Jeden Tag hört man es aufs neue, ein grelles und aufschreckendes Geräusch, welches uns zu verstehen gibt: „Es ist etwas passiert“ oder „jemand braucht Hilfe“.
Die Rede ist vom Martinshorn, das von Rettungsdiensten, Polizei und Feuerwehr benutzt wird, um sich schnell freie Bahn zu verschaffen, um Gesundheitsschäden abzuwenden und Menschenleben zu retten.
Doch oft wird nicht beachtet, dass sich hinter dem Steuer und auf dem Beifahrersitz eines solchen Fahrzeuges Menschen befinden, die es zwar gewohnt sind mit Not und Leid umzugehen, dennoch nahezu jeder Einsatz verläuft nicht ohne psychische Belastungen für die Helfer.
All dies sind Notfälle, zu denen die Helfer im Rettungsdienst, Rettungshelfer, Rettungssanitäter, Rettungsassistenten und Notärzte, jederzeit gerufen werden können um lebensrettende Maßnahmen zu ergreifen.
Bei der Leistungsfähigkeit unserer Helfer gibt es natürliche Grenzen, denn die stete Auseinandersetzung mit Tod, Trauer, Leid und schwerer Krankheit geht an keinem Menschen spurlos vorbei.
Diese Belastung und die damit verbundenen Probleme der Helfer sind kein Anzeichen dafür, dass die Helfer ihrer Aufgabe nicht gewachsen sind, sondern vielmehr, dass es sich bei den Helfern auch um Menschen handelt.
Um genau diesen Stress, diese Belastungen und die Lösungsansätze, die bereits existieren, geht es in dieser Arbeit. Ich werde die Probleme aufzeigen und bestehende Lösungskonzepte, die in der Psychologie und der Stressbearbeitung angewendet werden, vorstellen.
Im Mittelpunkt der Betrachtung soll auch die Fragestellung „Was kann Sozialarbeit in diesem Zusammenhang leisten? Können Sozialarbeiter/-innen mitwirken?“ stehen.
An diesem Thema habe ich ein eigenes tiefes Interesse, da ich seit nunmehr sieben Jahren im Rettungsdienst als Rettungsassistent arbeite. Im Zivildienst habe ich den ersten Kontakt mit dem Rettungsdienst bekommen. Diese Erfahrungen haben mich positiv beeindruckt, sodass ich nun auch die Berufsausbildung zum Rettungsassistenten gemacht habe.
Seit einem Jahr bin ich als Ausbilder für das Personal im Rettungsdienst tätig.
Mein Interesse an dem Thema der posttraumatischen Belastungen hat sich weiter verstärkt als ich vor vier Jahren begann Sozialarbeit zu studieren.
Jedoch soll es sich bei dieser Arbeit in keinem Fall um einen Erfahrungsbericht handeln, sondern um eine wissenschaftliche Arbeit, die mit vorsichtigem partiellem Einsatz eigener Erfahrungen etwas verfeinert werden kann.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Rettungsdienst, Was ist das?
2.1 Das Rettungssystem in Deutschland
2.2 Stellenbeschreibung des Rettungsassistenten
2.3 Belastungen in der täglichen Berufsausübung
2.4 Rolle des Helfers im Rettungsdienst
3. Psychische Belastungen im Arbeitsfeld Rettungsdienst
3.1 Umfrage und Auswertung der absoluten Zahlen
3.1.1 Einsatz, bei dem ein Kind ums Leben kam
3.1.2 Einsatz mit einem Massenanfall von Verletzten
3.1.3 Einsatz bei einem Suizidversuch
3.1.4 Psychische Betreuung vital gefährdeter Patienten
3.1.5 Nach Dienstschluss geht mir ein Einsatz noch durch den Kopf
3.1.6 Angst bei einem Einsatz eine falsche Maßnahme zu ergreifen
3.1.7 Welche Angebote halten sie noch für erforderlich
3.2 Definition des Begriffes Stress
3.3 Die physiologische Stressreaktion
3.4 Psychische Reaktionen durch Stress
3.5 Stressoren im Rettungsdienst
3.6 Wissenschaftliche Erkenntnisse
4. Strategien gegen den Stress nach belastenden Ereignissen
4.1 Vorbeugungsmöglichkeiten
4.2 Stressentlastung und Traumaprophylaxe durch SBE
4.3 Die SBE – Einsatzbegleitung
4.4 Die SBE – Einsatznachbesprechung
4.5 Die SBE – Kurzbesprechung
4.6 Zusammenfassung
5. Erfahrungen und praktische Einsatzmöglichkeiten 57
5.1 Erfahrungsbericht einer psychosozialen Fachkraft
5.2 Erfahrungsbericht eines Peers
6. Erkenntnisse für die Sozialarbeit
6.1 Praktische Umsetzung
6.2 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Eidesstattliche Erklärung
1. Einleitung
Jeden Tag hört man es aufs neue, ein grelles und aufschreckendes Geräusch, welches uns zu verstehen gibt: „Es ist etwas passiert“ oder „jemand braucht Hilfe“.
Die Rede ist vom Martinshorn, das von Rettungsdiensten, Polizei und Feuerwehr benutzt wird, um sich schnell freie Bahn zu verschaffen, um Gesundheitsschäden abzuwenden und Menschenleben zu retten.
Doch oft wird nicht beachtet, dass sich hinter dem Steuer und auf dem Beifahrersitz eines solchen Fahrzeuges Menschen befinden, die es zwar gewohnt sind mit Not und Leid umzugehen, dennoch nahezu jeder Einsatz verläuft nicht ohne psychische Belastungen für die Helfer.
Schwere Verkehrsunfälle – Reanimationen – plötzlicher Kindstod – Wohnungsbrände mit eingeschlossenen Personen – Kindesmisshandlung – Vergewaltigung – Transporte ins Hospiz – Großschadenslagen mit vielen Verletzten und Toten
All dies sind Notfälle, zu denen die Helfer im Rettungsdienst, Rettungshelfer, Rettungssanitäter, Rettungsassistenten und Notärzte, jederzeit gerufen werden können um lebensrettende Maßnahmen zu ergreifen. Die Helfer sind sehr gut ausgestattet und ausgebildet um diese Situationen in den Griff zu bekommen und den Einsatz
„abzuarbeiten“.
Oft wird vergessen, dass da nicht das „stumpfe Bauchtrauma“ liegt, sondern ein Mensch, der Gefühle, wie Todesangst, Unsicherheit und Schmerzen hat. Das wird dem Helfer erst dann klar, wenn er sich mitten in diesem Einsatzgeschehen befindet oder wenn der Einsatz abgeschlossen ist.
Bei der Leistungsfähigkeit unserer Helfer gibt es natürliche Grenzen, denn die stete Auseinandersetzung mit Tod, Trauer, Leid und schwerer Krankheit geht an keinem Menschen spurlos vorbei.
Diese Belastung und die damit verbundenen Probleme der Helfer sind kein Anzeichen dafür, dass die Helfer ihrer Aufgabe nicht gewachsen sind, sondern vielmehr, dass es sich bei den Helfern auch um Menschen handelt.
Um genau diesen Stress, diese Belastungen und die Lösungsansätze, die bereits existieren, geht es in dieser Arbeit. Ich werde die Probleme aufzeigen und bestehende Lösungskonzepte, die in der Psychologie und der Stressbearbeitung angewendet werden, vorstellen.
Im Mittelpunkt der Betrachtung soll auch die Fragestellung „Was kann Sozialarbeit in diesem Zusammenhang leisten? Können Sozialarbeiter/-innen mitwirken?“ stehen.
An diesem Thema habe ich ein eigenes tiefes Interesse, da ich seit nunmehr sieben Jahren im Rettungsdienst als Rettungsassistent arbeite. Im Zivildienst habe ich den ersten Kontakt mit dem Rettungsdienst bekommen. Diese Erfahrungen haben mich positiv beeindruckt, sodass ich nun auch die Berufsausbildung zum Rettungsassistenten gemacht habe.
Seit einem Jahr bin ich als Ausbilder für das Personal im Rettungsdienst tätig.
Im Laufe der Jahre habe ich eigene Erfahrungen sammeln können, daher kann ich viele Gedanken und wissenschaftliche Ansätze nachvollziehen und bestätigen.
Mein Interesse an dem Thema der posttraumatischen Belastungen hat sich weiter verstärkt als ich vor vier Jahren begann Sozialarbeit zu studieren. Hier habe ich auch die theoretischen und wissenschaftlichen Hintergründe, z.B. Kommunikationstheorien, erfahren, aber auch viele Grundlagen wie Gesprächsführung kennen gelernt und durchgeführt.
Jedoch soll es sich bei dieser Arbeit in keinem Fall um einen Erfahrungsbericht handeln, sondern um eine wissenschaftliche Arbeit, die mit vorsichtigem partiellem Einsatz eigener Erfahrungen etwas verfeinert werden kann.
Ferner wird hier aufgezeigt, welchen Stellenwert in der Stressbearbeitung die Sozialarbeit einnehmen und wie diese daran mitwirken kann.
2. Der Rettungsdienst: Was ist das?
Der Rettungsdienst ist bei uns bekannt als Krankenwagen und Notarzt. Wenn man in der Öffentlichkeit fragt, was die Bürger unter Rettungsdienst verstehen, ist immer von diesen Begriffen die Rede. Doch was steht hinter dem Rettungsdienst, wer sind denn die „Krankenwagenfahrer“ von denen immer die Rede ist? Müssen die Leute eine Ausbildung machen? Was lernen die denn da?
Welche Einsätze fahren die? Wann darf der Bürger die Retter denn rufen? Solche und ähnliche Fragen bleiben immer offen, wenn vom Rettungsdienst und Feuerwehr die Rede ist.
Wenn in einer wissenschaftlichen Arbeit vom Rettungsdienst gesprochen wird und dieser sogar im Mittelpunkt der Arbeit steht, müssen vorher einige dieser Fragen geklärt werden und der Aufbau unseres Rettungssystems in Deutschland erklärt werden.
2.1 Das Rettungsdienstsystem in Deutschland
Die Versorgung von Verletzten spielte bereits in den beiden Weltkriegen eine bedeutende Rolle. Hier wurden bereits Hilfeleistungen von Helfern und Sanitätern an den Schlachtplätzen, im Lazarett oder im heimatlichen Krankenhaus dokumentiert.
Die Ausbildung der Helfer vor Ort war eine einfache Ausbildung zum Sanitäter mit dem Schwerpunkt der Wundversorgung, also chirurgische Tätigkeiten.
Später wurden dann die Erfahrungen, die man in den Kriegsjahren gemacht hatte, auf das zivile Leben übertragen, mit dem Ziel möglichst schnell einen Arzt zur Unfallstelle zu bringen. So entstand dann in den 50er Jahren der mobile OP-Wagen. Dieser hat sich in den Jahren wegen der geringen Auslastung einerseits, und dem veränderten Schwerpunkt der Notfälle in den internistischen Bereich andererseits nicht bewährt. Daher entschied man sich dann Ende der 50er Jahre ein Fahrzeug zu konstruieren, welches den Erkrankten/ Verletzten möglichst schnell ins Krankenhaus transportieren kann. Die Qualifikation des Personals umfasste einen Führerschein und einen Erste Hilfe Kurs, bei manchen auch ein Sanitätskurs.
In den 60er Jahren wurde dann der Ruf nach einer qualifizierten Ausbildung mit dem Schwerpunkt Notfallmedizin vorn Seiten der Ärzteschaft aber auch von Seiten der Hilfsorganisationen, die den Großteil des Rettungsdienstes durchführten, laut.
Man entschied sich 1977 eine Ausbildung zum Rettungssanitäter in der Größenordnung von 520 Stunden einzuführen. Fortan wurde es Pflicht, mindestens einen Rettungssanitäter auf einem Rettungswagen einzusetzen. Für den anderen Helfer, den Fahrer, reichte ein Erste Hilfe-Kurs weiterhin aus.
Ziel war es jedoch, ein Berufsbild für den Rettungsdienst zu schaffen. Dies hat politische, rechtliche und versicherungstechnische Vorteile, weil der Rettungssanitäter kein anerkannter Beruf ist.
So entwickelte der Gesetzgeber unter Druck der Hilfsorganisationen und der Berufsverbände im Rettungsdienst 1989 den Beruf des Rettungsassistenten, eine zwei- jährige Berufsausbildung. Rettungssanitäter, die bereits über große Erfahrung im Rettungsdienst verfügen, konnten sich bis zum Jahr 2000 zum Rettungsassistenten anerkennen lassen, da es sonst zu einem Mangel an Rettungsassistenten gekommen wäre.
Die Ausbildung der Rettungsassistenten umfasst bei der normalen Ausbildung 2 Jahre, die gegliedert sind in ein ¾ Jahr theoretische Ausbildung in einer staatlichanerkannten Schule für Rettungsassistenten, einem ¼ Jahr praktische Ausbildung in einem Lehrkrankenhaus, sowie einem Jahr praktischer Ausbildung an einer Lehrrettungs- wache. Die Ausbildung wird mit der Prüfung zum Rettungsassistenten vor einer staatlichen Prüfungskommission abgeschlossen.
Nach Erhalt der Berufsanerkennungsurkunde darf der Auszubildende dann die Berufsbezeichnung Rettungsassistent führen.
Neben den Rettungsassistenten werden auch weiterhin Rettungssanitäter im Rettungsdienst eingesetzt.
Einen weiteren, aber weitaus geringeren Anteil am Personal im Rettungsdienst machen die Rettungshelfer aus. Diese Mitarbeiter genießen eine 80-stündige Ausbildung und müssen sich dann auch einer staatlichen Prüfung stellen. Nach erfolgreichem Abschluss der Prüfung absolvieren die angehenden Rettungshelfer ein Praktikum und erhalten im Anschluss daran ihre Urkunde.
Der Rettungshelfer ist der am wenigsten qualifizierte Mitarbeiter mit der geringsten Ausbildung und wird ausschließlich im Krankentransport auf Krankenwagen und nicht in der Notfallrettung eingesetzt.
Der Rettungssanitäter wird als Beifahrer/ Transportführer im Krankentransport und als Fahrer in der Notfallrettung auf Rettungswagen eingesetzt.
Das überwiegend durch Rettungsassistenten besetzte Fahrzeug ist der Rettungswagen und die Notarztbesetzen Rettungsmittel wie Notarztwagen, Notarzteinsatzfahrzeuge und Rettungshubschrauber.
Eine besondere Rolle spielt das ärztliche Personal im Rettungsdienst. Die Ärzte im Rettungsdienst müssen ihre Approbation besitzen und dann an einem Kurs für Notärzte teilnehmen, sowie ein Praktikum bei einem Notarzt absolvieren.
Hiernach bekommen die Ärzte dann den Fachkundenachweis Rettungsdienst und dürfen sich als Notärzte bezeichnen.
Deutschland ist eines der wenigen Länder überhaupt, in dem eine solche Struktur und eine geregelte Ausbildung des Personals vorhanden ist. Viele Länder arbeiten mit ausgebildetem Personal, aber ohne Ärzte, in anderen Ländern ist es umgekehrt, d.h. es sind zwar Ärzte vorhanden, aber nicht ausgebildetes Assistenzpersonal.
Die Struktur und der Aufbau des Rettungsdienstes in Deutschland unterliegt den jeweiligen Ländergesetzen. So gibt es in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel ein Landesrettungsgesetz NRW. Die Gesetze sind in den meisten Bestandteilen gleich, unterschiedlich sind nur Kleinigkeiten, sodass von einer Konformität der Rettungsdienstgesetze gesprochen werden kann.
2.2 Stellenbeschreibung des Rettungsassistenten
Der Rettungsassistent ist der höchstqualifizierte nicht-ärztliche Mitarbeiter im Rettungsdienst. Hieraus ergibt sich auch ein großes Aufgabenfeld mit verschiedenen Verantwortungsbereichen.
Geregelt werden diese Aufgabenbereiche durch die Landesrettungsdienstgesetze. Diese sehen eine Besetzung der Rettungsmittel (Krankentransportwagen, Rettungstransportwagen, Notarztwagen und Notarzteinsatzfahrzeug) durch Rettungsassistenten vor.
Da die Besetzung eines Rettungswagens und der notarztbesetzten Rettungsmittel fast immer die Qualifikation eines Rettungsassistenten verlangt, ist auch der vorwiegende Einsatzbereich der Rettungsassistenten auf einem solchen Fahrzeug.
Neben der Besetzung der Fahrzeuge gehört auch die Pflege und Wartung des Fahrzeuges und der Ausstattung zum Aufgabenbereich des Rettungsassistenten. Diese umfasst tägliche Kontrollen, Funktionsüberprüfungen und andere Tests, die im Regelfall zu Dienstbeginn durchgeführt werden. Hier wird jedes Teil der Ausstattung in die Hand genommen und überprüft. Diese Kontrolle dient der Sicherheit des Personals und der Patienten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tätigkeiten des Rettungsdienstpersonals außerhalb des Einsatzes:
-Tägliche Fahrzeugkontrollen und Funktionscheck,
-Gerätekontrollen der technischen und medizinischen Geräte und Ausrüstung,
-Fahrzeug- und Gerätepflege,
-Fahrzeugdesinfektion, täglich und wöchentlich,
-Auffüllen und austauschen verbrauchten und abgelaufenen Materials,
-Ständige Einsatzbereitschaft bewahren.
Bei der Desinfektion steht der hygienische Aspekt im Mittelpunkt, denn krankmachende Keime könnten immer ins Fahrzeug gelangen, daher wird eine Desinfektion turnusmäßig, d.h. täglich und wöchentlich durchgeführt. Bei Transporten von infektiösen Patienten, z.B. Tuberkulose oder Meningitis, ist eine Desinfektion auch außerhalb des Rhythmus notwendig.
Wird der Rettungsassistent durch die Leitstelle zu einem Notfall gerufen, so liegt sein Verantwortungsbereich in der Versorgung und Überwachung des Patienten.
Diese eigentliche Hauptaufgabe der Rettungsassistenten ist im Rettungs- assistentengesetz vom 01.09.1989 deutlich definiert:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Rettungsassistenten können jedoch nicht nur im Alarmdienst eingesetzt werden, sondern auch in Leitstellen.
Dort übernimmt der Rettungsassistent die Entgegennahme der Notrufe (meist telefonisch), die Auswahl des geeigneten Rettungsmittels und die Alarmierung der Rettungsmittel. Während des Einsatzes „begleitet“ er das Rettungsmittel, d.h. er unterstützt die Besatzung aus der Leitstelle, z.B. bei Bettensuchen, Anfragen an Fachkrankenhäuser.
Ein recht neues Tätigkeitsfeld für die Rettungsassistenten hat sich durch die Weiterbildung zum Praxisanleiter und Lehrrettungsassistenten ergeben.
Die Aufgabe der Lehrrettungsassistenten besteht in der Ausbildung von angehenden Rettungsassistenten an Berufsfachschulen für den Rettungsdienst.
Die Lehrrettungsassistenten sind in der Ausbildung mit der Vermittlung berufspolitischer Ausbildungsinhalte sowie den meist praktischen Lehrinhalten betraut. Dies erscheint in der Ausbildung sehr sinnvoll, da diese Aspekte besser von einem Praktiker unterrichtet werden können als aus der Theorie.
Verlässt ein Rettungsassistent nach Abschluss der theoretischen Ausbildung die Schule und beginnt er sein praktisches Ausbildungsjahr, so muss dies an einer Lehrrettungswache stattfinden. Dies bedeutet, dass mindestens ein Lehrrettungsassistent mit der Begleitung und Ausbildung der Jahrespraktikanten betraut ist.
Hier werden dann die Lehrrettungsassistenten in der Praxisanleitung tätig, welche nicht nur die Vermittlung praktischer Fertigkeiten sondern vor allem die Begleitung der Berufseinsteiger vorsieht. Auch die Belastungen, die ein Rettungsassistent in der Ausübung seines Berufes erfährt, sollen hier aufgezeigt werden und in einem offenen Gespräch soll darüber diskutiert werden und ein Erfahrungsaustausch stattfinden.
2.3 Belastungen in der täglichen Berufsausübung
Durch die Stellenbeschreibung eines Rettungsassistenten wird schnell deutlich, dass diese Tätigkeiten mit physischen wie auch psychischen Belastungen einhergeht.
Diese Belastungen sind unterschiedlicher Natur, daher möchte ich sie an dieser Stelle genauer aufschlüsseln.
a) körperliche (physische) Belastungen,
b) seelische (psychische) Belastungen.
Zu den körperlichen Belastungen zählen in aller erster Linie die handwerklichen Herausforderungen, denen der Helfer im Rahmen seiner Tätigkeit gegenübersteht. Aber auch die Schichtarbeit zählt mit zu den physischen Faktoren.
Der Regeldienst des Rettungsassistenten wird in weiten Teilen Deutschlands im sogenannten 24-Stunden-Dienst absolviert. Diese 24 Stunden sind aufgeteilt in acht Stunden Arbeitsdienst, acht Stunden Bereitschaftszeit und acht Stunden Ruhezeit auf der Wache. Dies bedeutet gerade im Großstadtrettungsdienst Einsatzbereitschaft und Einsatzzeit rund um die Uhr. Auch in der Ruhezeit werden anfallende Einsätze abgearbeitet. Aufgrund dieser Umstände ist es unerlässlich auch aus der Schlafphase heraus geweckt zu werden und zu einem Einsatz zu fahren und dort der täglichen Arbeit nachzugehen.
Aber auch wenn alternative Dienstplankonzepte Anwendung finden, wird der Wechselschichtdienst von den Mitarbeitern als Belastung empfunden. Praktisch wird der Dienst in einem solchen Fall im Acht-Stunden-Rhythmus mit Früh-, Spät- und Nachtdienst oder im 12-Stunden-Rhythmus versehen.
Die von den Mitarbeitern beschriebenen Belastungen sind aus allen anderen Berufen, in denen Schichtdienst angewendet wird, bekannt. Physische und psychische Probleme bringt der ständige Wechsel zwischen Früh-, Spät- und Nachtdienst mit sich.
Hierneben ist auch der Wechsel im sozialen Umfeld eine starke Belastung, denn der Bekannten und Freundeskreis muss sich auf den Wechseldienst einrichten, was nicht immer funktioniert. Hierdurch kommt es zu Spannungen im sozialen Umfeld, die nicht selten im Zusammenbruch der Beziehungen enden.
Zu der körperlichen Belastung gehört auch der Transport von Patienten und Material. Zu einem Einsatz muss der Rettungsassistent sämtliches möglicherweise benötigte Material mitnehmen, das Gewicht umfasst meist mehr als 25 Kilogramm. Im Anschluss an die Basisversorgung erfolgt der Patiententransport. Hierfür muss der Patient erst einmal aus dem Haus/ der Wohnung in den Rettungswagen verbracht werden. Oftmals müssen mehrere Treppen überwunden werden.
Da der Patient meist sitzend oder liegend transportiert wird, müssen Patient und Tragestuhl oder Trage gehoben werden. Diese zusammen wiegen oftmals 70 Kilogramm und mehr.
Dies ist auch eine starke körperliche Belastung.
Hierneben wird auch die tägliche Exposition mit starken Chemikalien wie Desinfektionsmitteln und ähnlichen Stoffen als Belastung von einigen Mitarbeitern beschrieben.
Eine weitaus größere Belastung, nach Umfragen unter den Betroffenen, empfinden die Mitarbeiter jedoch psychisch. Psychische Faktoren belasten die Betroffenen weitaus mehr und tiefer als die körperlichen Faktoren.
An dieser Stelle möchte ich nur eine Übersicht über verschiedene Faktoren liefern, da sich die gesamte Arbeit schwerpunktmäßig mit dem Thema befasst und ich auf verschiedene Teile später noch genauer eingehen werde.
Es liegt auf der Hand, dass es für jeden Helfer eine Belastung darstellt, wenn mit Menschen in Krisensituationen gearbeitet wird. Diese Krisensituationen können soziale, psychische aber auch gesundheitliche Krisen sein. Menschen in Stressphasen, wie manche Patienten und Klienten, verhalten sich oft unberechenbar oder unangemessen. Die Arbeit mit diesen Menschen stellt den Helfer vor besondere Probleme– es ist immer wieder eine Herausforderung.
Im Rettungsdienst spielt die tägliche Konfrontation mit Leid, Krankheit und Tod eine zentrale Rolle. Es ist für jeden Menschen schwer täglich hiermit umzugehen, sowohl mit schwerkranken Patienten als auch mit deren Angehörigen.
Auch der tägliche Kampf gegen die Zeit, denn in vielen Notfallsituationen ist die Zeit ein wichtiger Faktor zur Bewältigung der Situation, ist ein nicht unwichtiger Stressor. Oft bestimmt der Zeitfaktor über Leben und Tod eines Patienten.
Weitere Stressoren, die unter diesen Bereich fallen sind die Anfahrt unter Blaulicht und das grelle „Schreien“ des Martinshornes durch den Verkehr.
Auch die Ungewissheit über das, was das Helferteam an der Einsatzstelle erwartet wird von vielen als Belastung beschrieben und wird noch verstärkt durch die Ungewissheit über die Gefahren, die am Einsatzort lauern, wie z.B. bei Wohnungsbränden, bei Verkehrsunfällen auf Autobahnen oder Unfällen mit Gefahrstoffen.
Die Gefährdung des eigenen Lebens ist zwar unbedingt zu vermeiden, doch oftmals ist das wegen der Unwissenheit über die Gefahr nicht möglich und das Wissen hierüber führt zu Ängsten bei den Helfern, die als Belastung empfunden werden.
Immerhin wird auch die Angst vor dem Ergreifen einer falschen Maßnahmen von vielen Helfern als Belastung gewertet. Diese Belastung ist zwar um so geringer, je höher der Wissensstand und die Berufserfahrung ist, dennoch sollte auch dies hier angesprochen werden.
Als besonderen Einsatz wird von nahezu allen Rettungsdienstmitarbeitern unterschiedlicher Qualifikationen der Tod eines Kindes beschrieben.
Ein solcher Einsatz wird einstimmig als starke Belastung benannt und gewertet. Auch lebensgefährlich verletzte oder erkrankte Kinder stellen großen psychischen Stress für die Helfer dar.
Begünstigt werden die Stressoren auch durch die Diensttätigkeit auf der Rettungswache, besonders dann, wenn lange Wartezeiten (> 10 Stunden) zwischen den Einsätzen liegen oder wenn die Einätze direkt hintereinander ohne Pause erfolgen. In letztem Fall haben die Helfer keine Möglichkeit den Einsatz nach zu besprechen und abzuschließen.
Diese Faktoren gehören in den institutionellen Rahmen, der die Auswirkungen der Stressoren auf den Körper mitbestimmt. Hierzu gehören auch Probleme unter der Besatzung, im Team oder mit den Vorgesetzten.
Weiterhin begünstigen auch persönliche Faktoren, wie Ärger oder Probleme in der Beziehung/ Familie, Fehlen des Ehemanns bei Feiern im Freundes- und Bekanntenkreis, eigene Erkrankungen, Schwierigkeiten bei der Kindererziehung etc. die Entstehung von Stressreaktionen.
Vergleichbar ist dieser Zusammenhang mit dem berühmten Fass, welches viele Tropfen aufnehmen kann, aber irgendwann kommt mal ein Tropfen der dieses Fass zum Überlaufen bringt. Ähnlich verhält es sich mit der Belastbarkeit, denn der Körper kann viele Einflüsse kompensieren, doch irgendwann sind so viele negative Belastungen aufgetreten, dass sich tatsächliche Probleme und im schlimmsten Fall sogar Erkrankungen ausbilden.
All diese persönlichen Faktoren werden in der Psychologie als soziale Ressourcen bezeichnet. Auf den Stellenwert und den Einfluss dieser Ressourcen wird im nächsten Kapitel deutlicher eingegangen.
2.4 Rolle des Helfers im Rettungsdienst
Jeder Mensch übernimmt in soziologischer und auch in sozialer Hinsicht bestimmte Rollen. Diese Rollen sind nicht nur vom Individuum, nämlich dadurch dass jeder Mensch anders ist, sondern auch vom jeweiligen Stand der Person in seinem sozialen Umfeld abhängig. Dies kann an einem Beispiel leicht bewiesen werden:
Herr X ist Arbeiter in einer kleinen Firma. In seiner Freizeit ist er Vorsitzender eines Sportvereins. In seiner Firma erwartet man, dass er seine Arbeiten laut den Anweisungen und Vorschriften erledigt. Seine Vereinskameraden im Sportverein erwarten von ihm die Leitung des Vorstandes, Organisation der Wettkämpfe und die Vertretung des Vereins nach außen.
An diesem Beispiel ist deutlich, dass ein und die selbe Person unterschiedliche Rollen übernehmen kann. An die verschiedenen Rollen sind auch unterschiedliche Rollenerwartungen geknüpft, die sich aus den gesellschaftlichen Ansprüchen und Wertvorstellungen ergeben.
In der Sozialarbeit versteht man unter sozialer Rolle nach Kreft und Mielenz:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Aus dieser Definition, die aus dem Wörterbuch „Soziale Arbeit“ stammt ist ersichtlich, dass eine soziale Rolle immer mit Erwartungen an den Inhaber der Rolle einhergeht.
Diese Grundannahme ist wichtig, denn der Helfer im Rettungsdienst übernimmt mit seiner Tätigkeit auch eine Rolle. Er hat ein klar definiertes Aufgabenfeld und einen Tätigkeitskatalog, nämlich die in den vorhergehenden Kapiteln dargestellten. Diese Aufgaben sind ihm bewusst.
Er hat sein Handwerk gelernt und beherrscht diese Maßnahmen, so wie Arbeitgeber, Gesetz, Kollegen, Stand der Wissenschaft etc. es von ihm fordern.
Neben diesen offiziellen Rollenanforderungen, die jeder Mitarbeiter kennt, weil sie in Form von Gesetzen, Vorschriften und Dienstanweisungen niedergeschrieben sind, gibt es aber auch andere Rollenerwartungen, nämlich die, die der Laie an den Helfer hat.
Hierunter fällt z.B. auch die Erwartung, dass der Rettungsdienst nach dem Notruf schnell da ist und die Laienhelfer aus der Verantwortung entlässt. Die Profis sollen dann den Notfall schnell übernehmen, „...die wissen ja schließlich besser als ich was zu tun ist.“ Solche und ähnliche Aussagen sind immer wieder zu hören. Diese Aussagen implizieren dem Rettungsdienstpersonal gleichzeitig, welche Ansprüche an ihr Handeln gesetzt werden. Man erwartet von den Profis jetzt richtiges Handeln welches gleichzeitig mit dem Ziel der Rettung des Verletzten/ Erkrankten einhergeht. Diese Anforderung ist unabhängig vom Patienten, das heißt, der Patient muss auf jeden Fall gerettet werden. Diese Anforderungen sind an keiner Stelle schriftlich fixiert und von daher kann man sich darauf auch nicht vorbereiten. Nebenbei ist dem Rettungsdienstpersonal sehr wohl bewusst, dass das Überleben des Patienten von vielen äußeren Faktoren abhängig ist, wie z.B. dem Zeitfaktor, der durch die Helfer nicht beeinflusst werden kann.
Durch diese Rollenerwartung entsteht auch Stress, wie bereits vorher geschildert.
Die Erwartungen an den Rettungsdienst sind um so stärker, je näher sich der Notfall in häuslicher Umgebung mit Angehörigen abspielt. Die ältere vielleicht chronisch kranke Ehefrau erwartet vom Rettungsdienstpersonal, dass diese ihren leblosen Ehemann erfolgreich ins Leben zurückholen, weil sie sonst nicht weiß, was sie alleine machen soll. Sie ist hilflos und erwartet nun vom Rettungsdienstpersonal, dass diese erfolgreich arbeiten. Hier ist deutlich, welche Erwartungen durch die soziale Rolle des Helfers an die Rolleninhaber gestellt werden.
Um diese Rollenerwartungen zu wissen und der Versuch diesen gerecht zu werden, ist einer der stärksten Stressoren, denen ein Helfer ausgesetzt ist. Und je aussichtsloser die Situation des Patienten ist, desto stärker sind die Erwartungen.
3. Psychische Belastungen im Arbeitsfeld Rettungsdienst
Im ersten Kapitel wurde deutlich, dass das Tätigkeitsfeld für die Mitarbeiter eine belastende Arbeit sein kann.
Viele einzelne Faktoren beeinflussen bei dem einzelnen Helfer, ob die Arbeit im Rettungsdienst als stark oder weniger stark belastend empfunden wird. Dies ist immer individuell zu betrachten.
An dieser Stelle ist es nötig, möglichst zu einer objektiven Aussage zur Belastung im Rettungsdienst zu kommen.
Da jedoch Stress immer unterschiedlich empfunden wird, kann eine solche globale Aussage nicht ohne das Erfassen mehrerer Voti möglich scheinen.
Um jedoch eine Stellungsnahme möglichst vieler Betroffener zu erhalten, wird in der Wissenschaft sich meist des Instruments der Umfrage bedient.
Hier ist es möglich zu einer annähernd repräsentativen Aussage zu kommen, wenn einige Regeln beachtet werden.
Ferner ist es wichtig zu bestimmen, was genau Belastung und Stress für das Individuum bedeutet und welche möglicherweise pathologischen Auswirkungen Stress auf den Körper hat. Wie kommt es zu Stress und welche physiologischen, hormonellen und neurologischen Auswirkungen hat Stress auf den Körper?
Letztlich soll klar gemacht werden, welche Belastungen Rettungsdienstmitarbeiter empfinden und was dies für die berufliche Tätigkeit bedeutet.
3.1 Umfrage und Auswertung der absoluten Zahlen
Um zu einem Meinungsbild und zu einer möglichst repräsentativen Aussage zu kommen, hat Herr Frank Bindmann im Rahmen seiner Diplomarbeit „Untersuchung zur aktuellen Situation der Ausbildung des Rettungsdienstpersonals in der BRD“, eine anonyme Umfrage unter Einsatzkräften durchgeführt (Bindmann, Martin-Luther- Universität Halle-Wittenberg Medizinische Fakultät, 2001)
Zu den Umständen der Untersuchung ist zu sagen, dass diese zum größten Teil im Internet auf einer Seite des BVRD „Berufsverband für den Rettungsdienst“ stattfand. Hierdurch ist schon ersichtlich, dass die Zielgruppe direkt angesprochen worden ist. Dennoch bleibt offen, ob unter den Teilnehmern auch solche sind, die tatsächliche schwere Einsätze hinter sich gebracht haben und hier aus eigener Erfahrung sprechen,
oder ob die Teilnehmer nur Mutmaßungen abgegeben haben.
Diese Frage zu klären ist nicht möglich, daher sollten diese Punkte nicht außer Acht gelassen werden. Dennoch bewerte ich diese Umfrage als zutreffend, vor allem weil es eine andere ähnlich umfassende Arbeit hierzu nicht gibt.
Wichtig ist bei der Auswertung der Zahlen, dass es sich um die Präsentation absoluter Zahlen handelt, d.h. die Zahlen sind nicht aufgegliedert in Qualifikationsstufen, Geschlecht oder Alter. Dies bedeutet, dass nicht deutlich wird, ob Rettungshelfer beispielsweise stärker betroffen sind als Rettungsassistenten oder ob Frauen mit bestimmten Einsatzsituationen mehr Probleme haben als Männer.
Dies spielt auch keine große Rolle, da das Ziel dieser Umfrage in dieser Arbeit ausschließlich die Darstellung von psychischen Belastungen ist.
Im Rahmen der Internetumfrage des Berufsverbandes BVRD in Gießen wurden 1.801 Mitarbeiter befragt.
Der größte Teil der Teilnehmer an der Umfrage waren in der Alterskohorte von 20 – 30 Jahren (51%). Das am stärksten vertretende Geschlecht ist, wie auch bei den Mitarbeitern auf den Rettungswachen, mit 80 % das männliche.
Bei den Schulbildungen spielen vor allem die Fachoberschulreife mit 32% und das Abitur ebenfalls 32% die größte Rolle.
Die Länge der Mitarbeit im Rettungsdienst der Teilnehmer liegt schwerpunktmäßig in dem Bereich von 1-10 Jahren (67%). Hier wurden jedoch noch weitere Untergruppen gebildet, doch die spielen keine wichtige Rolle.
Auf die Frage nach dem Ausbildungsstand der Teilnehmer gaben 29% die Qualifikation des Rettungssanitäter und 39% die des Rettungsassistenten an. Nur 21% der befragten Rettungsdienstmitarbeiter haben eigene Kinder.
Mit diesen Fragen wurde der allgemeine Teil und die persönlichen Angaben des Teilnehmers verlassen und in die fachbezogenen Fragen eingestiegen.
Dieser fachbezogene Bereich besteht aus zwei wichtigen Teilen, nämlich
a) Ermittlung der Belastung der Mitarbeiter bei besonderen Einsatzsituationen,
b) Bewertung der Vorbereitung der Mitarbeiter auf solche besonderen Einsatzsituationen.
In dieser Arbeit ist jedoch nur der Teil a der Umfrage in Verbindung mit der letzten Frage, nämlich der Frage nach weiteren erforderlichen Angeboten wichtig.
Für den Bereich Stressermittlung und Stressbewertung sind folgende Fragen interessant:
1) Wie belastet Sie ein Einsatz, bei dem ein Kind ums Leben kam?
2) Wie belastet Sie ein Einsatz mit einem Massenanfall von Verletzten?
3) Wie belastet Sie ein Einsatz bei einem Suizidversuch?
4) Wie belastet Sie die psychische Betreuung eines vital gefährdeten Patienten?
5) Wie stark empfinden Sie die Belastung, wenn Ihnen ein schwerer Einsatz nach Dienstschluss noch durch den Kopf geht?
6) Wie belastet Sie die Angst bei einem Einsatz eine falsche Maßnahme zu ergreifen?
7) Welche der folgenden Angebote halten Sie für erforderlich?
Bei der Auswertung der Zahlen in eine grafische Darstellung sind folgende Diagramme entstanden.
3.1.1 Einsatz, bei dem ein Kind uns Leben gekommen ist
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Frage 6 der Umfrage des Berufsverbandes für den Rettungsdienst (F. Bindmann)
Bei dieser Frage wird schnell deutlich, dass es bei Einsätzen, in die Kinder mitverwickelt sind, auch beim Rettungsdienstpersonal schnell zu psychischen Belastungen kommt.
Dieser Umstand ist besonders dadurch zu erklären, dass Kindernotfälle in der Relation zu anderen Einsatzstichworten doch recht selten sind. Dies bedeutet, dass eine Erfahrung oder Routine bei den Helfern normalerweise nicht vorhanden ist. Außerdem werden Kindernotfälle in der Ausbildung nur stiefmütterlich behandelt.
Hierdurch entsteht schnell eine Belastung für den Helfer.
Nebenbei ist es für jeden Menschen eine Belastung zu erkennen, dass ein junges Leben eines Kindes bereits beendet ist, bevor es richtig begonnen hat.
Diese Aussage ist immer wieder von betroffenen Personen zu hören.
Es wird hierbei deutlich, dass diese Einsatzsituationen für das Rettungsdienstpersonal die größte Stressbelastung darstellt.
Die Erkenntnis und die Ursache bzw. die Erklärungsversuche für diese Tatsache gewinnen später noch an Bedeutung; an der Stelle an der auf Ursache und Wirkung von Stress und Belastungen eingegangen wird.
3.1.2 Einsatz mit einem Massenanfall Verletzter
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Frage 7 der Umfrage des Berufsverbandes für den Rettungsdienst (F. Bindmann)
Auch bei diesem Einsatz handelt es sich nicht um eine Einsatzsituation, der die Helfer alltäglich gegenüberstehen. Von einem Massenanfall Verletzter (MANV) spricht man ab ca. 10 Verletzten, wobei dies regional unterschiedlich ist. Diese Einsatzsituation verlangt dem Rettungsdienstpersonal nicht nur fachlich-medizinisches sondern vor allem logistisches und führungstechnisches Wissen ab, da über den Erfolg eines solchen Einsatzes bereits die ersten Minuten entscheiden.
„vor Ort die Einsatzleiterfunktion und führt bis zum Eintreffen eines (Leitenden) Notarztes eine Triage1 durch, legt Behandlungs- und Transportprioritäten fest“ (Kühn / Luxem / Runggaldier 1998, S. 684).
Hier lastet auf dem ersteintreffenden Rettungsdienstmitarbeiter eine ganz besondere Verantwortung, auf die er in seiner Ausbildung zwar vorbereitet worden ist, doch er muss dieses Wissen unter Umständen in seinem ganzen Berufsleben gar nicht anwenden.
Neben dieser Verantwortung ist es auch für den Helfer eine Belastung, an der Einsatzstelle nicht direkt medizinisch tätig zu werden, sondern nur organisatorisch. Hieraus wird ersichtlich, dass auch wieder die mangelnde Routine und Vorbereitung auf Bewältigungsstrategien eine wichtige Rolle für die schwere der Belastung spielt. Spektakuläre Einsätze mit mehreren Verletzten werden immer wieder in der Presse veröffentlicht.
Der jüngste und spektakulärste dieser Vorfälle ereignete sich mit den Anschlägen auf die Vereinigten Staaten von Amerika am 11. September 2001. Hier ist jedoch wegen der noch andauernden Untersuchungen kein statistisches Material zu bekommen.
Jedoch besonders gut untersucht und dokumentiert wurde das Auftreten von Stress und posttraumatischen Belastungsreaktionen im Zusammenhang mit der Flugkatastrophe von Ramstein (Jatzko, H. Jatzko, S. /Seidlitz 1995).
1) Müller-Cyran, A.: Suizid und Suizidprävention aus psychologischer Sicht ,1997
3.1.3 Einsatz bei einem Suizidversuch
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Frage 8 der Umfrage des Berufsverbandes für den Rettungsdienst (F. Bindmann)
Diese Frage soll ermitteln, wie stark solche Einsätze, bei denen vom Rettungsdienst- personal eine Ambivalenz erwartet wird, als psychische Belastung empfunden werden. Die Ambivalenz besteht darin, jemandem zu helfen, der offensichtlich keine Hilfe will, weil er aus eigenen Stücken und Beweggründen das Leben beenden will.
Diese Einsatzindikation gewinnt immer mehr an Bedeutung, da in Deutschland mehr Menschen durch Suizide sterben als bei Verkehrsunfällen.
Ein Einsatz mit einem Suizidanten stellt an den Helfer in erster Linie keine fachlich medizinischen, sondern vielmehr psychologische und betreuerische Ansprüche.
„In diesen Situationen werden Notärzte und Rettungsassistenten mit der Hilf- und Ratlosigkeit der Suizidianten oder deren Angehörigen konfrontiert, mit Schuldgefühlen und Angst, mit der Erwartung, helfen zu müssen, wo bisher nichts und niemand helfen konnte. In solchen Situationen spielt die Notfall- medizin nur noch eine untergeordnete Rolle, gefordert ist eine Kompetenz, die in der Ausbildung nicht vermittelt wurde.“ (Müller-Cyran 1997, S. 233 1 )
3.1.4 Psychische Betreuung eines vital gefährdeten Patienten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Frage 9 der Umfrage des Berufsverbandes für den Rettungsdienst (F. Bindmann)
Im Gegensatz zu allen anderen Fragen, geht es hier nicht um ein definiertes Krankheitsbild.
Die richtige, allen Regeln der modernen Wissenschaft entsprechende, notfall- medizinische Versorgung von vital bedrohten Patienten ist der juristisch definierte Aufgabenbereich des Rettungsdienstmitarbeiters. Doch nach der medizinischen Versorgung müssen die Patienten auch psychisch betreut werden.
Dadurch, dass Rettungsdienstmitarbeiter ständig mit vital bedrohten Patienten zu tun haben, liegt die Vermutung nah, dass die Helfer für diese Belastung geeignete Bewältigungsstrategien entwickelt haben. Es ist also davon auszugehen, dass die Stressbelastung von den Probanden als gering empfunden wird.
Diese Vermutung wird durch das Ergebnis der Umfrage bestätigt. Hierdurch wird auch die persönliche Vorbereitung als präventiver Ansatz zur Stressbewältigung deutlich herausgestellt.
3.1.5 Nach Dienstschluss geht mir ein Einsatz noch durch den Kopf
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Frage 10 der Umfrage des Berufsverbandes für den Rettungsdienst (F. Bindmann)
Bei der persönlichen Bearbeitung von belastenden Einsätzen tritt dieses Phänomen, also dass sich wichtige kognitive Einflüsse, wie Gedanken an den Patienten oder seine Angehörigen, vor allem auf. Hier wird deutlich, dass eine Belastung durch den Betroffenen verarbeitet wird. Von den Betroffenen werden insbesondere Bilder, Geräusche oder Gerüche als belastend eingestuft, weil sich diese immer in Leistungsprozesse des Gehirns einspielen und Konzentrations- und Gedächtnis- schwierigkeiten hervorrufen können. Eine Einflussnahme auf diesen Prozess ist nicht möglich. Der Prozess wird dann als problematisch betrachtet, wenn der Helfer nicht mehr in der Lage ist diese Kognitionen von der eigenen Person zu abstrahieren, z.B. die Gedanken an den Patienten nicht von seinem eigenen Leben, z.B. der Familie trennen kann. Helfer berichten nach belastenden Einsätzen oftmals von bestimmten Gefühlen, wie Angst, Wut, Trauer, Hoffnungslosigkeit, Hilflosigkeit und Überforderung.
Aus diesen Gefühlen können sich im Laufe des Verarbeitungsprozesses Schuldvorwürfe entwickeln.
Allein das Wissen über die Verantwortung, die auf einem Helfer liegt, wird oftmals als psychische Belastung empfunden. So ist es klar, dass bei einer Fehlleistung, z.B. Gabe eines falschen Medikaments oder Bedienungsfehler der technischen Geräte, der Patient unter Umständen schaden nimmt, oder gar verstirbt.
[...]
1 Triage = Sichtung der Verletzten und Einteilung in die folgenden Kategorien:
„- unmittelbar vital gefährdete Personen mit Überlebenschance,
- schnell stabilisierende Patienten mit Transportpriorität,
- geh- oder zumindest sitzfähige Patienten,
- Patienten mit sehr geringen Überlebenschancen“ (BITTGER 1996, S. 86)
- Arbeit zitieren
- Götz Barkey (Autor:in), 2002, Zur Rolle und Situation des Helfers im Rettungsdienst, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11093
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