In der Rezeption des Werkes von García Lorca wurde seit jeher das „fenómeno andaluz“ als poetologischer Konstitutionsgrund und damit als Schlüssel zum Verständnis sowohl seiner Lyrik wie seiner Dramen verstanden. Doch eröffneten sich damit zugleich Möglichkeiten des Missverstehens, die von der Klassifikation als eines Sonderfalls der kostumbristischen Literatur bis zur Drapierung mit folkloristischen Werbegags reichen. Wie schwierig das „fenómeno andaluz“ in seiner Bedeutung zu fassen ist, kann die Äußerung von Jorge Luis Borges bezeugen, dass García Lorca auf ihn wie ein professioneller Andalusier gewirkt habe. Als sich in der Poetik Lorcas manifestierender „andalucismo“ ist dieses Phänomen jedenfalls schlichtweg nicht zu definieren, sondern nur als eine enge Verwobenheit der poetischen Visionen mit der „andalusischen Realität“, mit ihren kulturellen, historischen, ethnischen und naturbedingten Kontexten beschreibbar.
Angeleitet von Essays der Hispanisten Allen Josephs und Juan Caballero, die den Werkausgaben vorangestellt sind, aber in durchaus eigenständiger Gedankenarbeit stellt der Autor die Schwierigkeiten bei der Erfassung des „fenómeno andaluz“ am Anfang seiner Arbeit klar, umsichtig und facettenreich dar. Dies dient lediglich als Grundlegung für die folgendenden, in überzeugender Systematik auf einander bezogenen Darstellungen und Analysen zentraler Aspekte seines Gegenstandes: der in Analogie zu Jurij M. Lotmans „Semantisierung des Raumes“ konzipierten „Semantisierung des Andalusischen“. Denn jedes der folgenden, etwa gleich großen Einzelkapitel diskutiert jeweils eingehend die Spezifika der dort näher betrachteten Semantisierungen.
Diese ausführlich dargestellten zentralen Aspekte betreffen die „Semantik der Archaisierung“ mit einem Brückenschlag zur Tragödie der griechischen Klassik und zu den in die Tradition Andalusiens eingegangenen Mythen; ferner die sprachliche und soziokulturelle Fundierung in andalusischen Kontexten; dann die sich mit dem Andalusischen verbindende räumliche Semantisierung. Die Conclusio stellt in über- zeugender Weise die Einheitlichkeit der in der Forschung als „dramas rurales“ benannten Werke im Licht der Semantisierung des Andalusischen dar. Die Einzel-kapitel sind in der Argumentation wie in dem zum jeweils folgenden Abschnitt überleitenden Resümee eng auf einander bezogen und formen eine sehr kohärente und schlüssige Gesamtanalyse des Gegenstandes.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
Die Semantisierung des Andalusischen
1.1 „Dramas rurales“ contra „teatro rural“: Gegensätzliche Inszenierung des ländlichen Andalusiens
1.2 „Lo andaluz“: Quintessenz des Spanischen im 19. Jahrhundert
1.3 „Las dos Andalucías“: Die kulturelle Identität des Andalusischen
2. Semantik der Archaisierung
Archaische Elemente in Bodas de sangre und Yerma
2.1 „Hay que volver a la tragedia“: Griechisch-andalusische Tragödie
2.2 „Lo arcaico y lo andaluz“: Inszenierung eines archaischen Andalusiens
2.3 „Vientre seco, agua santa“: Archaischer Fruchtbarkeitskult
3. Sprachsemantik:
Das Andalusische als sprachlicher und soziokultureller Bezugspunkt
3.1 „¡Ay pastora, que la luna asoma!”: Die Funktion des „Lyrismus”
3.2 „Los hombres, hombres, el trigo, trigo“: Inszenierte ländliche Sprache
3.3 „El qué dirán“: Öffentliche Meinung und Ehrenkodex
4. Raumsemantik:
Räumliche Semantisierung des Andalusischen
4.1 „¡Yo quiero salir!“: Semantisierung des „geschlossenen“ Raumes
4.2. „Abrir puertas y ventanas“: Inszenierung des „offenen” Raumes
4.3. „Un documental fotográfico“: Realismus und Stilisierung
5. Conclusio:
Semantische Einheitlichkeit der „dramas rurales“
Bibliographie
1. Einleitung:
Die Semantisierung des Andalusischen
Mit dem Todesjahr García Lorcas sowie dem Ausbruch des spanischen Bürgerkriegs endete 1936 die fast vier Jahrzehnte währende zweite „Edad de Oro“ der spanischen Kulturgeschichte.1 Ausgangpunkt dieser kulturellen Blütezeit war das Krisenjahr 1898, in dem Spanien Kuba, Puerto Rico und die Philippinen an die USA verlor und sich somit endgültig vom Kolonialismus verabschieden musste. „Paradójicamente, un extraordinario florecimiento de la cultura española se inició […], como si el “Desastre” de 1898 hubiera dado a muchos españoles la energía y la ambición necesarias para intentar devolver a su patria un lugar en la historia de la cultura universal.”2
Die dadurch ausgelöste Krise führte in Spanien jedoch nicht zu einer zu nehmenden kulturellen „alienación“, sondern bewirkte stattdessen eine noch stärkere Hinwendung zur eigenen Sprache, Kultur und Nation. Der Rückgriff auf die mittelal terliche Dichtkunst des „Romance” zeigt dieses neu erwachte Interesse an der genuin-spanischen Kulturtradition: „Los poetas españoles no estaban tan sustancial mente alienados como otros europeos, porque se sentían hondamente arraigados en un dominio expresivo muy antiguo de su comunidad nacional, el Romancero y toda poesía de tipo tradicional.”3 Bezeichnenderweise stellte sich Lorcas kommerzieller Erfolg als Dichter erst dann ein, als es ihm gelang, diese klassische Form des „Romance“ mit der traditionsreichen „gitano“-Kultur zu verbinden. Jene Mischung aus „lo gitano“ und „lo andaluz“, welche den Romancero Gitano (1928) prägt, kommt auch in Lorcas „dramas rurales“ zum Ausdruck, insbesondere in Bodas de sangre (1933).4
Der Erfolg, den García Lorca mit Bodas de sangre bis weit über die Landes grenzen hinaus feiern konnte, ist – auch in diesem Fall – zu einem nicht un Berlin: Rütten & Loening, 1975, 225. wesentlichen Teil der publikumswirksamen Darstellung des Andalusischen zu zuschreiben, welche vor allem im Ausland dazu führte, dass „lo gitano-andaluz“ als Inbegriff des Spanischen gedeutet wurde und jene Elemente, die allein der anda lusischen Tradition entsprechen, auf das gesamte Spanien übertragen wurden:
En los espectáculos peninsulares, para el consumo de España entera, lo andaluz o lo gitano-andaluz representa la constante cultural, lo más só lido, lo familiar, el recurso inmediato para todo tipo de afirmación identitaria, aunque sean de signos contrarios.
Lo andaluz llega incluso, en ciertos períodos, a convertirse en imagen metonímica del país, a uso nacional o como estampa arquetípica desti nada a representar a España en el extranjero.5
Ob García Lorca ahnte, dass der offensichtliche Bezug zur andalusischen Kultur, wie sie im Romancero Gitano zum Ausdruck kommt, auch den Durchbruch als Dra matiker erleichtern würde, oder ob er einfach seinem Gespür für Theater folgte, kann nur spekuliert werden. Seine Entscheidung, nach dem Erfolg von Bodas de sangre auch in Yerma (1934) und in La casa de Bernarda Alba (1936) das ländliche Anda lusien als den Schauplatz der Handlung zu wählen, lässt jedoch keinen Zweifel dar an, dass Lorca das andalusische Milieu für seine dramatischen Stoffe in besonderer Weise schätzte. Selbstverständlich spielt dabei auch die schlichte Tatsache eine Rolle, dass er selbst Andalusier war und somit die Sitten und Bräuche seiner Lands leute bestens kannte.6
Interpretation und Wirkung der „dramas rurales“ sind somit eng mit dem anda lusischen Kontext verwoben; ihr Verständnis konstituiert sich weitgehend aus der speziellen Bedeutung jenes „andalucismo“, der von Allen Josephs und Juan Caballero umfassend als „fenómeno andaluz“ bezeichnet wird:
El fenómeno andaluz no es otra cosa que esa realidad andaluza. Lorca llegó a ella por alguna vía de la intuición y la expresó mediante su arte. Esta expresión suya en cuanto a intuición tiene que entenderse como cierta ‘mística’ que forma parte de la realidad andaluza y a la cual el genio lorquiano fue peculiarmente sensible. [...]
El fenómeno andaluz no es un ‘tema’ y no es ‘literario’. No es tampo co ‘popular’ o ‘folklórico’, aunque Lorca empleaba como recursos a veces lo folklórico y lo popular.7
Gegen eine Instrumentalisierung dieses „fenómeno andaluz“ im Sinne der Folk lore, der „Blut und Bodendichter“ oder „Heimatschriftsteller“ wendet sich auch Hans-Jörg Neuschäfer, der kritisiert, dass die „dramas rurales“ „in Deutschland so oft als Ausdruck des Ewig Spanischen, noch einseitiger: der spanischen Leidenschaft lichkeit, missverstanden worden sind.“9
Grundlage für dieses Missverständnis, welches innerhalb und außerhalb Spaniens für eine Fehleinschätzung García Lorcas sorgt, ist die Verwechslung der bloßen Drama tisierung des Andalusischen mit dessen scheinbarer Romantisierung und Nationali sierung. Auch wenn Lorca eine sehr enge Beziehung zu seiner andalusischen Heimat pflegte und diese als seine größte Inspirationsquelle sowohl für sein dichterisches als auch dramatisches Werk verwendete, stand er ihr gleichzeitig – zumindest in seinen „dramas rurales“ – äußerst kritisch gegenüber und zeigt in Yerma und La Casa de Bernarda Alba ein Andalusien, das von einer romantischen Idylle weit entfernt ist:
In La Casa de Bernarda Alba gestaltet García Lorca keine andalusi sche Dorfidylle, sondern inszeniert im Haus Bernardas brennspiegelar tig eine Gemeinschaft, in der Egoismus, Habgier, Geiz, Machtsreben und Misstrauen den Umgang untereinander bestimmen, in der Verlo genheit über Ehrlichkeit dominiert, in der Außenwirkung und Fassade mehr gelten als innere Werte, und in der letztlich der ökonomische Faktor, das Geld, den Ausschlag gibt („¡El dinero lo puede todo!“).“10
Trotz dieser äußerst negativen Darstellung Andalusiens, die mit der Furcht der Dorfbewohner vor der „opinión“ beginnt und im grotesken Gebaren Bernarda Albas als „Kerkermeisterin“ auf die Spitze getrieben wird, bekräftigt García Lorca mehr fach den realistischen Anspruch des Dramas. Sein expliziter Hinweis, die Tragödie im Stil eines „documental fotográfico“ zu inszenieren, sowie der in zwei Lorca Biographien überlieferte Kommentar, wonach er den „reinen Realismus“ seines Dramas hervorhebt, lassen sich mit diesem teilweise höchst surreal wirkenden anda lusischen Dorfleben scheinbar nur sehr schwer in Einklang bringen.11
Für Ruiz Ramón handelt es sich bei García Lorcas Inszenierung des Anda lusischen deshalb nicht um Realität, sondern um „ein Zeichen“, „und als solches steht es für ein System und einen Normenkodex und nicht für eine Region oder ethische Einheit.“12 Demgegenüber präsentieren die Soziologen Pitt-Rivers und Gil more in ihren Arbeiten ein Andalusien, das genau jene gesellschaftlichen Strukturen und Themen beinhaltet, welche in den „dramas rurales“ beschrieben werden, so dass sich Lorcas drastische Darstellungsweise zu bestätigen scheint, insbesondere auch in Bezug auf die archaischen Wurzeln des Andalusischen.13
El estudio interesa por varias razones. Constituye una documentación y explicación sociológica parcial del fenómeno andaluz, del cual mu chos elementos aparecen en estas tres obras. Es decir, que pertenecen a la realidad y no a una visión folklórica de las costumbres andaluzas, estilo Fernán Caballero. Es también interesante porque esboza una es trecha relación entre el pueblo andaluz y aquella civilización primaria que por razones religiosas creó lo que llamamos tragedia.14
Josephs und Caballero sprechen sich somit eindeutig gegen die Vorstellung aus, das Andalusische sei lediglich als zeichenhafter „Normenkodex” zu verstehen – die Parallelen zwischen der andalusischen Realität und Lorcas „dramas rurales” sind für sie zu offensichtlich: „Por oscuros que puedan ser los mitos que van encarnando la tierra y la sociedad andaluzas, siempre sentimos que todo ese material forma parte de un conocimiento de realidad.”15
Mehr Einigkeit herrscht jedoch in Bezug auf die grundlegende Bedeutung des andalusischen Kontexts, ungeachtet der Frage, ob er nun bloßes „Zeichen“ oder faktische Realität darstellt, da dieser in den „dramas rurales“ auf unmittelbare Weise mit Dramaturgie und Handlung verknüpft wird. Obwohl weder die genaue Verortung des Dramenschauplatzes noch seine regionalen Einflüsse17 jemals expliziert werden, gelingt es Lorca, eine regelrechte „Inszenierung“ des Andalusischen und des „fenómeno andaluz“ auf die Bühne zu stellen: „Esto es tan aplicable al teatro como a la poesía, especialmente en Bodas de sangre, Yerma y La Casa de Bernarda Alba, donde ocurre una escenificación de la realidad andaluza, no realismo, sino ‚nuevas e ignoradas perspectivas de esa realidad’, lo que equivale a decir escenificación del fenómeno andaluz.”18
Das Andalusische trägt somit nicht nur zur semantischen und soziokulturellen Einheitlichkeit bei, sondern es transportiert gleichzeitig die zentralen Themen der
„dramas rurales“. Auf diese Weise fungiert Andalusien sowohl als Schaubühne für das dramatische Geschehen, als auch gewissermaßen als „stumme Figur“, welche die Handlung im Sinne des „fenómeno andaluz“ entscheidend prägt und strukturiert.20 Analog zu Jurij M. Lotmans Theorie der „Semantisierung des Raumes“ kann daher in Bezug auf die „dramas rurales“ von einer „Semantisierung des Andalusischen“ ge sprochen werden, womit im Folgenden die Dramatisierung und Inszenierung des Andalusischen bezeichnet wird.21
Eine Analyse von Bodas de sangre, Yerma und La casa de Bernarda Alba soll zeigen, auf welche Art und Weise diese Semantisierung des Andalusischen mit der dramatischen Struktur der „dramas rurales“ zusammenhängt.
1.1 „Dramas rurales“ contra „teatro rural“: Gegensätzliche Inszenierung des ländlichen Andalusiens
Trotz ihrer „poderosa unidad“, welche die Dramen Bodas de sangre, Yerma und La casa de Bernarda Alba ohne Zweifel verbindet, hatte Lora ursprünglich einen anderen Abschluss für seine „trilogía dramática de la tierra española“ vorgesehen.22 Der eigentliche Abschluss dieser Trilogie sollte – laut einem Interview von 1933 mit Lorca in El Heraldo de Madrid – durch ein Werk mit dem Titel La destrucción de Sodoma / Las hijas de Loth gebildet werden, von dem Lorca jedoch nicht mehr als den dritten Akt schreiben konnte und das als „trilogía bíblica“ geplant war.23 Auch von Lorcas Freundeskreis, dem er in seinem Todesjahr 1936 die fertige Fassung von La casa de Bernarda Alba vortrug, sind keinerlei Aussagen überliefert, wonach damit die Vollendung seiner Trilogie einherginge; aus diesem Grund ist fraglich, ob La casa de Bernarda Alba von Lorca überhaupt jemals als Teil der „trilogía dramáti ca de la tierra española“ beabsichtigt worden war.
Die Unterschiedlichkeit der drei Dramen kommt nicht zuletzt in ihrem jeweili gen Untertitel zum Ausdruck. Bei Bodas de sangre lautet dieser schlicht „tragedia“, bei Yerma handelt es sich um ein „poema trágico“ und bei La casa de Bernarda Alba wählt Lorca den ausführlichen Titel „Drama de mujeres en los pueblos de España“.24 Trotz dieser gattungsspezifischen Unterschiede besitzen die „dramas rurales“ große stilistische und inhaltliche Gemeinsamkeiten, von denen die auffälligste ihr Schauplatz ist, der sich eindeutig am ländlichen Andalusien inspiriert. „Lo que tienen en común las tres es el campo andaluz y sus campesinos como personajes; y es esto, el fenómeno andaluz que tienen en común, lo que ha despistado o confundido a cier tos críticos.”25 Dieser Umstand hat dazu geführt, die drei Dramen unter dem Ober begriff „dramas rurales“, „teatro rural“ oder „tragedias rurales“ zusammenzufassen.
Doménech weist darauf hin, dass diese Bezeichnungen allesamt irreführend seien, weil sie in Konflikt gerieten mit der bestehenden Tradition des „teatro rural“:
En efecto, con el nombre de teatro rural y de drama rural se conoce en el teatro español moderno una tendencia originada a finales del si glo XIX y prolongada bien entrado ya el siglo XX, en la que destacan nombres como los de Feliu y Codina, Federico Oliver, Joaquín Dicen ta, López Pinillos e incluso Benavente […]. Independientemente de que dicha tendencia, tenida por realista, presenta el mundo rural espa ñol de una forma tópica y melodramática, entre ella y este teatro de Lorca hay… un abismo. En este teatro de Lorca no sólo encontramos ambiente rural; encontramos también, a diferencia del teatro de aque llos autores, un lenguaje simbólico, una identificación del teatro con los viejos ritos agrarios, una actualización mítica.26
Lorcas Einordnung als Vermittler des „ewig Spanischen“, als „folkloristischer Dramatiker“ und als „Heimatschriftsteller“ gründet in nicht zu unterschätzendem Maß auf dieser vermeintlichen Fortführung einer populären Theatertradition.27 Auch wenn die Bezeichnung „dramas rurales“ in der Tat eine gefährliche Nähe zum „teatro rural“ des 19. Jahrhunderts herstellt, soll dennoch aus zwei Gründen weiter daran festgehalten werden. Zum einen ist der Begriff der „dramas rurales“ in der Lorca Rezeption fest etabliert und eindeutig definiert: Innerhalb von Lorcas dramatischem Werk ist dadurch eine Verwechslung mit anderen Dramen ausgeschlossen.
Zum anderen wird dadurch unmissverständlich Lorcas Festhalten an traditio nellen Formen und Inhalten deutlich, jedoch nicht auf eine Weise, wie sie der Dramentradition des „teatro rural“, beispielsweise La malquerida (1913)28 von Be navente entspricht, sondern mit der dezidierten Absicht, die Erwartungen des Zu schauers zu durchkreuzen und eine mögliche Identifikation mit den Dramenfiguren zu erschweren. In diesem Punkt lässt sich Lorcas Dramenkonzeption durchaus mit der eines Ramón del Valle-Inclán vergleichen, allerdings mit dem Unterschied, dass Lorca nicht zuletzt wegen seiner Semantisierung des Andalusischen „fama mundial“ erlangte. Auf einer Achse zwischen den beiden Polen des volkstümlichen „teatro ru ral“ und des avantgardistischen „esperpento“ wäre Lorca somit in der Mitte anzusie deln. Seine „dramas rurales“ verkörpern demzufolge exakt jene Gegensätzlichkeit aus Konvention und Verfremdung, welche Rogmann als wesentliches Merkmal des Dramas des 20. Jahrhunderts bestimmt: „Der Rückgriff auf die Tradition, insbeson dere die nationale, zum Zwecke der Erneuerung ist eines der Kennzeichen der Kultur des 20. Jahrhunderts; das andere, wichtigere, ist der Bruch damit.“29
Die Inszenierung des Andalusischen verbindet sich in Lorcas „dramas rurales“ aus diesem Grund – trotz sprachlicher und kultureller „Volkstümlichkeit“ – immer mit scharfer Sozialkritik; im „teatro rural“ des 19. und 20. Jahrhunderts dominiert hingegen eine Andalusien-Darstellung, die hauptsächlich unterhalten will und den neu entdeckten Nationalcharakter des Andalusischen feiert.
Por encima de ese problema existe otro que es la confusión por la per versión del folklore español, y andaluz en particular, que encierra toda noción de la ‘España de pandereta’ o ‘la españolada’. Este peligro lo ha visto muy bien Marcelle Auclair: ‘Pero Andalucía se ha ido convir tiendo en sinónimo de flores en la cabeza, de macetas de geranios, de guitarras y castañuelas; ‘España de pandereta, inventada por los turis tas, según los españoles, y que ellos no hicieron más que adoptar.30
In Historia de Andalucía ist gar von einer regelrechten „Manipulation“ des An dalusischen zum Zwecke der Begründung einer spanischen Nationalkultur die Rede:
Para dotar al nacionalismo español de símbolos y otros elementos cul turales, lo andaluz es convertido, previa manipulación, en bandera y representación de España, en etiqueta de exportación y en reclamo pa ra la entrada de divisas turísticas. Se trata de una acentuación, hasta extremos nunca antes conocidos, del ya repetidamente señalado tópico de ‘Andalucía, esencia de España’, utilizado ahora, no precisamente con la intención de regenerar a España a través de Andalucía, sino más bien para crear la imagen de una determinada España por medio de la manipulación de lo andaluz.31
Bei dieser einseitigen Darstellung des „andalucismo“ handelt es sich jedoch nicht nur um eine Erscheinung des „teatro rural“, sondern vielmehr um ein Phäno men des gesamten 19. Jahrhunderts, das insbesondere seine wichtigste literarische Gattung, den Roman, betrifft.
1.2 „Lo andaluz“: Quintessenz des Spanischen im 19. Jahrhundert
Mit der „novela de costumbres” wird dem Thema der Suche nach der „esencia de España“ eine eigene Untergattung gewidmet, welche ausdrücklich zur Zielsetzung erklärt, spanische Sitten, Gebräuche und Traditionen abzubilden, um daraus ein ko härentes Bild Spaniens und „des Spanischen” erstellen zu können. Cecilia Böhl de Faber alias Fernán Caballero schreibt im Vorwort zu La Gaviota (1849): „Y en ver dad, no nos hemos propuesto componer una novela, sino dar una idea exacta, verda dera y genuina de España, y especialmente del estado actual de su sociedad, del modo de opinar de sus habitantes, de su índole, aficiones y costumbres.”32
Caballero ist dabei vor allem um das Bild Spaniens in Europa besorgt: „Quisi éramos que el público europeo tuviese una idea correcta de lo que es España y de lo que somos los españoles.”33 Auch wenn Caballero von „España” spricht, spiegelt ihr Roman im Wesentlichen die „costumbres” der Andalusier wider und begünstigt da durch einmal mehr die Gleichsetzung des Andalusischen mit dem Ideal des „Spa nischen“. Diese Vereinnahmung des Andalusischen durch den costumbristischen Roman ist neben politischen und sozialen Umständen zu einem erheblichen Teil auch auf den Zeitgeist zurückzuführen – das Andalusische war sozusagen „en vogue“.
Neben szenischem und literarischem „Costumbrismo“ trug auch die andalusische Musiktradition entscheidend zu seiner Verbreitung und Popularität bei. Zudem wurden musikalische Gattungen wie der Bolero kurzerhand „andalusiert“, weil sie in jenes Bild des Andalusischen passten, das auch in Europa mit Begeisterung aufge nommen wurde: „El bolero que no nació andaluz, pero que se identificó con Andalu cía (‚seguidillas andaluzas’, ‚boleros de Cádiz’, ‚zorongos’), se vuelve en España y en toda Europa el símbolo de la modernidad musical y coreográfica.”34 In ähnlicher Weise erlebt auch die „zarzuela” eine Renaissance, die sie nur ihrer Verbindung mit dem Andalusischen zu verdanken hat: „El principio del siglo XIX [...] es el renacer de la zarzuela, y concretamente de la zarzuela grande de mediados de siglo, lo que fomenta en el país una fascinación por lo andaluz definido como la quintaesencia de la cultura nacional. A partir de1840, cunde la moda de las ‘comedias andaluzas’ o del ‘género andaluz’, y en el teatro lírico arrasa la ‘zarzuela andaluza’, vinculada con la expansión del costumbrismo escénico.35 Die „zarzuela” bietet eine Mischung aus Versatzstücken des andalusischen Exotismus gepaart mit stereotypen Elementen der populär-andalusischen Musiktradition: „Las canciones con guitarra, los sombreros típicos, el caló y el ceceo de convención. [...] Lo andaluz, para toda España e incluso para Andalucía misma, representa el exotismo casero, el indigenismo doméstico.”36
Doch nicht nur wegen seiner außergewöhnlichen Musiktradition wurde das An dalusische immer mehr zum Zentrum der spanischen Nationalkultur. Auch der vorteilhafte Umstand, dass Andalusien im Gegensatz zu Valencia oder Katalonien keinerlei Gefahren eines Separatismus birgt und seine Sprache – trotz ihrer unver wechselbaren Eigenheiten – der Norm Kastiliens entspricht, bedeutete eine Bestäti gung des „andalucismo“ in seiner Funktion als Nationalkultur. In dieser Rolle konnte sich die andalusische Kultur auch gegen den „madrileñismo“ behaupten, der trotz seiner politischen Stellung kein vergleichbares kulturelles Profil aufweisen kann.37 Für in und ausländische Kulturkritiker sind es daher vor allem die künstlerischen Stärken, die das Andalusische von anderen Regionen Spaniens unterscheidet – auch in Bezug auf seine besondere Neigung zum Theater, wie der katalanische Musikwis senschaftler Felipe Pedrell betont: „En ‘el acervo común’, el andaluz es indiscu tiblemente el más rico, el más complejo y el más variado, desde un punto de vista textual, musical, coreográfico y dramático.“38
Diese vielschichtige Bedeutung des Andalusischen im 19. Jahrhundert zeigt, warum Fernán Caballero die Gleichsetzung von andalusischer Kultur mit spanischer Nationalkultur ohne Einwand akzeptiert, mehr noch, sogar stillschweigend voraus setzt. Caballeros Vorhaben, Europa das wahrhaftige Bild Spaniens zu vermitteln („dar una idea correcta de lo que es España y de lo que somos los españoles“), gründet auf der Annahme, mit Andalusien das repräsentative „Vorzeige-Spanien“ ge funden zu haben, welches die „costumbres“ der Spanier kollektiv in sich vereint. Für Caballero – ebenso wie für das „teatro rural“ des 19. Jahrhunderts – erscheint dieses Vorhaben besonders aussichtsreich, weil das Andalusische genug Eigenarten besitzt, die es als Region unverwechselbar machen, aber gleichzeitig nicht zu weit entfernt ist von dem, was sie als „idea exacta, verdadera y genuina de España“ bezeichnet:
Este patrimonio andaluz, más aun que los demás, es disponible para todas las finalidades culturales, ideológicas y políticas, para exaltar tanto el sentimiento regional como el nacional. [...] La materia andalu za aparece como una cultura regional y una cultura nacional, parangón de ‘lo español’, incluso – o sobre todo – a uso interno.39
Neben seiner Bedeutung als „cultura nacional“ und „parangón de ‘lo español’“, wird Andalusien im 20. Jahrhundert zudem ein wesentlicher Bezugspunkt für die Dichter und Schriftsteller der „Generación del 27“. Ihre Thematisierung des Anda lusischen erklärt sich jedoch nicht einfach dadurch, dass ein Großteil dieser Gruppe andalusischer Herkunft ist – José Moreno Villa, Adriano del Valle, Federico García Lorca, Vicente Aleixandre, Emilio Prados, Rafael Alberti, Joaquín Romero Murube, Luis Cernuda, Manuel Altolaguirre und José María Hinojosa sind Andalusier.40 Für viele dieser Autoren geht es bei der Thematisierung des Andalusischen zugleich um die zentrale Frage des 19. und 20. Jahrhunderts in Spanien: Die Frage nach der spanischen Identität.41 Diese Frage ist notwendigerweise auch eine Frage nach den spezifischen Merkmalen und Wesenszügen des Andalusischen. Aufgrund der kultu rellen Gleichsetzung des Andalusischen mit dem Spanischen wird diese Bestimmung der spezifisch andalusischen Identität zunehmend erschwert und durch Klischees ver zerrt. „Una buena mayoría del pueblo andaluz se ha visto impedida de conocer lo que realmente le es propio, merced a una política cultural celosamente dirigida, y ha tenido que remitirse y desenvolverse [...] en unos esquemas degradados y, en defini tiva, falsos.”42
Ähnlich der ideologischen Spaltung in die „beiden Spanien“43 kann auch von zwei Seiten des Andalusischen gesprochen werden: Eine, die als „Quintessenz des Spanischen“ angepriesen wird, und die andere, welche dieser „farsa multicolor“ diametral gegenübersteht.44 In den „dramas rurales“ bringt Lorca, wie im Folgenden gezeigt wird, das letztere Andalusien auf die Bühne – es ist ein „tragisches“ Anda lusien, das aber der „alma andaluza“ am ehesten gerecht werden kann. „Por su sin ceridad, por su emoción, por su inspiración poética, por su afán de buscar la entraña y las verdades esenciales de las cosas, por huir de los falsos oropeles y de la banali dad, García Lorca representa hoy, en nuestro teatro, el intérprete más autorizado del alma andaluza.”45
1.3 „Las dos Andalucías“: Die kulturelle Identität des Andalusischen
Trotz der Unmöglichkeit einer Definition des Andalusischen gibt es die verschie densten Theorien und Ansätze, die sich um seine kulturelle Einordnung bemühen und versuchen, in dieser kulturellen Vielfalt einheitliche Elemente zu erkennen. Das Hauptproblem besteht jeweils darin, zu bestimmen, welche Merkmale für das spe zifisch Andalusische stehen können und welche nur als Einzelphänomen ohne Aus sagekraft in Bezug auf „lo específico andaluz“ anzusehen sind.
Al preguntarnos por la existencia de la cultura andaluza, lo que inqui rimos es si se puede hablar, propiamente, de lo específico andaluz, en cuanto diferenciable de lo español genérico, como un conjunto de ca racteres que serían comunes a granadinos, malagueños y almerienses, sevillanos, gaditanos y onubenses, cordobeses y jienenses.46
Die „Teoría de Andalucía“ (1927) von José Ortega y Gasset ist der Versuch, einen solchen „conjunto de caracteres” erstellen und in der Vielfalt des Anda lusischen eine Einheit erkennen zu wollen. Ortegas einleitende Bemerkung, im gan zen Land gäbe es einen „nuevo entusiasmo por Andalucía“, bezieht sich nicht nur auf die „Generación del 27“, sondern auch auf die wachsende Bedeutung Andalusiens als touristischer Anziehungspunkt.47 Dieser „nuevo entusiasmo” in Inland und Aus land, die kulturelle Eigenständigkeit des Andalusischen sowie seine Bedeutung als Region, die „stolz für Spanien an sich stehen darf”, hat – wie auch Ortega betont – in Anda-lusien nie zu einem starken Regionalismus oder gar Nationalismus geführt: „Anda-lucía, que no ha mostrado nunca pujos ni petulancias de particularismo; que no ha pretendido nunca ser un Estado aparte, es, de todas las regiones españolas, la que posee una cultura más radicalmente suya.”48
Für Ortega präsentiert sich Andalusien mit zwei Gesichtern: „Lo admirable, lo misterioso, lo profundo de Andalucía“ steht jener touristischen Verzerrung gegen über, die er als „farsa multicolor“ bezeichnet, wenngleich diese das Bild Andalusiens im Ausland beherrscht.49 Es scheint demnach ein „echtes“ Andalusien zu geben, das nichts mit der „gefälligen, ein wenig schelmischen, sentimentalen und graziösen Seite“ Andalusiens zu tun hat, welche der Costumbrismus, das „teatro rural“ und die „zarzuela“ verkörpern.50 Das „tragische“ Andalusien, „das des Leides und der Tränen, des Todes und des cante jondo“, wird bereits von der „Generación del 98“ – insbesondere von Juan Ramón Jiménez – zurück in Erinnerung gerufen, um dann er neut von der „Generación del 27“, von García Lorca und Rafael Alberti, aufgegriffen zu werden.51 In „Andalucía y la generación del 27” spricht De Cózar in Bezug auf diese Bezeichnung der „dos Andalucías“ von „la doble Andalucía” und von „esa otra Andalucía” – in Abgrenzung zum populären Andalusien, das er schlicht „Andalucía falsa“ nennt:
Ese popularismo y, a través de él, el andalucismo de algunos miem bros del 27, no puede confundirse sin embargo con la Andalucía falsa de charanga y pandereta que criticó Machado, la Andalucía de Bizet, de la zarzuela, de los Quintero.
De la doble Andalucía sobre la que tantos propios y extraños han escri to, la de Lorca, la de Alberti, como la de Villaespesa o Machado, es esencialmente representación de esa otra Andalucía seria y antigua, trascendente y oculta, a veces por la Andalucía del tópico.52
Josephs und Caballero entwerfen eine ähnliche Dichotomie, die sich ebenso deutlich – im Hinblick auf Lorcas Romancero Gitano – gegen die Popularisierung des Andalusischen ausspricht:
Es indispensable distinguir aquí entre la Andalucía que Lorca ve, des cubre y emplea, y aquella otra pseudo-romántica Andalucía de macetas y elementos ‘populares’. Quizá en esa misma palabra ‘popular’ sea donde resida gran parte del problema de distinguir entre la Andalucía verdadera y la falsa de ‘pandereta’, de la ‘españolada’, de la época de Bizet, esa Andalucía zarzuelera que ha ejercido influencia hasta dentro de Andalucía, y que, fuera de ella y fuera de España, ha creado un es tereotipo lamentable.53
Einige der markantesten Eigenschaften dieses antipopulären Andalusiens sind in Lorcas Romancero Gitano vereinigt. In keiner Stadt kommt für Lorca das genuin Andalusische dabei so sehr zum Ausdruck wie in Granada, das Menschen unter schiedlichster ethnischer und religiöser Hintergründe („el negro, judío, morisco o cualquier perseguido“54 ) zu einer andalusischen „Einheit“ werden lässt.
Mit „Granada“ und „el gitano“ verdichtet sich diese kulturelle Identität des An dalusischen zum Symbol und lässt dabei jenes „echte“ Andalusien durchschimmern, das Ortega als „misterioso“ und „profundo“ charakterisiert. In Lorcas Selbst rezension des Romancero Gitano ist sowohl diese Opposition der „dos Andalucías“ als auch seine aufs Schärfste formulierte Abgrenzung zur volkstümlichen Tradition und Folklore enthalten, einschließlich seiner Ablehnung des als Inbegriff des Anda lusischen geltenden Flamenco:
El libro en conjunto, aunque se llame gitano, es el poema de Andalu cía, y lo llamo gitano porque el gitano es lo más elevado, lo más pro fundo, lo más aristocrático de mi país, lo más representativo de su modo y el que guarda el ascua, la sangre y el alfabeto de la verdad an daluza universal. [...] Un libro donde apenas está expresada la Andalu cía que se ve, pero donde está temblando la que no se ve. Y ahora lo voy a decir. Un libro antipintoresco, antifolklórico, anti flamenco.55
Neben der Kultur der „gitanos”, die für Lorca die „verdad andaluza universal“ verkörpert, sieht Lorca die arabischen Einflüsse als ebenso prägend für das Wesen und die Identität des Andalusischen an.56 Im Romancero Gitano verbindet sich dieses arabische Erbe Andalusiens mit der Kultur der „gitanos“ zu einer „poética arábigo andaluza“, die Lorca mit dem bezeichnenden Titel „retablo andaluz de todo el anda lucismo“ versieht.57
Der Romancero Gitano versteht sich demnach zusätzlich zu seiner dichterischen Bedeutung als Porträt derjenigen andalusischen Identität, die bisher kaum zum Ge genstand lyrischer Betrachtung gemacht wurde: „Apenas está expresada la Andalucía que se ve, pero donde está temblando la que no se ve“. Der poetischen Auseinander setzung mit der Frage nach der andalusischen Identität sowie den „dos Andalucías“ im Romancero Gitano geht jedoch bereits eine längere Beschäftigung Lorcas mit diesem Thema voraus, wie ein Brief aus dem Jahr 1925 zeigt:
Esto no es Andalucía […] Andalucía es otra cosa […] está en la gente. Yo, que soy andaluz y requeteandaluz, suspiro por Málaga, por Cór doba, por Sanlúcar la Mayor, por Algeciras, por Cádiz auténtico y en tonado, por lo que es íntimamente andaluz. La verdadera Granada es la que se ha ido, la que ahora aparece muerta bajo las delirantes y verdo sas luces de gas. La otra Andalucía está viva, ejemplo, Málaga.58
Lorcas Suche „por lo que es íntimamente andaluz“, mündet in ein vergangenes Andalusien („que se ha ido“). Somit wird das altertümliche, „archaische“ Andalusien zum zentralen Ort, welcher eine authentische Form und Vorstellung des Andalusi schen bieten kann. Dieses ursprüngliche „archaische“ Andalusien manifestiert sich auf besondere Weise in seiner engen Verbindung zur Erde, zum Feld und zur Nutzung des Agrarraums. Auch Ortega erkennt darin die materielle Grundlage der andalusischen Kultur – „se hinca en el campo“.60 Davon leitet er sein „ideal vege tario“ des Andalusischen ab: „El andaluz tiene un sentido vegetal de la existencia”.61 Dieser „sentido vegetal“ zeigt sich für Ortega in seiner Einheit zwischen „Mensch“ und „Erde“, einer „unión“, die bei keinem anderen Volk so ausgeprägt sei:
Vive, pues, este pueblo referido a su tierra, adscrito a ella en forma distinta y más esencial que otro ninguno. Para él, lo andaluz es prima riamente el campo y el aire de Andalucía. La raza andaluza, el andaluz mismo, viene después; se siente a sí mismo como el segundo factor, mero usufructuario de esa delicia terrena, y en este sentido, no por es peciales calidades humanas, se cree un pueblo privilegiado. […]
La unión del hombre con la tierra no es aquí un simple hecho, sino que se eleva a relación espiritual, se idealiza y es casi un mito. Vive de su tierra no sólo materialmente, como todos los demás pueblos, sino que vive de ella en idea y aun en ideal. [...]
Ser andaluz es convivir con la tierra andaluza, responder a sus gracias cósmicas, ser dócil a sus inspiraciones atmosféricas.62
Ortegas These einer genuin-andalusischen „unión del hombre con la tierra” erin nert trotz ihrer stilisierten, fast stereotypen Einfachheit in auffälligem Maße an Lorcas Beschreibung seiner Kindheit in Fuente Vaqueros, welche genau diese „Erd verbundenheit“ widerspiegelt:
Amo a la tierra. Me siento ligado a ella en todas mis emociones. Mis más lejanos recuerdos de niño tienen sabor de tierra. La tierra, el cam po, han hecho grandes cosas en mi vida. Los bichos de la tierra, los animales, las gentes campesinas, tienen sugestiones que llegan a muy pocos. Yo las capto ahora con el mismo espíritu de mis años infantiles. De lo contrario, no hubiera podido escribir Bodas de sangre. [...]
Mis primeras emociones están ligadas a la tierra y a los trabajos del campo. Por eso hay en mi vida un complejo agrario, que llamarían los psicoanalistas. Sin este mi amor a la tierra, no hubiera podido escribir Bodas de sangre. Y no hubiera tampoco empezado mi obra próxima: Yerma.63
Lorcas „Agrarkomplex“, seine urtümliche Verbindung mit der „tierra andaluza“, kommt – wie er selbst sagt – vor allem in Bodas de sangre und Yerma zum Aus druck. In beiden Dramen steigert sich dieser Komplex zu einem fast panischen Kult der „tierra“, wie ihn Edwards bezeichnet: „Su andalucismo profundo reside en la actitud ante la vida y ante el arte en el sentimiento patético de lo humano y en un culto casi pánico de la tierra unidos a un sentido refinadísimo, delicado y garboso de la expresión.”64 Doch nicht nur die „tierra“, auch „la luna“, „la sangre“ und „el cuchil lo“ sind Teil jener archaischen Elemente, die Lorca in seinem Werk semantisiert.
Die folgenden Kapitel sollen zeigen, wie sowohl diese genuin-archaischen Elemente des ländlichen Andalusiens als auch bühnengerechte Formen der Archai sierung, zu denen vor allem der Rückgriff auf die griechische Tragödie zählt, zur Dramatisierung des Andalusischen in Bodas de sangre beitragen. Zudem wird auf jene archaischen Elemente in Yerma hingewiesen, die als exemplarisch für Lorcas Semantisierung des Andalusischen gelten können.
2. Semantik der Archaisierung: Archaische Elemente in Bodas de sangre und Yerma
In seinem Vortrag „Teoría y juego del duende“ erklärt Lorca die Neigung des Anda lusischen zur Mystik und zu seinen archaischen Bräuchen damit, dass es sich um die älteste Kultur Europas handelt, die von einem archaischen „espíritu de la tierra“ geprägt sei.65 Hinzu kommt ein „conservadurismo radical“, der diese archaischen Elemente regelrecht „eingefroren“ hat. „Como gran parte de la España rural, Andalu cía había evolucionado poco, y muchos aspectos de la antigüedad clásica se habían conservado en ella.”66
Infolge der langen Besetzung durch die Araber, der Marginalisierung des länd lichen Andalusiens durch die kastilischen Eroberer sowie der völligen Immunisie rung des Landes gegenüber den großen industriellen, wissenschaftlichen und religiö sen Revolutionen, blieb „el campo andaluz“ in seiner archaischen Struktur fast voll ständig unberührt.67 Diese Bewahrung des altertümlichen Wertgefüges manifestiert sich auf allen Ebenen: „Das [...] Weltbild, das die ideologischen Überreste der mittelalterlichen Gemeinschaft aufgenommen und bewahrt“ habe, besitze die „tiefs ten psychologischen und gesellschaftlichen Wurzeln“ und bleibe in den „bäuerlichen Gemeinschaften in ihrer ältesten Form aufgrund einer machtvollen ökonomischen Realität lebendig“.68 Für den madrilenischen Anthropologen und Historiker Julio Caro Baroja gleicht das andalusische Dorfleben gar einem „lebenden Museum“: „Un pueblo andaluz es un museo vivo en el que hay desde rasgos del neolítico hasta otros de origen recientísimo.”69
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Pitt-Rivers in seiner soziokulturellen Studie über Grazalema, eines der „pueblos blancos“ in der andalusischen „Sierra Morena“. Bezüglich der dort herrschenden Sozialstrukturen, Gesellschaftsnormen und Rituale lässt sich „el pueblo andaluz“ eher mit der griechischen „polis“ als mit der römischen „urbs“ vergleichen.70 Diese Nähe zur griechischen Kultur findet in Bodas de sangre und Yerma ihre Entsprechung in der Verwendung des Chores, wel cher Lorcas ausdrücklichen Wunsch widerspiegelt, zur griechischen Tragödie zu rückzukehren. Bereits im „Prólogo“ zu seinem Frühwerk Impresiones y paisajes (1918) kommt Lorcas Hang zur Kultur des antiken Griechenlands dadurch zum Aus druck, dass er den griechischen Paganismus mit dem andalusischen Volksglauben zu verbinden sucht: „Hay que ser religioso y profano. Reunir el misticismo de una seve ra catedral gótica con la maravilla de la Grecia pagana.“71
Die archaisch-mystische Kultur Andalusiens bietet genug Möglichkeiten, Lorcas Überzeugung Realität werden zu lassen, und nicht nur Lorcas Bruder Francisco be merkt eine „cierta nota de paganía” in Fuente Vaqueros, Lorcas Heimatdorf:
Pitt-Rivers y Gerald Brenan dedican largas páginas a la discusión de brujas, de sabias, de alcahuetas, de curanderas, de creencias y prácticas paganas, de ritos no cristianos, de supersticiones, de troglodismo, de ‘mantequeros’ y de ‘sacamantecas’, de culturas ‘de vergüenza’, de creencias en mágica menstrual, y de otras muchas prácticas y creencias mágicas y supervivencias de la antigüedad que existían en Andalu cía.72
Diese Mischung aus archaischen Riten, Okkultismus und Spiritismus kennzeich net jene dunkle Seite des „andalucismo“, die Lorca in „Teoría y juego del duende“ beschreibt und die im dritten Akt von Bodas de sangre in Form von „luna“ und
„mendiga“ sowie im Chor der Holzfäller ihren Niederschlag findet. In Yerma erhal ten diese magischen Einflüsse ein noch stärkeres Gewicht und werden durch die Figur der Dolores, die „conjuradora“, welche als eine Art andalusische „Celestina“ auftritt, sowie durch die Fruchtbarkeits-Wallfahrt nach Moclín ausführlich darge stellt.
Da die meisten dieser Figuren und Rituale gleichzeitig reale Vorbilder besitzen, kann nur in dem Maße, in dem Lorca diese archaischen Elemente sozusagen „bühnentauglich“ macht, sie dramatisch überhöht und ihnen eine symbolische Be deutung verleiht, auch von einer Semantik der „Archaisierung“ gesprochen werden, welche sich als Teil der Semantisierung des Andalusischen versteht. Viele der in Bodas de sangre und Yerma enthaltenen archaischen Elemente werden von Lorca je doch nicht zusätzlich archaisiert, sondern direkt und ohne Anpassung auf die Bühne gestellt, so dass durch sie das andalusische Landleben voller Mystik und uralten Ritualen sozusagen „ungefiltert“ durchscheinen kann. „La coincidencia, por lo tanto, entre la religiosidad arcaica y la obra de Lorca se debe a que éste ha tenido la genia lidad intuitiva y poética de interpretar algo que todavía se dejaba palpar en la vida campesina andaluza.”73
Aufgrund dieser seiner Neigung zur archaischen Religiosität und Mystik bietet das Andalusische den idealen „Nährboden“ für jene Gattung, die für Lorca den In begriff der Kultur des antiken Griechenlands darstellt: die Tragödie. Im Folgenden soll daher der Einfluss des Griechischen („la maravilla de la Grecia pagana“) auf Bodas de sangre und Yerma gezeigt werden; insbesondere wird dabei der Aspekt des Tragischen und sein Zusammenhang mit dem Andalusischen im Mittelpunkt stehen.
2.1 „Hay que volver a la tragedia“: Griechisch-andalusische Tragödie
In Impresiones y Paisajes verarbeitet Lorca zum ersten Mal jene kulturellen und spirituellen Gemeinsamkeiten zwischen dem antiken Griechenland und dem ländlichen Andalusien, welche die Grundlage bilden für „Teoría y juego del duende“. Beide Kulturen zeichnen sich durch archaische Gesellschaftsstrukturen und ihre „Erdverbundenheit“ (bedingt durch die Agrarwirtschaft) aus; beide teilen ihre Nei gung zum Mystischen und zum Übersinnlichen und beide zählen zu den ältesten Kul turen Europas.
Lorca attestiert der Kultur der Griechen jene geheimnisvolle Macht des „duende“, welcher die Voraussetzungen schafft für das Empfinden des Tragischen und des Dramatischen und somit die Griechische Tragödie überhaupt erst ermöglich te.74 Die besondere Eignung des Andalusischen für die Tragödie erklärt Lorca damit, dass diese Macht des „duende“ von den Griechen direkt auf die Andalusier über springen konnte und somit beide Kulturen vom gleichen „Geist“ beseelt wurden:
Este ‘poder misterioso que todos sienten y que ningún filósofo explica’ es, en suma, el espíritu de la tierra, el mismo duende que abrazó el corazón de Nietzsche, que lo buscaba en sus formas exteriores sobre el puente Rialto o en la música de Bizet, sin encontrarlo y sin saber que el duende que él perseguía había saltado de los misteriosos griegos a las bailarinas de Cádiz o al dionisíaco grito degollado de la siguiriya de Silverio.75
„El duende“ befindet sich im ständigen Widerstreit mit der „ratio“ – erst wenn das Bewusstsein von der Vernunft befreit wird, kann das Gefühl für das Tragische zur vollen Entfaltung kommen: „Tragedy can occur only where reality has not been harnessed by reason and social consciousness.“76 Diese Abhängigkeit der Tragödie vom irrationalen Denken und vom Unterbewusstsein begründet George Steiner in The death of tragedy mit ihrer „prä-rationalen“ Entstehung: „The tragic theatre is an expression of the pre-rational phase in history; it is founded on the assumption that there are in nature and in the psyche occult, uncontrollable forces able to madden or destroy the mind.”77
Auch das griechische Wort „ıqaym6ía“ steht in Verbindung mit einem sakralen Ritual, das eine „prä-rationale“ Entstehung nahe legt: „Die Bezeichnung ‚Tragödie’ („ıqaym6ía“) scheint auf einen magisch-religiösen Ursprung der Tragödie hinzu deuten. Trágos heisst „Ziegenbock“, odé heißt „Gesang“, und „Tragödie“ (tragodía) wird daher gewöhnlich mit „Bocksgesang“ übersetzt.“78
In Übereinstimmung mit dieser Entstehungstheorie nennt Aristoteles das „Satyr spiel“ als weiteren möglichen Ursprung der Tragödie, welches auf eine ähnlich mys tische Zeremonie wie den „Bocksgesang“ zurückzuführen ist.79 Fast scheint es, als habe sich Lorca bei der Konzeption seines „duende“ direkt an der Figur des „Satyr“ inspiriert, so frappierend sind die Ähnlichkeiten: Der „Satyr“ wird traditionellerweise mit Hörnern und Ziegenbeinen dargestellt, kann aber auch einem urtümlichen Dämon oder Waldgeist nachempfunden sein. Dasselbe gilt für Lorcas „duende“. Sowohl „Satyr“ als auch „duende“ sind im „Gefolge des Gottes Dionysos“80 anzu treffen – für die „Satyrn“ gilt das im eigentlichen Sinne, für den „duende“ im über tragenen: Überall dort, wo bei Lorca das „Dionysische“ am Werk ist, in Bodas de sangre durch „la luna“ verkörpert, taucht „el duende“ auf – sei es als undefinierbarer „espíritu de la tierra” oder als das übermächtige, willkürliche „Fatum“.
Doch auch für die chorähnliche Funktion der „Satyrn“, welche im „Satyrspiel“ ab dem 5. Jahrhundert zunehmend an Gestalt gewinnt81, findet sich sowohl in Bodas de sangre als auch in Yerma eine Entsprechung. Lorcas „Satyrn“ zeichnen sich da durch aus, dass sie einerseits eine Art „Erzählerrolle“ einnehmen – eine Funktion, die der frühen Rolle der „Satyrn“ in der griechischen Tragödie entspricht. Andererseits verwendet Lorca seine „Satyrn“ ebenso häufig zur kritisch-distanzierten, leicht spöt tischen Kommentierung des Geschehens. Dabei orientiert er sich an der klassischen, der späten Rolle des „Satyrspiels“, das in dieser Form die Grundlage bildet für die heutige Satire. „Die Holzfäller haben eine Funktion, die der des Chores in der anti ken Tragödie ähnlich ist. Sie kommentieren und bewerten das Geschehen, wobei sie sich ziemlich eindeutig auf die Seite der Leidenschaft und gegen die Triebunter drückung stellen“:82 „Hay que seguir la inclinación: han hecho bien en huir.“ (Bodas de sangre, 142)
In Yerma sind es die „lavanderas“, bei denen diese „satyrische“ Funktion am deutlichsten zum Ausdruck kommt. Ihre überschwänglichen Ausrufe über das voll kommene Glück der Mutter führen dem Zuschauer auf ironische Weise das Aus bleiben von Yermas Schwangerschaft vor Augen: „¡Alegría, alegría, alegría del vientre redondo bajo la camisa!“ (Yerma, 73)
Neben dieser Wiedereinführung des Chores (vertreten durch die fatalistischen „leñadores“ und die satirischen „lavanderas“), stellt der Kunstgriff, in Bodas de sangre (bis auf Leonardo) komplett auf Eigennamen zu verzichten und dadurch den Anschein eines griechischen Maskentheaters83 zu erwecken, die offensichtlichste Be zugnahme zur Tradition der griechischen Tragödie dar. Figuren wie „madre“, „novia“ und „novio“ werden so zu Platzhaltern für einen bestimmten Typus, ein Verhaltensmuster, das im Gegensatz zum Charakter Leonardos keine individuellen Züge trägt, sondern lediglich ein Rollensprechen abbilden soll. In der griechischen Tragödie kann die Maske ebenfalls eine solche „Rollenfunktion“ erfüllen und muss sich somit nicht zwangsläufig auf einen kultischen Ursprung zurückführen lassen:
[...]
1 Marichal, Juan: „Una espléndida década (1926-36)”. In: Cuadernos Hispanoamericanos. La Gene ración del 27. Madrid: Instituto de Cooperación Iberoamericana, abril-mayo 1993, 25.
Die Bezeichnung erfolgt in Anlehnung an das erste „Siglo de Oro“, den Übergang von der Re naissance zum Barock im 16. und 17. Jahrhundert, als es in der spanischen Literatur zu einer nachhal tigen Erneuerungsbewegung kam; Gattungen wie das Drama, der Roman und die Poesie erlebten eine nicht gekannte Blüte.
2 Marichal, „Una espléndida década”, Cuadernos Hispanoamericanos, 25.
3 Ibid, 34.
4 Dazu Carlos Rincón: „Doch erst Bodas de Sangre vollzieht die eigentliche Umsetzung der Romanze ins Dramatische. [...] Noch weitreichender aber als dieser Bezug erscheint uns die These Rafael Alber tis, Bodas de Sangre und Yerma seien ‚Zigeunerromanzen in Aktion’“. Das Theater García Lorcas.
5 Salaün, Serge: „España empieza en Despeñaperros: Lo andaluz en la escena nacional.” In: Pensa miento y Literatura en España en el siglo XIX: Idealismo, Positivismo, Espiritualismo. Université de Toulouse-Le Mirail: Presses Universitaires du Mirail, 1998, 211.
6 Aus Sicht von Jorge Luis Borges stellte Lorca seine andalusische Herkunft fast überdeutlich zur Schau: „Er wirkte auf mich wie ein Mann der schauspielert, wissen Sie? Der eine Rolle spielt. Ich meine, er war ein professioneller Andalusier.“ Gibson, Ian: Federico García Lorca. Biographie. Leipzig: Suhrkamp, 1989, 497.
7 Federico García Lorca: La casa de Bernarda Alba. Hg. von Allen Josephs und Juan Caballero. Ma drid: Cátedra, 17. Aufl., 1990, „Dos tragedias andaluzas”, 52.
9 Neuschäfer, Hans-Jörg: Spanische Literaturgeschichte. 2. erweiterte Auflage. Stuttgart: Metzler, 2001, 345.
„Nicht nur García Lorcas Homosexualität, sondern auch der oft missbrauchte „ andalucismo “, der den Dramatiker in die Ecke der ‚Blut und Bodendichter à la Knut Hamsun oder bisweilen gar in diejenige des Heimatschriftstellers drängte sowie das sein literarisches Schaffen erheblich beeinflussende sozia le Umfeld – das Vorbürgerkriegs-Spanien der Zwanziger und Dreißigerjahre − stellen eine wichtige Komponente für den Zugang zur dramatischen Welt García Lorcas dar.“ Aus: Freymüller, Renate: Das Bild der Frau in Federico García Lorcas dramatischen Werken als Weiterentwicklung einer Konstante der spanischen Literatur. Stuttgart: Verlag für Wissenschaft und Forschung, 1994, 90.
10 Floeck, Wilfried: „Federico García Lorca: La Casa de Bernarda Alba.” In: Roloff, Volker (Hrsg.):
Das Spanische Theater: Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Düsseldorf: Schwann Bagel, 1988, 374.
11 Das Originalzitat „¡Ni una gota de poesía! ¡Realidad! ¡Realismo!“ erschien in der ersten Lorca Biographie von Ángel del Río und stützt sich auf einen Artikel in Carteles, La Habana, vom 10. April 1938 von Adolfo Salazar. Auch Gibson greift diese Anekdote auf: „Jedesmal, wenn er eine Szene fer tig hatte, kam er angerannt, glühend vor Begeisterung: Kein bisschen Dichtung! Realität!“ Gibson, Federico García Lorca. Biographie, 578.
12 Ruiz Ramón, Francisco: „Die Entwicklung des dramatischen Textes der Gegenwart: fünf spanische
Paradigmen“. In: Floeck, W. (Ed.): Spanisches Theater im 20. Jahrhundert (Gestalten und Tenden zen). Tübingen: Francke, 1990, 29.
13 Pitt-Rivers, J.A.: The People of the Sierra. Chicago & London: Phoenix Books, UCP, 1961. Gilmore, David D.: Aggression and Community: paradoxes of Andalusian culture. New Haven: Yale University Press, 1987.
14 Josephs; Caballero, „Dos tragedias andaluzas”, 59-60.
15 Ibid, 51.
17 Lorca unterscheidet sich darin vom Theater seiner Zeit. Bei den irischen Dramatikern, beispielswei se bei Synge, Friel, Heaney und O’Brien ist die Nennung realer Ortsnamen sowie die explizite Er wähnung des Schauplatzes, in ihrem Fall das ländliche Irland, nichts Ungewöhnliches.
18 Josephs; Caballero, „Dos tragedias andaluzas”, 51-52.
Andrés Soria Ortega versucht in „Notas sobre el andalucismo de Lorca“ eine „neutrale” Definition des „andalucismo“ zu geben: „El proceso histórico ideológico que transcurre de 1869 a 1936 con una di námica de transformación del pueblo andaluz.” In: Valoración actual de la obra de García Lorca. Actas del coloquio celebrado en la Casa de Velázquez. Madrid: Universidad Complutense, 1988, 183.
20 Der Begriff der stummen Figur („personaje mudo“) stammt von Francisco García Lorca, der ihn auf die Rolle von „la casa“ in La casa de Bernarda Alba bezieht. García Lorca, Francisco: Federico y su mundo. Madrid: Alianza Editorial, 1981, 382.
21 Lotman, Jurij M.: Die Struktur literarischer Texte. 4. unveränderte Auflage. München: Fink, 1993, 311ff.
22 Doménech, Ricardo: „Símbolo, mito y rito en La casa de Bernarda Alba”. In: Doménech, Ricardo (ed.): La casa de Bernarda Alba y el teatro de García Lorca. Madrid: Cátedra, 1985, 189.
23 Gibson, Federico García Lorca. Biographie, 477.
24 Die hier zitierten Ausgaben sind: García Lorca, Federico: Bodas de Sangre. Hg. von Allen Josephs und Juan Caballero. 16. Auflage. Madrid: Cátedra, 2002.
Yerma. Hg. von Ildefonso-Manuel Gil. 25. Auflage. Madrid: Cátedra: 2003.
La Casa de Bernarda Alba. Hg. von Joaquín Forradellas. 31. Auflage. Madrid: Colección Austral, 2001.
25 Josephs; Caballero, „Dos tragedias andaluzas”, 61.
26 Doménech, El teatro de García Lorca, 190-191.
27 Freymüller, Das Bild der Frau in Federico García Lorcas dramatischen Werken, 11.
28 Auch von Benavente gibt es eine Art ländliche Dramen-Trilogie, zu der La malquerida, Señora Ama und La Infanzona gezählt werden. „Zu den dramas rurales gehört unter anderem das in den letz ten Jahren wieder aufgeführte La malquerida (1913), das gewisse Ähnlichkeiten mit den ländlichen Dramen Lorcas aufweist.“ Neuschäfer, Spanische Literaturgeschichte, 303.
29 Rogmann, Horst: „Federico García Lorcas Theater: Variationen eines Themas.” In: Floeck, Wilfried (Hrsg.): Spanisches Theater im 20. Jahrhundert: Gestalten und Tendenzen. Tübingen: Francke, 1990, 151.
30 Josephs; Caballero, „Dos tragedias andaluzas”, 50.
31 Moreno Navarro, Isidoro: „Hacia la generalización de la conciencia de identidad” (1936-1981). In: Historia de Andalucía VIII: La Andalucía Contemporánea (1868-1981). Madrid: CUPSA Editorial, 1981, 275.
32 Caballero, Fernán: La Gaviota. Edición de Demetrio Estébanez Calderón. 2. Auflage. Madrid: Cá tedra, 2003, 123. Die zweite Auflage des Romans aus dem Jahr 1861 enthält den Untertitel: „Novela original de costumbres españolas.”
33 Caballero, La Gaviota, 125.
34 Salaün, „Lo andaluz en la escena nacional”, 213.
35 Salaün, „Lo andaluz en la escena nacional”, 212.
36 Ibid, 212, 215.
37 Ibid, 214.
38 Ibid, 220.
39 Salaün, „Lo andaluz en la escena nacional”, 220-21.
40 Cózar, Rafael de: „Andalucía y la generación del 27”. In: Cuadernos Hispanoamericanos. La Gene ración del 27. Madrid: Instituto de Cooperación Iberoamericana, abril-mayo 1993, 319.
41 „Se emprende una nueva búsqueda de la identidad, datable entre los años 1910-1936 (cfr. Moreno 1981b). Se trata ahora de un movimiento regionalista de carácter político-cultural.“ Gómez García, Pedro: „Cuestiones sobre la identidad cultural de Andalucía“. In: Gazeta de Antropología. Universi dad de Granada, 1982. http://www.ugr.es/~pwlac/G01_07Pedro_Gomez_Garcia.html
42 Moreno Navarro: „Hacia la generalización de la conciencia de identidad”, S.276.
43 Der Begriff der „beiden Spanien“ („las dos Españas“) für diese Scheidung in zwei unversöhnliche Lager wurde zur Zeit des Carlismus (1833-1936) geprägt: In diesem Kulturkampf kämpften die Car listen mit ihrer absolutistisch-katholischen Gesinnung gegen die liberalen, später die republikanischen Kräfte in Spanien.
44 Ortega y Gasset, José: „Teoría de Andalucía”. In: Obras Completas. Band VI (1941-1946). Madrid: Revista de Occidente, 1947, 112.
45 Caballero; Allen, „El problema de la tragedia moderna”, 46.
46 Gómez García, „Cuestiones sobre la identidad cultural de Andalucía“, Texto 1-7.
47 Ortega y Gasset, „Teoría de Andalucía”, 112.
48 Ibid, 113.
Banus Irusta, Enrique: „El andalucismo: un tópico en la historia de la literatura.” In: Einheit und Viel falt der Iberoromania. Geschichte und Gegenwart. Akten des Deutschen Hispanistentages Passau 1987. Hamburg: Helmut Buske, 1989, 61.
49 Ortega y Gasset, „Teoría de Andalucía”, 112.
50 Banus Irusta, „El andalucismo: un tópico en la historia de la literatura”, 74. „La aproximación del 27 a las formas y al fondo popular andaluz se ofrece en términos generales a través de un enfoque intelectual, muy lejano de una literatura costumbrista bastante simplificadora.” De Cózar, „Andalucía y la generación del 27”, 319.
51 Irusta, „El andalucismo: un tópico en la historia de la literatura”, 74.
„A la vez, y también como símbolo de esa diversidad de la generación del 27, no es idéntico el reflejo de lo andaluz en todos los autores procedentes de esta zona. En algunos, Cernuda o Aleixandre, podría parecer menos evidente la presencia de lo andaluz que en Lorca o Alberti, lo que en definitiva, para un andaluz, al menos, no es tan evidente.” De Cózar, „Andalucía y la generación del 27”, 320.
52 De Cózar, „Andalucía y la generación del 27”, 320.
53 Caballero; Josephs, „Andalucía: Tema y visión”. In: García Lorca, Federico: Poema del Cante Jon do. Romancero Gitano. Hg. von Allen Josephs und Juan Caballero. 12. Auflage. Madrid: Cátedra, 1989, 19.
54 De Cózar, „Andalucía y la generación del 27”, 319.
55 Ibid, 319.
56 Inwiefern diese arabischen Einflüsse wiederum in Lorcas Dichtung zu erkennen sind, wird von Mirjam Schneider in Federico García Lorca und der islamische Orient: Die literarische Gestaltung einer kulturellen Fernbeziehung untersucht. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2005.
57 „El elemento árabe que Lorca percibe como parte integral del ser granadino sutilmente se hace parte de su intrincada poesía.” Vázquez, Miguel Angel: „Federico García Lorca y la tradición poética arábi goandaluza”. In: Romance Languages Annual. Purdue University, 1992, 630.
58 Soria Ortega, „Notas sobre el andalucismo de Lorca“, 198.
60 Ortega y Gasset, „Teoría de Andalucía”, 114.
61 Ibid, 119.
62 Ortega y Gasset, „Teoría de Andalucía”, 119-120.
63 García Lorca, Federico: Obras Completas II (OC II). 18. Auflage. Band 2/2. Madrid: Aguilar, 1974, 958-959.
64 Edwards, Gwynne: El teatro de Federico García Lorca. Madrid: Editorial Gredos, 1983, 165-166.
65 Federico García Lorca: Obras completas (OC). 6. Auflage. Madrid: Aguilar, 1963, 110.
66 Caballero, Juan, Josephs, Allen: „El problema de la tragedia moderna”. In: Bodas de sangre. Mad rid: Cátedra, 2002, 17.
67 Für Carlos Rincón spiegeln sich diese archaischen Gesellschaftsstrukturen in der gesamten dichteri schen Tradition Andalusiens wieder: „Die Besonderheiten der gesellschaftlichen Entwicklung Spa niens bzw. Andalusiens haben eine mythologisierende Denkstruktur hervorgebracht, die die naiven – oft unbewussten – poetischen Formen der mündlichen Volkstradition prägt.“ Rincón, Das Theater García Lorcas, 245.
68 Rincón, Das Theater García Lorcas, 241.
69 Caro Baroja, Julio: Los pueblos de España. Madrid: Istmo, 1985, Band II, 275.
70 Pitt-Rivers, The People of the Sierra, 30-31. Pitt-Rivers vergleicht das andalusische Dorf mit der Enge einer „community“, in der strenge soziale und moralische Bindungen herrschen.
71 Obras Completas III (OC III). 23. Auflage. Band 3/3. Madrid: Aguilar, 1989, 6.
72 Caballero; Josephs, „Una interpretación de Bodas de Sangre”, 65.
73 Caballero; Josephs, „Una interpretación de Bodas de Sangre”, 55.
74 OC, 109. Der Erfolg eines Stückes (Musik, Theater) hängt für Lorca unmittelbar mit „duende” zu sammen: „En toda Andalucía, roca de Jaén y caracola de Cádiz, la gente habla constantemente del duende y lo descubre en cuanto sale con instinto eficaz.” An der Entstehung von „duende“ sind jene Faktoren beteiligt, die Lorca ausschließlich den Griechen und den Andalusiern zuschreibt: „Es decir, no es cuestión de facultad, sino de verdadero estilo vivo; es decir, de sangre; es decir, de viejísima cul tura, de creación en acto.” OC, 110.
75 OC, 110.
76 Steiner, George: The death of tragedy. New York: Knopf, 1961, 342.
77 Ibid, 342. Der Untergang der Tragödie ist deshalb unweigerlich mit dem Zeitalter der Aufklärung verbunden. Das große Aufblühen der Tragödie im elisabethanischen Zeitalter führt Steiner auf einen „context of mythological, symbolic and ritual reference“ zurück. „It was on this context that Greek drama was founded, and the Elizabethans were still able to give it imaginative adherence.“ Steiner, The death of tragedy, 292.
78 Seeck, Gustav Adolf: Die Griechische Tragödie. Stuttgart: Reclam, 2000, 17.
79 Ibid, 37.
80 Ibid, 38.
81 Seeck, Gustav Adolf: Die Griechische Tragödie. Stuttgart: Reclam, 2000, 38.
82 Neuschäfer, Hans-Jörg: „Federico García Lorca. Bodas de Sangre.“ In: Roloff, Das Spanische The ater, 364.
83 „En este sentido, nombres como Novio, Madre, Muchacha ejercen la antigua función de las másca ras: encubren las particularidades y transiciones del actor bajo una noción general que, en un tiempo, fue sólo la de lo cómico o lo trágico, pero en este caso es de cierta relación familiar. Leonardo es de nuevo la excepción: el nombre propio le concede una particularidad – una ‚culpa’ concreta“ [...]. Ci fuentes, Luis Fernández: García Lorca en el Teatro: La Norma y la Diferencia. Zaragoza: Prensas Universitarias de Zaragoza, 1986, 156.
- Quote paper
- Achim Binder (Author), 2008, Die Semantisierung des Andalusischen in den „dramas rurales“ von García Lorca , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112740
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