[...] Da jedoch weder die
kurzfristigen, noch die langfristigen Effekte eines Beitritts der MOE-Länder in allen
Details absehbar sind, ist eine gewisse Unsicherheit bei den Beitrittskandidaten, als
auch bei den schon bestehenden EU Ländern festzustellen. In den letzten
Verhandlungen um den Beitritt war ein besonders heikles Thema die Freizügigkeit der
Arbeitnehmer, welche zu den vier Grundfreiheiten zählt, die der EU-Vertrag vorsieht.
Denn die anderen drei Grundfreiheiten, der freie Warenverkehr, der freie
Dienstleistungsverkehr und der freie Kapitalverkehr werden nicht als das Hauptproblem
angesehen. Bei der Diskussion um die Freizügigkeit der Arbeitnehmer standen jedoch
Deutschland und Österreich auf dem harten Standpunkt Übergangsfristen einzurichten.
Der Grund für diese Haltung begründet sich aus der Annahme Deutschlands und
Österreichs, sie seien traditionelle Ziele für Erwerbsmigranten.1 Die Angst, es könne zu
einer Überschwemmung des heimischen Arbeitmarktes mit billigen Arbeitskräften aus
Mittelosteuropa kommen ist hier besonders ausgeprägt. Die Erweiterung des EU
Wirtschaftsraumes um etwa 1,1 Millionen Quadratkilometer und circa 100 Millionen
Menschen am Ende des gesamten Prozesses macht ungefähr ein drittel der jetzigen
Landfläche der EU-15 aus und stellt grob geschätzt 30 Prozent der Bevölkerung der
jetzigen EU.2 Die Komplexität, die aus diesem gewaltigen Zuwachs heraus entsteht,
lässt keine genaue Prognose ihrer Auswirkungen zu. Eindeutig ist, dass die Migration in diesem neuen Wirtschaftsraum eine wichtige Rolle einnehmen wird. Gerade in den
Grenzländern wie Deutschland muss dieser Möglichkeit Beachtung geschenkt werden.
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der möglichen Zuwanderung nach Deutschland und
den möglichen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Die Gründe für eine Zuwanderung
werden hier im demographischen Bereich gesucht und führen zu einer
Auseinandersetzung mit der Gestalt der Zuwanderung nach Deutschland aus den
Mittelosteuropäischen Ländern. Welche Effekte durch eine solche Migration in Bezug
auf den Arbeitsmarkt und die Löhne in Deutschland haben könnte soll im
Zusammenhang mit diesen Überlegungen erörtert werden.
1 Vgl.: Musial, Janusz Periodische Arbeitsmigration aus Polen (Raum Oppeln) nach Deutschland, Zei
Discussion Paper C 100 2002, S. 4
2 vgl.:Böse, Christian East-Central Europe: Industrial and Agricultural Situation, Karl Kaiser, Martin
Bruning (Editors), East-Central Europe and the EU: Problems of Integration, S.39f
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Auswirkung der Ost-West Migration auf den deutschen Arbeitsmarkt
1. Gründe für eine Zuwanderung
1.1. Situation in den Herkunfts- und Zielländern
1.2. Distanz von Herkunfts- und Zielländern
2. Mögliche Zuwanderung
2.1. Übergangsregelungen
2.2. Wanderungspotential
2.3. Langfristige Arbeitsmarktentwicklung in Deutschland
2.4. Qualifikation der Arbeitnehmer
3. Effekte auf den Arbeitsmarkt
3.1. Auswirkungen auf die Beschäftigung und Löhne
3.2. Regionale Probleme
3.3. Besonders betroffene Branchen
III. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis Internetverweise
I. Einleitung
Die aktuelle fünfte Erweiterungsrunde der Europäischen Union stellt eine der wesentlichen Herausforderungen für dieses supranationale Gebilde „sui generis“ seit seinem Bestehen dar. Mit der Aufnahme der Mittelosteuropäischen Staaten wird das Zusammenwachsen Europas eine ungeahnte Dimension annehmen. Die Umstrukturierung eines solchen Gebildes, welches auf diese hohe Anzahl von Mitgliedern nicht ausgelegt war, wird in vielen Bereichen vonstatten gehen. Die hier auftretenden Probleme sind nicht nur in ferner Zukunft wichtig, sondern verlangen schon bei einer Verschmelzung der Beitrittskandidaten mit den Ländern der alten EU-15 von allen Staaten außergewöhnliche Bemühungen. Da jedoch weder die kurzfristigen, noch die langfristigen Effekte eines Beitritts der MOE-Länder in allen Details absehbar sind, ist eine gewisse Unsicherheit bei den Beitrittskandidaten, als auch bei den schon bestehenden EU Ländern festzustellen. In den letzten Verhandlungen um den Beitritt war ein besonders heikles Thema die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, welche zu den vier Grundfreiheiten zählt, die der EU-Vertrag vorsieht. Denn die anderen drei Grundfreiheiten, der freie Warenverkehr, der freie Dienstleistungsverkehr und der freie Kapitalverkehr werden nicht als das Hauptproblem angesehen. Bei der Diskussion um die Freizügigkeit der Arbeitnehmer standen jedoch Deutschland und Österreich auf dem harten Standpunkt Übergangsfristen einzurichten. Der Grund für diese Haltung begründet sich aus der Annahme Deutschlands und Österreichs, sie seien traditionelle Ziele für Erwerbsmigranten.1 Die Angst, es könne zu einer Überschwemmung des heimischen Arbeitmarktes mit billigen Arbeitskräften aus Mittelosteuropa kommen ist hier besonders ausgeprägt. Die Erweiterung des EU Wirtschaftsraumes um etwa 1,1 Millionen Quadratkilometer und circa 100 Millionen Menschen am Ende des gesamten Prozesses macht ungefähr ein drittel der jetzigen Landfläche der EU-15 aus und stellt grob geschätzt 30 Prozent der Bevölkerung der jetzigen EU.2 Die Komplexität, die aus diesem gewaltigen Zuwachs heraus entsteht, lässt keine genaue Prognose ihrer Auswirkungen zu. Eindeutig ist, dass die Migration
in diesem neuen Wirtschaftsraum eine wichtige Rolle einnehmen wird. Gerade in den Grenzländern wie Deutschland muss dieser Möglichkeit Beachtung geschenkt werden. Diese Arbeit beschäftigt sich mit der möglichen Zuwanderung nach Deutschland und den möglichen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Die Gründe für eine Zuwanderung werden hier im demographischen Bereich gesucht und führen zu einer Auseinandersetzung mit der Gestalt der Zuwanderung nach Deutschland aus den Mittelosteuropäischen Ländern. Welche Effekte durch eine solche Migration in Bezug auf den Arbeitsmarkt und die Löhne in Deutschland haben könnte soll im Zusammenhang mit diesen Überlegungen erörtert werden.
II. Auswirkung der Ost-West Migration auf den deutschen Arbeitsmarkt
1. Gründe für eine Zuwanderung
Die Gründe für eine Wanderung in ein anderes Land sind für das Individuum an sich recht unterschiedlich. Eine allgemeine Erklärung kann man gut an den demographischen Ursachen festmachen. Hier sind die bestimmenden Determinanten die Größe der Bevölkerung und die Zusammensetzung. Die größeren Bevölkerungen neigen eher zu Wanderungen als kleine und je jünger die erwerbstätigen Menschen sind, desto eher wandern sie.3 Weitere Gründe für Wanderungen sind nahezu offensichtlich. Wenn die Situation in den Herkunfts- und Zielländern wirtschaftlich oder politisch unterschiedlich ist, besteht ein hoher Anreiz für eine Wanderung aus den benachteiligten Ländern. In diesem Zusammenhang sind die wesentlichen Variablen die Bevölkerung des Herkunfts- und Ziellandes, die Distanz zwischen Herkunfts- und Zielland und Push- und Pullfaktoren, die die Entscheidung für eine Wanderung mitbestimmen.4 Zu den Push Faktoren, die Auswanderer aus ihrem Heimatland herausdrängen zählen die verschlechterten wirtschaftlichen Bedingungen, auch Ressourcenknappheit und Umweltzerstörung, eine schlechte Lage auf dem Arbeitsmarkt, instabile politische Verhältnisse und Verfolgung. Auf der Seite des
Ziellandes sind als Pull Faktoren eine wirtschaftliche Perspektive, eine Möglichkeit Asyl zu bekommen, schon bestehende Strukturen von Immigranten und die generell einfache Abwicklung der Einreise zu nennen.5 In den EU-Beitrittsländern ist bisher zwar ein starker wirtschaftlicher Wandel zu einer neuen Struktur und positivem Wachstum zu erkennen, jedoch ist der Unterschied zur jetzigen EU-15 immer noch vorhanden.
1.1. Situation in den Herkunfts- und Zielländern
Die politische und wirtschaftliche Situation in den Herkunftsländern ist ein wesentlicher Grund für die Migration. Die Beitrittsländer in der aktuellen Beitrittsrunde sind in ihrer politischen Situation sicher. Somit fallen Migrationsgründe weg, die auf untragbare politische Zustände zurückzuführen sind. Ein Aspekt für die Wanderungsentscheidung ist die wirtschaftliche Situation in den Entsendeländern. Die MOE-Staaten haben in ihrer wirtschaftlichen Struktur einen sehr hohen Anteil an Landwirtschaft. Da die Entwicklung der Struktur von der Landwirtschaft weg soll und Dienstleistungen und Industrie in diesem Zuge gestärkt werden sollen, ist die Situation auf den Arbeitsmärkten in den MOE-Ländern angespannt. Am Beispiel Polens, in direkter Nachbarschaft zu Deutschland, wird dieses Problem besonders deutlich. In Polen sind 19,8 Prozent der Beschäftigten in der Landwirtschaft tätig, wobei in diesem Sektor nur ein Beitrag von 4,8 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt geleistet wird. Im Zuge der Anpassung werden nur rund ein Viertel der Arbeitsplätze bestehen bleiben. Die Situation in den anderen MOE-Ländern ist zumeist noch gravierender.6 Dies wird zur wesentlichen Verschlechterung der Situation der Einzelnen beitragen und gibt einen Anreiz zur Migration.
1.2. Distanz von Herkunfts- und Zielländern
Ein noch wesentlicherer Faktor für Wanderungsbewegungen ist die Distanz von Herkunfts- und Zielland. Die räumliche Nähe beeinflusst die Entscheidung für eine Migration oftmals sehr stark. Während bei großen Einkommensunterschieden teilweise lange Wege in Kauf genommen werden, genügen bei geringer Distanz schon relativ geringe Einkommensdifferenzen.7 Betroffen sind vor allem die Grenzgebiete, was zu einer regionalen Bündelung von Problemen führt. Betrachtet man hierbei die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist meist ein etwas weiterer Weg nötig um einen Arbeitsplatz zu finden, da gerade in den deutschen Grenzgebieten im Osten die Arbeitslosigkeit immens hoch ist.
Ein anderer Aspekt sich für oder gegen eine Migration zu entscheiden, ist auch die Verbundenheit zum Zielland. Während den Menschen in vielen MOE-Ländern die Verbundenheit zu Deutschland fehlt und eine Rückbesinnung auf den nationalen Gedanken in vielen dieser Länder stattgefunden hat befindet sich Polen in einer grundlegend anderen Situation. Die in der Bundesrepublik lebenden Polen sind relativ gut integriert und fallen nicht auf, dazu ist die Tradition einer Zuwanderung von Polen nach Deutschland schon relativ alt.8 Diese Voraussetzungen machen es den migrationswilligen Polen leichter sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Von in Deutschland lebenden Bekannten und Familien können schon vorab wesentliche Probleme aus dem Weg geräumt werden und eventuell ein Arbeitsplatz oder eine Wohnung beschafft werden. Dies erleichtert die Entscheidung in ein anderes Land zu gehen. Gerade in Deutschland ist somit ein Anreiz für eine Immigration aus den direkten Nachbarländern geschaffen.
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1 Vgl.: Musial, Janusz Periodische Arbeitsmigration aus Polen (Raum Oppeln) nach Deutschland, Zei Discussion Paper C 100 2002, S. 4
2 vgl.:Böse, Christian East-Central Europe: Industrial and Agricultural Situation, Karl Kaiser, Martin Bruning (Editors), East-Central Europe and the EU: Problems of Integration, S.39f
3 vgl.:Bucher, Hansjörg, Informationen zur Raumentwicklung Heft 11/12.2001, Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, S. 799
4 ebd. S.799
5vgl.:Wöhlcke, Manfred, Grenzüberschreitende Migration als Gegenstand internationaler Politik, APuZ B43/2001, S.31
6 vgl.: Piazolo, Daniel, Entwicklungsunterschiede innerhalb einer erweiterten EU, APUZ, B 1-2/2002, S.15f
- Quote paper
- Michael Ziegler (Author), 2003, Auswirkungen der Ost-West Migration auf den deutschen Arbeitsmarkt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11295
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