Auf dem Schulbuchmarkt in Deutschland gibt es rund 70 Schulbuchverlage die miteinander in Konkurrenz stehen. Mit ca. 30.000 Titeln decken sie alle Schulformen, Bildungsgänge und auch den Bereich der Erwachsenenbildung ab (vgl. Detjen 2001, S. 459). Daran wird deutlich, welche Dimensionen mit dem Stichwort Schulbuch verbunden sind. Zwar ist nur ein geringer Teil dieser Bücher für den Politik-Wirtschaftunterricht konzipiert, was allerdings nichts daran ändert, dass Lehrkräfte dem Schulbuch auch in diesem Fach einen hohen Stellenwert zuweisen. Harms & Breit (1990, S. 143) stellen in ihrer empirischen Erhebung zum Politikunter-richt heraus, dass das Schulbuch für Lehrkräfte eine wesentliche Orientierungshilfe bei der Unterrichtsplanung darstellt.
Lehrkräfte sind sich durchaus darüber bewusst, dass insbesondere öffentliche Medien, wie Fernsehen und Internet, einen großen Einfluss auf die politisch-ökonomische Meinungsbildung der Schüler und Schülerinnen haben. Aufgabe des Politik-Wirtschaftunterrichts ist es hier anzuknüpfen und mit den Schülern die angebotenen Informationen kritisch zu reflektieren, um die politisch-ökonomische Urteilsfähigkeit der Schüler zu fördern (vgl. Weißeno 2001, S. 21). Es müssen somit Lernumgebungen geschaffen werden, die neue und traditionelle Medien im Unterricht integrieren. Trotz der Entwicklung moderner Medien zählt nach Schiller (1998, S. 427) das Schulbuch immer noch als das zentrale Arbeitsmittel für Schüler und Lehrer im Unterricht. Aus diesem Grund müssen Schulbücher, als lehrplankonforme und für Schüler hergestellte Druckwerke, methodisch-didaktisch gründlich aufbereitet sowie evaluiert werden (vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2006a, S. 4; Schiller 1998, S. 427).
Mit dem Titel „Zu viele Fehler: Schulbücher im Test“ macht die Stiftung Warentest (2007, S. 1) im letzten Jahr auf die vermehrten inhaltlichen und didaktischen Schwächen in Lehr-büchern des Biologie- und Geschichtsunterrichts aufmerksam. Aber auch in den Bereichen Politik und Wirtschaft werden Schulbücher im Hinblick auf einen fehlenden Realitätsbezug sowie ungenügender methodisch-didaktischer Aufbereitung kritisiert (vgl. Schiller 1998, S. 427). Damit geraten die Schulbuchverlage in den kritischen Blickpunkt von Kultusministerien, Eltern und Schülern.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Merkmale von Schulbüchern
2.1 Funktionen von Schulbüchern
2.2 Didaktische Eigenschaften von Schulbüchern
3 Einflussfaktoren bei der Schulbuchgestaltung
4 Die Schulbuchanalyse – „Mensch und Politik SI“
4.1 Gestaltung und Konzeption
4.2 Allgemeine Einsetzbarkeit und Arbeitserleichterung
4.3 Inhaltliche Qualität
4.4 Spezielles Verständnis von Didaktik
5 Fazit
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Auf dem Schulbuchmarkt in Deutschland gibt es rund 70 Schulbuchverlage die miteinander in Konkurrenz stehen. Mit ca. 30.000 Titeln decken sie alle Schulformen, Bildungsgänge und auch den Bereich der Erwachsenenbildung ab (vgl. Detjen 2001, S. 459). Daran wird deutlich, welche Dimensionen mit dem Stichwort Schulbuch verbunden sind. Zwar ist nur ein geringer Teil dieser Bücher für den Politik-Wirtschaftunterricht[1] konzipiert, was allerdings nichts daran ändert, dass Lehrkräfte dem Schulbuch auch in diesem Fach einen hohen Stellenwert zuweisen. Harms & Breit (1990, S. 143) stellen in ihrer empirischen Erhebung zum Politikunterricht heraus, dass das Schulbuch für Lehrkräfte eine wesentliche Orientierungshilfe bei der Unterrichtsplanung darstellt.
Lehrkräfte sind sich durchaus darüber bewusst, dass insbesondere öffentliche Medien, wie Fernsehen und Internet, einen großen Einfluss auf die politisch-ökonomische Meinungsbildung der Schüler und Schülerinnen[2] haben. Aufgabe des Politik-Wirtschaftunterrichts ist es hier anzuknüpfen und mit den Schülern die angebotenen Informationen kritisch zu reflektieren, um die politisch-ökonomische Urteilsfähigkeit der Schüler zu fördern (vgl. Weißeno 2001, S. 21). Es müssen somit Lernumgebungen geschaffen werden, die neue und traditionelle Medien im Unterricht integrieren. Trotz der Entwicklung moderner Medien zählt nach Schiller (1998, S. 427) das Schulbuch immer noch als das zentrale Arbeitsmittel für Schüler und Lehrer im Unterricht. Aus diesem Grund müssen Schulbücher, als lehrplankonforme und für Schüler hergestellte Druckwerke, methodisch-didaktisch gründlich aufbereitet sowie evaluiert werden (vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2006a, S. 4; Schiller 1998, S. 427).
Mit dem Titel „Zu viele Fehler: Schulbücher im Test“ macht die Stiftung Warentest (2007, S. 1) im letzten Jahr auf die vermehrten inhaltlichen und didaktischen Schwächen in Lehr-büchern des Biologie- und Geschichtsunterrichts aufmerksam. Aber auch in den Bereichen Politik und Wirtschaft werden Schulbücher im Hinblick auf einen fehlenden Realitätsbezug sowie ungenügender methodisch-didaktischer Aufbereitung kritisiert (vgl. Schiller 1998, S. 427). Damit geraten die Schulbuchverlage in den kritischen Blickpunkt von Kultusministerien, Eltern und Schülern. Diese dargestellte Kritik an Schulbüchern wirft die Frage auf, ob Schulbücher überhaupt noch ihre wesentlichen Funktionen erfüllen und folglich als zentrales Arbeitsmittel, wie es das Niedersächsische Kultusministerium fordert, im Unterricht eingesetzt werden können. Daher werden im Folgenden die Funktionen und didaktischen Eigenschaften des Schulbuches sowie die Einflussfaktoren, die bei der Schulbuchgestaltung mitwirken, herausgearbeitet und analysiert. Anschließend soll ein kurzer Einblick in die verschiedenen Formen der Schulbuchforschung gewährt werden, um dann eine eigens durchgeführte Schulbuchanalyse des Politik-Wirtschaftschulbuches „Mensch und Politik SI“ anhand ausgewählter Kriterien durchzuführen. Damit soll exemplarisch gezeigt werden, dass Schulbücher im Politik-Wirtschaftunterricht ihre zugewiesenen Funktionen immer noch erfüllen. Abschließend werden in einem Fazit die wesentlichen Elemente der Arbeit zusammengefasst.
2 Merkmale von Schulbüchern
Das Niedersächsische Kultusministerium (2006a, S. 4) definiert Schulbücher als für „Unterrichtszwecke bestimmte Druckwerke für die Hand der Schülerin oder des Schülers, die im Unterricht für einen längeren Zeitraum als Hauptarbeitsmittel benutzt werden.“ Diese formale Definition kann ergänzt werden, indem Schulbücher als offizielle Bücher bezeichnet werden, die in einer staatlichen Einrichtung eingesetzt werden und folglich den Kontroll- und Prüfungsverfahren des Staates unterliegen (vgl. Detjen 2001, S. 460). Wird ein Blick auf die inhaltliche Besonderheit des Mediums Schulbuch gewagt wird deutlich, dass Schulbücher Merkmale aufweisen, die sie von anderen Büchern unterscheiden. Aufgrund dessen sollen in einem nächsten Schritt die Funktionen von Schulbüchern beschrieben und analysiert werden.
2.1 Funktionen von Schulbüchern
Hacker (1980, S. 14-30) nimmt eine Untereilung der Funktionen von Schulbüchern als Unterrichtsmedium in sechs Kategorien vor: Strukturierungs-, Repräsentations-, Steuerungs-, Motivations-, Differenzierungs- und Übungs- bzw. Kontrollfunktion.
Im Hinblick auf die Gestaltung der Unterrichtseinheiten bildet das Schulbuch einen strukturierten inhaltlichen roten Faden ab, an dem sich Lehrer orientieren können (vgl. Detjen 2001, S. 460). Das Schulbuch versucht die Gesamtheit der Lerninhalte des jeweiligen Faches aufzuteilen und in eine sinnvolle Ordnung zu bringen. Die Strukturierungsfunktion beinhaltet aber nach Hacker (1980, S. 15) auch, dass durch die Aufdeckung grundlegender Strukturen Interpretationsmuster zum Verstehen eines Unterrichtsfaches geschaffen werden. Es kommt somit zu einer Verknüpfung von einzelnen Kapiteln und Inhalten des Schulbuches, in Anlehnung an die detaillierte Curriculumentwicklung des Faches (vgl. Giesecke 1993, S. 150). Die Darstellung der Strukturen im Schulbuch bedarf allerdings der Erläuterung. So müssen den unterrichtenden Lehrkräften zum Verständnis der inneren Zusammenhänge im Schulbuch, Einstiegskapitel oder Lehrerbegleithefte zur Verfügung gestellt werden, um eine fachlich kompetente Vermittlung der Schulbuchinhalte zu gewährleisten.
Wie Gegenstände im Unterricht dargestellt werden, hängt von ihrer Verfügbarkeit und Beschaffenheit ab (vgl. Hacker 1980, S. 17). Eine realitätsnahe Repräsentation von Unterrichtsinhalten kann erfolgen, wenn Politik-Wirtschaftschulbücher bspw. Zeitungskommentare, aktuelle Wirtschaftsgrafiken oder Parteiprogramme enthalten. Die Sachverhalte, die hinter diesen Realitäten stecken, müssen zusammen mit dem Lehrer aufgedeckt und geklärt werden, sodass Schüler die Möglichkeit haben sich auch kritisch mit dem Schulbuch auseinanderzusetzen. Diese Erfahrungen können im Umgang mit politisch-publizistischen Produkten später nützlich sein (vgl. Giesecke 1993, S. 150 f.). Neben realitätsnaher Repräsentation gibt es im Schulbuch noch die Repräsentation didaktisch gestaltender Situationen. Darunter werden Text-Bild-Darstellungen von Problem- und Fallsituationen gefasst, welche zum Handeln herausfordern, wie bspw. Diskussionen, Rollenspiele oder Erkundungen. Häufig wird den Kapiteln im Schulbuch eine Alltagssituation vorgeschaltet, in die der jeweilige Unterrichtsgegen-stand eingebettet ist. Dies stellt eine Entlastung für die Lehrkräfte dar (vgl. Hacker 1980, S. 20). Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass Text-Bild-Darstellungen zwar häufige und entlastende, aber nicht die einzigen Repräsentationsformen sind.
Schulbücher haben neben den genannten Funktionen auch eine Steuerungsfunktion, da sie Lehrkräften verfügbare Ressourcen und Materialien zur Unterrichtsplanung zur Verfügung stellen. Über die Planung des tatsächlichen Verlaufs geben sie Steuerungsmöglichkeiten, wie Impulse, Fragen, Arbeitsanweisungen bis hin zu Maßnahmen und Situationen die geeignet sind, um den Unterricht zu steuern und die Motivation der Lernenden zu wecken. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass Schulbücher den Unterricht unterstützen und ergänzen sollen, es aber nicht vorgesehen ist, dass die im Unterricht herrschende Kommunikation durch das Schulbuch ersetzt wird. Schulbücher haben somit nur eine eingeschränkte Steuerungsfunktion.
Zu den Hauptproblemen schulischen Lernens gehört, dass Schüler nicht genügend motiviert werden bzw. sind. Gründe dafür können sein, dass schulisches Lernen rezeptiv erfolgt und Gegenstände vermittelt werden, die meist selbst nicht präsent sind. In einem Lernprozess, wo aktive Auseinandersetzungen notwendig und möglich sind, spielt das Schulbuch sicherlich keine große Rolle, allerdings gibt es auch beim schulischen Lernen, Aufgaben und Sachverhalte, die durch das Buch motivierend dargestellt werden können (vgl. Hacker 1980, S. 22). Schulbücher können umso stärker ihre Motivierungsfunktion wahrnehmen, je stärker sie als Arbeitsbuch konzipiert sind und je stärker die Repräsentationsformen so gewählt sind, dass Lernanreize geweckt werden, bspw. durch das Provozieren von Kritik oder die Auseinandersetzung mit Ideen und Vorurteilen. Unterstützend wirken hier ein ansprechendes Layout und ein vielfältiges Textangebot.
Unterricht muss unterschiedlichen Leistungsniveaus von Schülern gerecht werden und unterschiedliche Begabungen und Interessen von Schülern berücksichtigen, deshalb kommt dem Schulbuch auch eine Differenzierungsfunktion zu. Differenzierung innerhalb eines Klassenraums bedeutet hier, eine Gruppe ähnlicher leistungsstarker Schüler zu bilden und die Lehrerfunktion in gewissem Maße an das Medium Schulbuch zu delegieren. Dadurch haben Lehrkräfte die Möglichkeit einen differenzierteren Unterricht durchzuführen.
Die Übungsphase gilt im Lernprozess bei Schülern als weniger attraktiv, da es nicht mehr darum geht etwas Neues und Interessantes zu erfahren, sondern sich bekannte Lerninhalte einzuprägen, zu vergleichen, zu analysieren und auf neue Sachverhalte zu übertragen. Deshalb müssen die Aufgabenstellungen in Schulbüchern methodisch variabel konzipiert sein, indem sie bspw. unterschiedliche Methoden oder Arbeitsformen zur Lösung nahe legen oder unterschiedliche Arbeitsmittel und Materialien anbieten. Meyer (1987, S. 174) gibt an, dass das Schulbuch die wichtigste Grundlage für die Ergebnissicherung darstellt, da es während des Unterrichts sowie danach als offizielle Zusammenfassung und Ergänzung des Unterrichtsstoffes dient. Darüber hinaus haben die Schüler mit Hilfe des Schulbuches die Möglichkeit das mündlich Erarbeitete im Unterricht an den Erklärungen des Buches festzumachen sowie Inhalte nachzulesen oder zu vertiefen (vgl. Giesecke 1993, S. 150).
Giesecke (1993, S. 149 ff.) führt neben den genannten Funktionen des Schulbuches weiter an, dass ein Schulbuch insbesondere im Politikunterricht auch Diskussionsanreize im außerschulischen Umfeld (bspw. in der Familie) schaffen sollte, da die Möglichkeit zu solchen Gesprächen im Hinblick auf die politische Sozialisation von großer Bedeutung für die Entwicklung des politischen Bewusstseins der Schüler ist. Die analysierten Funktionen machen die Bedeutsamkeit von Schulbüchern im Unterricht deutlich. Neben diesen können dem Schulbuch (vgl. Stein 1979, S. 8 ff.) drei didaktische Eigenschaften zugewiesen werden, welche nach Detjen (2001, S. 461) „[…] ein hervorstechendes Merkmal des Mediums Schulbuch […]“ sind. Aufgrund dessen sollen diese in einem nächsten Schritt näher beleuchtet werden.
2.2 Didaktische Eigenschaften von Schulbüchern
Ein bedeutsames Merkmal des Schulbuches ist, dass es zugleich Informatorium, Pädagogicum und Politicium ist (vgl. Stein 1976, S. 8 ff.; Stein 1979, S. 26 ff.; Detjen 2001, S. 461 ff.). Es kann als Informatorium bezeichnet werden, da es erforschte Sachverhalte als Lerninhalte für den Schulgebrauch didaktisiert präsentiert, d.h. elementarisiert und differenziert aufbereitet und somit Strukturen und Dimensionen der Welt abbildet. Insbesondere Schulbücher der sozialwissenschaftlichen Fächer spiegeln dabei erheblich den aktuellen zeitgeschichtlichen Erkenntnis- und Diskussionsstand wider. Die Didaktisierung umfasst auch, Anreize zur Er-örterung der dargebotenen Inhalte zu geben und somit Multiperspektivität zu wahren. Deshalb sollten im Schulbuch auch kontroverse Texte angeboten werden, um so distanzierendes Lesen zu ermöglichen.
[...]
[1] Da für das Fach Politik-Wirtschaft noch keine empirischen Erhebungen im Hinblick auf den Stellenwert des Schulbuches im Unterricht durchgeführt worden sind, beziehe ich mich im Folgenden auf Literatur die sich auf das Fach Politik oder Sozialkunde bezieht.
[2] Im weiteren Verlauf wird für Schüler und Schülerinnen sowie für Lehrer und Lehrerinnen nur die männliche Schreibweise gewählt.
- Quote paper
- Nicole Böhmer (Author), 2008, Schulbuchanalyse im Fach Politik-Wirtschaft am Beispiel "Mensch und Politik SI", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113779
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