Ziel dieser Masterarbeit war ein Vergleich des Retourenmanagements von mittelständischen Online-Händlern mit den Marktführern im E-Commerce. Hierzu wurde das Retourenmanagement von 153 Online-Händlern durch eine Studie nach dem Mystery-Shopping-Ansatz untersucht und ausgewertet.
Der Handel über das Internet erlebt schon seit Jahren ein erhebliches wirtschaftliches Wachstum, welches sich durch die COVID-19-Pandemie noch einmal verstärkt. Das Einkaufsverhalten der Deutschen ändert sich, sodass Produkte, die vorher im stationären Handel gekauft wurden, nun online bestellt werden. Mit diesem Wachstum werden allerdings vor allem Großunternehmen wie Amazon, die Otto-Gruppe oder Zalando verbunden. Dabei stammt bereits heute ein großer Teil des Wachstums von kleinen und mittleren Unternehmen und immer mehr stationäre Händler bieten ihre Ware online an. Der Online-Handel bietet kleinen und mittleren Unternehmen große Wachstumspotentiale und ist nicht erst seit der COVID19-Pandemie ein wichtiger zusätzlicher Vertriebskanal. Bereits seit Jahren verzeichnet der E-Commerce zweistellige Wachstumsraten und ist für viele Unternehmen notwendig geworden.
Allerdings birgt der E-Commerce auch Herausforderungen, welchen sich - unabhängig der Größe - jedes Unternehmen stellen muss. Eine Herausforderung bildet das Retourenmanagement, welches einen Wettbewerbsvorteil darstellen kann oder auch über den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens entscheiden kann. Dabei ist die Gestaltung des Retourenmanagements nicht nur für neue Unternehmen im E-Commerce eine Herausforderung, sondern auch für bereits im Online-Handel etablierte Unternehmen und die Online-Marktführer wächst der Druck durch die steigende Anzahl von Mitwettbewerbern. Für Verbraucher ist die Ausgestaltung der Maßnahmen des Retourenmanagements ein wichtiger Punkt in ihrer Kaufentscheidung. Schon kleine Unstimmigkeiten in der Ausgestaltung des Retourenmanagements können zur Entscheidung für einen Anbieter führen. Da kleine und mittlere Unternehmen meistens keinen bekannten Markennamen haben und oftmals ihre Ware nicht billiger anbieten können als die Marktführer, müssen diese Unternehmen andere Wettbewerbsvorteile aufbauen. Dies ist unter anderem durch ein für den Kunden ansprechendes Retourenmanagement möglich.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 E-Commerce
2.1 Definition des E-Commerce
2.2 Anwendungsformen des E-Commerce
2.3 Marktsituation in Deutschland
2.4 E-Commerce nach Unternehmensgröße
3 Retourenmanagement
3.1 Definition des Retourenmanagements
3.2 Relevanz des Retourenmanagements im deutschen E-Commerce
3.3 Gesetzliche Grundlage – Das Widerrufsrecht
3.4 Retourengründe
3.4.1 Produktbezogene Retourengründe
3.4.2 Preisbezogene Retourengründe
3.4.3 Logistikbezogene Retourengründe
3.4.4 Verhaltensbezogene Retourengründe
3.5 Präventives Retourenmanagement
3.5.1 Maßnahmen zur Retourenvermeidung
3.5.1.1 Produktbeschreibung und Produktdarstellung
3.5.1.2 Größen- und Passformberatung
3.5.1.3 Kundenbewertungen
3.5.1.4 Kommunikation mit dem Kunden
3.5.1.5 Ausschluss von Hochretournierern
3.5.1.6 Logistik
3.5.2 Maßnahmen der Retourenverhinderung
3.5.2.1 Finanzielle Anreize
3.5.2.2 Erhöhung des Retourenaufwands
3.6 Reaktives Retourenmanagement
3.6.1. Gestaltung des Retourenprozesses
3.6.2 Verwertung der Retouren
3.7 Unternehmerische Strategien des Retourenmanagements
4 Untersuchung des Retourenmanagements im Vergleich zwischen Großunternehmen und KMUs
4.1 Aufbau der Untersuchung
4.1.1 Auswahl der Unternehmen
4.1.2 Auswahl der Untersuchungspunkte
4.1.3 Rahmenbedingungen
4.2 Unterschiede im Retourenmanagement
4.2.1 Analyse der Vorkaufphase
4.2.2 Analyse der Kaufphase
4.2.3 Analyse der Nachkaufphase
4.2.4 Analyse der Retourenabwicklung
5 Zusammenfassung
Anhang
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Entwicklung des Umsatzes im Online-Handel
Abbildung 2: Onlineanteil am Einzelhandel
Abbildung 3: Onlineumsatz nach Branche
Abbildung 4: Kriterien zur Einteilung von KMU
Abbildung 5: Vertriebskanäle nach Unternehmensgröße
Abbildung 6: Retourenquote nach Branche
Abbildung 7: Prozesskosten einer Rücksendung in Abhängigkeit der Anzahl von Retouren
Abbildung 8: Die häufigsten Gründe für Rücksendungen
Abbildung 9: Ausschlussquote im Verhältnis zur Unternehmensgröße
Abbildung 10: Retourenprozess aus Kundensicht
Abbildung 11: Aufteilung der Retouren nach Aufbereitungs- und Wiederverwertungskategorien
Abbildung 12: Onlineumsatz nach Branche
Abbildung 13: Anzahl der getesteten Unternehmen nach Branche
Abbildung 14: Untersuchte Onlineshops von Großunternehmen
Abbildung 15: Untersuchte Online-Shops von KMUs
Abbildung 16: Qualität der Produktbeschreibungen nach Unternehmensgröße
Abbildung 17: Qualität der Produktbeschreibungen nach Branche
Abbildung 18: Durchschnittliche Anzahl der Produktfotos nach Unternehmensgröße
Abbildung 19: Durchschnittliche Anzahl der Produktfotos nach Branche
Abbildung 20: Qualität der Produktfotos nach Unternehmensgröße
Abbildung 21: Qualität der Produktfotos nach Branche
Abbildung 22: Kundenbewertungen nach Unternehmensgröße
Abbildung 23: Kundenbewertungen nach Branche
Abbildung 24: Größentabellen bei Fashionhändlern & Generalisten
Abbildung 25: Anzahl der Kommunikationsmöglichkeiten nach Unternehmensgröße
Abbildung 26: Anzahl der Kommunikationsmöglichkeiten nach Branche
Abbildung 27: Widerrufs- und Rückgabefrist nach Unternehmensgröße (in Tagen)
Abbildung 28: Abweichung von der Widerrufsfrist in der Widerrufserklärung nach Unternehmensgröße
Abbildung 29: Widerrufs- und Rückgabefrist nach Branche (in Tagen)
Abbildung 30: Angaben zum Lieferdatum nach Unternehmensgröße
Abbildung 31: Angaben zum Lieferdatum nach Branche
Abbildung 32: Bestellbestätigung nach Unternehmensgröße
Abbildung 33: Statusinformationen der Bestellung nach Unternehmensgröße
Abbildung 34: Statusinformationen der Bestellung nach Branche
Abbildung 35: Sendeverfolgung nach Unternehmensgröße
Abbildung 36: Sendeverfolgung nach Branche
Abbildung 37: Mitteilung der Sendeverfolgungsnummer nach Unternehmensgröße
Abbildung 38: Mitteilung der Sendeverfolgungsnummer nach Branche
Abbildung 39: Pünktliche Lieferung nach Unternehmensgröße
Abbildung 40: Pünktliche Lieferung nach Branche
Abbildung 41: Lieferung des korrekten Artikels nach Unternehmensgröße
Abbildung 42: Verpackungsqualität nach Unternehmensgröße
Abbildung 43: Verpackungsqualität nach Branche
Abbildung 44: Beschädigte Artikel nach Unternehmensgröße
Abbildung 45: Art der Retourenbekanntmachung nach Unternehmensgröße
Abbildung 46: Art der Retourenbekanntmachung bei Großunternehmen
nach Branche
Abbildung 47: Art der Retourenbekanntmachung bei KMUs nach Branche
Abbildung 48: Antwortdauer auf einen Rücksendewunsch (per E-Mail) nach Unternehmensgröße
Abbildung 49: Retourenbestätigung bei Übermittlung per Online-Formular nach Unternehmensgröße
Abbildung 50: Anreize des Händlers von einer Retoure abzusehen nach Unternehmensgröße
Abbildung 51: Beiliegendes Rücksendeetikett nach Unternehmensgröße
Abbildung 52: Beiliegendes Rücksendeetikett nach Branche
Abbildung 53: Übernahme der Rücksendekosten nach Unternehmensgröße
Abbildung 54: Übernahme der Rücksendekosten nach Branche
Abbildung 55: Statusmeldungen über den Bearbeitungsstand der Retoure nach Unternehmensgröße
Abbildung 56: Statusmeldungen über den Bearbeitungsstand der Retoure
nach Branche
Abbildung 57: Durchschnittliche Dauer bis zur Rückzahlung an den Kunden nach Unternehmensgröße
Abbildung 58: Durchschnittliche Dauer bis zur Rückzahlung an den Kunden nach Branche
Abbildung 59: Korrekter Rückzahlungsbetrag nach Unternehmensgröße
Abbildung 60: Verkauf von B-Ware im Online-Shop nach Unternehmensgröße
Abbildung 61: Verkauf von B-Ware im Online-Shop nach Branche
1 Einleitung
Der Handel über das Internet erlebt schon seit Jahren ein erhebliches wirtschaftliches Wachstum, welches sich durch die COVID19-Pandemie noch einmal verstärkt. Das Einkaufsverhalten der Deutschen ändert sich, sodass Produkte, die vorher im stationären Handel gekauft wurden, nun online bestellt werden.1
Mit diesem Wachstum werden allerdings vor allem Großunternehmen wie Amazon, die Otto-Gruppe oder Zalando verbunden. Dabei stammt bereits heute ein großer Teil des Wachstums von kleinen und mittleren Unternehmen und immer mehr stationäre Händler bieten ihre Ware online an.2
Der Online-Handel bietet kleinen und mittleren Unternehmen große Wachstumspotentiale und ist nicht erst seit der COVID19-Pandemie ein wichtiger zusätzlicher Vertriebskanal. Bereits seit Jahren verzeichnet der E-Commerce zweistellige Wachstumsraten und ist für viele Unternehmen notwendig geworden.
Allerdings birgt der E-Commerce auch Herausforderungen, welchen sich - unabhängig der Größe - jedes Unternehmen stellen muss. Eine Herausforderung bildet das Retourenmanagement, welches einen Wettbewerbsvorteil darstellen kann oder auch über den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens entscheiden kann. Dabei ist die Gestaltung des Retourenmanagements nicht nur für neue Unternehmen im E-Commerce eine Herausforderung, sondern auch für bereits im Online-Handel etablierte Unternehmen und die Online-Marktführer wächst der Druck durch die steigende Anzahl von Mitwettbewerbern.
Für Verbraucher ist die Ausgestaltung der Maßnahmen des Retourenmanagements ein wichtiger Punkt in ihrer Kaufentscheidung. Schon kleine Unstimmigkeiten in der Ausgestaltung des Retourenmanagements können zur Entscheidung für einen Anbieter führen. Da kleine und mittlere Unternehmen meistens keinen bekannten Markennamen haben und oftmals ihre Ware nicht billiger anbieten können als die Marktführer, müssen diese Unternehmen andere Wettbewerbsvorteile aufbauen. Dies ist unter anderem durch ein für den Kunden ansprechendes Retourenmanagement möglich.
Da durch das Retourenmanagement ein Wettbewerbsvorteil erzeugt werden kann, soll mit dieser Arbeit das Retourenmanagement zwischen in Deutschland agierenden Großunternehmen und mittelständischen Online-Händlern verglichen werden. Die Durchführung des Vergleichs erfolgt dabei mittels des Mystery-Shopping-Ansatzes, sodass die Ergebnisse die Unterschiede aus der Sicht der Käufer darstellen. Anhand der gewonnenen Daten ist es möglich, Unterschiede zwischen Großunternehmen und mittelständischen Online-Händlern zu analysieren, sowie Schwächen zu identifizieren.
Zunächst wird in Kapitel 2 ein einheitliches Verständnis für den Begriff E-Commerce festgelegt und die verschiedenen Formen des E-Commerce am Markt beschrieben. Zudem soll durch aktuelle Daten die Bedeutung des Online-Handels verdeutlicht werden. Kapitel 3 stellt zuerst allgemein das Retourenmanagement und dessen rechtliche Grundlage in Deutschland vor. Das Kapitel beinhaltet einen Überblick über die häufigsten Retourengründe und über die Maßnahmen des Retourenmanagements um mit Rücksendungen umzugehen. Dieser Überblick liefert die Ansatzpunkte zur Ausgestaltung der Untersuchung durch Testbestellungen in Kapitel 4. Dieses Kapitel bildet den Kern dieser Arbeit mit einer umfassenden praktischen Untersuchung des Retourenmanagements bei 153 Online-Händlern. Nach der Vorstellung der Vorgehensweise werden die gewonnenen Daten vorgestellt und erste Ergebnisse abgeleitet. Im abschließenden fünften Kapitel werden die Ergebnisse der Untersuchung zusammengefasst und aus Sicht des Autors bewertet.
2 E-Commerce
2.1 Definition des E-Commerce
„E-Commerce“ oder auch „eCommerce“ ist die Abkürzung von „Electronic Commerce“, wobei beide Begriffe in der Literatur zur Anwendung kommen. In deutschsprachiger Literatur ist der Begriff E-Commerce der Bezeichnung „Online-Handel“ gleichzusetzen.
In der Literatur gibt es verschiedene Definitionen, welche sich teilweise untereinander unterscheiden und so bisher kein einheitliches Begriffsverständnis existiert, sodass für diese Arbeit nachfolgende Definition gilt. E-Commerce ist Teil des E-Business unter dem alle elektronischen oder über ein IT-System abgewickelten Geschäftsprozesse verstanden werden.3 „E-Commerce umfasst alle Transaktionen (Anbahnung, Abschluss und Abrechnung) unterschiedlicher Marktbereiche und unterschiedlicher Transaktionspartner über das Internet“4 und legt daher das Augenmerk auf den Kauf und Verkauf von Dienstleistungen oder Gütern über das Internet.5 Unterschiedliche Transaktionspartner können hierbei Consumer (Verbraucher), Business (Unternehmen) oder Government (öffentliche Institutionen) sein. In dieser Arbeit wird nur die B2C (Business-to-Consumer) Geschäftsbeziehung näher betrachtet. Hauptsächlich sind diese und B2B (Business-to-Business) Geschäftsbeziehung im E-Commerce zu finden.6
2.2 Anwendungsformen des E-Commerce
Inzwischen lassen sich verschiedene Formen des Online-Handels finden und die wenigsten Online-Händler lassen sich einer reinen Form wie z.B. dem Pure-Online-Handel zuordnen. Nachfolgend sollen die fünf Hauptformen näher beschrieben werden.7
Pure-Online-Handel
Den größten Marktanteil im Online-Handel mit ca. 38,7% nehmen 2020 die reinen Online-Händler („Online Pure Plays“) ein, welche keine stationären Geschäfte betreiben und nur elektronischen Handel zum Vertrieb ihrer Ware verwenden. Allerdings wächst der Anteil der Pure-Online-Händler nur noch langsam. So betrug ihr Anteil bei den Online-Händlern im Jahr 2012 34,1% und wuchs bis 2019 auf 38,6%. Zwischen 2019 und 2020 fand aber beinahe kein Wachstum mehr statt (+0,1%).8 Beherrscht wird diese Form des Online-Handels von großen Online Pure Plays, wie Amazon oder Zalando, welche nach wie vor ein großes Wachstum haben. Neben den großen Pure-Online-Händlern befinden sich auch noch eine große Anzahl von kleinen Unternehmen in dieser Form sowie Händler, welche in einer bestimmten Nische tätig sind.9 Durch eine Konsolidierung im Markt wird deren Anteil aber geringer und Marktanteile gehen an große Online Pure Plays wie Amazon über.10
Kooperierender Online-Handel
Kooperierende Online-Händler verkaufen Ihre Produkte größtenteils über Marktplätze wie z.B. von Amazon oder eBay. Neben der Kooperation mit den Marktplatzbetreibern verkaufen diese Händler ihre Ware oftmals noch über einen eigenen Online-Shop und/oder über ein stationäres Geschäft.
Vorteil der Kooperation mit den Online-Marktplätzen ist die simple Handhabung, da die Zahlungsabwicklung, Kommunikation mit dem Kunden, etc. über die Plattform abgewickelt werden können. Auch sind die Kosten klar kalkulierbar, da diese einer festen vom Marktplatzbetreiber festgelegten Regel folgen. Ebenfalls ist es so möglich, eine Vielzahl von Kunden zu erreichen - mehr als dies bei einem eigenen Online-Shop möglich wäre.11
Multi-Channel-Handel
Händler mit stationärem Geschäft, die ihre Ware zusätzlich über das Internet verkaufen, werden als Multi-Channel-Händler bezeichnet (Beispiel: Saturn / Mediamarkt). Ebenfalls ist es möglich, dass bisherige Online Pure Plays in das stationäre Geschäft einsteigen und somit auf diesem Wege zum Multi-Channel-Händler werden (Beispiel: mymuesli.de).12
Hybrider Online-Handel
Hybride Online-Händler kommen ursprünglich aus dem Kataloggeschäft oder Teleshopping und verkaufen neben diesen Vertriebskanälen auch Ware über den Online-Handel. Beide Vertriebskanäle sind dem Distanzhandel zuzuordnen, daher werden sie nicht dem Multi-Channel-Handel zugeordnet.13
Vertikalisierter Online-Handel
Der Form des vertikalisierten Online-Handels lassen sich Hersteller zuordnen, die Ihre Ware über den Online-Handel direkt an den Endkunden verkaufen. Über einen herstellereigenen Online-Shop haben die Hersteller so die Möglichkeit, die komplette Wertschöpfungskette selber zu kontrollieren und die Wahrnehmung der eigenen Marke zu beeinflussen, indem im eigenen Online-Shop eine virtuelle Welt um die eigenen Produkte gebaut werden kann (z.B. durch Foren, Videos, Spiele).14
2.3 Marktsituation in Deutschland
Der E-Commerce in Deutschland hat in den letzten Jahren ein starkes Wachstum verzeichnen können. In den letzten 20 Jahren konnte in 19 Jahren mindestens ein zweistelliges Wachstum verzeichnet werden. Im Jahr 2020 wurden in Deutschland 72,8 Milliarden Euro über den Online-Handel umgesetzt, was einem Wachstum von 23% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Allerdings steht diese Zahl unter dem Einfluss der COVID19-Pandemie, sodass dieses Jahr besonderen positiven Einflüssen für den Online-Handel unterlag. Zwischen den Jahren 2014 bis 2019 lag das Wachstum immer in einem Bereich zwischen 9% bis 12% jährlich. Allerdings wird auch im Jahr 2021 durch den Einfluss der COVID19-Pandemie ein starkes Wachstum prognostiziert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Entwicklung des Umsatzes im Online-Handel (in Mrd. Euro (netto)) (Quelle: Handelsverband Deutschland (2021), S. 6.)
Neben den steigenden Umsätzen im Online-Handel steigen auch die Ausgaben pro Verbraucher. Durchschnittlich gab ein Online-Shopper im Jahr 2019 495€ online aus, im Jahr 2020 ist dieser Wert auf durchschnittlich über 580€ gestiegen.15
Durch den steigenden Umsatz des Online-Handels unterlag auch der Anteil am gesamten deutschen Einzelhandel einem stetigen Wachstum, sodass im Jahr 2020 der Onlineanteil des Einzelhandels bei 12,6% lag.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Onlineanteil am Einzelhandel (Quelle: Handelsverband Deutschland (2021), S. 8.)
Die umsatzstärkste Branche des Offline-Einzelhandels ist der Lebensmittelhandel mit einem Anteil von 43,9% am gesamten Offline-Markt, während der Anteil am Online-Markt in dieser Branche nur 2,0% beträgt. Rechnet man daher den Lebensmittelhandel aus den Zahlen von Abbildung 2 heraus, ergibt sich im Non-Food-Bereich ein Onlineanteil von 18,4% des gesamtdeutschen Einzelhandelsmarktes.16
Besonders umsatzstarke Branchen des Online-Handels waren die Unterhaltungselektronik & Elektronikgeräte (24,5%) und Fashion & Accessoires (23,1%). Allerdings wuchs der Umsatz aller Branchen von 2019 auf 2020, wobei FMCG17 mit einem Wachstum von ca. 44% das prozentual größte Wachstum verzeichnen konnte.18
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Onlineumsatz nach Branche (Quelle: Handelsverband Deutschland (2021), S. 11.)
Betrachtet man die Entwicklung der Zahlen über die letzten Jahre und bedenkt eine Veränderung des Einkaufsverhaltens durch die COVID19-Pandemie,19 so ist auch in den nächsten Jahren mit einem wachsenden Online-Handel zu rechnen und der Anteil am gesamten Einzelhandel wird vermutlich zunehmen.
2.4 E-Commerce nach Unternehmensgröße
Nachfolgend soll der E-Commerce-Markt in Abhängigkeit der Unternehmensgröße betrachtet werden. Dabei gilt zur Einordnung der Unternehmensgröße die Empfehlung 2003/361/EG der Europäischen Union. Diese verwendet für die Zuordnung zur Gruppe der KMUs (Kleine und mittlere Unternehmen) hauptsächlich drei Merkmale (Anzahl der Beschäftigten, Umsatzerlöse, Bilanzsumme).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Kriterien zur Einteilung von KMU (Quelle: Europäische Union (2003), o.S.)
Unternehmen, welche die in Abbildung 4 gezeigten Merkmale überschreiten, gelten als Großunternehmen.
Eine Studie der Universität Regensburg fand heraus, dass große Unternehmen eher einen Online-Shop betreiben. Im Jahr 2017 betrieben 54% der Großunternehmen einen eigenen Online-Shop, während bei den mittleren Unternehmen nur 36% und bei den kleinen Unternehmen nur 30% einen eigenen Online-Shop betrieben. Allerdings waren bei kleinen- und mittleren Unternehmen der Verkauf über den Amazon-Marktplatz oder andere Online-Marktplätze beliebter. Insgesamt betreiben beinahe alle Unternehmen stationäre Geschäfte.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Vertriebskanäle nach Unternehmensgröße (Quelle: ibi research (2017a), S. 12)
Die Anzahl der reinen stationären Händler wird in den nächsten Jahren allerdings abnehmen, da 37% der in der Studie befragten reinen stationären Händler angegeben hat, in der Zukunft auch online Ware zu vertreiben.20 Die häufigsten Gründe hierfür sind die Erschließung von zusätzlichen Kundengruppen, Steigerung des Umsatzes, Stärkung der Kundenbeziehung durch Multi-Channel-Vertrieb, Kundennachfrage und Imageverbesserung.21 Diese Gründe sind für Unternehmen aller Größen wichtig, allerdings sind für Großunternehmen die Kundengewinnung und Kundenbindung besonders relevante Gründe zum Vertrieb über das Internet. Für KMUs stehen diese Gründe ebenfalls im Fokus, allerdings sind für diese Unternehmen auch die Zeitersparnis im Vertrieb und Verkauf, sowie die günstigere Infrastruktur gegenüber einem stationären Geschäft häufige Gründe für den Online-Vertrieb.22
Während es gute Argumente für Unternehmen gibt, ihre Ware online zu vertreiben, so stehen sie ebenfalls auch Hemmnissen gegenüber, welche je nach Unternehmensgröße unterschiedlich sind. KMUs sehen als größtes Hemmnis die fehlenden zeitlichen Ressourcen, hohe Investitionskosten und rechtliche Unsicherheiten an. Für Großunternehmen ergeben sich vor allem Probleme bei den Anforderungen an die IT-Sicherheit, sowie den fehlenden technischen Standards und Schnittstellen bei Soft- und Hardware. Auch die fehlende Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal am Arbeitsmarkt ist für Unternehmen, je größer sie sind, ein wachsendes Hemmnis.23
3 Retourenmanagement
3.1 Definition des Retourenmanagements
Eine Retoure bezeichnet im Online-Handel eine vom Kunden an den Lieferanten zurückgesendete Ware (Kundenretoure).24 Entspricht eine bestellte Ware den Erwartungen des Kunden nicht, so hat dieser nach den gesetzlichen Regelungen des Fernabsatzgesetzes (siehe 3.3) die Möglichkeit zum Widerruf und Rücksendung der Ware. Die Kundenretoure verläuft entgegengesetzt der Wertschöpfung und ist daher Teil der Rückführungslogistik (Reverse Logistics).25
„Das Retourenmanagement umfasst die Planung, Realisierung und Kontrolle der Retourenflüsse sowie der damit assoziierten Informations- und Finanzflüsse“26. Nach dieser Definition von Asdecker hat das Retourenmanagement drei große Aufgabenbereiche.
- Retourenfluss (oder Warenfluss): Rückversand der Ware durch den Kunden, Warenannahme, Warenprüfung, evtl. Aufbereitung der Ware, um den ursprünglichen oder einen verkaufsfähigen Zustand wiederzuerlangen und der Wiedereinlagerung der Ware.27
- Informationsfluss: Kommunikation mit dem Kunden während des gesamten Retourenprozesses.
- Finanzfluss: Rückerstattung der vom Kunden getätigten Zahlung.28
Diese Aufgaben werden durch verschiedene Maßnahmen erreicht. Sie lassen sich in zwei große Teilbereiche aufteilen. Das präventive Retourenmanagement umfasst Maßnahmen zur Vermeidung von Retouren sowohl vor als auch nach der Bestellung durch den Kunden. Reaktives Retourenmanagement befasst sich mit der effizienten Bearbeitung von Retouren und der Wiedereinbringung in den Warenkreislauf.
Die Ziele des Retourenmanagements sind in kosten- und kundenorientierte Ziele differenzierbar. Dabei sind beide Zielrichtungen gleichzeitig verfolgbar, da die kundenorientierten Ziele hauptsächlich auf die Reduzierung der Retourenquote und eine verbraucherfreundliche Abwicklung abzielen, während sich die kostenorientierten Ziele auf den Prozess der Retourenbearbeitung konzentrieren.29
3.2 Relevanz des Retourenmanagements im deutschen E-Commerce
Retouren gehören in den Alltag des E-Commerce. Die Forschungsgruppe Retourenmanagement der Universität Bamberg schätzt, dass im Jahr 2018 in Deutschland ca. 280 Millionen Pakete mit Retouren versandt wurden, wobei 487 Millionen Artikel retourniert wurden. Dies bedeutet, dass ca. jedes sechste Paket retourniert wird (16,3%) und 12,1% aller bestellten Artikel.30 Allerdings ist zu beachten, dass es bei der Retourenquote je nach Branche starke Unterschiede geben kann.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Retourenquote nach Branche (Quelle: EHI Retail Institute 2018, S. 13)
Besonders in der Fashionbranche kommt es häufig zu Retouren. Eine Umfrage von Unternehmern zeigte, dass 27% der Bekleidungshändler eine Retourenquote zwischen 40% und 50% hatte (siehe Abbildung 6). In anderen Branchen ist die häufigste angegebene Retourenquote unter 10%.
Problematisch ist, dass Retouren für Online-Händler ein hoher Kostenfaktor sind, aber 36% der Online-Händler die durch Retouren verursachten Kosten nicht einschätzen können, was die Gestaltung von effektiven Maßnahmen zur Reduzierung der Retourenkosten behindern kann.31 Wie teuer Retouren für Unternehmen sind, ist je nach Unternehmen unterschiedlich, da es von der individuellen Gestaltung des Retourenmanagements abhängt. Allerdings gibt es einen Skaleneffekt, sodass die einzelne Retoure günstiger ist, je mehr Retouren das Unternehmen zu bearbeiten hat. Durchschnittlich ergeben sich Kosten in Höhe von 7,93€ pro Rücksendung.32
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Prozesskosten einer Rücksendung in Abhängigkeit der Anzahl von Retouren (Quelle: Asdecker (2021b) (20.02.2021))
Die in Abbildung 7 gezeigten Werte beziehen sich auf die Prozesskosten einer Retoure. Hinzu kommt noch der eventuelle Wertverlust der Ware, welcher ebenfalls den Kosten zuzurechnen ist und auf die Prozesskosten aufgeschlagen werden muss. Die Zahlen zeigen, dass kleine und mittlere Online-Händler, welche üblicherweise eine geringere Gesamtanzahl an Retouren haben, tendenziell höhere Kosten pro Retoure haben als große Unternehmen.33
3.3 Gesetzliche Grundlage – Das Widerrufsrecht
Die rechtliche Grundlage für die Rücksendung von Ware, die über ein Fernabsatzgeschäft erworben wurde, ist im BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) §312g Abs. 1 festgehalten. Dabei steht jedem Kunden ein Widerrufsrecht zu, der Produkte mittels eines Fernabsatzvertrages erworben hat. „Fernabsatzverträge sind Verträge, bei denen der Unternehmer […] und der Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden.“34 Die letzte umfassende Überarbeitung des Widerrufsrechts fand im Jahr 2014 statt und wurde durch die Europäische Union vorgegeben, sodass dies EU-weit vereinheitlicht ist. Dabei stellen die festgelegten Gesetze nur die Mindestanforderungen dar, welche von Unternehmen freiwillig übertroffen werden können.35
Online-Händler müssen dafür Sorge tragen, dass Verbraucher über ihre Widerrufsrechte informiert werden. Daher muss das Widerrufsrecht über einen eindeutigen Link auf der Website des Online-Shops verfügbar sein und als dauerhafte Form nach der Bestellung an den Kunden gesandt werden (E-Mail, Papierform). Dabei haben nur private Verbraucher gesetzlichen Anspruch auf ein Widerrufsrecht. Gewerbliche Kunden haben keinen Anspruch darauf.36
Verbraucher haben durch das Widerrufsrecht die Möglichkeit, ohne weitere Angabe von Gründen die Ware an den Händler zurückzusenden. Dies ist innerhalb der vom Online-Händler eingeräumten Widerrufsfrist möglich. Die gesetzliche Frist hierzu beträgt 14 Tage. Der Verbraucher muss seinen Widerruf innerhalb der Frist eindeutig gegenüber dem Unternehmen erklären. Hierzu müssen Händler ein Muster-Widerrufsformular bereitstellen. Nur wenn der Online-Händler auf eine ausdrückliche Erklärung des Widerrufs verzichtet, ist der Verbraucher von der Pflicht der eindeutigen Erklärung befreit und kann z.B. den Widerruf durch die reine Rücksendung der Ware erklären.37 Nachdem die Ware wieder beim Online-Händler eingegangen ist, muss dieser den evtl. bereits gezahlten Kaufpreis innerhalb einer Frist von 14 Tagen an den Kunden zurückzahlen. Nach §357 Abs. 3 BGB ist hierbei immer die ursprüngliche Zahlungsmethode zu verwenden.38 Seit der Überarbeitung im Jahr 2014 trägt gemäß §357 Abs. 6 BGB immer der Verbraucher die unmittelbaren Kosten der Rücksendung. Allerdings steht es Unternehmen frei, die Rücksendekosten zu übernehmen. Hingegen hat der Unternehmer immer die Kosten der Hinsendung zu tragen. Diese müssen dem Kunden bei einer Rücksendung mit dem Kaufpreis, in der Höhe die bei der Bestellung berechnet wurde, rückerstattet werden.39 Durch das Widerrufsrecht hat der Kunde aber nicht das Recht, den Artikel stark zu benutzen, sondern nur soweit wie es für eine „Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Ware […] notwendig war“.40 Gebrauchsspuren durch die Inbetriebnahme und/oder der gewöhnlichen Nutzung der Ware oder Beschädigungen der Ware können zu rechtmäßigen Wertersatzansprüchen durch den Händler führen (§357 Abs. 7 BGB).41
3.4 Retourengründe
Für effektive Maßnahmen im Rahmen des Retourenmanagements ist es wichtig, die Ursache für Retouren zu kennen. Eine Senkung der Retourenquote ist nur möglich, wenn die Beweggründe der Kunden nachvollzogen werden können. Eine Verbraucherbefragung von mehr als 1.000 Online-Käufern ergab im Jahr 2017 folgende Gründe für Retouren:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Die häufigsten Gründe für Rücksendungen (Quelle: ibi research (2017b), S.31)
Als häufigster Grund für eine Retoure (62%) wird angegeben, dass der Artikel nicht passte. Dies ist dem Nachteil des Online-Handels zuzuschreiben, dass die Ware erst nach der Lieferung getestet werden kann. Die weiteren häufigsten Gründe sind „Artikel gefiel mit nicht“ (39%), „Artikel wurde defekt oder beschädigt geliefert“ (30%) und „Artikel entsprach nicht der Beschreibung“ (30%). Die Daten zeigen, dass die bewusste Einplanung einer Retoure durch Bestellung mehrerer Varianten eines gleichen Artikels erst an fünfter Stelle liegt (20%). Problematisch für den Händler ist diese Art der Retoure, dass sie kaum vermeidbar ist. Da diese Art der Retoure allerdings erst an fünfter Stelle liegt, können Online-Händler daher mit Maßnahmen zur Vereinfachung und/oder Verbesserung im Auswahl-, Bestell- und Bearbeitungsprozess die Retourenquote beeinflussen und positiv verbessern.42
3.4.1 Produktbezogene Retourengründe
Die drei am häufigsten genannten Retourengründe (siehe Abbildung 8: Artikel passt nicht (62%), Artikel gefiel mit nicht (39%) und Artikel entsprach nicht der Beschreibung (30%)) beziehen sich auf den Auswahlprozess der Artikel. Die Wahl des passenden Produkts ist beim Online-Kauf davon abhängig, dass das Produkt möglichst detailliert beschrieben ist und alle wichtigen Produktmerkmale enthält. Des Weiteren müssen die Produktfotos möglichst realitätsnah sein.43
Bei Fashion-Artikeln sind Konfektionsgröße, Passform, Qualität, Optik, Design und die Verarbeitung wichtige Einflussgrößen für die Kaufentscheidung.44 Problematisch ist, dass die Konfektionsgröße von Kleidung je nach Land, Hersteller und Marke unterschiedlich ist. Auch verwenden Händler teils falsche Größentabellen. Dies passiert entweder, wenn der Lieferant mit einer falschen Größentabelle arbeitet oder auch, da es bei Damenobergrößen unausgesprochene Praxis ist, eher zu kleine Größenangaben zu verwenden, um der Kundschaft zu schmeicheln.45 Zusätzlich kann es durch den Kunden zu einer falschen Einschätzung der Passform und Bewertung des eigenen Figurtyps kommen. Sichtbar werden diese Probleme auch in Auswahlbestellungen, da die Kunden unsicher bei Passform und Größe sind.
Produktbilder können je nach Machart unterschiedliche Eindrücke beim Kunden erwecken. Je nach Hintergrundart und -farbe (z.B. Fotostudio oder natürliche Umgebung), Belichtung, Betrachtungswinkel oder auch die Präsentation des Artikels an einem Fotomodel können unterschiedliche Wahrnehmungen über das Produkt erzeugen. Problematisch wirkt sich auch eine zu starke Bearbeitung der Produktbilder aus. Denn erscheinen Farben nicht mehr natürlich und sind zu farbintensiv, ist der Kunde bei Erhalt der Ware enttäuscht, da seine Erwartungen an das Produkt nicht mehr erfüllt werden, welche durch ein nicht realitätsnahes Produktfoto erzeugt wurden. Ebenfalls sind zu undetaillierte Produktbilder problematisch. Werden wichtige Details des Artikels nicht gezeigt oder ist die Auflösung der Bilder zu niedrig, können Details nicht mehr wahrgenommen werden.46
3.4.2 Preisbezogene Retourengründe
Studien haben gezeigt, dass es einen Zusammenhang zwischen der Retourenquote und dem Verkaufspreis eines Produktes gibt. Dabei zeigte sich, dass ein höherer Preis eines Artikels im gleichen Verhältnis zu einer höheren Retourenquote führt.47 Ein Erklärungsansatz für dieses Phänomen ist die erhöhte Erwartungshaltung bei teuren Produkten. Der Toleranzbereich beim Kunden zwischen der Erwartung und dem tatsächlichen Produkt scheint geringer als bei niedrigpreisigen Produkten, was eine erhöhte Rücksendewahrscheinlichkeit zur Folge hat.48 Ebenfalls führen Produkte mit niedriger Qualität zu einer höheren Retourenquote.49
Darüber hinaus ist die Preisentwicklung während der Widerrufsfrist relevant. Durch die große Preistransparenz durch Preisvergleichs-Websites wie z.B. idealo.de kann der Kunde jederzeit den günstigsten Preis für das jeweilige Produkt am Markt herausfinden. Hat er sich vor dem Kauf bereits über den Preis auf Preisvergleichs-Websites informiert und ist dort mit einem Benutzerkonto registriert, erhält er in den darauffolgenden Wochen sogar Informationsmails über einen möglicherweise gefallenen Preis. Da Online-Händler durch die hohe Preistransparenz oft Preisanpassungen durchführen oder auch saisonale Produkte natürlichen Preisschwankungen unterliegen, kommt es während der Widerrufsfrist oftmals zu Preissenkungen, welche der Kunde einfach nachverfolgen kann.50 Kommt es zu einer Preissenkung während der Widerrufsfrist beim Lieferanten oder einem anderen Anbieter, hat der Kunde einen Anreiz zur Rücksendung des ursprünglichen Produkts mit einer erneuten Bestellung des gleichen Artikels zum niedrigeren Preis. Die gleiche Problematik des erhöhten Retourenaufkommens können Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Rabatte, Gutscheine oder Coupons während der Widerrufsfrist erzeugen.51
3.4.3 Logistikbezogene Retourengründe
Fehler in der Kommissionierung, eine verzögerte Lieferung, beschädigte Ware oder Verpackung sind typische Beispiele von logistischen Problemen, welche zu einer Retoure führen können.
Eine längere Lieferzeit kann auf mehreren Wegen problematisch sein. Handelt es sich um Produkte, welche z.B. nur für einen kurzen und besonderen Einsatzzweck benötigt werden (z.B. Faschingskostüme), kann eine um einige Tage verlängerte Lieferzeit dazu führen, dass das Produkt nicht mehr benötigt wird, da der Anlass, für welches das Produkt benötigt wurde, schon vorbei ist und/oder der Bedarf in der Zwischenzeit im stationären Handel gedeckt wurde. Möglich wäre bei einer zeitkritischen Bestellung allerdings auch, dass der Kunde das gleiche Produkt mehrmals bei verschiedenen Anbietern bestellt hat um sicherzustellen, dass er das Produkt in jedem Fall rechtzeitig erhält. Dabei behält der Kunde die zuerst gelieferte Ware und sendet die restlichen Lieferungen zurück. Dies kann z.B. kurzfristig vor Weihnachten auftreten oder kurz vor einem Urlaubsantritt des Kunden. Auch bei Impulskäufen kann eine zu lange Lieferzeit dazu führen, dass die Kaufentscheidung wieder hinterfragt wird.
Zur Lieferqualität zählt auch der einwandfreie Zustand der Ware und der zugehörigen Verpackung. In Abbildung 8 ist sichtbar, dass defekte oder beschädigte Ware zu einem der häufigsten Retourengründe zählt. Problematisch hierbei ist festzustellen, wann die Beschädigung an dem Produkt entstanden ist. Beschädigungen sind an jedem Punkt der Supply Chain möglich. Ob bei der Einlagerung in das Lager des Händlers, während des Verpackens des Produktes für den Versand, durch unsachgemäße Behandlung durch den Versanddienstleister oder durch den Kunden selbst lässt sich nur schwer feststellen und nachweisen.52
Ebenfalls möglich sind Fehler in der Kommissionierung der Bestellung.53 Die Lieferung eines falschen Artikels, der falschen Größe oder einer abweichenden Menge führen mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer Retoure durch den Kunden.
3.4.4 Verhaltensbezogene Retourengründe
Die Auswahlbestellung zählt mit einem Anteil von 20% zu den am häufigsten genannten Retourengründen (siehe Abbildung 8). Diese dient dabei der Unsicherheitsreduktion durch das Bestellen des gleichen Artikels in mehreren Größen oder in verschiedenen Farben. Meistens ist dieses Verhalten bei Fashionprodukten wie Kleidung, Accessoires und weiteren Modeartikeln zu finden. Durch die Auswahlbestellung erhöht sich zwar die Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde ein passendes Produkt findet. Allerdings führt es unweigerlich zur Retoure der nicht passenden Artikel.
Dabei gibt es einen Einfluss des Geschlechts und auch der Bestellhäufigkeit im Online-Handel auf den Anteil der Auswahlbestellungen. Durchschnittlich werden ca. 16% aller bestellten Waren retourniert. Frauen retournieren durchschnittlich 19% der bestellten Waren, während Männer 13% der Waren retournieren.54 Dabei verursachen Frauen auch einen größeren Anteil der Auswahlbestellungen.55 Schaut man sich die Verteilung bei den jeweiligen Käufertypen an, so zeigt sich, je häufiger eine Person im Internet bestellt, desto mehr Auswahlbestellungen führt diese Person durch. Personen, welche am liebsten im Internet einkaufen und den stationären Handel meiden, geben die Auswahlbestellung als Retourengrund zu 25% an. Gelegentliche Online-Shopper geben dies mit 14% an, während traditionelle Handelskäufer 10% angeben.56
Die bereits gesammelte Erfahrung von Kunden mit Produkten eines Herstellers haben einen Einfluss auf ihr Retournierverhalten. Stammkunden eines Online-Händlers sammeln mit jeder Bestellung weitere Erfahrungen mit den spezifischen Größen und Passformen einer Marke und verfeinern so Ihre Kenntnisse und können durch die bisherigen Erfahrungen ihre Erwartungen an das Produkt an die Realität angleichen und wissen daher, was sie von diesem Produkt erwarten können.57 Hiervon profitieren auch Multi-Channel-Händler, welche Ihre Ware stationär und online verkaufen. Kunden haben die Chance, vor dem Online-Kauf sich im stationären Geschäft zu informieren. Dabei gilt, dass eine intensive Informationsrecherche zu einer geringeren Retourenquote führt.58
3.5 Präventives Retourenmanagement
Das präventive Retourenmanagement hat zur Aufgabe, der Wahrscheinlichkeit einer Rücksendung zu jedem Zeitpunkt einer Bestellung entgegenzuwirken.59 Maßnahmen, die ab dem Informations- und Auswahlprozess das Ziel haben die Retourenursache zu beseitigen, dienen der Retourenvermeidung. Die Retourenverhinderung versucht hingegen nach der Zustellung der bestellten Ware an den Kunden Einfluss auf die Entscheidung für eine Rücksendung zu nehmen.60 Sowohl die Retourenvermeidung als auch die Retourenverhinderung haben als Hauptziel die Verringerung der Retourenquote.
3.5.1 Maßnahmen zur Retourenvermeidung
Der Retourenvermeidung werden alle Maßnahmen zugeordnet, welche als Ziel haben das Problem, welche die Retoure verursacht, zu lösen.61 Hierbei gibt es eine Vielzahl von möglichen Ansatzpunkten. Dabei hängt die genaue Ausgestaltung der Maßnahmen von den Retourengründen ab (siehe Abbildung 8).
3.5.1.1 Produktbeschreibung und Produktdarstellung
Aufgrund der fehlenden Haptik beim Online-Einkauf können die Verbraucher die Ware nicht anfassen bzw. anprobieren, wie dies im stationären Handel der Fall ist.62 Aufgrund dieses Umstands wird im Internet bestellte Ware häufiger retourniert als Artikel, die im stationären Handel erworben wurden. Daher sollten Online-Händler dieses Defizit durch eine möglichst detaillierte Produktpräsentation ausgleichen.
87% der Online-Händler bezeichneten bei einer Umfrage eine detaillierte
Produktbeschreibung als wichtigste Maßnahme, um die Erwartungen des Kunden, die in das Produkt gelegt wurden, nicht zu enttäuschen und damit letztendlich die Retourenquote zu senken.63
Heutzutage ist es einfacher, Informationen über ein Produkt auf verschiedene Weise im Internet abzubilden als in einem klassischen Katalog.64 Zu einer perfekten Präsentation gehört eine Produktbeschreibung. Eine Retoure kann schon durch fehlende oder nicht eindeutige Angaben verursacht werden. Damit die Kunden nach der Lieferung der bestellten Ware keine unerwarteten Überraschungen erleben, sollten zumindest alle Daten und Funktionen eines Artikels detailliert aufgelistet sein. Größe oder Systemvoraussetzungen und Kompatibilität dürfen in der Beschreibung nicht fehlen. Gibt es verschiedene Ausführungen eines Artikels, sollte immer ein Hinweis auf die verschiedenen Varianten vorhanden sein.65 Eventuell muss der Online-Händler die Standardproduktinformationen des Herstellers zusätzlich noch an die Besonderheiten des Online-Handels anpassen und Informationen ergänzt werden.66
Zur visuellen Unterstützung der Produktbeschreibung eignen sich Produktfotos. Sie müssen die tatsächliche Ware abbilden und sollten auf Zusätze wie „Die Abbildungen müssen nicht den tatsächlichen Produkten entsprechen“ verzichten. Auch sollten die Produktfotos die Eigenschaften der abgebildeten Artikel nicht durch den Bildhintergrund verzerren. Maximale Transparenz sollte hier gewährt werden und zusätzliche Funktionen, wie beispielsweise die Zoom-Funktion, können den positiven Effekt von Produktbildern verstärken. In der Fashionbranche können Kunden mit diesem Instrument z.B. die Stoffstruktur eines Kleidungsstückes besser erkennen und beurteilen.67
Der Einsatz von produktbezogenen Videos neben den Produktfotos kann insbesondere die Produktpräsentation im E-Commerce sinnvoll ergänzen, da sie Produkte dreidimensional darstellen und vor allem Emotionen transportieren.68 Die Produkte können während der Benutzung vorgeführt und parallel die Funktionen des Produkts erklärt werden. Ohne den Kunden mit Informationen zu überfordern, lässt sich durch diese zusätzliche Produktdarstellung hauptsächlich Artikel mit hoher Komplexität präsentieren. Für Online-Händler, die hochwertige Bekleidung anbieten, eignet sich dieses Instrument ebenso.69 Bei Hugo Boss kann der Kunde sich nicht nur die aktuelle Kollektion auf Bildern anschauen, sondern auch das favorisierte Kleidungsstück auf dem Laufsteg in Bewegung betrachten.
Eine Alternative zum Video sind Animationen. Anders als beim Video beinhalten Animationen keine realistische Wiedergabe eines Artikels, sondern bedienen sich ausschließlich der grafischen digitalen Darstellung. Einzelne Funktionen der dargestellten Produkte werden durch die Animation dem Kunden nähergebracht.70 Durch Bewegungs- und Zoomfunktionen kann der Kunde ein ausgesuchtes Produkt von allen Seiten dreidimensional betrachten und einzelne Funktionen ausführen lassen.
Vorteil einer detaillierten Produktpräsentation ist neben einer Senkung der Retourenquote auch eine erhöhte Conversion-Rate71 und somit wirken sich Investitionen in eine gute Produktpräsentation zweifach positiv aus.72
3.5.1.2 Größen- und Passformberatung
Bei Bekleidung und Accessoires werden oft Größentabellen zur Bestimmung der Konfektionsgröße bereitgestellt. Durch Angaben z.B. über Brust- oder Taillenumfang hat der Kunde die Möglichkeit, die passende Konfektionsgröße herauszufinden, sodass Auswahlbestellungen nicht mehr notwendig werden. Grundvoraussetzung hierbei ist allerdings, dass die Angaben in den Größentabellen auch zu dem Produkt passend sind. So gibt es oft Unterschiede zwischen verschiedenen Marken wie die Kleidung tatsächlich ausfällt.
Online-Händler haben die Möglichkeit, Tools zur Bestimmung des Figurentyps oder auch des Kleidungsstils in den Online-Shop zu integrieren. Beispielweise können den Kunden durch Eingabe ihrer Messdaten und durch Beantwortung von Fragen über ihren Kleidungsstil passende Produkte vorgeschlagen werden, die dem Stil und der Größe des Kunden am besten entsprechen.73
Einige Online-Händler bieten mit „Augmented Reality Tools“ das Hochladen eines Selbstportraits an. Dadurch kann der Kunde das Produkt auf sein Selbstportrait projizieren und das Produkt wie in einem Spiegel betrachten. So kann der fehlenden Haptik des Online-Handels entgegengewirkt werden.74
Ein weiteres Tool der virtuellen Umkleidekabine ist die Verwendung von Avataren. Avatare sind künstlich animierte Figuren, die in der digitalen Welt als Stellvertreter der eigenen Person eingesetzt werden und den Körperproportionen des Kunden entsprechen. Durch die Bestimmung weiterer Eigenschaften wie z. B. Haar-, Haut- und Augenfarbe durch den Kunden, kann der Avatar weiter personalisiert werden.75 Avatare ermöglichen dem Kunden beispielsweise eine Bekleidungssimulation im Modesektor. So kann der Kunde bei der virtuellen Anprobe durch die exakte Abbildung der Körpermaße genau sehen, ob Teile des gewählten Kleidungsstücks passend sind oder an bestimmten Körperstellen nicht wie gewünscht sitzen.76
3.5.1.3 Kundenbewertungen
Eigens von Kunden verfasste Rezensionen bieten interessierten Kunden die Gelegenheit, sich einen differenzierteren Eindruck über ein Produkt zu verschaffen. Unterstützend zu einer detaillierten Produktbeschreibung können diese Kundenmeinungen und -erfahrungen veröffentlicht werden.77
Gerade im E-Commerce bieten sich Kundenrezensionen insbesondere an, weil derartige Äußerungen bei den Kunden einen hohen Grad an Glaubwürdigkeit besitzen. 91% der Verbraucher sehen es als wichtiges Kriterium an, dass Kundenbewertungen in einem Online-Shop verfügbar sind.78 Diese hohe Zahl ist damit begründet, dass Kunden die Bewertungen anderer Kunden glaubwürdiger finden als die Informationen durch den Händler oder die der Hersteller.79
Daher bieten inzwischen viele Online-Händler Kunden nach einem erfolgreichen Einkauf die Möglichkeit, die bestellten Produkte auf einer Werteskala und mit einem Kommentar zu bewerten. Bei der Beurteilung hat sich das Fünf-Sterne-System als Bewertungsskala durchgesetzt, das auch von Amazon genutzt wird.80 In der Produktbeschreibung wird jeweils die Anzahl der abgegebenen Beurteilungen sowie die Durchschnittsnote mit angegeben. Durch dieses Instrument erhält der Kunde relativ schnell eine Einschätzung der Produktqualität und muss nicht alle Kundenbewertungen komplett durchlesen.
3.5.1.4 Kommunikation mit dem Kunden
Eine individuelle Beratung kann neben den klassischen Kanälen, wie Telefon und E-Mail, auch über internetbasierte Kommunikation wie z.B. einer Live-Chat-Funktion erfolgen.81 So können Beratung und Informationsaustausch durch gut trainierte Kundendienstmitarbeiter in Echtzeitkommunikation während des Bestellvorgangs erfolgen und dem Kunden Hilfestellung geben, sodass der Kunde mit der ersten Lieferung die passende Ware erhält. Zur Vermeidung von Auswahlbestellungen ist es auch möglich, den Kunden beim Hinzufügen von mehreren gleichen Artikeln in verschiedenen Größen durch Pop-up Fenster aktiv auf den Kundendienst hinzuweisen.
Auch die FAQs (Frequently Asked Questions), bei denen es sich um eine Auflistung häufig gestellter Fragen handelt, die ebenfalls präzise Antworten des Händlers enthalten, können sich auf ein Produkt beziehen und Hilfestellung bei der Auswahl als auch bei der Bewertung bieten.82
Auf Shopping-Portalen wie Outfittery (www.outfittery.de) steht die individuelle Beratung an erster Stelle. Kunden müssen vor einer Warenlieferung erst einen Fragebogen zu ihrem Kleidungsstil beantworten und werden anschließend auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse von einem Stylisten persönlich beraten. Im Nachgang werden alle Daten gespeichert, so entsteht ein aussagekräftiges Bekleidungsprofil der Kunden. Zudem übernehmen die Stylisten die Zusammenstellung der Waren und haben durch ihre Aufgabe somit Einfluss auf die Retourenquote.83
Kundensupport ist nicht nur während des Auswahlprozesses notwendig, sondern auch im Laufe des gesamten Bestellprozesses. Durch Hinweise auf die Möglichkeit einer Kontaktaufnahme können Retouren vermieden werden, indem beispielsweise Probleme beim Anschließen oder Einrichten von technischen Geräten durch den direkten Kontakt geklärt werden können und so das Gerät durch den Kunden in Betrieb genommen werden kann. Auch bei beschädigter Ware kann so mit dem Kunden eine Lösung gefunden werden und eine Retoure z.B. durch das Aushandeln eines Preisnachlasses vermieden werden.84
Durch den direkten Kontakt mit dem Kunden kann dieser auch aktiv auf sein Retourenverhalten angesprochen werden. Dabei ist das Ziel, an das Gewissen der Kunden mit dem Hinweis auf die ökologischen Folgen oder die Kosten von Retouren zu appellieren, sodass diese ihr Bestellverhalten (langfristig) überdenken. Wichtig ist hierbei, dass der Kunde nicht gemaßregelt wird, sondern der Hinweis nur als Gewissensappell wahrgenommen wird.85
3.5.1.5 Ausschluss von Hochretournierern
Bleiben Appelle oder Abmahnungen an Hochretournierern ohne Erfolg, bleibt Online-Händlern als drastische Maßnahme oftmals nur noch der Ausschluss vom Einkauf.86 Für den Händler ist dies die einfachste und kostengünstigste Möglichkeit, Kunden mit einem auffälligen und überhöhten Retourenverhalten vom Online-Shop fernzuhalten. Wichtig hierbei ist, die Bestellhistorie des Kunden vor einem Ausschluss genauer zu betrachten, da ein Kunde auch nur in bestimmten Bereichen ein von der Norm abweichendes Retourenverhalten aufweisen kann, dafür in anderen Bereichen ein wertvoller und umsatzstarker Kunde sein kann.87 Zudem kann ein sofortiger Ausschluss ohne Vorwarnungen oder Hinweise an den Kunden zu negativen Kundenbewertungen und Kritik auf Social-Media-Plattformen führen. Daher ist es empfehlenswert, vorher mit dem Kunden Kontakt aufzunehmen und diesen zu einer Verhaltensänderung zu bewegen.88
Eine Befragung von über 350 Unternehmer durch die Bewertungsplattform Trusted Shops im Jahr 2013 ergab, dass etwa zwei Drittel der befragten Shopbetreiber Kunden vom Einkauf ausgeschlossen haben um die Retourenquote zu verringern. Dabei haben 46% dies ohne eine vorherige Kontaktaufnahme des Kunden getan. Die Umfrageergebnisse zeigen auch auf, dass kleine und mittelständische Unternehmen sensibler bei dem Thema des Ausschlusses von Hochretournierern sind.89
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Ausschlussquote im Verhältnis zur Unternehmensgröße (Quelle: Garlet (14.02.2021))
In Abbildung 9 wird sichtbar, dass vor allem kleine Unternehmen mit einem Jahresumsatz von unter einer Millionen Euro verstärkt auf Hochretournierer reagieren und Kunden konsequenter vom Einkauf ausschließen. Retourenkosten sind für diese kleinen Unternehmen oftmals höher und können daher schneller gefährlich für ein kleines Unternehmen werden als für größere. Daher verzichten kleine Unternehmen eher auf den Umsatz und auf diese Kunden.90
3.5.1.6 Logistik
Wie effizient die Logistik eines Online-Händlers ist, wird durch die Lieferzeit, Lieferqualität und Kommissionierung festgelegt.91 Die wichtigsten logistischen Einflussfaktoren auf die Retourenquote sind die Lieferzeit, unbeschädigte Verpackung & Ware und die Kommissionierqualität.92
Die Lieferzeit einer Bestellung hat großen Einfluss auf die Retourenquote und ist somit ein wichtiger Ansatz zur Vermeidung von Retouren.93 45% der Online-Händler sind der Meinung, dass die Lieferzeit einen großen Einfluss auf die Retourenquote hat.94 Kurze Lieferzeiten sind dabei vor allem bei spontanen Käufen wichtig. Ist die Lieferzeit bei Spotankäufen zu lang, könnte der Käufer die Bestellung noch einmal überdenken und schlussendlich zu dem Ergebnis kommen, dass die bestellte Ware gar nicht benötigt wird.95 Zudem ist die Einhaltung der angegebenen Lieferzeit bei Produkten wichtig, die für einen bestimmten Anlass benötigt werden. Kommt die Ware verspätet beim Kunden an, so wird diese eventuell gar nicht mehr benötigt und die Wahrscheinlichkeit einer Retoure ist hoch. Zudem ist es wichtig, dass Händler konkrete Liefertermine vor der Bestellung angeben, sodass der Käufer vor der Bestellung weiß, ob die Ware bis zum gewünschten Termin geliefert werden kann.
Für 78% der Verbraucher ist auch die Sendeverfolgung ein wichtiges Kriterium.96 Durch die Sendeverfolgung kann der Kunde seine Lieferung nachverfolgen und selbstständig die aktuellsten Informationen über den Lieferzeitpunkt erhalten. Noch wichtiger ist den Verbrauchern, mit 90%, die pünktliche Lieferung gemäß den Angaben im Bestellprozess.97 Nur 31% der Kunden schätzen eine Same-Day-Delivery, also der Lieferung am gleichen Tag der Bestellung.98
Für den Versand sollte eine bruchsichere Verpackung gewählt werden, sodass sichergestellt werden kann, dass die Ware unbeschädigt den Kunden erreicht und somit Retouren durch beschädigte Ware ausgeschlossen werden können.99 Sollte es aber zu einer Retoure kommen, so erfüllt die ursprüngliche Verpackung oftmals erneut eine Schutzfunktion für den Rückversand, da in den meisten Fällen für den Rückversand die gleiche Verpackung wie für die Lieferung zum Kunden verwendet wird.100
Neben der Schutzfunktion ist die Versandverpackung auch das erste, was der Kunde von der Bestellung sieht. Ist die Verpackung minderwertig, zerrissen oder das Paket chaotisch gepackt, entsteht ein unprofessioneller Eindruck, welcher Zweifel am Produkt wecken kann, bevor der Kunde dieses überhaupt ausgepackt hat. Daher sollte Wert auch auf eine professionelle Verpackung (feste, neue Kartonage, stabiles Klebeband und geeignetes Füllmaterial) gelegt werden und die gewählte Verpackung auch in Ihrer Wertigkeit zum verkauften Produkt passen.101
3.5.2 Maßnahmen der Retourenverhinderung
Der Retourenverhinderung werden alle Maßnahmen zugeordnet, welche als Ziel haben, die Entscheidung für eine Rücksendung zu unterbinden oder zu erschweren.102
[...]
1 Vgl. Bahr (30.04.2021).
2 Vgl. Handelsverband Deutschland (2021), S. 24.
3 Vgl. Alt (2012), S. 133.
4 Ahrholdt (2010), S. 7.
5 Vgl. Maaß (2008), S. 2.
6 Vgl. Ahrholdt (2010), S. 8.
7 Vgl. Heinemann (2018), S. 117 f.
8 Vgl. Handelsverband Deutschland (2021), S. 19.
9 Vgl. Heinemann (2018), S. 119.
10 Vgl. Handelsverband Deutschland (2021), S. 23.
11 Vgl. Heinemann (2018), S. 120.
12 Vgl. Swoboda/Foscht/Schramm-Klein (2019), S. 10.
13 Vgl. Heinemann (2018), S. 123 f.
14 Vgl. Heinemann (2018), S. 125 ff.
15 Vgl. Holtforth/Geibel/Kracht (2020), S. 6.
16 Vgl. Handelsverband Deutschland (2021), S. 8.
17 FMCG ist die Abkürzung für Fast Moving Consumer Goods (dt. Konsumgüter). Typische Produkte in dieser Branche sind Lebensmittel, Kosmetik, Hygieneartikel, Tiernahrung und Tabakwaren.
18 Vgl. Handelsverband Deutschland (2021), S. 48.
19 Vgl. Ternès von Hattburg (18.04.2021).
20 Vgl. ibi research (2017a), S. 14.
21 Vgl. ibi research (2017b), S. 52.
22 Vgl. ibi research (2017b), S. 53.
23 Vgl. ibi research (2017b), S. 38.
24 Vgl. Pollmeier (2012), S. 30.
25 Vgl. Steven (2007), S. 411.
26 Asdecker (2014), S. 20.
27 Vgl. Stallmann/Wegner (2015), S. 44.
28 Vgl. Deges (2017), S. 4.
29 Vgl. Deges (2017), S. 4 f.
30 Vgl. Forschungsgruppe Retourenmanagement (20.02.2021).
31 Vgl. ibi research (2013), S. 42.
32 Vgl. Asdecker (2021b) (20.02.2021).
33 Vgl. Asdecker (2021b) (20.02.2021).
34 BGB (2021), S. 70.
35 Vgl. Föhlisch (2017), S. 193 f.
36 Vgl. Föhlisch (2017), S. 193.
37 Vgl. Kollewe/Keukert (2016), S. 364 f.
38 Vgl. von dem Bussche/ Klein (2015), S. 29.
39 Vgl. Föhlisch (2017), S. 194.
40 BGB (2021), S. 87.
41 Vgl. Föhlisch (2017), S. 206.
42 Vgl. Deges (2017), S. 11 f.
43 Vgl. Heinemann (2018), S. 111 f.
44 Vgl. Deges (2017), S. 12.
45 Vgl. Heinemann (2018), S. 111.
46 Vgl. Deges (2017), S. 12.
47 Vgl. Rabinovich/Sinha/Laseter (2011), S. 314.
48 Vgl. Asdecker (2014), S. 214.
49 Vgl. Asdecker (2014), S. 213.
50 Vgl. Heinemann (2014), S. 54.
51 Vgl. Asdecker (2014), S. 214 f.
52 Vgl. Deges (2017), S. 13 f.
53 Vgl. Wirtz (2013), S. 270.
54 Vgl. ibi research (2017b), S. 30.
55 Vgl. ibi research (2014), S. 26.
56 Vgl. ibi research (2017b), S. 32.
57 Vgl. Heinemann (2014), S. 63.
58 Vgl. Asdecker (2014), S. 320.
59 Vgl. Asdecker (2021a) (10.02.2021).
60 Vgl. Binckebanck/Elste (2016), S. 636.
61 Vgl. Rogers et al. (2002), S. 9 f.
62 Vgl. Shulman/Coughlan/Savaskan (2010), S. 1071.
63 Vgl. ibi research (2013), S. 84.
64 Vgl. Seidel (11.02.2021).
65 Vgl. Deges (2017), S. 17 f.
66 Vgl. Asdecker (2014), S. 217.
67 Vgl. Heinemann (2014), S. 121 f.
68 Vgl. Bühner (2012), S. 6 f.
69 Vgl. Heinemann (2014), S. 121.
70 Vgl. Heinemann (2014), S. 121.
71 Die Conversion-Rate zeigt das Verhältnis von Besuchern einer Produktseite in Relation zu den Käufern dar. Wird ein Produkt z.B. 10.000-mal in einem Monat angeklickt und dabei 250-mal gekauft, beträgt die Conversion-Rate 2,5%.
72 Vgl. Deges (2017), S. 18.
73 Vgl. Heinemann (2014), S. 132.
74 Vgl. Heinemann (2014), S. 207.
75 Vgl. Heinemann (2014), S. 173 f.
76 Vgl. Deges (2017), S. 19.
77 Vgl. Stahl et al. (2015), S. 155.
78 Vgl. ibi research (2017b), S. 18.
79 Vgl. Heinemann (2014), S. 33.
80 Vgl. Amazon (13.02.2021).
81 Vgl. Heinemann (2014), S. 158.
82 Vgl. Wittmann (14.02.2021).
83 Vgl. Hebenstreit (13.02.2021).
84 Vgl. Wittmann (14.02.2021).
85 Vgl. Deges (2017), S. 21 f.
86 Vgl. Walsh/Möhring (2015), S. 8.
87 Vgl. Hielscher (14.02.2021).
88 Vgl. Walsh/Möhring (2015), S. 10.
89 Vgl. Garlet (14.02.2021).
90 Vgl. Garlet (14.02.2021).
91 Vgl. Wirtz (2013), S.
92 Vgl. Asdecker (2014), S. 225.
93 Vgl. Hartmann (14.02.2021).
94 Vgl. Stahl et al. (2015), S. 322.
95 Vgl. Stahl et al. (2015), S. 326.
96 Vgl. ibi research (2017b), S. 20.
97 Vgl. ibi research (2017b), S. 22.
98 Vgl. ibi research (2017b), S. 22.
99 Vgl. Asdecker (2014), S. 220.
100 Vgl. Deges (2017), S. 23.
101 Vgl. Stahl et al. (2015), S. 311.
102 Vgl. Rogers et al. (2002), S. 10.
- Quote paper
- Karl Svenson (Author), 2021, Analyse des Retourenmanagements von großen und mittelständischen Online-Händlern. Eine vergleichende Untersuchung aus Kundensicht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1134045
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