Durch die Liberalisierung des europäischen Strommarktes hat die Energiewirtschaft in Europa und damit auch in Deutschland in den letzten Jahren einen grundlegenden Strukturwandel erfahren. So wurden die regionalen und nationalen Versorgungsmonopole in Deutschland durch die Entflechtung (Unbundling) der Unternehmensbereiche Erzeugung, Verteilung und Vertrieb sukzessive aufgelöst, was ein bedeutsamer Schritt zu einem besser funktionierenden Wettbewerb gewesen ist. Infolgedessen konnte in den Jahren 1998 bis 2000 zunächst eine Belebung des Wettbewerbs und ein stetiger Rückgang der Strompreise für Stromverbraucher sowohl in der Industrie als auch in den privaten Haushalten beobachtet werden.
Durch Zusammenschlüsse und Übernahmen der acht großen Stromkonzerne im weiteren Verlauf der Liberalisierung reduzierte sich die Anzahl der Konzerne in den Jahren 2000 und 2001 auf die Hälfte. Dies stärkte und vergrößerte deutlich die Marktstellung und die Macht der jeweilig verbliebenen Konzerne. Dementsprechend erfuhr der Strompreis für die Stromkonsumenten in der Industrie einen immensen Anstieg von über 70 Prozent (Zeitraum: 2000-2006). Dieser wurde außerdem sowohl durch höhere Primärenergiekosten (Öl, Gas, Kohle) und durch eine Verknappung des Angebots (Kraftwerkskapazitäten wurden abgebaut) als auch durch die Umlegung der CO2 – Zertifikatspreise auf die Strompreise begünstigt. Darüber hinaus wurde die Entwicklung des Strompreises von einer hohen Volatilität innerhalb der jeweiligen Jahre begleitet. Diese zog zusätzliche Unsicherheit für die beschaffenden Industrieunternehmen bei der Wahl des optimalen Beschaffungszeitpunktes nach sich.
Vor diesem Hintergrund rückt mittlerweile bei mehr und mehr Industrieunternehmen das Interesse am Strommarkt und der ökonomischen Beschaffung von Strom in den strategischen Blickwinkel, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass die inländische Industrie beinahe die Hälfte des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland in Anspruch nimmt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Einstieg in die Thematik
- Ziel der Arbeit
- Aufbau der Arbeit
- Grundlagen und Rahmenbedingungen des Stromhandels in Deutschland
- Besonderheiten der Handelsware Strom
- Das deutsche Übertragungsnetz für Elektrizität
- Struktur des deutschen Stromnetzes
- Netzzugang
- Netznutzungsentgelte
- Aktuelle energierechtliche Rahmenbedingungen
- Neufassung des Energiewirtschaftsgesetzes 2005 (EnWG)
- Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
- Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG)
- Konzessionsabgabeverordnung (KAV)
- Stromsteuergesetz (StromStG)
- Der deutsche Strommarkt und seine Funktionsweise
- Struktur des heutigen deutschen Strommarktes
- Marktteilnehmer und Einflussnehmer
- Energieversorgungsunternehmen (EVU)
- Überregionale EVU (Verbundunternehmen)
- Regionale EVU
- Lokale EVU
- Neue Marktteilnehmer
- Stromhändler
- Strombroker und Strommakler
- Portfoliomanager
- Strombörse
- Netzbetreiber
- Stromkonsumenten (Industrieunternehmen)
- Einflussnehmer
- Staatliche Einflussnehmer
- Privatwirtschaftliche Einflussnehmer
- Verteilung der Marktmacht auf dem Strommarkt
- Struktur der Stromerzeugung nach Energieträgern (Stromsplit)
- Ökonomische Strombeschaffung in energieintensiven Industrieunternehmen
- Grundlagen der Strombeschaffung
- Beschaffungsprozess bei klassischer Vollstromversorgung in Industrieunternehmen
- Marktplätze
- Bilaterale Marktplätze (OTC-Markt)
- Institutionelle Marktplätze (Börse)
- Der Strompreis
- Strompreisentwicklung in Deutschland
- Elemente des Strompreises
- Preisbildung auf dem Spotmarkt der Börse
- Werttreiber des Strompreises
- Lastprofil und Lastprognose
- Beschaffungsstrategien
- Klassische Vollstromversorgung
- Vollstromversorgung in mehreren Tranchen
- Strukturierte Strombeschaffung
- Basisprodukte
- Ergänzungsprodukte
- Eigenerzeugung
- Wahl der optimalen Beschaffungsstrategie
- Kostenvergleichsrechnung: Vollstrom- vs. Tranchenbezug
- Make or buy: Eigenerzeugung oder Fremdbezug?
- Make or buy: eigen- oder fremdgeführtes Portfolio?
- Handlungsempfehlung
- Weiterführende innerbetriebliche Maßnahmen
- Lastmanagement
- Steigerung der Energieeffizienz
- Fazit und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit befasst sich mit dem deutschen Strommarkt und der ökonomischen Beschaffung von Strom in energieintensiven Industrieunternehmen. Das Ziel der Arbeit ist es, ein umfassendes Verständnis für den deutschen Strommarkt zu entwickeln und eine Entscheidungshilfe für energieintensive Industrieunternehmen bei der Wahl der optimalen Strombeschaffungsstrategie zu bieten.
- Struktur und Funktionsweise des deutschen Strommarktes
- Besonderheiten der Handelsware Strom
- Energierechtliche Rahmenbedingungen des Stromhandels
- Strombeschaffungsstrategien für energieintensive Industrieunternehmen
- Bewertung von Chancen und Risiken verschiedener Beschaffungsstrategien
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit untersucht die Besonderheiten des Strommarktes, die Bedeutung von energierechtlichen Rahmenbedingungen, die verschiedenen Marktteilnehmer und Einflussfaktoren, die Preisbildungsmechanismen und verschiedene Strombeschaffungsstrategien für energieintensive Industrieunternehmen.
- Kapitel 2: Die Arbeit stellt die Besonderheiten der Handelsware Strom sowie die Struktur und Funktionsweise des deutschen Übertragungsnetzes vor. Außerdem werden die wichtigsten energierechtlichen Rahmenbedingungen, wie das Energiewirtschaftsgesetz, das Erneuerbare-Energien-Gesetz und das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, beleuchtet.
- Kapitel 3: Dieses Kapitel beschreibt die Struktur des heutigen deutschen Strommarktes und seine wichtigsten Marktteilnehmer, darunter Energieversorgungsunternehmen (EVU), Stromhändler, Broker, Portfoliomanager und Netzbetreiber. Weiterhin wird die Verteilung der Marktmacht auf dem Strommarkt untersucht und die Struktur der Stromerzeugung nach Energieträgern beleuchtet.
- Kapitel 4: In diesem Kapitel werden die Grundlagen der Strombeschaffung für Industrieunternehmen behandelt. Dazu gehören der Ausschreibungsprozess, verschiedene Marktplätze, die Preisbildungsmechanismen und der Lastgang. Anschließend werden verschiedene Beschaffungsstrategien, wie die klassische Vollstromversorgung, die Vollstromversorgung in mehreren Tranchen, die strukturierte Strombeschaffung und die Eigenerzeugung von Strom, vorgestellt und hinsichtlich ihrer Chancen und Risiken bewertet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Strommarkt, Energiepolitik, Beschaffung, Strombeschaffung, energieintensive Industrie, Vollstromversorgung, Tranchenbeschaffung, strukturierte Strombeschaffung, Eigenerzeugung, Lastmanagement, Energieeffizienz und Risikomanagement. Die Analyse beleuchtet zudem die Auswirkungen von energierechtlichen Rahmenbedingungen auf die Strombeschaffung und die Bedeutung von Preisbildungsmechanismen sowie von Marktmacht.
- Quote paper
- Markus Wittwer (Author), 2008, Der deutsche Strommarkt und die ökonomische Beschaffung von Strom in energieintensiven Industrieunternehmen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112001