Ziel dieser Arbeit ist es, die gesetzliche Gestaltung der Besteuerung von Kryptowährungen in Deutschland zu analysieren. Es soll aufgezeigt werden, inwiefern Rechtssicherheit für Netzwerkteilnehmer und Finanzbehörden herrscht, und inwieweit Handlungsbedarf seitens der Politik zum Erlass weiterer klärender Rechtsvorschriften besteht. Hierfür wird zu Beginn auf die grundlegende Funktionsweise und Klassifizierung von Kryptowährungen eingegangen. Der Hauptteil umfasst die einkommens- und umsatzsteuerliche Behandlung diverser Vorgänge im Privat- und Betriebsvermögen. Im letzten Teil wird die Problematik der Entdeckung und Verfolgung von Steuerhinterziehungen im Zusammenhang mit Kryptowährungen thematisiert.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einführung
1.1. Das Phänomen Kryptowährung
1.1.1. Blockchain
1.1.2. Ablauf einer Transaktion
1.2. Klassifizierung
1.2.1. Ökonomischer Geldbegriff
1.2.2. Staatlicher Geldbegriff
1.2.3. Finanzinstrument
1.2.4. Fremdwährung
1.3. Marktübersicht
2. Einkommensteuer
2.1. Gewerbliche Einkünfte
2.1.1. Trading
2.1.2. Single-Mining
2.1.3. Mining-Pools
2.1.4. Remote-Hosting
2.2. Nichtselbständige Tätigkeit
2.3. Kapitalvermögen
2.4. Einkünfte aus Leistungen
2.4.1. Staking
2.4.2. Mining
2.4.3. Cloud-Mining
2.4.4. Lending
2.4.5. Airdrop
2.5. Privates Veräußerungsgeschäft
2.5.1. Steuerpflicht
2.5.2. Einzelne Tatbestände
2.5.3. Verlängerung der Spekulationsfrist
2.5.4. Verbrauchsfolge
3. Umsatzsteuer
3.1. Rechtssache Heqvist
3.1.2. Streitpunkt
3.1.2. Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs
3.1.3. Folgen für die Besteuerung
3.2. Offene Fragen
4. Steuer- und handelsrechtliche Bilanzierung
4.1. Ansatz
4.2. Ausweis
4.3. Bewertung
4.3.1. Zugangsbewertung
4.3.2. Folgebewertung
4.3.3. Verbrauchsfolge
5. Steuerhinterziehung
5.1. Tatbestandsmerkmale
5.2. Ermittlungsmöglichkeiten der Finanzbehörde
5.3. Anwendungsbeispiel
6. Fazit
7. Quellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Prinzip des Initial Coin Offering
Abbildung 2: Aufbau der Blockchain
Anmerkung:
Im Folgenden wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit ausschließlich die männliche Form verwendet. Es wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Verwendung der männlichen Form geschlechtsunabhängig verstanden werden soll.
1. Einführung
Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema der steuerrechtlichen Einordnung diverser Tätigkeiten im Zusammenhang mit Kryptowährungen. Seit der Einführung der ersten Kryptowährung Bitcoin im Jahr 2008 wurde eine Vielzahl von weiteren Kryptowährungen mit hoher Marktkapitalisierung entwickelt. Kryptowährungen gewannen seither stetig an Relevanz durch die fortschreitende Digitalisierung. Bargeld hingegen verliert zunehmend an Bedeutung, da Transaktionen über Geldkarten getätigt und neue Möglichkeiten zur Investition von Kapital gesucht werden. Kryptowährungen können ein enormes Wertsteigerungspotential besitzen und sich somit als Investitionsobjekt eignen, weswegen sie auch steuerlich bedeutsam werden.
Charakterisierend für Kryptowährungen sind ein hohes Maß an Volatilität sowie Umschlagshäufigkeit, wodurch der Markt sehr schnelllebig ist. Es entstehen fortlaufend weitere Kryptowährungen, die durch verschiedene Konzepte versuchen, sich am Markt zu etablieren. Dies zeigt die umstrittene Einführung des Stable Coins Libra bzw. der Fortentwicklung Diem, welche durch Facebook geplant ist. Das Thema erreichte hohe mediale Aufmerksamkeit, da der Coin nach Expertenmeinung das klassische Finanzsystem stark verändern und die Einflussnahme der Zentralbanken abschwächen würde.1 Dies zeigt, welches Potential Kryptowährungen innehaben.
Ziel dieser Arbeit ist es, die gesetzliche Gestaltung der Besteuerung von Kryptowährungen in Deutschland zu analysieren. Es soll aufgezeigt werden, ob Rechtssicherheit für Netzwerkteilnehmer und Finanzbehörden herrscht, oder ob Handlungsbedarf seitens der Politik zum Erlass klärender Rechtsvorschriften besteht. Hierfür wird zu Beginn auf die grundlegende Funktionsweise und Klassifizierung von Kryptowährungen eingegangen. Der Hauptteil umfasst die einkommens- und umsatzsteuerliche Behandlung diverser Vorgänge im Privat- und Betriebsvermögen. Im letzten Teil wird die Problematik der Entdeckung und Verfolgung von Steuerhinterziehungen im Zusammenhang mit Kryptowährungen thematisiert.
1.1. Das Phänomen Kryptowährung
Kryptowährungen sind virtuelle Währungen, die als Tauschmittel im Sinne eines Zahlungsmittels eingesetzt werden können. Sie stellen trotzdem keine Währungen im eigentlichen Sinn dar, weil sie nicht auf einer hoheitlichen Grundlage basieren. Abzugrenzen sind sie insbesondere vom staatlichen Geld, welches Fiat-Geld genannt wird und sich vom lateinischen Wort für Genehmigung oder Verordnung ableitet.2 Staatliches Geld basiert auf dem Vertrauen der Menschen in die Solvenz des Staates oder auf dem Materialwert einer Währungseinheit. Kryptowährungen hingegen zeichnen sich dadurch aus, dass Transaktionen direkt zwischen Sendern und Empfängern abgewickelt werden, ohne dass es einer zentralen Autorität, wie einer Regierung oder einer Bank, bedarf. Sie beruhen somit auf dem Vertrauen der Nutzer in die Sicherheit der Währung.3 Sie verwenden die Blockchain-Technologie, um mit Hilfe kryptographischer Systeme in Form eines Schlüsselpaares Transaktionen schnell und kostengünstig abzuwickeln.
Der Begriff Kryptowährung umfasst Coins, die ihre eigene Blockchain nutzen sowie Krypto-Tokens, welche sich anderer Blockchains bedienen.4 Tokens repräsentieren einen Vermögenswert oder ein Wirtschaftsgut und haben vielfältige Anwendungsmöglichkeiten.5 Im Gegensatz zu Coins entstehen sie nicht durch Mining, sondern durch Ausgabe von Unternehmen im Rahmen von Initial Coin Offering.6 Darunter versteht man die Ausgabe von Tokens durch Unternehmen an ihre Investoren. Diese Tokens gewähren den Investoren je nach Art und Ausgestaltung verschiedene Ansprüche. Im Gegenzug werden die Unternehmen von den Investoren finanziert, wodurch Start-Ups und sonstige Unternehmen gegründet werden können. Es gibt Currency-Tokens, Utility-Tokens und Security-Tokens. Currency-Tokens stellen reine Zahlungsersatzmittel dar und können gegen Erhalt von Waren, Dienstleistungen oder anderen Krypto-Tokens veräußert werden. Weiterhin gibt es Stable Coins, welche eine Untergruppe der Currency-Tokens bilden und durch die Stabilität ihres Kurses charakterisiert werden.
Utility-Tokens hingegen gewähren ihren Investoren Nutzungs- oder Zugangsrechte an Plattformen. Wertpapierähnliche Tokens, die ihren Investoren Rechte oder Rückzahlungsverpflichtungen vermitteln, werden als Security-Tokens bezeichnet.7 Auf die verschiedenen Arten von Tokens und deren Merkmale wird in dieser Arbeit noch genauer eingegangen.
Abbildung 1: Prinzip des Initial Coin Offering
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung
Währungen im Allgemeinen müssen das Problem des Double-Spendings, also der doppelten Ausgabe der gleichen Einheiten, lösen, ansonsten besitzen sie praktischen keinen Wert. Bei der Verwendung von Bargeld wird dies durch seine einmalige physische Existenz sichergestellt, digitale Werte können jedoch leicht kopiert werden.8 Die Funktionsweise des Bitcoins wurde 2008 in dem Bitcoin- Whitepaper unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto publiziert. Nakamoto löste dieses Problem der Mehrfachausgaben durch die Einführung eines Zeitstempelsystems. Hierbei wird der Datensatz in der Blockchain mit einem Zeitstempel versehen und anschließend weitläufig veröffentlicht.9
1.1.1. Blockchain
Die Datenbank, welche alle Transaktionen der Netzwerkteilnehmer in chronologischer Reihenfolge speichert, wird als Blockchain bezeichnet.10 Sie wird als elektronische Kette definiert, welche die einzelnen Transaktionen zuDatenblöcken zusammenfasst und diese so miteinander verbindet, dass eine lückenlose und fälschungssichere Abfolge entsteht. Die Blockchain stellt ein dezentrales Netzwerksystem dar, weil sie von vielen Einzelcomputern, den Nodes, verwaltet wird und es keinen zentralen Server gibt. Dadurch herrscht ein hoher Grad an Anonymität, da die wahre Identität der Netzwerkteilnehmer untereinander geheim ist.11 In diesem sogenannten Peer-to-Peer-Netzwerksystem haben alle Mitglieder die gleichen Rechte und Verpflichtungen untereinander.12 Aufgaben werden auf die verschiedenen Teilnehmer verteilt und Transaktionen werden durch Algorithmen überwacht, wodurch Intermediäre zur Bestätigung und Überwachung von Transaktionen überflüssig werden.13 Die Vorgänge in der Blockchain erfordern hohe Rechenleistungen, um diese komplexen mathematische Probleme zu lösen. Die Blöcke der Blockchain bestehen aus den gespeicherten Informationen, einem sogenannten Hash sowie dem Hash des vorangehenden Blocks.14 Ein Hash wird als digitaler Fingerabdruck verstanden, welcher sich nur einem einzigen konkreten Datensatz zuordnen lässt. Jede noch so minimale Veränderung des Datensatzes würde einen komplett neuen Hash erzeugen.
Abbildung 2: Aufbau der Blockchain
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung
Durch die Verknüpfung der vorhergehenden Hashes würde eine Manipulation alle Folgeblöcke ungültig machen, wodurch ein Hackerangriff schnell erkannt werden kann.15 Um eine betrügerische Transaktion in die Blockchain einfügen zu können, muss zu ihrer Bestätigung eine Rechenleistung von mehr als 50 % des Netzwerks aufgewendet werden. Jeder Block wird somit stets durch die Mehrheit der Teilnehmer bestätigt, bevor er der Blockchain hinzugefügt wird. Durch diesen Kontrollmechanismus wird das Problem des Double-Spendings verhindert. Diese Prozesse der Generierung und Validierung der Blöcke werden als Proof of Work oder auch Mining bezeichnet.16 Die Mehrheitsentscheidung der Miner wird durch die längste Kette dargestellt, in welche der höchste Proof of Work Aufwand investiert wurde.17 Die Netzwerkteilnehmer, die erreichen, den neuen Block zu minen, erhalten eine Blockprämie in Form neuer Coins, als Entschädigung für die aufgewendeten Ressourcen.18 Da verschiedene Blockchains existieren, gibt es auch viele weitere Konsensalgorithmen, wie zum Beispiel den Proof of Stake. Hierbei kommt es auf die Einheiten der Kryptowährung an – der Staker, welcher den höchsten Anteil besitzt, hat die besten Chancen, einen Block zu erzeugen.19 Blockchains finden aber nicht nur Anwendung auf Finanztransaktionen, es können außerdem Smart Contracts auf ihnen abgelegt werden. Diese werden zur automatisierten Abwicklung diverser Anwendungen genutzt und zum Beispiel bei der Ethereum-Blockchain eingesetzt.20
1.1.2. Ablauf einer Transaktion
Jeder Netzwerkteilnehmer muss über eine Software verfügen, die sogenannte Wallet. Es gibt verschiedene Arten von Wallets, wie zum Beispiel die Desktop- Wallet oder Online-Wallet. Sie stellen elektronische Geldbörsen dar, in welchen der private Schlüssel aufbewahrt wird. Dieser wird benötigt, um Zugriff auf eigene Kryptowährungen zu erhalten, Guthaben zu empfangen und zu senden.21 Außerdem können in der Wallet Bestände von Tokens angezeigt oder Transaktionsprotokolle exportiert werden.22 Die eigentlichen Coins werden jedoch auf der Blockchain gespeichert. Zur Übertragung von Krypto-Coins wird die Adresse des Empfängers benötigt, welche durch kryptographische Verfahren entsteht.23 Hierbei wird typischerweise mit QR-Codes gearbeitet, da jegliche Buchstaben- und Zahlenfehler in den Adressen dazu führen können, dass ein fremder Adresseninhaber die Coins erhält.24 Jede Transaktions-Adresse kann nur ein einziges Mal verwendet werden und wird durch den privaten Schlüssel generiert.25 Im Anschluss erzeugt der Sender eine Transaktion, welche Zieladresse, Betrag, sowie Referenzen auf alle vorherigen Transaktionen enthält. Der private Schlüssel signiert die Daten, welche dann verschlüsselt zusammen mit dem öffentlichen Schlüssel an den Empfänger gelangen. Der Empfänger bestätigt mit dem öffentlichen Schlüssel des Senders, ob dieser tatsächlich die Coins gesendet hat und deren berechtigter Inhaber ist.26 Der Transfer selbst erfolgt weltweit innerhalb von Sekunden. Im Anschluss müssen 51 % der Einzelcomputer den neu erstellten Block übernehmen und weitere vier bis fünf Blöcke anhängen, damit die Transaktion als endgültig gilt. Durch diesen Konsensalgorithmus kommt es dazu, dass der Transfer circa eine Stunde offen ist. Dem Empfänger werden die Coins aber direkt mit Speicherung im Block zugewiesen.27
1.2. Klassifizierung
1.2.1. Ökonomischer Geldbegriff
Fraglich ist, wie Kryptowährungen einzuordnen sind. Hierbei stellt sich die Frage, ob Kryptowährungen Geld darstellen, da sie unter anderem als Zahlungsmittel eingesetzt werden. Es muss zwischen Geld im ökonomischen und staatlichen Sinne unterschieden werden. Nach der Funktionswerttheorie hat Geld im ökonomischen Sinn eine Funktion als Tausch- und Wertaufbewahrungsmittel inne und eignet sich außerdem als Recheneinheit.
Ein Tauschmittel ist ein Medium, das als generalisierte Kaufkraft gegen Dienstleistungen und Waren eingetauscht werden kann. Nach dem Tausch soll das Gut wieder eintauschbar sein und nicht konsumiert oder verarbeitet werden.28 Es muss möglich sein, die erworbene Kaufkraft zu einem späteren Zeitpunkt sowie an einem anderen Ort eintauschen zu können. Dadurch erhält man die eigentlich begehrten Güter ohne weitere Zwischentauschakte.29 Ein Tauschmittel benötigt außerdem sachliche Tauschfreiheit, welche nur durch freie Marktbildung erreicht werden kann.30
Voraussetzung der Wertaufbewahrungsfunktion ist die Gewährleistung einer zeitlichen Tauschfreiheit, wofür ein Mindestmaß an Wertsicherung und Wertstabilität des Tauschmittels vorliegen muss.31 Weiterhin ist ein Gegenstand zur Wertaufbewahrung nach dem Prinzip der Produktivität geeignet, wenn der Nutzen seiner Haltung größer ist als die damit einhergehenden Kosten.32 Außerdem muss der Wertträger, der den Bezugspunkt der Wertaufbewahrung darstellt, beständig bleiben.33
Schließlich stellt Geld ein Rechenmittel dar und ermöglicht es Werte verschiedener Güter über eine einheitliche Bezugsgröße zu vergleichen. Dadurch wird die Transparenz im Wirtschaftsverkehr erhöht sowie Transaktions- und Informationskosten gesenkt.34 Preise werden dadurch im Verhältnis Ware zu Geld ausgedrückt, wodurch Geld erst überhaupt als intermediäres Zahlungsmittel funktionieren kann.35 Ein Rechenmittel erfordert hinreichend kleine Maßeinheiten, welche es ermöglichen, Preise in kleinteiliger Stückelung abzubilden. Für das Vorliegen der Rechenmittelfunktion sowie der Tauschmittelfunktion wird auch ein Mindestmaß an Wertstabilität vorausgesetzt.
Die Einstufung von Kryptowährungen als Geld im ökonomischen Sinne ist sehr umstritten. Virtuellen Währungen wird im Schrifttum teilweise die Tauschmittelfunktion zugesprochen, da sie zum Tausch gegen Waren und Dienstleistungen geeignet sind und auch tatsächlich dafür verwendet werden. Somit ist ein direkter Austausch dieser Güter untereinander entbehrlich.36 Die Gegenansicht fordert ein gewisses Maß an tatsächlicher Verwendung, diese sei nicht gegeben, da die bisher vorhandenen Kryptowährungen - im Vergleich zu hoheitlichen Währungen - nur in geringem Umfang als Tauschmittel eingesetzt werden. Die Wertaufbewahrungsfunktion wird überwiegend bejaht, da virtuelle Währungen einen gewissen, wenn auch stark volatilen, Wert aufweisen. Jedoch unterliegen auch hoheitliche Währungen gewissen Wertschwankungen. Die Kosten-Nutzen-Relation von Kryptowährungen kann nach aktuellem Kenntnisstand nicht beurteilt werden, da es auf die persönlichen Bewertungen der Netzwerkteilnehmer ankommt. Die Wertaufbewahrungsfunktion ist somit gegeben, soweit die Teilnehmer Kryptowährungen halten und planen, sie in Zukunft für Transaktionen zu verwenden.37 Virtuelle Währungen können nicht wie Bargeld physisch aufbewahrt werden. Bezugspunkt ist hier der private Schlüssel, mit dem über die Weiterübertragung zu einem beliebigen Zeitpunkt entschieden werden kann. Durch die hohe Volatilität virtueller Währungen ist eine laufende Neupreisberechnung erforderlich, was die Funktion als Recheneinheit deutlich erschwert. Jedoch soll die Rechenmittelfunktion nach herrschender Meinung erfüllt sein, wenn ein Gegenstand aufgrund seiner Einteilung in verschiedene Nominalwerte dem Grunde nach geeignet ist, den Wert verschiedener Güter untereinander abzubilden. Bitcoin-Einheiten zum Beispiel sind bis auf die achte Nachkommastelle teilbar.38 Somit sind virtuelle Währungen nach Ansicht einiger Autoren anhand der Funktionswerttheorie als Geld im ökonomischen Sinn einzustufen, soweit sie innerhalb einer Gemeinschaft von Netzwerkteilnehmern verwendet werden.39 Nach anderer Meinung sollen Kryptowährungen jedoch aufgrund ihrer fehlenden Kontrolle durch eine zentrale Instanz hoch volatil und dadurch nicht als Wertaufbewahrungsmittel, Tauschmittel oder Recheneinheit geeignet sein. 40
1.2.2. Staatlicher Geldbegriff
Nach der staatlichen Theorie sind nur solche Zahlungsmittel als Geld anzusehen, die durch hoheitlichen Akt dazu bestimmt werden. Die Ausgabe durch den Staat ist hierfür essenziell.41 Nach herrschender Meinung sind virtuelle Währungen weder akzeptiertes inländisches noch ausländisches gesetzliches Zahlungsmittel und es besteht auch keine Verpflichtung, sie als Tauschmittel zu akzeptieren.42 Virtuelle Währungen können bislang nur aufgrund eines Vertrages als Zahlungsmittel festgelegt werden, wenn sich Käufer und Verkäufer einigen, die virtuelle Währung als Gegenleistung für das Geschäft anzusehen. Kryptowährungen werden deshalb rechtlich betrachtet weder als Geld noch als Währung angesehen.43
1.2.3. Finanzinstrument
Stellen Güter Finanzinstrumente dar, so unterliegen gewisse Geschäft dieser Güter der Erlaubnis nach § 32 KWG.44 Auch Kryptowährungen werden von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht als Finanzinstrumente im Sinne von § 1 Abs. 11 Nr. 10 KWG eingestuft.45 Im Zuge der Regulierung von Geldwäsche wurden Finanzdienstleister durch die Einführung der Definition von Kryptowerten zulassungspflichtig gemäß KWG.46 Hierzu zählen nun gemäß § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 6 KWG auch Kryptoverwahrgeschäfte. Wie bereits angesprochen gibt es verschiedene Arten von Tokens mit unterschiedlichen Eigenschaften.
Currency-Tokens können als Zahlungsmittel zwischen Nutzern übertragen werden und stellen deshalb im Regelfall auch Finanzinstrumente in Form von Rechnungseinheiten nach § 1 Abs. 11 S.1 Nr. 7 KWG dar. Darunter wird im Allgemeinen eine künstliche Maßeinheit verstanden, welche es ermöglicht den Wert anderer Güter auszudrücken. Sie sind mit Devisen zu vergleichen, sind jedoch nicht identisch, da sie nicht auf gesetzliche Zahlungsmittel lauten.47 Sie können außerdem als Ersatzwährung aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen als Zahlungsmittel in eingesetzt werden. Dem Currency-Token Bitcoin wurde die Einordnung als Rechnungseinheit für Zwecke des Strafrechts abgesprochen, weil er nicht staatlich garantiert werden kann.48 Für das Aufsichtsrecht gilt er weiterhin als Recheneinheit und Finanzinstrument.
Utility-Tokens stellen laut im Schrifttum vertretener Meinung im Normalfall keine Finanzinstrumente dar, da sie nicht als finanzielle Zuwendungen durch den Emittenten dienen, kein Zahlungsmittel darstellen und keine Mitbestimmungsrechte vermitteln. Somit unterliegt der Handel mit Utility-Tokens keiner Erlaubnispflicht.
Security-Tokens sollen in den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 11 S. 1 Nr. 3 KWG fallen, weil sie untereinander handelbar sind und verschiedene Ansprüche gegen ihren Emittenten verkörpern.49
1.2.4. Fremdwährung
In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass im Schrifttum von einigen Autoren eine Gleichsetzung von Kryptowährungen und Fremdwährungsgeschäften vorgenommen wird. Die Finanzverwaltung hat sich hierzu noch nicht abschließend geäußert.50 Im Allgemeinen bestreitet die Literatur jedoch die Behandlung von Kryptowährungen als Fremdwährung, da Kryptowährungen keine Fremdwährung darstellen und ihre Einordnung als Rechnungseinheit derzeit ebenfalls bezweifelt wird.51 Eine Einordnung als Fremdwährung hätte zum Beispiel eine zwingende Bestimmung der Verbrauchsreihenfolge durch die FIFO-Methode gemäß § 23 Abs. 1 S.1 Nr. 2 S. 3 EStG zur Folge.52
1.3. Marktübersicht
Nach Stand vom 22.12.2020 gibt es über 6.000 verschiedene Kryptowährungen mit einer Gesamtmarktkapitalisierung von über 1.000.000.000.000 USD. Die Kryptowährung Bitcoin hat hierbei verhältnismäßig zum Rest der Kryptowährungsmärkte eine dominierende Marktkapitalisierung von 65,22 %.53 Der Bitcoin zählt zu den Coins und wird rechtlich als Currency-Token behandelt. Die Menge der Bitcoins ist auf 21 Millionen beschränkt, momentan sind circa 18,6 Millionen im Umlauf.54 Auf Platz 2 folgt das Netzwerk Ethereum mit einer Marktkapitalisierung von 10,61 %. Im Netzwerk gibt es Utility-Tokens und Security- Tokens. Platz 3 belegt die Währung XRP des Netzwerks Ripple mit ca. 3,3 %. Der Ripple stellt eine Plattform dar, die durch Vernetzung bestehender Zahlungssysteme weltweite Zahlungen in diversen Währungen ermöglicht. Der XRP hat ein beschränktes Volumen von 100 Milliarden und kann nicht durch Mining erzeugt werden.55 Der Stable Coin Tether beherrscht 3,314% des Marktes. Diese Analyse der größten Kryptowährungen zeigt zum einen die Dominanz des Bitcoins gegenüber allen anderen Netzwerken und Kryptowährungen und zum anderen die Vielfalt des Marktes.
2. Einkommensteuer
2.1. Gewerbliche Einkünfte
Bei Tätigkeiten im Zusammenhang mit Kryptowährungen muss primär zwischen dem Vorliegen eines Gewerbebetriebes und reiner Vermögensverwaltung unterschieden werden. Vermögensverwaltung i.S.d. § 14 S. 3 AO liegt vor, wenn eine Betätigung noch eine Fruchtziehung aus Substanzwerten darstellt und die Ausnutzung von Vermögenswerten nicht dominiert. Ein Gewerbebetrieb hingegen ist eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, die mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird, sich am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt und den Bereich der privaten Vermögensverwaltung verlässt, gemäß § 15 Abs. 2 S. 1 EStG. Diese Unterscheidung hat Auswirkungen auf eine eventuelle Belastung mit Gewerbesteuer. Außerdem werden Gewinnsteigerungen in Form von stillen Reserven bei den Gewinneinkünften, unabhängig der Dauer des Haltens von Wirtschaftsgütern, stets besteuert, bei den Überschusseinkünften nur im Ausnahmefall.56 Die Qualifikation von Einkünften als gewerblich ist vorrangig vor der privaten Vermögensverwaltung.
[...]
1 Vgl. Kohl, Anja/Pfeiffer, Marcus: Facebook und Libra – Warum die Währung so umstritten ist. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/facebook-libra-107.html (03.12.2020)
2 Vgl. Ammous, Seite 57.
3 Vgl. Pielke, Seite 2.
4 Vgl. Lohmar/Jeuckens, FR 2019, Seite 111.
5 Vgl. Hönig, Seite 34
6 Vgl. Kamchen, Seite 12
7 Vgl. Steger, Seite 54 ff.
8 Vgl. Kamchen, Seite 6.
9 Vgl. Nakamoto, Seite 2.
10 Vgl. Nießner, Seite 18.
11 Vgl. Brühl, Wirtschaftsdienst, Seite 136.
12 Vgl. Nießner, Seite 19.
13 Vgl. Brühl, Wirtschaftsdienst 2017, Seite 135.
14 Vgl. Böhme/Pesch, DuD 2017, Seite 474.
15 Vgl. Hecht, MittBayNot 2020, Seite 31 f.
16 Vgl. Ammous, Seite 235.
17 Vgl. Nakamoto, 2008, Seite 3.
18 Vgl. Ammous, Seite 236.
19 Vgl. Steger, Seite 155.
20 Vgl. Kamchen, Seite 5.
21 Vgl. Kamchen, Seite 15.
22 Vgl. Steger, Seite 33.
23 Vgl. Brühl, Wirtschaftsdienst 2017, Seite 136.
24 Vgl. Steger, Seite 45.
25 Vgl. Burger, Seite 19.
26 Vgl. Brühl, Wirtschaftsdienst 2017, Seite 136.
27 Vgl. Steger, Seite 45.
28 Vgl. Moritz, Seite 6.
29 Vgl. Beck, NJW 2015, Seite 582.
30 Vgl. Hötzel, Seite 54.
31 Vgl. Moritz, Seite 7.
32 Vgl. Hötzel, Seite 65.
33 Vgl. Beck, NJW 2015, Seite 584.
34 Vgl. Beck, NWJ 2015, Seite 585.
35 Vgl. Issing, Seite 2.
36 Vgl. Beck, NWJ 2015, Seite 582.
37 Vgl. Hötzel, Seite 65.
38 Vgl. Nießner, Seite 38.
39 Vgl. Hötzel, Seite 67.
40 Vgl. EZB 2019, Crypto-Assets, Seite 9.
41 Vgl. Hötzel, Seite 51.
42 Vgl. EZB 2015, Virtual currency schemes – a further analysis, Seite 24.
43 Vgl. EZB 2015, Virtual currency schemes – a further analysis, Seite 4
44 Vgl. Wagner/Siering, Seite 4.
45 Vgl. BaFin, Virtuelle Währungen, geändert am 18.09.2020
46 Vgl. Richtlinie (EU) 2018/843 vom 30.05.2018.
47 Vgl. Schlund/Pongratz, DStR 2018, Seite 600.
48 Vgl. KG Berlin vom 25.09.2018, AZ: (4) 161 Ss 28/18 (35/18), juris, Rz. 14.
49 Vgl. Wagner/Siering, Seite 19.
50 Vgl. Steger, Seite 59.
51 Vgl. KG Berlin vom 25.09.2018, AZ: (4) 161 Ss 28/18 (35/18), juris, Rz.6.
52 Vgl. Lohmar/Jeuckens, FR 2019, Seite 119.
53 Vgl. Kursindex digitale Währungen. https://www.btc-echo.de/kurse/, (22.12.2020)
54 Vgl. Anzahl der sich im Umlauf befindlichen Bitcoins von Oktober 2016 bis November 2020 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/283301/umfrage/gesamtzahl-der-bitcoins-in- umlauf/#professional, (22.12.2020)
55 Vgl. Brühl, Wirtschaftsdienst 2017, Seite 138 f.
56 Vgl. Ratschow, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, 2020, Rz. 10 zu § 23 EStG.
- Arbeit zitieren
- Johanna Villing (Autor:in), 2021, Bitcoin & Co. Eine steuerrechtliche Analyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1127114
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