Beschleunigt durch die in den 80er Jahren rapide zunehmende Massenarbeitslosigkeit, welche sich zunehmend in bestimmten innerstädtischen Strukturen räumlich konzentrierte, entwickelten sich einhergehend mit einer anhaltend hohen Zuwanderung von Ausländern und den damit daraus resultierenden ethnisch-kulturellen Spannungen und Abschottungtendenzen zwischen den Bevölkerungsgruppen Segregationstendenzen, die eine immer brisanter werdende soziale und politische Lage in den großen Städten provozierten.
Der Terminus sozialräumliche Segregation umschreibt, dass sich soziale Gruppen nicht gleichmäßig über das Stadtgebiet verteilen, sondern sich in bestimmten Stadtteilen konzentrieren. Der Sozialraum der Stadt lässt sich somit „als eine Landkarte lesen, auf der die Sozialstruktur der Gesellschaft verzeichnet ist“ (Häußermann/Siebel 2001, S. 70). Segregation beschreibt in der Stadtforschung daher ein Gerechtigkeits- und Integrationsproblem, da die sozialen Strukturen und die ethnisch-kulturelle Herkunft unmittelbar in räumliche Strukturen überführt werden. In baulich benachteiligten und unattraktiven Gebieten konzentrieren sich Verlierer der gesellschaftlichen Modernisierung (z.B. Arbeitslose, Ausländer), während in den Innenstadtgebieten mit gut ausgebauter Infrastruktur und hoher Lebensqualität die Gewinner der Modernisierung leben. Insofern sind Stadtgebiete, die durch Segregation gekennzeichnet sind, solche, in denen die Durchmischung der sozialen Gruppen nur gering ist und sich im gesamtstädtischen Aspekt eher ein Nebeneinander als ein Miteinander der verschiedenen Bevölkerungsschichten zeigt (ebd., S. 70ff.).
Das politische Bewusstsein für die Wichtigkeit einer sozialen Stadtentwicklung bildete sich mit diesem tief greifenden Wandel der Sozial- und Bevölkerungsstruktur in Deutschland heraus und führte zu einem tendenziellen Wandel der Methodik in der Stadterneuerungpolitik. Stadterneuerungsprozesse zielten bis dato primär auf die baulich-investive Beseitigung von Struktur- und Funktionsschwächen in betroffenen Stadtgebieten ab und wurden untersetzt durch das in § 136 BauGB verankerte Ziel der sozialen Stabilisierung.
Inhaltsverzeichnis
VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN
LESEHINWEISE
VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN
1 EINFÜHRUNG
1.1 STADTENTWICKLUNGSTENDENZEN SEIT DEN 60ER JAHREN
1.2 DIE SOZIALE STADT ALS „MAßSTAB UND PRAXISTEST“
1.2.1 GRUNDLEGENDE FAKTEN ZUM BUND-LÄNDER-PROGRAMM SOZIALE STADT
1.2.2 PROGRAMMZIELE DER SOZIALEN STADT
1.3 INTEGRIERTE HANDLUNGSKONZEPTE ALS ZENTRALE STEUERUNGSINSTRUMENTE
1.4 AUFTRAG DER DIPLOMARBEIT
1.5 AUFBAU DER DIPLOMARBEIT
2 METHODISCHE ASPEKTE: AKTEURSZENTRIERTER INSTITUTIONALISMUS ALS ANALYSEANSATZ
2.1 GRUNDANNAHMEN DES AKTEURSZENTRIERTEN INSTITUTIONALISMUS
2.2 UNTERSUCHUNGSDESIGN
2.2.1 GRUNDLEGENDE ANMERKUNGEN ZUM UNTERSUCHUNGSDESIGN
2.2.2 ANALYSEBESTANDTEILE DES AKTEURSZENTRIERTEN INSTITUTIONALISMUS
2.2.2.1 Probleme und Gegebenheiten
2.2.2.2 Institutioneller Kontext
2.2.2.3 Akteursanalyse
2.2.2.4 Akteurskonstellation
2.2.2.5 Interaktionsformen
2.3 UNTERSUCHUNGSINSTRUMENTE
2.3.1 DOKUMENTENANALYSE
2.3.2 LEITFADENINTERVIEWS
3 DAS INNOVATIVE STEUERUNGSMODELL DER SOZIALEN STADT
3.1 DER FORMWANDEL VON POLITIK: VON AUTORITÄRER STAATLICHER STEUERUNG ZUM
KOOPERATIV-AKTIVIERENDEN STAAT
3.2 „GOVERNANCE“ ALS INTERAKTIONSHANDELN
3.3 INNOVATIVE ELEMENTE DES STEUERUNGSMODELLS DER SOZIALEN STADT
3.3.1 REAKTION AUF REGULATIVE POLITIK ALS ÜBERKOMMENES STEUERUNGSMODELL
3.3.2 SCHLÜSSELFUNKTION DER LOKALEN AKTEURE
3.3.3 POLITIKVERFLECHTUNG
3.3.4 STEUERUNGSTYPEN
3.3.5 ZUR STEUERUNGSFUNKTION DER ZIELSTRUKTUR
3.3.6 STEUERUNGSNETZ STATT STEUERUNGSKETTE
3.4 ZENTRALE STEUERUNGSZIELE BEI DER HANDLUNGSKONZEPTFORTSCHREIBUNG
3.4.1 VERWALTUNGSINTERNE KOORDINATION
3.4.1.1 Grundaussagen zu dem Steuerungsziel
3.4.1.2 Thesen und Fallstricke zu dem Steuerungsziel
3.4.2 VERTIKALE KOOPERATION
3.4.2.1 Grundaussagen zu dem Steuerungsziel
3.4.2.2 Thesen und Fallstricke zu dem Steuerungsziel
3.4.3 BÜRGERMITWIRKUNG
3.4.3.1 Grundaussagen zu dem Steuerungsziel
3.4.3.2 Thesen und Fallstricke zu dem Steuerungsziel
4 HANDLUNGSKONZEPTE ALS ZENTRALE STEUERUNGS- UND KOORDINIERUNGSINSTRUMENTE
4.1 DARSTELLUNG DES STEUERUNGSVERFAHRENS SOZIALE STADT/QM UND AUSSAGEN ZU HANDLUNGSKONZEPTEN IN ZENTRALEN STEUERUNGSDOKUMENTEN
4.1.1 STEUERUNG AUF BUND-LÄNDER-EBENE
4.1.1.1 Der ARGEBAU-Leitfaden
4.1.1.2 § 171e Baugesetzbuch
4.1.1.3 Verwaltungsvereinbarung Städtebauförderung
4.1.2 STEUERUNG AUF BERLINER LANDESEBENE
4.1.2.1 Der Senatsbeschluss über die Einrichtung integrierter Stadtteilverfahren
4.1.2.2 Der Zwischenbericht des Senats zu Erfahrungen mit dem Quartiersmanagement
4.1.2.3 Die Verwaltungsvorschrift Soziale Stadt (VV SozStadt)
4.1.2.4 Die Verwaltungsvorschrift Zukunftsinitiative Stadtteil (VV ZIS)
4.1.3 STEUERUNG AUF BEZIRKSEBENE BERLIN-MITTE
4.1.3.1 Aussagen zu Handlungskonzepten in der Kooperationsvereinbarung
4.1.3.2 Formales Steuerungsverfahren der Handlungskonzeptfortschreibung
4.2 ZUSAMMENFASSUNG: ALLGEMEINE VORGABEN AUF BUND-LÄNDER-EBENE, KONKRETE REGELUNGEN AUF UMSETZUNGSEBENE
5 INTERAKTIONSANALYSE AM BEISPIEL DER FORTSCHREIBUNG DE INTEGRIERTEN HANDLUNGSKONZEPTES MOABIT WEST
5.1 GEBIETSCHARAKTERISTIK
5.1.1 BAULICHE UND SOZIALE STRUKTUR VON MOABIT SEIT DER INDUSTRIALISIERUNG
5.1.2 STADTRÄUMLICHE LAGE
5.1.3 STRUKTURDATEN
5.1.4 STRUKTUR- UND FUNKTIONSMÄNGEL
5.1.5 POTENZIALE
5.1.6 KLASSIFIKATION ALS SANIERUNGS- UND QM-GEBIET
5.2 STRUKTURANALYSE DER HANDLUNGSKONZEPTE 2000-2006
5.2.1 1999 BIS 2002 – LOCKERE FORTSCHREIBUNG
5.2.2 2003 BIS 2006 – VEREINHEITLICHTE, PROFESSIONALISIERTE BERICHTSFORM
5.2.3 AUSBLICK: NEUAUSRICHTUNG DER HANDLUNGSKONZEPTE AB 2008
5.3 AKTEURSANALYSE
5.3.1 QUARTIERSRAT
5.3.2 BEZIRKSAMT
5.3.3 QUARTIERSMANAGEMENT
5.4 AKTEURSKONSTELLATIONEN
5.4.1 QUARTIERSRAT - BEZIRKSAMT
5.4.1.1 Grundsätzliche Beziehung zwischen den Akteuren
5.4.1.2 Grundlegende Akteurskonstellation bei Vorliegen externer Restriktionen des Bezirksamtes
5.4.1.3 Aktuelles Fallbeispiel für die Akteurskonstellation
5.4.2 GEBIETSBEAUFTRAGTER - BEZIRKSAMT
5.4.2.1 Grundsätzliche Beziehung zwischen den Akteuren
5.4.2.2 Konkrete Akteurskonstellation
5.4.3 QUARTIERSRAT - GEBIETSBEAUFTRAGTER
5.4.3.1 Grundsätzliche Beziehung zwischen den Akteuren
5.4.3.2 Konkrete Akteurskonstellation
5.5 INTERAKTIONSFORMEN UND KONKRETE VERFAHRENSSTEUERUNG DER FORTSCHREIBUNG VON HANDLUNGSKONZEPTEN IM QM MOABIT WEST
5.5.1 FORTSCHREIBUNG DER HANDLUNGSKONZEPTE IM QM MOABIT WEST AUF ZWEI EBENEN
5.5.2 1. EBENE: FORTSCHREIBUNG DER HANDLUNGSKONZEPTE
5.5.2.1 Steuerungsrunde
5.5.2.2 Lenkungsrunde
5.5.3 2. EBENE: FESTLEGUNG DER HANDLUNGSFELDER FÜR DAS FOLGENDE JAHR
5.5.3.1 Quartiersrat
5.5.3.2 Ämterrunde
6 SCHLUSSFOLGERUNGEN
6.1 VERGLEICH DER SOLL- UND IST-STEUERUNG DES FORTSCHREIBUNGSPROZESSES
6.2 ANTWORT AUF DIE AKTEURSZENTRIERTE LEITFRAGE: WER STEUERT DEN
FORTSCHREIBUNGSPROZESS?
6.3 ANTWORT AUF DIE VERFAHRENSZENTRIERTE LEITFRAGE
6.3.1 ZUR UMSETZUNG ZENTRALER STEUERUNGSZIELE IM QM MOABIT WEST
6.3.1.1 Verwaltungsinterne Koordination
6.3.1.2 Vertikale Kooperation
6.3.1.3 Bürgermitwirkung
6.3.2 ABSCHLUSSBETRACHTUNG: DIE STEUERUNG DER SOZIALEN STADT IN BERLIN DURCH HANDLUNGSKONZEPTE ALS LERNENDER PROZESS
7 QUELLEN
7.1 LITERATUR
7.2 INTERVIEWS
8 ANHANG
Verzeichnis der Abkürzungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Lesehinweise
Wird bei der Nennung verschiedener Personengruppen nicht politisch korrekt auch die weibliche Form genannt, so sei darum gebeten, dies nicht als Missachtung zu verstehen, sondern nur als Verwendung der gebräuchlichen Begriffe. Gemeint sind in jedem Fall Personen beider Geschlechter.
Die Steuerung der Fortschreibung von integrierten Handlungskonzepten ist ein lernender Prozess, der kontinuierlich innoviert wird, indem die formalen Strukturund Prozessnormen, die der Interaktion zugrunde liegen, verbessert werden. Diese neuen Handlungsanforderungen prägen die Interaktion zwischen den Akteuren jeweils neu, so dass die Untersuchung des Steuerungsund Interaktionsprozesses in dieser Arbeit zeitlich bis Ende Oktober 2007 einzugrenzen ist. Alle sich über diesen Zeitraum hinaus ergebenden Anpassungen der Steuerungsstruktur an sich veränderte Bedingungen stehen einer erneuten Untersuchung anheim.
Verzeichnis der Abbildungen
Abbildung 1 Überblick über die Gliederungslogik der Arbeit
Abbildung Übersicht über den Analyseaufbau des akteurszentrierten Institutionalismus
Abbildung 3 Determinanten des Akteurshandelns
Abbildung 4 Interaktionsformen nach Scharpf
Abbildung 5 Politikverflechtungsmodell der Sozialen Stadt
Abbildung 6 Steuerung der Zielstruktur
Abbildung 7 Klassische Steuerungskette und Steuerungsnetz
Abbildung 8 Soll-Steuerung des Fortschreibungsprozesses
Abbildung 9 Stadträumliche Lage des QM-Gebietes Moabit-West
Abbildung 10 Binnenstruktur des QM-Gebietes Moabit West
Abbildung 11 Matrix der Projektlisten
Abbildung 12 Steuerungseinfluss in der Akteurskonstellation Quartiersrat - Bezirksamt
Abbildung 13 Steuerungseinfluss in der Akteurskonstellation Gebietsbeauftragter - Bezirksamt
Abbildung 14 Steuerungseinfluss in der Akteurskonstellation Quartiersrat - Gebietsbeauftragter
Abbildung 15 Interaktionsform in Steuerungsrunde
Abbildung 1 Interaktionsform in Lenkungsrunde
Abbildung 17 Interaktionsform in Quartiersrat
Abbildung 18 Interaktionsform in Ämterrunde
Abbildung 19 Ist-Steuerung des Fortschreibungsprozesses
Abbildung 20 administrative Top-Down-Kontrollkette
Abbildung 21 Zielbaum Quartiersmanagement Berlin
Abbildung 22 Abdruck Interviewleitfaden
Abbildung 23 Abdruck Muster Postskript Leitfadeninterviews
1 Einführung
1.1 Stadtentwicklungstendenzen seit den 60er Jahren
Beschleunigt durch die in den 80er Jahren rapide zunehmende Massenarbeitslosigkeit, welche sich zunehmend in bestimmten innerstädtischen Strukturen räumlich konzentrierte, entwickelten sich einhergehend mit einer anhaltend hohen Zuwanderung von Ausländern und den damit daraus resultierenden ethnisch-kulturellen Spannungen und Abschottungstendenzen zwischen den Bevölkerungsgruppen Segregationstendenzen, die eine immer brisanter werdende soziale und politische Lage in den großen Städten provozierten.
Der Terminus sozialräumliche Segregation umschreibt, dass sich soziale Gruppen nicht gleichmäßig über das Stadtgebiet verteilen, sondern sich in bestimmten Stadtteilen konzentrieren. Der Sozialraum der Stadt lässt sich somit „als eine Landkarte lesen, auf der die Sozialstruktur der Gesellschaft verzeichnet ist“ (Häußermann/Siebel 2001, S. 70). Segregation beschreibt in der Stadtforschung daher ein Gerechtigkeitsund Integrationsproblem, da die sozialen Strukturen und die ethnisch-kulturelle Herkunft unmittelbar in räumliche Strukturen überführt werden. In baulich benachteiligten und unattraktiven Gebieten konzentrieren sich Verlierer der gesellschaftlichen Modernisierung (z.B. Arbeitslose, Ausländer), während in den Innenstadtgebieten mit gut ausgebauter Infrastruktur und hoher Lebensqualität die Gewinner der Modernisierung leben. Insofern sind Stadtgebiete, die durch Segregation gekennzeichnet sind, solche, in denen die Durchmischung der sozialen Gruppen nur gering ist und sich im gesamtstädtischen Aspekt eher ein Nebeneinander als ein Miteinander der verschiedenen Bevölkerungsschichten zeigt (ebd., S. 70ff.).
Das politische Bewusstsein für die Wichtigkeit einer sozialen Stadtentwicklung bildete sich mit diesem tief greifenden Wandel der Sozialund Bevölkerungsstruktur in Deutschland heraus und führte zu einem tendenziellen Wandel der Methodik in der Stadterneuerungspolitik. Stadterneuerungsprozesse zielten bis dato primär auf die baulich-investive Beseitigung von Strukturund Funktionsschwächen in betroffenen Stadtgebieten ab und wurden untersetzt durch das in § 136 BauGB verankerte Ziel der sozialen Stabilisierung. Laut dieser Rechtsnorm wird bei der Beurteilung von städtebaulichen Missständen die Berücksichtigung der sozialen und kulturellen Funktion eines Gebietes eingefordert (Abs. 3, Punkt 2c) und an die Sanierungstätigkeit die Anforderung gestellt, dass die bauliche Struktur entlang der sozialen und kulturellen Erfordernisse weiterzuentwickeln ist (Abs. 4, Punkt 1) (BMJ 2006a, S. 84).
Wurde in den 60er und 70er Jahren noch vorrangig breite Flächensanierung durch Abriss und Neubau betrieben, kam in den 80er Jahren mit den neuen sozialen Problemfeldern der Gedanke der behutsamen Stadterneuerung auf, mit dem die soziale und partizipative Komponente in den Mittelpunkt der städtebaulichen Sanierungstätigkeit gestellt wurde (siehe zu den folgenden Ausführungen: Schuster-Hoffmann 2006). Das Konzept der behutsamen Stadterneuerung entwickelte sich im Zuge der Internationalen Bauausstellung Berlins im Jahre 1984 und wurde maßgeblich von Prof. Hämer mitentwickelt. Ansatzpunkt war die bis hinein in die 70er Jahre in Berlin betriebene Stadterneuerung durch Kahlschlagsanierung, d.h. Totalabriss und aufgelockerte Neubebauung. Mit der zunehmenden Kritik an diesem radikalen Sanierungsmodell wurde für ein behutsameres Vorgehen plädiert, bei dem unnötige Abrisse vermieden werden und die vorhandenen Gewerbeund Sozialstrukturen vorrangig erhalten bleiben sollten. Die 1973 erfolgte Umorientierung in der Stadterneuerungspolitik wurde durch ein Team um Prof. Hämer am „Block 118“ in Berlin-Charlottenburg als erstes Modell für eine erhaltende Erneuerung praktisch erprobt. Der 1984 vom Berliner Senat veranstalteten Internationalen Bauausstellung mit den Leitsätzen „Innenstadt als Wohnort“ und „Kaputte Stadt retten“ stand Hämer sodann durch seine praktische Erfahrung auf dem Gebiet auch als Planungsdirektor vor. Die IBA hatte das Ziel, neue Leitbilder in der Wohnungspolitik und neue Wege beim Einbezug der Betroffenen zu entwickeln. Die in diesem Zuge gegründete IBA-Altbau GmbH mit einem Budget von 100 Mio. DM war im öffentlichen Auftrag für die Durchführung der Bauausstellung zuständig und entwickelte in deren Vorfeld Prinzipien einer behutsamen Stadterneuerung in Form von 12 Grundsätzen. Diese heben auf eine auf breiter Beteiligung und kleinteiligen Eingriffen in die bestehende Bebauungsstruktur angelegte Sanierungspolitik ab. Durch die erfolgreichen Pilotprojekte im Rahmen der Berliner IBA wurden in den Folgejahren an der behutsamen Stadterneuerung orientierte Förderprogramme aufgelegt sowie die Gesetzespraxis für Sanierungsverfahren und zum Milieuschutz an die neu gewonnenen Erkenntnisse angepasst. Unter der Geschäftsführung von Hämer wurde die IBA-Altbau GmbH nach Abschluss der Ausstellung in den general-zuständigen treuhänderischen Sanierungsträger S.T.E.R.N. umgewandelt, der das Konzept der behutsamen Stadterneuerung bis heute fortführt.
Die auf dem Konzept der behutsamen Stadterneuerung beruhende moderne sozialraumbezogene Strategie der europäischen Stadtplaner, mit der auf die Segregationstendenzen abgezielt wird, lässt sich unter dem Label der „area-based-initiatives“ bündeln. Mit diesen wird der Ansatz verfolgt, stadtteilbezogene, projektorientierte und durch den stringenten Einbezug lokal-gesellschaftlicher Akteuren mitgestaltete Revitalisierungsstrategien zu entwickeln und zu implementieren (Becker 1998, S. 17; Zimmermann 2005a, S. 158f.). In der Städtebauförderungspolitik der Bundesrepublik Deutschland wird dieser Ansatz im 1998 beschlossenen nationalen Aktionsprogramm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – die Soziale Stadt“1 verfolgt. Dabei wird in dem neuen Teilprogramm der Städtebauförderung, das parallel zu den anderen Aktivitäten der Stadterneuerung läuft, nicht alles neu erdacht, sondern viele zentrale Elemente der behutsamen Stadterneuerung wie die Beteiligung von Betroffenen und die Stärkung lokaler Ressourcen übernommen und weiterentwickelt.
1.2 Die Soziale Stadt als „Maßstab und Praxistest“
1.2.1 Grundlegende Fakten zum Bund-Länder-Programm Soziale Stadt
Die Soziale Stadt ist ein städtebauliches Programm, das von Bund, Ländern und Gemeinden durchgeführt wird. Die Initiative zu dem Programm geht zurück in das Jahr 1996, als die Bauministerkonferenz des Bundes und der Länder (ARGEBAU) einen strategischen Beschluss zu einem nationalen Aktionsprogramm fasste, um „der drohenden sozialen Polarisierung in den Städten Einhalt zu gebieten (Ernst/Zinkhahn/Bielenberg u.a. 2007, § 171 e, Rn 5). Das
Kernziel der Initiative ist es, Stadtund Ortsteilen, die infolge von sozialräumlicher Segregation davon bedroht waren in das soziale Abseits abzurutschen, durch investive und nichtinvestive Maßnahmen bei der Behebung sozialer Missstände zu helfen und den negativen Entwicklungstrend aufzuhalten. Das Programm richtet sich an hochverdichtete, einwohnerstarke Stadtteile in städtischen Räumen, die im Hinblick auf ihre Sozialstruktur, den baulichen Bestand, das Arbeitsplatzangebot, das Ausbildungsniveau, die Ausstattung mit sozialer und stadtteilkultureller Infrastruktur, die Nahversorgung sowie die Qualität der Wohnungen, des Wohnumfeldes und der Umwelt erhebliche Defizite aufweisen“ (ARGEBAU 2005, S. 2). Anspruch der Gemeinschaftsinitiative ist es demnach, „Quartiersentwicklungsprozesse in Gang zu setzen, welche die sozialen Problemgebiete zu in die Stadt integrierten Stadtteilen mit positiver Zukunftsperspektive machen sollen“ (ebd., S. 3).
Über erstmals im Jahr 1999 fließende Bundesfinanzhilfen an die Länder im Rahmen einer Verwaltungsvereinbarung auf Grundlage des Artikel 104 a Abs. 4 des Grundgesetzes, wurden die Maßnahmen der Sozialen Stadt als Teilprogramm der Städtebauförderung initiiert (Ernst/Zinkhahn/Bielenberg u.a. 2007, § 171 e, Rn 7). Bis 2004 hatte das Programm keine spezialgesetzliche Regelung, sondern wurde in seinen inhaltlichen Grundzügen über einen Leitfaden der ARGEBAU und in der administrativen Abwicklung über die Verwaltungsvereinbarung Städtebauförderung gesteuert. Der 2004 in das Baugesetzbuch eingeführte
§ 171 e setzte die Kernelemente der Verwaltungsvereinbarung und des Leitfadens in eine städtebauliche Regelung um und entwickelte diese, zum Beispiel in der gesteigerten Relevanz von Handlungskonzeptionen, weiter (ebd., Rn 9). Im Jahr 2006 beteiligten sich ca. 360 Gebiete in 252 Städten an der Sozialen Stadt (Kennel 2006, S. 65). Das Fördervolumen der Sozialen Stadt beträgt im Jahr 2007 insgesamt 70 Mio. Euro, die um 35 Mio. Euro zusätzlich bereitstehende Bundesmittel für Modellvorhaben ergänzt werden können. Auf das Land Berlin entfällt davon ein Anteil von insgesamt 5,442 Mio. Euro (BMVBS 2007, S. 22). Das Land Berlin nimmt seit 1999 am Soziale Stadt-Programm teil und führt es in der Kulisse seines von der Programmatik gleichlaufenden Quartiersmanagement-Programms durch. War das Programm in seiner ersten Phase als dreijähriger Test angelegt, so wurde es fortlaufend verstetigt, institutionell und verfahrenstechnisch ausgebaut und 2005 an die gewonnenen Erkenntnisse einer landesweiten Evaluation strategisch angepasst. Im Rahmen der Neuausrichtung wurde der Handlungsschwerpunkt des Programms auf die Integration und Einbindung aller Bevölkerungsschichten, die Gewinnung strategischer Partner und die Konzentration von Projekten auf die Handlungsfelder Integration, Bildung und Förderung von Erwerbsarbeit gelegt (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 2005b). Aktuell sind 15 Berliner Stadtgebiete als Fördergebiete der Sozialen Stadt ausgewiesen.
Dieser kurze Überblick über das Förderprogramm Soziale Stadt soll nur der einführenden Orientierung dienen, spezifischere Aussagen folgen in den folgenden Kapiteln dieser Arbeit.
1.2.2 Programmziele der Sozialen Stadt
Angesichts der segregativen Tendenzen in Stadtteilen, denen mit den bisherigen sektoral begrenzten Problemlösungsmechanismen der Ressorts auf Bundes-, Landesund kommunaler Ebene nur unbefriedigend zu begegnen war, wurde mit dem Soziale Stadt- Programm innerhalb der Städtebauförderung ein neues Politikmodell entwickelt, das die bürgerschaftliche Mitwirkung, die verbesserte Koordination der Fachressorts und die Bündelung verschiedener sektoraler Fachprogramme in einem innovativen Verfahren miteinander verbindet (Zimmermann 2005a, S. 158). Das Verhältnis von kommunaler Politik und Verwaltung zur Gesellschaft wird dabei innerhalb eines experimentellen Governance- Ansatzes neu definiert und ist „Maßstab und Praxistest“ zugleich für das sich gewandelte Verständnis staatlicher und kommunaler Aufgabenverteilung (Franke 2000, S. 251). Wichtig ist den Initiatoren der Sozialen Stadt dabei nicht nur das originäre Programmziel der gebietsbezogenen Entwicklung. Noch zentraler scheint der Weg zur Erreichung dieses Ziels zu sein, der sich in dem politikbezogenen Programmziel ausdrückt. Demnach sollen neben den politisch-administrativen Akteuren auch die im Quartier lebenden und arbeitenden Menschen integrativ in die lokale Planung und Durchführung des Programms eingebunden werden und eine enge ressortübergreifende Abstimmung zu den Entwicklungszielen auf Verwaltungsebene stattfinden (Kennel 2006, S. 67).
Das politikbezogene Programmziel der Sozialen Stadt ist es, die bisherigen politischadministrativen Muster der Problembewältigung zu innovieren und die Stadtpolitik um das Handlungsfeld des sozialen Ausgleichs auf der Stadtteilebene zu erweitern. Durch die aktive Mitwirkung gesellschaftlicher Akteure, die ressortübergreifende Kooperation und die gebietsbezogene Koordination der Projektabwicklung über netzwerkartige Strukturen lässt sich das Politikmodell der Sozialen Stadt als flächendeckender Test einer „zielgerichtete[n] Transformation der institutionellen Grundlagen lokaler Politik“ verstehen (Zimmermann 2005a, S. 156; auch: Kennel 2006, S. 66). Der Wirkungsgrad öffentlicher Maßnahmen soll dabei mittels einer neuen Form politischer und planerischer Steuerung durch frühzeitige Abstimmung und Bündelung öffentlicher und privater Ressourcen verbessert werden (Walther 2002, S. 31ff.). Die geforderte ressortund handlungsfeldübergreifende Zusammenarbeit soll sich in der ressortspezifischen Bündelung von Wissen, Finanzierungsansätzen und Möglichkeiten der Übernahme von Maßnahmen in die Regelförderung zeigen, um so eine effektive und nachhaltige Problembewältigung zu ermöglichen.
1.3 Integrierte Handlungskonzepte als zentrale Steuerungsinstrumente
Ziel des Bund-Länder-Programms Soziale Stadt ist die gebündelte Förderung von räumlich eingegrenzten Stadtgebieten, die soziale, wirtschaftliche und städtebauliche Defizite aufweisen. Dabei treten die Problemlagen nicht einzeln auf, sondern bedingen und überlagern sich gegenseitig. Dies macht es im Grunde nahezu unmöglich, ein kohärentes Entwicklungskonzept zu verfassen, das längere Zeit Bestand hat, da sich die Bedingungen im Quartier fortlaufend ändern und ein einmal erreichter Erfolg Effekte auf weitere Problemfelder offenbaren kann, die zu einem Strategiewechsel hinleiten müssen. Diskussionswürdig ist in diesem Zusammenhang für die Verfahrensbeteiligten in den einzelnen Programmgebieten, welche
Handlungsfelder sie in welcher Intensität bearbeiten wollen und welche Kombination von Handlungsfeldern das größtmögliche nachhaltige Entwicklungspotenzial entfaltet. Anzunehmen ist, dass die Konzentration auf ein einzelnes oder einige wenige Handlungsfelder, die im öffentlichen Interesse stehen, die Gefahr birgt, dass der Handlungskonzeption eine auf der Demonstration von Handlungsfähigkeit durch Generierung kurzfristiger öffentlichkeitswirksamer Effekte abzielende symbolische Politik nachgesagt werden kann, die den multikausalen Problemen des Quartiers und der nachhaltigen Entwicklungsperspektive nicht gerecht wird. Fraglich ist sodann, ob die eng mit den Betroffenen vor Ort abgestimmte Konzentration auf einige wenige oder eine breit angelegte Ausrichtung der Handlungsfelder geeigneter ist, die komplexen Probleme des Quartiers zu durchdringen und einen nachhaltigen Erfolg des Soziale Stadt-Programms zu befördern.
Den Schlüssel zur gelingenden Quartiersentwicklung bilden so genannte integrierte Handlungskonzepte2, die verbindlicher Rahmen für die strategische Ausrichtung der Quartiersentwicklung sind. In ihnen werden die für das Programmgebiet wichtigen Handlungsfelder begründet dargelegt und auf ihre Zielerreichung hin evaluiert. Zudem wird in ihnen der mehrdimensionale und gebündelte Ansatz der Problemverarbeitung deutlich, womit ihr integrativer Anspruch untermauert wird, da die Problemlösung querschnittsorientiert und nicht sektoral begrenzt erfolgen muss (Becker/Böhme/Meyer 2001, S. 2).Handlungskonzepte bilden einen flexiblen Orientierungsrahmen, innerhalb dem sich fortlaufend in einem „gebietsöffentlichen Diskurs über Erfolg, Misserfolg und Änderungsbedarf“ der Handlungsstrategie verständigt und das Konzept entlang der sich wandelnden Bedingungen flexibel fortgeschrieben wird (Becker/Franke/Löhr/Rösner 2001, S. 32). So kann der sich laufend verändernden Situation im Quartier entsprochen werden, indem das Handlungskonzept bei Bedarf eine Anpassung in Form der Fortschreibung erfährt (Kennel 2006, S. 67). Neben dem fortschreibenden Charakter, den Handlungskonzepte aufweisen müssen, sind diese i ntegrativ zu erstellen. Diesbezüglich sind sie fortlaufend zwischen allen an der Stadtteilentwicklung teilhabenden öffentlichen und nicht-öffentlichen Akteuren sorgfältig abzustimmen, damit die gemeinsame Koordination der Entwicklungsmaßnahmen und - perspektiven sichergestellt ist (Becker/Böhme/Meyer 2001, S. 3). So herrschte auch auf einem vom DIFU durchgeführten Impulskongress Konsens darüber, dass gebietsbezogene Handlungskonzepte dann erfolgreich sind, wenn alle relevanten Akteure miteinander vernetzt agieren, „ausgetretene Pfade“ verlassen werden und sich alle Akteure einem „offenen Diskurs und längerfristigen Diskussionsprozess stellen“ (DIFU 2002, S. 6).
Die Verpflichtung integrierte Handlungskonzepte zu erstellen, soll zum einen Hilfestellung für die kommunalen Vertreter, Gebietsbeauftragten und Stadtteilakteure sein, Entwicklungsziele verbindlich festzulegen, an die alle Akteure gebunden sind, wenn das Handlungskonzept beschlossen wurde. Aber sie sind auch Controllinginstrument von Bund und Land, um sicherzustellen, dass die mit der Sozialen Stadt intendierten Governance-Strukturen auf lokaler
Ebene so implementiert werden, wie von der programmsteuernden Ebene vorgesehen. Da insbesondere mit der Erstellung und Abstimmung der Handlungskonzepte die politikbezogenen Programmziele der ressortund ämterübergreifenden sowie bürgernahen Koordination verbunden sind, ist die konforme Umsetzung der top-gesetzten Vorgaben bei der lokalen Verfahrenssteuerung unerlässlich.Die begleitende Forschung zur Sozialen Stadt hat inzwischen jedoch unmissverständlich herausgestellt, dass Bund und Länder den Handlungskonzepten zwar eine große strategische Bedeutung zumessen, dass aber der Implementation der Steuerungsvorgaben in der praktischen Arbeit auf Quartiersebene nur eine geringe Bedeutung zukommt (Becker/Böhme/Meyer 2001, S. 2). Eine solche generalisierende Aussage ist in Bezug auf ein einzelnes Programmgebiet und die sich hier offenbarende praktische Rolle und Funktion des Handlungskonzeptes untersuchungswürdig. Denn so wichtig in der theoretischen Diskussion Handlungskonzepte auch sein mögen, in den Kommunen herrscht in der Praxis Unsicherheit und Zurückhaltung bei der Erarbeitung der Konzepte, da von Seiten der Quartiersbeauftragten und von Seiten der kommunalen Politik auf „ein eher pragmatisches Vorgehen [abgezielt wird], das auf schnell realisierbare Projekte setzt. Häufig wird mit Projekten und Einzelmaßnahmen in Vorleistung getreten, obwohl noch gar kein Handlungskonzept vorliegt und deshalb ein allgemein verbindlicher Rahmen fehlt“ (DIFU 2002, S. 5). So soll 2001 nur „für ein gutes Drittel der Modellgebiete“ Handlungskonzepte erarbeitet worden sein, ganz zu schweigen von deren qualitativer Breite (Becker/Franke/Löhr/Rösner 2001, S. 29). Diese Aussage trifft für die wilde Startphase der Sozialen Stadt 1999-2001 zu, in der den Gebietsbeauftragten und kommunal Verantwortlichen zumeist der Programmkontext wegen der Schnelle des aus dem Boden gestampften Programms noch nicht bewusst oder bekannt war. Inzwischen ist der Anteil der Programmgebiete mit Handlungskonzepten auf 74 Prozent gestiegen, wie die dritte bundesweite Evaluation Ende 2005 konstatiert (DIFU 2007, S. 9). Ebenso wird in dem Bericht verdeutlicht, dass die Akzeptanz für die Wichtigkeit der Konzepte gestiegen ist, diese qualitativ mehr den Anforderungen gerecht werden, aber dennoch zum Teil lückenhaft sind (ebd., S. 9ff.). Notwenigerweise rückt somit in Hinblick auf jedes spezielle Programmgebiet die Frage in den Mittelpunkt, ob und wie ein auf die Stärken und Schwächen des Stadtteils abgestimmtes Handlungskonzept tatsächlich im Mittelpunkt der Quartiersentwicklung steht oder ob es lediglich als Alibi für die Programmumsetzung benutzt wird, da die Abfassung des Konzeptes für die Förderfähigkeit des Stadtgebietes zwingend notwendig ist.
1.4 Auftrag der Diplomarbeit
Im Erkenntnisinteresse dieser Diplomarbeit steht die Frage, wie die Fortschreibung integrierter Handlungskonzepte in einem ausgewählten Programmgebiet organisiert ist und ob der auf politischer Ebene gesetzte Anspruch an Handlungskonzepte auf der Durchführungsebene konform umgesetzt wird. Aufgezeigt werden soll somit nicht nur der konkrete Steuerungsprozess der Fortschreibung, sondern auch mögliche Abweichungen von der top-gesetzten Zielstruktur, deren Ursachen erklärt werden sollen.
Da es die Bund-Länder-Ebene den Kommunen überantwortet, die geeigneten lokalen Implementationsstrukturen und -prozesse für das Soziale Stadt-Programm entlang der sich kommunal bewährten Verfahrensregeln umzusetzen, hat sich eine Vielzahl von institutionellen Arrangements der Programmimplementation entwickelt. In wohl keinem Programmgebiet gleicht die Durchführungssteuerung, auch auf Grund des jeweils anderen Problemgemenges, einem anderen Gebiet. Da ein Überblick über die verschiedenen gebietsspezifischen Abstimmungsregeln, Gremien und kommunalen Kompetenzhierarchien den Rahmen einer Diplomarbeit bei weitem überschreiten würde, wird in dieser Arbeit ein einzelnes Programmgebiet als Fallbeispiel betrachtet. Durch die Analyse eines einzelnen Falles kann der Untersuchungsgegenstand detailliert beschrieben werden. Nicht möglich ist es jedoch, aus dieser Analyse verallgemeinerte und repräsentative Schlüsse zu ziehen, da nur eine von vielen möglichen Formen der Steuerung betrachtet wird. Möglich ist jedoch, aus den Befunden der Analyse mögliche Potenziale und Reserven im Steuerungsprozess zu identifizieren, die einen Beitrag bei der Diskussion zur Effektivierung oder Best Practice von Varianten der gebietlichen Programmdurchführung leisten können.
An dem dabei fokussierten Untersuchungsgegenstand, der Fortschreibungspraxis der integrierten Handlungskonzepte, lassen sich sowohl die Beziehungen und Abstimmungswege zwischen den beteiligten Akteuren als auch das genaue Steuerungsverfahren der Fortschreibung erklären. Von Interesse ist hierbei vor allem, wie die bundes-, landesund kommunalspezifischen Vorgaben an die Ausgestaltung der Fortschreibung im konkreten gebietlichen Umsetzungsverfahren umgesetzt werden und ob diesen in voller Ganzheit entsprochen wird.
Als geeignetes Fallbeispiel, an dem exemplarisch für die große Zahl an Programmgebieten der Fortschreibungsprozess untersucht werden soll, wurde sich für ein Berliner QM-Gebiet, in dem die Soziale Stadt durchgeführt wird, entschieden. Die konkrete Wahl fiel auf das QM Moabit West, das mit einer Laufzeit von acht Jahren zu den alten QM-Gebieten Berlins zählt, in denen sich im Laufe der Jahre gut funktionierende Steuerungsstrukturen etabliert haben. Zudem wurde im Jahr 2005 die gebietliche Durchführung des QM-Programms für die in Mitte gelegenen QM-Gebiete – und hier befindet sich auch das QM Moabit West - von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf das Bezirksamt übertragen. Der sich seitdem vom Bezirk entwickelte Steuerungsprozess der Handlungskonzeptfortschreibung wurde bisher hinsichtlich der konkreten Verfahrenspraxis und Akteursmuster noch nicht evaluiert, was mit dieser Arbeit am Beispiel des QM Moabit West geleistet werden soll. Hauptaugenmerk wird dabei auf die Abstimmung zu den Handlungskonzepten seit 2005 gelegt.
Um den Untersuchungsgegenstand in der vorgelegten Diplomarbeit möglichst umfassend zu untersuchen, werden a) eine normund verfahrenszentrierte und b) eine akteurszentrierte Leitfrage diskutiert:
Die normund verfahrenszentrierte Leitfrage lässt sich zusammenfassen in der Frage, ob die Theorie die Praxis oder die Praxis die Theorie bestimmt. Hierbei werden die allgemeinverbindlichen Vorgaben und Empfehlungen, die auf Bund-Länder-Ebene von oben getroffen werden und die Funktion und den Anspruch der Handlungskonzepte definieren, damit kontrastiert, ob diese Vorgaben auf der programmdurchführenden Ebene - also von unten - bei der Erstellung und Abstimmung der Handlungskonzepte beachtet und umgesetzt werden. Ist dies der Fall, würde die Theorie die Praxis bestimmen. Andernfalls, wenn den Vorgaben von oben wenig Relevanz bei der Erarbeitung der integrierten Handlungskonzepte eingeräumt, diese Vorgaben pragmatisch ausgelegt und den tatsächlichen gebietlichen Erfordernissen angepasst werden, würde gewissermaßen die Praxis die Theorie bestimmen bzw. verändern. Untersucht werden soll folglich im Einzelnen:
- Welche Ansprüche und Vorgaben stellt das Bund-Länder-Programm Soziale Stadt und das Berliner QM-Programm an integrierte Handlungskonzepte?
- Wie sieht der idealtypische Soll-Steuerungsprozess der Handlungskonzeptfortschreibung im QM Moabit West aus und wie ist der tatsächliche Ist-Steuerungsprozess?
- Welche Abweichungen lassen sich zwischen der Sollund Ist-Steuerung erkennen und wodurch sind diese zu erklären?
- Werden die Vorgaben und Intentionen der programmsteuernden Bund-Länder-Ebene adäquat umgesetzt bzw. welche Hinweise gibt es auf eine Verschiebung der Zielstruktur und wie ist diese zu begründen?
Die akteurszentrierte Leitfrage beschäftigt sich damit, welche an der Fortschreibung der Handlungskonzepte beteiligte Akteursgruppe den Prozess maßgeblich steuert. Zum einen sollen die Bürger in Form eines Bürgergremiums ein hohes Maß an Mitwirkungsrechten eingeräumt bekommen und wesentlich in die Erarbeitung und Abstimmung von Handlungskonzepten einbezogen werden. Andererseits trägt die kommunale Verwaltung die Verantwortung über die sachund zweckgemäße Verwendung der öffentlichen Gelder und kann über die Definition der Handlungsschwerpunkte in den Konzepten auch die Entwicklungsperspektive des Programmgebietes lenken bzw. durch geschickte Steuerung der Projekte den Bezirkshaushalt entlasten. Ergänzt um das intermediäre Quartiersmanagement als Transmissionsriemen zwischen Bürgern und Verwaltung wird daher der Frage nachgegangen, welcher der drei Akteure die strategische Ausrichtung der Handlungskonzepte maßgeblich bestimmt und welche Koordinationsmechanismen dabei ein mögliches Konfliktpotenzial bei der Abstimmung der Handlungskonzepte ausgleichen. Zudem erscheint es untersuchenswert, wie die innerbezirkliche Abstimmung der Handlungskonzepte ausgestaltet ist und welche Akteure großen Einfluss auf das Abstimmungsverfahren ausüben. Untersuchungsfragen sind im Einzelnen:
- Welchen Handlungsorientierungen folgen die Akteursgruppen, wie sehen deren Akteurskonstellationen aus und wie sind die Interaktionsformen bei der Fortschreibung der Handlungskonzepte innerhalb des institutionellen Kontextes zu bewerten?
- Welchen Einfluss nehmen die Akteursgruppen auf die inhaltliche Ausrichtung und prozessuale Abstimmung der Handlungskonzepte?
Als geeignetes Analyseinstrument, mit dem gleichzeitig die akteursals auch die normbzw. institutionenspezifische Ebene der Fortschreibung von Handlungskonzepten im QM Moabit West untersucht werden kann, wird der akteurszentrierte Institutionalismus nach Mayntz und Scharpf herangezogen.
1.5 Aufbau der Diplomarbeit
Die im vorangegangenen Abschnitt dargelegten Erkenntnisziele beschreiben die grundlegende Struktur der vorgelegten Diplomarbeit. Um die Erkenntnisfragen im Ergebnisteil der Arbeit zu beantworten, bedarf es einer Argumentationskette, die sich entlang dem Gliederungsaufbau der Arbeit entwickelt.
Der methodische Ansatz der Arbeit wird im folgenden Kapitel behandelt. Hierbei wird insbesondere auf den akteurszentrierten Institutionalismus als Analyseraster eingegangen, aber auch das Untersuchungsinstrument Dokumentenanalyse und Leitfadeninterview vorgestellt.
Im dritten Kapitel wird das Governance-Modell der Sozialen Stadt erläutert. Dabei wird der Perspektivenwechsel in der Diskussion politischer Steuerung seit den 70er Jahren thematisiert und hingeleitet zu einer Definition von Governance, die dem Steuerungsmodell der modernen und partizipativ ausgerichteten Stadtteilentwicklung entspricht. Die innovativen Elemente des Governance-Modells der Sozialen Stadt, die im Anschluss erläutert werden, können in diesem steuerungstheoretischen Kontext besser verstanden werden. Weiterhin werden die drei zentralen Steuerungsziele des Soziale Stadt-Programms erläutert und problematisiert, da diese Ziele auch bei der Erstellung und Abstimmung der Handlungskonzepte erfüllt werden müssen, um dem Programmansatz gerecht zu werden.
In Kapitel 4 wird in das hauptsächliche Untersuchungsobjekt dieser Diplomarbeit - die integrierten Handlungskonzepte - eingestiegen, indem diese als die zentralen Steuerungsund Koordinierungsinstrumente der sozialintegrativen Stadtteilentwicklung erläutert werden. Hierbei werden die zentralen Steuerungsdokumente auf Ebene der Sozialen Stadt und des Berliner QM hinsichtlich ihrer Aussagen zu Funktion, Bedeutung und Form von Handlungskonzepten sowie Strukturund Prozessvorgaben zur Fortschreibung analysiert. Auf Grundlage dieser Auswertung lässt sich sodann zum einen das Soll-Steuerungsverfahren der Handlungskonzeptfortschreibung in Moabit West skizzieren, zum anderen auf den Aussagecharakter der programmsteuernden und -umsetzenden Ebenen zu Handlungskonzepten schließen. Bei der Analyse der verschiedenen Vorgabedokumente von der Bund-Länder- Ebene bis in die bezirkliche Durchführungsebene hinein bietet es sich zudem an, die Genese, den organisatorischen Aufbau und das konzeptionelle Ineinandergreifen der Sozialen Stadt und des Berliner QM im Sinne des Gesamtverständnisses der Steuerungsprozesse organisch in das Kapitel einfließen zu lassen. Das Kapitel bildet den Übergang vom theoretischbeschreibenden zum analysierenden Teil der Diplomarbeit.
Kapitel 5 der Arbeit umfasst den analysierenden Teil, der sich am Ansatz des akteurszentrierten Institutionalismus orientiert und die wesentlichen Akteure, die zwischen ihnen maßgeblichen Konstellationen und die konkreten Interaktionsformen beschreibt. Im Fazit der Interaktionsanalyse steht das Wissen um die konkreten Verfahrensabläufe der Fortschreibung von Handlungskonzepten in Moabit West.
Der in Kapitel 5 dargelegte Ist-Steuerungsprozess wird im abschließenden Ergebnisteil (Kapitel 6) mit dem Soll-Steuerungsprozess verglichen und bezüglich der Umsetzung der Steuerungsziele diskutiert. Mit den Ergebnissen der Interaktionsanalyse kann in Bezug auf die Verfahrenssteuerung als auch die Rolle und den Einfluss der Akteure eine Antwort auf die im vorangegangenen Abschnitt formulierten Erkenntnisfragen gegeben werden.
2 Methodische Aspekte: Akteurszentrierter Institutionalismus als Analyseansatz
2.1 Grundannahmen des akteurszentrierten Institutionalismus
Der akteurszentrierte Institutionalismus als theoretischer Bezugsrahmen erlangt dadurch seine Wichtigkeit für die Fragestellung dieser Arbeit, weil er konzeptionell gleichzeitig sowohl den institutionellen Rahmen eines politischen Prozesses als auch die Handlungslogiken der beteiligten Akteure, die das Politikergebnis durch ihre Wahrnehmungen, Bewertungen und handlungsleitenden Interessen beeinflussen, in den Mittelpunkt stellt. So verweist schon der Name des Ansatzes auf die Wechselwirkung zwischen Akteur und Institution. Der Ansatz entwickelte sich aus der luhmannschen Diskussion systemtheoretischer Analysen gesellschaftlicher Differenzierung (Schimank 2000, S. 242f.). Mayntz und Scharpf ergänzten die vorwiegend institutionalistische Erklärungsweise von Politikprozessen und -ergebnissen um eine akteurstheoretische Komponente, mit dem Ziel, politisches Handeln als Interaktion von Akteuren innerhalb eines institutionellen Umfelds zu erklären (ebd.). Grundlage des Ansatzes bildete die Prämisse, dass eine Policy-Analyse nur dann aussagekräftige Ergebnisse zu Tage fördere, wenn und insofern die handelnden Akteure im Kontext der sie umgebenden Institutionen untersucht werden (Mayntz 2005).3
Das seit den 70er Jahren von verschiedenen Forschungsgruppen um Mayntz und Scharpf bei Policy-Studien implizit angewandte Konzept des akteurszentrierten Institutionalismus wurde von Mayntz und Scharpf 1995 erstmals explizit beschrieben (siehe Mayntz/Scharpf 1995). Als eines der nützlichsten Werkzeuge der empirischen Policy-Analyse stellt der akteurszentrierte Institutionalismus keine inhaltliche Theorie dar, sondern ist als konzeptionelles Werkzeug gedacht, das der Erfassung und Ordnung empirischer Tatbestände dienen soll und heuristisch die Suche nach Erkenntnissen und Problemlösungen unterstützt (Mayntz/Scharpf 1995, S. 39). Die „Erklärung vergangener politischer Entscheidungen“, um systematisch Wissen darüber zu erlangen, wie in der Praxis Implementationsdefizite entstehen und wie sie behoben werden können, ist nach Scharpf der zentrale Anspruch des akteurszentrierten Institutionalismus (Scharpf 2000, S. 84f.). Zugleich ist er ein grundsätzlicher Beitrag „zum Verständnis und zur Verbesserung der Bedingungen, unter denen die Politik effektive und legitime Lösungen für die Probleme des Gemeinwesens realisieren kann“ (ebd., S. 17).
Der Kern des akteurszentrierten Institutionalismus ist, dass „soziale Phänomene als das Produkt von Interaktionen zwischen intentional handelnden – individuellen, kollektiven oder korporativen – Akteuren erklärt werden“, wobei diese Interaktionen immer durch den institutionellen Kontext, in dem sie stattfinden, strukturiert und auch beeinflusst werden (Scharpf 2000, S. 17). Denn politische Entscheidungen werden immer von menschlichen Akteuren gestaltet, die sich sowohl von inneren natürlichen Impulsen als auch von äußeren Beschränkungen leiten lassen. Demzufolge müssen sowohl die Umwelt des Akteurs, seine institutionelle Einbindung und subjektiven Interessen Beachtung finden. Der institutionelle Kontext, in den der Akteur eingebunden ist, bestimmt dabei weitgehend die Handlungsentscheidung. Diese wird aber auch durch das von Scharpf beschriebene „intentionale“ Handeln begrenzt. Es beschreibt, dass eine Handlungsentscheidung davon beeinflusst wird, wie der Akteur mittels seiner Interessen, Wertungen und Vorstellungen die Umwelt wahrnimmt und wie „richtiges, gutes oder angemessenes Handeln unter den gegebenen Umständen auszusehen hätte“ (ebd., S. 48).
Forschungsmethodisch geht es darum, die Wahrnehmungen und Präferenzen der einzelnen an einem Politikprozess beteiligten Akteure zu strukturieren, daraus Tendenzen abzuleiten und Antworten auf die spezifische Handlungsweise des Akteurs in einer bestimmten Situation zu suchen. Die Erklärung des von dem Akteur eingeschlagenen Handlungsmusters lässt sich dabei aus sozialwissenschaftlichen Theoriefamilien ableiten, die ein Handeln aus einer jeweils anderen Perspektive betrachten. Das interesseorientierte Handeln entstammt der Theorie-Familie der so genannten Rational-Choice-Ansätze, bei der eine Handlung aus den individuellen Kosten-Nutzen-Kalkülen der Akteure erklärt wird. So werden diejenigen Handlungsweisen maximiert, die den größten individuellen Nutzen bei den geringsten Kosten einbringen (Scharpf 2000, S. 49). Im Gegensatz dazu steht normorientiertes Handeln, das die Politikdimension beschreibt, in der öffentliches Handeln stattfindet. Grundgedanke dieses institutionenzentrierten Ansatzes ist, dass gemeinschaftliches menschliches Handeln erst durch Institutionen ermöglicht wird, da diese Verhaltenssicherheit in einer komplexen Umwelt vermitteln und so Aktionen anderer antizipierbar und berechenbar werden (ebd., S. 50). Institutionen sind dabei „dem Zugriff der Akteure entrückte, zwar von ihnen geschaffene, aber sie dann durch strukturellen Zwang beherrschende und so zur gesellschaftlichen Ordnungswahrung beitragende Gegebenheiten“ (Schimank 2000, S. 245f.). Institutionelle Regeln bestimmen insofern das Miteinander der Menschen, das ohne diese in einem anarchischen Chaos versinken würde, wobei jedoch auch nichtinstitutionelle Faktoren die Handlungspräferenzen der Akteure beeinflussen (Mayntz/Scharpf 1995, S. 47f.).
Der konzeptionelle Beitrag des akteurszentrierten Institutionalismus besteht nunmehr darin, dass Paradigma interesseorientierten Handelns, bei dem die Verfolgung individueller Interessen im Mittelpunkt steht, mit dem Paradigma normorientierten Handelns, bei dem soziale Normen und institutionelle Spielregeln die Handlungsmöglichkeiten des Akteurs einengen, zu verbinden (Zangl 1999, S. 923; Scharpf 2000, S. 73). So sind laut Scharpf beide Paradigmen keine unvereinbaren Gegensätze, da der Mensch nie nur nach kulturell vorgefertigten Skripten handelt, sondern auch immer eigene – eigennutzorientierte – Absichten und Präferenzen hegt und möglicherweise Regeln verletzen würde, um diese durchzusetzen (Scharpf 2000, S. 50f.). Das zweckgerichtete Handeln eines Akteurs wird also im Idealfall stets auf Grundlage seiner intentionalen Wahrnehmungen und Präferenzen innerhalb des ihn umgebenden institutionellen Kontextes geformt. Da aber nicht nur ein einzelner, sondern eine Vielzahl von Akteuren an einer Politikentscheidung beteiligt sind, entsteht ein Interaktionsmodell, in dem die verschiedenen Interessen aufeinanderprallen und je nach dem Modell der Konfliktbearbeitung zu einer mehr oder weniger einvernehmlichen Lösung zwischen den Akteuren gefunden wird.
Um mit Hilfe des Ansatzes zu beschreiben, wie es in diesem Interaktionsprozess zu einem spezifischen Politikergebnis kommt, führen Mayntz und Scharpf den Begriff der Akteurskonstellation und der Interaktionsformen ein, um Interaktionsprozesse zwischen den Akteuren erklärbar zu machen (Scharpf 2000, S. 66) – siehe dazu Abschnitt 2.2.2.
2.2 Untersuchungsdesign
2.2.1 Grundlegende Anmerkungen zum Untersuchungsdesign
Im Argumentationsgang verfolgt diese Arbeit eine deduktive Vorgehensweise, was bedeutet, dass ausgehend vom Allgemeinen auf das Konkrete geschlossen wird (Bortz/Döring 2002, S. 300f.). Leitfrage ist dabei, ob die übergeordnet festgelegten Programmgrundsätze zu Handlungskonzepten (allgemeine Ebene) auch im gebietlichen Aspekt umgesetzt werden (konkrete Ebene). Denn was allgemein gültig ist, muss sich dem „wahrheitsbewahrenden“ deduktiven Ansatz zufolge auch im speziellen Kontext bestätigen (ebd.). Deduktiv ist die gesamte Argumentation der Arbeit, da die Steuerung der Handlungskonzepte von der Bund- Länder-Ebene über den Berliner Senat und die bezirkliche Steuerung im Bezirk Mitte bis in das QM-Gebiet hinein spezifiziert wird. Ausgehend von diesem beschreibenden Teil, der den institutionellen Kontext der Fortschreibung im QM Moabit West herleitet, erfolgt die ebenfalls deduktiv aufgebaute Interaktionsanalyse. Mit der allgemeinen Untersuchung der Akteurslogiken und der zwischen ihnen maßgeblichen Akteurskonstellationen können anschließend bezogen auf die Erarbeitung und Abstimmung der Handlungskonzepte die konkreten Verfahrensabläufe und Interaktionsformen im untersuchten Gebiet erklärt und auf ihre Konformität mit den top-gesetzten Steuerungsvorgaben hin diskutiert werden. Folgendes Schema verdeutlicht das grobe Gliederungsschema der Arbeit:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Überblick über die Gliederungslogik der Arbeit (eigene Darstellung)
Die Untersuchung des QM Moabit West ist eine Fallstudie und gibt letztlich nur einen exemplarischen Einblick in die Steuerungsvarianten der Handlungskonzepte, da jedes Programmgebiet einen eigenen Modus der Erstellung und Abstimmung entwickelt hat. Aufgabe einer Fallstudie ist es, ein möglichst „ganzheitliches und damit realistisches Bild der sozialen Welt“ zu zeichnen und besonders interessante Fälle zu untersuchen (Lamnek 1988, S. 299). Dabei rücken Einzelpersonen und Gruppen in den Mittelpunkt, die einen bestimmten Prozess gestalten und deren Aussagen über den Untersuchungsgegenstand die Besonderheiten des Falles herausstellen. Die in der Fallstudie Moabit West gewonnenen Erkenntnisse sind somit nur ein Ausschnitt des möglichen Steuerungsspektrums und zeigen, wie der Fortschreibungsprozess in der Praxis ausgestaltet sein kann.
Da der Untersuchungsgegenstand in Fallstudien möglichst detailreich analysiert werden soll, ist ein Methodenmix sinnvoll, um möglichst viele Aspekte in die Analyse einzubeziehen (Lamnek 1988, S. 299). Im Rahmen dieser Arbeit werden Daten aus einer Dokumentenanalyse4 und aus leitfadengestützten Experteninterviews5 gewonnen. Durch die Kombination beider Methoden können sowohl der formale institutionelle Kontext als auch die Interaktionsformen der Konzeptfortschreibung im QM Moabit West umfassend und schlüssig dargelegt werden.
2.2.2 Analysebestandteile des akteurszentrierten Institutionalismus
Dem methodischen Instrumentarium liegt der Ansatz des akteurszentrierten Institutionalismus zu Grunde, der einen fallbezogenen Einblick in die Steuerung des Fortschreibungsprozesses ermöglicht und dabei normund interesseorientiertes Handeln analysiert. Der Ansatz enthält Analyseschritte, die aufeinander aufbauen und in ihrem Zusammenspiel ein Gesamtbild der Steuerung integrierter Handlungskonzepte im QM Moabit West aufzeigen. Die im Analyseteil der Arbeit vorgenommene Untersuchung besteht aus folgenden Teilaspekten, die im folgenden Verlauf dieses Abschnittes näher erläutert werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Übersicht üb er den Analyseaufbau des akteurszentrierten Institutionalismus (eigene Darstellung nach Scharpf 2000, S. 91)
2.2.2.1 Probleme und Gegebe nheiten
Ein materielles Problem ist stets Ausgangspunkt jeglicher Anstrengung des politischadministrativen Systems, dieses mit geeigneten Instrumenten einer Lösung beizuführen. Dies setzt die bloße Kenntnis des Problems, seiner Ursachen und Auswirkungen voraus. Daher ist es Ausgangspunkt jeder Interaktionsanalyse, das zu analysierende Problem zuallererst zu benennen. So sind auch benachteiligte Stadtgebiete durch ein spezifisches Problemumfeld gekennzeichnet, dem die im institutionellen Kontext gefangenen Akteure gegenüberstehen. Insofern wird in Abschnitt 5.1 die Gebietscharakteristik des QM-Gebietes Moabit West umrissen, dessen Potenziale und wesentliche Probleme benannt. Darüber hinaus wurden die grundlegenden Probleme und Herausforderungen der sozialen Stadtentwicklung bereits im einführenden Teil dieser Arbeit beleuchtet.
2.2.2.2 Institutioneller Kontext
Zu erkennen, welche institutionellen Regelsysteme die Handlungsverläufe der Akteure bestimmen, ist wichtiger Bestandteil des Analyseansatzes, da das institutionelle Umfeld eine große Erklärungskraft für das Handeln der Akteure besitzt. Der institutionelle Kontext begrenzt laut Mayntz und Scharpf die Handlungsmöglichkeiten der Akteure durch sanktionierbare Regeln und Normen, die das Verhalten der Akteure strukturieren, aber auch berechenbarer machen (Scharpf 2000, S. 76ff.). Eine Institution wird im Kontext des akteurszentrierten Institutionalismus definiert als Regelsystem, d.h. als sanktionierbare formalrechtliche Regeln, aber auch „soziale Normen, die von den Akteuren im allgemeinen beachtet werden müssen und deren Verletzung durch Reputationsverlust, soziale Missbilligung, Entzug von Kooperation und Belohnung oder sogar durch soziale Ächtung sanktioniert wird“ - Scharpf belässt es jedoch bei dieser allgemeinen Definition, da der institutionelle Kontext für ihn lediglich ein Sammelbegriff ist, welcher der „Beschreibung der wichtigsten Einflüsse auf die Akteure“ dienen soll (ebd., S. 77f.). Das Spielregelsystem der Sozialen Stadt und des Berliner QM ist der Handlungsrahmen der Akteure, an den diese gebunden sind, da eine Nichteinhaltung der formalen, rechtlichen und Prozessnormen zu einem Entzug von Kooperation oder gar dem Status als QM-Gebiet führen kann.
Für unsere Untersuchung von Interesse ist die institutionelle Einbindung der Akteure auf zwei Ebenen: zum einen in die Vorgaben, die von Bund-Länder-Ebene über den Senat und Bezirk an die im Quartier handelnden Akteure top-down vermittelt werden. Zum anderen spielt die institutionelle Einbettung der Akteure in ihr unmittelbares organisatorisches Umfeld eine eminente Rolle, da die Akteure im Auftrag einer Institution oder eines Trägers agieren und so auch und vor allem die Interessen dieser Institution vertreten und entsprechend handeln. In dieser Arbeit wird der institutionelle Kontext der Handlungskonzeptfortschreibung in Abschnitt 4.1 dargelegt. Dabei werden die Steuerungsebenen des Soziale Stadt-Programms und des assoziierten Berliner QM-Programms skizziert, zu denen die auf der jeweiligen Ebene formulierten zentralen Steuerungsvorgaben zu Handlungskonzepten referiert werden. Im Rahmen der Interaktionsanalyse in Abschnitt 5 wird sodann die institutionelle Einbettung der Akteure bei der Fortschreibung von Handlungskonzepten in Moabit West fortlaufend an Hand empirischer Daten aus den Experteninterviews präzisiert.
2.2.2.3 Akteursanalyse
An die Analyse des institutionellen Kontextes schließt sich die Untersuchung der subjektiven Handlungsorientierungen, Wahrnehmungen und Präferenzen der Akteure an, die ein konkretes Verhalten im Rahmen der institutionellen Restriktionen prägen (siehe zur Analyse am Fallbeispiel Abschnitt 5.3).
Politische Entscheidungen werden nicht nur durch institutionelle Vorgaben in Form von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften, Vereinbarungen oder Satzungen determiniert, sondern vor allem durch die individuellen Interessen, Handlungsorientierungen und das Verhandlungsgeschick der Akteure, die in einen Entscheidungsprozess eingebunden sind. Damit das Aushandeln zwischen den Akteuren in geordneten Bahnen verläuft und nicht ein Akteur, der über besondere rhetorische, technische, personelle oder finanzielle Ressourcen verfügt, die Politikentscheidung zu seinen Gunsten ablenkt, ist die Interaktion in einen institutionellen Regelkontext eingebettet, der den Handlungsrahmen der Akteure beschränkt und der gemeinsamen Interaktion ein Ziel zu Grunde legt.
Mayntz beschreibt die in einem Abstimmungsund Entscheidungsprozess involvierten Akteure als den Drehund Angelpunkt jeder umfassenden Steuerungsanalyse, da diese im gemeinsamen Interaktionsprozess ein Ergebnis abstimmen, dass möglichst allen Interessen gerecht werden sollte und mindestens auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner beruht, sofern nicht ein Akteur das Ergebnis einseitig bestimmen kann. Im ersten Analyseschritt des akteurszentrierten Institutionalismus geht es daher darum, die Fähigkeiten, Wahrnehmungen und Präferenzen der an einem Politikprozess beteiligten Akteure zu bestimmen, die Aufschluss darüber geben, in welchen institutionellen Kontext ein Akteur eingebunden ist, welchen Einfluss er im Prozess ausüben kann und wie er seine Rolle und Verhandlungsposition bewertet. In der Akteursanalyse werden alle Akteure, „die an dem politischen Prozess beteiligt sind und deren Entscheidungen schließlich das Ergebnis bestimmen“, untersucht, wobei hauptsächlich die Handlungsressourcen identifiziert werden, „die es einem Akteur ermöglichen, ein Ergebnis in bestimmter Hinsicht und zu einem gewissen Grad zu beeinflussen“ (Scharpf 2000, S. 86).
Da an Interaktionen stets eine Vielzahl von Akteuren beteiligt ist und sich unter diesen in der Regel auch mehrere Akteure befinden, die rechtlich und faktisch für ein und dieselbe Gruppe oder Organisation agieren und in diesem Sinne ein gemeinsames Ziel verfolgen, ist es sinnvoll und angemessen Akteurs-Aggregate zu bilden (Scharpf 2000, S. 96). Mit der Schaffung von so genannten komplexen Akteuren werden die beteiligten Individuen, welche „die Absicht haben, ein gemeinsames Produkt zu schaffen oder ein gemeinsames Ziel zu erreichen“ zusammengefasst (ebd., S. 101). In dieser Arbeit führt die Aggregation von organisatorisch zusammengehörigen Akteuren zu folgenden Akteursgruppen: Quartiersrat, Gebietsbeauftragter und Bezirksamt, auf die sich im weiteren Verlauf der Analyse bezogen wird.
Kernbestandteil der Akteursanalyse sind die jeweiligen Fähigkeiten des Akteurs. Darunter versteht Scharpf den rechtlichen Rahmen, der die Handlung des Akteurs beschränkt, als auch die Ausstattung des Akteurs mit Handlungsressourcen, „die für die Erklärung politischer Gegebenheiten von entscheidender Bedeutung [sind], da ohne Handlungsressourcen selbst die besten Wahrnehmungen und Präferenzen keine praktischen Auswirkungen haben können“
(Scharpf 2000, S. 95). Fähigkeiten sind demzufolge persönliche Merkmale des Akteurs wie sein Auftreten und Verhandlungsgeschick, seine kognitive Verfassung und Auffassungsgabe, sowie das Humanund Sozialkapital, das hinter seiner Person steht und ihm Einfluss und Anerkennung verschafft. Weiterhin zählt Scharpf zu den Fähigkeiten den Zugang des Akteurs zu materiellen, informationellen, finanziellen und technologischen Ressourcen sowie Privilegien, die dieser aus seiner Stellung und institutionellen Verankerung heraus genießt (ebd., S. 86). Nicht vergessen werden darf, dass das Einflusspotential des Akteurs stets durch dessen Interessen gesteuert wird – der Akteur wird nur das anstreben, was für ihn auch erreichbar scheint, und andersherum beeinflussen die Interessen das Einflusspotential, da der Akteur, der motiviert ist etwas zu erreichen, alle verfügbaren Einwirkungsmöglichkeiten ausreizen wird (Schimank 2000, S. 254).
Zweitens müssen die subjektiven Handlungsorientierungen der Akteure als Motive für ihr Handeln erfasst werden. Denn weil der akteurszentrierte Institutionalismus auf der Erklärung des intentionalen Handelns von Akteuren beruht, müssen die jeweils subjektiven Wahrnehmungen und Präferenzen analysiert werden, die man jedoch nicht durch einfache Beobachtung ermitteln kann. D.h., „die Ursachen und erwarteten Wirkungen einer Handlung liegen nicht in der realen Welt, sondern müssen im mentalen Abbild der Welt im Bewusstsein der Akteure lokalisiert werden,“ da die Motive einer Handlung nicht auf objektiven Interessen der Akteure beruhen (Scharpf 2000, S. 110). Um die subjektiven Handlungsorientierungen zu extrahieren, werden diese mit der Hilfe z.B. von Dokumenten und Interviews rekonstruiert (ebd., S. 111). Das komplexe Konzept der Handlungsorientierung wird zur besseren Analysierbarkeit zerlegt in zwei Bestandteile: Wahrnehmungen und Präferenzen, die relativ stabil sein können, aber durch organisatorisches Lernen und äußere Einflüsse auf den Akteur veränderbar sind.
- Unter Wahrnehmungen bzw. kognitiven Orientierungen versteht Scharpf, dass die Akteure „direkt beobachtbare Tatsachen empirisch zutreffend wahrnehmen“ und in der Lage sind, Sachverhalte und kausale Beziehungen zu beschreiben sowie die Wirksamkeit und Wünschbarkeit von Handlungsoptionen zu bewerten (ebd., S. 87, S. 114). Es wird also danach gefragt, wie ein Akteur seine eigene Rolle im Interaktionsprozess wahrnimmt und inwiefern „die möglichen Handlungsoptionen, ihre wahrscheinlichen Resultate und ihre Auswirkungen auf die jeweiligen Präferenzen korrekt wahrgenommen werden (ebd., S. 115).
- Weiterhin müssen die Präferenzen des Akteurs, welche die Entscheidung für eine bestimmte Handlungsweise maßgeblich bestimmen, abgefragt werden. Unter Präferenzen fasst Scharpf die der empirischen Analyse leichter zugänglichen Indikatoren Eigeninteressen, Normen und Identitäten zusammen (ebd., S. 116).
- Mit dem Indikator Eigeninteresse „soll die grundlegende Präferenz von Akteuren für Selbsterhaltung, Autonomie und Wachstum“ vor dem Hintergrund der institutionellen Umgebung beschrieben werden.
- Normative Rollenerwartungen beschreiben die Erwartungen, die an das Handeln des Akteurs gestellt werden und die formalrechtlich oder auch informell, zum Beispiel durch Missbilligung, sanktioniert werden können. In gut eingespielten Steuerungsstrukturen werden die jeweiligen Handlungserwartungen, die einen Akteur auf Grund seiner organisatorischen Einbindung in seinen Handlungsmöglichkeiten einengen, von diesem akzeptiert (ebd., S. 118).
- Unter Identität versteht Scharpf die Fähigkeit der Akteure, sich für einen dritten Entscheidungsweg zu entscheiden und weder ihrem Eigeninteresse noch ihren normativen Erwartungen zu folgen. Denn da sich Akteure meist zwischen verschiedenen Präferenzen entscheiden müssen, spielt bei der Entscheidungsfindung neben den organisationsgebundenen Interessen und institutionellen Zielvorgaben auch die individuelle Wahrnehmung der Situation eine Rolle (ebd., S. 119).
Die Bestimmungsfaktoren des Akteurshandeln lassen sich in folgendem Schaubild zusammenfassen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Determinanten des Akteurshandelns (eigene Darstellung auf Grundlage von Scharpf 2000, S. 95ff.)
2.2.2.4 Akteurskonstellation
In der Akteurskonstellation wird das materielle politische Problem auf die Fähigkeiten, Wahrnehmungen und Präferenzen der zu beteiligenden Akteuren projiziert und untersucht, welche gemeinsamen abstrakten Handlungsoptionen bzw. Interaktionsmöglichkeiten sich für die weitgehend interdependent handelnden Akteure ergeben (Scharpf 2000, S. 90; Mayntz/Scharpf 1995, S. 60). Dem liegt der Ansatz zu Grunde, dass in die Entscheidungsfindung stets eine Mehrzahl politischer Akteure involviert ist. Könnte das Ergebnis einseitig durch einen einzelnen Akteur bestimmt werden, würde es zu keiner Interaktion kommen, was allerdings bei den interdependenten Entscheidungen des modernen Regierens höchst unwahrscheinlich ist (Scharpf 2000, S. 123).
Die Akteurskonstellation beschreibt „die beteiligten Spieler, ihre Strategieoptionen, die mit verschiedenen Strategiekombinationen verbundenen Ergebnisse und die Präferenzen der Spieler in Bezug auf diese“ (Scharpf 2000, S. 87). Sie soll dabei „das repräsentieren, was wir über die an bestimmten politischen Interaktionen beteiligten Akteure wissen“ (ebd., S. 128). Nicht jedoch die reale Interaktionsform, die das tatsächlich zustande gekommene Politikergebnisse skizziert, sondern unterschiedliche mögliche Konstellationen werden abstrakt gespielt und miteinander verglichen. Daraus kann geschlussfolgert werden, auf welchem Konfliktniveau sich die Akteure bewegen und welche Art von Konflikten möglich ist (ebd., S. 87). Da so „jede Konstellation in einer Reihe unterschiedlicher Interaktionsformen“ spielbar ist, können in einer spieltheoretischen Darstellung „extrem unterschiedliche reale Konstellationen auf einem sehr hohen Abstraktionsniveau“ dargestellt werden (ebd., S. 88). Reale Strukturen werden also auf Grund ihrer hohen Komplexität auf abstrahierte Governance-Formen reduziert, mit denen gemessen werden kann, wie groß die individuelle Autonomie oder die kollektive Handlungsfähigkeit der Akteure ist (Mayntz/Scharpf 1995, S. 61).
Die für die drei Beziehungsmuster Quartiersrat - Bezirksamt, Quartiersrat – Gebietsbeauftragter und Gebietsbeauftragter – Bezirksamt möglichen Akteurskonstellationen werden in Abschnitt 5.4 erläutert. Dabei wird jeweils zuerst das evidente Beziehungsmuster der Akteure im gebietlichen QM-Verfahren beschrieben, bevor im jeweils zweiten Teil die Akteurskonstellation hergeleitet wird.
2.2.2.5 Interaktionsformen
Die Interaktionsform ist der fehlende Baustein, mit dem unter Berücksichtigung der Fähigkeiten und Handlungsorientierungen der Akteure innerhalb des institutionellen Kontextes, in dem die Interaktion stattfindet, dass Handeln der Akteure sinnvoll hergeleitet werden kann. Das statische Bild der Akteurskonstellation findet hier einen Bezug zur tatsächlich stattfindenden Interaktionsform (Scharpf 2000, S. 90). Diese, zum Beispiel die „Verhandlung“,
„Mehrheitsentscheidung“ oder „hierarchische Steuerung“, werden bestimmt von institutionellen Regeln, die Mindestanforderungen an die Interaktion zwischen den Akteuren setzen. Scharpf betont, dass die konkrete Interaktionsform einen hohen Einfluss auf das anzunehmende Interaktionsergebnis ausübt, die sich aus der Akteurskonstellation ergibt (ebd., S. 159). So würde in einem Chicken-Spiel6 (Akteurskonstellation) eine Verhandlung (Interaktionsform) durch die verbindliche Absprache der Akteure zu einer Kooperation führen (Interaktionsergebnis), währenddessen in der gleichen Akteurskonstellation ein einseitiges Handeln (Interaktionsform), bei dem die Akteure das Verhalten des anderen nicht einschätzen können, zu einem suboptimalen Ergebnis führen würde (Interaktionsergebnis). Das Beispiel verdeutlicht, dass jede Konstellation in verschiedenen Interaktionsformen stattfinden kann, die das Politikergebnis beeinflussen. Jedoch wird der Charakter der Interaktion nicht nur durch institutionelle Regeln bestimmt, die den Akteuren vorschreiben, welche formellen
Normen im Interaktionsprozess beachtet werden müssen (ebd., S. 91). Auch der weitere institutionelle Kontext, in dem die Interaktion stattfindet, beeinflusst das Verhalten der Akteure (ebd.). Zum Beispiel können Akteure, die in einem Verhandlungssystem agieren (institutioneller Kontext: Netzwerk), zu einer verbindlichen Absprache kommen (Interaktionsform: Verhandlung), jedoch ist für sie die Interaktionsform der hierarchischen Steuerung ausgeschlossen, da dies dem netzwerkartigen institutionellen Arrangement, in dem sich die Akteure bewegen, nicht entsprechen würde.
Nachstehende Darstellung zeigt, welcher Interaktionsmodus innerhalb eines bestimmten institutionellen Kontextes möglich ist:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Interaktionsformen na ch Scharpf (Scharpf 2000, S. 91)
Im Verlaufe des Abschnitt 5.5 werden zum einen die Interaktionsformen vorgestellt, die in den einzelnen Stufen der Steuerung des Handlungskonzeptes in Moabit West durchlaufen werden. Grundlage hierfür bilden die Informationen zum Handeln der Akteure aus der Akteursanalyse sowie der Akteurskonstellationen und weiterhin der institutionelle Kontext des Berliner Quartiersmanagements, der die Interaktionsorientierung der Akteure determiniert. Gegliedert wird die Analyse des Fallbeispiels in Abschnitt 5.5 entlang der Gremien, die auf den Ebenen der Fortschreibung (Abschnitt 5.5.2.) und der Bestimmung der Handlungsfelder (Abschnitt 5.5.3) die Entwicklung der Handlungskonzepte steuern. Nachdem die konkrete Erstellung und Abstimmung der Handlungskonzepte und die dazugehörige Prioritätensetzung der Handlungsfelder in den einzelnen Unterpunkten dargestellt wurde, wird im abschließenden Teil des jeweiligen Punktes auf die Interaktionsform, basierend auf den bisherigen Analyseergebnissen, geschlossen.
2.3 Untersuchungsinstrumente
2.3.1 Dokumentenanalyse
Über die Aufbereitung von Dokumenten (zur Methodik siehe u.a.: Schnell/Hill/Esser 2005, S. 407ff.) lassen sich eine Vielzahl von Informationen zur Steuerungsstruktur der Handlungskonzepte, der institutionellen Stellung der Akteure und des institutionellen Gesamtkontextes des Fortschreibungsprozesses recherchieren. Aus ihrer formalen Beschaffenheit heraus verfügen die ausgewerteten Dokumente über einen hohen objektiven Informationsgehalt, da die dort schriftlich fixierten Vorgaben, Regelungen und Informationen einen verlässlichen bzw. verbindlichen Charakter für die adressierten Akteure haben. Die Gefahr einer subjektiven Verzerrung der Fakten durch den Forscher ist daher gering. Die Dokumente wurden mit Blick auf die Erkenntnisinteressen dieser Arbeit gelesen, Schlüsselstellen in einer
Text-Datenbank abgelegt und dort nach einfachen Kategorien, die dem Gliederungsaufbau der Arbeit entsprachen, sortiert. Durch einfaches manuelles Informationsretrieval7 in der Datenbank konnten im Schreibprozess der Arbeit die Textstellen, die der Argumentation entsprachen, schnell wieder gefunden und eingebunden werden (zur Methodik des Informationsretrieval siehe: Bekavac 2002).
Ausgewertet wurden in Zusammenhang mit der Sozialen Stadt und dem QM-Programm stehende Verträge, Vereinbarungen, Leitfäden, Protokolle, parlamentarische Drucksachen, Gesetzestexte, Evaluationsberichte und Organigramme auf programmsteuernder und programmdurchführender Ebene. Die ausgewerteten Dokumente sind zum großen Teil frei zugänglich, zum Teil aber auch verwaltungsinterne Dokumente, zu denen nur ein begrenzter Kreis Zugang hat. Die systematische Benennung der Quelle ermöglicht es dem Leser, im Literaturverzeichnis Informationen zur Beschaffenheit und zum Zugang des Dokumentes zu erhalten.
2.3.2 Leitfadeninterviews
Während die Dokumentenanalyse Informationen über den institutionellen Kontext der Akteure liefern kann, entfaltet sie keine Aussagekraft darüber, aus welchen Motiven heraus die Akteure handeln und wie die konkreten Interaktionsmuster zwischen ihnen aussehen. Denn die individuellen Wahrnehmungen und Handlungsdispositionen der Akteure verändern sich kontinuierlich und hängen von zu komplexen Bedingungen ab, als dass man das Handeln in einer Entscheidungssituation quasi vorhersehen und in generalisierter Form dokumentieren könnte. Das Untersuchungsinstrument zur Erfassung der Handlungsorientierungen, subjektiven Meinungen und Einstellungen im Fortschreibungsprozess sind daher Interviews mit zentralen Akteuren des QM Moabit West. Durch die gesprächsgeleitete Gewinnung von Informationen können Rückschlüsse auf die Akteurskonstellationen, konkreten Interaktionsformen und die Konfliktfähigkeit von Teilprozessen der Fortschreibung gezogen werden. Erkenntnisziel ist es zudem auch, Informationen über die konkreten Verfahrensstrukturen und Abstimmungsmuster der Fortschreibung zu sammeln.
Das Interview wird trivial definiert als eine „Gesprächssituation, die bewusst und gezielt von den Beteiligten hergestellt wird, damit der eine Fragen stellt, die vom anderen beantwortet werden“ (Lamnek 1988, S. 300). In der Sozialwissenschaft werden analytische Interviews als Erhebungsinstrumente eingesetzt, um soziale Sachverhalte schlüssig zu erfassen und die Äußerungen der Probanden auf der Grundlage theoretisch-hypothetischer Gedanken zu analysieren (ebd., S. 333). Mit qualitativen Befragungen ermittelt man hierbei im Unterschied zu quantitativen Befragungen die „subjektive Sichtweise von Akteuren über vergangene Ereignisse (...) [und] Erfahrungen in der Arbeitswelt“, wobei der Gesprächsverlauf weniger vom Interviewer und mehr durch den Interviewten strukturiert wird (Bortz/Döring 2002, S. 308f.). Leitfadeninterviews sind wegen der Breite und Tiefe der Antworten und dem ganzheitlichen und lebensnahen Bild, das der Proband zeichnet, die gängigste Form qualitativer Befragungen (Lamnek 1988, S. 335ff.).Grundsätzlich wird dem Probanden mehr Freiraum für seine Antworten gelassen, da es weniger standardisiert ist. In ihm werden verbale Informationen gesammelt, wobei der Befragte je nach seiner subjektiven Wahrnehmung der Fragestellung und Interviewsituation mehr oder weniger ausführlich antwortet. Die Technik der Befragung spielt daher eine hervorgehobene Rolle. Die Form des Leitfadeninterviews lässt sowohl dem Forscher genügend Spielraum, spontan aus der Situation heraus weiterführende Fragen zu entwickeln oder aufgeworfene Themen einzubinden, als auch dem Interviewten die Möglichkeit, sich im Gesprächsverlauf argumentativ zu entfalten und das Gespräch selbst zu lenken (Bortz/Döring 2002, S. 314). Den hohen Informationsgehalt der Antworten muss der Forscher bereits während des Interviews strukturieren und gegebenenfalls den Gesprächsverlauf wieder mehr in Richtung des Erkenntnisinteresses lenken, wenn der Proband zu stark in Details oder Nebensächlichkeiten abdriftet (ebd., S. 297). Da die Interviewsituation zudem nicht vollkommen standardisiert ist, sondern sich relativ offen entlang vorab ausgewählter Kernfragen entwickelt, ist der Kommunikationsstil mehr der eines Gespräches zwischen zwei gleichgestellten Personen und nicht zwischen Interviewer und Interviewten (Lamnek 1988, S. 343f.). Dennoch soll der Interviewer, um eine Verzerrung der Situation durch ungewollte Einflussnahme auf die Antworten des Probanden zu vermeiden, eine möglichst neutrale, unpersönlich-sachliche Gesprächssituation herstellen, aber auch fähig sein, eine mögliche widerstrebende Haltung des Interviewpartners durch die Vermittlung von Vertrauen und Sympathie abzubauen (ebd., S. 343f.).
Die im vorangegangenen Absatz genannten Kriterien von Leitfadeninterviews waren die Leitlinie der im Rahmen dieser Arbeit vorzubereitenden und durchzuführenden Leitfadeninterviews. Die Grundlage des Interviews bildete ein einheitlicher Gesprächsleitfaden für alle Interviewpartner, der die anzusprechenden Hauptund zusätzlichen Detaillierungsfragen stichpunktartig festhielt, die während des Interviews thematisiert wurden. Aus der umfangreichen Literaturrecherche im Rahmen der Diplomarbeit sowie der durchgeführten Dokumentenanalyse zu den institutionellen Regeln der Steuerung von Handlungskonzepten und den hieraus gewonnenen Informationen konnten spezielle Fragestellungen abgeleitet werden, mit denen spezifisches Insiderwissen, Erfahrungen und Bewertungen der Akteure erfasst wurden, die nur in einem direkten Gespräch mit den Kernakteuren zu ermitteln waren. Nach der Prüfung der Plausibilität, Logik und Stringenz des Leitfadens mit dem Betreuer der Diplomarbeit und zwei weiteren Probanden, wurde das erste Interview als Pretest geführt. Da dieses den vorab gesetzten Erwartungen entsprach, konnte dieses Interview bereits mit in die Auswertung einfließen und der Gesprächsleitfaden unverändert eingesetzt werden. Ein Abdruck des Gesprächsleitfadens befindet sich im Anhang dieser Arbeit, Abbildung 22.
Die Ermittlung der Interviewpartner erfolgte gemeinsam mit dem Gebietsbeauftragten. Dabei zeigte sich, dass sich die Interaktionsmenge bei der Fortschreibung der Handlungskonzepte auf eine Handvoll Personen einschränkte. Es wurde von jeder beteiligten Handlungsebene nur ein Experte ermittelt, da anzunehmen ist, dass jedes weitere Interview mit einem Akteur der gleichen Ebene keine wesentlich neuen Erkenntnisse erbringen würde. Die Interviews hatten die Form eines Experteninterviews, da die Gesprächspartner aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation und Funktion sowie sozialen Eingebundenheit in das QM-Verfahren
über praxisbezogene Kenntnisse verfügen, die nicht jedem frei zugänglich sind (Meusel/Nagel 1997, S. 493f.). Leitfadeninterviews wurden im Einzelnen geführt mit:
- einer Sachbearbeiterin des Referats Soziale Stadt in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zur gesamtstädtischen Steuerung der Handlungskonzepte,
- der Beauftragten für Stadtteilmanagement des Bezirksamtes Mitte von Berlin für den gesamtbezirklichen Aspekt,
- der bis Ende 2006 für das QM Moabit West zuständigen QM-Koordinatorin,
- dem Gebietsbeauftragten vor Ort, d.h. Mitarbeitern der S.T.E.R.N. GmbH und
- einem Mitglied des Quartiersrates des QM Moabit West.
Die genannten Personen wurden im Vorfeld angeschrieben und anschließend telefonisch auf ihre Bereitschaft für das Interview angesprochen. Nach Vereinbarung eines konkreten Interviewtermins mit einem zeitlichen Umfang von einer Stunde wurde das Interview geführt. Darüber hinaus wurden mehrfach persönliche und telefonische Gespräche mit dem Gebietsbeauftragten zu Detailfragen geführt. Auch von der Möglichkeit, die Interviewten im Nachgang des Gespräches telefonisch oder per E-Mail zu aufgeworfenen Fragen zu konsultieren, wurde mehrfach Gebrauch gemacht.
Die Interviews sind digital aufgezeichnet worden, was eine wortgenaue Transkription ermöglicht. Unmittelbar im Anschluss an das Gespräch wurde vom Interviewer ein Postkommunikations-Protokoll ausgefüllt, das die Gesprächssituation, den Gesprächsverlauf, besondere Reaktionen und nonverbale Gesten, die Wahrnehmungen und ersten Schlussfolgerungen des Forschers zusammenfasst (Bortz/Döring 2002, S. 311). Ein Muster dieses Postskripts ist im Anhang, Abbildung 23, enthalten. Die Transkription der Audioaufzeichnung, d.h. die Abschrift des Interviews, ist Voraussetzung für die Auswertung. Im Transkript können wichtige Schlüsselstellen und prägnante Zitate farblich hervorgehoben und mit weiteren Interviewtranskripten in Zusammenhang gebracht werden. Dabei ist es wichtig, dass „die manifesten und latenten Inhalte des Materials in ihrem sozialen Kontext und Bedeutungsfeld zu interpretieren“ sind und „vor allem die Perspektive der Akteure herausgefiltert“ wird (Bortz/Döring 2002, S. 329).
Grundsätzlich stellt die Auswertung von Interviews hohe Anforderungen an den Forscher, da nach erfolgter Transkription eine Zuordnung häufiger Schlüsselwörter zu einem Kategoriensystem erfolgen muss, um eine saubere und nachvollziehbare quantitative oder qualitative Inhaltsanalyse zu gewährleisten (ebd., S. 298). In unserem Fall muss von dieser Vorgehensweise jedoch abgewichen werden, da der Untersuchungsvorgang nicht standardisiert war und die im Rahmen offener Interviews ermittelten Verbaldaten zu reichhaltig sind, um sie auf reine Messwerte zu reduzieren (ebd., S. 297). Eine analytische Methode, etwa in Form einer standardisierten quantitativen Inhaltsanalyse, erscheint deswegen schon nicht als sinnvoll, weil die erhobenen Daten unstrukturiert und wenig verlässlich sind. Denn durch die Offenheit der Interviewsituation kann man bei wenig standardisierten Befragungen nicht davon ausgehen, dass der Proband in einem zweiten Interview genau die gleichen Antworten geben würde. Da sich die Gesprächssituation im Leitfadeninterview dynamisch entwickelt und der Interviewer mehr Gesprächspartner als bloß Fragensteller ist, kann bei einer zweiten
Befragung des Probanden die gleiche Frage (Reiz) unterschiedliche Antworten (Reaktionen) hervorrufen, weil sich die Interviewbedingungen verändert haben oder noch profaner die Stimmung des Probanden eine andere ist. Insofern bieten die Ergebnisse eines halb strukturierten Interviews keine hohe Verlässlichkeit, sondern zeigen ein Bild der Wahrnehmungen, Bewertungen und Handlungsmotive eines Akteurs zu einem bestimmten Gegenstand zu einem bestimmten Zeitpunkt. Die im Rahmen dieser Arbeit geführten Interviews wurden über die verstehende Methode ausgewertet (Bellers 2005, S. 47f). Dabei wurden die Textabschnitte der Transkripte analog der im vorangegangenen Kapitel beschriebenen Dokumentenanalyse in einer Textdatenbank nach einfachen Kategorien sortiert. Die einzelnen Textauszüge wurden beim Verfassen der Arbeit in die jeweilige Argumentation sinngemäß oder als Zitat übernommen. Als hilfreich beim Wiederfinden der codierten Textpassagen in den verschiedenen Transkripten erwies sich die Analysesoftware Atlas.ti 4.2.
Abschließend sei erwähnt, dass über den Quellennachweis am Ende eines Satzes ersehen werden kann, ob eine Aussage ein Interviewbefund ist und welcher Akteursgruppe er zuzurechnen ist. Aus Gründen des Datenschutzes wurde darauf verzichtet, im Verzeichnis der Interviews am Ende des Literaturverzeichnisses (Abschnitt 7.2) die Gesprächspartner namentlich zu benennen. Der Rückschluss auf eine einzelne Person ist durch die anonymisierende Bildung komplexer Akteure, demnach nicht die individuellen Aussagen gemessen werden, sondern eine Aussage der Organisation, in die der Gesprächspartner eingebunden ist, zugerechnet wird, nicht möglich.
3 Das innovative Steuerungsmodell der Sozialen Stadt
Die sich seit den 70er Jahren Stadtplanern und Stadtforschern aufdrängende Erkenntnis, dass die negative Entwicklung von Stadtgebieten nicht durch eine dem Gießkannenprinzip entsprechende baulich-investive Aufwertung von urbanen Kernen aufgehalten werden kann, offenbarte ein komplexes Problemfeld, das nicht alleine durch die öffentliche Hand bewältigt werden konnte. Der Ruf nach einer sozialeren Stadtentwicklung, die der Ungleichverteilung von Lebenschancen durch die gezielte Zuhilfenahme von lokalen Unterstützungsstrukturen entgegenwirken sollte, hatte die Öffnung der Stadtteilentwicklungspolitik nach unten zur Voraussetzung. Die Soziale Stadt baute den mit der Sanierungspolitik der Städtebauförderung initiierten Mitwirkungsanspruch der Bürger weiter aus und macht ihn zu ihrem eigentlichen Kernelement. Dies entsprach auch dem sich gewandelten staatlichen Selbstverständnis, das sich vom omnipräsent regulierenden Interventionsstaat mit der wachsenden Komplexität des Regierens in der modernen Dienstleistungsgesellschaft hin zu einem Nachtwächerbzw. aktivierenden Staat entwickelte, der die Ressourcen der gesellschaftlichen Interessenträger bei der Lösung der hochdifferenzierten und interdependenten Probleme nutzt.
Auf welchem Fundament das Politikmodell der Sozialen Stadt beruht und wie sich dieses ausbildete, soll in diesem Kapitel erläutert werden. Die Relevanz dieses Kapitels besteht somit darin, aufzuzeigen, auf welchen steuerungstheoretischen Grundlagen und innovativen Elementen das Governance-Modell der Sozialen Stadt beruht. Denn nur mit Kenntnis dieses Bezugsrahmens kann man die Diskussion zur Steuerung der Handlungskonzepte in ihrer ganzen Tiefe nachvollziehen.
3.1 Der Formwandel von Politik: von autoritärer staatlicher Steuerung zum kooperativ-aktivierenden Staat
Der Aufstieg der Bundesrepublik zur Wirtschaftsnation führte Ende der 60er Jahre zu einem erhöhten strukturund sozialpolitischen Problemdruck, als deutlich wurde, dass der gewachsene ökonomische Lebensstandard auch eine Steigerung des Anspruchsniveaus für nicht-marktliche Leistungen nach sich zog (Scharpf 1976, S. 13f.). Materielle Ansprüche der Bürger wurden durch immaterielle Bedürfnisse nach Umweltschutz, Landschaftspflege, Lebensqualität in den Städten, Bildung, Kunst und Kultur ergänzt. Gleichzeitig forderten die Verlierer der kapitalistischen Modernisierung soziale Ausgleichsleistungen des Staates ein (ebd., S. 14). Die Handlungsmöglichkeiten des Staates waren jedoch von vornherein durch die Kombination von Kapitalismus und Konkurrenzdemokratie begrenzt, da verfassungsmäßige Bestimmungen die Freiheit der gewinnorientierten Unternehmensentscheidung ebenso absicherten wie auch der Staat nicht unmittelbar verhaltenssteuernd in die Lebenswelt der Bürger eingreifen durfte (ebd., S. 15). Ein geeignetes Einflussinstrument des Staates, welches sich als Reaktion auf die genannten Bedingungen herausbildete, war die „mittelbare Verhaltenssteuerung durch positive und negative Anreize (Subventionen und steuerliche Belastungen)“ (ebd., S. 15). Mittelbar verhaltenssteuernd bedeutete, dass die gesellschaftlichen Teilbereiche mit ihren zahlreichen Interessengruppen selbst zum Partner der Politik wurden und entlang vorgegebener staatlicher Handlungskorridore soziale Prozesse gestalten und steuern. Der Prozess, der diesem integrativen Politikmodus zugrunde liegt – bei dem nicht mehr obrigkeitsstaatlich gesteuert wird, sondern gesellschaftliche Teilbereiche in die Politikformulierung und -umsetzung einbezogen werden – steht in der Entwicklungslinie politischer Steuerung, die folgend nachvollzogen wird.
Politische Steuerung ist allgemein ein Sammelbegriff für „diejenigen politischen Theorien und Forschungsgegenstände, die sich mit der zielgerichteten und zweckorientierten (absichtsvollen) Gestaltung gesellschaftlicher und wirtschaftlicher (Rahmen-)Bedingungen befassen“ (Schubert/Klein 2006). Das sich in der Bundesrepublik der 70er Jahre herausprägende steuerungstheoretische Kernparadigma lässt sich nach Renate Mayntz darin charakterisieren, dass nicht der eigentliche Steuerungserfolg als Output interessierte, sondern der Prozess der Politikgestaltung ohne Blick auf die Handlungsorientierungen der beteiligten Akteure (Mayntz 2006, S. 12). Politische Steuerung wurde als vom Handeln konkreter Personen abgelöster Prozess verstanden, der die Gestaltung der Gesellschaft durch dazu legitimierte Personen zum Ziel hatte.
Im Gegensatz dazu gewannen in der empirischen Policy-Forschung immer mehr die Akteure und ihr Handeln für die Erklärung von Politikentscheidungen an Bedeutung. Die Frage nach dem Wie wurde um die Fragen nach dem Wer und Warum ergänzt. Der sich so herauskristallisierende akteurszentrierte Steuerungsbegriff sollte ein Beitrag dazu sein, zu erklären, wie die zentrale Steuerungsinstanz Staat gesamtgesellschaftliche Probleme lösen kann und ob sie dazu alleinig überhaupt in der Lage sei (Mayntz 2006, S. 12). Denn mit den zunehmend komplexer werdenden Problemund Krisenlagen der 70er Jahre, auf die der Staat nur schwer eine passende Antwort finden konnte (Ölkrise, steigende Arbeitslosigkeit, RAF), gewann die Pluralität der Steuerungssubjekte an Bedeutung, die regelungsbedürftige Materien in Interaktion mit anderen Akteuren zu ihren Gunsten beeinflussen wollten (Mensch 2002, S. 26).
Ein erneuter Paradigmenwechsel in der Steuerungsdiskussion wurde durch zahlreiche empirische Studien eingeleitet, die die Problemlösungskompetenzen von gesellschaftlichen Akteuren als ungemein wichtig herausstellten und die Mitwirkung dritter Akteure an der Politikgestaltung bereits als Realität entzauberten. Mit dem Begriff des kooperativen Staates wurde dem Rechnung getragen, dass der Staat in der Politikgestaltung und -umsetzung nur noch einer von vielen Akteuren in einem kooperativen System war, in dem die Grenze zwischen Steuerungssubjekt und -objekt zunehmend verschwamm und die Einbahnstraße staatlicher Regulierung aufgegeben wurde (Kennel 2006, S. 59, Mayntz 2006, S. 13).
Die Entwicklung vom allmächtigen regulierenden Staat über den kooperativen Staat führte zum aktivierenden Staat, in dem die Akteure des politisch-administrativen Systems anerkennen, dass die in der Planungseuphorie der 70er Jahren zu Tage getretenen Probleme staatlicher Steuerung nur durch intelligente Kombination und Koordination öffentlicher, privater und zivilgesellschaftlicher Akteure in netzwerkartigen Verhandlungsformen lösbar sind (Jann 2006, S. 32). Der Staat nahm sodann die Rolle des Impulsgebers und Moderators bei der Regelung von Policies ein und sorgte für die Herstellung geeigneter gesetzlicher Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich die Aktivitäten der gesellschaftlichen Akteure entfalten konnten. Seine Aufgabe war es, die Offenheit und Flexibilität für die Umsetzung von Ideen und Initiativen zu schaffen sowie Koordinationshindernisse zu begradigen
(Diakonisches Werk, 2007 8 ). Gleichzeitig und notwendigerweise muss das klassische staatliche Steuerungsinstrumentarium durchbrochen werden. Die bisher auf sektoraler Ebene organisierte Fachpolitik, die auf für großflächige Politikeinwirkung entwickelte klientelund problemunspezifische Steuerungsinstrumente zurückgriff, musste Abänderungen zu einer klientelorientierten Problemlösungspolitik erfahren, die kleinund mikroräumlich orientiert war (Schmals 2002, S. 54).
Regieren in modernen Gesellschaften stellt sich folglich nicht mehr als das autoritäre Einwirken der Staatsmacht von oben nach unten dar, sondern als das Zusammenwirken einer Vielzahl von gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Interessenvertretern, die mit ihrem jeweiligem Fachwissen und Umwelteindrücken gemeinsam nach Antworten auf die komplexen Herausforderungen modernen Regierens, zum Beispiel für die Milderung und Bekämpfung sozialer Ungleichheit, suchen (Schridde 2005, S. 291f.). So entsteht eine neue Balance zwischen staatlichen Pflichten und aktiver bürgerschaftlicher Eigeninitiative, in der das Selbstregelungspotenzial der Gesellschaft neue Impulse erfährt (Franke 2000, S. 251). Mit der Verantwortung, die der Staat an die Gesellschaft dabei in mehr oder weniger eng kontrollierten Bereichen abtritt und innerhalb derer gesellschaftliche Interessenvertreter den richtigen Weg zur Realisierung von übergeordnet definierten Zielen suchen, müssen sich vor allem die politisch-administrativen Akteure arrangieren, da ihr bürokratisch eingeschliffenes Selbstverständnis fortwirkt und sie in einem längeren Prozess den Weg aus dieser Pfadabhängigkeit finden müssen (Franke 2000, S. 253).
3.2 „Governance“ als Interaktionshandeln
Der Begriff „Governance“ ist eng mit der steuerungstheoretischen Diskussion in der Bundesrepublik verbunden, enthält aber als weithin populärer Modebegriff, der auf Alles und auch Nichts angewendet werden kann, eine Vielzahl von Bedeutungen. Hierdurch besteht die Notwendigkeit, den Begriff auf seinen steuerungstheoretischen Kern einzugrenzen und für unsere Zwecke zu definieren.
Aus dem Englischen schlicht mit Steuerung zu übersetzen, wird der Begriffskern in der Politikwissenschaft eher als „institutionelle Steuerung oder Regelung“ übersetzt (Mayntz 2006, S. 11). Governance wird dabei als „heuristisch fruchtbares Konzept verstanden, das den Blick über den Tellerrand der formalen Institutionen des Staates hinaus erlaubt“ (Kennel 2006, S. 59). Das Steuerungsmodell des aktivierenden Staates, in dem der Staat nicht mehr alleiniges Steuerungssubjekt ist, sondern die Gestaltungspotenziale der ihn umgebenden gesellschaftlichen Umwelt mit in den Politikprozess einbindet, beweist ein eben solches Verlassen der rein staatlichen Sphäre bei der Politikgestaltung. Umso wichtiger ist es, auch in Hinblick auf die Governance-Aspekte der Sozialen Stadt, zu zeigen, wie die zu Stande gekommenen Steuerungsstrukturen auf das Handeln der ihr unterworfenen Akteure wirken und wie institutionelle Arrangements das rationale Akteurshandeln über situative Anreize lenken (Mayntz 2006, S. 15).
Die zentrale Bedeutung von Governance liegt darin, dass sich mit dem Begriff von der staatsdominierten Betrachtung von politischer Steuerung abgewandt wird, das Verhältnis von Steuerungssubjekt und -objekt endgültig enthierarchisiert wurde und der Gegensatz von hierarchischer Steuerung und kooperativer Regelung überwunden ist (Kennel 2006, S. 59). Renate Mayntz betont jedoch, dass die Steuerungstheorie (siehe Abschnitt 3.1) nicht durch Governance paradigmatisch abgelöst wird, sondern das beide Begriffe einen anderen Fokus in der Steuerungsdiskussion setzen und parallel fortbestehen (Mayntz 2006, S. 16). Demnach betont die Steuerungstheorie die handelnden Steuerungssubjekte und ist akteurszentriert, während in der Governancetheorie die Regelungsstruktur betrachtet, also eine institutionalistische Perspektive ergriffen wird. Da beide Konzepte einen großen Anteil ihrer Erklärungskraft Akteuren und Institutionen verdanken, sei der wesentliche Unterschied die Akzentverschiebung zugunsten der Erklärungskraft der Akteure (Steuerungstheorie) bzw. der Regelungsstrukturen (Governancetheorie) (ebd., S. 16f.).
Als Ergebnis ihrer gemeinsamen Forschungen plädieren Renate Mayntz und Fritz W. Scharpf seit Mitte der 90er Jahre dafür, Steuerungsund Governancetheorie in Form des so genannten akteurszentrierten Institutionalismus als Methode zur umfassenden Analyse von Steuerungsprozessen zu verbinden (Mayntz 2006, S. 17; siehe auch Abschnitt 2.1). Methodisch wird so durch die Verknüpfung von akteursund institutionentheoretischen Überlegungen belegt, wie partikulare Interessen einzelner Akteure über Regelsysteme ausgeglichen werden (Governance) und welche Steuerungsinstrumente eingesetzt werden müssen, um partikulare Interessen der Steuerungssubjekte möglichst zu neutralisieren und Widerstand bzw. ein Unterlaufen der Steuerung zu vermeiden (Steuerungstheorie) (Mayntz 2006, S. 18).
Die sich aus den Möglichkeiten verschiedener Regelungsstrukturen ergebende Formenvielfalt von Governance zeitigt eine Vielzahl von Mischformen der Steuerung, die gerade nicht für einen Steuerungsverzicht des Staates, sondern für einen Formwandel von Politik sprechen (Mensch 2002, S. 21). Der hohe Interaktionsgehalt, der notwendigerweise zwischen der Vielzahl an moderner Politik beteiligten Akteuren vorherrscht, wird insbesondere von dem niederländischen Sozialwissenschaftler Jan Kooiman hervorgehoben. Analog zu Mayntz/Scharpf sieht er die Entwicklung von originärer staatlicher Steuerung hin zu Formen von Governance begründet in der sich verändernden und an Komplexität gewinnenden modernen Gesellschaft mit ihren vielfältigen Interdependenzen (Kooiman 2006, S. 150). Die sich annähernden Steuerungsbeziehungen zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren weg von „Einbahnstraßen“-Konzepten der Steuerung der Beherrschten durch die Herrschenden hin zu „Gegenverkehr“-Modellen, in denen die spezifischen Problemsichten und Lösungsvorschläge der verschiedenen Akteure zusammengeführt werden, führt nach Kooiman zu einer „systematischen Interaktion“ (ebd., S. 151ff.). Staatliche Steuerung wird als interaktive bzw. soziopolitische Governance konzipiert, „in which public as well as private actors participate, aimed at solving societal problems or creating societal opportunities“ (Kooiman 2003, S. 4). In seiner Kernthese vertritt er die Auffassung, dass „Governance in modernen Gesellschaften vornehmlich als Mix unterschiedlicher Steuerungsaktivitäten und - strukturen in Erscheinung tritt“ und diese Governance-Kombinationen als Antwort auf die sich gewandelten Steuerungsanforderungen zu werten sind (Kooiman 2006, S. 149). Di „interaktive Steuerung“ bestehe dabei aus Arrangements, in denen öffentliche und private Akteure danach streben, gesellschaftliche Probleme zu lösen, gesellschaftliche Chancen zu erzeugen und diejenigen gesellschaftlichen Institutionen zu entwickeln, die diese Aktivitäten steuern können (ebd., S. 149).
3.3 Innovative Elemente des Steuerungsmodells der Sozialen Stadt
3.3.1 Reaktion auf regulative Politik als überkommenes Steuerungsmodell
Die Frage danach, warum von Seiten des Staates für die Umsetzung der Sozialen Stadt ein auf Mitwirkung und Offenheit ausgelegtes Steuerungsmodell bestimmt wurde, führt uns zu den spezifischen Problemen regulativer Politik, soziale Prozesse obrigkeitsstaatlich von oben nach unten zu steuern (Mayntz 1997, S. 194). In der steuerungstheoretischen Diskussion ist es inzwischen ein Gemeinplatz, dass klassische Formen der Regulierung weniger effektiv erscheinen den Herausforderungen modernen Regierens zu begegnen. So konstatiert Uwe- Jens Walther für den städtischen Raum, dass regulative Vorstellungen einer Gesamtstadt des sozialen Ausgleichs längst überkommen sind und die städtische Dynamik der sozialen und kulturellen Differenzierung zur Bevorund Benachteiligung von Stadtgebieten führt, was die Notwendigkeit erwachsen lässt, diesem „splittering urbanism“ mit klientelintegrierenden Strategien zu begegnen (Walther 2002, S. 24f.).
Renate Mayntz verdeutlichte dazu, dass eine obrigkeitsstaatliche Steuerung von Stadtentwicklungsprozessen, in die die betroffenen Anwohner ungenügend eingebunden sind, zu Umsetzungsproblemen führen kann (Mayntz 1997, S. 194). Kirsten Mensch argumentiert zu diesen Kernproblemen bezogen auf die Soziale Stadt in einem Werkstattpapier für die Schader-Stiftung, dass insbesondere das sogenannte Wissensproblem den Erfolg der Sozialen Stadt behindern könnte. Denn Mandatsund Amtsträger, die fernab der realen Probleme der Quartiere hinter ihrem Schreibtisch Statistiken sichten und versuchen sich in Besuchen vor Ort ein Bild von den Schwächen und Stärken der Gebiete zu machen, sind nicht in der Lage die gewachsenen Strukturen und komplexen Funktionslogiken des Stadtteils mit den daraus resultierenden Ursachen für nachteilige Entwicklungen zu erfassen und daraus geeignete Maßnahmepläne abzuleiten. Ihre Lösungsansätze würden sich auf eine minimale, subjektive Eindrücke verarbeitende Informationsbasis stützen und für Lösungskonzepte vorgefertigte Denkschablonen der Bürokratie herangezogen werden. Erst wenn die im Quartier lebenden Menschen und Kenner des Stadtteils dazu mobilisiert werden können und ihnen die Möglichkeit gegeben wird, aktiv mit den Fachverwaltungen und kommunalen Politikern die Quartiersentwicklung mit ihrem Wissen zu begleiten und aus ihrer Sicht Lösungsstrategien aufzuzeigen, kann eine Soziale Stadt nachhaltige Effekte erzielen (Mensch 2002, S. 20). Hier spielt insbesondere auch das so genannte Motivationsproblem eine Rolle, denn erst, wenn die Bürger sich von den politisch-administrativen Stellen als gleichberechtigte Partner akzeptiert fühlen, die mit dem Programm verfolgten Ziele als ihre eigenen anerkennen und sie motiviert sind aktiv an der Gestaltung ihrer unmittelbarenbezogenen Entwicklungsplan mit dazu gehöriger Steuerungsstrategie überführt werden können. Den politisch Verantwortlichen in Bund, Land und Kommune kommt somit im Wesentlichen nur noch die Funktion zu, den in die Zukunft gerichteten Zielund Handlungs-rahmen des Programms fortzuschreiben, da die Stadtteilakteure sich auf konkrete gegen-wartsbezogene Projekte konzentrieren und eine längerfristige politische Entwicklungs-perspektive für das Gesamtprogramm auf der quartiersbezogenen Handlungsebene nicht in seiner ganzen Komplexität überblicken können (Mensch 2002, S. 21). Gleichzeitig obliegt es den politisch Verantwortlichen als auch den in den Fachverwaltungen Verantwortlichen, Sorge dafür zu tragen, dass die Spielregeln der Sozialen Stadt, innerhalb derer sich die ge-bietsbezogene Arbeit bewegen muss, aufrechtzuerhalten und weiterzuentwickeln, damit eine Handlungs-, Planungsund Entscheidungssicherheit für alle Akteure gewährleistet ist (Mensch 2002, S. 21).
[...]
1 Im Weiteren abgekürzt als „Soziale Stadt“
2 Die Begriffe „integrierte Handlungskonzepte“ und „integrierte Entwicklungskonzepte“ sind synonym. Mit der Einfügung von Vorschriften über Maßnahmen der Sozialen Stadt in das besondere Städtebaurecht des Baugesetzbuches wurde der bis dahin übliche Begriff „Handlungskonzept“ durch „Entwicklungskonzept“ ersetzt. Der neue Terminus löst in der Literatur, Begleitforschung und praktischen Arbeit zunehmend den bis dahin verwendeten Begriff „Handlungskonzept“ ab (Deutsches Institut für Urbanistik 2007, Fußnote 1). Da in Berlin bis dato offiziell von „integrierten Handlungskonzepten“ die Rede ist, wird in dieser Arbeit auch hauptsächlich dieser Begriff - oder seine Kurzform „Handlungskonzept“ - benutzt.
3 Der akteurszentrierte Institutionalismus als Analyseansatz kann im Rahmen dieser Arbeit nicht in seiner ganzen Komplexität vorgestellt werden. Daher wird der Ansatz im Folgenden lediglich in seinen zentralen Aussagen nachvollzogen.
4 zur Methodik der Dokumentenanalyse siehe Abschnitt 2.3.1
5 zur Methodik des leitfadengestützten Interviews siehe Abschnitt 2.3.2
6 zur Erklärung siehe Abschnitt 5.4.1.3
7 Ein Retrievalsystem dient der Speicherung und Organisation von Informationen in einer strukturierten Datenbank, aus der man über entsprechende Suchanfragen schnell passende Informationen herausgreifen kann, was sich besonders bei großen Informationsbeständen als nützlich erweist (Bekavac 2002, S. 2ff.)
8 Der Verfasser dieser Diplomarbeit hatte am 13.02.2007 auf Einladung des Diakonischen Werkes der EKD e.V. die Möglichkeit, im Rahmen seines damals in der Vorbereitung befindlichen, aber nicht zustande gekommenen Diplomarbeitsthemas zur politischen Steuerung des „Berliner Projekts“ an der Expertentagung „Ärztliche Versorgung im Pflegeheim“ teilzunehmen. Im Abschlussplenum zu politischen und finanziellen Rahmenbedingungen der ärztlichen Versorgung in Deutschland äußerte sich Franz Knieps, Abteilungsleiter im Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung, umfassend zum staatlichen Steuerungsanspruch und –verständnis in der Sozialpolitik.
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