Die möglichst frühe und auch umfassende Identifizierung von Kindern mit Schwächen und Auffälligkeiten, welche sich auf deren Schulleistungen auswirken könnten, ist ein nicht erst seit der PISA Studie in der Diskussion bei pädagogischen Fachkräften (Morgenstern 2007, S. 1). Doch wie ist dies für eine Schule mittlerer Größe (12. Eingangsklassen) umsetzbar. Dieser Fragestellung soll in der vorgelegten Fallstudie nachgegangen werden.
I. EINLEITUNG
1. MOTORIK UND LERNEN - EIN ZUSAMMENHANG?
1.1. DEFINITION MOTORIK
1.2. DEFINITION LERNEN
1.3. KORRELATION VON MOTORIK UND LERNEN - KOGNITION
2. FALLBESCHREIBUNG - ZIELSETZUNG
3. METHODENAUSWAHL
3.1. MOTODIAGNOSTIK
3.2. DIAGNOSTISCHE METHODEN FRÜHERKENNUNG LERNBEEINTRÄCHTIGUNGEN
4. DURCHFÜHRUNG
4.1. MOT 4-6
4.2. DES
4.3. ÜBERSICHT ABLAUFPLAN
5. GUTACHTEN
5.1. ALLGEMEINES ZUM GUTACHTEN
5.2. BEFUNDE UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE
5.2.1. Befunde und Interpretation MOT 4-6
5.2.2. Befunde und Interpretation DES
5.3. HANDLUNGS- UND FÖRDEREMPFEHLUNGEN
5.3.1. Handlungs- und Förderempfehlungen im Bereich Motorik
5.3.2. Handlungs- und Förderempfehlungen im Bereich Kognition und sozial-emotionalem Verhalten
6. SCHLUSSBEMERKUNG
II. LITERATURVERZEICHNIS
III. ABBILDUNGSVERZEICHNIS
I. Einleitung
Die möglichst frühe und auch umfassende Identifizierung von Kindern mit Schwächen und Auffälligkeiten, welche sich auf deren Schulleistungen auswirken könnten, ist ein nicht erst seit der PISA Studie in der Diskussion bei pädagogischen Fachkräften (Morgenstern 2007, S. 1). Doch wie ist dies für eine Schule mittlerer Größe (12. Eingangsklassen) umsetzbar. Dieser Fragestellung soll in der vorgelegten Fallstudie nachgegangen werden.
1. Motorik und Lernen - ein Zusammenhang?
1.1. Definition Motorik
Unter Motorik versteht man die Gesamtheit aller kontrollierten und koordinierten Bewegungen des menschlichen Körpers. Etymologisch leitet sich der Begriff Motorik vom lateinischen „motor“ = Beweger ab. Grundsätzlich lassen sich motorische Leistungseigenschaften in koordinative und konditionelle Fähigkeiten unterscheiden (Hollmann & Hettinger 1990, S.142). Für den Bereich der Schule stehen die koordinativen Fähigkeiten im Vordergrund, die konditionellen Kompetenzen sind dennoch im Bereich Schulsport wichtig.
1.2. Definition Lernen
Die Begriffsbestimmung hinsichtlich Lernen, Lernschwierigkeiten und Lernbeeinträchtigungen ist komplex, da kein klar zu bestimmendes Symptom oder Syndrom zugrunde liegt. Der Begriff Lernbeeinträchtigung kann daher im Kontext Schule als mangelnde Passung der Fähigkeiten und Kompetenzen eines Kindes an die Anforderung der Schule erklärt werden.
1.3. Korrelation von Motorik und Lernen - Kognition
Ob motorische Fähigkeiten und Kognition miteinander verknüpft sind, im Sinne, dass bessere motorische Kompetenzen bessere kognitive Leistungen hervorbringen, ist eine Frage, welche immer wieder kontrovers diskutiert wird. Feststeht allerdings, dass Schuleingangsuntersuchungen wiederholt die Zunahme an motorischen, kognitiven und körperlichen Defiziten belegen und eine frühe Förderung dieser Defizite sich positiv auf den Schulerfolg der Kinder auswirkt.
Mens sana in corpore sano war schon für die Römer bedeutsam, motorische Leistungsfähigkeit ist ein einflussreicher Faktor bei der erfolgreichen Lebensbewältigung (Ahnert/Schneider/Bös 2008, S.23). Weiterhin haben motorische Kompetenzen und die körperliche Fitness einen signifikanten Einfluss auf die gesunde Entwicklung von Kindern und damit auch auf deren Schulerfolg (Drenowatz/Greier, In Bewegung und Sport 4/2020, S.8). Ausreichend Sport und Bewegung trägt zum physischen und psychischen Wohlbefinden bei.
2. Fallbeschreibung - Zielsetzung
Für die Schule „XY“ soll ein Screening Konzept mit den Schwerpunkten Auffälligkeiten im Bereich Motorik und Lernen für alle Kinder der Schuleingangsstufe erstellt werden. Die Kohorte umfasst dabei 12 1. Klassen mit gesamt ca. 300 Schülern. Der Schwerpunkt liegt zwar bei den oben genannten Kompetenzbereichen, dennoch besteht die Vorgabe auch andere Auffälligkeiten mit einer hohen Wahrscheinlichkeit im Rahmen der Untersuchung aufzudecken. Die Untersuchung muss ökonomische - finanziell und zeitlich - realistisch durchführbar sein. Das Untersuchungskonzept soll eine Empfehlung für die zeitliche Abfolge der einzelnen Testungen enthalten.
3. Methodenauswahl
Die Diagnostik kennt verschiedene Arten von Methoden:
- Test
- schriftliche Befragung, Fragebogen
- Beobachtung
- Interview, Gespräch, mündliche Befragung
- Screening
- Diagnostisches Inventar
- Arbeitsprodukt
- Fehleranalyse
Aufgrund der vorliegenden Fallkonstellation, mit einer Kohortengrösse von 300 Kindern und der Intention einer Selektion in „auffällig“/„unauffällig“, kommen aus Gründen der Durchführungsökonomie am ehesten Screeningverfahren in Betracht.
Bei Screeningverfahren (dt. Reihenuntersuchung) handelt es sich um eine zeitsparende Methode zur groben Einschätzung und Klassifizierung in „auffällig“/“unauffällig“ in Bezug auf den Untersuchungsbereich. Ein Screeningverfahren stellt eine Orientierung dar, ob weitere Diagnostik notwendig erscheint. Ein Ausmass der Auffälligkeiten kann nicht klar genannt werden (Reichenbach & Thiemann 2018, S. 95).
Tests mit aufwendigen Einzelsettings oder umfangreichen Beobachtungsaufgaben sind bei einer so grossen Untersuchungsgruppe nicht angezeigt, da zeitlich, personell und finanziell zu aufwendig.
Bei der Auswahl des optimalsten Screeningverfahrens sollte auf ausreichende Gütekriterien (Objektivität, Validität und Reliabilität) geachtet werden. Weiterhin erleichtert das Vorliegen von entsprechenden Vergleichsdaten die Zuordnung in „unauffälliger IST Zustand“ und „auffällig - weitere Abklärung notwendig“.
3.1. Motodiagnostik
In der Motodiagnostik existieren eine Vielzahl möglicher Tests-/Screeningverfahren. Man unterscheidet zwischen motoskopischen, motometrischen und motographischen Verfahren.
Überblick (nicht abschliessend) Beurteilungsinstrumente zur motorischen Leistungsfähigkeit bei Kindern und Jugendlichen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Forderung nach einer ökonomischen Durchführung bedingt ein stark standardisiertes Verfahren, da dieses auch durch nicht sonderpädagogisch ausgebildetes Lehrpersonal und Hilfspersonen ausgeführt werden kann.
Das kostengünstigste Verfahren ist der Deutsche Motorik Test. Dieser stellt jedoch eher einen sportmotorischen Leistungstest dar, denn einen motorischen Entwicklungstest (Reichenbach, 2016, S. 12). Der HamMot Screen ist durch die geforderte Videoanalyse und die Anwesenheit der Eltern in der Durchführung im vorliegenden Fall weniger praktikabel. Für den M-ABC 2 liegt zwar eine Empfehlung der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) vor (vgl. Reichenbach 2016, S.76), aber er enthält nur 3 motorische Bereich: Handgeschicklichkeit, Ballfertigkeiten, Balance (Reichenbach, 2016, S.75). Der MOT 4-6 hingegen enthält bei ähnlichem Preis 18 Testaufgaben und deckt 7 motorische Dimensionen ab (Reichenbach, 2016, S.60). Da durch die Oberbürgermeisterin ein möglichst breites Diagnostikspektrum gefordert ist, erfüllt der MOT 4-6 diese Anforderung am besten.
3.2. Diagnostische Methoden Früherkennung Lernbeeinträchtigungen
Gefordert ist ein diagnostisches Screening für den Schuleingangsbereich mit Abdeckung der, für das schulische Lernen, signifikanten Kompetenzbereiche.
Derzeit bietet die Testzentrale (Testzentrale 2021) unter der Rubrik „Schulfähigkeit“ 22 Verfahren zur Ermittlung der Schulfähigkeit an (Kany & Schöler, 2009, S. 114), von denen jedoch nur einige auch speziell für diese Fragestellung entwickelt wurden (Kany & Schöler, 2009, S. 114). Einige Verfahren sind veraltet bzw. bieten keine aktuellen Vergleichsnormen. In der Schweiz werden oft die sog. Horgener Aufgaben zur Abklärung der Schulfähigkeit eingesetzt (http://www.horgeneraufgaben.ch, o. J.) Überblick Schulfähigkeitstest (nicht abschliessend):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die meisten, angebotenen Schuleingangstests, eignen sich, aufgrund der Durchführungsdauer, dem oft notwendigen Einzelsetting und der Art der Aufgaben, nur sehr bedingt für ein Screening mit einer Grösse von ca. 300 Kindern. Das Verfahren mit der aktuellsten Datenlage (aktuellste Auflage 2017) und grösster Bandbreite an überprüften Kompetenzen und Fähigkeiten ist der DES (Diagnostische Einschätzskalen). Es deckt 19 verschieden Bereiche ab:
Lateralität, Grobmotorik, Feinmotorik, Augenmotorik, auditives Kurzzeitgedächtnis, taktile Wahrnehmung, kinästhetische Wahrnehmung, Körperschema, Gestalt-Form-Auffassung, phonologische Bewusstheit, Mengenerfassung, Phonematik, optische Differenzierungsfähigkeit, visuelle Figur-Grund Erfassung, Lautbildungsfähigkeit, visuelles Gedächtnis, Sprachgedächtnis, Handlungsplanung, visuelles Operieren Das „Schulstarter Screening“ wäre zeitlich besser geeignet, ist aber veraltet und derzeit auch nicht lieferbar. Der DVET (Duisburger Vor-und Einschulungstest) ist leider veraltet und bietet damit keine geeigneten Vergleichsnormen.
Beim DES sind bis zu 50% der Aufgaben (z.B. aus dem Bereich Grobmotorik, Feinmotorik, Malvorlagen, Klatschrhythmus.) in einem Gruppensetting durchzuführen (Barth 2008, S.3).
4. Durchführung
Bei der Planung der Untersuchungssequenzen wird ein zur Verfügung stehendes Personal von mindestens 18 Lehrpersonen (Klassenleitungen der Einschulungsklassen, Fachlehrpersonen) plus 3 - 5 zusätzliche Hilfspersonen (Fachlehrpersonen, etc.) angenommen. Als zeitlicher Rahmen werden 2 Schulwochen, bevorzugt 2. und 3. Schulwoche, veranschlagt. Die Auswertung erfolgt anschliessend, sowie die Besprechung und Beratung des weiteren Vorgehens bei Kindern mit Auffälligkeiten.
4.1. MOT 4-6
Der Zeitaufwand für den MOT 4-6 ist lt. Testzentrale mit ca. 25 min. (reine Testzeit) je Kind angegeben und besteht aus 18 Testaufgaben (Reichenbach 2016, S. 60).
Aufgrund der hohen Standardisierung und der Art der Aufgabenstellung liesse sich aber eine Art Diagnostik - Zirkel z.B. in der jeweiligen Schulturnhalle (3 Schulstandorte) realisieren. Jeder der 18 „Diagnose-Posten“ benötigt dann eine Lehrperson, was bei einer Schule mit 300 Erstklässlern machbar erscheint. Bei einer angenommenen „Durchlaufzeit von 30 - 45 Minuten (inklusive Warte- /Rüstzeiten) pro Kind, sollte das Screening in an einem Schultag leistbar sein. Denkbar sind mehrere Zyklen, da nicht alle 300 Erstklässler gleichzeitig in der Turnhalle Platz finden. Der MOT 4-6 sollte vor dem DES abgehalten werden. Dies zum einen, weil er aktivierend wirkt durch die körperliche Betätigung und zum anderen mehr spielerischen Charakter hat als der DES, welcher doch mehr einer Lern-/Testsituation gleicht. Insbesondere, da es sich um Schulanfänger handelt, sollte der Schulstart so stressfrei und alltagsnah als möglich gestaltet werden. Der MOT findet in der Turnhalle statt und damit in einem vertrauteren Umfeld als ein Klassenzimmer.
4.2. DES
Der Zeitbedarf wird pro Kind mit 1,5 -2 h angegeben (Barth 2008, S.2). Auch beim DES lässt sich bei ca. 14 Aufgaben (von insg. 28) ein Gruppensetting realisieren ggf. in der Turnhalle. Unter der Annahme von mindestens 20 bereitstehenden Lehrpersonen ist das Screening für die gruppenfähigen Aufgaben in 2 Schulhalbtagen durchführbar.
Gruppensetting mit 20 Kindern (oder ggf. auch Klassenweise - hängt von der Klassenstärke ab) gleichzeitig = 5 Durchläufe â 1 h (inkl. Rüst-/Wartezeiten); in der Turnhalle mit 1 Lehrperson je Posten.
Das Einzelsetting für die DES Aufgaben ist zeitlich aufwändiger. Weiterhin sollte aus pädagogischen und psychophysiologischen Gründen die DES Einzeltestung am Vormittag durchgeführt werden, wenn die Kinder noch konzentriert und wach sind.
4.3. Übersicht Ablaufplan
Der gesamte Zeitbedarf für die Reihenuntersuchung beträgt 9 Schultage. Es wird vorgeschlagen nicht in der 1. Schulwoche damit zu starten, sondern in der 2. Woche um den Kindern eine gewisse Eingewöhnungszeit zu zugestehen. Ein möglicher Zeitplan könnte exemplarisch für einen Schulstandort wie folgt aussehen:
Schulstandort A: (ca. 100 Kinder)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die genaue Ablaufplanung muss aber im Kollegium und mit der Schulleitung detailliert geplant werden, wenn die personellen und räumlichen Ressourcen abgeklärt sind.
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- Quote paper
- Claudia Mayr (Author), 2021, Diagnostik. Schulische Prävention im Bereich Motorik und Lernen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1128759
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