtssache „Müller-Fauré/van Riet“ (C-385/99) vom 13.05.2003, vorher: Urteil „Smits/Peerbooms“ (C-157/99) vom 12.07.2001, „Kohll/Decker“ (C-158/96/C- 120/95) vom 28. April 1998.
59 Vgl. Fuchs, Maximilian: Dienstleistungsfreiheit und Sozialversicherung in der Rechtssprechung des EuGH, Neue Zeitschrift für Sozialrecht, Ausgabe 7/2002, Seite 337-392.
60 Richtlinie 2006/123/EG vom 12. Dezember 2006, ABl. Nr. L 376 vom 27. Dezember 2006, S. 0036-0068.
61 Vgl. Art. 23 Abs. 1 EGV und Art. 25 EGV.
62 Vgl. Art. 21 EGV.
63 Vgl. Art. 28 EGV und Art. 29 EGV.
64 Hilfsmittel sind sächliche medizinische Leistungen. Sie umfassen Gegenstände, die beeinträchtigte Körperfunktionen ersetzen, erleichtern oder ergänzen, z.B. Sehund Hörhilfen, Körperersatzstücke und orthopädische Hilfsmittel.
65 Quelle: Statistik KV45, AOK Bundesverband, http://www.aokbv.de/imperia/md/content/aokbundesverband/dokumente/pdf/service/kv_2007.pdf, Zugriffsund Druckdatum: 4. April 2008.
66 Arzneimittel sind insbesondere Stoffe und Zubereitungen von Stoffen, die dazu dienen, durch Anwendung bei Mensch oder Tier Krankheiten, Leiden, Schäden und Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen, Stoffe, die der Diagnose dienen, oder seelische Zustände beeinflussen (Definition nach dem deutschen Arzneimittelgesetz).
67 Richtlinie 2001/83/EG vom 6. November 2001, ABl. Nr. L 311 vom 28. November 2001, S. 0067-0128.
68 Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte mit Sitz in Bonn.
69 Vgl. Klammer, Ute: Entwicklung, Koordination und Gestaltung von Sozialsystemen in der Europäischen Union, Soziale Sicherheit, Ausgabe 9/2007.
70 Vgl. Art. 42 Abs. a EGV.
71 Vgl. Art. 42 Abs. b EGV.
72 Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 5. März 1998, Rechtssache Molenaar, C- 160/96, Sammlung der Rechtssprechung 1998, Seite I 00843.
73 Vgl. Art. 3 VO Nr. 1408/71 (EWG).
74 Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 21. Oktober 1971, Rechtssache Petroni, C- 24/75, Sammlung der Rechtssprechung 1975, Seite 01149.
75 Vgl. Schulte, Bernd: Europäisches Wirtschaftsrecht und die VO 1408/71/EWG, in: Konrad Grillberg (Hrsg.), Rudolf Mosler (Hrsg.), Europäisches Wirtschaftsrecht und soziale Krankenversicherung, 1. Auflage, Wien 2003, Seite 121 ff.
76 Vgl. Keller, Claudia in: Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland (Hrsg.), Europarecht im Alltag, 50 Fragen an die Bürgerberaterin, Ausgabe 2007, Seite 48 ff.
77 Quelle: Eigene Darstellung.
78 Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 12. März 1987, Rechtssache Rindone, 22/86, Sammlung der Rechtssprechung 1987, Seite 01339.
79 Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 3. Juni 1992, Rechtssache Paletta, C-45/90, Sammlung der Rechtssprechung 1992, Seite I-03423.
80 Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 28. April 1998, Rechtssache Decker, C- 120/95, Sammlung der Rechtssprechung 1998, Seite I-1831.
81 Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 28. April 1998, Rechtssache Kohll, C-158/96, Sammlung der Rechtssprechung 1998, Seite I-1931.
82 Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 12. Juli 2001, Rechtssache Smits / Peerbooms / Vanbraekel, C-157/99 und C-368/98, Sammlung der Rechtssprechung 2001, Seite I-05473 und I-05363.
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