Vergleicht man französische Texte mit den jeweiligen deutschen Übersetzungen, so fällt auf, dass in den deutschen Übertragungen häufig kleine Wörter auftauchen, die im Originaltext offenbar keine Entsprechung haben. Betrachtet man z.B. den ersten Akt
von Marcel Aymés „Les Oiseaux de lune“, so wird „Ce serait écoeurant.“ im Deutschen mit „Das wäre ja widerlich.“ bzw. „...j’ai tant de choses à vous dire.“ mit „...ich habe
Ihnen doch so viel zu sagen“ übersetzt. Solche Beispiele lassen bereits vermuten, dass die deutsche Sprache eine Vorliebe für diese kleinen Wörter wie z.B. aber, auch, bloß, doch oder eben hat, die in der Germanistik, aber auch in der Romanistik lange Zeit nur abfällig als Flick- bzw. Füllwörter bezeichnet und als bedeutungslos angesehen wurden. Erst vor wenigen Jahrzehnten (Ende der 60er-Jahre) begann die Forschung, sich eingehend mit dieser Wortklasse zu beschäftigen und wurde sich ihres semantischen Wertes bewusst. Geht man davon aus, dass diese Wörter, die seit dieser Zeit zumeist als Abtönungspartikeln bzw. als Modalpartikeln bezeichnet werden, Bedeutung tragen, kann man sich natürlich auch die Frage nach deren Übersetzbarkeit stellen. Im Folgenden soll nun zuerst definiert werden, was man unter der zu untersuchenden Wortklasse der Abtönungspartikeln versteht. Darauf folgt eine Beschreibung, wie sich der Status bzw. das Ansehen dieser Wortklasse in Wissenschaft und Forschung im Laufe der Zeit gewandelt hat. Außerdem soll erörtert werden, warum
Abtönungspartikeln ein Übersetzungsproblem darstellen bzw. welche Schwierigkeiten bei der Übertragung dieser in eine Fremdsprache auftreten können. Anhand von ausgewählten Beispielen wird dann erläutert, auf welche Weise bestimmte Partikeln in das Französische übertragen werden können.
Gliederung
1 Einleitung
2 Hauptteil
2.1 Definition
2.2 Forschungs- und Meinungsgeschichte
2.3 Abtönungspartikeln als Übersetzungsproblem
2.4 Übersetzungsbeispiele
2.4.1 Die Partikel aber
2.4.2 Die Partikel doch
2.4.3 Die Partikel wohl
3 Schluss
4 Bibliograpie
1 Einleitung
Vergleicht man französische Texte mit den jeweiligen deutschen Übersetzungen, so fällt auf, dass in den deutschen Übertragungen häufig kleine Wörter auftauchen, die im Originaltext offenbar keine Entsprechung haben. Betrachtet man z.B. den ersten Akt von Marcel Aymés „Les Oiseaux de lune“, so wird „Ce serait écoeurant.“ im Deutschen mit „Das wäre ja widerlich.“ bzw. „...j’ai tant de choses à vous dire.“ mit „...ich habe Ihnen doch so viel zu sagen“ übersetzt.[1] Solche Beispiele lassen bereits vermuten, dass die deutsche Sprache eine Vorliebe für diese kleinen Wörter wie z.B. aber, auch, bloß,doch oder eben hat, die in der Germanistik, aber auch in der Romanistik lange Zeit nur abfällig als Flick- bzw. Füllwörter bezeichnet und als bedeutungslos angesehen wurden. Erst vor wenigen Jahrzehnten (Ende der 60er-Jahre) begann die Forschung, sich eingehend mit dieser Wortklasse zu beschäftigen und wurde sich ihres semantischen Wertes bewusst. Geht man davon aus, dass diese Wörter, die seit dieser Zeit zumeist als Abtönungspartikeln bzw. als Modalpartikeln bezeichnet werden, Bedeutung tragen, kann man sich natürlich auch die Frage nach deren Übersetzbarkeit stellen. Im Folgenden soll nun zuerst definiert werden, was man unter der zu untersuchenden Wortklasse der Abtönungspartikeln versteht. Darauf folgt eine Beschreibung, wie sich der Status bzw. das Ansehen dieser Wortklasse in Wissenschaft und Forschung im Laufe der Zeit gewandelt hat. Außerdem soll erörtert werden, warum Abtönungspartikeln ein Übersetzungsproblem darstellen bzw. welche Schwierigkeiten bei der Übertragung dieser in eine Fremdsprache auftreten können. Anhand von ausgewählten Beispielen wird dann erläutert, auf welche Weise bestimmte Partikeln in das Französische übertragen werden können.
2 Hauptteil
2.1 Definition
In ihrer Dissertation zum Thema der übersetzungsorientierten Modalpartikelforschung anhand des Deutschen und Französischen definiert Cornelia Feyrer Modalpartikeln, die auch Abtönungspartikeln, Satzpartikeln, Illokutive Partikeln oder Einstellungspartikeln genannt werden, ganz allgemein als „Ausdrucksmittel für Modalität“.[2] Will man sich dem Begriff der Abtönungspartikel also nähern, gilt es zu verstehen, was man eigentlich unter „Modalität“ versteht. Der Sprachwissenschaftler Wolfram Bublitz definiert den Begriff folgendermaßen:
„Mit ‚Modalität’ meine ich die Haltung des Sprechers zu dem, was er sagt. Mithilfe [sic] bestimmter sprachlicher (und auch außersprachlicher) Mittel gibt er zu erkennen, auf welche Weise er an dem Inhalt seiner Äußerung Anteil nimmt, wie er ihn einordnet, bewertet und einschätzt in bezug auf die Umstände der Redesituation und auf den Wahrheitsgehalt, d.h. in bezug auf seine Sicht der Wirklichkeit.“ (in: Feyrer 1998: S. 20)
Geht man also davon aus, dass Abtönungspartikeln Modalität zum Ausdruck bringen und legt man die Begriffsbestimmung von Bublitz zugrunde, so gelangt man zur Definition von Harald Weydt, dem wohl bedeutendsten deutschsprachigen Partikelforscher, der Abtönungspartikeln als „unflektierbare Wörtchen“ auffasst, „die dazu dienen, die Stellung des Sprechers zum Gesagten zu kennzeichnen“ (Weydt 1969: S. 68). Was damit gemeint ist, illustriert beispielsweise der Satz „Wo habe ich bloß meinen Schlüssel?“ im Gegensatz zum partikellosen Satz „Wo habe ich meinen Schlüssel?“. Man erkennt, dass durch die Partikel bloß die Vordringlichkeit der Frage unterstrichen wird. Betrachtet man den Imperativsatz „Sei bloß still!“ und vergleicht ihn mit der partikellosen Entsprechung „Sei still!“, erkennt man, dass durch die Abtönungspartikel dem Befehl ein gewisser Nachdruck verliehen wird. Auch die Vordringlichkeit eines Wunsches kann durch die Verwendung einer solchen Partikel erreicht werden (z.B. „Wenn sie bloß schon hier wäre!“). Man könnte unter dem Begriff
„Abtönung“ folglich „die Wirkung von im Deutschen so häufigen Wörtchen des Typs doch, ja, eben, bloß [...]“ verstehen, „mit deren Hilfe der Sprecher seine Meinungen, Erwartungen und Einstellungen zum Satzinhalt – und somit seine Subjektivität – signalisiert“.[3] An den Definitionen von Weydt und Blumenthal wurde in den letzten Jahren jedoch Kritik laut. Zeitgenössische Linguisten sind der Meinung, dass Abtönungspartikeln nicht nur die Stellung des Sprechers zum Gesagten kennzeichnen, sondern auch auf den Hörer/Adressaten Bezug nehmen. So ist z.B. Burkhardt der Überzeugung, dass Abtönungspartikeln „nicht eigentlich ‚Einstellungen zur Proposition, sondern Einschätzungen zu deren Einschätzung durch den Hörer’“ verdeutlichen.[4] Einer ganz ähnlichen Auffassung ist Heringer, wenn er sich bezüglich der Partikel ja folgendermaßen äußert: „Diese Hypothese geht in entscheidender Hinsicht über die übliche Annahme hinaus, der Sprecher signalisiere mit der Partikel ‚seine Einstellung zum Gesagten’. Nicht um das Gesagte geht es, sondern um den Hinweis auf das unterstellte Partnerwissen.“ (in: Liefländer-Koistinen 2004: S. 550)
Was Heringer damit meint, lässt sich durch den Vergleich des Beispielsatzes „Petra ist ja verheiratet“ mit dem partikellosen Aussagesatz „Petra ist verheiratet“ erklären. Laut Bußmann „fügt [nämlich] ja als Modalpartikel der Bedeutung von Aussagesätzen die Verwendungsbedingung hinzu, daß die Satzproposition für den Adressaten nicht zweifelhaft sein darf“[5], sprich, der Sprecher geht im ersten Beispiel davon aus, dass die Tatsache, dass Petra verheiratet ist, vom Hörer nicht angezweifelt wird. Bezieht man diesen Gesichtspunkt der Hörereinbindung in die vorläufige Definition mit ein, kann man Abtönungspartikeln abschließend als eine „nach ihrer semantisch-pragmatischen
Funktion definierte Klasse von Partikeln“ definieren, „die der Satzbedeutung bestimmte Verwendungsbedingungen hinzufügen, die sich in der Regel auf Einstellungen der Kommunikationsteilnehmer zu der vom Satz ausgedrückten Proposition beziehen.“ (Bußmann 1990: S. 491). Welche Wörter kann man nun zu dieser Klasse von Partikeln zählen? In ihrem Kleinen Abtönungswörterbuch zählen Weydt und Hentschel die folgenden 18 Wörter zur Kategorie der Abtönungspartikeln: aber, auch, bloß, denn, doch, eben, eigentlich, einfach, etwa, erst, halt, ja, mal, nur, ruhig, schon, vielleicht und wohl.[6]
Diese Wörter, die alle nicht-flektierbare Einheiten darstellen, zeichnen sich durch eine Reihe von gemeinsamen Eigenschaften aus. Zum einen treten sie besonders häufig in der Umgangssprache, und dort vor allem in der mündlichen Kommunikation auf. Zudem sind sie irrelevant, was den Wahrheitsgehalt des Satzes, in dem sie stehen, anbelangt. Sie können also weggelassen werden, ohne dass sich der Satzinhalt (der propositionale Gehalt) ändert. Darüber hinaus kann man sie nicht erfragen, weshalb sie auch keine Antwort auf eine Frage bilden können. Außerdem sind Abtönungspartikeln stets unbetont und beziehen sich immer auf den ganzen Satz und somit nie auf Satzglieder. Als weiteres Charakteristikum für die zu untersuchende Wortklasse lässt sich die Tatsache aufführen, dass die genannten Abtönungspartikeln im Satz integriert sind und im Deutschen – im Gegensatz zu den romanischen Sprachen – nie am Satzanfang stehen.[7]
2.2 Forschungs- und Meinungsgeschichte
Wie in der Einleitung bereits angedeutet, ist die Geschichte der Abtönungs- bzw. Modalpartikelforschung eine sehr junge. Die Tatsache, dass sich durch das Einfügen einer/mehrerer Partikel/n am propositionalen Gehalt eines Satzes nichts verändert, verleitete Sprachwissenschaftler lange Zeit zu der Annahme, Partikeln würden keinerlei semantischen Wert besitzen. Aufgrund dieser Annahme wurden sie sehr lange als unnütze und überflüssige Füll- bzw. Flickwörter abqualifiziert. Strohmeyer behandelte sie 1924 noch relativ neutral unter folgender Kapitelüberschrift: „Deutsche Partikeln, die die Beziehung einzelner Sätze oder Satzteile zueinander näher angeben, und die französisch fehlen, weil diese Beziehungen schon durch die Sätze oder Satzteile selbst genügend zum Ausdruck gebracht werden“.[8] Diese Überschrift zeigt jedoch, dass Strohmeyer den Partikeln nur eine satzverknüpfende Funktion zuschreibt, d.h. er geht davon aus, dass Partikeln nur dazu dienen, Sätze und Gedanken logisch zu verknüpfen. Von dieser verknüpfenden Funktion geht auch Reiners aus, wenn er sich in seiner Stilkunst (1980) abwertend über Partikeln äußert: „Unsere Sprache ist reich an Flickwörtern; die meisten sind unnötig. Ist der Aufbau der Gedanken folgerichtig, so braucht man die Sätze nicht noch mit logischen Bindewörtern aneinanderzuleimen“.[9] Im gleichen Werk findet sich auch der oft zitierte, abwertende Vergleich, wonach all diese Flickworte wie „Läuse in dem Pelz unserer Sprache“ herumwimmeln. Eine Wende, was die Meinung bzw. das Urteil über Partikeln anbelangt, setzte erst im Jahre 1969 durch das bereits zitierte sprachvergleichende Werk Abtönungspartikel. Die deutschen Modalwörter und ihre französischen Entsprechungen von Weydt ein. In dieser Arbeit wird bewiesen, dass die primäre Funktion der genannten Wörter keineswegs in der Verknüpfung von Sätzen liegt, sondern vielmehr im Ausdruck von Sprechersubjektivität.
[...]
[1] Beispiele in: Weydt, Harald (1969): Abtönungspartikel – die deutschen Modalwörter und ihre französischen Entsprechungen. Bad Homburg: Verlag Gehlen. S. 72.
[2] Feyrer, Cornelia (1998): Modalität im Kontrast: Ein Beitrag zur übersetzungsorientierten Modalpartikelforschung anhand des Deutschen und des Französischen. Frankfurt am Main: Peter Lang. S. 15.
[3] Blumenthal, Peter (1987): Sprachvergleich Deutsch – Französisch. Tübingen: Niemeyer. S. 103.
[4] in: Liefländer-Koistinen, Luise (2004): „Modalpartikeln als Übersetzungsproblem“. In: Frank, A.P./ Greiner, N./ Hermans, T./ Kittel, H./ Koller, W./ Lambert, J./ Paul, F. (Hrsg.) (2004): Übersetzung – Translation – Traduction. Berlin; New York: de Gruyter. S. 550.
[5] Bußmann, Hadumod (1990): Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart: Kröner, S. 492.
[6] Weydt, H./E. Hentschel (1983): „Kleines Abtönungswörterbuch“. In: Harald Weydt (Hrsg.) (1983): Partikeln und Interaktion. Tübingen: Niemeyer. S. 4ff.
[7] Eigenschaften der Abtönungspartikeln vgl.: Schemann, Hans (1982): „Die Modalpartikeln und ihre funktionalen Elemente. Untersuchungen anhand des Deutschen, Französischen und Portugiesischen“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen, 1982, Bd. 219, S. 3-4.
[8] Strohmeyer, F. (1924): Der Stil der französischen Sprache. Berlin: Weidmann. S.230.
[9] Reiners, L. (1980): Stilkunst. München: Beck. S. 339ff.
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.