Ein Mensch entwickelt sich stetig und wird während seines Lebens soziokulturell und emotional geprägt durch die Gesellschaft, die Menschen und das Milieu, welches ihn umgibt.
Die biologischen Entwicklungsstufen zum Erwachsenen werden begleitet von einer verstandesmäßigen und weltanschaulichen Entwicklung, die in Abhängigkeit vom Zeitalter, der Nationalität sowie der Volkskultur differente Züge annehmen kann.
Die Menschen werden somit vom gesellschaftlichen System in dem Sie sich entwickeln und von den Menschen, die ihn umgeben und mit denen er in Beziehung tritt, geprägt. Kulturelle Traditionen werden z.T. übernommen, die kognitive Spiegelung der äußeren Einflüsse schafft unabhängig von traditionellen Werten neue Anschauungen, die Grundlage einer sich entwickelnden sozialen Gemeinschaft sind. Kulturgeschichtliche und entwicklungsgeschichtlich geprägte Verhaltensweisen und Wertvorstellungen sind demnach im Leben der Menschen Charakteristika, die durch Veränderungen der Gesellschaft oder durch den Wechsel des Individuums in andere Kulturkreise wechselseitigen Konfrontationen unterliegen, die sich für den Einzelnen förderlich oder destruktiv auswirken können.
In einer Zeit der Globalisierung und der Migration kommen Wechsel von einer Gesellschaft oder Kultur in eine andere häufiger vor als früher. Der Einwanderer muss eine neue Sozialisation durchmachen. Dies nennt man das Phänomen der Akkulturation. Es gibt viele verschiedene Gründe warum Menschen ihre Heimat verlassen. Sei es, weil Krieg herrscht, sie Hunger leiden, politisch verfolgt werden oder keine Arbeit finden. Sie wandern aus, weil sie sich in einem neuen Land ein besseres Leben versprechen und wünschen.
Der Entschluß zur Auswanderung geschieht somit unter dem Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit zwischen Wunsch und Realisierbarem, zwischen der gesellschaftlichen Imbalance für die Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen ein entsprechendes Umfeld zu schaffen. Mit dem endgültigen Entschluß zur Auswanderung werden tradierte kulturgeschichtliche Wurzeln und soziale Bindungen, die verbindenden Charakter haben, durch objektive Spiegelungen der eigenen Realität und der möglichen Entwicklungschance im Bewußtsein verdrängt.
Inhalt
Einleitung
Theoretischer Hintergrund
Studie zur Akkulturation von Spätaussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion in Deutschland, Finnland und Israel
Einleitung
Methode
Ergebnisse:
Diskussion
Literaturverzeichnis
Einleitung
Ein Mensch entwickelt sich stetig und wird während seines Lebens soziokulturell und emotional geprägt durch die Gesellschaft, die Menschen und das Milieu, welches ihn umgibt.
Die biologischen Entwicklungsstufen zum Erwachsenen werden begleitet von einer verstandesmäßigen und weltanschaulichen Entwicklung, die in Abhängigkeit vom Zeitalter, der Nationalität sowie der Volkskultur differente Züge annehmen kann.
Die Menschen werden somit vom gesellschaftlichen System in dem Sie sich entwickeln und von den Menschen, die ihn umgeben und mit denen er in Beziehung tritt, geprägt. Kulturelle Traditionen werden z.T. übernommen, die kognitive Spiegelung der äußeren Einflüsse schafft unabhängig von traditionellen Werten neue Anschauungen, die Grundlage einer sich entwickelnden sozialen Gemeinschaft sind. Kulturgeschichtliche und entwicklungsgeschichtlich geprägte Verhaltensweisen und Wertvorstellungen sind demnach im Leben der Menschen Charakteristika, die durch Veränderungen der Gesellschaft oder durch den Wechsel des Individuums in andere Kulturkreise wechselseitigen Konfrontationen unterliegen, die sich für den Einzelnen förderlich oder destruktiv auswirken können. Welche Einstellungen sind förderlich und integrativ, welche für die eigene soziale Entwicklung destruktiv und isolierend? Werde ich von den Einheimischen ohne Probleme aufgenommen und integriert? Könnte es zu Konflikten kommen?
In einer Zeit der Globalisierung und der Migration sind Wechsel von einer Gesellschaft oder Kultur in eine andere häufiger vor als früher. Der Einwanderer muss eine neue Sozialisation durchmachen. Dies nennt man das Phänomen der Akkulturation. Es gibt viele verschiedene Gründe warum Menschen ihre Heimat verlassen. Sei es, weil Krieg herrscht, sie Hunger leiden, politisch verfolgt werden oder keine Arbeit finden. Sie wandern aus, weil sie sich in einem neuen Land ein besseres Leben versprechen und wünschen. In dieser Arbeit habe ich mich unter anderem auf eine Studie konzentriert, die auf die aufgekommenen Fragen Antworten gibt und das Phänomen der Akkulturation mit Hilfe einiger ausgewählter Aspekte veranschaulicht.
Theoretischer Hintergrund
Kulturelle Anpassung (Akkulturation) beschreibt die Folgen, die entstehen, wenn Menschen aus unterschiedlichen Kulturen über einen längeren Zeitraum aufeinander treffen.
Der Begriff der Akkulturation ist eigentlich ein Sammelbegriff für eine Reihe von prozeßhaften Geschehen und deren Ergebnissen, die sich nach der Übersiedlung in einen anderen kulturellen Kontext ergeben. Einerseits sind individuelle Veränderungen angesprochen, die nach kulturellem Kontakt auftreten, etwa in Bezug auf Einstellungen, Verhalten, oder eine neue Identität, aber auch Veränderungen, die für die gesamte Gruppe der Zugewanderten gelten, so zum Beispiel politische Verhältnisse, die die rechtliche Stellung der Immigranten im Aufnahmeland regeln. Beide Arten von Veränderung, sowohl auf der Populationsebene als auch auf der Individualebene, sorgen für Adaptationsprozesse im Individuum. Solche Anpassungsreaktionen werden in der Literatur als „psychologische Akkulturation“ bezeichnet.
Sie beschreibt diejenigen Phänomene, die sich aus dem direkten, dauerhaften Kontakt von Individuen verschiedener kultureller Gruppen ergeben und deren Folge ein allmählicher Wandel des ursprünglichen kulturellen Musters entweder einer oder beider Gruppen ist (Schmitt-Rodermund. Immigration und Akkulturation, S.2) . Die Notwendigkeit zur Akkulturation betrifft vor allem Angehörige kultureller Minderheiten, die den Anforderungen der Aufnahmegesellschaft in vielen Bereichen nachkommen müssen. Im Besonderen sind jedoch Auswanderer gefordert, da sie sich entschieden haben, ihre Heimat zu verlassen und auf unbestimmte Zeit in der neuen Kultur zu siedeln. Für sie kann Anpassung als Aufbau eines Geflechts von Beziehungen verstanden werden, durch die die Kommunikation mit einer neuen sozialen, kulturellen und ökologischen Lebenswelt möglich wird. Die Anforderungen an die Immigranten während des Akkulturationsprozesses sind hoch, da die persönlichen Erfahrungen mit den sozialen, rechtlichen, ökonomischen und politischen Bedingungen zunächst häufig negativ sind. Viele Einwanderer müssen mit enttäuschten Erwartungen und Diskriminierungen zurechtkommen.
Berry (1996) schlägt ein integriertes Modell kultureller Anpassung vor, in dem zwischen Akkulturation auf kollektiver und individueller Ebene differenziert wird. Das Aufeinandertreffen einwandernder und aufnehmender Kulturen ist auf der ersten Ebene definiert. Während die Gruppen-Akkulturation vor allem durch Veränderungen in den Bereichen der physischen, biologischen, wirtschaftlichen und sozialen Umwelt gekennzeichnet ist, lassen sich die Konsequenzen psychologischer Akkulturation für betroffene Individuen in Bereichen des Verhaltens, der emotionalen Stimmungen und möglichen psychopathologischen Symptomen nachweisen. Auf der Ebene der psychologischen Akkulturation können individuelle Faktoren unterschieden werden, die bereits vor dem Kontakt der Kulturen existieren, und solche, die erst während des Prozesses an Bedeutung gewinnen. Zentrale Faktoren (Moderatoren), die Individuen bereits vor der Kontaktsituation charakterisieren, sind demographische, ökonomische, kulturelle, persönlichkeitsspezifische und motivierende Merkmale. Dazu gehören u.a. Alter, Geschlecht, Ausbildung, Erwartungen, Familienverhältnisse der Immigranten.
Bezüglich der Faktoren, die während des Akkulturationsprozesses wirken, stehen die Aufenthaltsdauer in der neuen Kultur und die Akkulturationsorientierungen der Immigranten im Vordergrund, aber auch die soziale Unterstützung seitens der Familie, soziale Einstellungen und Geschwindigkeit des Spracherwerbs sind von Bedeutung.
Ausgehend von den zwei unabhängigen Dimensionen Beibehaltung der eigenen Kultur und Kontakt zur Gegenkultur formuliert Berry die vier Akkulturationsstrategien. Integration, Separation, Assimilation und Marginalisierung. Als Integration wird das Bemühen um die Aufnahme fremdkultureller Merkmale bei gleichzeitigem Bewahren der eigenen Identität beschrieben. Assimilation entspricht einer Einstellungskonstellation, bei der die Aufnahme kultureller Merkmale der Gastkultur besonders bevorzugt, dem Beibehalten eigener kultureller Standards aber nur geringe Bedeutung geschenkt wird. Eine Umkehrung dieser Prioritäten entspricht der Separations-Strategie, deren Hauptanliegen in der Bewahrung der eigenen Kultur liegt. Marginalisierung kann schließlich in zwei Richtungen gedeutet werden. Zum einen als Tendenz zu Individualisierung und Orientierung nach individuellen Standards ohne konkreten Bezug zu einer bestimmten Kultur, zum anderen als Anomie, d.h. Entfremdung vom eigenen kulturellen Kontext ohne Formen der Identifikation mit der neuen Umwelt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Akkulturationsstrategien (nach Berry,1996)
Es hat sich gezeigt, dass Akkulturationsstrategien in enger Beziehung zur positiven Bewältigung der Akkulturation stehen, wobei Assimilation deutlich höhere Anpassungsleistungen im Verhalten erfordert als Separation. Als erfolgversprechendste Strategie gilt die Integration.
Negative Erfahrungen, die mit der Übersiedlung in ein neues Land einhergehen, können als Stressoren gesehen werden. Daher werden Stressreaktionen aufgrund der Übersiedlung in ein anderes Land auch als „akkulturativer Stress“ bezeichnet. Befördernd für den akkulturativen Stress wirken neben Gefühlen der Vereinsamung und Randständigkeit, psychosomatische Reaktionen sowie Identitätskonfusion, die bei Fehlverarbeitung zu psychischen Krankheiten entwickeln können, die der Einzelne nicht zu bewältigen vermag. Die Phase der Akkulturation bestimmt das Wohlergehen der Betroffenen. In vielen Studien ist der Versuch unternommen worden, die Phase von Akkulturation, die gerade durchlaufen wird, mit dem Ausmaß an akkulturativem Stress in Verbindung zu bringen. Dabei ist immer wieder, für die unterschiedlichsten Gruppen von Immigranten, eine umgekehrt U-förmige Beziehung gefunden worden. Während beim ersten Kontakt und in späteren, stabilen Lebensphasen ein nur geringes Ausmaß an Stress gefunden worden, zeigten alle Immigranten mentale und physische Beeinträchtigungen während der Zwischenphase, wenn die erste Euphorie verflogen und eine Eingewöhnung noch nicht erreicht wurde. Immigranten, denen es gelingt, beide Kulturen in ihr Leben aufzunehmen, berichten besonders wenig über akkulturativen Stress und weisen damit das beste Befinden auf. Allgemein wird für den individuellen Verlauf hinsichtlich der Gesundheit und Befindlichkeit von Immigranten ein U-förmiger Akkulturationsverlauf angenommen, der durch ein anfängliches emotionales Hoch gefolgt von einem steilen Abfall, als Folge der Konfrontation mit der Dominanzkultur, und adaptativ einen finalen Aufstieg, als Folge kontinuierlicher Assimilation gekennzeichnet ist. Oberg (1960) prägte in diesem Zusammenhang den Begriff Kulturschock.
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Diagramm 1: U-Kurvenverlauf des Kulturschocks nach Oberg (1960)
Ein weiterer Faktor, der die psychische Befindlichkeit einer ganzen Gruppe von Immigranten beeinflusst, liegt in der Haltung der Aufnahmegesellschaft zu den Immigranten. Eine multikulturell geprägte Gesellschaft eröffnet den Neuankömmlingen andere Möglichkeiten der Adaptation und Integration als es eine weniger pluralistisch geprägte Gesellschaft tut.
Akkulturation ist ein Prozess, der nicht erst mit der Ausreise beginnt und auch nicht mit der Niederlassung in der neuen Heimat abgeschlossen ist. Nur sorgfältig geplante Längsschnittstudien, die möglichst schon vor der Ausreise beginnen, können den Verlauf und damit auch den Erfolg der spezifischen Auseinandersetzung mit der neuen Soziokultur, das Akkulturationsgeschehen, angemessen erfassen.
Einen kleinen Ausschnitt aus dem weiten Feld der Akkulturation beleuchtet eine Studie, die im Jahr 2003 von Jasinski-Lahti, Liebkind, Horenczyk und Schmitz durchgeführt wurde und auf die im Folgenden näher eingegangen werden soll. Die genannten Autoren konzentrierten sich auf eine Gruppe junger Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion in Deutschland, Finnland und Israel. Sie untersuchten ob die Akkulturationsorientierungen der Spätaussiedler mit den Erwartungen der Einheimischen übereinstimmen oder ob sie voneinander abweichen. Die daraus resultierende Frage war, ob die Wahl der Akkulturationsorientierung mit einer subjektiv empfundenen Diskriminierung oder Stress-Symptomen seitens der Migranten korreliert.
Studie zur Akkulturation von Spätaussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion in Deutschland, Finnland und Israel
Einleitung
Bis Ende der 80er Jahre wurde die Ausreise aus der ehemaligen Sowjetunion stark kontrolliert und nur bestimmte ethnische Volksgruppen, wie Juden, Deutsche, Armenier und Griechen durften aufgrund der Familienzusammenführung auswandern. Jüdische Auswanderer gingen verstärkt nach Israel und Deutsche nach Deutschland. Finnland war weitestgehend von den Folgen massiver Abwanderung verschont geblieben. Da die sogenannten Repatriierten in alle drei Länder problemlos auswandern konnten, wurden sie von den Einheimischen als Gleichstämmige („fellow ethnics“) angesehen, da der gleiche ethnischen Hintergrund angenommen wurde. Im Aufnahmeland zeigte sich jedoch im Laufe der Zeit die kulturelle Verschiedenheit der Immigranten. Der Eindruck der Einheimischen veränderte sich und die russisch-sprechenden Immigranten wurden vom Großteil der Bevölkerung als Fremde, als Russen angesehen. Vorurteile und Diskriminierungen waren somit auch gegenüber den Repatriierten ausgeprägt. Die Haltung gegenüber den eingewanderten Russen war in allen drei Ländern durchweg als negativ bewertet worden.
In der Studie von Jasinskaja-Lahti, Liebkind, Horenczyk und Schmitz wurden ausgewanderte Sowjetbürger in Deutschland, Israel und Finnland auf die von ihnen empfundene Diskriminierung, ihre Akkulturationsstrategien und aufgetretene Stress-Symptome untersucht.
Die beiden folgenden Fragestellungen waren dabei von Bedeutung. Zum einen wollte man wissen inwiefern die Erwartungen der Aufnahmekulturen mit den Akkulturationsorientierungen der Migranten korrelieren. Und zum anderen stellte man sich die Frage, welche Stress-Symptome auftreten, wenn die Akkulturationsstrategien der Migranten mit den Erwartungen der Einheimischen in Konflikt geraten.
Methode
Es wurden insgesamt 570 jugendliche Einwanderer, davon 330 männliche und 240 weibliche, im Alter von durchschnittlich 15,9 Jahren mit Hilfe von Fragebögen befragt.
Die finnische Stichprobe bestand aus 170 (93 Jungen und 77 Mädchen) russisch-sprechenden Einwanderern der ersten Generation mit einem Durchschnittsalter von 15 Jahren, die zum Zeitpunkt der Datenerhebung seit 2,5 Jahren in Finnland lebten. Die israelische Stichprobe bestand aus
298 (190 Jungen und 108 Mädchen) jüdischen Jugendlichen der ehemaligen Sowjetunion mit einem Durchschnittsalter von 16 Jahren, die zur Zeit der Datenerhebung rund vier Jahre in Israel lebten. Die deutsche Stichprobe bestand aus 102 (47 Jungen und 55 Mädchen) Spätaussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion mit einem Durschschnittsalter von rund 16,5 Jahren, die zur Zeit der Datenerhebung bereits seit acht Jahren in Deutschland lebten.
Es gibt bereits erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Stichproben. So wurden in Finnland und Israel jugendliche Immigranten der ersten Generation und in Deutschland der zweiten Generation befragt.
Weiterhin unterscheiden sich die Stichproben bezüglich des Alters der Immigranten bei ihrer Ankunft im Aufnahmeland und ihrer Aufenthaltsdauer. Die Stichproben sind unterschiedlich groß und die Geschlechterverteilung differiert leicht.
Die jugendlichen Immigranten wurden in der Studie mit jugendlichen Einheimischen des jeweiligen Aufnahmelandes verglichen.
Die Kontrollgruppe mit einem Durchschnittsalter von 16 Jahren bestand in Finnland aus 201 Jungen und 158 Mädchen, in Israel waren es 129 Jungen und 85 Mädchen und in Deutschland wurden 145 Jungen und 196 Mädchen befragt.
Die Kontrollgruppe unterschied sich von der Immigrationsgruppe in erster Linie bezüglich der Größe der Stichprobe. So wurden in Finnland und Deutschland mehr Immigranten als Einheimische und in Israel mehr Einheimische als Immigranten befragt. Weiterhin gab es Unterschiede in der Geschlechterverteilung, d.h. sowohl in Finnland als auch in Israel wurden mehr männliche als weibliche Einheimische befragt. In Deutschland waren es mehr weibliche Befragte. Bezüglich des Alters, die Einheimischen waren im Durchschnitt 16 Jahre alt, unterschied sich die Kontrollgruppe von den finnischen Imigranten, die ein Durchschnittsalter von 15 Jahren hatten.
Es wurden in den Jahren 1996 bis 1998 Schüler der Sekundarstufe mit Hilfe von Fragebögen befragt. Die Schüler der Kontrollgruppe waren in einer Klasse oder Klassenstufe mit den Schülern der Immigationsgruppe. Der Fragebogen wurde von original englisch in die jeweiligen Landessprachen und ins Russische übersetzt. Die Kontrollgruppe beantwortete den Fragebogen in ihrer, der Landessprache, die Immigrationsgruppe wahlweise in russisch.
Basierend auf dem theoretischen Modell der psychologischen Akkulturation nach Berry wurden verschiedene Items in fünf Bereichen (Hochzeit, kulturelle Traditionen, Sprache, soziale Aktivitäten und Freunde) formuliert, um die Akkulturationsorientierungen der Immigranten und die Erwartungen der Einheimischen untersuchen zu können. Die Antwortmöglichkeiten reichten von 1 (stimme überhaupt nicht zu) bis 5 (stimme voll zu). Ein Beispiel für die Bevorzugung von Assimilation ist die Antwort „Ich denke, dass sich die russisch-sprechenden Menschen in Finnland an die finnischen kulturellen Traditionen anpassen und nicht ihre eigenen beibehalten sollten“. Das Gegenteil beweist die folgende Antwort, die auf eine Separationsorientierung schließen lässt. „Für mich ist es wichtiger fließend russisch als finnisch zu sprechen“. Ein Indiz für eine integrative Akkulturationsorientierung ist die Antwort „Ich bevorzuge soziale Aktivitäten, die sowohl russisch-sprechende Menschen als auch Finnen einbeziehen“. Für Marginalisierung hingegen spricht die Antwort „Ich möchte weder finnische noch russisch-sprechende Freunde“.
Zur Untersuchung der empfundenen Diskriminierung wurden neun Items verwendet. Zur Messung der relativen Häufigkeit gegenwärtiger Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft seitens Gleichaltriger, Lehrer und anderer Erwachsener oder Kinder und Jugendlicher außerhalb der Schule wurden vier Items verwendet. Die Antwortmöglichkeiten reichten von 1 (nie) bis 5 (sehr oft). Weitere fünf Items wurden zur Messung der persönlichen Erfahrung mit Diskriminierung in Bezug auf das alltägliche Leben im Aufnahmeland herangezogen. Die Antwortmöglichkeiten reichten von 1 (stimme überhaupt nicht zu) bis 5 (stimme voll zu).
Zur Untersuchung der Stress-Symptome benutzte man 15 Items, die in drei Unterklassen unterteilt waren. Depression („Ich fühle mich auch in Gesellschaft einsam“), Angst („Ich fühle mich innerlich nervös und unbeständig“) und psychosomatische Symptome („Mir ist flau im Magen“). Die Antwortmöglichkeiten reichten von 1 (nie) bis 5 (sehr oft).
Ergebnisse:
Zur besseren Systematisierung der Akkulturationsorientierungen der Immigranten und der Erwartungen der Einheimischen untersuchte man in einer ersten Analyse die präferentiellen Akkulturationsorientierungen, die in vier Kategorien eingeteilt werden konnten. Integration, Assimilation, Separation und Marginalisierung. An erster Stelle stand in allen Ländern die Integration, gefolgt von Separation und Assimilation. In allen Ländern betrug der Anteil der Immigranten, die Marginalisierung als ihre Akkulturationsorientierung benannten unter 3% (Diagramm 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Diagramm 2: Präferentielle Akkulturationsorientierungen der Immigranten in verschiedenen Einwanderungsländern
In einer zweiten Analyse, die zu genaueren Ergebnissen führen sollte, untersuchte man neben den präferentiellen auch die alternativen Akkultutrationsorientierungen und erhielt sechs Kategorien. Integration- Assimilation, Integration-Separation, Integration-Marginalisierung, Assimilation, Separation, Marginalisierung. So ergab sich folgende Konstellation. An erster Stelle fand sich Integration-Assimilation, gefolgt von Integration-Separation. In allen Ländern betrug der Anteil der Immigranten, die sich für diese Akkulturationsformen entschieden zusammen etwa 70%. Die verbliebenen 30% verteilten sich in den Ländern allerdings etwas different. Immigranten in Israel und Finnland gaben nach abnehmender Häufigkeit der Nennung aufgezeichnet die Separation, Assimilation und Integration-Marginalisierung als präferentielle Orientierungen an. Die Immigranten in Deutschland nannten an dritter Stelle die Separation gefolgt von Integration-Marginalisierung und Assimilation. Die Marginalisierung als autonome Orientierung spielte wiederum in allen Ländern nur eine untergeordnete Rolle (Diagramm 3).
Immigranten, die entweder Integration-Assimilation oder Integration-Separation bevorzugten, machten in allen drei Ländern den größten Teil aus. In Deutschland tendierten die Einwanderer eher zu Integration-Marginalisierung oder Separation als Integration-Assimilation im Vergleich zu Einwanderern in Finnland oder Israel, von denen die Mehrheit Integration-Separation bevorzugte.
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Diagramm 3: Präferentielle und alternative Akkulturationorientierungen der Immigranten in verschiedenen Einwanderungsländern
Schaut man sich nun die Erwartungen der Einheimischen an, so ergeben ich auch hier Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. Bei der Nutzung von nur vier Kategorien bevorzugten deutsche Einheimische eher Integration und Separation als Assimilation im Vergleich zu finnischen Einheimischen, die einer Integration eine Assimilation vorzogen. Israelische Einheimische bevorzugten ebenfalls Integration mit Tendenz zur Assimilation und Separation. (Diagramm 4)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Diagramm 4: Präferentielle Akkulturationorientierungen der Einheimischen in verschiedenen Einwanderungsländern
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Diagramm 5: Präferentielle und alternative Akkulturationsorientierungen der Einheimischen in verschiedenen Einwanderungsländern
Bei genauerer Untersuchung der Erwartungen der Einheimischen in Bezug auf die Akkulturationsorientierungen der Immigranten, lässt sich feststellen, dass sich deutsche Einheimische eher eine Integration-Separation bzw. Separation und weniger eine Assimilation der Immigranten wünschen.
Bei finnischen Einheimischen war genau das Gegenteil der Fall, denn sie bevorzugen eine Assimilation oder Integration-Assimilation vor einer Integration-Separation. Israelische Einheimische wünschen sich eine Integration-Separation vor einer Integration-Assimilation. (Diagramm 5)
In Verbindung mit der empfundenen Diskriminierung seitens der Immigranten hat man herausgefunden, dass alle Immigranten, die Separationsstrategien nutzten die meiste Diskriminierung erfuhren. Dasselbe gilt für Einwanderer mit Integrationsorientierung, die mehr Diskriminierung erlebten als Assimilationsorientierte. Und dennoch litten die Immigranten, die Separationsstrategien nutzten weniger unter Stress-Symptomen als diejenigen, die Assimilation oder Integration bevorzugten. Dieser Zusammenhang ist jedoch korrelativ, da die Studie nicht längs – sondern querschnittlich angelegt war.
In Finnland und Israel war kein signifikanter Zusammenhang zwischen Akkulturationsorientierung und aufgetretenen Stress-Symptomen zu finden. In Deutschland erfuhren die Immigranten die wenigste Diskriminierung. Ihre jeweils genutzten Akkulturationsstrategien hatten keine Auswirkungen auf den Grad der empfundenen Diskriminierung, doch hatten sie Einfluss auf das Auftreten von Stress-Symptomen. Einwanderer mit einer Assimilationsorientierung berichteten über größere psychische Probleme als Separations-oder Integrationsorientierte. Die Akkulturationsorientierungen sowohl der Immigranten als auch der Einheimischen stimmen nur in Israel und Deutschland weitestgehend überein. Obwohl in Israel und Finnland das Maß an empfundener Diskriminierung gleich hoch ist, zeigen sich in Israel mehr Stress-Symptome.
Diskussion
Trotz der interessanten Ergebnisse der Studie, ist sie nicht ohne weiteres auf andere Studien übertragbar. Es ist eine Querschnittstudie, die die langfristigen Folgen des Akkulturationsprozesses nicht erfassen kann. Weiterhin machen die Unterschiedlichkeit der Länder, in denen die Einwanderer leben, die Dauer ihres Aufenthalts, verschiedene Umstände und Mentalitäten und die unterschiedliche Größe der Stichproben es schwer die Immigranten und ihre Entwicklung in dem jeweiligen Land zu vergleichen. Außerdem läßt sich nicht mit Sicherheit sagen, daß die Ergebnisse nur durch die Situation der Akkulturation zustande gekommen sind oder ob sich die Immigranten vielleicht auch in ihrem eigenen Land in ähnlicher Weise entwickelt hätten. Weiterhin handelt es sich in der Studie nur um Repatriierte, was natürlich beabsichtigt war, und doch ist deshalb keine generelle Verallgemeinerung auf Immigranten möglich. Die Ergebnisse der Studie sind aufgrund der fehlenden Einbeziehung sozialer und persönlichkeits- und gesellschaftsspezifischer Kriterien nicht zu verallgemeinern. Aus den Daten ergibt sich ein Bild über differente landesspezifische Akkulturationsorientierungen der Einheimischen und der Immigranten, so dass die These der gesellschaftlichen und sozialen Beeinflussung der Akkulaturationsorientierungen hierdurch gestützt wird. Die Studie zeigt, dass Integration die wohl beliebteste Akkulturationsstrategie ist, eine These, die in anderen Studien belegt werden konnte. Sieht man sich die Ergebnisse der präferentiellen und alternativen Entscheidung bezüglich der Akkulturationsorientierung genauer an, kann man feststellen, dass die meisten Immigranten in allen drei Ländern neben der Integration auch die Integrations-Separationsstrategie bevorzugten. Diese offerierte Neigung findet sich erstaunlicherweise ebenfalls bei deutschen Einheimischen, während einheimische Israelis und Finnen entweder Integration-Assimilation oder Assimilation bevorzugten. Daraus lässt sich schließen, dass die Menschen in Finnland und Israel die Assimilation der Immigranten als Akkulturationsstrategie bevorzugen, während deutsche Einheimische die Einwanderer eher separieren möchten. Da die Akkulturationsorientierungen der Einwanderer mit denen der Einheimischen differieren, sind Konflikte im Zusammenleben und in der sozial-gesellschaftlichen Integration vorprogrammiert. Das betrifft vor allem die Immigranten, deren Akkulturationsstrategie extrem von den Erwartungen der Einheimischen abweicht. Die vorgestellte Studie unterstreicht diese Vermutung insofern, dass Einwanderer in Finnland und Israel mehr Diskriminierung erfuhren, wenn sie Separation vor Assimilation oder Integration bevorzugten.
Die Immigranten in Deutschland werden von den Einheimischen weniger diffamiert, da Sie die Assimilation bevorzugten, berichten aber andererseits über gehäufte psychische Probleme im Vergleich mit denen die Separation oder Integration bevorzugten.
Auch wenn einige am akkulturativen Geschehen beteiligte moderierende oder mediierende Variablen identifiziert wurden, so lässt sich dennoch der akkulturative Prozess nur teilweise mit Inhalt füllen. Es fehlen Längsschnittstudien, die sich mit Immigration und Akkulturation beschäftigen. Weiterhin mangelt es an Evaluationsstudien, die den Nutzen und die langfristigen Folgen von gezielten Interventionen, zum Beispiel im Bereich der Sprachförderung aufzeigen.
Eine Immigration in andere Länder ist nach gesetzlichen Vorgaben geregelt, bei der konkreten Umsetzung gibt es häufig Probleme, die einer erfolgreichen Integration der Immigraten nicht dienlich sind. Diese Probleme erwachsen aus den unterschiedlichen Orientierungen der Einheimischen und der Immigranten zur Akkulturation, die im zwischenmenschlichen Bereich unabhängig von gesetzgeberischen Vorgaben auftreten.
Letztendlich hängt es häufiger von der Einstellung der Immigranten ab, wie der Prozess der Akkulturation verläuft.
Jemand, der die fremde Sprache spricht, mit Vorkenntnissen in das neue Land kommt, schon einige Verwandte vorfindet, jung ist und den Umzug und alle die damit zusammenhängenden Änderungen des Lebensumfeldes flexibel und erfolgreich zu verarbeiten vermag, wird in anderer Weise Akkulturation erleben als ein Mensch, der all diese Attribute nicht aufweist. Entsprechend unterschiedlich stellen sich Verlauf und Ergebnisse des kulturellen Kontaktes innerhalb einer Gruppe von Immigranten dar. Weiterhin muss bezüglich des akkulturativen Erfolgs bzw. Misserfolgs zwischen freiwilliger und unfreiwilliger Migration unterschieden werden, wobei hier einschränkend festzuhalten ist, dass bei einem Großteil der gegenwärtig mehr als 100 Millionen Migranten weltweit eine klare Unterscheidung zwischen freiwilliger und unfreiwilliger Migration nicht möglich ist. Durch die Bedingung wirtschaftlicher und politischer Entwicklungen verliert das Kriterium Freiwilligkeit an Eindeutigkeit und macht die Unterscheidung zwischen Flüchtlingen oder Auswanderern zunehmend schwerer.
Literaturverzeichnis
Berry, John (1996). Acculturation and psychologiacel adoption. In K. Bade (Hrsg.), Migration –
Ethnizität – Konflikt: Systemfragen und Fallstudien. Osnabrück: Rasch, 171-186
Jasinskaja-Lahti,I., Liebkind,K., Horenczyk,G. & Schmitz,P. (2003). The Interactive Nature of Acculturation: Perceived Discrimination, Acculturation Attitudes and Stress among Young Ethnic Repatriates in Finland, Israel and Germany. International Journal of Intercultural Relations, Vol. 27, 79-97
Oberg, K. (1960). Cultural shock: Adjustment to new cultural environments. Practical Anthropology 7 177- 182
Schmitt-Rodermund,E. (in press). Immigration und Akkulturation
www.psycho.sowi.uni-mainz.de/abteil/soz/literatur/
- Arbeit zitieren
- Ines Will (Autor:in), 2004, Akkulturation - Studie zur Akkulturation von Spätaussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion in Deutschland, Finnland und Israel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/111369
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