Die Wissenschaft und die Forschung im Allgemeinen sind auf der Suche nach den Zusammenhängen, die unser Leben und unsere Umwelt erklären. Die Gesellschaft oder vielmehr die menschliche Beziehung zu ergründen und zu erforschen, das ist
die Aufgabe der Soziologie. Die Soziologie als Wissenschaft hat dabei viele verschiedene Ausprägungen. Gesellschaftliche Veränderungen und technische Errungenschaften haben den Blickwinkel und die soziologische Arbeitsweise immer wieder überholt und zum Teil auch verändert. Die Soziologie musste sich dabei stets hinterfragen, ihre Aufgabe neu definieren und zeitgemäße Fragen an die Gesellschaft formulieren.
Im Zuge dessen ist ein vielschichtiges soziologisches Wissens- und Datenkonvolut entstanden, was sich in Teilen widerspricht und zum anderen aufeinander aufbaut. Die Bandbreite reicht von kleinen empirischen Erkenntnissen bis hin zu hochkomplexen Gesellschaftstheorien, die dann eher einer Sozialphilosophie gleichen. Die Systemtheorie von Niklas Luhmann ergänzt diese Sammlung soziologischer Gesellschaftsauseinandersetzungen und versucht sich zugleich, durch seine spezielle Herangehensweise von den anderen Ansätzen zu distanzieren. Die Gesellschaft scheint bei Luhmann zu einem Apparat zu werden. Die Mechanismen des Apparates sind fest definierte Strukturen. Niklas Luhmann verhält sich zu diesem Apparat in Funktion eines Verwaltungsbeamten, der mit der Aufgabe vertraut ist, die strukturellen Zusammenhänge zu beschreiben und einzuordnen. Dieser Vergleich liegt nicht zuletzt nahe, da Luhmann selbst in seiner voruniversitären Zeit Verwaltungsbeamter war.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Allgemeine Systemtheorien
3 Systemtheorie nach Niklas Luhmann
3.1 Zur Person
3.2 Systemtheorie nach Luhmann
3.3 Klärung einzelner Begriffe
3.3.1 Autopoiesis und Selbstreferenz
3.3.2 Beobachtung
3.3.3 Kommunikation
4 Fazit
5 Literatur
2 Einleitung
Die Wissenschaft und die Forschung im Allgemeinen sind auf der Suche nach den Zusammenhängen, die unser Leben und unsere Umwelt erklären. Die Gesellschaft oder vielmehr die menschlichen Beziehung zu ergründen und zu erforschen, das ist die Aufgabe der Soziologie. Die Soziologie als Wissenschaft hat dabei viele verschiedene Ausprägungen. Gesellschaftliche Veränderungen und technische Errungenschaften haben den Blickwinkel und die soziologische Arbeitsweise immer wieder überholt und zum Teil auch verändert. Die Soziologie musste sich dabei stets hinterfragen, ihre Aufgabe neu definieren und zeitgemäße Fragen an die Gesellschaft formulieren. Im Zuge dessen ist ein vielschichtiges soziologisches Wissens- und Datenkonvolut entstanden, was sich in Teilen widerspricht und zum anderen aufeinander aufbaut. Die Bandbreite reicht von kleinen empirischen Erkenntnissen bis hin zu hochkomplexen Gesellschaftstheorien, die dann eher einer Sozialphilosophie gleichen.
Die Systemtheorie von Niklas Luhmann ergänzt diese Sammlung soziologischer Gesellschaftsauseinandersetzungen und versucht sich zugleich, durch seine spezielle Herangehensweise von den anderen Ansätzen zu distanzieren. Die Gesellschaft scheint bei Luhmann zu einem Apparat zu werden. Die Mechanismen des Apparates sind fest definierte Strukturen. Niklas Luhmann verhält sich zu diesem Apparat in Funktion eines Verwaltungsbeamten, der mit der Aufgabe vertraut ist, die strukturellen Zusammenhänge zu beschreiben und einzuordnen. Dieser Vergleich liegt nicht zuletzt nahe, da Luhmann selbst in seiner voruniversitären Zeit Verwaltungsbeamter war.
Das Sinnbild von der Gesellschaft als Apparat lässt eine Streng konsequente und logische Gesellschaftstheorie erwarten. Jedoch ist die Systemtheorie, die nichts weiniger will als die gesamte Gesellschaft abzubilden, ebenso komplex wie die Gesellschaft selbst.
Da dieser Komplexität im Rahmen einer Hausarbeit nur schwer Rechnung getragen werden kann, soll die folgende Ausarbeitung einen Überblick verschaffen und an einigen Stellen Luhmanns Theorieansatz kritisch hinterfragen. Letztlich dient mir diese Hausarbeit als eine erneute Annährung an das „Labyrinth“ (LUHMANN 1984, S. 14) Luhmann.
3 Allgemeine Systemtheorien
Um sich der Systemtheorie nach Niklas Luhmann zu nähern, bedarf es einer begrifflichen sowie historischen Einordnung vom Systembegriff. Niklas Luhmann hat die Systemtheorie nicht erfunden, vielmehr ist Luhmanns Konzeption eine Adaption aus den Naturwissenschaften. Die wesentlichen Grundbausteine wurden dabei durch die Biologie des frühen 20. Jahrhunderts, in Abgrenzung zu den Wissenschaftsbezügen in der Physik und der Chemie, die zumeist den Fokus auf separate Phänomene richten, gelegt. Dahingegend entwickelt sich in der Biologie das Verständnis von einer komplexen Organismuslehre, dessen Betrachtung über einzelne Phänomene hinausgeht (vgl. KNEER/NASSEHI 1993, S. 18). Mit diesem Paradigmenwechsel, vollzieht sich eine Ausdifferenzierung der begrifflichen Einordnung sowie der wissenschaftlichen Forschung. Denn fortan wird der zu untersuchende Gegenstand das System sein, dessen innere Verknüpfung und gegenseitige Abhängigkeiten nun Objekt der Forschung sind.
Kneer und Nassehi machen für diesen Wandel besonders den Zoophysiologen Ludwig von Bertalanffy verantwortlich, der die systemtheoretischen Forschungsrichtungen wie folgt beschreibt, „Sie beschäftigen sich mit der wechselseitigen Relation von Elementen in Ganzheiten, die sie Systeme nennen“ (KNEER/NASSEHI 1993, S. 20). Hierbei grenzen sich die einzelnen Systeme von einander ab, wenngleich sie ebenfalls durch unterschiedliche Ausprägung in Relation zueinander stehen. So wird anhand der Reaktionen eines Systems deutlich, was und wie es seine Außenwelt verarbeitet. Die inneren Prozesse bleiben im System verborgen. Da also die Form der Reaktion bzw. des Outputs dem System obliegt, sprechen Kneer und Nassehi auch von selbstorganisierten Systemen (vgl. KNEER/NASSEHI 1993, S. 23).
An diesen Punkt knüpft ein weiterer wesentlicher Bezugspunkt für Luhmanns Theorie an. In der Weiterführung des Systemdenkens wird der Begriff der selbstorganisierten Systeme von Maturana und Varela detailliert ausformuliert. Mit dem Kunstbegriff Autopoiesis beschreiben sie die Fähigkeit eines Systems, sich selbstständig neu zu erschaffen und somit zu überleben. Ein System ist demnach in der Lage, sich selbst von anderen zu unterscheiden indem es sich einer Eigenkontrolle und Selbstherstellung unterwirft (vgl. KRAUSE 1999, S. 25f).
Diese basalen Entwicklungen im Kontext der Biologieforschung bilden das Fundament systemischen Denkens und können somit als Verständnisgrundlage für Systemtheorien in der Soziologie herangezogen werden. Wenn sich Luhmann aus anderen Wissenschaftsbereichen als der Soziologie bedient muss jedoch beachtet werden, dass der Überschlag von einer Wissenschaft zur anderen, schon von Bertalanffy selbst formuliert wurde, da er die Systemtheorie als eine interdisziplinär anwendbare Lehre beschreibt:
„In Wissenschaften, die sich, wie die Bevölkerungslehre, die Soziologie, aber auch weite Gebiete der Biologie, nicht in den Rahmen der physikalisch-chemischen Gesetzlichkeit einordnen, treten dennoch exakte Gesetzmäßigkeiten auf, die durch passend gewählte Modellvorstellungen erreicht werden können. Es sind logische Homologien, die sich aus den allgemeinen Systemcharakteren ergeben, und aus diesem Grunde gelten formal gleichartige Beziehungen auf verschiedenen Erscheinungsbereichen und bedingen die Parallelentwicklung in verschieden Wissenschaften“ (Bertalanffy zitiert nach KNEER/NASSEHI 1993, S. 19f).
4 Systemtheorie nach Niklas Luhmann
Wie schon beschrieben, bildet die Entwicklung in der Biologie hin zum systemischen Denken, einen wichtigen Bezugsrahmen für Luhmann. Im weiteren Verlauf soll die Systemtheorie von Luhmann vorgestellt werden. Da die Biologie jedoch nicht die einzige Orientierung für Luhmann bleibt, ist ein Blick in seine Biographie hilfreich, um die weiteren Schritte zur Entwicklung seiner Theorie nachzuvollziehen.
Im Anschluss daran soll ein reduzierter Abriss seiner Theorie folgen. Die Einführung kann nicht dem Umfang des Gesamtwerks von Luhmann gerecht werden. Luhmanns Anspruch war es letztlich, eine soziologisch begründete ‚Welttheorie‘ zu entwerfen. Diese im Rahmen einer Hausarbeit vorzustellen, scheint nicht zuletzt auf Grund seines Gesamtwerks von über 30 Bänden schwer umsetzbar. In den darauffolgenden Kapiteln werden nur ausgewählte Begriffe aus der Theorie erläutert, die meines Erachtens für ein Grundverständnis genügen.
4.1 Zur Person
Hier sollen weniger seine biographischen Daten betrachtet werden, als vielmehr entscheidende Lebensphasen, die auf die Entstehung der Systemtheorie zurückzuführen sind.
1949 schloss Niklas Luhmann das Studium der Rechtswissenschaften ab und arbeitete daraufhin als Verwaltungsbeamter in einem Oberverwaltungsgericht. Während dieser Zeit lässt er sich für ein Jahr beurlauben und wendet sein Interesse der Soziologie zu. Dafür studiert er an der Harvard-Universität bei Talcott Parsons, dem Begründer des strukturellen Funktionalismus1. Im Anschluss daran setzt er sich zunächst weiterhin mit Verwaltungsstrukturen auseinandersetzt. Mit der Veröffentlichung seines ersten Buches „Funktion und Folgen“ beginnt seine universitäre Karriere. Nachdem er 1967 in Münster habilitierte, widmete er sich ab 1968 als Professor für Soziologie an der Universität Bielefeld der Entwicklung der Systemtheorie (vgl. LÖW 2006, S.51).
4.2 Systemtheorie nach Luhmann
Die allgemeine Erläuterung der Systemtheorie wird im Folgenden versuchen, auf die oben beschriebenen Grundelemente zu rekurrieren. Somit soll der Entwicklungsbezug verdeutlicht werden.
Doch zu aller erst bedarf es einer Grundvoraussetzung zum Verstehen der Theorie. Niklas Luhmann konfrontiert den Leser recht unvermittelt mit der Aussage, dass es Systeme gibt (vgl. LUHMANN 1984, S.30). Damit versucht er nicht lange nach erkenntnistheoretischen Grundlagen zu suchen und setzt dies auch in keinen bestimmten Kontext. Für Luhmann sind Systeme reale Sachverhalte und keine Konstruktionen, wie es von den Konstruktivisten beschrieben wird (vgl. REESE-SCHÄFER 1996, S. 26). Er stellt also einen Untersuchungsgegenstand vor und begründet damit selbst die Relevanz seiner Forschung, denn jetzt gilt es diese Systeme zu definieren und zu untersuchen. „Der Systembegriff bezeichnet also etwas, was wirklich ein System ist, und läßt sich damit auf eine Verantwortung für Bewährung seiner Aussage an der Wirklichkeit ein“ (LUHMANN 1984, S. 30). In der Ausformulierung hat das die Bedeutung, dass alles Systeme sind. Dabei hilft die Definition des Systembegriffs. Für Luhmann kann sich ein System erst in Abgrenzung zu einem anderen System und zu seiner Umwelt selbst definieren. Einem System sind funktionsspezifische Eigenschaften inhärent, welche auf die individuellen Eigenschaften des Systems zurückzuführen sind. Da diese Eigenschaften nicht mit den der anderen Systeme kongruent sind, entsteht hier eine funktionale Differenzierung. Damit geht einher, dass jedes System über individuelle Kodierungen verfügt. So entscheidet das Rechtssystem über Recht/Unrecht, wobei sich das Wirtschaftssystem zum Beispiel über Zahlen/Nichtzahlen definiert. Das System unterscheidet sich somit von seiner Umwelt wobei es sich offen und zugleich geschlossen gegenüber dieser verhält. Geschlossen sind Systeme dahingehend, dass sie sich durch internes Organisieren auszeichnen. Das wird unter anderem durch systemimmanente Kodierungen oder Wertevorstellungen deutlich (vgl. LUHMANN 1984, S. 35ff.). Offen sind Systeme für den Austausch mit deren Umwelt bzw. die damit verbundenen strukturellen Kopplungen zu anderen Systemen. Das sind Beziehungen die zwischen den Systemen bestehen (vgl. KRAUSE 1999, S. 44f.).
Bis hier hin ist der Bezug zu den Eingangs beschriebenen Systemdefinitionen aus der Biologie erkennbar. Auch wird der Kontext zum Systemstrukturalismus deutlich. Im Gegenzug zu vielen anderen Soziologen, versucht Luhmann das Gedankenkonstrukt nicht zu verwerfen, sondern baut darauf auf indem er am Motiv der Systeme festhält. Er versucht im Weiteren der Kritik an Parsons Theorie gerecht zu werden und arbeitet seine Theorien entsprechend aus (vgl. KNEER/NASSEHI 1993, S. 37).
Mit der Feststellung, dass sich Systeme von anderen Abgrenzen, stellt sich die Frage, wie sie das machen. Hier definiert Luhmann einen weiteren zentralen Begriff, der vorerst nur kurz erläutert werden soll (siehe dazu Kapitel 3.3.2). Um sich selbst in Relation zu seiner Umwelt als System zu definieren und sich zugleich von ihr abzugrenzen, muss das System beobachten. Es beobachtet also sich und seine Umwelt. Somit hat es die Möglichkeit der Flexibilität und wahrt sich die Fähigkeit reaktionsfähig zu sein.
Den Grund für die Ausdifferenzierung von Systemen sieht Luhmann in den sozialen Wandlungsprozessen begründet. Die gesellschaftlichen Veränderungen und der soziale Fortschritt bedingt eine immer größer werdende Komplexität der Lebensstrukturen, sodass eine Aufgabenverteilung durch funktional differenzierte Systeme notwendig wird. Darüber hinaus, scheinen für Luhmann gesellschaftliche Prozesse überhaupt erst durch die Differenzierung fassbar zu werden.
Luhmann leitet aus seinen Beobachtungen ein komplexes Konstrukt aus Systemen ab, dass sich wie ein kreisförmiges Schema aus Überkategorien und Subsystemen zusammensetzen lässt. Es beschreibt eine Vielzahl von parallel existierenden Systemen, welche alle von dem umfassenden System Gesellschaft umrahmt werden. Für die Soziologie relevant ist das soziale System, dass sich wiederum in drei Subsysteme aufgliedert. Interaktion, Organisation und Gesellschaft. Diese Systeme sind jedoch nicht als eigenständige Systeme im Sinne von gesellschaftlichen Teilsystemen zu verstehen, sondern sind Interaktions- und Organisationsysteme. Sie sind die Grundlage für systeminterne Prozesse, sowie für strukturelle Kopplungen mit anderen Systemen. Interaktionssysteme (1) sind Systeme, die sich durch mindestens zwei anwesende Personen auszeichnen. Hierbei bilden der Raum und die Zeit in dem die Interaktion sattfindet den Rahmen, was darauf hinweist, dass sie wenig konstant sind (vgl. LUHMANN 1984, S. 264). Organisationssysteme (2) hingegen zeichnen sich durch eine höhere Konstanz und systeminterner Strukturen aus, die die Interaktionsmechanismen bestimmen. Hierbei ist die Teilhabe mit bestimmten Voraussetzungen verbunden, da es sich meistens um feste Institutionen handelt.
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1 Der strukturelle Funktionalismus betrachtet soziale Systeme als ihre eigene Existenz erhaltende Gebilde. Hierbei wird untersucht, welche Bestandsvoraussetzungen gegeben sein müssen, um den Bestand strukturell zu sichern und welche Funktion diese Struktur hat. Telcott Parsons entwickelt diesen Ansatz zum Systemstrukturalismus weiter. Durch das AGIL-Modell formuliert er vier Grundformen, die ein jedes System zur Selbsterhaltung erfüllen muss (siehe hierzu JOAS/KNÖBEL 2004).
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