Meereisfernerkundung mit dem satellitengestützten Mikrowellenradiometer AMSR(-E)

Bestimmung der Eiskonzentration und Eiskante unter Verwendung der 89 GHz-Kanäle


Diplomarbeit, 2004

139 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Meereisfernerkundung mit dem

satellitengestützten Mikrowellenradiometer

AMSR(-E) ­

Bestimmung der Eiskonzentration und
Eiskante unter Verwendung der 89 GHz-Kanäle
Diplomarbeit am Fachbereich Physik der Universität Hamburg,
angefertigt am Institut für Umweltphysik, Universität Bremen.

Gunnar Spreen
Bremen, den 6. April 2004

 


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 6
2 Physikalische Grundlagen 13
2.1 Elektromagnetische Strahlung 13
2.2 Mikrowellenfernerkundung 15
2.2.1 Thermische Strahlung 15
2.2.2 Helligkeitstemperatur und Emissivität 16
2.2.3 Mikrowelleneigenschaften von Meerwasser und Meereis 17
2.2.4 Entwicklung und Aufbau von Meereis 20
2.2.5 Einfluss der Atmosphäre 23
3 Sensoren, Satelliten und Daten 29
3.1 AMSR(-E) 29
3.1.1 Abtastgeometrie 30
3.1.2 Datenprodukte 32
3.2 SSM/I 33
3.3 MODIS 34
3.4 RADARSAT 35
4 Eiskonzentrationsberechnung 36
4.1 BOOTSTRAP-Algorithmus 36
4.2 ARTIST Sea Ice (ASI) Algorithmus 39
4.2.1 89 GHz Algorithmus 39
4.2.2 Wetterfilter 44
4.3 Gitterprojektion 53
4.3.1 Abtastabstand der Schwaddaten 53
4.3.2 Polarstereographische Projektion 54
4.3.3 Gitterinterpolation 56
4.3.4 Kartendarstellung 57
4.4 Validierung 61
4.4.1 Vergleich mit BOOTSTRAP-Daten 61

3

 


4.4.2 Anpassung an NASA-TEAM-SSM/I-Daten 64

4.5 Fehlerbetrachtung 73

4.6 Fallstudien und Anwendungen 77

4.6.1 Ochotskisches Meer 77

4.6.2 North Water Polynye 77

4.6.3 Nord-West-Passage 80

4.6.4 Eis auf Seen und Flüssen 82

5 Eiskantendetektion 84

5.1 Ice Edge Detection(IED) Algorithmus 85

5.2 Vergleich und Validierung 88

5.2.1 MODIS 88

5.2.2 Eiskantendetektion mit ASI 92

5.2.3 RADARSAT92

6 Zusammenfassung und Ausblick 98

A Wetterdaten103

B RADARSAT-Szenen mit detektierten Eiskanten 105

C Streudiagramme der Wetterfilter 118

Liste der verwendeten Abkürzungen 125

Abbildungsverzeichnis 128

Tabellenverzeichnis 129

D Literaturverzeichnis 130

Danksagung 139

 


<Abbildung>

Septentrionalium Terrarum Descriptio von C. Loew. Die Arktis, wie sie 1597 gesehen wurde.

 


Kapitel 1
Einleitung

Die polaren Regionen gehören zu den unwirtlichsten und am schwersten zugänglichen Regionen der Erde. Noch hundert Jahre nach der Wiederentdeckung Amerikas 1492 war über die Arktis wenig bekannt. Die der Einleitung dieser Arbeit vorangestellte Landkarte von C. Loew aus dem Jahre 1598 zeigt einen eisfreien arktischen Ozean im Bereich des Nordpols. Diese Vorstellung von einem eisfreien Meer hinter einer Eisbarriere hielt sich noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Existenz des antarktischen Kontinents galt lange als ungewiss. Die Vorstellung von einem unbekannten südlichen Land Terra Australis taucht zwar schon in der griechischen Mythologie auf und auch die Europäer des 16. Jahrhunderts zeichneten oft einen Fantasiekontinent, als Ausgleich für die nördlichen Landmassen, in ihre Karten ein. Dochnoch James Cook, der als erster Europäer den südlichen Polarkreis überschreitet, geht 1773 davon aus, dass hinter dem südlichen Meereis kein Kontinent existieren kann. Erst 1820 entdeckt die russische Antarktisexpedition unter Fabian Bellinghausen das antarktische Festland.

Heute gibt es keine weißen Flecken mehr auf der Landkarte, aber die Anzahl der aus den polaren Regionen zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Messungen, sei es der Atmosphäre, Kryosphäre oder des Ozeans, ist gering. Dies begründet sich hauptsächlich aus den menschenfeindlichen Bedingungen in der Arktis und Antarktis und den daraus resultierenden hohen Kosten für Forschungsstationen und nicht aus einer geringen Bedeutung dieser Gebiete, denn die Bedeutsamkeit der Polargebiete für das globale Klima ist unbestritten. Vor allem die Wechselwirkung zwischen Atmosphäre, Ozean und Kryosphäre ist hierbei von Belang. Zur Kryosphäre gehören schneebedeckte Gebiete, eisbedeckte Gebiete und Permafrost-Böden. Dabei werden verschiedene Eisarten unterschieden: Landeis, das Gletscher und Schelfeis umfasst, außerdem See-, Fluss- und Meereis (WMO, 1989). Meereis ist ein wichtiger Parameter im Klimasystem. Bis zu 7% der Meeresoberfläche können


Abbildung 1.1: Übersicht der Arktis mit Topographie.

mit Meereis bedeckt sein (Cavalieri und St. Germain, 1995). Im Winter beträgt die Eisfläche in der Arktis etwa 16·106 km2 und in der Antarktis mehr als 18·106 km2. Im Sommer sind es nur 7·106 km2 und 3·106 km2 entsprechend für Arktis und Antarktis (Cavalieri et al., 1997). Bei vielen Prozessen im Klimasystem spielt Meereis eine entscheidende Rolle. Die wichtigsten sollen hier kurz benannt werden:
- Wärmefluss: Die Temperatur der obersten Ozeanschicht liegt um den Gefrierpunkt von -1,8 . Meereis isoliert dieses Wasser gegen die kalte polare Atmosphäre (bis zu -40 C im Winter) und reduziert den Wärmefluss um mehr als eine Größenordnung. Schon dünnes Eis hat eine


Abbildung 1.2: Übersicht der Antarktis mit Topographie.

stark isolierende Wirkung. Meereis hat damit einen großen Einfluss aufden Wärmeaustausch zwischen Ozean und Atmosphäre. Durch seine große Variabilität beeinflusst Meereis diese Wärmeflüsse im Klimasystem.
- Eis-Albedo-Rückkopplung: Die Sonne ist die Hauptenergiequelle der Erde. Meereis hat einen wesentlichen Einfluss auf die Strahlungsbilanz der Erde. Die Albedo ist das Rückstrahlvermögen eines Körpers, d. h. das das Verhältnis von reflektierter zu eingestrahlter Strahlung. Eis und Schnee, der häufig das Meereis bedeckt, haben über das solare Spektrum integriert ein hohes Rückstrahlvermögen (mittlere Albedo

 


von 0,8 mit Werten von bis zu 0,98 für Neuschnee, Schmelztümpel und Ruß können die Albedo auf bis zu 0,2 senken (Gloersen et al., 1992; Hansen und Nazarenko, 2004)). Wasser dagegen hat eine sehr geringe Albedo von 0,04 bis 0,15 und absorbiert damit zum großen Teil die eingestrahlte Energie. Neben atmosphärischen Strahlungsprozessen bestimmt die eis- und schneebedeckte Fläche, wie groß das Verhältnis von absorbierter zu reflektierter Energie im Klimasystem ist. Die Gesamtalbedo der Erde von 0,3 ist groß im Verhältnis zu anderen Planeten (Roedel, 2000). An der Erdoberfläche ist Meereis nach Landschnee der Parameter mit der größten Variabilität, der Einfluss auf die Erdalbedo hat. Damit kommt es beim Meereis zu einer positiven Rückkopplung. Schmilzt mehr Meereis, wird der Anteil des Strahlung absorbierenden Wassers größer. Die Energie und damit Temperatur innerhalb des Klimasystem wird größer. Dies hat zur Folge, dass mehr Eis schmilzt. Ein typischer positiver Rückkopplungsmechanismus ist in Gang gesetzt(IceAlbedo-Feedback ).

- Tiefenwasserbildung: Das Salz des Meerwassers (ca. 35 Salzgehalt) wird bei der Eisbildung nicht in das Kristallgitter des Eises integriert. Der Großteil wird ins Meerwasser abgegeben, ein kleiner Teil in Soletaschen im Eis gespeichert. Unterhalb des neu gebildeten Eises bildet sich kaltes, salzreiches Wasser mit großer Dichte. Dies kann eine Destabilisierung der Schichtung des Ozeans zur Folge haben und eskommt zur Konvektion (thermohaline Zirkulation). Das schwere Ober flächenwasser sinkt auf den Ozeangrund ab und bildet Tiefen- und Bodenwasser, welches elementar für die Ozeanzirkulation ist (Aagaard und Carmack, 1989). Der Großteil des ozeanischen Tiefenwassers wird östlich von Grönland und im Weddellmeer gebildet. Das Schmelzen von Meereis und der damit verbundene Süßwassereintrag in den Ozean stabilisiert die ozeanische Schichtung und wirkt der Tiefenwasserbildung entgegen. Dies kann auch Einfluss auf Teile der globalen Thermohaline Zirkulation im Ozean, wie den Golfstrom, haben. Es gibt Anzeichen, dass sich dies verschieben oder ganz abbrechen kann (Rahmstorf, 2003, 2002, 1999; Wood et al., 1999).

- Transport latenter Wärme: Der Ort der Eisentstehung und des Abschmelzens des Eises sind nicht identisch. Ein großer Teil des Eises wird in Polynyen gebildet. Polynyen sind Bereiche offenen Wassers im Meereis. Von dort wandert das Eis durch Wind und Ozeanströmunangetrieben über weite Entfernungen, um dann zum Beispiel im OstGrönlandstrom oder in der Framstraße wieder abzuschmelzen. Dies

 


bewirkt zum einen den Transport von Süßwasser mit den zuvor beschriebenen Auswirkungen auf die Schichtung des Ozeans und zum anderen einen Energietransport. Denn die bei der Eisbildung freigesetzte latente Wärme wird an einem anderen Ort dem System wieder durch das Abschmelzen des Eises entzogen.

Neben diesen Prozessen ist das Meereis aber auch ein wichtiger diagnostischer Parameter des Klimasystems. Als die Hinweise auf eine mögliche anthropogene Klimaveränderung immer deutlicher wurden, gründeten 1988 die World Meteorological Organization (WMO) und das United Nations Environment Programme (UNEP) das IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change). Seine Aufgabe besteht darin, Politikern und Entscheidungsträgern unabhängige und wissenschaftlich akzeptierte Informationen über einen Klimawandel zur Verfügung zu stellen. In seiner letzten Einschätzung ,,Climate Change 2001" kommt das IPCC zu dem Ergebnis, dass das Meereis in der Arktis und Antarktis schnell auf Klimaveränderungen reagiert und daher, wenn es umfassend beobachtet wird, ein guter Indikator für einen Klimawandel ist (Stocker et al., 2001). Die Ausdehnung des arktischen Meereises hat seit 1950 um 10 bis 15% abgenommen, während beim antarktischen Meereis seit 1978 kein signifikanter Trend zu beobachten ist. Betrachtet man dagegen den Zeitraum seit 1973 kommt man auch in der Antarktis auf einen negativen Trend für die Meereisausdehnung, wobei dies aber auf einen starken Anstieg der Meereisausdehnung zwischen Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre zurückzuführen ist und nicht als langfristiger Trend angesehen werden kann (Cavalieri et al., 2003). Im letzten Jahrhundert hat sich die Erdoberfläche um 0,6 ± 0,2 erwärmt, wobei sich die nördliche Hemisphäre stärker erwärmt hat als die südliche. Der Großteil der Erwärmung der letzten 50 Jahre ist dabei auf menschlichen Einfluss zurückzuführen. Für die nächsten Jahrzente wird sich das Klima weiter um 0,1 bis 0, 2 pro Dekade erwärmen (Houghton et al., 2001b; Folland et al., 2001).

Zusätzlich zu den Auswirkungen auf das Klima ist das Meereis für die Seeschifffahrt relevant. Gerade im Gebiet der Nord-Ost-Passage, die sich entlang der nördlichen russischen Küste erstreckt, sowie im Bereich der gesamten Antarktis gibt es nur wenige meteorologische Stationen und keine verlässlichen Eisdienste. Dort sind Satellitendaten die einzige Informationsquelle.

Die Nord-Ost-Passage ist als kürzeste Verbindung zwischen Europa und Asien für die Schifffahrt von Belang und in den polaren Meeren manövrieren viele Fischfangflotten. Satellitenmessungen sind die einzige Möglichkeit, eine globale Abdeckung mit Daten über den Zustand des Systems Erde zu gewährleisten. Satellitengestützte Mikrowellenradiometer sind wichtige Instrumente der [...]

 


Ende der Leseprobe aus 139 Seiten

Details

Titel
Meereisfernerkundung mit dem satellitengestützten Mikrowellenradiometer AMSR(-E)
Untertitel
Bestimmung der Eiskonzentration und Eiskante unter Verwendung der 89 GHz-Kanäle
Hochschule
Universität Hamburg  (Institut für Umweltphysik Bremen)
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
139
Katalognummer
V113748
ISBN (eBook)
9783640132690
ISBN (Buch)
9783640135462
Dateigröße
37188 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Meereisfernerkundung, Mikrowellenradiometer, AMSR(-E)
Arbeit zitieren
Dr. Gunnar Spreen (Autor:in), 2004, Meereisfernerkundung mit dem satellitengestützten Mikrowellenradiometer AMSR(-E), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113748

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