Die hier vorgestellte Arbeit befasst sich mit der Gründungsphase eines Monte in der Stadt Neapel.
Zunächst soll in einem ersten Kapitel das Phänomen dieser für das spätmittelalterliche Italien so charakteristischen Kreditinstitute nähergebracht werden. Fragen nach der Legitimität kirchlichen Kreditgeschäftes sind dabei genauso entscheidend, wie der Wandel im Umgang mit der Auseinandersetzung mit dem Wucherbegriff und dem kanonischen Zinsverbot. Daran anschließend sollen die Anfänge der Monti di Pietà im Königreich Neapel nachgezeichnet werden, bevor die Statutensammlung vorgestellt werden soll.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Pfandleihe im Dienste der Pietas
2. Die Entstehung des Monte di Pieta in Neapel
3. Analyse einer Statutensammlung aus dem Primo Libro De Conclusioni Del Sac(ro) Monte Dila Pieta von 1578
3.1. Einführende Anweisungen
3.2. Über die guardarobba
3.3. Über den cassiero
3.4. Über den apprezzatore
3.5. Über den scrivano
3.6. Über die agiutanti
3.7. Allgemeine Kapitel
Fazit
Anhang
Statutensammlung im Primo Libro De Conclusioni Del Sac(ro) Monte Dila Pieta (1578), original im Archiv der Banco di Napoli, fol. 180r-198r
Quellenverzeichnis
Literaturverzeichnis
Einleitung
»Du darfst von deinem Bruder keine Zinsen nehmen: weder Zinsen für Geld noch Zinsen für Getreide noch Zinsen für sonst etwas, wofür man Zinsen nimmt.« (Dtn 23,20)
Dieser Vers aus dem Fünften Buch Mose ist nur ein Beispiel für zahlreiche Stellen, in denen in der Bibel explizit das Nehmen von Zinsen angeprangert wird,1 und aus denen bereits frühe Kirchengelehrte wie etwa Augustinus von Hippo (354-430) ein Verbot für die gesamte Chris- tenheit ableiteten, Geld gegen Zins zu verleihen, es entgegenzunehmen, oder anderweitig Ge- winn durch Zinsnahme zu erzielen. In den folgenden Jahrhunderten festigte sich die Ablehnung der Kirche gegen jede Art der Zinsnahme, allein Juden und den sogenannten „Lombarden“ war es gestattet, Geld gegen Zinsen zu verleihen, um so den vorhandenen Bedarf an Krediten zu befriedigen. Doch die wirtschaftliche Praxis wich den von Papst und Kirche gegebenen Normen stark ab, wie sich an der Toleranz einiger Stadte in ihren Stadtrechten gegenüber Wucherge- schaften zeigt.2 Seinen Höhepunkt erlangte das kanonische Zinsverbot 1311 in einem Dekret Papst Clemens V., in welchem die Kirche jedwede Zinsnahme und wucherisches Geschaft unter die Strafe des Kirchenbanns stellt:
Denn im Widerspruch zum göttlichen und menschlichen Gesetz billigen sie die Sünde des Zinsnehmens und gestatten nicht nur durch ihre eidlich bekraftigten Verordnungen Zins- nahme und Zinszahlung, sondern zwingen vielmehr ausdrücklich die Schuldner zur Ent- richtung von Zinsen; zugleich erlegen sie denjenigen, die bereits gezahlte Zinsen zurück- fordern, entsprechend dem Zweck ihrer Vorschriften erheblichen Rechtsnachteile auf und verhindern durch solche unsittlichen und unlauteren Bestimmungen ihre Rückforderung. Wir wollen daher diesem verderblichen Missbrauch entgegentreten und haben mit Zustim- mung des heiligen Konzils das Folgende beschlossen: Alle Obrigkeiten besagter Gemein- wesen, Vorsteher, Amtsleute, Ratsherren, Richter, Rate oder sonstige Beamten, die sich vorsatzlich anmaBen sollten, künftig Verordnungen dieser Art zu erlassen oder Urteile zu fallen, wonach Zinsen gezahlt werden oder bereits gezahlte Zinsen nicht vollstandig und freiwillig rückerstattet werden sollen, ziehen sich den Ausspruch der Exkommunikation zu.3
Die Drohung des Papstes wurde durchaus ernstgenommen. Es folgten in italienischen, franzö- sischen und auch deutschen Stadten Erlasse, die Wucher untersagten und einige italienische Stadtrate baten den Papst sogar um Absolution für ihre Sünde der Zinsnahme. 4 Doch gerade in den prosperierenden Stadtstaaten Zentral- und Norditaliens sollte sich die Art der theologi- schen, ökonomischen und sozialen Auseinandersetzung mit dem verzinsten Kredit in den kommenden zwei Jahrhunderten maBgeblich verandern, namentlich durch die Schaffung der soge- nannten Monti di Pieta.
Die hier vorgestellte Arbeit befasst sich mit der Gründungsphase eines solchen Monte in der Stadt Neapel, wobei die Quellenlage hierbei nicht gerade einfach erscheint. Denn die Grün- dungsdokumente, welche die Franziskanermönche, sich ab der Spaltung des Ordens 1517 Observanten nennend, sehr wahrscheinlich angefertigt hatten, sind allesamt wahrend eines Bran- des vernichtet worden. So gilt als frühestes schriftliches Zeugnis des Monte di Pieta in Neapel das Primo Libro De Conclusioni Del Sac(ro) Monte Dila Pieta,5 welches die Jahre 1574 bis 1594 dokumentiert.6 Die darin enthaltenen Conclusiones geben Auskunft darüber, wie der Monte sowohl personell als auch strukturell organisiert war.
Zunachst soll in einem ersten Kapitel das Phanomen dieser für das spatmittelalterliche Ita- lien so charakteristischen Kreditinstitute nahergebracht werden. Fragen nach der Legitimitat kirchlichen Kreditgeschaftes sind dabei genauso entscheidend, wie besagter Wandel im Um- gang mit der eingangs zitierten Auseinandersetzung mit dem Wucherbegriff und dem kanoni- schen Zinsverbot. Daran anschlieBend sollen die Anfange der Monti di Pieta im Königreich Neapel nachgezeichnet werden, bevor die oben genannte Statutensammlung vorgestellt werden soll.
Die jüngere italienische Historiographie hat sich in den 1990er Jahren bereits ausgiebig dem Thema der Monti di Pieta angenommen,7 wahrend die Literatur über das gröBtenteils auf Italien beschrankte Phanomen der Monti di Pieta in der deutschen8 und englischen9 Geschichts- wissenschaft noch übersichtlich ist. Ziel dieser Arbeit soll sein, ausgehend von den Erkenntnis- sen der bisherigen Forschung, sowie der Untersuchung der genannten Quellen die Funktions- weise des Monte di Pieta in der pulsierenden Metropole Neapel besser zu verstehen.
1. Pfandleihe im Dienste der Pietas
Lassen sich erste Formen des Depositenbankwesens bereits in der Spatphase der römischen Republik, sowie im Nahen Osten zur Zeit des Propheten Mohammeds beobachten,10 so liegen die eigentlichen Ursprünge der Monti di Pieta im 14. Jahrhundert. Zu dessen Beginn entstanden erstmals in Mittelitalien stadtische Institutionen, welche sich monte nannten. Diese Bezeich- nung lasst sich auf das buchstabliche Anhaufen von Geldmünzen, im Falle der Monti di Pieta auch von Sachobjekten, zurückführen. Die Funktion dieser öffentlichen Protobanken war es, bei finanziellen Notlagen den armeren Mitgliedern einer Gemeinde auszuhelfen - die Einzah- lungen durch die Bürger einer Stadt dienten somit dem bonum commune. Zahlreiche Stadte gründeten im Laufe des 14. und 15. Jahrhunderts Institutionen, die diesem Prinzip folgten, wenn auch mit unterschiedlichen Namen (etwa in Florenz der Monte Comune oder der Monte delle Doti, in Venedig der Monte Vecchio, oder in Mailand die Banco di Sant'Ambrogio).11 Gerade der florentinische Monte delle Doti, welcher 1425 seinen Dienst aufnahm, ist für die Betrach- tung des neapolitanischen Monte interessant. An diesen konnten »Familienvater bei Geburt ei- ner Tochter Einlagen einzahlen, deren Zinsen als Mitgift für heiratsfahige Töchter dienten.«12 Diesen besonderen Dienst bot auch der Monte di Pieta in Neapel an, was ein Register am Ende des Primo Libro De Conclusioni belegt, in welchem unter dem Buchstaben M auf drei Seiten unzahlige »Ehemanner« (maritaggio) aufgelistet sind.13 Die Eintrage nennen neben dem Namen der Braut auch die Seitenzahl des dazugehörigen Kontrakts, welcher sich jedoch wahr- scheinlich in einem anderen Buch befunden haben muss. Als Beispiel sei der folgende Listen- eintrag angeführt:
- maritaggio d'Anna milana carafa 98. 14
Neben der in dieser Liste am haufigsten verwendeten Bezeichnung carafa finden sich zwei weitere - bon[n]ono und bla[n]co -, welche der Seitenzahl vorausgehen. Bei ersterem könnte es sich um den Familiennamen des neapolitanischen Hochadelsgeschlechts der Carafa handeln, aus welchem im 15. bzw. 16. Jahrhundert neben Papst Paul IV. (bürg. Gian Pietro Carafa, P.M. 1559-1565) acht Pralaten der Erzdiözese Neapel entstammten.15 In welchem Zusammenhang diese Familie mit dem Depositengeschaft für zu vermahlende Töchter steht, lasst sich jedoch aus heutiger Sicht nicht eindeutig erkennen. Ebenso unklar bleibt die Bedeutung der beiden anderen Begriffe bonnono und blanco.16
In Anbetracht der eingangs bereits betrachteten Verurteilung des Zinsnehmens erscheint es zunachst verwunderlich, dass 1425 in Florenz erstmalig ein Depositensystem geschaffen wurde, welches darauf abzielte, durch Zinsen (dem sogenannten interesse) Brauten eine Mitgift zu geben. Dieser Befund deckt sich jedoch mit der Annahme, dass das kanonische Zinsverbot spatestens ab der Mitte des 15. Jahrhunderts für die italienische Finanzpraxis rapide an Bedeu- tung verlor. Zinsen in geringem AusmaB zu nehmen, stellte - wie spater gezeigt werden soll - offenbar für die Monti als Institutionen im Dienste der caritas kein Problem dar.
Doch konnten keinesfalls alle Teile der Bevölkerung von den Vorzügen der frühen Monti profitieren. Um Gewinn aus den Depositen zu erzielen, bedurfte es eines gewissen Vermögens, welches man beim Monte einzahlen konnte. Armeren Bevölkerungsschichten, die nicht über solches Grundkapital verfügten, blieb somit der Zugang zu diesen Instrumenten des Finanz- marktes verwehrt. Benötigten sie frisches Kapital, mussten sie sich an jüdische Geldverleiher wenden, welche schon bei geringen Kreditsummen hohe Zinsen erhoben. Des Weiteren fehlte vielen armen Menschen auBerhalb stadtischer Zentren der Zugang zu diesen Kreditgebern.17 Die hohen Kreditkosten, sowie die immer prekarer werdende Lage, in welcher sich die armeren Bevölkerungsteile befanden, etwa durch Naturkatastrophen oder Kriege, zwangen die Brüder des Franziskanerordens, welcher sich der Fürsorge der Armen verschrieben hatte, zu handeln.18
Das Resultat war die Erschaffung »[christlicher Geldleihinstitute], die durch zinslose Kleinkredite die armere Bevölkerung in saisonalen oder anderweitig bedingten Krisen vor Ver- schuldung bewahren sollten«.19 Entscheidend ist, dass sich der Fokus der Franziskaner hierbei nicht auf die »armste« Bevölkerungsgruppe richtete - für die Mittellosen sah die kirchliche Fürsorge Almosen vor -, sondern auf die sogenannten pauperes pinguiores. Zu ihnen zahlten nach Tanja SKAMBRAKS Mitglieder der »unteren Mittelschicht« wie etwa einfache »Handwer- ker, Angestellte und Bauern, [...] deren Ertrag aus eigener Arbeit gerade zur Existenzsicherung, jedoch nicht darüber hinaus ausreichte.«20 Benannt wurden diese Einrichtungen, welche sich nach der erstmaligen Gründung in Perugia 1462 in ganz Zentral- und Norditalien ausbreiteten, nach dem Ideal der christlichen Nachstenliebe: Montes Pietatis oder Monti di Pieta (dt.: »Berge der Frömmigkeit/ Barmherzigkeit«). In Folge einer regelrechten Werbekampagne durch die Prediger des Franziskanerordens, wie etwa Fra Marco da Montegallo (1425-1496) oder Ber- nardino da Feltre (1439-1494),21 eröffneten zahlreiche weitere Monti (1463 in Orvieto, 1471 in Viterbo, 1472 in Siena, 1473 in Bologna, 1483 in Mailand, 1495 in Florenz). Binnen einhun- dert Jahre entstanden so mehr als 200 Monti.22
Die erste Hürde bei der Gründung eines Monte bestand in der Beschaffung des für die Funktionsfahigkeit notwendigen Grundkapitals. Zu den Möglichkeiten zahlten hierbei neben Einzelspenden, die sowohl von Bürgern als auch von Stiftungen stammen konnten, auch Al- mosen, bzw. Kollekten.23 In Florenz bspw. wurde von den sogenannten formatori, den Begrün- dern des Monte di Pieta, angeordnet, in allen Kirchen der Stadt eigene Behalter anzubringen, in welchen Bürger der Stadt einen kleinen Obolus für den Monte entrichten konnten. Für die Kollekte in der Kirche San Marco sind für den 6. Marz 1497 zwei Lire und achtzehn Soldi vermerkt. Die Ertrage aus anderen Kollekten ahneln diesem Betrag, der nach MENNING jedoch weit unter dessen gelegen haben muss, was für das reibungslose Operieren des Monte notwen- dig war.24 Die prekare finanzielle Situation, mit der sich die Monti vielerorts auseinandersetzen mussten, zwang die Ordensbrüder schlieBlich dazu, von ihrem hehren Ziel, zinsfrei Kredite an die pauperes pinguiores zu vergeben, abzurücken.
Wie bereits angesprochen, stellte diese Notwendigkeit die Betreiber der Monti vor ein theologisch-moralisches Dilemma: wie sollten sie das in der heiligen Schrift eigentlich verbo- tene Nehmen von Zinsen rechtfertigen? Über diese Frage entbrannte in der zweiten Halfte des 15. Jahrhunderts ein heftiger Streit zwischen den Franziskanern, welche als Betreiber der Monti dieses interesse befürworteten und dessen Kritikern, meistens aus dem Lager der Dominika- ner.25 Wahrend die einen in ihm die Notwendigkeit sahen, um überhaupt den heiligen Dienst der caritas leisten zu können, verdammten die anderen jegliche Zinsnahme als wucherisch. In ihren Augen übernahmen die Monti damit eben jene Praxis, welche zuvor bei den jüdischen Kreditgebern kritisiert worden war. Sie verkamen, so der Augustinereremit Niccolo Bariani (1440-1403) zu »Montes impietates«.26 Die Debatte um die RechtmaBigkeit der Zinsnahme beschrankte sich nicht allein auf den theologischen Diskurs, sondern wurde auch auf dem Ge- biet des Zivil- und Kirchenrechts ausgetragen. Laut Nicola Lorenzo BARILE stellen die dabei verfassten Gutachten (consilia) eine bedeutende Quellengattung für die Erforschung des juris- tischen Kontexts der Monti dar.27 In ihnen verteidigten namhafte Juristen wie Fortunato Cop- poli (1430-1477) oder der Franziskaner Bernadino de Bustis (Studium der Rechtswissenschaf- ten zwischen 1475 und 1476) die Zinspraxis der Monti.28
Letztlich setzte sich die Position der Franziskaner durch. Mit der Bulle Inter Multiplices erlaubte Papst Leo X. wahrend des Fünften Lateranums 1515 den Monti, für die Deckung ihrer laufenden Kosten ein geringes interesse zu entrichten, jedoch »without a gain for the Monti themselves«.29 Tatsachlich lagen die Zinsen, welche die Monti erhoben, mit ca. 5%30 deutlich niedriger als die bei jüdischen Kreditgebern durchaus üblichen 30-40%.31 Die dadurch gewahr- leistete finanzielle Absicherung, so die Logik der Kurie, übersteige daher in ihrem karitativen Nutzen das Laster der Zinsnahme. Damit verloren die Monti das Stigma der Wucherei. DreiBig Jahre spater wurden sie auf dem Konzil von Trient 1545 in den Kreis der Instituti Pii aufge-nommen.32
Die Monti di Pieta folgten dem Vorbild ihrer Vorlaufer, Kapital anzuhaufen, aus welchem dann bei Bedarf gegen die Abgabe eines Pfandobjektes ein Kredit gewahrt werden konnte. Doch welcher Art waren die dabei verpfandeten Objekte? Die Beschaffenheit der Pfander passt durchaus zu den oben bereits aufgeführten handwerklichen Berufsgruppen: neben Stoffen und Kleidungsstücken finden sich oftmals auch Bücher, sowie Schmuck- und Metallgegenstande. 33 Ausgeschlossen von der Verpfandung waren hingegen solche Gegenstande, welche Gefahr lie- fen, wahrend der Einlagerung in den Kammern des Monte zu verrotten oder anderweitig zu verkommen. So verbot etwa der florentiner Monte in seinen Anfangsstatuten von 1496 das Verpfanden von Stoffbahnen und unfertigen Kleidungsstücken. MENNING sieht jedoch als mög- lichen Beweggrund für dieses Verbot neben der vermeintlichen Verrottungsgefahr auch die Tatsache, dass die Autoren in Florenz eine Degradierung des Monte zu einer reinen Lagerhalle für die Textilindustrie der Stadt fürchteten. Erst 1573/4, als das Textilgewerbe in Florenz bereits an Bedeutung verloren hatte, erlaubten die Ordensbrüder des hiesigen Monte die Einlagerung von Stoffbahnen.34 Die Statuten des Monte von Neapel, welche auf fünf, bzw. vier Jahre spater datieren, folgten denen aus Florenz insofern, als sie etwa Lumpen (inviluppi) und Matratzen (materazi) von der Pfandung ausschlossen.35 Doch wie die Bedingungen für den Monte in Ne- apel im Einzelnen waren, sollen die beiden folgenden Kapitel zeigen.
2. Die Entstehung des Monte di Pieta in Neapel
Wie bereits erwahnt, entstanden die neuartigen Monti di Pieta zunachst in Mittelitalien, von wo aus sie ihren Siegeszug durch die Halbinsel starteten. Auch in das Königreich Neapel, den sogenannten »Mezzogiorno«, gelangte dieses Phanomen der von Franziskanern geführten karitativen Pfandleihhauser, wenn auch zunachst in die dem Entstehungszentrum der Emiglia- Romana am nachsten gelegene Region der Abruzzen. So nahm bereits 1466 der Monte in L'Aquila seine Geschafte auf. Es folgten Sulmona 1471 und Pescocostanzo 1517 .36 Erst 1539 sollte auch in der Hauptstadt Neapel ein solches Armenpfandhaus eröffnen. Diesem Ereignis ging, wie in vielen anderen Stadten Italiens, die Vertreibung der Juden voraus. Nachdem diese die Zahlung einer Abgabe an das Königreich Neapel verweigert hatten, drohte ihnen der spani- sche Vizekönig Don Pedro von Toledo am 10. November 1539 erst nur mit der Ausweisung. Der damit verbundene drohende Wegfall von Kreditangeboten dürfte schon genügt haben, um die Errichtung eines Monte in der Stadt zu vollziehen. Zwei Jahre spater folgte dann ein Erlass, der die Ausweisung aller Juden aus dem Königreich Neapel verfügte.37 Anders als bei den Monti in den Stadtrepubliken Mittelitaliens genossen die Monti im »Mezzogiorno« den exklu- siven Schutz des königlichen Hofes: »the southern monti gradually freed themselves of all ecclesiastical supervision, requesting recognition - regio assenso - only of the court of Nap- les.«38 Diese Annahme BARELIS bestatigt sich auch bei der Betrachtung der Statuten des Monte von Neapel aus dem Jahre 1578. Darin wird beispielsweise aufgeführt, dass die Arbeitszeit im Monte in der Regel ausschlieBlich dadurch beendet wird, dass »li regij [sic] ufficiali usciran[n]o dal Tribunale del sac[ro] Regio cons[iglio].« 39 Im Falle eines Rechtsstreits zwi- schen Beamten des Monte von Neapel und dessen »Kunden« in Bezug auf ein Pfandgeschaft wird der sogenannte mensario, der für die Verifizierung der Vertragspartner zustandige Be- amte,40 in den Statuten angehalten, vor der Versammlung der signori protettori, also der anderen hohen Beamten des Montes, den Sachverhalt zu schildern. Daneben sollte auch der Be- schuldigte angehört werden, bevor die protettori den Fall sowohl gemaB der Tradition des Monte (»secondo l'antico solito d'esso sac[ro] mo[n]te«) als auch des übergeordneten König- lichen Privilegs (»conforme al regio Privileggio«) entschieden.41
Eine weitere Besonderheit bei den süditalienischen Monti stellt die Verwendung sogenann- ter fedi di credito dar. Dabei handelte es sich um eine Art Scheck, welche vom Monte bei der Pfandung eines Objekts ausgestellt wurde. Entscheidend für den Erfolg dieser fedi di credito war die »concession of a privilege that permitted the state to accept [them] as a receipt that could be redeemed by third parties for cash. This essentially recognized the paper receipts of the monte as legal currency.«42 Die gezeigte enge Verbindung zwischen den Montes Pietates und der übrigen Finanzstruktur innerhalb des Königreichs Neapel sorgte schlieBlich dafür, dass besagte Monti und andere Bankgattungen in der Region schlieBlich in der Banco di Napoli unter einem Dach zusammengeführt wurden.43
3. Analyse einer Statutensammlung aus dem Primo Libro De Conclusioni Del Sac(ro) Monte Dila Pieta von 1578
Nachdem in den beiden vorangegangenen Kapitel die Ursprünge der Monti di Pieta im Allgemeinen und im Königreich Neapel dargelegt wurden, soll nun der Blick auf die Statuten- sammlung des Monte di Pieta in Neapel von 1578 gerichtet werden. Das P[rimo] Libro deli Conclusioni del Sac[ro] Monte dila Pieta, welches diese Sammlung beinhaltet, stellt die frü- heste schriftliche Quelle für den Monte in Neapel dar. Frühere Aufzeichnungenfielen zum gro- Ben Bedauern wahrend eines Brandes 1786 zusammen mit eingelagerten Pfandern den Flam- men zum Opfer. Im Folgenden sollen die einzelnen Statuten, welche kapitelweise die jeweili- gen Verpflichtungen und Kompetenzen der einzelnen Akteure des Monte von Neapel wieder- geben, zusammengefasst werden. Bei der Analyse soll der ursprüngliche Aufbau der Kapitel beibehalten werden. Angefangen bei der sogenannten Guardarobba,44 wird die Auflistung fort- geführt durch die Instruktionen an den Cassiero (dt.: »Kassier«),45 den Apprezzatore (dt.: »Schatzer«),46 den Scrivano (dt.: »Schreiber«)47 und schlieBlich an die Agiutanti (dt.: »Gehil- fen«).48 Die Statutensammlung schlieBt mit einer langen Liste allgemeiner Kapitel,49 welche an alle Beamte des Monte von Neapel gerichtet waren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3.1. Einführende Anweisungen
Die in Folgenden zu betrachtenden »Instruttioni dè gli ufficiali di questo Sacro Monte della Pieta, linovate nell'Anno 1578« 50 beginnen mit einführenden Worten zu den Beweggründen des Monte und allgemeinen Anweisungen an die Beamten der Institution. Diese sei gegründet worden, um die von den Juden eingeführten Wuchervertrage (»contratti usurarij«) und andere Skandale und Verbrechen im Königreich Neapel zu vermeiden.51 Ziel sei es, die Bedürftigen, hier »bisognosi« genannt, durch »würdevolles Darlehen« (»prestito grattioso«) zu unterstützen. Den Beamten solle es dabei nicht um ihren eigenen Profit in Form möglicher »provisioni« ge- hen, sondern darum, allein Gott zu dienen. Für diesen Dienst seien sie schlieBlich an den Monte berufen worden. Ihre Arbeit wiederum, so der Text weiter, sollen sie mit »Wohltatigkeit« (»con Carita«) und in »treuer Ehrfurcht vor Gott« (»timor di Dio fedelmente«) verrichten, sich dabei immer gegenseitig unterstützend. Allen Beamten des Monte waren die oben bereits erwahnten signori protettori, deren Befehle sie zu befolgen hatten, jedoch immer in Einklang mit den hier angeführten Anweisungen. Die folgenden Kapitel geben Auskunft darüber, wie der Arbeitsall- tag der einzelnen Beamten geregelt war.
3.2. Über die guardarobba
Die sogenannte guardarobba, also der Raum, in dem die Pfandobjekte sicher verwahrt werden sollten, wurde an Werktagen zu explizit festgelegten Zeiten geöffnet, um dort Objekte einzulagern, bzw. zu entnehmen (vgl. Kapitel 3.7). AuBerhalb dieser Zeiten sollten insgesamt vier Schlösser die guardarobba sichern, für die der sogenannte custodire, der »Wachter«, zwei Schlüssel besaB. Dabei waren die Schlüssel nur für das jeweilige Schloss passend, es gab also keinen Generalschlüssel, mit dem alle Schlösser geöffnet werden konnten - eine MaBnahme, die zusatzlich Sicherheit schuf. Dem custodire war zudem untersagt, seine Schlüssel weiterzu- geben. Nur er allein war dafür zustandig, die vier Schlösser am Morgen eines jeden Arbeitstages zu öffnen. Wahrend die guardarobba geöffnet war, musste er zudem ohne Unterbrechung seiner Aufgabe nachkommen, über die Pfander zu »wachen«.52 Im Lagerraum des Montes durften, wie bereits oben angedeutet, freilich nicht alle Objekte als Pfand angenommen werden. Explizit ausgeschlossen von der Verpfandung waren Waffen jeglicher Art, Bücher, Matratzen, Lumpen, Leder, Pelze und Kunstschmuck. Besonders bemerkenswert ist die explizite Nennung von »Wischtüchern« (»panni di coiro«). Womöglich war zuvor bereits versucht worden, Stoffreste, die bei der Verrichtung der Notdurft zum Einsatz gekommen waren, beim Monte als Pfand einzulösen. Ebenso fallt diese Unterstreichung im Original auf: »gioie, ben che _ fussero vere«. Ein Umstand, der darauf schlieBen lasst, dass durchaus auch versucht worden war, den Beamten des Monte unechten Schmuck unterzujubeln.53 Die Textilien wie auch die Waffen bargen für den Monte das Risiko eines Wertverlustes, sei es dadurch, dass sie verrotteten oder stumpf wurden. (Edel-)Metalle galt es stets zuvor von Textilien zu trennen und beides als separate Pfander aufzunehmen.
Ebenso ausgeschlossen wie die genannten Objekte waren Gegenstande kultischer oder re- ligiöser Handlungen, sofern nicht die Erlaubnis des Erzbischofs von Neapel oder einem anderen Ordenspralaten vorlag, durch welche der rechtmaBige Erwerb des Objekts bestatigt wurde. Sollten solche Pfander dennoch vom Schatzer des Monte, dem apprezzatore (vgl. Kapitel 3.4), geschatzt worden sein, war es den anderen Beamten dennoch verboten, Kredit über diese Pfan- der auszugeben.54 Letztlich war auch die GröBe eines Pfandobjektes ausschlaggebend dafür, ob es in die guardarobba gelangen durfte oder nicht. In dem Falle, dass ein Pfand zu verworren (bspw. bei Textilien) war, oder weil es womöglich gegenüber den »gewöhnlichen Pfandern« (»pegni ordinarij«) zu viel Platz in Anspruch genommen hatte, war der Beamte in der guarda- robba angewiesen, die signori protettori darüber zu informieren. Ihnen stand es dann zu, den Fall zu beurteilen und darüber zu entscheiden, ob das Pfandobjekt angenommen werden durfte oder ob es abgewiesen wurde.55
Angenommen wurden Pfandobjekte mindestens einmal im Monat, wobei die Pfander aus Wolle wegen der »besonderen Gefahr« (»mag[nifico] pericolo«), Schaden zu nehmen, Prioritat hatten. Die angenommen Objekte wurden sodann vom für die guardarobba zustandigen Beam- ten und dessen Gehilfen in das Lager einsortiert. Zur Pflege der guardarobba zahlte neben regelmaBigem Abstauben die generelle Sorgfalt, dass die Pfander keinen Schaden nahmen, sei es durch eben genannten Staub, oder durch den Befall von Ratten. Des Weiteren war der Be- amte angewiesen, alle fragilen Pfander beiseitezulegen und eine Liste mit diesen anzufertigen, die er dem in diesem Monat diensthabenden signore protettore zu überreichen hatte. Dieser sollte daran anschlieBend all jene Pfander verkaufen, die seiner Meinung nach am gefahrdetsten waren. Dabei musste der Beamte allerdings darauf achten, dass nur die Pfander verkauft wur- den, die entweder den Vertragszeitraum überschritten hatten.56
Die öffentliche VerauBerung von Pfandstücken fand in Neapel dreimal im Jahr in regelma- Bigen Abstanden statt: im April, im August und im November. Hierbei zog ein Beamter mit einem Glöckchen durch die ganze Stadt und die umliegenden Burgen, um die Bevölkerung auf die Auktion aufmerksam zu machen. Gleichzeitig, so die Statute weiter, sollte diese Kundge- bung dazu dienen, die übrigen Schuldner daran zu erinnern, ihr Pfand rechtzeitig abzulösen, in der Regel ohne eine Verlangerung (die auch möglich war) binnen eines Jahres nach Kredit- nahme.57
3.3. Über den cassiero
Ahnlich wie der für die guardarobba zustandige Beamte besaB auch der cassiero, der kassier, zeit seines Amtes zwei Schlüssel zu den Raumlichkeiten des Monte, in denen sich der Aufbewahrungsort der Pfander, sowie der der Kasse der Pfandgelder befand. Auch diese Schlüssel durften nie unrechtmaBig in die Hand einer anderen Person gelangen. So wie der Custodire stets über die Pfandobjekte zu wachen hatte, so durfte auch der cassiero wahrend der Öffnungszeiten des Monte die Kasse zu keinem Zeitpunkt aus den Augen lassen, so lange, bis er den Raum, in der sie sich befand, wieder mit seinen Schlüsseln verschlossen hatte. Einzig der cassiero hatte die Befugnis, die Gelder zu erhalten, welche dem Monte durch den Verkauf der Pfander zukam. Er hatte dabei explizit darauf zu achten, dass kein Falschgeld in seine Kasse gelangte. Ebenso war er es, der Geld für Kredite ausgab, nachdem ein Objekt verpfanden worden war. Jegliche Bewegungen in der Kasse musste der cassiero in seinem Kassenbuch führen, stets mit dem vollstandigen Namen des Schuldners, der ausgegebenen Geldmenge, sowie der Seitenzahl und dem Buchstaben, unter welchem der Schuldner in das Pfanderbuch eingetragen wurde. Die so ausgestellten Vertrage übertragt er dann wöchentlich in das Pfandbuch.58 Der Kassier hat des Weiteren die Verpflichtung, Bürgschaften für Anleihen einzuholen. Diese durfte weder von einem Kleriker noch von Minderjahrigen (»figli fameglie«, wörtlich »Fami- liensöhne«, in den florentiner Statuten auch »pupilli«) in oder Frauen geleistet werden.59
Die Verfasser der Statuten sorgten sich offenbar um mögliche Korruption in den Mauern des Monte. So ist der Vermerk zu verstehen, dass der cassiero im Falle einer »Einmischung eines der Beamten des Monte« (»intromettendosi in ciö alcuno ufficiale del monte«) unverzüg- lich Meldung an die signori protettori geben musste.60 Doch auch mögliche Vergehen von Sei- ten eines cassiero wurden in den Statuten unter Strafe gestellt. So war die Unterschlagung von Einkünften durch diesen strengstens verboten. AuBerdem war der cassiero in jedem Fall dafür verantwortlich, dass kein Geld in andere Hande gelangte, sowie dass die Kassen des Monte strikt voneinander getrennt wurden. Seine Strafe beinhaltete neben der sofortigen Kündigung auch die Entschadigung der verlorengegangenen Schadenssumme aus eigener Tasche.61 Ob es wie in Florenz beim Monte di Pieta in Neapel einen hierarchisch über allen anderen Kassiers stehenden Beamten gab, dort camarlingo genannt, darüber gibt die Statutensammlung leider keine Auskunft. Die hier geauBerten Regeln galten zunachst für alle cassieri gleichermaBen, wie auch für die signori protettori.
Dahingegen wird ein besonderer Beamter auch in der hier zu untersuchenden Statuten- sammlung explizit erwahnt: der mensario, andernorts auch massaro (Florenz) genannt.62 Ihm allein war es erlaubt, bei der Annahme und Rückgabe von Pfandern einzugreifen63 und die Berechtigung der Klienten als pauperes pinguiores zu bestatigen oder abzulehnen.64 Auch ob- lag es dem mensario, beim Verkauf der abgelaufenen Pfander die Objekte, die in die Liste aufgenommen werden sollten, zu bestimmen.65 War der cassiero angewiesen, bei der Auszah- lung von Krediten über ein Pfand auf Depositen des Monte zurückzugreifen, musste zunachst ein Beleg, ein sogenannter bolettino, ausgestellt werden, der diesen Vorgang für den Beamten, der das Hauptbuch (libro maggiore) zu diesem Zeitpunkt führte, dokumentierte. Auf diesem bolettino wurde die Summe aufgeführt, welche nun in der Depositenkasse fehlte. Er mit der Unterschrift sowohl des cassiero als auch des mensario war dieser Beleg gültig.66
3.4. Über den apprezzatore
Zunachst geben die Statuten bezüglich des apprezzatore, des für die Schatzung der Pfander zustandigen Beamten, Angaben zum Schatzungsvorgang. Demnach war der apprezzatore dazu verpflichtet, seine Schatzung allein in den Raumlichkeiten des Monte durchzuführen. Dabei musste er ausnahmslos alle Objekte, die ihm gebracht wurden, begutachten und die jeweilige Höhe des über sie auszugebenden Kredits berechnen. So durfte der Kreditwert bei Wollpfan- dern die Halfte des eigentlichen Pfandwertes nicht übersteigen. Diese Berechnung folgte der bereits oben angesprochenen Risikobehaftung von Textilpfandern. Nicht ganz so anfallige Stoffe aus Leinen oder Seide ermöglichten einen Kreditwert von zwei Dritteln des Pfandwertes.
Bestand ein Pfandobjekt aus Edelmetallen wie Gold, Silber oder Kupfer, so durfte der apprez- zatore hierfür einen Kreditwert von drei Vierteln des Pfandwertes veranschlagen. Genügte der geschatzte Wert eines Pfandobjektes nicht aus, um darüber einen ordentlichen Kreditbetrag auszugeben, war der apprezzatore angewiesen, das Objekt abzuweisen.
Entscheidend für den zu ermittelnden Schatzwert war, dass ausschlieBlich der Materialwert vom apprezzatore berücksichtigt werden durfte. Faktoren wie der künstlerische Wert eines Pfandobjektes galt es von der Berechnung ganzlich auszuschlieBen. Seine Schatzung protokol- lierte der apprezzatore dann sowohl für die Einlagerung in der guardarobba als auch für den cassiero. Das ausgestellte Dokument beinhaltete neben dem kompletten Namen des Pfanders die Menge, die Qualitat und die Pfandnummer. Handelte es sich um ein Pfandobjekt aus Edel- metall, so musste der apprezzatore auBerdem noch das Gewicht aufführen.67
Neben der Schatzung der Pfandobjekte war der apprezzatore auch für die Schatzung der Depositen zustandig. Diese unterschied sich von Ersterer lediglich dadurch, dass bei ihnen der custodire anwesend sein musste. So wurde vermeintlichem Betrug vorzubeugen versucht.68 Besonderes Augenmerk hatte der apprezzatore bei Pfandern aus Edelmetallen an den Tag zu bringen. Sofern sie nicht augenscheinlich von einheimischen Goldschmieden (»orefici di q[ue]sta Citta«) stammten, musste er sie auf ihre Echtheit hin überprüfen. So sollte vermieden werden, dass der Monte gepfuschte Metallobjekte in seine guardarobba aufnahm. Genauso wie es dem Beamten in eben dieser guardarobba verboten war, Bücher, Klingen, Matratzen usw. als Pfander einzulagern, war es auch dem apprezzatore untersagt, solche Objekte überhaupt zu schatzen.69 Auch dieser Beamte haftete im Falle eines Verlustgeschaftes für den Monte, etwa durch das fehlerhafte Schatzen eines Objektes, mit seinem eigenen Vermögen.70
[...]
1 Weitere sind: »Sein Geld hat er nicht auf Wucher verliehen und gegen den Schuldlosen nahm er keine Bestechung an.« (Ps 15,5), »Leihst du einem aus meinem Volk, einem Armen, der neben dir wohnt, Geld, dann sollst du dich gegen ihn nicht wie ein Glaubiger benehmen. Ihr sollt von ihm keinen Zins fordern.« (Ex 22,24), »Nimm von ihm keinen Zins und Wucher! Fürchte deinen Gott und dein Bruder soll neben dir leben können. Du sollst ihm weder dein Geld noch deine Nahrung gegen Zins und Wucher geben.« (Lev 25,36-37), »Von einem Auslander darfst du Zinsen nehmen, von deinem Bruder darfst du keine Zinsen nehmen, damit der Herr, dein Gott, dich segnet in allem, was deine Hande schaffen, in dem Land, in das du hineinziehst, um es in Besitz zu nehmen.« (Dtn 23,21), »Er gibt nicht gegen Zins und treibt keinen Wucher. Er halt seine Hand vom Unrecht fern. Zwischen allen fallt er einen gerechten Richtspruch.« (Ez 18,8), »[Wenn dieser] gegen Zins gibt und Wucher treibt - soll der am Leben bleiben? Er soll nicht am Leben bleiben. Er hat alle diese Graueltaten verübt. Er hat den Tod verdient. Seine Bluttaten werden auf ihm sein.« (Ez 18,13), »Bei dir hat man Bestechung angenommen, um Blut zu vergieBen. Du hast Zins und Wucher genommen und deinen Nachsten hast du durch Erpressung geschadigt. Mich aber hast du vergessen - Spruch Gottes, des Herrn.« (Ez 22,12), »Leihet, ohne etwas zurückzufordern.« (Lk 6,35); vgl. die Auflistung der Bibelstellen bei Pirmin SPIESS, Das kanonische Zinsverbot. Ein rechtshistorischer Beitragzur spat- mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Kreditordnung, in: Hans AMMERICH (Hrsg.), Festschrift zum 100jahrigen Bestehen der Pfalzischen Hypothekenbank, 2. erw. Aufl. d. Jubilaumsausg., Speyer 1986, S. 81.
2 Vgl. Hans-Jörg GILOMEN, Christlicher Glaube und Ökonomie des Kredits im Spatmittelalter, in: Gerhard FOU- QUET / Sven RABELER (Hrsg.), Ökonomische Glaubensfragen. Strukturen und Praktiken jüdischen und christli- chen Kleinkredits im Spatmittelalter (= Vierteljahrsschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte — Beihefte 242), S. 126f.
3 Liber Clementarum V, titulus V, caput I, zit. nach SPIESS, kanonisches Zinsverbot, S. 81.
4 Vgl. GILOMEN, Glaube und Ökonomie, S. 127.
5 Anonym, Primo Libro De Conclusioni Del Sac(ro) Monte Dila Pieta, 1474-1494, Archiv der Banco di Napoli.
6 Dies wurde mir vor Ort von Seiten des Archives der Banco di Napoli bestatigt. An dieser Stelle möchte ich meinen Dank auBern den Mitarbeiter:innen des Archives, die wahrend meines Aufenthaltes in Neapel vom 23.26.04.2019 freundlicherweise für jegliche Rückfragen zur Verfügung standen.
7 Siehe u.a. Paola AVALLONE, Stato e banchi pubblici a Napoli a meta del '700. Il Banco dei Poveri: una svolta, Edizioni Scientifiche Italiane, Napoli 1995; Dies. (Hrsg.), Il »povero« va in banca. I Monti di Pieta negli antichi stati italiani (secc. XV-XVIII), Napoli 2001; Dies., Prestare ai Poveri. Il credito su pegno e i Monti di Pieta in area Mediterranea (secoli XV-XIX), Turino 2007; Maria Giuseppina MUZZARELLI, Il denaro e la salvezza: l'in- venzione del Monte di Pieta. (= Collana di storia dell'economia e del credito 10), Bologna 2001.
8 Siehe Heribert Holzapfel, Die Anfange derMontes Pietatis (1462-1515), München 1903; Tanja Skambraks, Expertise im Dienste der Caritas. Die Monti di Pieta zwischen gelehrtem Wissen und Erfahrungswissen, in: Ma- rian FÜSSEL/ Philip KNABLE/ Nina ELSEMANN (Hrsg.), Wissen und Wirtschaft. Expertenkulturen undMarkte vom 13. bis 18. Jahrhundert, Göttingen 2017, S. 169-189.
9 Siehe Abbott Payson USHER, The Origins of Banking. The Primitive Bank of Deposit, 1200-1600, in: The Eco- nomic History Review 4/4 (1934), S. 399-428; Andrea GATTo, Historical Roots of Microcredit and Usury. The Role of Monti di Pieta in Italy and in the Kingdom of Naples in XV-XX Centuries, in: Journal of International Development 30/5 (2018), S. 911-914.
10 Vgl. USHER, The Origins of Banking, S. 402.
11 Vgl. Jacques HEERS, Art. »Montes«, in: LexMa, Bd. 6, Sp. 795f.
12 Ebd.
13 Anonym, Primo Libro, fol. 285r-286v.
14 Ebd., fol. 285r.
15 Vgl. Conrad EUBEL, HC, Bd. 2, Münster 1914, S. 200, online aufgerufen über: Brepolis Medieval Encyclopae- dias - Europa Sacra Online, Stichwort »Napoli«, http://apps.brepolis.net/europa sacra/test/Default2.aspx (letzter Aufruf: 26.08.2021); Ders., HC, Bd. 3, Münster 1923, S. 255, online aufgerufen über: Brepolis Medieval Ency- clopaedias - Europa Sacra Online, Stichwort »Napoli«, http://apps.brepolis.net/europa sacra/test/Default2.aspx (letzter Aufruf: 26.08.2021)
16 Es würde sich durchaus lohnen, das Depositengeschaft für zu vermahlende Töchter am Monte von Neapel ge- nauer zu betrachten, was jedoch den Rahmen dieser Arbeit überschreiten würde.
17 Vgl. Maria Giuseppina MUZZARELLI, Il Credito che »cura«. Il Monte di Pieta, in: Paola AVALLONE, Il »povero« va in banca. IMonti di Pieta negli antichi stati italiani (secc. XV—XVIII), Napoli 2001, S. 19.
18 Vgl. Paola Avallone, Il credito su pegno nel Regno di Napoli (XVI-XIXsecolo), in: dies. (Hrsg.), Prestare ai poveri. Il credito su pegno e i Monti di Pieta in area Mediterranea (secoli XV—XIX), Turino 2007, S. 71.
19 Philine HELAS, Die Predigt in der Weltenlandschaft. Zur Agitation von Frau Marco da Montegallo für den Monte di Pieta in einem Stich von Francesco Rosselli (ca. 1485), in: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 31 (2004), S. 105.
20 SKAMBRAKS, Expertise im Dienste der Caritas, S. 171f.
21 Vgl. HELAS, Die Predigt in der Weltenlandschaft, S. 105-107.
22 Vgl. SKAMBRAKS, Expertise im Dienste der Caritas, S. 172.
23 Vgl. HEERS, Art. »Montes«, Sp. 796f.
24 Vgl. Carol Bresnahan MENNING, Charity and State in Late Renaissance Italy. The Monte di Pieta of Florence, Ithaca (NY) und London 1993, S. 54.
25 Vgl. AVALLONE, Il credito su pegno, S. 72.
26 Vgl. SKAMBRAKS, Expertise im Dienste der Caritas, S. 176f.
27 Vgl. Nicola Lorenzo BARILE, Monti di Pieta in Modern Scholarship. Themes, Studies, and Historiographic Trends, in: Renaissance and Reformation 35/3 (2012), S. 90.
28 Vgl. SKAMBRAKS, Expertise im Dienste der Caritas, S. 176
29 Leo X., Inter Multiplices, Rom 1515, zit. nach: GATTO, Historical Roots of Microcredit and Usury, S. 912.
30 Vgl. MUZZARELLI, Il Credito che »cura«, S. 25.
31 Vgl. AVALLONE, Il credito su pegno, S. 73.
32 Vgl. GATTO, Historical Roots of Microcredit and Usury, S. 913.
33 Vgl. SKAMBRAKS, Expertise im Dienste der Caritas, S. 172.
34 Vgl. MENNING, Charity and State in Late Renaissance Italy, S. 48f.
35 Vgl. Anonym, Primo Libro, fol. 189v.
36 Vgl. AVALLONE, Il credito su pegno, S. 80.
37 Vgl. AVALLONE, Il credito su pegno, S. 74f.
38 BARILE, Monti di Pieta in Modern Scholarship, S. 96.
39 Anonym, Primo Libro, fol. 193v.
40 Vgl. BARILE, Monti di Pieta in Modern Scholarship, S. 91.
41 Anonym, Primo Libro, fol. 198r.
42 BARILE, Monti di Pieta in Modern Scholarship, S. 95.
43 Vgl. GATTO, Historical Roots of Microcredit and Usury, S. 913.
44 »Quel, che in particolare haura da osservare il Guardarobba, e Custode de[i] pegni del detto sacro monte.«: Anonym, Primo Libro, fol. 180r-184v.
45 »Ilpeso, che specialme[n]te pertiene al Cassiero de[i] denari de[i pegni del sac[ro] monte.«: ebd., fol. 184v- 188r.
46 »Quanto l'apprez[z]atore del detto sacro monteparticolame[n]te haura da esseguire.«: ebd., fol. 188r-189v.
47 »Quel che spetta al scrivano de[i] libri de[i] pegni del pred[etto] sac[ro] monte, et ha da esseguire nel p[re- sento] suo ufficio.«: ebd., fol. 190r-193r.
48 »Il servitio, che son tenuti fare l'agiuta[n]ti della Guardarobba del d[etto] sac[ro] mo[n]te«, fol. 193r-193v.
49 »Capitoli generali, che s'hanno da osservare da tutti li sopradetti ufficiali del sac[ro] mo[n]te, sono ciö è.«: ebd., fol. 193v-198r.
50 Anonym, Primo Libro, fol. 180r.
51 Vgl. ebd.
52 Vgl. ebd., fol. 180v.
53 Vgl. Anonym, Primo Libro, fol. 181v.
54 Vgl. ebd.
55 Vgl. ebd., fol. 181r.
56 Vgl. ebd., fol. 181v-182r.
57 Vgl. Anonym, Primo Libro, fol. 182r.
58 Vgl. ebd., fol. 184v-185r.
59 Ebd., fol. 185v; vgl. MENNING, Charity and State in Late Renaissance Italy, S. 49.
60 Ebd., Anonym, Primo Libro, fol. 185r.
61 Vgl. Anonym, Primo Libro, fol. 186r.
62 Vgl. MENNING, Charity and State in Late Renaissance Italy, S. 58; BARILE, Monti di Pieta in Modern Scholar- ship, S. 91.
63 Vgl. Anonym, Primo Libro, fol. 181r.
64 Vgl. BARILE, Monti di Pieta in Modern Scholarship, S. 91.
65 Vgl. Anonym, Primo Libro, fol. 182r-182v.
66 Vgl. ebd., 188r.
67 Vgl. Anonym, Primo Libro, fol. 188v.
68 Vgl. ebd., fol. 189r.
69 Vgl. Anonym, Primo Libro, fol. 189v.
70 Vgl. ebd.
- Quote paper
- Fabio Freund (Author), 2021, Pfandkredit im Dienste der Pietas. Die Arbeit des Monte di Pietà von Neapel in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1133628
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