Nietzsche entwickelt in „Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik“ einen kühnen Gedanken; nämlich die Kunst zu begreifen als die eigentlich metaphysische Tätigkeit des Menschen. Nur als ästhetisches Phänomen ist danach das Dasein der Welt gerechtfertigt. Nietzsche findet zwei Kunsttriebe, das Apollinische und das Dionysische. Aus diesen zwei Prinzipien entsteht das Ideal der Attischen Tragödie, in der sich die gegensätzlichen Kunsttriebe auf merkwürdige Art vereinen und zu höchster Kunstempfindung anschwellen. Doch die Attische Tragödie ist tot. Der theoretische Mensch versteht sie nicht mehr. Was bleibt, ist Nietzsches Theorie des Apollinischen und des Dionysischen, die wir als Entdeckung begreifen. Man muss mit beidem rechnen auch in der modernen Kunst – freilich häufig in der Form theoretischer Auseinandersetzung und nicht mehr in der gelebten ursprünglichen Form. Im Film, als der modernen Kunstform, die bildhafte Darstellung mit musikalischer verbindet, vermuten wir das Apollinische und das Dionysische. Gerade in Viscontis Thomas-Mann-Verfilmung „Der Tod in Venedig“ hat die Musik eine entscheidende Rolle. Der Film bekommt im Verhältnis zu seiner literarischen Vorlage eine weitere Dimension: Das Musikalische. Und so, wie Visconti aus Aschenbach einen Komponisten macht, können wir mit einer Auseinandersetzung mit dem Musikalisch-Dionysischen rechnen, die den Film im Verhältnis zur literarische Vorlage als autonom erscheinen lässt. Das Bildliche als das Apollinische und das Musikalische als das Dionysische wären so die Pole, über die sich Viscontis Film spannungsreich aufbaut. Doch ist es mit der Feststellung des Apollinischen oder des Dionysischen noch nicht getan. Es stellt sich die Frage nach ihrer Funktion. Ist diese theoretischer oder praktischer Natur? Bei alledem gilt es, Nietzsches Werk nicht aus den Augen zu verlieren. Wir wollen uns seine Argumentation aneignen und mit diesem Blick die Verhältnisse in Viscontis „Tod in Venedig“ durchleuchten.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Viscontis „Der Tod in Venedig“ als apollinisch-dionysisches Kunstwerk
- 1. Das Apollinische und das Dionysische
- 2. Film und Theater
- 3. Bild und Musik
- 4. Stimmung und Handlung
- 5. Die Spannung im Film
- III. Die Theorie des Apollinischen und Dionysischen im Film
- 1. Die Gespräche zwischen Aschenbach und seinem Freund Alfred
- 2. Die Position des Sokrates
- 3. Aschenbach als theoretischer Mensch
- 4. Das Schöne und das Tragische
- VI. Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht Luchino Viscontis Verfilmung von Thomas Manns „Der Tod in Venedig“ unter dem Blickwinkel von Nietzsches „Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik“. Ziel ist es, die filmische Umsetzung im Hinblick auf die von Nietzsche postulierten Kunsttriebe, das Apollinische und das Dionysische, zu analysieren und die spezifischen Ausprägungen dieser Prinzipien im Film herauszuarbeiten.
- Das Apollinische und Dionysische in Nietzsches Theorie
- Die Darstellung der Kunsttriebe in Viscontis Film
- Die Rolle von Bild und Musik im Film
- Der Vergleich von literarischer Vorlage und filmischer Adaption
- Die Funktion des Apollinischen und Dionysischen in der filmischen Erzählung
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die zentrale Fragestellung vor: die Analyse von Viscontis „Der Tod in Venedig“ durch die Brille von Nietzsches apollinisch-dionysischer Kunsttheorie. Sie skizziert Nietzsches Konzept der Kunsttriebe und deren Bedeutung für die moderne Kunstform Film. Besonders die Rolle der Musik in Viscontis Film wird hervorgehoben und als ein entscheidendes Element für das Verständnis des Films im Kontext der Nietzsche'schen Theorie präsentiert. Die Arbeit kündigt eine Auseinandersetzung mit der Funktion des Apollinischen und Dionysischen im Film an, wobei Nietzsches Argumentation als Grundlage dient.
II. Viscontis „Der Tod in Venedig“ als apollinisch-dionysisches Kunstwerk: Dieses Kapitel beginnt mit der Erläuterung von Nietzsches Unterscheidung zwischen Apollinischem und Dionysischem, wobei die Analogien zur Traumwelt und Rauschwelt im Detail ausgearbeitet werden. Es werden die wesentlichen Charakteristika beider Prinzipien beleuchtet: der schöne Schein und die maßvolle Begrenzung des Apollinischen im Gegensatz zur Auflösung des Selbst und der ekstatischen Vereinigung im Dionysischen. Anschließend wird versucht, diese Kunsttriebe auf die Kunstform Film zu übertragen, wobei die bildhafte Darstellung dem Apollinischen und die Musik dem Dionysischen zugeordnet werden. Der Kapitel analysiert, wie diese Prinzipien in Viscontis Film zusammenwirken und die Spannung des Werkes erzeugen.
Schlüsselwörter
Nietzsche, Die Geburt der Tragödie, Apollinisch, Dionysisch, Viscontis Der Tod in Venedig, Film, Musik, Bild, Thomas Mann, Kunsttriebe, Ästhetik, Traum, Rausch.
Häufig gestellte Fragen zu: Visconti's "Der Tod in Venedig" - Eine apollinisch-dionysische Analyse
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Luchino Viscontis Verfilmung von Thomas Manns "Der Tod in Venedig" durch die Brille von Friedrich Nietzsches "Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik". Der Fokus liegt auf der Untersuchung des Apollinischen und Dionysischen in Viscontis Film und wie diese Prinzipien die filmische Erzählung prägen.
Welche zentralen Themen werden behandelt?
Die Arbeit beleuchtet die Konzepte des Apollinischen und Dionysischen nach Nietzsche, ihre Darstellung in Viscontis Film, die Rolle von Bild und Musik als Ausdruck dieser Prinzipien, den Vergleich zwischen der literarischen Vorlage und der filmischen Adaption sowie die Funktion des Apollinischen und Dionysischen für die Spannung und den Gesamteindruck des Films.
Wie wird Nietzsches Theorie angewendet?
Nietzsches Unterscheidung zwischen Apollinischem (Ordnung, Maß, Schönheit) und Dionysischem (Ekstase, Rausch, Auflösung des Selbst) dient als analytisches Werkzeug. Der Film wird daraufhin untersucht, wie visuelle Elemente (das Apollinische) und die Musik (das Dionysische) diese beiden Prinzipien repräsentieren und miteinander interagieren.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Hauptkapitel zur Analyse von Viscontis Film als apollinisch-dionysisches Kunstwerk (mit Unterkapiteln zu Bild, Musik, Stimmung und Handlung), ein Kapitel zur Theorie des Apollinischen und Dionysischen im Film (mit Fokus auf Dialogen, der Rolle von Sokrates und Aschenbachs Charakter) und einen Schluss.
Welche Rolle spielen Bild und Musik im Film?
Bild und Musik werden als zentrale Elemente betrachtet, die das Apollinische und Dionysische im Film verkörpern. Die visuelle Gestaltung wird mit dem Apollinischen, die Musik mit dem Dionysischen in Verbindung gebracht. Ihre Interaktion erzeugt die Spannung und die spezifische Atmosphäre des Films.
Wie wird der Vergleich zwischen literarischer Vorlage und filmischer Adaption vorgenommen?
Die Arbeit vergleicht die literarische Vorlage von Thomas Mann mit Viscontis filmischer Umsetzung, um zu untersuchen, wie die apollinisch-dionysischen Prinzipien in beiden Medien zum Ausdruck kommen und welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten es gibt.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Nietzsche, Die Geburt der Tragödie, Apollinisch, Dionysisch, Visconti, Der Tod in Venedig, Film, Musik, Bild, Thomas Mann, Kunsttriebe, Ästhetik, Traum, Rausch.
- Quote paper
- Florian Ilg (Author), 2008, Viscontis "Der Tod in Venedig" unter dem Blickwinkel Nietzsches "Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112440