Warum lügen Kinder? Dieser Frage wollte sich die Entwicklungspsychologin Hildegard Baumgarten vor zirka einem Jahrhundert annehmen. Ihre empirischen Untersuchungen ließen nur einen Schluss zu: Die „Schulnote ist der Giftpilz des Haus- und Schullebens“ und eine „unerschöpfliche Quelle des Lügens“ (Baumgarten 1917).
Baumgarten bildet mit ihrer ernüchternden Analyse über Schulnoten, den Anstoß für eine Diskussion, die bis heute fortdauert: Wie nützlich beziehungsweise schädlich sind Ziffernnoten? Wie verlässlich, objektiv und gültig ist ihre Handhabung? Was spiegelt eine zensurengesteuerte Leistungsbewertung wirklich wieder?
Bis heute wird darüber im erziehungswissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs gestritten. Die Pole in der Diskussion sind mitunter radikal und erinnern an einen Glaubenskrieg. Vielfältige Alternativen für die Schulpraxis werden präsentiert – und haben dennoch einen schweren Stand, sich gegen die scheinbar übermächtigen Zensuren hinwegzusetzen. Eine „Revolution“ in der pädagogischen Diagnostik, wie unter anderem Beck sie fordert, war und ist scheinbar nicht in Sicht.
Denn es gibt in der Diskussion um die Leistungsbewertung nicht nur Zensuren-Gegner. Verfechter der Ziffernnoten findet man vor allem dort, wo man es zunächst nicht erwartet. Schüler sind im Großen und Ganzen mit dem System zufrieden, auch Eltern wünschen sich ein Feedback durch Noten. Einer Studie von Beutel zufolge, unterstützten gerade mal zwölf Prozent der Schüler die Forderung „Ich bin für eine Schule ohne Noten“ (Valtin 2002).
Auch auf politischer Ebene können sich viele eine Schule ohne Noten nicht recht vorstellen. Roman Herzog (Bundespräsident a.D.) warnte in seiner berühmten „Ruck-Rede“ 1997 vor „notenfreier Kuschelpädagogik“: „Wer die Noten aus den Schulen verbannt, schafft Kuschelecken, aber keine Bildungseinrichtungen, die auf das nächste Jahrtausend vorbereiten.“ (Herzog 1997).
Inhaltsverzeichnis
- 1.Einleitung.
- 2. Zweck und Funktion einer Leistungsbeurteilung durch Ziffernnoten.
- 2.1 Leistung und Leistungsbeurteilung als begriffliche Grundlagen....
- 2.2 Zweck und Funktion der Leistungsbeurteilung.
- 3. Messtheoretische Anforderungen an Noten.
- 3.1 Objektivität..
- 3.2 Reliabilität...
- 3.3 Validität...
- 4. Empirische Forschungsbefunde: Noten im Abseits
- 4.1 Empirische Befunde zur Objektivität....
- 4.2 Empirische Befunde zur Reliabilität
- 4.3 Empirische Befunde zur Validität
- 4.4 Aktuelle Befunde bezüglich der Vergleichbarkeit von Noten..
- 4.5 Weitere Mängel bei der Leistungsbeurteilung durch Ziffernnoten.
- 4.5.1 Prognostische Sinnlosigkeit.
- 4.5.2 Informationsarmut und „Notengeilheit"
- 5. Leistungsbeurteilung im Sachunterricht: Ein besonders schwieriges Terrain ......
- 5.1 Ansprüche des Sachunterrichts.
- 5.2 Das Beurteilungs-Dilemma im Sachunterricht.
- 5.3 Empirische Untersuchungen zur Leistungsbeurteilung im Sachunterricht......
- 6. Empirische Analyse: Eine explorative Untersuchung zur Sinnhaftigkeit von
notenbasierenden Sachunterrichtstests
- 6.1 Fragestellung der empirischen Untersuchung.
- 6.2 Methodisches Vorgehen
- 6.2.1 Begründung für qualitative Herangehensweise .
- 6.2.2 Methodik der Qualitativen Inhaltsanalyse nach Philipp Mayring .....
- 6.3 Verlauf und Auswertung des Forschungsprozedere......
- 6.2.1 Beschreibung des Materials.
- 6.2.2 An das Material herangetragene Fragen und Kriterien
- 6.2.3 Darstellung der Ergebnisse...
- 6.4 Fazit der Untersuchung..
- 7 Konsequenzen für die Leistungsbewertung im Sachunterricht – und anderen
Schulfächern
- 7.1 Ablehnung der Note als Beurteilungsinstrument..
- 7.2 Das Fallbeispiel Portfolio als Alternative für den Sachunterricht.
- 8. Konklusion: Ignoranz versus besseren Wissens.
- Literaturverzeichnis.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Bachelor-Arbeit befasst sich mit der kritischen Analyse der Leistungsbeurteilung durch Ziffernnoten im Sachunterricht der Grundschule. Ziel ist es, die Sinnhaftigkeit von notenbasierenden Sachunterrichtstests zu hinterfragen und alternative Beurteilungsformen aufzuzeigen.
- Die Arbeit beleuchtet die theoretischen Funktionen und Ansprüche an Ziffernnoten.
- Sie analysiert empirische Befunde zur Objektivität, Reliabilität und Validität von Noten.
- Die Arbeit untersucht die spezifischen Herausforderungen der Leistungsbeurteilung im Sachunterricht.
- Sie präsentiert die Ergebnisse einer explorativen Untersuchung zur Sinnhaftigkeit von notenbasierenden Sachunterrichtstests.
- Die Arbeit diskutiert alternative Beurteilungsformen und Trends in der aktuellen Schulpraxis.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Leistungsbeurteilung durch Ziffernnoten ein und beleuchtet die aktuelle Diskussion um deren Sinnhaftigkeit. Sie stellt die Problematik der Zensurengebung im Sachunterricht dar und skizziert den Aufbau der Arbeit.
Kapitel 2 definiert die begrifflichen Grundlagen der Leistungsbeurteilung und untersucht den Zweck und die Funktionen von Ziffernnoten in unserer Gesellschaft.
Kapitel 3 beleuchtet die messtheoretischen Anforderungen an Noten, insbesondere Objektivität, Reliabilität und Validität.
Kapitel 4 präsentiert empirische Forschungsbefunde, die die Problematik der Zensurengebung aufzeigen. Es werden kritische Punkte hinsichtlich Objektivität, Reliabilität, Validität und Vergleichbarkeit von Noten diskutiert.
Kapitel 5 widmet sich der Leistungsbeurteilung im Sachunterricht und beleuchtet die spezifischen Herausforderungen und das Beurteilungs-Dilemma in diesem Fach.
Kapitel 6 beschreibt eine explorative Untersuchung zur Sinnhaftigkeit von notenbasierenden Sachunterrichtstests. Es werden die Fragestellung, die Methodik und die Ergebnisse der Untersuchung dargestellt.
Kapitel 7 diskutiert Konsequenzen für die Leistungsbewertung im Sachunterricht und anderen Schulfächern. Es werden alternative Beurteilungsformen, wie das Portfolio, vorgestellt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Leistungsbeurteilung, Ziffernnoten, Sachunterricht, Grundschule, Objektivität, Reliabilität, Validität, empirische Forschung, qualitative Inhaltsanalyse, Portfolio, alternative Beurteilungsformen und Trends in der Schulpraxis.
- Quote paper
- Marcus Sommer (Author), 2008, Ziffernnoten als geeignete Form der Leistungsbeurteilung im Sachunterricht?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113174
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