In der folgenden Arbeit soll versucht werden, über die Analyse der Struktur und der Darstellung des Raumes einen Interpretationszugang zu Franz Kafkas Roman „Der Proceß“1 von 1914 - 1916 und dessen Verfilmung2 von Orson Welles aus dem Jahr 1962 zu finden. Da beide Werke eigenständige und nicht nur durch ihr Medium bedingt, verschiedenartige Kunstwerke darstellen3, muss dies auch in der Interpretation Geltung finden. Deshalb wird zunächst der Roman und im Anschluss daran der Film behandelt.
Eine Schwierigkeit der Adaption eines literarischen Werkes4, ist die Umsetzung, der im Roman durch unterschiedliche Erzählformen möglichen Darstellungen der Gefühlswelten der Protagonisten. Dieser medienspezifischen Herausforderung gerecht zu werden, ist eine der größten Schwierigkeiten einer Literaturverfilmung.5 Wichtig bei der Verfilmung eines literarischen Werkes ist aber zunächst die Entscheidung, inwieweit der Film am Original bleibt. Der Filmtheoretiker André Bazin sieht vor allem in der ästhetischen Entsprechung die Schwierigkeit: „Gerade die Unterschiede in den ästhetischen Strukturen machen die Bemühung um möglichst vollkommene Entsprechungen noch schwieriger. Sie verlangen sowohl mehr Erfindungen als auch mehr Fantasie von dem Regisseur, der sich wirklich um eine werkgetreue Arbeit bemüht.“ 6 Die Adaption eines Romans kann aber immer nur subjektive Interpretation der Vorlage sein, da eine lückenlose Übertragung in ein anderes
Medium aus vielfältigen Gründen nicht möglich ist. Für Bazin ist daher entscheidend, dass der Geist der Literaturvorlage im Film erhalten wird.7
Eine Möglichkeit die nicht sichtbare Ebene der Gefühlswelten und Beziehungen der Figuren untereinander darzustellen, ist sie über Raum, Perspektive oder die Musik zu transportieren. Menschen im Film erlebt man immer innerhalb eines Raumes, den man wiederum in Beziehung zu den Figuren sieht.8 Dabei kann die Raumgestaltung über die Symbolik, die Anordnung der Protagonisten, Beleuchtung und die Darstellung im Bild der Schlüssel zur inneren Handlung der Geschichte sein, die abseits des gesprochenen Wortes liegt. 9. Im folgenden wird nun auf die Gestaltung der Raumstruktur in Franz Kafkas „Der Proceß“ eingegangen, um über diese einen Zugang zur Analyse des Romans zu bekommen. Dabei ist im Hinblick auf die Verfilmung zu überprüfen, ob die von Welles gewählte Deutung des Prozess Romans, als ein angsterfülltes Traumerlebnis, auf die Vorlage zutrifft [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Der Roman „Der Proceß"
- Handlungsstruktur
- Rezeption: Traum oder Realität?
- Der Film „Le procës"
- Erzählstruktur
- Filmische Stilmittel: spezifische Methoden von Orson Welles
- Interpretation und Kritik
- Raumstruktur in Roman und Film
- Die Konstruktion der Räume
- Franz Kafkas Roman
- Die Verfilmung von Orson Welles
- Fazit
- Quellenverzeichnis
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Raumstruktur in Franz Kafkas Roman „Der Proceß" und Orson Welles' Verfilmung „Le procës", um einen Interpretationszugang zu beiden Werken zu finden. Dabei wird die medienspezifische Umsetzung der literarischen Vorlage und deren Auswirkungen auf die Raumgestaltung untersucht.
- Die Interpretation der Raumstruktur als Ausdruck der Gefühlswelt der Figuren
- Die Analyse der filmischen Stilmittel von Orson Welles und deren Einfluss auf die Raumgestaltung
- Die Bedeutung des Raumes in der Darstellung von Traum und Realität
- Die Frage nach der Schuld und der Ohnmacht des Protagonisten Josef K.
- Die Beziehung zwischen Literatur und Film im Kontext der Adaption
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Zielsetzung der Arbeit vor und erläutert die Bedeutung der Raumstruktur in der Interpretation von Literatur und Film. Anschließend wird der Roman „Der Proceß" analysiert, wobei die Handlungsstruktur, die Rezeption und die Frage nach Traum oder Realität im Mittelpunkt stehen. Die Analyse der Raumstruktur in Kafkas Werk zeigt, wie der Raum die Emotionsebenen der Figuren, insbesondere Josef K., widerspiegelt und den Sinn des Geschehens in bildhafter Weise verdeutlicht.
Im dritten Kapitel wird Orson Welles' Verfilmung „Le procës" behandelt. Dabei werden die Erzählstruktur, die filmischen Stilmittel und die Interpretation des Films im Vergleich zur Literaturvorlage untersucht. Die Analyse der Raumgestaltung in Welles' Film zeigt, wie er durch den Einsatz von expressionistischen Tendenzen, Weitwinkelobjektiven und Perspektivwechseln eine bedrohliche und befremdende Atmosphäre schafft, die die Essenz des Buches über die Sprache und das Schauspiel hinaus verdeutlicht.
Das vierte Kapitel vergleicht die Raumstruktur in Roman und Film. Dabei wird deutlich, wie die unterschiedlichen Medien die Gestaltung des Raumes beeinflussen und wie der Raum in beiden Werken als Ausdruck der inneren und äußeren Wirklichkeit des Protagonisten dient. Die Arbeit zeigt, wie die Raumstruktur in beiden Werken die Thematik der Schuld, der Ohnmacht und der Suche nach Gerechtigkeit widerspiegelt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Franz Kafka, „Der Proceß", Orson Welles, „Le procës", Raumstruktur, Literaturverfilmung, Traum, Realität, Schuld, Ohnmacht, Expressionismus, Filmische Stilmittel, Interpretation, Analyse, Raumgestaltung, Surrealismus, Medienvergleich.
- Arbeit zitieren
- Jochen Fischer (Autor:in), 2001, Die Raumstruktur in Franz Kafkas Roman -Der Proceß- und Orson Welles Verfilmung -Le procès-, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11320
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