"Der Mensch wird frei geboren, aber überall liegt er in Ketten."1 So beginnt Rousseau das
erste Kapitel seines Gesellschaftsvertrages. Er geht von einer natürlichen Freiheit des
Menschen aus. Dieser ist von Geburt an frei. Freiheit ist untrennbar mit dem Menschsein
verbunden. Durch die vorherrschende Gesellschaftsordnung liegt der Mensch jedoch überall
in Ketten. Anliegen des Gesellschaftsvertrages ist es den Menschen aus diesen Ketten zu
befreien. Der Mensch soll jedoch nicht in seinen Naturzustand zurückversetzt werden. Durch
einen Urvertrag, den Gesellschaftsvertrag soll eine neue Gesellschaftsordnung gestiftet
werden. Der Mensch veräußert sich selbst mit seinen gesamten Rechten, verliert seine
natürliche Freiheit und gewinnt dadurch die bürgerliche Freiheit. Dadurch wird er erst "zu
einem Menschen gemacht"2.
In meiner Arbeit möchte ich zuerst auf die Grundlagen der neuen Gesellschaftsordnung
eingehen. Dann betrachte ich das Zustandekommen des Gesellschaftsvertrages und seinen
Inhalt.
Hier steht besonders der volonté générale im Vordergrund. Als dritten Punkt betrachte ich die
Konsequenzen aus dem Gesellschaftsvertrag. Durch den Gesellschaftsvertrag entsteht ein
Staatskörper, in dem das Individuum untrennbarer Teil des Souveräns ist. Das bedeutet er ist
direkt an der Herrschaftsausübung beteiligt. Er wird sein eigener Gesetzgeber und erlangt
Freiheit und Gleichheit. Dies alles zielt auf eine Umwandlung des Menschen. In der neuen
Gesellschaftsordnung erlangt der Mensch bis dato ungekannte Möglichkeiten und geht
vollkommen als Teil des Staates in diesem auf.
Was ist jedoch mit den Menschen die nicht bereit sind in die neue Gesellschaftsordnung
einzutreten? Hier antwortet Rousseau mit dem Zwang zur Freiheit. Er ist nicht bereit seinen
Gesellschaftsentwurf am "freien Einspruch des Individuums scheitern zu lassen."3 Rousseau
hat mehrere Zwangsmittel im Auge. Sie sind teils physischer aber auch teils psychologischer
Natur. Auf diese gehe ich im vierten Kapitel ein.
Abschließend möchte untersuchen wie es um die neu gewonnene Freiheit steht. Ist der
Mensch freier oder gelangt er nur von einer Abhängigkeit in die nächste. Es steht nur der
Gesellschaftsvertrag als einmaliger Urvertrag im Blickpunkt.
1 J.-J.Rousseau, Politische Schriften, S. 61
2 J.-J.Rousseau, Politische Schriften, S. 79
3 Hans Maier/Horst Denzer, Klassiker des politischen Denkens, S. 72
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Grundlagen der neuen Gesellschaftsordnung
- 2.1 Naturzustand
- 2.2 Notwendigkeit einer neuen Gesellschaftsordnung
- 2.3 Der Mensch im Naturzustand
- 2.4 Gleichheit im Naturzustand
- 2.5 Die Familie als einzige natürliche Gesellschaft
- 3. Eintritt in die neue Gesellschaftsordnung, der volonté générale
- 4. Der neue Mensch
- 5. Der Zwang zur Freiheit
- 6. Befreiung des Menschen?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit Rousseaus Gesellschaftsvertrag und dessen Zielsetzung, den Menschen aus den Ketten der bestehenden Gesellschaftsordnung zu befreien. Rousseau konzipiert eine neue Gesellschaftsordnung, die auf einem Urvertrag basiert und die Freiheit und Gleichheit des Menschen gewährleisten soll.
- Der Naturzustand als Ausgangspunkt für die neue Gesellschaftsordnung
- Der Gesellschaftsvertrag als Mittel zur Gründung eines Volkes und einer legitimierten Herrschaft
- Der volonté générale als Ausdruck des Gemeinwillens und Grundlage der neuen Ordnung
- Die Folgen des Gesellschaftsvertrags für den Menschen und seine Freiheit
- Die Rolle des Zwangs in der neuen Gesellschaftsordnung
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung
- Kapitel 2: Grundlagen der neuen Gesellschaftsordnung
- Kapitel 3: Eintritt in die neue Gesellschaftsordnung, der volonté générale
Die Einleitung stellt Rousseaus Argumentation im Gesellschaftsvertrag vor. Der Mensch wird zwar frei geboren, ist aber in der bestehenden Gesellschaft in Ketten gelegt. Ziel des Gesellschaftsvertrags ist die Befreiung des Menschen durch die Stiftung einer neuen Gesellschaftsordnung, die auf einem Urvertrag basiert.
Dieses Kapitel untersucht die Grundlagen der neuen Gesellschaftsordnung, die Rousseau entwirft. Der Naturzustand dient als Ausgangspunkt für die Analyse des Menschseins und der notwendigen Voraussetzungen für eine gerechte Gesellschaftsordnung. Die natürliche Freiheit und Gleichheit des Menschen im Naturzustand sowie die fehlende natürliche Gesellschaftsordnung bilden den Ausgangspunkt für die Konstruktion der neuen Ordnung.
Kapitel 3 betrachtet den Eintritt in die neue Gesellschaftsordnung und die Rolle des volonté générale. Der Gesellschaftsvertrag basiert auf einer freien Vereinbarung aller Individuen, die ihre Rechte an den Souverän abgeben. Die einstimmige Zustimmung aller ist notwendig, um den Übergang in die neue Ordnung zu gewährleisten. Der volonté générale, der Gemeinwille, ist der Ausdruck der gemeinsamen Interessen und Ziele des Volkes und bildet die Grundlage für die politische Ordnung.
Schlüsselwörter
Rousseau, Gesellschaftsvertrag, Naturzustand, volonté générale, Freiheit, Gleichheit, Zwang, Gemeinwille, Souverän, Bürgerliche Freiheit, Legitimierte Herrschaft
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- Patrick Lindenmüller (Author), 2002, Rousseau Gesellschaftsvertrag: Durch Unterwerfung zur Freiheit?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11376