In dieser Arbeit wird der konfessionell-kooperative Religionsunterricht aus der Perspektive von Religionslehrkräften anhand empirischer Befunde und einer kleinen empirischen Befragung - anhand eines eigens erstellten Fragebogens - analysiert.
Im Jahr 1994 legten die Autorinnen und Autoren der EKD-Denkschrift den Grundstein für den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht in Deutschland. Sie begründeten dabei einen neuen Umgang mit Konfessionalität im Religionsunterricht. Um die evangelische und die katholische Konfession mit ihrer je eigenen reichen Tradition zu erhalten und trotzdem ein gemeinsames Lernen evangelischer und katholischer Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen, schlugen sie in dieser Denkschrift vor, die Trias von der Konfessionszugehörigkeit der Lehrenden, die konfessionell geprägten Lehrpläne und die Konfessionalität der SuS, an mindestens einer Stelle aufzubrechen: SuS sollten wenigstens phasenweise gemeinsam lernen und der Religionsunterricht sollte sowohl getrennt als auch zeitweise gemeinsam durchgeführt werden.
Auch wenn es noch einige Jahre dauerte, bis Niedersachsen als erstes Bundesland 1998 offiziell das Modell des KKRU eingeführt hat, wird heute – 27 Jahre später – u.a. in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen oder auch in Hessen auf Antrag, konfessionell-kooperativer Religionsunterricht erteilt. Mittlerweile unterrichten, mit steigender Tendenz, über 1.500 Schulen in ganz Deutschland konfessionell-kooperativ.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I. Forschungsüberblick zum konfessionell-kooperativen Religionsunterricht
1. Das Tübinger Modell
1.1 Gemeinsamkeiten stärken — Unterschieden gerecht werden
1.1.1 Was denken die Religionslehrerinnen und Religionslehrer über die konfessionelle Kooperation?
1.1.2 Wie sehen die Religionslehrerinnen und Religionslehrer ihre Schülerinnen und Schüler in religiöser und konfessioneller Hinsicht?
1.1.3 Wie beurteilen die Religionslehrerinnen und Religionslehrer den Unterricht und die Unterrichtsvorbereitung?
1.1.4 Was denken die Religionslehrerinnen und Religionslehrer über die Zukunft des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts?
1.1.5 Resümee
1.2 Dialogischer Religionsunterricht
1.2.1 Das Fehlen konfessioneller Prägungen und die Möglichkeit konfessionell - kooperativen Unterrichts
1.2.2 Die konfessionelle Prägung der Schülerinnen und Schüler
1.2.3 Chancen konfessioneller Kooperation
1.2.4. Achtsamkeit und konfessionelle Kooperation
1.2.5 Evangelisch und katholisch aus Sicht der Religionslehrerinnen und Religionslehrer
1.2.6 Effekte der konfessionellen Kooperation aus Sicht der Religionslehrerinnen und Religionslehrer
1.2.7 Themen, die sich konfessionell-kooperativ umsetzen lassen
1.2.8 Wie sehen Religionslehrerinnen und Religionslehrer den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht?
1.2.9 Resümee
2. Die Evaluation des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts in Baden- Württemberg
2.1 Motive und Vorbehalte gegenüber dem konfessionellen-kooperativen Religionsunterricht
2.2 Teamarbeit als Bereicherung
2.3 Der Religionslehrerinnen- und Religionslehrerwechsel
2.4 Die Vorstellungen von einer idealen KKRU-Fortbildung
2.5 Konfessionell-kooperativer Religionsunterricht stärkt den Religionsunterricht
2.6 Resümee
3. Konfessionell-kooperativer Religionsunterricht in Niedersachsen
3.1 Die Vorbereitung auf den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht
3.2 Die Durchführung und Wahrnehmung der konfessionellen Kooperation
3.3 Die Zukunft des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts
3.4 Resümee
4. Weitere Studien verkürzt dargestellt
4.1 Religionslehrerinnen- und Religionslehrerstudie 2003 in Baden-Württemberg
4.2 Befragung von evangelischen Religionslehrkräften 2013 von der Evangelischen Kirche im Rheinland
4.3 Befragung von angehenden Religionslehrerinnen und Religionslehrern im Lehramtsstudium
4.3.1 Befragung von Studierenden der Theologie und Religionspädagogik
4.3.2 Konfessionell-kooperatives Seminar an der Pädagogischen Hochschule in Karlsruhe
II. Wissenschaftlicher / Empirischer Teil
1. Einleitung
2. Der Fragebogen
3. Das Interview
4. Die qualitative Analyse
5. Ergebnisse, Diskussion und Vergleich der Experteninterviews
A. Formale Informationen
B. Die Konfession der Religionslehrerinnen und Religionslehrer
C. Die Konfession der Schülerinnen und Schüler
D. Der konfessionell-kooperative Unterricht
E. Der konfessionell-kooperative Unterricht aus Sicht der RuR
F. Digitalisierung und Corona
6. Resümee
III. Didaktische Herausforderungen
1. Erforderliche Kompetenzen für den KKRU
1.1 Religionspädagogische Reflexionsfähigkeit
1.2 Religionspädagogische Gestaltungskompetenz
1.3. Religionspädagogische Förderkompetenz
1.4 Religionspädagogische Dialog- und Diskurskompetenz
2. Veränderungen in der Religionslehrerinnen und -lehrerbildung
2.1 Das Studium (1.Phase)
2.2 Referendariat (2. Phase)
2.3 Fort- und Weiterbildung (3. Phase)
3. Resümee
Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Anhangsverzeichnis
Anhänge
Einleitung
Im Jahr 1994 legten die Autorinnen und Autoren der EKD-Denkschrift den Grundstein für den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht1 in Deutschland. Sie begründeten dabei einen neuen Umgang mit Konfessionalität im Religionsunterricht. Um die evangelische und die katholische Konfession mit ihrer je eigenen reichen Tradition zu erhalten und trotzdem ein gemeinsames Lernen evangelischer und katholischer Schülerinnen und Schüler2 zu ermöglichen, schlugen sie in dieser Denkschrift vor, die Trias von der Konfessionszugehörigkeit der Lehrenden, die konfessionell geprägten Lehrpläne und die Konfessionalität der SuS, an mindestens einer Stelle aufzubrechen: SuS sollten wenigstens phasenweise gemeinsam lernen und der Religionsunterricht sollte sowohl getrennt als auch zeitweise gemeinsam durchgeführt werden.3 Auch wenn es noch einige Jahre dauerte, bis Niedersachsen als erstes Bundesland 1998 offiziell das Modell des KKRU eingeführt hat, wird heute – 27 Jahre später – u.a. in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen oder auch in Hessen auf Antrag, konfessionell-kooperativer Religionsunterricht erteilt. Mittlerweile unterrichten, mit steigender Tendenz, über 1.500 Schulen in ganz Deutschland konfessionell-kooperativ.4 Durch die zunehmende gesellschaftliche, kulturelle und religiöse Vielfalt in Deutschland ist die Gestaltung der religiösen Bildung in einer pluralistischen Gesellschaft von großer Bedeutung für das Zusammenleben heute und in der Zukunft. Der KKRU nimmt daher eine ganz besondere Rolle bei der Umsetzung dieser herausfordernden Aufgabe ein. In der Schulpraxis sind es vor allem die Religionslehrerinnen und Religionslehrer5, die sich im Religionsunterricht bzw. im KKRU der Aufgabe stellen müssen, ihre SuS religiös zu bilden und zu sozialisieren. Daher soll es in dieser Arbeit darum gehen, den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht aus der Perspektive der RuR näher zu erforschen. Im ersten Kapitel werden dabei die wesentlichen Forschungsergebnisse von verschiedenen Studien in ganz Deutschland vorgestellt. Diese Studien beziehen sich auf unterschiedliche Modelle des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts an verschiedenen Schulformen. Sie befassen sich u.a. näher mit dem Unterrichtsgeschehen, der Didaktik, vor allem aber mit den Perspektiven von RuR auf den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht. Da viele dieser Studien zum Teil aufeinander aufbauen, sich ergänzen und teilweise auch widersprechen, war es – vor allem für den zweiten und empirischen Teil dieser Arbeit – überaus wichtig, die verschiedenen Forschungsergebnisse ausführlich darzustellen. Aus diesem Grund nimmt dieser Part auch den größten Teil dieser Arbeit ein. Im zweiten Kapitel werden die Sichtweisen und Einstellungen von drei Religionslehrerinnen zum KKRU vorgestellt und mit denen aus Kapitel I verglichen. Die drei Religionslehrkräfte wurden mittels eines eigens erstellten Fragebogens bzw. Leitfadens in drei voneinander unabhängigen Experteninterviews zu ihren Ansichten befragt. Diese Forschungsergebnisse sind insofern interessant, als dass viele der im ersten Kapitel vorgestellten Studien teilweise vor über 20 Jahren durchgeführt wurden und die geführten Experteninterviews aufzeigen, welche unterschiedlichen, aber teilweise auch gleichen Auffassungen von RuR im Jahr 2021 noch vorhanden sind. Im dritten und letzten Kapitel werden die didaktischen Herausforderungen des KKRU, bezogen auf die Aus- und Weiterbildung von Religionslehrkräften, genauer vorgestellt. Dabei wird der Fokus vorrangig auf die erforderlichen Kompetenzen von RuR für den KKRU und auf empfohlene Veränderungen in der Religionslehrerinnen- und lehrerbildung gelegt. Des Weiteren wurden in den Experteninterviews die Themen Digitalisierung und die Covid-19-Pandemie mit aufgenommen und zwei weitere Religionslehrkräfte dazu befragt. Die Ergebnisse der Befragungen zu diesen Themen, haben überaus interessante Blickwinkel der Religionslehrkräfte aufgezeigt. Ziel dieser religionspädagogischen Untersuchung soll es sein, die Perspektive der RuR auf den KKRU so darzustellen, dass eine valide Aussage über die Zukunftsfähigkeit des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts getätigt werden kann.
I. Forschungsüberblick zum konfessionell-kooperativen Religionsunterricht
1. Das Tübinger Modell
Ein eigenständiges Modell konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts in Baden-Württemberg, ist das sogenannte Tübinger Modell6. Dieses Model ist von den Religionspädagogen Albert Biesinger und Friedrich Schweizer entwickelt und untersucht worden. Die Ergebnisse ihrer Untersuchung liegen in zwei Bänden vor. Der erste Band Gemeinsamkeiten stärken, Unterschieden gerecht werden erschien im Jahr 2002. Der zweite Band Dialogischer Religionsunterricht schloss sich 2006 an den ersten an. In den folgenden beiden Abschnitten wird das Tübinger Modell anhand beider Forschungsprojekte genauer vorgestellt. Dabei wird der Fokus vorrangig auf die Perspektive von RuR gelegt.
1.1 Gemeinsamkeiten stärken — Unterschieden gerecht werden
Im Schuljahr 1998/1999 führte die Tübinger Forschungsgruppe um Friedrich Schweitzer und Albert Biesinger einen Projektversuch für den Bereich der Grundschulen zum konfessionell-kooperativen Religionsunterricht durch. Dabei wurden konfessionell-kooperative Lerngruppen von Lehrertandems unterrichtet, welche die evangelische und katholische Konfessionsseite für die SuS sichtbar im Unterricht repräsentierten. Ziel dieses Entwicklungs- und Forschungsvorhabens war es, den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht in Hinblick auf seine konkreten Realisierungsmöglichkeiten in der Praxis zu prüfen und auszuwerten. Ein besonderer Schwerpunkt lag dabei auf der Wahrnehmung der Kinder, jedoch wurde dabei auch die Sichtweise der RuR genauer analysiert. Methodisch wurde vorwiegend auf qualitative Methoden zurückgegriffen, zum Teil aber auch mit quantitativer empirischer Sozialforschung gearbeitet. Mit diesen Methoden wurden Voraussetzungen, Erwartungen und Erfahrungen der beteiligten Personen erfasst. Dabei wurde ein multiperspektivisches Verfahren angewendet, bei dem jeweils zu Beginn und am Ende des Untersuchungszeitraums Befragungen der SuS sowie der RuR durchgeführt wurden. Zudem wurden insgesamt 35 Unterrichtsstunden beobachtet und dokumentiert, 31 davon transkribiert und analysiert. Die Eltern wurden mittels eines Fragebogens zu Beginn und am Ende des Untersuchungszeitraums befragt und Gespräche mit den (indirekt beteiligten) Klassenlehrerinnen und Klassenlehrern sowie den Schulleiterinnen- und Schulleitern wurden am Ende des Erhebungszeitraums durchgeführt.7 Schweitzer und Biesinger untergliederten die Fragestellungen an die Religionslehrkräfte in vier Bereiche, die nun im Folgenden, zusammengefasst dargestellt werden.
1.1.1 Was denken die Religionslehrerinnen und Religionslehrer über die konfessionelle Kooperation?
Am Ende des Schuljahres hat sich eine Religionslehrerin folgendermaßen geäußert: „Also mir hat es sehr viel gebracht. Ich habe durch die Gespräche mit meiner evangelischen Kollegin erst einmal begriffen, womit evangelische Christen denn bei den Katholiken Probleme haben. Also was ihnen Probleme macht vom Katholisch sein, und ich selber habe viel von ihr gelernt“8. In solch einer Äußerung kommt zum Ausdruck, wie intensiv sich die Zusammenarbeit auf die eigene Sicht der Dinge ausgewirkt hat. Oft waren die RuR erstaunt und gleichzeitig erfreut darüber, wie viel sie im Laufe der Kooperation für sich selbst erfahren und gelernt haben.
1. Ein Aspekt innerhalb der ersten Fragestellung war u.a. die Motivation der RuR mit ihren Kolleginnen und Kollegen der jeweils anderen Konfession zusammenzuarbeiten: Die meisten RuR sagten, dass großes Interesse daran besteht, den Unterricht, aber vor allem die Konfession des Kollegen bzw. der Kollegin besser kennenzulernen und mehr darüber zu erfahren. Auch das Engagement für die Ökumene und ihre Sache war bei vielen RuR eine Motivation. Einige gaben den Wunsch der Eltern an, einen gemischten Religionsunterricht anzubieten und andere hatten bewusst ihre SuS im Blick und wollten, dass diese mehr von der anderen Konfession erfahren. Dabei betonten einige RuR, dass es ihnen wichtig war, ihre SuS christlich und nicht konfessionell zu unterrichten und dass die SuS einen christlichen Glauben vermittelt bekommen. Der Erhalt des Klassenverbandes wurde ebenfalls als positiver Aspekt genannt. Ebenso der Wunsch, mal etwas Neues im Religionsunterricht auszuprobieren und den Unterricht mit einem Kollegen bzw. einer Kollegin zu planen, durchzuführen und anschließend zu besprechen. Vor allem aber die Erprobung des Teamteachings war bei vielen ein motivierender Grund, den KKRU durchzuführen.9
2. Ein weiterer Blickwinkel war die Einstellung zu der eigenen Konfession der RuR: Dabei gaben alle katholischen Religionslehrkräfte an, dass sie sehr katholisch geprägt sind und die katholische Kirche für sie eine „Heimat“10 ist. Nur wenige evangelische RuR sagten hingegen, dass sie sehr evangelisch geprägt bzw. dass ihre Kirche für sie eine „Heimat“11 ist. Viele der befragten katholischen Religionslehrkräfte vermuteten: Die Beziehung zur eigenen Konfession hänge stark mit der religiösen Erziehung, den Prägungen im Elternhaus und den Erlebnissen aus der Kindheit zusammen. Daher kann vermutet werden, dass die Art und Weise der Beziehung zur eigenen Konfession unbewusst in das Unterrichtsgeschehen mit einfließt. Wenn RuR emotional in ein Thema involviert sind, unterrichten sie anders, als wenn sie neutral zu einem Thema stehen.12
3. Bei der Frage, was die RuR über die Konfession der anderen denken, zeichnete sich keine eindeutige Tendenz ab: Einige sagten, sie wissen wenig von der anderen Kirche. Evangelische Religionslehrkräfte assoziierten zum Stichwort katholisch sofort Papst und Zölibat als etwas Negatives, Maria und (Erst)-Kommunion fielen hingegen neutral aus. Manche hielten ebenso wie ihre katholischen Kolleginnen und Kollegen den katholischen Gottesdienst für etwas lebendiger und feierlicher sowie die katholischen Kirchengebäude für etwas schöner und prächtiger. Katholische Religionslehrkräfte sagten beim Stichwort evangelisch spontan: Luther, schwarzer Talar, Pfarrer, die heiraten dürfen oder auch Zentralität von Bibel und Predigt. Einige katholische RuR sagten auch: Die evangelische Kirche sei politischer und gleichzeitig auch demokratischer als die katholische. Interessant an allen Äußerungen ist, dass sowohl bei der eigenen als auch der anderen Konfession zumeist typische klischeehafte Bilder auftauchten. Ob sich im Laufe der gemeinsamen Arbeit etwas an den eigenen Sichtweisen der katholischen und evangelischen RuR verändert hat, war in diesem Projekt schwer feststellbar. Einige gaben an, ihre Wahrnehmung der eigenen und der anderen Konfession habe sich vertieft, insbesondere was die Unterschiede betrifft z.B. bei den Themen Heilige, Marienverehrung und Liturgie. Nach wie vor bleiben jedoch die Themen Papst und Maria ein „heißes Eisen“13. Dennoch bewerteten fast alle Religionslehrkräfte die konfessionelle Kooperation als sehr gewinnbringend. Das Jahr der Zusammenarbeit hat vor allem zu einer stärkeren Auseinandersetzung mit der eigenen Konfession geführt. Viele RuR beider Konfessionen gaben an, dass sie mit Hilfe von theologischer Literatur nochmals vertiefend über ihren Standpunkt und ihr Profil nachdachten.14
4. Bei der Frage zur eigenen ökumenischen Einstellung und der Einstellung der Kirche, beschrieben alle beteiligten RuR die Ökumene als eine Stärkung der Gemeinsamkeiten zwischen den Konfessionen und gaben dabei u.a. an: „Gelebte, praktische Ökumene auf der Gemeindeebene habe Signalwirkung auch ‚nach oben‘. Hier kann der konfessionell-kooperative Unterricht seinen Beitrag zur Ökumene leisten.“15 Die meisten Gemeinsamkeiten zwischen den Konfessionen sahen viele RuR in der Taufe, dem Abendmahl und der Bibel. Man dürfe die Unterschiede dennoch nicht vergessen, sagte eine evangelische Religionslehrerin am Ende des Schuljahres, auch wenn sie noch betonte, dass „da wirklich viele Gemeinsamkeiten sind, die wichtig sind.“16 Diese Äußerungen zeigen, dass der konfessionell-kooperative Religionsunterricht mitten im Spannungsbogen zwischen Gemeinsamkeiten stärken und Unterschieden gerecht werden liegt.17
1.1.2 Wie sehen die Religionslehrerinnen und Religionslehrer ihre Schülerinnen und Schüler in religiöser und konfessioneller Hinsicht?
1. Viele Religionslehrkräfte gaben an, dass oft sehr wenig bis gar keine religiösen Kenntnisse bei den SuS in den ersten beiden Schuljahren vorhanden sind: Ein Religionslehrer äußerte sich folgendermaßen dazu: „vom Elternhaus ist erschreckend wenig bei fast allen Schülern da. So dass man jetzt so ziemlich bei Null anfängt in der ersten Klasse“18. Daher wissen die wenigsten SuS zu Beginn ihrer Schulzeit, ob sie katholisch oder evangelisch sind. Einige RuR waren jedoch der Ansicht, dass die SuS in konfessioneller Hinsicht keineswegs „unbeschriebenen Blätter“19 sind. Sie nahmen und nehmen auch weiterhin bei manchen ihrer Kinder wahr, dass diese bereits vor der Einschulung mit konfessionellen Themen wie z.B. den Heiligen (u.a. St. Nikolaus, St. Martin), Maria, mit der Erstkommunion und der Konfirmation konfrontiert werden. Auch mit Kasualien wie Beerdigungen, Hochzeiten und Taufen kommen einige Kinder bereits vor der Einschulung in Kontakt. Wenn Kinder daher mit religiösen bzw. kirchlichen Geschehnissen in Berührung kommen, sind diese meist konfessionell geprägt. Den Kindern ist es oft nicht bewusst, aber dennoch sind dies ihre ersten konfessionellen Erfahrungen. Weitere konfessionelle Berührungspunkte, so gaben es einige RuR an, sind die Konfessionsverschiedenheiten einiger Eltern. Die Mehrheit der befragten RuR gab an, dass im Laufe der Grundschulzeit das konfessionelle Wissen und Bewusstsein der Kinder zunimmt. Spätestens ab dem dritten Schuljahr, wüssten die Kinder eindeutig, ob sie katholisch oder evangelisch sind. Die organisatorische Trennung der SuS in die konfessionellen Religionsklassen fördert natürlich das konfessionelle Bewusstsein der Kinder. Viele RuR nahmen an, dass die SuS ihre Konfession allenfalls an äußerlichen Gesichtspunkten festmachen können und nicht an inhaltlichen Differenzen. Einige wenige RuR waren der Meinung, dass katholische SuS inhaltlich mehr mit ihrer Konfession verbinden können als evangelische, genauer erläutern konnten die Religionslehrkräfte dies jedoch nicht.20
2. Die Frage, was die SuS am Ende des KKRU im Vergleich zum konfessionellen Religionsunterricht gelernt haben , lässt sich nach nur einem Schuljahr schwer beantworten: Die RuR stellten vielen Prognosen und Erwartungen am Anfang des Projektes auf und waren dabei sehr optimistisch gestimmt, einige Beispiele waren: Verständnis füreinander könnte gefördert werden; die Kinder würden feststellen, beide Konfessionen machen annähernd dasselbe; Unterschiede beider Konfessionen werden von den Kindern bewusster wahrgenommen; die eigene Konfession würde von den Kindern mehr Beachtung finden.21 Den RuR war durchaus bewusst, dass es nach nur einem Jahr keinen großen Durchbruch geben kann. Dennoch war der enorme Optimismus nach dem Projekt keineswegs verflogen. Nach wie vor waren die RuR von der positiven Wirkung des KKRU überzeugt und meinten, entsprechende Wirkungen in ihren Unterrichtseinheiten beobachtet zu haben. Der Großteil der Religionslehrkräfte war sogar der Meinung, dass der KKRU zu einem Zuwachs an konfessionellem Wissen und Bewusstsein bei ihren SuS geführt habe. Nach Schweitzer und Biesinger ist diese Reaktion religionsdidaktisch nachvollziehbar, da „eine Lenkung der Aufmerksamkeit auf die andere Konfession Wahrnehmungsprozesse intensiviert, die sich auch auf die Wahrnehmung der eigenen Konfession positiv auswirken.“22
1.1.3 Wie beurteilen die Religionslehrerinnen und Religionslehrer den Unterricht und die Unterrichtsvorbereitung?
1. Die größte Herausforderung, die auf alle RuR zukam, war die Umstellung auf einen Lehrplan, der beiden Schülergruppen – evangelisch und katholisch – gerecht wird: Viele Religionslehrkräfte gaben am Ende des Projektes an, sie hätten bei der Unterrichtsvorbereitung die Kinder der jeweils anderen Konfession stärker im Blick gehabt, da man die anderskonfessionellen Kinder nicht „verletzen“23 oder „überrumpeln“24 wollte und man versuchte, „beiden gerecht zu werden“25. Nach Schweitzer und Biesinger ist diese „konfessionelle Einfühlsamkeit“26 zwar lobenswert, jedoch dürfen die Unterschiede beider Konfessionen keinesfalls tabuisiert werden. Es geht bei der Unterrichtsplanung und Umsetzung auch darum, „Gemeinsamkeiten zu stärken und gleichzeitig den Unterschieden gerecht zu werden.“27 Die Vorbereitung des Unterrichts schätzten die meisten RuR als zeitaufwändiger und schwieriger ein. Eine Religionslehrerin äußerte, dass sie wesentlich öfter als sonst ein theologisches Hand- und Wörterbuch verwendete, um ihren Unterricht zu planen. Viele Religionslehrkräfte gaben auch an, Themen, welche die andere Konfession betreffen, lieber den Kolleginnen und Kollegen der jeweils anderen Konfession überlassen zu haben. Ein Großteil der RuR wünschten sich – für eine bessere Unterrichtsvorbereitung – eine bessere Abstimmung der katholischen und evangelischen Lehrpläne.28
2. Die Zusammenarbeit mit einer Kollegin bzw. einem Kollegen empfanden die allermeisten RuR als überaus positiv und als eine große Bereicherung: Sie empfanden es teilweise sogar als Horizonterweiterung und nutzen die Kooperation als Chance, etwas Neues dazu- sowie die andere Konfession besser kennenzulernen und sich gegenseitig zu respektieren. Dennoch fanden einige wenige RuR die Zusammenarbeit als unbefriedigend, was natürlich verdeutlicht, dass eine intensive Zusammenarbeit nicht per se verordnet werden kann. Entweder haben entsprechende Tandems „eine gemeinsame Wellenlänge“29 oder eben nicht.30
3. Die Rolle der eigenen Konfession bei der Unterrichtsgestaltung, sahen die Religionslehrkräfte unterschiedlich: Manche glaubten, ihre Konfession spiele im eigenen Religionsunterricht eine sehr geringe bis gar keine Rolle und andere hingegen waren sich sehr bewusst darüber, wie sehr ihre Konfession in das Unterrichtsgeschehen mit hineinwirkte.31 Den persönlichen Gewinn durch die konfessionell-kooperative Zusammenarbeit stuften die meisten RuR als sehr positiv ein. Der theologische Austausch sowie die Gespräche mit den Unterrichtspartnerinnen und -partnern gingen weit über die bisherigen Erfahrungen in der Schule hinaus. Durch die konfessionelle Zusammenarbeit entstand ein „Qualitätsdruck“32 in Bezug auf den Unterricht und die Planung. Die Weiterentwicklung als Lehrerpersönlichkeit wurde ebenfalls als ein positiver Effekt genannt. Der anfangs befürchtete Mehraufwand stellte sich bei den meisten RuR als „nicht so schlimm“33 heraus und viele sagten sogar, es „habe sich in jedem Fall gelohnt.“34
1.1.4 Was denken die Religionslehrerinnen und Religionslehrer über die Zukunft des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts?
1. Die Formen der Zusammenarbeit zwischen katholischen und evangelischen Religionslehrkräften waren während des Projektes sehr unterschiedlich: Dementsprechend waren auch die Aussagen und Erfahrungen der RuR verschieden. Religionslehrkräfte, die in ihrem jeweiligen Modell z.B. Teamteaching, positive Erfahrungen gemacht haben, zogen dieses Modell natürlich vor. Andere RuR wollten hingegen zu einigen Themen, z.B. Erstkommunion, gerne ihre eigene Schülerschaft unterrichten. Daher lässt sich aus den Aussagen der Religionslehrkräfte kein Einheitsmodell für den KKRU festlegen.
2. Bei der organisatorischen Form des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts gab es ebenfalls verschiedene Ansichten der RuR: Wenn es die Klassengröße zuließ, empfohlen einige die Form des gemeinsamen Unterrichtens. Die Form des Teamteachings wurde von den meisten Religionslehrkräften als positiver Gewinn und Mehrwert angesehen. Als Beispiele wurden u.a. genannt: bessere Kontrolle der Klasse, neuer inhaltlicher Input oder auch, dass man eine Rückmeldung zum eigenen Unterricht bekommt.35 Nur eine Religionslehrerin gab an, schlechte Erfahrungen beim gemeinsamen Unterrichten gemacht zu haben. Sie betonte dabei nochmals die Wichtigkeit der Kommunikation im Team, vor allem im Vorfeld. Die Form des Lehrertausches wurde ebenfalls von einigen RuR verwendet: Ein stunden- oder wochenweiser Wechsel wurde dabei deutlich als negativ bewertet, da diese Formen u.a. die Abstimmung bzw. die Flexibilität erschweren und Stundenausfälle nur schwer kompensiert werden können. Ein blockweiser – über mehrere Wochen – praktizierter Lehrertausch hingegen wurde als durchweg positiv gesehen. Andere RuR unterrichteten im Klassenverband oder auch in gemischten Gruppen, die phasenweise getrennt wurden. In einigen Fällen war die getrennte Gruppe das Grundmodell, welches für einen gewissen Zeitraum zu einer gemischten Gruppe umfunktioniert wurde. Nach Aussagen der RuR, fördere diese Art des Modells das konfessionelle Lernen und wurde von allen als positiv bewertet. Hinsichtlich der Themen und Unterrichtsprojekte, die von den RuR im Religionsunterricht behandelt wurden, zeigte sich eine große Vielfalt, so wurden u.a. genannt: Gemeinsamer Kirchenbesuch, Erstkommunion, Maria, Heilige allgemein, die heilige Elisabeth von Thüringen, Kirche, Martin Luther, biblische Themen z.B. Moses oder Josephs Geschichte, Friedhofsbesuch, Gebet, Taufe, Vertrauen, Diakonie, evangelisch - katholisch, ökumenisches Erntedankfest, ökumenischer Gottesdienst oder auch ökumenischer, weihnachtlicher Lichtertanz.36 Diese Themen machen deutlich, dass sich nahezu alle Themen des Religionsunterrichts in der Grundschule für die konfessionelle Kooperation eignen. Sogar das strittige Thema Maria wurde von zwei evangelischen und sechs katholischen RuR behandelt. Die beiden evangelischen und einer der katholischen Religionslehrkräfte unterrichteten Maria ganz aus der biblischen Sicht – als Mutter Jesu – und die restlichen RuR gingen verstärkt auf die Marienfrömmigkeit, die Mariengebete und weitere Marientraditionen im Unterricht ein.37
3. Die Zukunftsfähigkeit des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts sahen die meisten RuR als durchaus positiv: Auch wenn der anfangs aufgetretene Enthusiasmus einiger Religionslehrkräfte durch die Realitäten des Schulalltags getrübt wurden, so waren nahezu alle RuR von der Chance der konfessionellen Kooperation überzeugt. Die Rückmeldungen der RuR legen nahe, eine Vielfalt an Formen der konfessionellen Kooperation über die gesamte Grundschulzeit zu praktizieren. Bei manchen Themen kann eine engere, bei anderen wieder eine etwas losere Zusammenarbeit Sinnvoll sein. Konfessionelle Kooperation an der Grundschule, so drückte es eine Religionslehrerin aus, sei nicht nur „zukunftsfähig“38, sondern „zukunftsnötig.“39
1.1.5 Resümee
Zusammenfassend zeigte die Befragung der RuR am Ende des Projektes eindeutig den Zuspruch für die konfessionelle Kooperation. Sie wird als eine „gewinnbringende Herausforderung“40 gesehen, durch welche Diskurs- und Wahrnehmungsebenen für die eigene Identität und Kompetenz bedeutsam werden. Die RuR schätzten die konfessionelle Kooperation zwar als anspruchsvoll, aber für die eigene Weiterentwicklung als hochinteressant ein.41 Besonders interessant war die Betonung vieler Religionslehrkräfte auf einen christlichen und nicht konfessionellen Religionsunterricht, wobei sich am Ende des Projektes dennoch viele RuR stärker mit ihrer eigenen Konfession auseinandergesetzt haben. Die Tatsache, dass scheinbar die meisten SuS zum Schulbeginn kaum religiöse Vorkenntnisse haben, wurde dadurch relativiert, dass die allermeisten ab dem dritten Schuljahr ein umso größeres konfessionelles Wissen aufgebaut haben. Der Großteil der Religionslehrkräfte gab sogar an, dass der KKRU zu einem Zuwachs an konfessionellem Wissen und Bewusstsein bei ihren SuS geführt habe. In diesem Zusammenhang wurde ebenfalls deutlich, dass Unterschiede beider Konfessionen jedoch keinesfalls tabuisiert werden dürfen. Als positive Unterrichtsform wurde mehrheitlich das Teamteaching genannt und im selben Kontext wurde von vielen RuR eine bessere Abstimmung der katholischen und evangelischen Lehrpläne gewünscht. Trotz des merklichen größeren Zeitaufwands sprachen sich die meisten RuR jedoch für eine Weiterführung des KKRU aus.
1.2 Dialogischer Religionsunterricht
Forschungsmethodisch und inhaltlich schloss sich das Projekt direkt an die Grundschuluntersuchung von 2002 an. Das Ziel war es, Möglichkeiten konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts in der Sekundarstufe I empirisch-explorativ zu prüfen und dadurch eine empirisch gestützte Einschätzung dieser Art von Religionsunterricht zu erhalten. Dabei sollte ein möglichst umfassender Eindruck von Voraussetzungen, Erwartungen und Erfahrungen bei den beteiligten Akteuren erlangt werden. Im Hinblick auf eine spezifische Didaktik des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts der Sekundarstufe I, sollte ebenfalls ein umfassendes Bild erlangt werden. Der Schwerpunkt wurde dabei auf die Jahrgangsstufe neun gelegt. Schülerbefragungen fanden zusätzlich bei der Klasse sechs statt. Insgesamt wurden acht Projektschulen begleitet, davon vier Hauptschulen und vier Gymnasien. Ebenfalls wurden die neunten Klassen derselben Schule oder die neunte Jahrgangsstufe an Schulen desselben Ortes in die Untersuchung mit einbezogen. Methodisch wurde mehrdimensional mithilfe von qualitativen und quantitativen Methoden aus der Sozialforschung gearbeitet. Dabei wurden Unterrichtsbeobachtungen, Einzelinterviews mit den beteiligten RuR und teilweise Schulleiterrinnen und Schulleitern, Fragebogenbefragungen der Eltern sowie SuS aus Nordrhein-Westfalen ausgewertet. Insgesamt wurden 24 Unterrichtsstunden dokumentiert und transkribiert. Die inhaltsanalytische Auswertung im Forschungsteam geschah implizit und nach Fragen der Möglichkeiten sowie Grenzen von Elementarisierung für eine konfessionell-kooperative Didaktik. Im Vordergrund stand, die expliziten und impliziten Sichtweisen von SuS sowie die von RuR, hinsichtlich der eigenen und der anderen Konfession, herauszufinden, aufzuzeigen und darzustellen wie diese ineinandergreifen. Zudem wurden Unterrichtsstunden zu einem ähnlichen oder gleichen Thema verglichen.42 Das Tübinger Modell wurde nach Beendigung der Versuchsphase jedoch nicht fortgeführt.43 Infolgedessen wurde der landesweite, in Baden-Württemberg von den Landeskirchen und Diözesen initiierte, konfessionell-kooperative Religionsunterricht eingeführt.44 Schweitzer und Biesinger untergliederten die Fragestellungen an die Religionslehrkräfte in acht Bereiche, die nun im Folgenden zusammengefasst dargestellt werden.
1.2.1 Das Fehlen konfessioneller Prägungen und die Möglichkeit konfessionell - kooperativen Unterrichts
Eine Erwartung der RuR zu Beginn des Projektes war, dass gymnasiale Religionslehrkräfte mit dem Thema Konfessionalität eher etwas anfangen könnten als die Lehrenden an Hauptschulen. Begründet wurde diese Einschätzung mit dem differenzierteren Wissen der Gymnasiasten. Im Verlauf der Studie zeigte sich jedoch, dass der Unterschied zwischen den RuR an Gymnasien und Hauptschulen im Blick auf konfessionelle Kooperation nicht so stark ins Gewicht fiel wie anfangs vermutet. Auch die konfessionelle Prägung der SuS an Hauptschulen und Gymnasien wurde von den Lehrenden als ähnlich gering eingeschätzt. Ein weiterer interessanter Aspekt war die Erkenntnis, dass didaktische Probleme des KKRU weniger am konfessionellen Wissens- und Erfahrungsstand der SuS festzumachen sind, als an den Themen, welche die SuS interessieren. Viele RuR gaben in diesem Zusammenhang weiterhin an, dass ein guter Religionsunterricht den Kontakt zum Leben der SuS sucht und deren Fragen ernst nimmt. Eine weitere Beobachtung war, dass einige Religionslehrkräfte konfessionsbezogene Themen im Unterricht mit viel Erfahrungsbezügen und starkem Engagement unterrichtet haben. Die Motivation, am Projekt teilzunehmen, war bei den Religionslehrkräften an Gymnasien und Hauptschulen unterschiedlich. Die RuR an Hauptschulen freuten sich neben der kollegialen Zusammenarbeit vor allem auf eine wechselseitige Unterstützung z.B. durch Materialien oder Hilfestellungen bei der Bewertung von SuS. Bei den gymnasialen RuR ließen sich hingegen kaum kategoriale Schwerpunkte feststellen. Am häufigsten wurde jedoch die Klärung konfessioneller Standpunkte mit der jeweiligen Kollegin bzw. dem Kollegen genannt, um die jeweils andere Konfession besser kennenzulernen.45
1.2.2 Die konfessionelle Prägung der Schülerinnen und Schüler
Ähnlich wie in dem Projekt Gemeinsamkeiten stärken – Unterschieden gerecht werden 46 ergab sich auch hier bei den RuR ein ähnliches Meinungsbild: Die meisten SuS sind überwiegend nicht konfessionell geprägt und ihnen fehlt das konfessionelle Bewusstsein, weder für die eigene noch für die andere Konfession. Begründet wurde diese Einschätzung mit der fehlenden lebensweltlichen Relevanz von Konfessionalität für die SuS. Natürlich gibt es auch Ausnahmen z.B. bei SuS, die über ihre Eltern in ein kirchliches Geschehen eingebunden sind. Eine weitere Überschneidung47 ist die Erfahrung mit SuS aus konfessionell gemischten Elternhäusern. Diese, so gaben es einige RuR an, bringen oft schon eine gewisse konfessionelle Prägung mit. Einige Religionslehrkräfte sagten, dass nicht davon auszugehen sei, dass die SuS überhaupt kein konfessionelles Wissen mitbringen, jedoch läuft dieses Wissen oft Gefahr, nur ein Halbwissen zu sein oder gängigen Klischees aufzusitzen. Ein Beispiel dafür ist die Äußerung von einigen SuS, „dass der Papst für die ganze Kirche zuständig sei.“48 Ein Religionslehrer gab an, Religion „das ist für sie selber schon ein bisschen Exotik […] Und katholisch wäre dann noch doppelt.“49 15 von 17 befragten RuR hielten das Thema Konfession für ihre SuS für uninteressant. Dennoch konnten die Religionslehrkräfte aus ihrem Unterricht einiges berichten, was sie im Hinblick auf den Zusammenhang von Konfession und ihren SuS an positiven Effekten mitnehmen konnten. Nach Schweitzer und Biesinger könnte eine Erklärung dafür sein, dass RuR das Desinteresse der SuS am Thema Konfession mit Bedeutungslosigkeit von Konfessionalität gleichsetzen.50 Dies wiederum zeige eine gewisse Schieflage im Religionsunterricht, da viele RuR aufgrund von Desinteresse seitens ihrer SuS, Konfessionalität kaum oder gar nicht thematisieren. Um jedoch Vorurteilen oder wie soeben erwähnten Halbwissen-Theorien vorzubeugen, ist es geboten, die Behandlung religiöser bzw. konfessioneller Themen nicht nur an der Interessenslage von SuS festzumachen.51
1.2.3 Chancen konfessioneller Kooperation
Am Schuljahresanfang sahen viele RuR im konfessionell-kooperativen Religionsunterricht eine Chance, „konfessionelle Horizonte aufzuspannen und zu erweitern“52. Der Unterricht im Klassenverband, der die Einheit der Kirche symbolisieren sollte, wurde ebenfalls als ein voraussichtlich positiver Effekt gesehen. Viele RuR vermuteten, dass die SuS sich im KKRU mehr begegnen, einen tiefen Blick über die Bedeutung von Konfession erlangen oder auch die konfessionelle Ausprägung vom Christ-Sein besser verstehen werden. Ein Religionslehrer erwartete, dass Vorurteile abgebaut werden und das Verständnis für die andere Seite wächst. Die Analyse am Schuljahresende hingegen ist sehr different. Ein Teil der Religionslehrkräfte sagte, dass die konfessionelle Kooperation zu keiner entscheidenden Ausbildung und Stärkung des konfessionellen Bewusstseins geführt hat. Begründet wurde diese Ansicht mit der fehlenden konfessionellen Ausprägung der SuS. Der KKRU habe wohl auch kein wirkliches Interesse an Konfessionalität bei den SuS geweckt und ein Interesse, voneinander zu lernen, gab es scheinbar auch nicht. Andere RuR äußerten sich hingegen positiv. Der KKRU habe „zur Stärkung der eigenen Zugehörigkeit beigetragen […], habe ein Bewusstsein für Konfession geweckt und Schülerinnen und Schüler für manches sensibler (z.B. Kirchenbesuche) gemacht.“53 Einige RuR waren der Meinung, dass der KKRU in Klasse 9 nicht geeignet sei. Die SuS haben einfach „nicht das richtige Alter “54, sie sind mit allem möglichen beschäftigt, aber nicht mit konfessioneller Kooperation. Nicht alle Religionslehrkräfte waren jedoch dieser Meinung, „So sei die zeitliche Nähe zur Konfirmation und Firmung von Vorteil, weil einfach das Bewusstsein […] geschärfter ist“55. Auch bei der konfessionellen Kooperation in Klasse 6 gingen die Meinungen der RuR auseinander. Einige waren der Meinung, die SuS seien in Klasse 6 offener und wissbegieriger und andere meinten, sie seien zu jung für die konfessionelle Kooperation. Am Jahresende ist schließlich bei allen RuR ein anderes Bild von konfessioneller Kooperation entstanden. Sie konnten erkennen, dass Konfession keineswegs als elitäres oder abstraktes Konzept religiöser Lebensführung gesehen werden darf, sondern auch bei ihren SuS ausgemacht werden kann.56
1.2.4. Achtsamkeit und konfessionelle Kooperation
Die Beobachtung einiger Religionsstunden zeigte: Beim konfessionell-kooperativen Religionsunterricht ist es wichtig, konfessionelle Fragestellungen explizit in den Unterrichtsprozess einzubringen und sich in der Unterrichtsplanung nicht lediglich an dem Interesse der SuS zu orientieren. Schließlich bieten Schüleräußerungen viele griffige Inhalte, die konfessionell verwendet werden können, was jedoch genügend Achtsamkeit seitens der RuR voraussetzt, diese Äußerungen auch entsprechend wahrzunehmen.57
1.2.5 Evangelisch und katholisch aus Sicht der Religionslehrerinnen und Religionslehrer
Ein Ergebnis dieser Studie ist, dass die persönliche Konfessionalität einer Religionslehrkraft weniger von ihrer jeweiligen Ausbildung – Hauptschule/Gymnasiallehramt – beeinflusst wird, als vielmehr von der biografischen Herkunft. Damit verbunden ist auch die Sichtweise der jeweils anderen Konfession sowie dem Bild von Ökumene, was nachweislich den Religionsunterricht beeinflusst hat. Einige Gemeinsamkeiten zum ersten Projekt von Schweitzer und Biesinger58 sind auch bei diesem Aspekt vorhanden: Viele katholische Religionslehrkräfte haben schon im ersten Projekt angemerkt, dass sie sehr stark von ihrer Konfession geprägt sind.59 Auch in dieser Befragung gaben viele katholische RuR an, dass sie „stark geprägt von der katholischen Erziehung“60 sind. Von evangelischen Religionslehrkräften wurde ebenfalls betont, dass sie von ihrer Konfession überzeugt sind. Auch die Vorurteile bzw. Ansichten der RuR beider Konfessionen ähneln denen zum ersten Projekt. Themen wie Papst, Maria oder die Struktur und Hierarchie der katholischen Kirche wurden von evangelischen Religionslehrkräften eher kritisch gesehen. Von katholischen RuR wurden u.a. der evangelische Gottesdienst und die Wortlastigkeit des Evangelischen kritisiert.61
1.2.6 Effekte der konfessionellen Kooperation aus Sicht der Religionslehrerinnen und Religionslehrer
Ähnlich wie schon im ersten Projekt62, gaben auch hier fast alle Religionslehrkräfte an, dass sie die konfessionelle Kooperation als eine Bereicherung und einen persönlichen Gewinn wahrgenommen haben. Begründet wurde dieser positive Effekt hauptsächlich mit der intensiveren Auseinandersetzung der Themen und der daraus resultierenden Absprache mit den Kolleginnen und Kollegen. Der dadurch entstandene zeitliche Mehraufwand wurde jedoch als Problem benannt, da diese Zeit im Schulalltag oft nicht vorhanden sei. Ein interessanter Aspekt, der von vielen RuR geäußert wurde, war, dass die Kooperation eine „interessante Einübung darstellt“63, weil die Lernprozesse, die angestoßen wurden, „jetzt fächerüberreifend und auch projektmäßig sind“64. Eine gute Basis für eine Zusammenarbeit, so das Ergebnis dieses Projektes, ergibt sich vor allem aus geistig-intellektuellen Ähnlichkeiten und ähnlichen Vorstellungen vom Religionsunterricht. Erschwert hingegen wird die Zusammenarbeit, wenn zwischen RuR ein hierarchisches Gefälle besteht. Konfession im Unterricht wurde von den Religionslehrkräften unterschiedlich gesehen. Einige RuR äußerten, dass sie sich bewusst zu ihrer Konfession positionierten, da ihnen die SuS eine übergeordnete Konfession „sowieso nicht abnehmen.“65 Diese RuR gaben ebenfalls an, „dass der Religionsunterricht sowohl der Wissensvermittlung als auch dem persönlichen Glauben dienen sollte.“66 Eine weitere Gruppe von Religionslehrkräften gab an, der Religionsunterricht ist ein „Unterricht über Religion und nicht (als) Glaubensbildung“67 zu sehen, schließlich wollen die Religionslehrkräfte ihre SuS nicht missionieren. Ein weiterer Teil der RuR betonte vielmehr den „christlichen Auftrag des Religionsunterrichts.“68 Eine katholische Religionslehrerin äußerte sich diesbezüglich folgendermaßen: „Schülerinnen und Schülern sei nicht vorzuschreiben, in welcher Konfession sie sich einmal beheimatet […] fühlen, aber ich kann Ihnen bestimmte Erkenntnisse nahe bringen, die Ihnen die Entscheidung […] einfacher machen.“69 Zusammenfassend lässt sich anhand der RuR-Äußerungen eine enge Verbindung zwischen der eigenen Person und dem eigenen Glauben sowie dem schulischen Rahmen festmachen. Alle diese Faktoren haben somit einen Einfluss auf den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht. Im Beobachtungszeitraum zeigte sich, dass die meisten RuR didaktisch geschickt die Lernvoraussetzungen der Lerngruppen aufnahmen und in interessante konfessionell-kooperative Themen ummünzen konnten.70
1.2.7 Themen, die sich konfessionell-kooperativ umsetzen lassen
Am Schuljahresende berichteten viele RuR, dass die konfessionelle Kooperation besonders dann von den SuS angenommen wurde, wenn sie mit deren Lebenswirklichkeit verknüpft und authentische Gesprächspartner präsentiert wurden. Themen, die sich gut anboten, waren u.a.: Sterben, Tod, Jesus-Christus, Auferstehung, Freiheit, Großeltern erzählen lassen, Kirchenbauten oder auch Beziehungen und soziale Themen. Weniger gut boten sich Themen wie evangelisch-katholisch und entsprechende Aufgaben an, wie z.B. das Benennen von abstrakten und theologischen Ebenen. Das Projekt zeigte, dass die RuR nicht bestimmte Themen, dafür aber konkrete Kriterien für den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht herausgearbeitet haben: Relevanz und Anschlussfähigkeit für die Lebenswelt; mögliche authentische Gesprächspartner; Möglichkeiten, die eigene kirchliche Biografie zu bearbeiten; konkrete Behandlung von nicht abstrakten Thematisierungen.71
1.2.8 Wie sehen Religionslehrerinnen und Religionslehrer den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht?
Im Gegensatz zum Grundschulprojekt von 200272 plädierten bei diesem Projektversuch die Mehrzahl der RuR am Ende des Schuljahres für den Erhalt des konfessionellen Modells. Einige Religionslehrkräfte sahen die konfessionelle Kooperation sogar als „Alibi, um Lehrstellen zu streichen.“73 Ein Religionslehrer gab jedoch an, dass er für eine konfessionelle Kooperation sei, da es für die SuS und organisatorisch nur von Vorteil wäre. Eine überaus interessante Äußerung ergänzte der Religionslehrer noch in seiner Aussage, indem er sagte, dass aus theologischer Sicht „[…] die Trennung dem widerspricht, was Jesus gewollt hat.“74 Trotz der gemischten Ansichten gaben die meisten RuR an, dass der konfessionell-kooperative Religionsunterricht eine Bereicherung für SuS ist. Er bietet die Möglichkeit, beide Konfessionen kennenzulernen und von jeweils einer Vertreterin bzw. einem Vertreter beider Konfessionen eine authentische Meinung zu erhalten. Bei der Kooperationsform gaben die meisten RuR an, dass das Teamteaching besonders geeignet ist, da es entlastet und die Effektivität erhöht. Natürlich setzt dies eine gute Harmonie beider Religionslehrkräfte voraus. Eine weitere Beobachtung in diesem Projekt war: Viele RuR haben trotz ihrer überaus guten theologischen Bildung, didaktisch gegen ihre persönliche Überzeugung gehandelt. Sie ließen ihre SuS nicht an ihren eigenen Fragen zu konfessionellen Gemeinsamkeiten und Unterschieden teilhaben. Sie begründeten dieses Vorgehen, ähnlich wie schon im Grundschulprojekt 200275, mit dem fehlenden Interesse der SuS an vielen Themen. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass SuS an vielen Themen oft nicht von vornherein Interesse zeigen, bestimmte Themen und Fragestellungen deshalb nicht zu behandeln, wäre nach Schweitzer und Biesinger jedoch „nachlässig und führt nicht weiter.“76
1.2.9 Resümee
Zusammenfassend bewerteten viele Religionslehrkräfte den KKRU, obwohl sich die meisten dagegen aussprachen, mit all seinen Facetten in hohem Maße als fruchtbringend und den Horizont erweiternd. Mit ihren Aussagen belegten die Religionslehrkräfte ein hohes Maß an Kompetenzerweiterung für konfessionelle Fragestellungen bzgl. der Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Vor allem aber wurde von vielen RuR immer wieder der Aspekt des Christlichen betont, sei es auf Werte, den Glauben oder den christlichen Auftrag bezogen. Die Verknüpfung von Interessen seitens der SuS und den zu behandelnden Themen erwies sich für die meisten RuR als religionsdidaktische Herausforderung. Leider wurde in dem zweiten Band von Schweitzer und Biesinger77 bei den Äußerungen der RuR nur selten die entsprechende Schulform mit angeben, so dass oft nicht erkennbar war, an welcher Schulform – Hauptschule oder Gymnasium – die zitierten Religionslehrkräfte tätig waren. Dies hätte unter Umständen ein noch genaueres und differenzierteres Meinungsbild der RuR gezeigt.
2. Die Evaluation des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts in Baden- Württemberg
Die Evangelische Landeskirche in Baden, die Evangelische Landeskirche in Württemberg, die Erzdiözese Freiburg und die Diözese Rottenburg-Stuttgart haben am 1. März 2005 eine Vereinbarung zur konfessionellen Kooperation im Religionsunterricht an allgemeinbildenden Schulen getroffen. Dadurch wurde ein bedeutender Schritt auf dem Weg zu einem zukunftsfähigen Konzept für die konfessionelle Kooperation im Religionsunterricht gewagt. Die für einen Zeitraum von drei Schuljahren angelegte Implementierung des Konzepts wurde dabei wissenschaftlich von den Religionspädagogen und Theologen Lothar Kuld und Friedrich Schweitzer und ihrem Team begleitet und evaluiert. Eine Vereinbarung zwischen den Kirchen und den religionspädagogischen Fachvertretern an den Pädagogischen Hochschulen in Karlsruhe und Weingarten sowie an den Universitäten Freiburg und Tübingen führte zu einer Forschungsarbeit mit folgendem Ziel: Die Studie sollte die Erfahrungen und vor allem den Lernerfolg in den – von den Kirchenleitungen der Vereinbarung entsprechend genehmigten – gemischt-konfessionellen Lerngruppen der Schuljahre 2005/2006 sowie 2007/2008 auswerten und dabei sowohl SuS als auch die RuR mit einbeziehen.78 In methodischer Hinsicht entschied sich die Forschungsgruppe für ein multidimensionales, polyperspektivisches methodisches Vorgehen. Die Evaluation erfolge in dem Zeitraum von 2005 – 2007 an 40 Modellschulen in Baden-Württemberg. Dabei wurden u.a. 76 Unterrichtsdokumentationen, 314 SuS- Interviews sowie 83 RuR- Interviews und 344 Fragebögen von Eltern evaluiert.79 Die Evaluation und Diskussion der Forschungsergebnisse wurde in Optimierungsvorschlägen für den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht präzisiert.80
Im Gegensatz zum zweiten Band von Schweitzer und Biesinger81 wurden in diesem Band die Aussagen von RuR dahingehend differenziert, dass die Äußerungen von Religionslehrkräften an Grundschulen (GS), Hauptschulen (HS), Realschulen (RS) und Gymnasien (GY) kenntlich gemacht wurden. Daher wird diese Differenzierung in der nun folgenden Zusammenfassung ebenfalls übernommen.
2.1 Motive und Vorbehalte gegenüber dem konfessionellen-kooperativen Religionsunterricht
1. Ein Argument für den KKRU, dass viele RuR dargelegt haben, war das Erhalten von Klassengemeinschaften: Nach Ansicht vieler Religionslehrkräfte – vor allem an der Grundschule – ist eine konfessionelle Trennung religionspädagogisch nicht mehr vertretbar. Dass SuS in der ersten Klasse die noch junge Klassengemeinschaft im Religionsunterricht wieder aufgeben sollen, erschien vielen RuR (GS) religionspädagogisch widersinnig. Vor allem Erstklässler sind sehr auf die Beziehungen zu ihren Lehrkräften angewiesen, die diese mit, zum Teil großen Mühen, aufbauen. Gerade in so einem sensiblen Fach wie Religion, in dem die jungen SuS auch über ihre Erfahrungen und Gefühle sprechen sollen.82 Daher glaubten viele RuR (GS), dass die konfessionelle Aufteilung im traditionellen Religionsunterricht der entwicklungs- bzw. religionspsychologischen Reife der SuS widerspricht. Ein sinnvoll eingeführter Lehrerwechsel hingegen könnte den Kindern helfen, die Realität getrennter Kirchen behutsam wahrzunehmen. Auch in den weiterführenden Schulen scheint die persönliche Beziehung zur Lehrkraft religionspädagogisch besonders wichtig. Bedingt durch die (einsetzende) Pubertät entstehen bei vielen SuS sozialpsychologische Abgrenzungsrituale, welche den Unterricht in – aus mehreren Klassen zusammengesetzten – Lerngruppen deutlich belasten bzw. – so gaben es einige RuR aus den weiterführenden Schulen an – „bisweilen unmöglich werden lassen.“83 An Hauptschulen unterrichtende RuR gaben an: Im Klassenverband fallen hingegen solche Abgrenzungsrituale weitgehend aus, da Machtkämpfe von SuS aus mehreren Klassen dadurch entfallen. Aus diesem Grund praktizieren bereits einige Hauptschulen in Baden-Württemberg schon länger den Religionsunterricht im Klassenverband. Die in einigen Orten vorhandene Diaspora-Situation kann die Notwendigkeit sogar verstärken, Religion konfessionell-kooperativ zu unterrichten. Schließlich haben einige Schulen nur wenige evangelische Kinder und „die haben genauso das Recht auf zwei Stunden Religion, wie die katholischen Kinder“84, äußerte sich eine Religionslehrkraft (HS) und ergänzte noch: „Ich selber habe schon Religionsunterricht mit drei Erstklässlern durchgeführt, und das ist schlimm.“85 Auch in Gymnasien beklagten viele RuR die „destruktive Wirkung pubertierender Abgrenzungsrituale, welche das Unterrichten in zusammengesetzten Religionsgruppen bisweilen (fast) unmöglich machen.“86 Ein positiver Nebeneffekt – so äußerten es einige RuR (GY) – der mit dem KKRU einherging, war die Teilnahme von Kindern anderer konfessioneller, aber vor allem auch anderer religiöser Prägungen am christlichen Religionsunterricht. Durch das Fortbestehen des Klassenverbandes waren viele Eltern motiviert, auch ihre Kinder weiterhin in den Unterricht zu schicken, was beim konfessionellen Unterricht nicht geschehen wäre. Zusammenfassend ergaben somit die Äußerungen aller befragen RuR, dass – zumindest an den weiterführenden Schulen – der Religionsunterricht im Klassenverband, Spannungen in der Schulgemeinschaft abbauen kann, indem er exemplarisch die Erfahrung vermittelt, dass religiöse und kulturelle Vielfalt sich nicht ab- bzw. ausgrenzen müssen, sondern bereichernde Begegnung ermöglicht.87
2. Als ein weiterer motivierender Aspekt für den KKRU wurde von den RuR die Weiterentwicklung der Ökumene genannt: Ökumene, so hieß es von vielen Religionslehrkräften, ist also nicht Einheit durch Einheitlichkeit, sondern Einheit durch gegenseitige Anerkennung und Respekt. Weiterhin gaben viele RuR im Kontext der Ökumene an, dass es wichtig, ist den religionspädagogischen Alltag zu kennen; schließlich ist die Wahrnehmung und das Interesse an konfessioneller Verschiedenheit bei vielen SuS oft nur rudimentär vorhanden. In diesem Zusammenhang äußerten viele Religionslehrkräfte, dass der KKRU ein ernsthafteres Wahrnehmen konfessioneller Unterschiede ermöglicht, welche sich im konfessionell getrennten Religionsunterricht kaum noch thematisieren lassen. Einige RuR (HS) gaben dazu an, dass seit der Teilnahme am KKRU viele ihrer SuS erst wissen, ob sie katholisch oder evangelisch sind. Immer wieder sprachen einige RuR angesichts zunehmender Säkularisierung davon, dass sich die „weitere Tradition christlicher Werte und Ideen nur gemeinsam“88 und damit „also ökumenisch im Sinne konfessioneller Kooperation innerhalb und außerhalb des Religionsunterrichtes meistern“89 lässt. Dabei geht es also primär nicht um die Frage nach evangelisch und katholisch, sondern: „Warum gibt es Christen und was macht das Christ-Sein aus, um dann später darauf zu kommen, wie kann man jetzt dieses Christ-Sein leben“.90 Hier zeigen sich einige Parallelen zu dem dialogischen Projekt von Schweitzer und Biesinger91, bei welchem ebenfalls von einigen RuR am Anfang des Schuljahres ein besseres Verständnis der konfessionellen Ausprägung vom Christ-Sein erwartet wurde.92
3. Viele RuR gaben auch biographische Motive bzw. die Zunahme von konfessionsverschiedenen Ehen als Argument für den KKRU an: Nicht wenige der befragten RuR leben in konfessionsverschiedenen Ehen, und nicht selten erleben diese Lehrkräfte die konfessionelle Trennung im Religionsunterricht als einen Widerspruch zu persönlichen Erfahrungen. KKRU bietet in diesem Kontext eine Chance zur Versöhnung. Die konfessionelle Prägung verliert – nach Auswertung aller Daten dieses Projektes – bezüglich der Partnersuche an Bedeutung. In gemischt-konfessionellen Regionen wachsen schon heute viele SuS in konfessionsverschiedenen Elternhäusern auf. Nach Aussagen einiger RuR (GY) nimmt der KKRU diese neue Normalität ernst, von der in bestimmten Regionen etwa ein Drittel in irgendeiner Weise davon betroffen ist. Dabei führten die Religionslehrkräfte weiter aus: Ihnen zu signalisieren, dass Religionsunterricht nicht gleich mit Trennung verbunden ist, sei u.a. ein Ziel des KKRU.93
4. Eine weitere Motivation zum KKRU war die Chancen für eine bessere Organisation von Schule und Unterricht: Die Möglichkeit als RuR auch als Klassenlehrer zu fungieren, wurde als persönliche Bereicherung zurückgemeldet, weil der Religionsunterricht von vielen Religionslehrkräften als Chance vertieften persönlichen Austausches angesehen wurde. Eine Religionslehrkraft (RS) äußerte, dass das Fach Religion für viele RuR ein besonderes Sprachrohr sei, um sich im zwischenmenschlichen Bereich zu äußern. In Fächern wie beispielsweise Mathematik oder auch Sport sei dies so nicht möglich. Die Realisierung außerschulischer Projekte (z.B. Synagogenbesuch etc.) sei im Klassenverband ebenfalls wesentlich einfacher zu organisieren als im Gruppen (RS).94
2.2 Teamarbeit als Bereicherung
Die objektive Mehrarbeit wurde während des Projektes von vielen RuR als subjektiver Gewinn wahrgenommen. Obwohl viele Religionslehrkräfte die Zusammenarbeit im „ökumenischen Team“95 mit Mehrarbeit verbinden, erlebten sie diese zugleich als persönlichen Gewinn. Durch den regelmäßigen Austausch von Materialien und Ideen ergab sich die Chance, „Wissen und religionspädagogische Kompetenz durch persönliche Begegnungen und Gespräche zu weiten.“96 Einige RuR sprachen von einer permanenten gegenseitigen kollegialen Fortbildung: „Wir haben das empfunden als Möglichkeit, sich fortzubilden miteinander, indem wir viel über Unterricht, über den Lehrplan der anderen Konfessionen, über Besonderheiten der Kirchen gelernt haben“97 (GY). Des Weiteren, so gaben es viele RuR an, half der Mehraufwand im schulischen Alltag Kraft, Zeit und Energie zu sparen. Die Voraussetzung für Teamarbeit ist jedoch eine funktionierende Teamdisziplin und natürlich kompatible Teams, die auf den verschiedenen persönlichen, aber auch fachlichen Ebenen miteinander harmonisieren. Hier zeigen sich ebenfalls wieder einige Parallelen zu den Äußerungen der RuR aus dem Tübinger Modell von Schweitzer und Biesinger.98 Viele Religionslehrkräfte waren davon überzeugt, dass der KKRU der kollegialen Zusammenarbeit in den Schulen neue Impulse gibt. Vor allem Gymnasiallehrer, die zumeist an großen und anonymen Schulen unterrichten, erlebten diese Chance als Bereicherung. Dennoch gaben viele Religionslehrkräfte (GS & GY) an, dass die Kooperation im Laufe des Schuljahres abnahm, da es der „Terminkalender“99 oft einfach nicht zuließ.
2.3 Der Religionslehrerinnen- und Religionslehrerwechsel
An folgendem Schaubild werden die praktizierten Religionslehrerinnen- und Religionslehrerwechsel anschaulich dargestellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Der Lehrerwechsel
Quelle: Kuld et al. 2009, S. 28.
Viele der RuR äußerten kritisch, dass der Wechsel der Klasse nach spätestens einem Jahr pädagogisch nicht ideal ist, sie ihn dennoch akzeptieren und den Wechsel als sinnvolles und als wesentliches Strukturelement des KKRU halten. „Es wäre schön, wenn man die Klasse zwei Jahre behalten kann […] aber auf der anderen Seite passt es nicht zum Konzept“100 (GY). Viele RuR – auch an der Grundschule – beschrieben den obligatorischen Wechsel der Religionslehrkraft und den damit verbundenen Klassentausch für die SuS als unproblematisch, besonders wenn dieser Wechsel transparent gestaltet und von allen Seiten mitgetragen wurde. Auch der halbjährliche Wechsel erwies sich als unauffällig, sogar in der Grundschule. Einige RuR berichteten, dass Klassen „bereitet man sie auf den Lehrertausch rechtzeitig vor“101, sogar noch kürzere Intervalle des Wechsels verkraften können. Je besser ein Team aus Religionslehrkräften also die SuS auf den Wechsel vorbereitete, desto selbstverständlicher und unproblematischer wurde der Wechsel von den SuS erlebt.102 Dennoch gaben einige RuR an, dass irgendwann – in Bezug auf die Dichte der Lehrerwechsel – für RuR und vor allem für die Kinder, eine Schmerzgrenze erreicht ist. Aus der Befragung ging jedoch hervor, dass diese Grenze subjektiv sehr unterschiedlich wahrgenommen wurde. Daher waren die Aussagen zum jährlichen- oder halbjährlichen Wechsel gemischt. Viele RuR äußerten allerdings, dass in der Hauptschule, wo die persönliche Beziehung zwischen den Heranwachsenden und den Religionslehrkräften besonders intensiv erlebt wird, ein zu häufiger Lehrerwechsel die SuS mehr belastet als die RuR: „Die Schüler brauchen feste Bezugspersonen […] Man merkt, dass die Kinder das nicht gut verkraften“103 (HS). Anhand – nicht weniger – Äußerungen von Religionslehrkräften, wurde ebenfalls deutlich, dass der Abschied von einer liebgewonnenen Lerngruppe nach einem Schuljahr für die RuR nicht selten mit einem emotionalen Verlust einhergeht. Vor allem Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer, die das Fach Religion in ihrer Klasse unterrichtet haben, taten sich sehr schwer, ihre Klasse nach einem Schuljahr abzugeben und kritisierten den Lehrerwechsel als pädagogisch kaum akzeptabel.104
2.4 Die Vorstellungen von einer idealen KKRU-Fortbildung
Die Rückmeldungen der RuR zeigten deutlich, eine ideale KKRU-Fortbildung lässt sich kaum formulieren, zu sehr variieren die subjektiven Vorstellungen von einer idealen Fortbildung: Hauptsächlich RuR, die nicht auf ein theologisches Vollstudium zurückgreifen konnten, erhofften sich konkretes Wissen über die je andere konfessionelle Praxis, verbunden mit kontrovers-theologischem Basis-Wissen. Religionslehrkräfte mit akademischer Ausbildung regten an, ein vertieftes konfessionelles Wissen mit in das Theologiestudium zu integrieren und zeigten sich an entsprechenden theologischen Fortbildungsmöglichkeiten interessiert. Andere RuR hingegen forderten Fortbildungen mit konkreten Angeboten für die Praxis. Das Interesse an theoretischer Auseinandersetzung erschien in diesem Zusammenhang nur von sekundärer Bedeutung. Das Interesse am Austausch und Erhalt neuer Materialien wurde ebenfalls mehrfach genannt und in diesem Zusammenhang auch die Nachfrage, wie KKRU methodisch in der Schulwirklichkeit umgesetzt werden kann. Bei einigen RuR – besonders des Sekundarschulbereiches – stand der persönliche Austausch im Rahmen der Fortbildungen im Vordergrund. Dieser „persönliche Austausch sensibilisiere für die Wahrnehmung, das Verstehen und das Aushalten konfessioneller Unterschiede.“105 Doch nicht alle stimmten dieser hohen Bewertung des kollegialen Austausches auf Fortbildungen zu. Einige RuR hielten den persönlichen Austausch zwar grundsätzlich für wichtig, ohne ihm allerdings einen zu hohen Stellenwert einrechnen zu wollen und sagten daher: „Austausch ist schon gut, aber wenn der Austausch fast alles ausmacht, dann ist es mir zu wenig“106 (GS). Einigen RuR erschien der kollegiale Austausch auf Fortbildungen schlichtweg überflüssig und äußerten: „[…] der Austausch im Team an der Schule ist wichtiger als der Austausch mit Hinz und Kunz von der anderen Schule“107 (GS). Auch ökumenische Fortbildungen wurden von einigen Religionslehrkräften gewünscht. Manche RuR befürworteten regionale Fortbildungen, um den persönlichen Austausch zu intensivieren und aufwändige Fahrten zu vermeiden, andere standen regionalisierten Fortbildungen und Arbeitskreisen eher kritisch gegenüber.108
2.5 Konfessionell-kooperativer Religionsunterricht stärkt den Religionsunterricht
Sehr viele RuR schilderten, dass die Einführung des KKRU die Stellung ihres Faches in der Schulgemeinschaft gestärkt hat. Über Religion, so berichteten es die Religionslehrkräfte, wird sowohl im Klassenzimmer wie auch im Elternhaus wieder vermehrt gesprochen. Durch den KKRU nahm die Relevanz von Religion im Schulalltag wieder zu, weil religiöse Themen sich leichter mit den übrigen Fächern und dem Alltag einer Klasse oder auch einer ganzen Schule verbinden ließen. Religion wurde dadurch zu einem integrativen Bestandteil des Schullebens. Viele RuR äußerten sich überaus positiv: „So viel positive Verstärkung und Zustimmung habe ich noch gar nie gehabt (GS) […] Früher war man Religionslehrer so unter ferner liefen […] (Nun) kriegt man unheimlich viel Feedback (GS) […] Eindeutig eine Aufwertung des Faches Religion (RS) […] Religionsunterricht wurde gleichgestellt, so dass er aus dieser Separationsecke rausgeholt wurde (GY) (und) ein gleichwertiges Fach geworden ist (RS) […] Eine deutliche Verbesserung des Stellenwerts (GY)“.109 Nach Aussagen der RuR wurden diese also zu ernstzunehmenden Ansprech- und Kooperationspartnern der übrigen Lehrerinnen und Lehrer, besonders der Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer. Einige Religionslehrkräfte schilderten, dass Religion dank des KKRU, gewissermaßen als „selbstverständlicher Sonderfall“110 des Schulalltages von SuS verstärkt wahrgenommen wurde. Diese neue Selbstverständlichkeit erleichterte es konfessionsfernen SuS am Religionsunterricht teilzunehmen. Einige RuR gaben sogar an, dass das gemeinsame Engagement für den KKRU den Zusammenhalt der Religions-Fachschaft nachweislich gestärkt hat.111 Bei der Frage, ob der konfessionell-kooperative Religionsunterricht weitergeführt werden sollte, gaben 97,1% der Religionslehrkräfte dies bejahend an, lediglich 1,7% verneinten dies. Von den zustimmenden Lehrkräften plädierten 41,7% für eine Erweiterung auf alle Klassenstufen. Etwas weniger als ein Viertel wollten allerdings, dass die dritten Klassen weiterhin konfessionell getrennt unterrichtet werden. Dass der Lehrerwechsel zwar wichtig ist, aber offener geregelt werden sollte, meinten ca. 35% der Religionslehrkräfte.112
2.6 Resümee
Für die meisten Religionslehrkräfte stand fest, dass der KKRU auch zukünftig weitergeführt werden soll. Die Zusammenarbeit im Team wurde trotz des Mehraufwands von fast allen RuR als Bereicherung und Gewinn erlebt. Der Erhalt des Klassenverbands war für viele Lehrkräfte ein wichtiger und ausschlaggebender Aspekt der konfessionellen Kooperation. Den Lehrerwechsel würden viele RuR gerne flexibler gestalten. Ausgesprochen positiv wurde der Einfluss des KKRU auf das Schulleben bewertet. Sowohl die Stellung des Schulfachs Religion als auch die der Religionslehrkräfte wurde – aus Sicht der RuR – durch die konfessionelle Kooperation gestärkt. Vorbehalte gegen den KKRU wurden nur gelegentlich genannt und anschließend durch die Praxis relativiert. An keiner Stelle wurde der KKRU von RuR grundsätzlich in Frage gestellt.
3. Konfessionell-kooperativer Religionsunterricht in Niedersachsen
In Niedersachsen wurde die konfessionelle Kooperation als Modellversuch 1998 eingeführt. Im Rahmen dieses Modellversuchs konnten evangelische und katholische RuR mit einem schriftlichen Konzept auf Antrag konfessionell kooperieren. RuR, die auf der Basis eines solchen schriftlich-konzeptionellen Antrags mehrere Jahre konfessionell-kooperativ unterrichtet haben, wurden von den beiden Religionspädagogen und Theologen Carsten Gennerich und Reinhold Mokrosch im Schuljahr 2005/2006 mit einem umfangreichen Fragebogen zu ihren Erfahrungen mit der konfessionellen Kooperation befragt.113 152 RuR von 82 Schulen haben geantwortet. Davon waren 54 Prozent evangelische und 46 Prozent katholische Religionslehrkräfte. Die Daten wurden deskriptiv und mit Rückgriff auf multivariable Verfahren ausgewertet. Die Fragebögen sollten die Perspektiven und wahrnehmbaren Veränderungen der RuR in der Schule erfassen und den Modellversuch evaluieren. Die implementierten Veränderungen und ihre möglichen Wirkungen wurden in den Fragebogen abgebildet. Dabei konzentrierten sich Carsten Gennerich und Reinhold Mokrosch auf die Wahrnehmungen der Religionslehrkräfte, die in dieser Art und Weise in der Forschung bisher noch nicht evaluiert wurden.114 Zusätzlich führten Gennerich und Mokrosch 2015/2016 ergänzend 15 Interviews mit 22 RuR durch, in denen evangelische, katholische und muslimische Religionslehrkräfte nach ihren jahrelangen Erfahrungen mit konfessioneller Kooperation und Religions-Kooperation befragt wurden.115 Auf diese „Experten-Interviews“116 wird in Kapitel II genauer eingegangen. Der von Gennerich und Mokrosch entwickelte Fragebogen umfasst sieben Aspekte des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts. Die Zusammenfassung dieser quantitativen Lehrerbefragung wird nun in den folgenden drei Punkten verkürzt dargestellt:
3.1 Die Vorbereitung auf den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht
1. Wie wurden die Themen für den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht ausgewählt?
Rahmenrichtlinien, Unterrichtsmaterialien und kollegiale Absprachen waren mit einer Zustimmung von über 80% der Befragten die entscheidenden Faktoren. 95% gaben an, ihre Themen für den KKRU nach Einsicht in Rahmenrichtlinien, Schulbücher und Unterrichtsmaterialien ausgewählt zu haben. Nur 33% von ihnen sprachen sich mit den SuS ab. Außerdem gaben 89% an, sich in der evangelisch-katholischen Lehrer-Gemeinschaft abzusprechen. Mit Eltern sprachen sich hingegen nur 15% ab. Eltern scheinen daher prinzipiell keinen Einfluss auf das Unterrichtsgeschehen zu haben. Die konfessionelle Kooperation schien somit bei den befragten Lehrkräften ein relativ geschlossenes System zu sein.117
2. Ökumenische und nicht-ökumenischer Themen
Die RuR wurden gefragt, welche Unterrichtsthemen und Projekte sie vorbereitet und durchgeführt haben. Sie konnten bis zu sechs Themen frei nennen. Diese wurden dann in ökumenische/konfessionelle bzw. nicht-ökumenische Themen kategorisiert. Biblische Themen, problemorientierte Themen und Symbolthemen galten als nicht-ökumenisch. Themen wie Reformation (bzw. Martin Luther), Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen evangelisch und katholisch sowie Sakramente und Heilige (z. B. Elisabeth von Thüringen) galten als ökumenisch bzw. konfessionell. Die Auswertung der Fragebögen ergab, dass explizit ökumenische bzw. konfessionelle Themen ca. 15% der Themen ausmachten. Dieser Wert ist eine relevante Größe, wenn man bedenkt, dass es bei der konfessionellen Kooperation nicht darum geht, die Vielfalt der Themen im Religionsunterricht auf das Thema Ökumene zu reduzieren. Dennoch behandelt auch ca. 85% der RuR nicht-ökumenische Themen.118
3. Genutzte Materialien
Am meisten genutzt – in beiden Konfessionen – wurden Schulbücher mit 88%. Explizit konfessionell-kooperative Materialien wurden von 78% der beteiligen RuR ebenfalls sehr häufig verwendet. Die Tatsache, dass die konfessionell-kooperativen Materialien – obwohl sie sicherlich unmittelbar hilfreich und unterstützend sind – hier nicht noch öfter verwendet wurden, mag daran liegen, dass sie zum Zeitpunkt der Befragung etwas weniger leicht zugänglich waren und erst in den letzten Jahren auf den Markt gekommen sind.119
4. Nützlichkeit verschiedener Vorerfahrungen
49% der RuR gaben an, häufig bzw. sehr häufig auf gemeinsam vorbereitete und durchgeführte Unterrichtseinheiten zurückgegriffen zu haben. Gelegentliche Vertretungen oder ein Unterricht im Klassenverband spielten dagegen kaum eine Rolle. Ebenfalls zeigte sich, dass die gemeinsamen Unterrichtsvorbereitungen von 73% der Befragten als hilfreich erlebt wurde. Dies wurde, bezogen auf gegenseitige Vertretungen, von nur 39% der RuR so gesehen und hinsichtlich des Unterrichts im Klassenverband nur von 36%. Zusammenfassend bedeutet dies, dass die Grundlagen und Ressourcen für die konfessionelle Kooperation durch gezielte Teamarbeit von RuR gemeinschaftlich erarbeitet werden müssen.120
5. Die Motivation für die Beteiligung am KKRU
Die konfessionelle Kooperation bei den RuR schien durch eine „ökumenische Sehnsucht“121 getragen zu werden. Im Vergleich zum Grundschulprojekt von Schweitzer und Biesinger122, in dem viele Religionslehrkräfte angaben, gerne mal etwas Neues 123 auszuprobieren, fand dieser Aspekt vergleichsweise wenig Zustimmung. Ökumenische Motive z.B. Beitrag zur Ökumene oder Bejahung einer Annäherung der Kirchen, fand dagegen mit mehr als 90% Zustimmung. 76% der Befragten stimmten sogar einem Item zu, „das einen ‚christlichen Unterricht‘ in Abgrenzung zu konfessionellen Identitäten und Bekenntnissen betont.“124 Mit 89% Zustimmung waren auch viele RuR für die Erhaltung des Klassenverbands. Die kollegiale Zusammenarbeit wird mit 70% Zustimmung ebenfalls deutlich befürwortet.
3.2 Die Durchführung und Wahrnehmung der konfessionellen Kooperation
1. Organisationsformen
Die Auswertung ergab, dass das Teamteaching praktisch keine Bedeutung in der Praxis erfuhr. Lediglich 1% der RuR erklärten, diese Form des Unterrichts praktiziert zu haben.125 Dieser Befund steht in einem deutlichen Gegensatz zu den Ergebnissen des Tübinger Modells126, in welchem die Religionslehrkräfte dieser Form des Unterrichtens eine starke Gewichtung zuschrieben.127 Auch in der baden-württembergischen Studie von Kuld und Kollegen waren es immerhin 2 von 34 und somit 6% der Schulen, die das Teamteaching praktizierten.128 In einer weiteren Studie von Andreas Feige und Werner Tzscheetzsch129 gaben sogar 46% der evangelischen bzw. 42% der katholischen Lehrkräfte an, gerne in der Form des Teamteachings arbeiten zu wollen.130 Das in diesem Projekt lediglich 1% der RuR das Teamteaching praktiziert haben, scheint somit eher auf organisatorische Gründe zurückzuführen zu sein. Bei den durchgeführten Experten-Interviews von Gennerich und Mokrosch, auf die in Kapitel zwei genauer eingegangen wird, gaben schließlich einige Religionslehrkräfte an, gerne im Teamteaching arbeiten zu wollen, jedoch fehlen dafür die Ressourcen.131 70% der RuR haben gemeinsam Unterrichtsmaterialien erstellt und 91% haben in Fachkonferenzen zusammengearbeitet. Diese Form der Kooperation hatte bei der Befragung ein starkes Gewicht. In der Studie von Feige und Tzscheetzsch zeigt sich ein ähnliches Bild: 34% der evangelischen und 32% der katholischen RuR würden ihren Unterricht ebenfalls gerne gemeinsam vorbereiten, ohne dass die Kooperation darüber hinausgehen muss.132 Bezogen auf inhaltliche Absprachen zwischen den Religionslehrkräften befürworteten 35% bzw. 39% der evangelischen und katholischen RuR eine Kooperation.133 Eine weitere Kooperationsform war der Lehrerwechsel.134 In einer Form wurde der Klassenverband erhalten und die RuR wechselten sich ab: 5% wechselten dabei mehrfach im Schulhalbjahr. Die Mehrheit von 55% in dieser Studie vollzog zum Schulhalbjahr den Lehrerwechsel. Dieses Ergebnis unterscheidet sich deutlich von dem Ergebnis aus Baden-Württemberg135, wo nur 9% zum Schulhalbjahr wechselten, hingegen 61% zum Schuljahr.136 Auf der Einstellungsebene fand eine solche Form der Kooperation bei Feige und Tzscheetzsch mit 39% der katholischen und 44% der evangelischen Lehrkräfte ebenfalls die höchste Zustimmung.137 In einer zweiten Form wurde in getrennten Klassen unterrichtet, jedoch wechselten die RuR dabei die Klassen. Dies fand in Niedersachsen je nach Häufigkeit des Wechsels in 3 - 7% der Fälle statt. Bei Isak und Kollegen praktizierten dies doppelt so viele Religionslehrkräfte.138 Auch bei Feige und Tzscheetzsch fand diese Form der getrennten Gruppen mit 11% Zustimmung nur wenig Anklang.139 Der Wechsel zwischen gemeinsamem und getrenntem Unterricht, welcher in der baden-württembergischen Studie nicht explizit erfasst wurde, wurde im niedersächsischen Modellversuch in 12% der Fälle umgesetzt. Weiterhin wurden ökumenische Projekte von den RuR mit ca. 63% Zustimmung als eine recht gängige Praxis der Kooperation beschrieben. Ökumenische Schulgottesdienste waren mit 82% sogar noch üblicher. Ebenfalls stellte sich heraus, dass im Rahmen der konfessionellen Kooperation auch verhältnismäßig viele muslimische und konfessionslose SuS am KKRU teilnahmen, nämlich in mehr als 70% der Fälle. Somit ergab sich eine breite Zustimmung zum Motiv, die Klassengemeinschaft zu erhalten.140
2. Wurden die Ziele der Religionslehrkräfte im KKRU erreicht und gab es einen Lernzuwachs oder eine Überforderung?
Eine Mehrheit von jeweils mehr als 60% der RuR war der Meinung, dass durch die konfessionelle Kooperation folgendes gefördert wurde: allgemeine Wertvorstellungen, eine christliche Grundbildung, ökumenische Dialogfähigkeit, die Gemeinsamkeit der Konfessionen und der Religionen, gemeinschaftliches Feiern und der Abbau von Vorurteilen. Die Wahrnehmung der Effekte zeigte demnach einen klaren Bezug zu den unterrichteten Themen. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl spezifisch ökumenisch-konfessionelle Themen sowie auch allgemeine Themen im Rahmen der Kooperation unterrichtet wurden. Diese Auswertung ergab allerdings, dass zwar ökumenische Ziele, kaum aber konfessionskundliche Wissensziele angestrebt wurden. Die Bildung eines ökumenischen Bewusstseins stand somit im Vordergrund und die Förderung von konfessionellem Wissen dagegen im Hintergrund. Damit unterscheidet sich diese Studie zum wiederholten Male vom Tübinger Modell.141 57% der RuR gaben einen Lerngewinn beim Thema Reformation an, jedoch nur 25% von einem Lerngewinn beim Thema der Sakramente. 49% der Religionslehrkräfte sahen einen Lernzuwachs beim Thema Kommunion/Konfirmation und 42% beim Thema Eucharistie/Abendmahl. Schließlich liegt der Lernzuwachs bei den ökumenischen Themen Beichte, Kirchen, Amt und Heiligenverehrung zwischen 31% und 38%. Somit zeigt sich wieder, dass ein Zuwachs an konfessionskundlichem Wissen nicht im Hauptinteresse der Lehrkräfte stand. Das lässt sich darauf zurückführen, dass für die RuR in ihrer Gesamtheit die Vermittlung einer christlichen Grundbildung zentral war.142 Die Frage, ob die SuS mit der konfessionellen Kooperation überfordert waren, wurde deutlich abgelehnt. Nur 2% der RuR konnten Anhaltspunkte für diese Befürchtung finden. Demgegenüber betonten 58% von ihnen, dass sich die SuS durch die Kooperation positiv herausgefordert fühlten.143
3. Schwierige und erfreuliche Erfahrungen mit der konfessionellen Kooperation
Schwierigkeiten wurden während der konfessionellen Kooperation kaum erlebt. Einige wenige Probleme bezogen sich auf die Organisation und diese wurden auch nur von 4% berichtet. Die Umsetzung des Modellversuchs kann angesichts dieser Perspektive als außerordentlich erfolgreich beurteilt werden. Mit 85% Zustimmung empfanden die RuR das Kennenlernen der anderen Konfession am prägendsten. Mit 80% Zustimmung berichteten die Religionslehrkräfte auch von „schönen menschlichen“144 Begegnungen. Das bessere Kennenlernen der eigenen Konfession und weitere Lernfortschrittserfahrungen wurden von 67% der Befragten angegeben. Lob und Anerkennung von außenstehenden Personen spielten dabei eher eine untergeordnete Rolle. Nur 34% berichteten von Anerkennung seitens der Eltern, 35% von Anerkennung seitens des Kollegiums und 14% seitens der Kirchengemeinde.145 Bezogen auf die Gewinne des Modellversuchs für die eigene Person zeigte sich, dass vor allem die andere Konfession besser kennengelernt wurde. 62% der RuR gaben dies an, 47% von ihnen sahen die andere Konfession sogar positiver und 46% haben Kontakte zu Einrichtungen der anderen Konfession geknüpft. Im Hinblick auf die eigene Konfession sprachen dagegen nur 32% von einer Vertiefung des eigenen Wissens, 29% berichteten von einer positiveren Sicht auf die eigene Konfession und 22% von neuen Kontakten zu Einrichtungen der eigenen Konfession.
3.3 Die Zukunft des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts
Die überwiegende Mehrheit der RuR, hat sich mit 83% Zustimmung einen ökumenischen Religionsunterricht im Klassenverband gewünscht. Der konfessionell getrennte sowie auch ein Pflichtunterricht Lebensgestaltung, Ethik, Religionskunde wurden mit nur 5% Zustimmung deutlich abgelehnt. Ein Religionen-übergreifender Unterricht im Klassenverband – also nicht religions-kooperativ – fand mit nur 32% Zustimmung eher mäßigen Rückhalt. Überaus verwunderlich ist, dass die spezifische Form der konfessionellen Kooperation nur eine geringe Zustimmung von 33% bei den RuR fand, wenn diese mit einem Wechsel zwischen getrennten und gemeinsamen Unterricht verbunden war. Deutlich wird hier, dass die Religionslehrkräfte vor allem auf den Aspekt der Erhaltung des Klassenverbands achteten und dabei einen ökumenisch-christlichen Unterricht haben wollten.146 Bereits im Tübinger Modell147 und in der baden-württembergischen Studie148 wurde der Erhalt des Klassenverbands als ein überaus positiver Aspekt des KKRU gesehen. Weiterhin sprachen in der niedersächsischen Studie 68% der RuR von einer Entlastung in der Praxis, 79% von einer größeren organisatorischen Flexibilität. 63% erwähnten eine bessere Integration von Russlanddeutschen und anderen SuS. Bei diesen anderen SuS handelte es sich vorwiegend um konfessionslose, muslimische und jüdische SuS. Weitere 62% der Befragten RuR verwiesen auf weniger Abmeldungen vom Religionsunterricht.149 Dieser Effekt konnte bereits in der baden-Württembergischen Evaluation beobachtet werden.150 Auch der zeitliche Mehraufwand, so gaben es 81% der RuR an, war kaum merklich. Dieser bewegte sich im Bereich von zwei bis fünf Stunden im Monat. Somit war deutlich eine Bereitschaft zu mehr Engagement erkennbar, der damit verbundene Mehraufwand sollte sich jedoch im Rahmen halten. 97% der RuR haben den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht nach dem Modellversuch fortgeführt. Nur jeweils 1% der Schulen sind zum konfessionell-getrennten Modell zurückgekehrt oder haben sich für eine andere Form des Religionsunterrichts entschieden.151
3.4 Resümee
Das niedersächsische Modellprojekt zeigte viele Parallelen (z.B. Arbeiten im Klassenverband, Ökumene im Unterricht etc.), aber auch viele unterschiedliche Ergebnisse (z.B. Teamteaching, Motivation für den KKRU etc.) im Vergleich zu den bisher vorgestellten Studien.152 Das Modellprojekt des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts in Niedersachsen kann definitiv als erfolgreich bezeichnet werden. Die Tatsache, dass die überwiegende Mehrheit der RuR den KKRU nach dem Projekt fortgeführt hat, zeigt dies deutlich. Ebenfalls wird dies durch die positive Zusammenarbeit der RuR sowie durch die wenig bzw. kaum aufgetretenen Schwierigkeiten im KKRU bestärkt. Viele Religionslehrkräfte sprachen von einer Entlastung im Unterricht und einer höheren Flexibilität. Auch das bessere Kennenlernen der anderen Konfession und der Kollegen wurden als positiver Aspekt angemerkt. Besonders hervorzuheben ist die bessere Integration von nicht-christlichen SuS in den Religionsunterricht und die damit sinkende Zahl von Abmeldungen am Religionsunterricht. Herausgestellt hat sich am Ende des Projektes, dass eine konfessionelle Kooperation nicht die eigentliche Zielvorstellung der meisten RuR war, sondern vielmehr ein ökumenischer Religionsunterricht, der allgemeines, christliches Wissen vermittelt.
4. Weitere Studien verkürzt dargestellt
4.1 Religionslehrerinnen- und Religionslehrerstudie 2003 in Baden-Württemberg
Andreas Feige und Werner Tzscheetzsch führten im Jahr 2003 eine umfangreiche religionssoziologische und -pädagogische Befragungen von evangelischen und katholischen RuR in Baden-Württemberg durch. Dabei wurden über 4000 evangelische und katholische RuR aller Schularten nach ihren Zielvorstellungen und Motivationen für den Religionsunterricht befragt. Grundlage dieser Studien waren jeweils eine qualitative und quantitative Befragung anhand von postalisch versendeten Fragebögen, welche durch einen statistisch-repräsentativen Schlüssel mit ministerieller Unterstützung an die Schulen des Landes verteilt wurden.153 Die konfessionelle Kooperation stand bei dieser Studie zwar nicht primär im Vordergrund, dennoch wurden die RuR nach ihren präferierten Gestaltungsalternativen des Religionsunterrichts befragt, mit dem Ergebnis: 49% der evangelischen und 44% der katholischen Religionslehrkräfte waren gegen die Auffassung, dass es beim getrennten Unterricht für katholische und evangelische SuS bleiben soll.154
4.2 Befragung von evangelischen Religionslehrkräften 2013 von der Evangelischen Kirche im Rheinland
Im Jahr 2013 führte die Evangelische Kirche im Rheinland155 in Zusammenarbeit mit den religionspädagogischen Instituten der Universitäten Wien, mit den Verantwortlichen Prof. Dr. Martin Rothgangel & Dr. Philipp Klutz, sowie Wuppertal unter Leitung von Prof. Dr. Christhard Lück, eine Befragung von evangelischen Religionslehrkräften durch. Als Befragungsinstrumentarium fungierte ein strukturierter Fragebogen, der neben geschlossenen Fragen bewusst auch zahlreiche offene Fragestellungen integrierte. Der eingesetzte Online-Fragebogen ist mit 56 Fragen sehr umfangreich. Er intendiert eine detaillierte Beschreibung und Beurteilung des Forschungsfeldes durch die anvisierte Zielpopulation. An der Umfrage beteiligten sich 1093 RuR aller Schularten im gesamten Bereich der EKiR. Das ist eine im Vergleich zu ähnlichen Befragungen recht große Probandengruppe. Dabei wurden u.a. Fragen bzw. Themen wie die gegenwärtige Situation des Religionsunterrichts, religionsdidaktische Ziele, Haltung zu interkonfessionellen und interreligiösen Kooperationen oder auch qualitätsvoller und zukunftsfähiger Religionsunterricht behandelt.156 Für den zukünftigen Religionsunterricht war es den befragten RuR in der überwiegenden Mehrzahl wichtig, Wege jenseits der Alternativen von konfessionalistischer Enge und religionskundlicher Orientierung – welche in der Verantwortung des Staates liegen – zu finden. Mit 33% stimmten die Religionslehrkräfte am stärksten einem konfessionell-kooperativen Religionsunterricht zu. Eine relativ hohe Zustimmungsquote erhielt mit 31,1% jedoch auch der nach Konfessionen bzw. Religionen getrennte Religionsunterricht. 11,2% der Befragten RuR entschieden sich für eine Fächergruppe mit verbindlichen Kooperationsphasen zwischen evangelischer, katholischer und islamischer Religion sowie Praktischer Philosophie und Philosophie/Ethik.157
[...]
1 Für die Formulierung konfessionell-kooperativer Religionsunterricht wird in dieser Arbeit die Abkürzung KKRU verwendet.
2 Für die Formulierung Schülerinnen und Schüler wird in dieser Arbeit die Abkürzung SuS verwendet.
3 Vgl. EKD – Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland: Identität und Verständigung. Standort und Perspektiven des Religionsunterrichts in der Pluralität, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 1994. Online: https://www.ekd.de/ekd_de/ds_doc/identitaet_und_verstaendigung_neu.pdf, [Zugriff: 08.05.2021], S. 32f.
4 Vgl. Gennerich, Carsten/Reinhold Mokrosch: Religionsunterricht kooperativ: Evaluation des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts in Niedersachsen und Perspektiven für einen religions-kooperativen Religionsunterricht, Stuttgart: Kohlhammer Verlag, Kindle-Version, 2016, S. 23.
5 Für die Formulierung Religionslehrerinnen und Religionslehrer wird in dieser Arbeit die Abkürzung RuR verwendet.
6 Vgl. Caspary, Christiane: Umgang mit konfessioneller Differenz im Religionsunterricht: Eine Studie zur Didaktik des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts, Berlin: LIT, 2016, S. 41.
7 Vgl. Schweizer, Friedrich /Albert Biesinger/Reinhold Boschki/Claudia Schlenker/Anke Edelbrock/Oliver Kliss/Monika Scheidler: Gemeinsamkeiten stärken - Unterschieden gerecht werden: Erfahrungen und Perspektiven zum konfessionell-kooperativen Religionsunterricht, Freiburg: Herder, Gütersloh: Gütersloher, 2002, S. 215-218.
8 Schweizer et al., 2002, S. 170.
9 Vgl. Schweizer et al., 2002, S. 171.
10 Schweizer et al., 2002, S. 172.
11 Ebd., 172.
12 Vgl. Schweizer et al., 2002, S. 173
13 Schweizer et al., 2002, S. 175.
14 Vgl. Schweizer et al., 2002, S. 176.
15 Ebd., 176.
16 Schweizer et al., 2002, S. 177.
17 Vgl. ebd., 177.
18 Schweizer et al., 2002, S. 178.
19 Ebd., 178.
20 Vgl. Schweizer et al., 2002, S. 181.
21 Vgl. Schweizer et al., 2002, S. 181-182.
22 Schweizer et al., 2002, S. 182.
23 Schweizer et al., 2002, S. 184.
24 Ebd., 184.
25 Ebd., 184.
26 Schweizer et al., 2002, S. 185.
27 Ebd., 185.
28 Vgl. Schweizer et al., 2002, S. 185.
29 Schweizer et al., 2002, S. 186.
30 Vgl. Schweizer et al., 2002, S. 185-186.
31 Vgl. Schweizer et al., 2002, S. 188.
32 Schweizer et al., 2002, S. 189.
33 Ebd., 189.
34 Ebd., 189.
35 Schweizer et al., 2002, S. 190.
36 Vgl. Schweizer et al., 2002, S. 191.
37 Vgl. ebd., 191.
38 Schweizer et al., 2002, S. 194.
39 Ebd., 194.
40 Ebd., 194.
41 Vgl. ebd., 194.
42 Vgl. Schweitzer, Friedrich /Albert Biesinger/ Jörg Conrad/Matthias Gronover: Dialogischer Religionsunterricht: Analyse und Praxis konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts im Jugendalter, Freiburg: Verlag Herder, 2006, S. 185-188.
43 Vgl. Kuld, Lothar: Gemeinsamer Unterricht mit feinen Unterschieden. Konfessionell-kooperativer Religionsunterricht in Baden-Württemberg. In: Kenngott, Eva-Maria/Rudolf Englert/Thorsten Knauth (Hrsg.): Konfessionell - interreligiös - religionskundlich: Unterrichtsmodelle in der Diskussion (Praktische Theologie heute, Band 136), Stuttgart: Kohlhammer, 2015, S. 58.
44 Vgl. Kapitel I, 2. Die Evaluation des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts in Baden- Württemberg.
45 Vgl. Schweitzer et al., 2006, S. 136-140.
46 Vgl. Kapitel I, 1.1.2 Wie sehen die Religionslehrerinnen und Religionslehrer ihre Schülerinnen und Schüler in religiöser und konfessioneller Hinsicht?, S.7.
47 Vgl. ebd., 7.
48 Schweitzer et al., 2006, S.142.
49 Ebd., 142.
50 Vgl. Schweitzer et al., 2006.
51 Schweitzer et al., 2006, S.143-144.
52 Schweitzer et al., 2006, S.146.
53 Schweitzer et al., 2006, S.147.
54 Ebd., 147.
55 Ebd., 147.
56 Vgl. Schweitzer et al., 2006, S.148.
57 Vgl. Schweitzer et al., 2006, S.149-151.
58 Vgl. Schweitzer et al., 2002.
59 Vgl. Kapitel I, 1.1.1 Was denken die Religionslehrerinnen und Religionslehrer über die konfessionelle Kooperation?, S.5.
60 Schweitzer et al., 2006, S.152.
61 Schweitzer et al., 2006, S.152-153.
62 Vgl. Kapitel I, 1.1.1 Was denken die Religionslehrerinnen und Religionslehrer über die konfessionelle Kooperation?, S.6.
63 Schweitzer et al., 2006, S.155.
64 Ebd., 155.
65 Schweitzer et al., 2006, S.156.
66 Ebd., 156.
67 Ebd., 156.
68 Ebd., 156.
69 Ebd., 156.
70 Schweitzer et al., 2006, S.157.
71 Vgl. Schweitzer et al., 2006, S.158-159.
72 Vgl. Kapitel I, 1.1.4 Was denken die Religionslehrerinnen und Religionslehrer über die Zukunft des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts?, S. 12.
73 Schweitzer et al., 2006, S.159.
74 Schweitzer et al., 2006, S.160.
75 Vgl. Kapitel I, 1.2.2 Die konfessionelle Prägung der Schülerinnen und Schüler, S. 15-16.
76 Ebd., 160.
77 Schweitzer et al., 2006.
78 Vgl. Kuld, Lothar/Friedrich Schweitzer/Werner Tzscheetzsch/Joachim Weinhardt (Hrsg.): Im Religionsunterricht zusammenarbeiten: Evaluation des konfessionell-kooperativen. Religionsunterrichts in Baden-Württemberg, Stuttgart: Kohlhammer, Kindle-Version, 2009, S. 7.
79 Vgl. Kuld et al. 2009, S. 17-18.
80 Vgl. Kuld et al. 2009, S. 218-228.
81 Vgl. Schweitzer et al., 2006.
82 Vgl. Isak, Rainer: Die Lehrerperspektive. KRU im Spiegel der Äußerungen von Lehrerinnen und Lehrern. In: Kuld, Lothar/ Schweitzer, Friedrich/Tzscheetzsch, Werner/Weinhardt, Joachim (Hrsg.): Im Religionsunterricht zusammenarbeiten, Stuttgart: Kohlhammer, Kindle-Version, 2009, S. 135.
83 Isak et al. 2009, S. 136.
84 Ebd., 136.
85 Ebd., 136.
86 Ebd., 136.
87 Isak et al. 2009, S. 136-137.
88 Isak et al. 2009, S. 138.
89 Ebd., 138.
90 Ebd., 138.
91 Schweitzer et al., 2006.
92 Vgl. Kapitel I, 1.2.3 Chancen konfessioneller Kooperation, S. 16.
93 Vgl., Isak et al. 2009, S. 139-140.
94 Vgl., Isak et al. 2009, S. 140.
95 Isak et al. 2009, S. 141.
96 Ebd., 141.
97 Isak et al. 2009, S. 142.
98 Vgl. Kapitel I, 1.2.8 Wie sehen Religionslehrerinnen und Religionslehrer den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht?, S. 20 & 1.1.3 Wie beurteilen die Religionslehrerinnen und Religionslehr den Unterricht und die Unterrichtsvorbereitung?, S. 10.
99 Isak et al. 2009, S. 143.
100 Isak et al. 2009, S. 153.
101 Ebd., 153.
102 Vgl. ebd., 153.
103 Isak et al. 2009, S. 154.
104 Vgl. Isak et al. 2009, S. 154 -156.
105 Isak et al. 2009, S. 158.
106 Ebd., 158.
107 Ebd., 158.
108 Isak et al. 2009, S. 156 -159.
109 Isak et al. 2009, S. 164.
110 Isak et al. 2009, S. 165.
111 Vgl. Isak et al. 2009, S. 162-165.
112 Vgl. Isak et al. 2009, S. 177.
113 Vgl. Gennerich/Mokrosch, 2016, S. 7.
114 Vgl. Gennerich/Mokrosch, 2016, S. 51f.
115 Vgl. Gennerich/Mokrosch, 2016, S. 119.
116 Ebd., 119.
117 Vgl. Gennerich/Mokrosch, 2016, S. 55-56.
118 Vgl. ebd., 56.
119 Vgl. Gennerich/Mokrosch, 2016, S. 57.
120 Vgl. Gennerich/Mokrosch, 2016, S. 60.
121 Gennerich/Mokrosch, 2016, S. 61.
122 Schweitzer et al., 2002.
123 Vgl. Kapitel I, 1.1.1 Was denken die Religionslehrerinnen und Religionslehrer über die konfessionelle Kooperation?, S. 5.
124 Gennerich/Mokrosch, 2016, S. 61.
125 Vgl. Gennerich/Mokrosch, 2016, S. 62.
126 Schweitzer et al., 2002/2006.
127 Vgl. Kapitel I, 1.1.4 Was denken die Religionslehrerinnen und Religionslehrer über die Zukunft des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts?, S. 10 & 1.2.8 Wie sehen Religionslehrerinnen und Religionslehrer den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht?, S. 20.
128 Vgl. Abbildung 1: Der Lehrerwechsel, S. 27.
129 Vgl. Feige, Andreas/Werner Tzscheetzsch: Christlicher Religionsunterricht im religionsneutralen Staat? Unterrichtliche Zielvorstellungen und religiöses Selbstverständnis von ev. und kath. Religionslehrerinnen und -lehrern in Baden-Württemberg, Ostfildern: Schwabenverlag, Stuttgart: Kohlhammer, 2005, S. 55.
130 Vgl. Gennerich/Mokrosch, 2016, S. 62.
131 Vgl. Gennerich/Mokrosch, 2016, S. 147.
132 Vgl. Feige/Tzscheetzsch, 2005, S. 55.
133 Vgl. Gennerich/Mokrosch, 2016, S. 63.
134 Der Wechsel zwischen evangelischen und katholischen RuR.
135 Schweitzer et al., 2006.
136 Vgl. Abbildung 1: Der Lehrerwechsel, S. 27.
137 Vgl. Feige/Tzscheetzsch, 2005, S. 55.
138 Vgl. Abbildung 1: Der Lehrerwechsel, S. 27.
139 Vgl. Feige/Tzscheetzsch, 2005, S. 55.
140 Vgl. Gennerich/Mokrosch, 2016, S. 64.
141 Vgl. Gennerich/Mokrosch, 2016, S. 68.
142 Vgl. Gennerich/Mokrosch, 2016, S. 72.
143 Vgl. Gennerich/Mokrosch, 2016, S. 74.
144 Gennerich/Mokrosch, 2016, S. 70.
145 Vgl. ebd., 70.
146 Vgl. Gennerich/Mokrosch, 2016, S. 70.
147 Vgl. Kapitel I, 1.2.3 Chancen konfessioneller Kooperation, S.16.
148 Vgl. Kapitel I, 2.1 Motive und Vorbehalte gegenüber dem konfessionellen-kooperativen Religionsunterricht, S. 21.
149 Vgl. Gennerich/Mokrosch, 2016, S. 77.
150 Vgl. Kapitel I, 2.1 Motive und Vorbehalte gegenüber dem konfessionellen-kooperativen Religionsunterricht, S. 23.
151 Vgl. Gennerich/Mokrosch, 2016, S. 77-78.
152 Vgl. Schweitzer et al., 2002/2006 und Kuld et al., 2009.
153 Vgl. Feige/Tzscheetzsch, 2005, S. 7&11.
154 Vgl. Feige/Tzscheetzsch, 2005, S. 56.
155 Die offizielle Abkürzung für die Evangelische Kirche im Rheinland ist EKiR und wird in dieser Arbeit verwendet.
156 Vgl. Lück, Christhard: Die rheinische Religions-lehrerInnenbefragung 2013. Von den konfessionellen Wurzeln her zu mehr Kooperation zwischen den Konfessionen. Ausgewählte Ergebnisse der quantitativen Studie. 2014, Online: https://www.ev-theologie.uni-wuppertal.de/fileadmin/ev_theologie/dokumente/Zusammenfassung_rheinische_RLBefragung.pdf, [Zugriff: 08.03.2021], S.2.
157 Vgl. Lück, 2014, S. 4.
- Quote paper
- Anonymous,, 2021, Konfessionell-kooperativer Religionsunterricht aus der Perspektive von Lehrern und Lehrerinnen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1119265
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