Die Begriffe „Lebenswelt“ und „Lebensweltorientierung“ sind in stetigem Gebrauch und erscheinen allgegenwärtig.
Lebenswelt scheint geradezu selbstverständlich zu sein, da kaum noch genauer darauf ein-gegangen wird oder eine konkrete Abgrenzung zu anderen Begrifflichkeiten, wie „Alltag“ oder „Sozialraum“, stattfindet. Durch diesen beinahe alltäglichen Gebrauch sind die theoretischen Begründungen kaum noch zu erkennen.
Der Begriff der Lebensweltorientierung spielt in der Sozialpädagogik, insbesondere der Kinder- und Familienhilfe, eine große Rolle. Spätestens seit dem Achten Jugendbericht (vgl. BUNDESMINISTER FÜR JUGEND, FAMILIE, FRAUEN UND GESUNDHEIT 1990) gilt die so genannte Lebensweltorientierung als ein zentrales Paradigma der Jugendhilfe. Damit begann ab „Anfang der 1990er Jahre (...) ein regelrechter Boom lebensweltorientierter Überlegungen“ (KRAUS 2006, S. 117 f., Auslassungen durch d. Verf.). Vor allem der Pädagoge HANS THIERSCH, der auch an der Erstellung dieses Berichtes beteiligt war, hat den Begriff der Lebensweltorientierung geprägt.
Ausgelöst wurde die Diskussion einer lebensweltorientierten Sozialen Arbeit durch den Wandel in der Gesellschaft. Die heutige Alltagsbewältigung erfordert viel mehr Voraussetzungen, wie Selbst- und Sozialkompetenz, Durchsetzungsvermögen oder Selbstvertrauen, als in früheren Jahrzehnten, als die Geschlechter- und Generationsrollen, die Erziehungs-, Gesundheits-, und Ernährungsvorstellungen sowie die Berufswege noch durch stabile Traditionen und Sozialbeziehungen vorgegeben waren.
Heute ist die Gesellschaft bestimmt durch zunehmende soziale Ungleichheiten. Dabei führen neben strukturellen Faktoren, wie regionale Ausdifferenzierung, demografische Entwicklung und der Entwicklung des Arbeitsmarktes, auch bestimmte Lebensformen zu erheblichen Unterschieden der Lebenslage (vgl. BUNDESMINISTER FÜR JUGEND, FAMILIE, FRAUEN UND GESUNDHEIT 1990, S. 197). Die zunehmende Veränderung bestehender Lebensformen und -muster ist im Kontext der Individualisierung der Lebensführung und der Pluralisierung der Lebenslagen bspw. durch eine andere lebenszeitbezogene Gewichtung und Verteilung von Arbeit und Freizeit, durch eine Neuformation der Geschlechterrollen sowie durch ein gewandeltes Verhältnis der Generationen zueinander gekennzeichnet.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- LEBENSWELT UND LEBENSWELTORIENTIERUNG
- DAS KONZEPT LEBENSWELTORIENTIERTE SOZIALE ARBEIT
- DAS KONZEPT ALS ZUSAMMENSPIEL 4 UNTERSCHIEDLICHER WISSENSCHAFTSKONZEPTE
- Hermeneutisch-pragmatische Pädagogik
- Phänomenologische-interaktionistisches Paradigma
- Kritische Alltagstheorie
- Analyse gesellschaftlicher Strukturen
- DIMENSIONEN DER LEBENSWELTANALYSE
- STRUKTUR- UND HANDLUNGSMAXIMEN EINER LEBENSWELTORIENTIERTEN SOZIALEN ARBEIT
- KERNGEDANKEN DES KONZEPTS
- DAS KONZEPT ALS ZUSAMMENSPIEL 4 UNTERSCHIEDLICHER WISSENSCHAFTSKONZEPTE
- KONSEQUENZEN DES KONZEPTS
- FORDERUNGEN AN INSTITUTIONEN UND FACHPERSONAL
- GRENZEN UND CHANCEN DER LEBENSWELTORIENTIERTEN SOZIALEN ARBEIT
- SCHLUSSBETRACHTUNG
- LITERATUR- UND QUELLENVERZEICHNIS
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Studienarbeit befasst sich mit dem Konzept der lebensweltorientierten Sozialen Arbeit und seinen Konsequenzen für Institutionen, Sozialarbeiter und Klienten. Ziel ist es, das Konzept zu erläutern, seine theoretischen Grundlagen aufzuzeigen und seine Auswirkungen auf die Praxis der Sozialen Arbeit zu analysieren.
- Die Bedeutung der Lebenswelt und Lebensweltorientierung in der Sozialen Arbeit
- Die theoretischen Grundlagen des Konzepts der lebensweltorientierten Sozialen Arbeit
- Die Dimensionen der Lebensweltanalyse und ihre Relevanz für die Soziale Arbeit
- Die Struktur- und Handlungsmaximen der lebensweltorientierten Sozialen Arbeit
- Die Konsequenzen des Konzepts für Institutionen, Fachpersonal und Klienten
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der lebensweltorientierten Sozialen Arbeit ein und beleuchtet die Bedeutung der Lebenswelt und Lebensweltorientierung in der Sozialen Arbeit. Sie zeigt auf, dass der Begriff der Lebensweltorientierung in der Sozialpädagogik, insbesondere der Kinder- und Familienhilfe, eine große Rolle spielt und seit dem Achten Jugendbericht als zentrales Paradigma der Jugendhilfe gilt.
Das zweite Kapitel befasst sich mit dem Begriff der Lebenswelt und seiner Bedeutung für die Soziale Arbeit. Es wird erläutert, dass Lebenswelt ein von E. HUSSERL eingeführter Begriff der phänomenologischen Soziologie ist und die vorwissenschaftliche, dem Menschen umgebende und selbstverständliche Wirklichkeit bezeichnet. Die Lebenswelt wird durch das persönliche Erleben und Wahrnehmen des alltäglichen und direkten Umfeldes des Menschen geprägt.
Das dritte Kapitel widmet sich dem Konzept der lebensweltorientierten Sozialen Arbeit. Es werden die vier Wissenschaftskonzepte, die als theoretischer Hintergrund des Konzepts dienen, vorgestellt: die hermeneutisch-pragmatische Pädagogik, das phänomenologische-interaktionistische Paradigma, die kritische Alltagstheorie und die Analyse gesellschaftlicher Strukturen. Darüber hinaus werden die Dimensionen der Lebensweltanalyse und die Struktur- und Handlungsmaximen der lebensweltorientierten Sozialen Arbeit erläutert.
Das vierte Kapitel analysiert die Konsequenzen des Konzepts der lebensweltorientierten Sozialen Arbeit. Es werden die Anforderungen an Institutionen und Fachpersonal sowie die Grenzen und Chancen des Konzepts aufgezeigt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Lebenswelt, Lebensweltorientierung, Soziale Arbeit, Institutionen, Sozialarbeiter, Klienten, Hermeneutik, Phänomenologie, Kritische Theorie, Gesellschaftliche Strukturen, Handlungsmaximen, Grenzen und Chancen.
- Quote paper
- Susann Bialas (Author), 2008, Lebensweltorientierte Soziale Arbeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113337