Achtundvierzig Prozent aller Deutschen befürworten die Präimplantationsdiagnostik (PID), 47 Prozent lehnen sie ab. Doch nur rund 10 Prozent aller werdenden Mütter lassen sich den Fötus in ihrem Bauch gentechnisch untersuchen.
Zum Vergleich hätten nach einer internationalen Umfrage aus dem Jahre 1993, 26 Prozent der JapanerInnen, 43 der US AmerikanerInnen, 60 Prozent der InderInnen und 80% der ThailänderInnen Gentechnik angewandt, wenn sie es damals bereits gekonnt hätten. Und zwar, und das scheint mir noch wichtiger, zur Steigerung der körperlichen und geistigen Fähigkeiten ihrer Kinder.
Nicht nur in der Forschung, sondern auch im Bewußtsein der Bevölkerung gibt es also - zumindest bei uns in Deutschland - noch >viel Raum diesseits des Rubikon<. Mit diesem lakonischen Satz, hatte Bundespräsident Rau in seiner Berliner Rede am 18. Mai überaus eindeutig allen widersprochen, die im Streit um eine verbrauchende Embryonenforschung und Präimplantationsdiagnostik für eine Lockerung der Grenzen des Erlaubten plädieren.
Walter Grode
Widerpart des Sozialdarwinismus
Eine menschliche Gesellschaft braucht die Behinderten
Erschienen in Heft 11/2001 der >zeitzeichen< (Evangelische Kommentare zu Religion und Gesellschaft)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Achtundvierzig Prozent aller Deutschen befürworten die Präimplantationsdiagnostik (PID), 47 Prozent lehnen sie ab. Doch nur rund 10 Prozent aller werdenden Mütter lassen sich den Fötus in ihrem Bauch gentechnisch untersuchen.
Zum Vergleich hätten nach einer internationalen Umfrage aus dem Jahre 1993, 26 Prozent der JapanerInnen, 43 der US AmerikanerInnen, 60 Prozent der InderInnen und 80% der ThailänderInnen Gentechnik angewandt, wenn sie es damals bereits gekonnt hätten. Und zwar, und das scheint mir noch wichtiger, zur Steigerung der körperlichen und geistigen Fähigkeiten ihrer Kinder.
Nicht nur in der Forschung, sondern auch im Bewußtsein der Bevölkerung gibt es also - zumindest bei uns in Deutschland - noch >viel Raum diesseits des Rubikon<. Mit diesem lakonischen Satz, hatte Bundespräsident Rau in seiner Berliner Rede am 18. Mai überaus eindeutig allen widersprochen, die im Streit um eine verbrauchende Embryonenforschung und Präimplantationsdiagnostik für eine Lockerung der Grenzen des Erlaubten plädieren.
Die Forschung an embryonalen Stammzellen, heißt es in der Rede des Bundespräsidenten, ist unvereinbar mit dem Konzept von Menschenwürde, da menschliches Leben vernichtet werden müßte, um es anderen menschlichen Leben nutzbar zu machen. Für eine solche Güterabwägung gibt es keine überzeugende Begründung.
Zugleich wissen wir, sagt der Bundespräsident, daß Krankheit und Behinderung immer zum menschlichen Leben gehören werden. Deshalb wird das Ziel abgelehnt, mit Hilfe der Gentechnik den Versuch zu unternehmen, falsche Maßstäbe vom 'perfekten Menschen' zu verwirklichen.
Aber es geht nicht nur um falsche Maßstäbe vom perfekten Menschen. Es geht - diesseits von Ethik und Menschenwürde - auch um richtige oder falsche Maßstäbe für unsere Gesellschaft.
Zumindest in Deutschland nährt sich die beträchtliche Zustimmung der Bevölkerung zur PID noch einzig und allein aus der Angst vor Behinderung. Einer Angst, die individuell überaus berechtigt ist und hier nicht schön geredet oder bagatellisiert werden soll.