Die Volksrepublik China wird mit 1,3 Mrd. Einwohnern, von denen 750 Mio. jünger als 30 Jahre sind und einem jährlichen Wirtschaftswachstum von 7% in Zukunft der kaufkräftigste Markt der Welt sein.
Seit Jahren kennt der chinesische Kfz-Absatz nur einen Trend: aufwärts. Nach dem Rekordjahr 2007 mit knapp 8,8 Mio. verkauften Fahrzeugen soll 2008 die Zehn-Millionen-Schwelle überschritten werden.
Vor dem Hintergrund saturierter Heimatmärkte stellt China daher für die deutschen und internationalen Automobilkonzerne ein „Markt der Hoffnung“ dar, der über wirtschaftlichen Nachholbedarf und ein großes Marktpotenzial verfügt. „Wer in China stark ist, der wird es langfristig auch weltweit sein“. Dieser Ausspruch des Vorstandsvorsitzenden der VW AG, Dr. Bernd Pischetsrieder, beschreibt sehr treffend die Bedeutung des chinesischen Automobilmarktes für die global tätigen Automobilkonzerne (vgl. SCHRÖDER 2006).
Die Automobilhersteller haben in der Vergangenheit massiv in den Aufbau von Produktionskapazitäten investiert. 2006 produzierte China erstmals mehr Fahrzeuge als Deutschland und verdrängte Deutschland von Platz drei der weltweit größten Automobilproduzenten. Es ist nicht auszuschließen, dass China 2015 die Nummer eins sein wird.
Als Produktionsstandort und als Absatzmarkt ist das Reich der Mitte nicht mehr aus den Strategien der europäischen, japanischen und amerikanischen Automobilindustrie wegzudenken. Kein Unternehmen der Branche kann es sich ernsthaft leisten den chinesischen Markt langfristig zu vernachlässigen, wenn es nicht Marktpositionen im globalen Wettbewerb verlieren will.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einführung in das Thema
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit
2 Rahmenbedingungen in der VR China
2.1 Ökonomische Umwelt
2.1.1 Bevölkerungsentwicklung
2.1.2 Urbanisierung
2.1.3 Volkswirtschaftliche Entwicklung
2.1.4 Regionale Disparitäten und Wirtschaftszentren
2.1.5 Haushaltseinkommen der chinesischen Bevölkerung
2.1.6 Währungs- und Bankensystem
2.1.7 Verkehrsinfrastruktur
2.2 Politisch-rechtliche Umwelt
2.2.1 Politisches System
2.2.2 Administrative Einteilung und Sonderwirtschaftszonen
2.2.3 WTO Beitritt
2.2.4 Fünfjahrespläne
2.3 Soziokulturelle Umwelt
2.3.1 Besonderheiten der chinesischen Kultur
2.3.2 Guanxi – die Bedeutung von Beziehungen
2.3.3 Mianzi – Gesicht wahren
2.4 Technologische Umwelt
2.4.1 Forschung und Entwicklung
2.4.2 Technologietransfer
3 Automobilindustrie in China
3.1 Historische Entwicklung
3.2 Einheimische Automobilhersteller
3.3 Aktivitäten internationaler Automobilproduzenten in China
4 Der chinesische Automobilmarkt
4.1 Marktreife
4.2 Marktsegmentierung
4.2.1 Segmentierung nach Preisklassen
4.2.2 Segmentierung nach Kundengruppen
4.2.3 Segmentierung nach Wohlstandsregionen
4.3 Konkurrenzsituation
4.3.1 Marktanteile
4.3.2 Konsolidierung
4.3.3 Verfall der Automobilpreise
4.4 Blick in die Zukunft
4.4.1 Entwicklung der Einkommensschichten
4.4.2 Marktentwicklung
5 Chancen und Perspektiven für deutsche
5.1 Großes Marktpotenzial
5.2 Angebot von Finanzierungsdienstleistungen
5.3 Wachstumssegment Mittelklasse
5.4 Positives Image deutscher Automarken
5.5 Alternative Technologien: Diesel und Hybrid
6 Risiken und Herausforderungen des
6.1 Überkapazitäten
6.2 Teure Produktion
6.3 Mangelnder Schutz geistigen Eigentums
6.4 Umstrittene Partnerschaft: Joint Venture
6.5 Protektionismus der chinesischen Regierung
7 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Bevölkerungsentwicklung Chinas
Quelle: eigene Darstellung nach LORENZ & PARTNERS 2006,
Abb. 2: Weltweiter Vergleich der Einkommensdisparitäten..
Quelle: eigene Darstellung nach WORLD BANK GROUP 2007a
Abb. 3: Marktsegmentierung nach Preisklassen.
Quelle: eigene Darstellung nach MERCER MANAGEMENT CONSULTING
Abb. 4: Entwicklung der Automobilnachfrage nach Kundensegmenten
Quelle: eigene Darstellung nach MERCER MANAGEMENT CONSULTING
Abb. 5: Neuwagenverkäufe nach Wohlstandsregionen (2004-2010).
Quelle: eigene Darstellung nach MERCER MANAGEMENT CONSULTING
Abb. 6: Die Marktanteile 2005 und 2006 der wichtigsten Pkw-Hersteller.
Quelle: eigene Darstellung nach BFAI 2007b
Abb. 7: Entwicklung der Einkommenssegmente
Quelle: eigene Darstellung nach KASPERK u.a. 2006,
Abb. 8: Fahrzeugdichte in Relation zum BIP pro Kopf..
Quelle: eigene Darstellung nach IBM 2005,
Abb. 9: Anteil der Finanzierung bei Fahrzeugkäufen.
Quelle: eigene Darstellung nach KASPERK u.a. 2006,
Abb. 10: Überkapazitäten im Wachstumsmarkt China
Quelle: eigene Darstellung nach MERCER MANAGEMENT CONSULTING 2005,
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Eckdaten zum Passagierverkehr in der VR China..
Quelle: BFAI 2007a
Tab. 2: Veränderung der Rahmenbedingungen auf dem chinesischen Auto-mobilmarkt nach dem WTO-Beitritt
Quelle: KASPERK u.a. 2006,
Tab. 3: Absatzzahlen Januar bis Juli 2006 der zehn wichtigsten chinesischen Automobilkonzerne.
Quelle: BFAI 2006c
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einführung in das Thema
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
Die Volksrepublik China wird mit 1,3 Mrd. Einwohnern, von denen 750 Mio. jünger als 30 Jahre sind und einem jährlichen Wirtschaftswachstum von 7% in Zukunft der kaufkräftigste Markt der Welt sein.
Seit Jahren kennt der chinesische Kfz-Absatz nur einen Trend: aufwärts. Nach dem Rekordjahr 2007 mit knapp 8,8 Mio. verkauften Fahrzeugen soll 2008 die Zehn-Millionen-Schwelle überschritten werden (vgl. BFAI 2008).
Vor dem Hintergrund saturierter Heimatmärkte stellt China daher für die deutschen und internationalen Automobilkonzerne ein „Markt der Hoffnung“ dar, der über wirtschaftlichen Nachholbedarf und ein großes Marktpotenzial verfügt. „Wer in China stark ist, der wird es langfristig auch weltweit sein“. Dieser Ausspruch des Vorstandsvorsitzenden der VW AG, Dr. Bernd Pischetsrieder, beschreibt sehr treffend die Bedeutung des chinesischen Auto-mobilmarktes für die global tätigen Automobilkonzerne (vgl. SCHRÖDER 2006).
Die Automobilhersteller haben in der Vergangenheit massiv in den Aufbau von Produktionskapazitäten investiert. 2006 produzierte China erstmals mehr Fahrzeuge als Deutschland und verdrängte Deutschland von Platz drei der weltweit größten Automobilproduzenten. Es ist nicht auszuschließen, dass China 2015 die Nummer eins sein wird (vgl. SCHRÖDER 2006).
Als Produktionsstandort und als Absatzmarkt ist das Reich der Mitte nicht mehr aus den Strategien der europäischen, japanischen und amerikanischen Automobilindustrie wegzudenken. Kein Unternehmen der Branche kann es sich ernsthaft leisten den chinesischen Markt langfristig zu vernachlässigen, wenn es nicht Marktpositionen im globalen Wettbewerb verlieren will.
Zielsetzung der vorliegenden Arbeit ist es, den chinesischen Automobilmarkt zu untersuchen. Dabei sollen die Chancen, die der chinesische Markt deutschen Automobilkonzernen bietet, herausgestellt gleichzeitig aber auch auf zahlreiche Risiken hingewiesen werden. Die Dynamik und die Komplexität des Geschehens auf dem chinesischen Automobilmarkt lässt im Rahmen dieser Arbeit keine vollständige Darstellung zu. Da das Pkw-Segment die Hauptstütze des Kfz-Absatzes darstellt, liegt der Schwerpunkt der Untersuchung auf der Entwicklung des Pkw-Marktes. Zum besseren Ver-ständnis wird aber in einzelnen Abschnitten auch auf den Nfz-Markt einge-gangen.
1.2 Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit
Zur Ausarbeitung der Aufgabenstellung wird auf diverse Quellen zurück-gegriffen. Neben Artikeln aus Zeitungen und Fachzeitschriften, vorhandener Literatur zum Thema und wissenschaftlichen Abhandlungen fließen die neusten Erkenntnisse aus Studien verschiedener Unternehmensberatungen in die Arbeit mit ein. Um die aktuellsten Entwicklungen auf dem chinesischen Automobilmarkt darstellen zu können, werden auch zahlreiche Internetquellen in die Untersuchung miteinbezogen.
Als Grundlagen für die Untersuchung werden im zweiten Kapitel zunächst die wichtigsten wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen dargestellt. Dabei wird auf die ökonomische, politisch-rechtliche, soziokulturelle und technologische Umwelt eingegangen.
Das dritte Kapitel befasst sich mit der Entwicklung der Automobilindustrie in China. Neben einem kurzen Abriss über die historische Entwicklung der Automobilindustrie werden in diesem Kapitel auch die Entwicklung und die derzeitigen Aktivitäten einiger großer chinesischen sowie der internationalen Automobilkonzerne, die in China tätig sind, dargestellt.
In Kapitel vier folgt eine Analyse des chinesischen Automobilmarktes. Dabei wird die derzeitige Marktsituation beschrieben und auf die Marktreife und die Marktsegmentierung eingegangen. Des Weiteren werden die Themen Markt-anteile, Konsolidierung und Verfall der Automobilpreise behandelt. Außer-dem enthält dieses Kapitel Prognosen zur zukünftigen Entwicklung des chinesischen Automobilmarktes.
Es folgt das fünfte Kapitel, in dem die Chancen, die der chinesische Automobilmarkt deutschen Automobilkonzernen bietet, erörtert werden. Als Chance werden u.a. das große Markpotenzial, das gute Image deutscher Marken bei chinesischen Käufern und die Entwicklung von alternativen Technologien gesehen. Da seit 2003 auch ausländische Hersteller Finanzierungsdienstleistungen anbieten dürfen, können die deutschen Auto-mobilkonzerne ihr Know-how auf diesem Gebiet nutzen, um weitere Absatz-potenziale zu erschließen.
Da den Chancen auch zahlreiche Risiken gegenüberstehen, wird auf diese im Kapitel sechs eingegangen. Risiken, mit denen deutsche Automobil-produzenten in China konfrontiert werden sind u.a. der mangelnde Schutz geistigen Eigentum und die zunehmenden protektionistischen Maßnahmen der chinesischen Regierung. Ein nicht kalkulierbares Risiko sind die derzeit wachsenden Überkapazitäten in der Produktion. Des Weiteren ist ein Markteintritt für ausländische Hersteller nur über ein Joint Venture möglich, was neben einigen Vorteilen auch Risiken mit sich bringt.
Im abschließenden Kapitel sieben werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst.
2 Rahmenbedingungen in der VR China
2.1 Ökonomische Umwelt
2.1.1 Bevölkerungsentwicklung
Die Volksrepublik China ist mit 1,3 Milliarden Einwohnern das bevölkerungs-reichste Land der Erde und hat mehr Einwohner als die USA und Afrika zusammen. Somit stellt die chinesische Bevölkerung über ein Fünftel der Weltbevölkerung dar. Die größte ethnische Gruppe sind die Han-Chinesen, sie machen ca. 92% der Bevölkerung aus (vgl. CHINA.ORG.COM 2007).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Bevölkerungsentwicklung Chinas
Quelle: eigene Darstellung nach LORENZ & PARTNERS 2006, 6
Nach der Gründung der Volksrepublik im Jahre 1949 lebten in China etwa 540 Millionen Menschen. In den 1950er Jahren stieg die Bevölkerungszahl trotz niedriger Lebenserwartung stark an. Die politische Führung um Mao Zedong war der Ansicht, dass ein mächtiger Staat eine hohe Bevölkerungszahl benötigt. Abbildung 1 auf Seite 11 stellt die Entwicklung der chinesischen Bevölkerung seit 1950 dar.
Um das rasche Bevölkerungswachstum einzudämmen, gilt die Ein-Kind-Politik, die allerdings in den letzten Jahren gemildert wurde. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Zunahme der Bevölkerung von über 3% auf unter 1% eingependelt. Dennoch wird die Bevölkerung weiter wachsen wobei für etwa 2030 mit 1,5 Milliarden Menschen der Gipfel erwartet wird. Danach wird ein Rückgang der Einwohnerzahl bis 2050 auf 1,3 Milliarden prognostiziert. Das aktuelle Bevölkerungswachstum liegt bei etwa 0,6% pro Jahr bei einer Geburtenrate von 15 Promille, einer Sterberate von 6,7 Promille und einer Kindersterblichkeit von 27 Promille. Momentan liegt die Anzahl der Kinder pro Frau bei 1,8 (vgl. LORENZ & PARTNERS 2006, 6).
2.1.2 Urbanisierung
Die positive wirtschaftliche Entwicklung Chinas fördert die Urbanisierung der Bevölkerung. Die chinesische Regierung geht von einer jährlichen Urbanisierungsrate von 0,5 bis 1% über die nächsten zehn Jahre aus. Dabei weisen die Regionen um die küstennahen Ballungsgebiete bereits heute eine deutlich höhere Bevölkerungsdichte auf als der Rest des Landes. So leben in den küstennahen Regionen über 400 Menschen pro Quadratkilometer und in Zentralchina ca. 200 Menschen, während der Westen mit seinen Hoch-ebenen mit knapp zehn Menschen pro Quadratkilometer sehr dünn besiedelt ist (vgl. SCHATTAUER 2006). Zum Vergleich: die Bevölkerungsdichte in Deutsch-land liegt bei 231 Einwohnern pro Quadratkilometer (vgl. BARZEL 2005).
Die zunehmende Urbanisierung bringt zahlreiche Probleme mit sich. Mit den wirtschaftlichen Reformen und der inhomogenen Einkommensverteilung ist das große soziale Problem der Arbeitslosigkeit vor allem in den ländlichen Regionen anzutreffen. Schätzungen zufolge sind bereits 120 Mio. Menschen auf der Suche nach Arbeit in die Städte abgewandert. Vor diesem Hintergrund ist eine Arbeitslosenquote von über 8,5% in den Städten als realistisch einzustufen. Die Zahl der arbeitslosen ländlichen Bevölkerung wird auf ca. 150 bis 200 Mio. geschätzt. Durch den hohen Zustrom an Arbeitskräften nimmt der Druck auf die sozialen Systeme weiter zu. Um die Landflucht einzudämmen und soziale Unruhen zu verhindern, wurden inzwischen große Investitionsprogramme aufgelegt, welche die wirtschaftliche Infrastruktur der zentralen und westlichen Provinzen fördern sollen (vgl. SCHATTAUER 2006).
Die aufgeführten Entwicklungen haben direkte Auswirkungen auf die Auto-mobilindustrie. Zum einen bedeutet eine Zunahme der Bevölkerungsdichte in den östlichen Regionen ein Anwachsen des dortigen Marktpotenzials. Zum anderen führt der zunehmende Druck auf die Sozialsysteme und die Unsicherheit der Arbeitsmarktsituation zu einer negativen Beeinflussung des Kaufverhaltens. In Zeiten wirtschaftlicher Not steigt tendenziell die Sparrate unter gleichzeitiger Einschränkung des privaten Konsums (vgl. FRICKE 2007).
2.1.3 Volkswirtschaftliche Entwicklung
Den wichtigsten Einfluss der ökonomischen Umwelt stellt das Wirtschafts-wachstum dar. Hiervon hängen die Einkommensentwicklung und die private Nachfrage ab (vgl. KUSS 2004, 37).
Seit Beginn der Wirtschaftsreformen und Handelsliberalisierungen im Jahr 1979 konnte China in vielen Wirtschaftsbereichen ein sehr starkes Wachstum verzeichnen. Die Entwicklung wurde durch den beständigen Strom ausländischer Direktinvestitionen gefördert. Die regionale Verteilung der Investitionen ist sehr heterogen. Der größte Teil mit ca. 88% fließt dabei in die östlichen Küstenregionen (vgl. CHINA.ORG.COM 2007).
Diese Regionen haben für ausländische Automobilhersteller aufgrund der daraus folgenden positiven wirtschaftlichen Entwicklung große Bedeutung als Ausgangspunkt der Markterschließung.
Das nominale reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg 2007 mit 11,4% so schnell wie seit 13 Jahren nicht mehr und schon zum fünften Mal in Folge im zweistelligen Bereich. Mit rund 2.330 Mrd. Euro hat Chinas BIP nun fast das deutsche erreicht (dies lag 2007 bei ca. 2.400 Mrd. Euro) (vgl. BARTSCH 2008). China ist aber noch immer ein Schwellenland und wird von der Welt-bank in die zweitniedrigste Klassierung („low middle income“) eingestuft (vgl. WORLD BANK GROUP 2007). Das Prokopf-BIP liegt mit ca. 1800 Euro pro Jahr bei gerade mal 6% des deutschen (vgl. BARTSCH 2008).
Die Automobilindustrie ist bereits jetzt für einen Anteil zwischen 1,5 – 3% des BIPs verantwortlich, zurzeit arbeiten ungefähr zwei Mio. Menschen direkt im Automobilsektor. Zählt man verbundene Industrien wie z.B. Stahl- und Reifenproduzenten sowie den erforderlichen Infrastrukturaufbau und Dienst-leistungen rund um das Automobil wie Vertrieb, Service, Versicherungen und Finanzierung hinzu, wird klar, welch zentrale Rolle die Automobilindustrie für das wirtschaftliche Wachstum spielt (vgl. BMW GROUP 2007).
2.1.4 Regionale Disparitäten und Wirtschaftszentren
Trotz des vormals egalitären Staatssystems existieren aufgrund der Größe des Landes bzw. der historischen Entwicklung starke regionale Disparitäten hinsichtlich ökonomischer Leistungserbringung, Kaufkraft sowie der Existenz marktwirtschaftlicher Institutionen und Infrastrukturausstattung. Seit Beginn der 90er Jahre nehmen diese Unterschiede weiter zu. Die beständige Vergrößerung der Disparitäten zwischen Küsten- und Inlandsprovinzen resultiert aus den geringeren Wachstumsraten der Inlandsprovinzen im Vergleich zu den Küstenregionen. Die positive Wirtschaftsentwicklung brachte zwar für die Zentral- und Westprovinzen Chinas auch Zuwächse, sie konnten aber mit der Entwicklungsgeschwindigkeit der Küstenprovinzen nicht Schritt halten (vgl. SCHÜLLER 2004).
Zu einer Verstärkung der regionalen Unterschiede trugen vor allem die Einrichtung von Sonderwirtschaftszonen und die damit verbundenen Direkt-investitionen bei. Die vordringlichste Aufgabe der Politik wird es in den kommenden Jahren sein, eine stärkere Diffusion des im Osten erreichten Wohlstands nach Zentral- und Westchina zu erreichen. Mit dem „Great Western Development Programme“ adressiert die Regierung dieses Problem und versucht Wachstumsimpulse in strukturschwache Regionen zu lenken, um einer weiteren Verstärkung der Disparitäten entgegenzuwirken (vgl. TAUBE 2004).
Ein Großteil des chinesischen Volkseinkommens (ca. 77%) wird in den drei Wirtschaftsregionen Bohai Bay Area, Jangtse-Delta und Perlfluss-Delta erzeugt.
Die Bohai Bay Area ist die nördlichste Wirtschaftsregion Chinas. Zentren bilden die Städte Beijing und Tianjin sowie die Provinzen Hebei, Shandong und Liaoning. Beijing stellt einen wichtigen Verkehrsknotenpunkt dar, während Tianjin mit seinem See- und Außenhandelshafen zu den großen Industrie- und Handelsstädten Nordchinas gehört. In dieser Region wurden 2003 ca. 26% des landesweiten BIP erwirtschaftet (vgl. XINZHEN 2007).
Das Jangtse-Delta mit Shanghai als wirtschaftlichen Mittelpunkt und den Provinzen Jiangsu und Zheijing bildet das östlichste Wirtschaftszentrum Chinas. Shanghai als die größte Stadt Chinas befindet sich im mittleren Abschnitt der Küstenlinie an der Mündung des Jangtse-Flusses. Durch den Zugang zum Meer sowie zu den großen Landtransportwegen nimmt die Stadt gerade für internationale Unternehmen eine entscheidende Position in der chinesischen Volkswirtschaft ein. Der Anteil dieser Region am BIP Chinas betrug 2003 ca. 20% (vgl. XINZHEN 2007).
Das Perlfluss-Delta umfasst die südlichen Provinzen um die Städte Shenzen, Guangzhou, Dougguan und Foshan. Die Region hat in den letzten Jahren ein rasantes Wachstum erlebt. Während die Wirtschaft in anderen Teilen des Landes noch weitgehend von Staatsunternehmen dominiert wird, stammen 80% des Outputs der Provinz Guangdong von privaten Firmen. Die Region des Perlfluss-Deltas erzeugt ca. 31% des gesamten BIP (vgl. XINZHEN 2007).
Die Entwicklung dieser großen Wirtschafts- und Handelszentren ist für die Bearbeitung des chinesischen Marktes von besonderer Bedeutung. Sie bilden den Ausgangspunkt für die Erschließung des Marktes.
2.1.5 Haushaltseinkommen der chinesischen Bevölkerung
Das starke ökonomische Wachstum Chinas führt zu einem Anstieg des realen Volkseinkommens pro Einwohner von ca. 6% pro Jahr. Auch wenn in den letzten Jahrzehnten der Wohlstand in China gewachsen ist und alle Schichten Anteil an diesem Fortschritt hatten, so hat sich dennoch die Ungleichheit der Wohlstandsverteilung stark vergrößert (vgl. OECD 2006).
Der Gini-Koeffizient als statistisches Maß für Ungleichgewicht ist von 1980 bis 2006 von 0,28 auf 0,47 gestiegen (vgl. WORLD BANK GROUP 2007a). Ein Vergleich der wichtigsten Industriestaaten ist in Abbildung 2 dargestellt. Nach Meinung von Experten ist eine weitere Verschärfung des Einkommens-ungleichgewichts zu erwarten (vgl. BARTSCH 2008).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Weltweiter Vergleich der Einkommensdisparitäten
Quelle: eigene Darstellung nach WORLD BANK GROUP 2007a
Durch die positive wirtschaftliche Entwicklung Chinas und den damit ver-bundenen Wohlstandszuwachs wird ein Teil der Bevölkerung in Zukunft einen Lebensstandard erreichen, der den Konsum von Gütern über die Befriedigung von Grundbedürfnissen hinaus ermöglichen wird. Experten sind der Ansicht, dass der Anteil der Bevölkerung, der über ein Jahreseinkommen von über 1.000 USD verfügt, in den nächsten zehn Jahren auf über 230 Mio. Menschen ansteigen wird. Im Vergleich zu entwickelten Industrienationen besteht jedoch noch ein erheblicher Unterschied. Das BIP pro Einwohner in Deutschland betrug 2007 ca. 30.000 EUR, während es in China nur bei ca. 1.800 EUR lag (vgl. BARTSCH 2008).
2.1.6 Währungs- und Bankensystem
Die chinesische Währung Renminbi Yuan (CNY)[1] war seit der Asienkrise 1997/98 an den US-Dollar gekoppelt. Im Juli 2005 beendete die chinesische Notenbank die achtjährige Geschichte der Renminbi-Bindung an den US-Dollar und änderte das fixe Wechselkurssystem in ein „managed float“ System, woraufhin der Renminbi um 2,11% aufgewertet wurde. Auch im Jahr 2006 wurde die chinesische Währung mehrmals aufgewertet und es ist zu erwarten, dass sich dieser Trend fortsetzen wird (vgl. RAIFFEISEN 2007, 4f.).
Der Zustand des chinesischen Bankensystems stellt ein globales Risiko für die Wirtschaft und eine Quelle der Instabilität dar. Der Grund hierfür liegt in der sehr hohen Quote an notleidenden Krediten. Offiziell waren 2003 mit 307 Mrd. USD 21% der von den vier großen Staatsbanken[2] ausgegebenen Kredite notleidend, obwohl in den vorausgegangenen Jahres bereits 157 Mrd. USD auf staatliche Auffanggesellschaften übertragen wurden (vgl. SCHÜLLER 2006, 51).
Zu dieser Situation tragen eine große Anzahl von unprofitablen Staatsbetrieben bei, die auf Anweisung der Regierung trotz Zahlungs-unfähigkeit nicht liquidiert werden. Eine weitere Ursache für die Schuldenlast, die auf ca. 840 Mrd. bis 1,8 Billionen USD geschätzt wird, sind die ge-waltigen Infrastrukturprojekte der chinesischen Regierung (vgl. SCHÜLLER 2006, 53).
Eine sofortige Abschreibung der Kredite würde zu einem Zusammenbruch des Bankensystems führen. Lediglich das anhaltende Wirtschaftswachstum und der Liquiditätszustrom durch die hohen Spareinlagen der Bevölkerung verhindern eine Liquiditätskrise im Bankensektor. Andererseits werden durch die hohe Sparquote der Bevölkerung von über 40% der private Konsum und damit auch die Nachfrage nach Automobilen gebremst (vgl. BLANK 2006).
Dem WTO-Vertrag zufolge muss China seit 2006 ausländischen Kredit-instituten gestatten, Finanzdienstleistungen anzubieten. Viele Sparer haben jetzt eine Alternative zum maroden staatlichen Bankensystem. Auch ausländische Banken werden in das Privatkundengeschäft einsteigen, wodurch sich alternative Anlagemöglichkeiten für die Bevölkerung ergeben. Vor diesem Hintergrund wird sich der Druck auf das Bankensystem weiter erhöhen (vgl. KASPERK u.a. 2006, 18).
2.1.7 Verkehrsinfrastruktur
Innerhalb der letzten zehn Jahre wurden große Investitionen in die Transport-infrastruktur getätigt, dennoch ist die Dichte des Verkehrsnetzes regional sehr unterschiedlich ausgeprägt. Einerseits ist in den östlichen Provinzen und besonders in den wirtschaftlichen Ballungszentren um Beijing, Shanghai und Guangzhou der Ausbau des Straßennetzes bereits sehr fortgeschritten, andererseits sind Regionen außerhalb der wirtschaftlichen Ballungszentren noch nicht ausreichend erschlossen (vgl. WONG 2002).
Mit dem erhöhten Bedarf an Rohstoffen und durch die Zunahme der privat genutzten Pkw steigt der Bedarf an gut ausgebauten Straßen. Nach chinesischer Kategorisierung gehören etwa 35% des Straßennetzes zur gehobenen Güteklasse (Asphalt-, Bitumen oder Zementdecke), ca. 25% zur sogenannten mittleren Kategorie (Schotterbelag) und etwa 25% zur niedrigen Güteklasse (befestigte Erdstraßen), die verbleibenden 15% sind unbefestigte Erdstraßen (vgl. KASPERK u.a. 2006, 27f.).
Tabelle 1 zeigt den Anstieg des Fahrgastaufkommens von 2000 bis 2005. Nach chinesischen Prognosen sollen die Passagierzahlen zwischen 2005 und 2010 von 18,5 Mrd. auf 23 Mrd. Personen weiter anwachsen, daher soll das Straßennetz weiter ausgebaut werden. So wurden allein 2007 über 5.000 km zusätzliche Autobahnstrecken gebaut. Bereits 2006 waren 4.460 km eröffnet worden. Bis 2010 sollen insgesamt 24.000 km hinzukommen, berichtet die Zeitschrift „China Automotive Review“. Ziel ist die bessere Anbindung des chinesischen Hinterlandes (vgl. BFAI 2007a).
Tab. 1: Eckdaten zum Passagierverkehr in der VR China
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: BFAI 2007a
2.2 Politisch-rechtliche Umwelt
2.2.1 Politisches System
China ist ein autoritärer Staat unter der Führung der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh). Es gibt ein Einparteiensystem und das sozialistische Wirtschafts- und Staatssystem ist in der Verfassung verankert.
Nominell das höchste Staatsorgan ist der Nationale Volkskongress (NVK), das Parlament der Volksrepublik China. Er wählt den Staatspräsidenten, den Staatsrat, den Obersten Volksgerichtshof, die Zentrale Militärkommission und die Oberste Staatsanwaltschaft. Der NVK tagt höchstens einmal jährlich und wird vom „Ständigen Ausschuss“ vertreten (vgl. o.V. 2007d).
Die Exekutive bildet der Staatsrat, der vom Ministerpräsidenten geleitet wird und den Ministerien und Kommissionen voransteht. Es gibt eine engere Führung, den „Ständigen Rat“, bestehend aus dem Ministerpräsidenten, seinen vier Stellvertretern, dem Generalsekretär und den fünf Staatskommissaren. Diese Strukturen finden auf Provinz-, Bezirks- und Kommunalebene ihre Entsprechung (vgl. HORT J. 2000).
Das eigentliche Machtzentrum bildet der „Ständige Ausschuss des Politbüros der KPCh“, dessen Mitglieder die wichtigsten Ämter in Partei und Staat besetzen. Eine Trennung von Partei und Staat existiert nur in der Theorie. Das in der Verfassung verankerte Prinzip der Führungsrolle der Partei macht sie und ihren engsten Führungskreis zum eigentlichen Macht- und Entscheidungs-träger (vgl. HORT J. 2000).
2.2.2 Administrative Einteilung und Sonderwirtschaftszonen
China hat im Wesentlichen eine administrative Einteilung in drei Ebenen: Provinzen, Kreise und Gemeinden.
- Das ganze Land ist in Provinzen, autonome Gebiete und regierungs-unmittelbare Städte unterteilt;
- Provinzen und autonome Gebiete sind in autonome Bezirke, Kreise, autonome Kreise und Städte unterteilt;
- Kreise und autonome Kreise sind in Gemeinden, Nationalitäten-gemeinden und Kleinstädte unterteilt (vgl. CHINA.ORG.COM 2007).
Die regierungsunmittelbaren Städte sind in Stadtbezirke und Kreise, die autonomen Bezirke in Kreise, autonome Kreise und Städte unterteilt. Der Verfassung entsprechend kann der Staat Sonderverwaltungszonen einrichten, die als lokale Verwaltungsgebiete der Zentralregierung unmittelbar unter-stehen. Gegenwärtig gibt es in China 23 Provinzen, fünf autonome Gebiete, vier regierungsunmittelbare Städte und zwei Sonderverwaltungszonen (Hong-kong und Macao) (vgl. CHINA.ORG.COM 2007).
Anfang der 1980er Jahre beschloss die chinesische Regierung die Einrichtung von Sonderwirtschaftszonen. „Als Sonderwirtschaftszone bezeichnet man ein abgegrenztes Gebiet eines Staates, in dem günstigere wirtschaftliche Rahmen-bedingungen gelten als in den übrigen Teilen“ (BOLZ u.a. 1990, 85). Damit startete die chinesische Regierung den Versuch, durch die Nutzung von ausländischem Kapital und westlichem Know-how die Wirtschaft anzukurbeln (vgl. BOLZ u.a. 1990, 85).
Die ersten fünf Sonderwirtschaftzonen wurden in den Provinzen Guangdong, Fujian und Hainan eingerichtet. Während in Fujian die Stadt Xiamen zur Sonderwirtschaftszone erklärt wurde, wurde die gesamte Inselprovinz Hainen zur Sonderwirtschaftzone erklärt. In Guangdong wurden Sonderwirtschafts-zonen in den Städten Shenzhen, Zhuhai und Shantou eingerichtet (vgl. o.V. 2007c).
Im Jahre 1984 bekamen weitere 14 Hafenstädte einen Sonderstatus, der dem der Sonderwirtschaftszonen ähnlich ist: Dalian, Qinhuangdao, Tianjin, Yantai, Qingdao, Lianyungang, Nantong, Shanghai, Ningbo, Wenzhou, Fuzhou, Guangzhou, Zhanjiang und Beihai (vgl. o.V. 2007c).
2.2.3 WTO Beitritt
Am 11. Dezember 2001 ist China offiziell in die Welthandelsorganisation (WTO) eingetreten. Die WTO will den internationalen Güter- und Dienst-leistungstausch durch drei zentrale Abkommen stärken:
- das Abkommen über den Handel mit Industriegütern und landwirt-schaftlichen Produkten (GATT),
- das Abkommen über den Dienstleistungshandel (GATS) und
- das Abkommen über handelsbezogene Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) (vgl. KASPERK u.a. 2006, 16).
Während das „General Agreement on Tariffs and Trade“ (GATT) neben der Reduktion von Handelshemmnissen auch auf diverse Markteintrittsstrategien Bezug nimmt (z. B. Regelungen zu Joint Ventures und Tochtergesell-schaften) steht im Rahmen von TRIPS der Schutz von Urheberrechten sowie sonstigen Rechten des geistigen Eigentums im Vordergrund – ein wichtiger Aspekt für ausländische Unternehmen in China (vgl. KASPERK u.a. 2006, 16).
Mit dem Beitritt zur WTO verpflichtet sich jedes Mitgliedsland, die Regeln der WTO in nationale Gesetze umzusetzen. Die VR China hat damit begonnen, Zölle und weitere Markteintrittsbeschränkungen zu senken bzw. abzubauen. Auf Grund der in China verfolgten Strategie der Import-substitution waren Importe solcher Güter generell verboten, die auch im Inland verfügbar waren oder den Absatz inländischer Güter gefährdeten (vgl. KASPERK u.a. 2006, 17).
Tab. 2: Veränderung der Rahmenbedingungen auf dem chinesischen Auto-mobilmarkt nach dem WTO-Beitritt
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: KASPERK u.a. 2006, 18
Um die inländische Automobilindustrie zu schützen, waren der Import von Automobilen und ausländischem Zubehör mit hohen Zöllen belastet. Zusätzlich waren Einfuhrlizenzen erforderlich, oder es galten Importquoten, insbesondere für Automobile und Motoren. Tabelle 2 auf Seite 23 fasst die Liberalisierungsmaßnahmen für den Automobil – und Automobilzuliefer-sektor zusammen, die dem WTO Beitritt folgten (vgl. KASPERK u.a. 2006, 17).
[...]
[1] 1 USD = 7,1 CNY; 1 CNY = 0,14 USD (Deutsche Bank Wechselkurs vom 16.03.2008)
[2] Die Industrial and Commercial Bank of China, die Bank of China, die China Construction Bank und die Agricultural Bank of China
- Quote paper
- Susanna Albarran (Author), 2008, Wachstumsmarkt China? Chancen und Risiken für deutsche Automobilkonzerne auf dem chinesischen Markt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/111940
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