Die Gestalt der Jeanne d’Arc hat schon seit jeher nicht nur die Geschichtsschreibung bewegt. Die Geschichte dieses Bauernmädchens, das die französischen Truppen zum Sieg über die Engländer führte und schliesslich als Hexe verbrannt wurde, ist Grundlage für Dramen von Shakespeare (Henry Vl.), Schiller ( Die Jungfrau von Orleans), George Bernhard Shaw (Die heilige Johanna), Jean Anouilh ( L’Alouette) und Bertolt Brecht (Die heilige Johanna der Schlachthöfe). Mark Twain schrieb eine fiktive Autobiografie von Jeanne d’Arc (unter dem Pseudonym Sieur Louis de Conte.
In der Musik sind vor allem das Werk Jeanne d’Arc au bûcher von Arthur Honegger und die frühe Oper Giovanna d’ Arco von Giuseppe Verdi bekannt.
In dieser Hausarbeit werden die Dramen von Shakespeare und Schiller untersucht. Nach der Schilderung des historischen Stoffes werden die beiden Dramen von Shakespeare und Schiller verglichen. Dann wird der Nebentext (Titel, Personenverzeichnis, Regieanweisungen) und den Begriff der Handlung genauer betrachtet.
Die Handlung wird dann an der Figur der Johanna genauer untersucht, um die unterschiedliche Charakterisierung der gleichen Person darzulegen.
Inhaltsverzeichnis
Titelblatt
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
2. Die historischen Hintergründe
2.1 Der hundertjährige Krieg
2.2 Johanna von Orleans
3. Gattungskonstituierende Merkmale
3.1 Der Begriff des Nebentextes
3.2 Der Dramentitel 3.2.1 Shakespeare 3.2.2 Schiller 3.3 Das Personenverzeichnis
3.4 Regieanweisungen und dramaturgische Mittel
3.3.1 Shakespeare
3.3.2 Schiller
3.5 Der Begriff der Handlung
4. Die Hauptfiguren in beiden Dramen
4.1. Johanna von Orleans bei Shakespeare
4.2. Johanna von Orleans bei Schiller
5. Zusammenfassung
Personen bei Shakespeare
König Heinrich der Sechste
Humphrey, Herzog von Gloucester,
Protektor,Onkel des Königs
Johann, Herzog von Bedford, Regent von
Frankreich, Onkel des Königs
Thomas Beaufort, Herzog von Exeter
Grossonkel des Königs
Heinrich Beaufort, Bischof von
Winchester, späterer Kardinal ,
Grossonkel des Königs
Johann Baufort, Herzog von Somerset
Richard Plantagenet, Sohn Richards,
des verstorbenen Grafen von Cambridge,
später Herzog von York
Richard Beauchamp, Graf von Warwick
Thomas Montacute, Graf von Salisbury
William de la Pole, Graf von Suffolk
Lord Talbot, später Graf von Shrewsbury
Johann Talbot, sein Sohn
Edmund Mortimer, Graf von March
Sir Johann Fastolf
Sir William Lucy
Sir William Glasdale
Sir Thomas Gargrave
Der Bürgermeister von London
Richard Woodville, Kommandant des
Towers
Vernon, Angehöriger der Partei der
Weissen Rosevon York
Basset, Angehöriger der Partei der Roten
Rose von Lancaster
Ein päpstlicher Gesandter
Ein Rechtsgelehrter
Mortimers Gefängniswärter
Karl, Dauphin von Frankreich
René,Herzog von Anjou, König von Neapel
und Titularkönig von Jerusalem
Herzog von Burgund, Onkel des Königs
Herzog von Alençon
Bastard von Orléans
Statthalter von Paris
Erster Kanonier von Orléans und sein Sohn
General der französischen Truppen in
Bordeaux
Ein französischer Sergeant
Ein Pförtner
Ein Schäfer, Vater der Johanna von Orléans
Margarete, Tochter des René, später mit
König heinirch verheiratet
Gräfin von Auvergne
Die Jungfrau Johanna, allgemein Johanna
von Orléans genannt
Teufel, welche der Johanna von Orléans
erscheinen
Lords, Wachen im Tower, Herolde, Beamte, Soldaten,Boten und Diener
(Stauffenburg Verlag)
Personen bei Schiller
Karl der Siebente, König von Frankreich
Königing Isabeau, seine Mutter
Agnes Sorel, sine Geliebte
Philipp der Gute, Herzog von Burgund
Graf Dunois, Bastard von Orleans
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Erzbischof von Reims
Chatillon, ein burgundischer Ritter
Raoul, ein lothringischer Ritter
Talbot, Feldherr der Engelländer
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Montgomery, ein Walliser
Ratsherren von Orleans
Ein englischer Herold
Thibaud d’Arc, ein reicher Landmann
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Claude Marie ihre Freier
Raimond
Bertrand, ein anderer Landmann
Die Erscheinung eines schwarzen Ritters
Köhler und Köhlerweib
Soldaten und Volk, königliche Kronbediente, Bischöfe, Mönche, Marschälle, Magistratspersonen, Hofleute und andere stumme Personen im Gefolge des Krönungszuges
( Rcclam Universal –bibliothek Nr. 47)
1. Einleitung
Die Gestalt der Jeanne d’Arc hat schon seit jeher nicht nur die Geschichts-schreibung bewegt. Die Geschichte dieses Bauernmädchens, das die französischen Truppen zum Sieg über die Engländer führte und schliesslich als Hexe verbrannt wurde, ist Grundlage für Dramen von Shakespeare (Henry Vl.) , Schiller (Die Jungfrau von Orleans), George Bernhard Shaw (Die heilige Johanna) , Jean Anouilh ( L’Alouette) und Bertolt Brecht (Die heilige Johanna der Schlachthöfe). Mark Twain schrieb eine fiktive Autobiografie von Jeanne d’Arc (unter dem Pseudonym Sieur Louis de Conte.
In der Musik sind vor allem das Werk Jeanne d’Arc au bûcher von Arthur Honegger und die frühe Oper Giovanna d’ Arco von Giuseppe Verdi bekannt.
In dieser Hausarbeit werden die Dramen von Shakespeare und Schiller untersucht. Nach der Schilderung des historischen Stoffes werden die beiden Dramen von Shakespeare und Schiller verglichen.
Dann wird der Nebentext (Titel, Personenverzeichnis, Regieanweisungen) und den Begriff der Handlung genauer betrachtet.
Die Handlung wird dann an der Figur der Johanna genauer untersucht, um die unterschiedliche Charakterisierung der gleichen Person darzulegen.
2. Die historischen Hintergründe
2.1. Der hundertjährige Krieg
Der hundertjährige Krieg zwischen den Königreichen England und Frankreich dauerte mit Unterbrechungen von 1337 bis 1453. Er wurde verursacht durch die Ansprüche der englischen Könige auf den französischen Thron nach dem Aussterben der Kapetinger. Nach der grossen Schlacht bei Poitiers tritt Frankreich einige Gebiete an England ab.
1369 nimmt der neue König von Frankreich, Karl V. den Krieg wieder auf und erobert einen Teil der besetzten Gebiete zurück. Als er stirbt, besteigt sein Sohn Karl Vl., der später wahnsinnig wird, den Thron. Ab 1396 herrscht für 28 Jahre ein Waffenstillstand.
1415 zieht Heinrich V. erneut gegen Frankreich in den Krieg und schlägt das französische Ritterheer vernichtend bei Azincourt. Burgund tritt auf die Seite Englands und erkennt die Ansprüche Heinrich V. auf den französischen Thron an. Die englische Armee erobert die ganze Normandie, die Burgunder erobern Paris. Der erst 16- jährige Dauphin Karl flieht. Seine Mutter Isabeau und der geisteskranke König Karl Vl. sind auf der Seite Burgunds.
1428 beginnt die Belagerung von Orleans, dessen Einnahme den Engländern den Weg in den Süden frei machen würde.
Mit Hilfe von Jeanne d’Arc gelingt es den Franzosen Orleans zu befreien. Nach weiteren Siegen wird der Dauphin zum König von Frankreich gekrönt. Als Karl Vll. geht er einen kurzfristigen Waffenstillstand ein. Nach einem erfolglosen Versuch Paris einzunehmen wird eine Verlängerung des Waffenstillstands vereinbart. 1430 belagert Philipp von Burgund Compiègne. Jeanne d’Arc eilt der königstreuen Stadt zu Hilfe, gerät aber in einen Hinterhalt und wird von den Burgundern gefangen genommen.
Vier Jahre später kommt es in Arras zum Friedensschluss.
2.2. Johanna von Orleans
Johanna wurde 1412 in Domrémy als Tochter einer Bauernfamilie geboren. Ihre Eltern waren Jacques d’ Arc und Isabelle Romée.
1425 hörte sie (so ihre Behauptung) zum ersten Mal „Stimmen“ des Erzengels Michael, der Heiligen Katharina und der Heiligen Margaret, die ihr auftrugen, die Engländer aus Frankreich zu vertreiben und den Dauphin Karl nach Reims zur Krönung zu bringen. Nach einem ersten erfolglosen Versuch den königlichen Heerführer Robert de Baudricourt zu sprechen, wurde sie 1429 doch von ihm empfangen. Mit dessen Erlaubnis brach sie, Männerkleidung tragend, nach Chinon auf um den Dauphin zu treffen.
Johanna gelang es ihn von ihrer Mission zu überzeugen, nachdem sie zuvor von Theologen befragt wurde und auch den Beweis ihrer Jungfräulichkeit erbracht hatte.
Mit einer Rüstung und einem weissen Banner ausgestattet (welches die königliche Lilie schmückte) errang sie ihren Sieg in Orleans. Danach überredete sie Karl, nach Reims zu marschieren, wo er in ihrem Beisein zum König gekrönt wurde.
Bei dem Versuch ihn dazu zu bringen Paris den Burgundern zu entreissen scheiterte sie. 1430 wurde sie bei der versuchten Befreiung von Compiègne von den Burgundern gefangen genommen. Zwei misslungene Fluchtversuche folgen, bevor die Burgunder sie an den Bischof von Beauvais, Pierre Cauchon, einen Verbündeten Englands verkaufen.
Johanna wurde der Ketzerei angeklagt und vor Gericht gestellt.
Am 21. Februar 1431 begann der Prozess. In einem Versuch ihr Leben zu retten unterzeichnete sie ein Geständnis, indem sie zugab, die Stimmen nur erfunden zu haben. Zwei Tage später widerrief sie dieses Geständnis.
Am 30. Mai 1431 wurde sie in Rouen auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[1]
3. Gattungskonstituierende Merkmale
3.1. Der Begriff des Nebentextes
Das Drama besteht aus einem so genannten ’ Haupttext’ und dem ’Nebentext’. Der Haupttext ist der gesprochene Text auf der Bühne, der Nebentext besteht aus mehreren Teilen, so dem Dramentitel, dem Personenverzeichnis, den Akt- und Szenenmarkierungen und den Regieanweisungen. Dieser Nebentext hilft dabei aus dem gesprochenen Wort etwas unmittelbar Erlebbares zu machen. Personenführung, Sprache, Kostüme, Bühnenbild, Bewegungen, Geräusche, Requisiten, das alles wird im Nebentext erfasst, um damit dem Theaterbesucher die Handlung auf der Bühne zum direkten Erlebnis zu machen.
Aus diesem Nebentext lässt sich auch sehr viel betreffend der Vorstellung des Autors herauslesen, und es lassen sich Rückschlüsse auf die Aufführungspraxis der Entstehungszeit ziehen.
3.2. Der Dramentitel
3.2.1. Shakespeare
1 Henry VI - König Heinrich der Sechste. Erster Teil
Dieser Titel zeigt schon deutlich, dass es sich um einen Teil eines Ganzen handelt. Die Trilogie um König Heinrich gehört zu den zehn Historiendramen Shakespeares und wurde vermutlich in der Zeit zwischen 1591 und 1593 verfasst. Der Titel lässt auf die Hauptfigur des Dramas schliessen.
3.2.2. Schiller
Die Jungfrau von Orleans
Eine romantische Tragödie
Dieser Titel stellt Jeanne d’Arc in den Vordergrund. Sie ist die Hauptfigur des Dramas. Der Untertitel schafft für den heutigen Leser eine Atmosphäre, die durch das Wort „romantisch“ und seine Bedeutung gegeben ist.
Seit Ende des 18. Jh. wurde ‚romantisch’ zum Schlüsselbegriff einer Kunst-theorie. Es bezeichnete Gefühl und Ahnung im Gegensatz zu Verstand und Vernunft[2].
Einen Hinweis auf sein Verständnis der Bezeichnung ‚romantische Tragödie’ gibt Schiller im Brief an August Wilhelm Iffland vom 5. August 1803:
„ ein Stoff wie das Mädchen von Orleans findet sich sobald nicht wieder, weil hier das weibliche, das heroische und das göttliche selbst vereinigt sind“ (Lecke, S.488f.)[3]
3.3. Das Personenverzeichnis
Bei den beiden Personenverzeichnissen fällt auf, dass die Figuren nach Rang und Stand aufgelistet sind. So ist bei Shakespeare Heinrich der Sechste zuerst genannt, bei Schiller aber Karl der Siebente von Frankreich. Daraus ist schon klar ersichtlich, dass Shakespeare von der englischen Seite her die Geschichte betrachtet und Schiller von der Seite der Franzosen.
Bei Shakespeare erscheint ‚die Jungfrau Johanna’ als letzte Person vor den stummen Rollen. Obwohl sie im Drama eine wichtige Rolle spielt, wird so ihre soziale Stellung herausgestrichen, die fast wichtiger scheint als die Stellung als dramatische Figur.
Bei Schiller ist dies auch deutlich zu sehen. Der Dramentitel stellt Johanna klar in den Mittelpunkt, aber im Personenverzeichnis ist sie „nur“ eine der drei Töchter von Thibaut d’Arc.
Die Personenverzeichnisse sind so aufgebaut, dass die standeshöchsten Figuren zuerst genannt werden. Bei Shakespeare die englischen Machthaber vor den französischen, bei Schiller genau umgekehrt. Der rang ist wichtiger als die Bedeutung im Drama oder die Reihenfolge des Auftretens.
3.4.Regieanweisungen und dramaturgische Mittel
3.4.1. Shakespeare
Die Regieanweisungen beschränken sich hauptsächlich auf nennen der Auf – und Abtritte der Personen. Nur selten wird vermerkt, wie etwas gesprochen werden soll, so zum Beispiel im zweiten Akt, Szene 2 die Anweisung für Talbot Zeile 59 zu flüstern.
In der Szene zwischen Suffolk und Margarete (V.3) ist die Anweisung Beiseite (Aside), dies zeigt an, dass er alles was er denkt nur fürs Publikum sagt, im Gegensatz zu dem Text, den er direkt an Margarete wendet.
Des Weiteren findet man Hinweise für Kampflärm (I.6. Zeile 26,33 und 39) und Kampfhandlungen ( z. B. I.2 Zeile 104; I.3.Zeile 69; I.5 Zeile 8 und 12) .
Der Hinweis Jetzt Schlachtenlärm /Here alarum (I.2 Zeile 22) ist wegen der Einleitung mit Here ein Grund zur Autorschaftsdiskussion.[4]
Zu Beginn des ersten Aktes wird die Situation genauer beschrieben, als Teil der Exposition, um den Zuschauer mit Zeit und Ort der Handlung vertraut zu machen:
Totenmarsch. Der Leichenzug König Heinrich des Fünften tritt
auf, begleitet vom Herzog von Bedford, Regent von Frankreich; dem
Herzog von Gloucester, Protektor; dem Herzog von Exeter, dem Grafen
von Warwick, dem Bischof von Winchester und dem Herzog von
Somerset (, Herolden usw.)[5]
In Akt 1.3 wird die Farbe der Jacken von Gloucesters und Winchesters Dienern erwähnt. Die Parteizugehörigkeit wird so sichtbar. Ein weiterer Hinweis auf Bekleidung ist in Akt II. 1 gegeben:
Die Franzosen springen in ihren Hemden über die Mauern (und gehen
ab) . Der Bastard, Alençon, René treten von verschiedenen Seiten auf,
halb bekleidet und halb unbekleidet.[6]
Somit ist klar, dass die Franzosen im Schlaf überrascht wurden.
Als Regieanweisung findet man nichts zur Bekleidung von Johanna bis zu Akt III.2, und dort nur der Hinweis, dass sie verkleidet auftritt.
Weitere dramaturgische Mittel sind der Einsatz von Trompeten, Trommeln und Musik. Trompetenstösse als Ankündigung des Auftritts von Karl (I.2 und I.69) Trommeln als Begleitmusik zum Auftritt der Soldaten (I.2) und als Trauermusik (II.1) . Wenn im dritten Akt Szene 3 nacheinander ein englischer und ein französischer Marsch ertönen, sollte das dem Publikum vermitteln, das hinter der Bühne englische und französische Truppen sind.[7]
Bühnentechnische Mittel sind in Form von Donner und Blitz erwähnt. Dies in Akt I.4 :
Jetzt ertönt ein Angriffsignal, und es donnert und blitzt.
sowie in Akt V.3.
Es donnert.
In beiden Fällen sind es Szenen, die mit Zauberei oder übernatürlichen Kräften in Verbindung zu bringen sind. In der ersterwähnten Szene spricht der Bote von Johanna und in der zweiten Szene ist es Johanna selber, welche die übernatürlichen Kräfte anspricht.[8]
Als letztes seien hier die Auftritte der Teufel erwähnt, die von Johanna gerufen in Akt V.3 auftreten. Ihr Handeln wird mit fünf Sätzen bestimmt:
Teufel treten auf.
Sie gehen umher und sprechen nicht.
Sie lassen den Kopf hängen.
Sie schütteln den Kopf.
Sie gehen weg.
Dass sonst kaum ein Hinweis auf Art des Sprechens, der Gestik, der Bewegung, Kleidung und Bühnenausstattung vorhanden ist, liegt daran, dass es zu Shakespeares Zeiten üblich war, durch den Text „das Bühnenbild zu vermitteln“. Kostüme waren meist „Erbstücke“ von Adligen. Sie entsprachen mehr der gegenwärtigen Mode, als dass Werktreue verlangt war. Shakespeare gehörte zur
Truppe The Lord Chamberlain’s Men die ab ca. 1599 im neu erstellten Globe Theatre auftrat.
Die genaue Datierung von Henry Vl ist nicht eindeutig vorzunehmen. So wird eine Entstehungszeit zwischen 1589 und 1592 angenommen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das alte Globe Theater[9]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bühne im neuerstellten Globe Theater[10]
3.4.2. Bei Schiller
Was beim Vergleich zu Shakespeares Drama auffällt ist, dass bei Schiller bedeutend mehr Anweisungen nicht nur zur Bühnengestaltung stehen, sondern vor allem auch zur Art des Agierens, Reagierens und Sprechens.
Der Prolog und die Aufzüge sind immer mit einer Schilderung der Szene versehen.
Prolog: Eine ländliche Gegend. Vorn zur Rechten ein Heiligenbild
in einer Kapelle; zur Linken eine hohe Eiche.
Erster Aufzug: Hoflager König Karls zu Chinon.
Zweiter Aufzug: Gegend von Felsen begrenzt.
(Sechster Auftritt) Der Prospekt öffnet sich, Man sieht das englische Lager
in vollen Flammen stehen. Trommeln, Flucht und Ver-
folgung.
Dritter Aufzug: Hoflager des Königs zu Chalons an der Marne.
(Sechster Auftritt) Der Schauplatz verwandelt sich in eine freie Gegend,
die von Bäumen begrenzt wird. Man sieht während der
Musik Soldaten über den Hintergrund schnell wegziehen.
(Neunter Auftritt) Man sieht eine andere öde Gegend des Schlachtfelds. Man
sieht die Türme von Reims in der Ferne, von der Sonne be-
leuchtet.
Vierter Aufzug: Ein festlich ausgeschmückter Saal. Die Säulen sind mit
Festons umwunden, hinter der Szene Flöten und Hoboen.
(Vierter Auftritt) Die Szene verwandelt sich in einen freien Platz vor der
Kathedralkirche.
Fünfter Aufzug: Ein wilder Wald. In der Ferne Köhlerhütten. Es ist ganz
Dunkel, heftiges Donnern und Blitzen, dazwischen
Schiessen.
(Neunter Auftritt) Ein Wartturm, oben eine Öffnung.
(Vierzehnter Auftritt) Die Szene verwandelt sich in das Schlachtfeld.
Schon diese Anweisungen zu der Bühnenausstattung zeigen den Unterschied zu Shakespeare. Hatte dieser sein Drama für die Aufführung auf der Freilichtbühne konzipiert, so ist Schillers Drama für einen Theaterbau mit Vorhang und wechselnden Kulissen angelegt.
Ein weiterer wichtiger Unterscheidungspunkt sind die differenzierten Anweisungen zu Ausdruckweise in der Sprache, Gestik und Mimik der Figuren.
Dies steht sicher in engem Zusammenhang zu dem im Lehrbrief erwähnten formbewussten Spielkonzept der Klassik.
Der Schauspieler soll die Figur so anlegen, wie sie der Dichter sich vorstellt.
Anweisungen die Sprache betreffend:
Verzweiflungsvoll ( 1.3, Zeile 5939)
Sie nähert sich dem König und spricht geheimnisvoll( I.10, 1012)
Weit häufiger sind aber die Anweisungen, welche emotionale Äusserungen in Gestik und Mimik betreffen.
So zum Beispiel:
König verbirgt das Gesicht heftig weinend, grosse Bewegung des
Erstaunens unter den Anwesenden. Nach einer Pause. (l.10,1040)
oder:
Burgund(lebhaft bewegt, schlägt die Augen zu ihr auf und betrachtet sie
mit Erstaunen und Rührung. ( II.10 , 1798)[11]
Wenn bei Schiller so genaue Angaben gemacht sind, heisst es nicht, dass sie bei Shakespeare ganz fehlen. Aber sie sind nicht als reine Regieanweisung vorhanden. Auf den Bühnen der Shakespeare- Zeit war es üblich für die Zuschauer mimische Äusserungen zu nennen:
Mir scheint, Ihr schaut ernst drein, seht erschreckt aus. ( l.2. 48)[12]
Wie schon bei Shakespeare kommen auch in Schillers Drama Musik, Waffenlärm und Effekte wie Donner und Blitz vor.
Trommeln und Trompeten begleiten Johanna(II.4. und IV.9; IV.10) und den König (IV.10). Des Weiteren sind Flöten und Oboen (Hoboen) im Einsatz beim sechsten Auftritt des 4. Aufzugs, der sonst nur aus dem stummen Einzugs des zu krönenden Königs besteht.
Donner und Blitz künden wie bei Shakespeare das Unheil an, wenn in der Szene mit Dunois Verteidigung Johannas ein heftiger Donnerschlag ertönt und nach der Rede Thibauts ein weiterer heftiger Donnerschlag alle mit Entsetzen erfüllt
( IV.11 ,3020).
Wenn bei Shakespeare die stummen Teufel erscheinen, ist bei Schiller die dunkle Macht durch den Auftritt des schwarzen Ritters gekennzeichnet. Im Gegensatz zu den shakespeareschen Teufeln spricht er mit Johanna. Nach seiner Warnung an Johanna verschwindet er wieder:
Nacht. Blitz und Donnerschlag. Der Ritter versinkt ( III.9. 2446)
Zur Kleidung sind nur Anweisungen für zwei Personen gegeben, die Jungfrau von Orleans und ihren Vater. So in Akt 2 , Szene 4: Johanna mit der Fahne, in Helm und Brustharnisch, sonst aber weiblich gekleidet und etwas später in Akt 3, Szene 4 : Sie ist im Harnisch, aber ohne Helm, und trägt einen Kranz in den Haaren (der Kranz als Zeichen der Freude und im Text erwähnt als Zeichen der Priesterin). Für Thibaut erscheint im vierten Akt, 8. Auftritt der Hinweis auf schwarze Kleidung (Verlust von Johanna zeichnet sich ab).
Auf- und Abtritte werden bei Schiller auch erwähnt. Aber im Gegensatz zu Shakespeare sind sie am Ende der Akte nicht zwingend. Das Fehlen der Vorhänge machte es zur Zeit Shakespeares unerlässlich das Ende eines Aktes durch eine leere Bühne zu kennzeichnen.
3.5.Der Begriff der Handlung
Das griechische Wort Drama bedeutet Handlung, Geschehen. Nach Martin Eisslin versteht man darunter ... eine mimetische Aktion, eine Handlung, die menschliches Verhalten nachahmt oder darstellt...[13]
Bei Wolfgang Richard findet man folgende Erläuterung:
... literarische Grossform, in der eine in sich abgeschlossene,
konfliktbestimmte Handlung durch Personen in Rede und Gegenrede
und szenischer Aktion dargestellt wird ...Wesensmerkmal der dra-
matischen Handlung ist der dramatische Konflikt, der aus Kollision
der Hauptfiguren (Protagonist und Antagonist) entsteht.[14]
Hier zeigt es sich, dass mit Handlung nicht nur den erzählerischen Inhalt erfasst, ebenso wenig darf man nur die Aktion (Action) betrachten. Auch wenn nicht viel Sichtbares auf der Bühne passiert, kann auf der seelischen Ebene Handlung ablaufen.
Eine kleine Geste, ein Blick oder eine grössere Aktion sind als Handlung zu sehen. Alles , das eine Situationsveränderung beinhaltet ist Handlung.
Auch ist jede Handlung (Aktion) auf andere Personen bezogen, also faktisch eine Interaktion.
Wenn man nun genauer betrachtet, was sich auf der Bühne im Drama ereignet, kommt man zum vierfachen Begriff von Handlung
1. Handlung als subjektives Tun
2. Handlung als Spiel
3. Handlung als aussersubjektive Einwirkung
4. Handlung als Struktur- oder Organisationsprinzip (Bauplan)[15]
Die ersten drei Punkte werden in den zwei folgenden Abschnitten untersucht. Der vierte Punkt wird im anschliessenden Kapitel behandelt.
3.5.1 Handlung als subjektives Tun
Zwei Arten des subjektiven Tuns spielen im Drama eine grosse Rolle: das politische Handeln und das moralische Handeln. Hier finden wir sowohl in Henry VI wie auch in Die Jungfrau von Orleans in der Rolle der Jungfrau eine Figur, die Entscheidungen nicht nur in politischer, sondern auch in moralischer Hinsicht treffen muss. Sie handelt nicht aus freien Stücken, sie wird durch die Stimmen geleitet. So gesehen bleibt ihr kaum eine Möglichkeit, ihrem Schicksal zu entfliehen. Die Flucht misslingt und wenn auch in beiden Dramen ein unterschiedliches Ende gezeigt wird, endet es für Johanna mit dem Tod.
Auch die anderen Figuren sind vor allem auch durch ihren Stand zu Handlungen verpflichtet.
Dass Könige und Heerführer ihrer Standesrolle gemäss handeln ist auf die Charakteristik ihrer Bühnenfigur zurückzuführen. Bei Johanna ist ihr Handeln auf den historischen Ausgang hin angelegt. Ihrer Sendung gemäss darf sie sich nicht verlieben (Schiller), auch nützt ihr die gegenüber den Engländern gemachte Aussage sie sei schwanger (Shakespeare) nichts. Sie kann nicht als gewöhnliche Frau gelten. Als Heilige oder Zauberin, je nach Ansicht, unterliegt sie genauso Zwängen.
Ihr Handeln führt zu Leiden und unweigerlich zum Tod.
3.5.2 Handlung als Spiel
3.5.3
Alles was auf der Bühne geschieht ist Spiel. Shakespeare hat die Bühne sogar mit dem Traum verglichen (Puck im Sommernachtstraum). Schiller erwähnt im Prolog zu Wallenstein den Unterschied von Bühnendarstellung und Lebensernst.
Den Dramatiker war bewusst, dass sie das Leben „nur“ darstellen lassen. Dem Publikum wurde es auch noch deutlich gesagt
Das Drama von Schiller unterlag dem formbewussten Spielkonzept der Klassik, das sich eng an das französische „théâtre classique“ gelehnt hatte.
So spricht auch Johanna nicht anders als die Adligen, ja sie wird bei Schiller auch Tochter eines reichen Landmannes, wo sie bei Shakespeare noch die Tochter eines Schäfers ist.
3.5.4 Handlung als aussersubjektive Einwirkung
3.5.5
Im Drama kommen nicht nur menschliche Personen vor. So greifen in beiden Dramen überirdische Kräfte ein. Johanna wird von Stimmen geleitet, sie ruft in Henry VI die finsteren Mächte zu Hilfe, bei Schiller erscheint der schwarze Ritter.
Diese Mächte sind es schlussendlich, die das Schicksal von Johanna besiegeln.
So gesehen ist der Stoff der Johanna durch seine historische Grundlage nicht ein typisches Beispiel der Zeit Schillers (auch Shakespeares).
Waren in der Zeit des Barock die metaphysischen Kräfte die treibende Macht der Handlung auf der Bühne, spiegelte sich im 17. und 18. Jahrhundert auf der Bühne das Leben auf der irdischen Ebene.
Ein weiterer wichtiger Punkt im Drama ist neben dem Agieren das Interagieren. Wenn im normalen leben es möglich ist, sich indifferent zu verhalten, so ist auf
der Bühne dies nicht möglich. Auch das Indifferente müsste dann gespielt werden.
Die Interaktion kommt meist aus gegensätzlichen Verhältnissen. Wenn wir jetzt die beiden Dramen von Shakespeare und Schiller vergleichen, finden wir Polaritäten:[16]
1. Auf der politischen Ebene- die Herrscher Frankreichs und Englands,
ihre Heerführer, und bei Shakespeare der schwelende Konflikt der
Parteien der künftigen Rosenkriege.
2. Auf der sozialen Ebene ist der Unterschied der Herkunft Johannas zu
den anderen Hauptfiguren sicher nicht so wichtig wie
3. Auf der religiösen Ebene, da Johanna von der Heiligen zur Ketzerin gemacht wird, und so den sicheren Tod findet. Bei Schiller schweigt sie still zu den Anschuldigungen, bei Shakespeare verteidigt sie sich und versucht ihr Leben zu retten.
4. Auf der psychologischen Ebene ist Johanna vor allem bei Schiller
zwischen Gefühl und Verstand hin- und hergerissen. Ihre Gefühle zu
Lionel werden ihrer Treue zu Frankreich geopfert.
5. Die erotische Ebene könnte man natürlich schon dadurch gegeben
sehen, dass die Jungfrau in Rüstung in eine Männerdomäne eindringt. Auch sind ihr bei Schiller verschiedene Männer zugetan.
Bei Shakespeare und Schiller wird der Kampf der Geschlechter auch
mit Waffen ausgetragen.
Zuerst wird sie bei Shakespeare von Karl mit Bezeichnungen wie Amazone, Deborah, Venus bedacht und so als starke, selbstbewusste Frau charakterisiert. Bei Schiller wird sie als Kriegsgöttin, Jungfrau, heilig wunderbares Mädchen und Priesterin bezeichnet. Bevor dann die Stimmung umschlägt. In Henry VI werden dann zum Zeichen ihrer sexuellen Freizügigkeit in Akt V, Szene 4 von ihr mehrere Männer aufgezählt, von denen sie schwanger sein soll. Diese dient dazu, sie als Hexe und Hure zu entlarven.
Bei Schiller erklärt Isabeau sie zur Närrin, die sich für den König geopfert hat, zur Zauberin sei sie nur, durch den Wahn und die Feigheit der anderen geworden.
4.Die Figur der Johanna in beiden Dramen
4.1.Johanna von Orleans bei Shakespeare
Wenn wir die Handlung des Dramas auf die Figur der Johanna konzentrieren, könnte man von einer sukzessiven „Demontage“ einer Heiligen sprechen.
Im ersten Akt erscheint Johanna als Retterin der Franzosen, sie wird vom Bastard von Orleans als heilige Jungfrau bezeichnet. Sogleich überzeugt sie den Dauphin auch mit ihrer Weisheit, sie erkennt die gestellte Falle mit dem Platztausch. Shakespeare stellt sie als starke Persönlichkeit dar, die ein Gespräch fordert, nicht erbittet. Ein weiterer wichtiger Punkt in der Charakterisierung der Johanna ist die Schilderung der beiden Zweikämpfe. Den ersten trägt sie gegen den Dauphin aus, welcher ihr unterliegt und somit auch gleich erliegt. Seine Zuneigung weist sie zurück, da ihr zuerst die Befreiung Frankreichs am Herzen liegt. Sie wird sich später eine Belohnung überlegen, welcher Art bleibt offen.
Ganz anders schon zu Beginn die Einschätzung Johannas durch die englische Seite. Talbot nennt sie ein Teufel und eine Hexe. Sein Zweikampf mit ihr nimmt einen ungewöhnlichen Verlauf. Nicht nur, dass er ihr kräftemässig unterlegen scheint, Johanna bricht den Kampf ab mit dem Hinweis, sie müsse Lebensmittel nach Orleans bringen. Ein edler Ritter wie Talbot kann diese Schmach sicher nicht verwinden. Somit sind die Fronten abgesteckt. Johanna die heilige Jungfrau der Franzosen, gegenüber Johanna die Hexe, Zauberin für die Engländer.
Mit Fortschreiten der Handlung wird jede Tat von Johanna nun als List oder gar Teufelswerk ausgelegt. Dazu kommt auch noch das schüren des Zweifels an ihrer Jungfräulichkeit. So bezeichnet wiederum Talbot sie im dritten Akt als Hexe und Zauberin, die umgeben von ihren Liebhabern erscheint.
Sie dringt verkleidet in Rouen ein, und den Herzog von Burgund will sie mit schönen Redekünsten und süssen Worten zum Überlaufen bringen. Karl fordert sie auf Burgund mit Worten zu verzaubern.
Johanna wird durch weitere Schmähungen Talbots immer mehr zur unsympathischen Figur für die Engländer. Sie nennt ihn wahnsinnig, vergleicht ihn mit einem Pfau, der sein Rad schlägt.
Nach dem Tod Talbots und dessen Sohn, verhöhnt sie beide als stinkende Leichname.
Der fünfte Akt zeigt Johanna als Hexe. In der dritten Szene bestätigt sie mit der Anrufung der Teufel sämtliche englische Vorwürfe der Hexerei. Sie deutet auch an, dass sie schon früher Beistand der dunklen Mächte hatte. Dies ist für die Engländer auch eine gute Erklärung für die Niederlage gegen die Franzosen. Johanna wird in der Schlacht von den französischen Soldaten im Stich gelassen und von York gefangen genommen. In ihrem letzten Auftritt ( V.4) verleugnet sie ihre Herkunft, entgegen ihrer Aussage im ersten Akt. Ihr schroffes, herablassendes Auftreten ihrem Vater gegenüber wirkt herzlos. Noch einmal spricht sie von ihrer Gottgesandtheit
... tugendhaft und gottesfürchtig, von oben auserwählt, durch eine Eingebung himmlischer gnade, um ausserordentliche Wunder auf Erden zu bewirken...[17]
In einem verzweifelten Versuch ihr Leben zu retten, gibt sie vor schwanger zu sein. Nicht nur ein möglicher Partner wird genannt, sondern mit Alençon und René gleich deren zwei. Mit dieser Behauptung bestätigt sie den englischen Vorwurf der sexuellen Freizügigkeit. Durch ihr Benehmen und ihre Behauptung ist sie von der Heiligen zur Hexe und Dirne geworden und ihr Tod auf dem Scheiterhaufen ist somit gerechtfertigt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[18]
4.2.Johanna von Orleans bei Schiller
Wenn Shakespeare den Weg der Heiligen zur verurteilten Hexe nachzeichnet, so unterstreicht Schiller in seinem Drama das Sendungsbewusstsein der Heldin.
Schon im Prolog zeigt sich, dass Johanna nicht mehr am „normalen“ Leben ihrer Familie teilnimmt. Sie bleibt ihrem Vater gegenüber wortlos, ergreift erst das Wort beim Anblick des Helms, den sie sogleich fordert, nicht erbittet. Dieser ist Zeichen ihrer Sendung, jetzt wird sie aktiv. Ihre flammende Rede gilt nicht den Personen auf der Bühne, sie spricht gleichsam über sie hinweg.
In einem Monolog nimmt sie in der letzten Szene des Prologs Abschied von ihrer Heimat und verkündet ihre göttliche Berufung.
Durch den Botenbericht von Raoul vernimmt Karl von der Befreiung Orleans und welche Rolle die heilige Jungfrau gespielt hat. Mit der gleichen Prüfung wie bei Shakespeare lässt Schiller Johanna den ersten Beweis ihrer seherischen Gabe abgeben. Sie erkennt, dass Karl und Dunois die Plätze getauscht haben. Doch sie gibt noch mehr Beweise, indem sie Karl seine drei Gebete enthüllt. Danach schildert sie ihre Herkunft und wie sie Berufen wurde Frankreich zu helfen.
Sie beherrscht die Szene, fordert den Dauphin auf, ihr das Schwert vom Kirchhof der heiligen Kathrin zu bringen und eine weisse Fahne mit der Mutter Gottes, Jesus und einer Weltkugel drauf. Was auffällt ist, dass sie fordert, bestimmt, verlangt. Beim Eintreten des englischen Herolds übernimmt sie die Verhandlung. Sie berichtet vom Tod seines Feldherrn und entlässt ihn mit Befehlen.
Der Herzog von Burgund und Talbot sind die ersten, die sie mit dem Teufel in Beziehung bringen, da nur so eine Niederlage gerechtfertigt werden kann; wobei beide sich auch gegenseitig Feigheit der Heere vorwerfen.
Im zweiten Aufzug spricht Johanna zum ersten Mal von Todesahnung
... Wo die Gefahr ist, muss Johanna sein,
Nicht heut, nicht hier ist mir bestimmt zu fallen... ( 2.4.Zeile 1518-20)
In der Szene mit Montgomery zeigt Schiller, dass Johanna sich nicht von Menschlichem beeinflussen lässt. Weder Lösegeld noch der Appell an ihr weibliches Geschlecht erweichen sie. Es ist ihr sogar verhasst, dass Montgomery sie als Frau betrachtet. Gleich körperloser Geister will sie geschlechtslos sein.
Nachdem sie Montgomery getötet hat, beruft sie sich aber gleich auf die Mutter Gottes, die sie zum kriegerischen Werkzeug gemacht habe.
In dieser Szene erwähnt sie zum zweiten Mal, dass ihr Tod die Erfüllung ihres Geschicks sei.
Im Auftritt mit dem Herzog von Burgund beweist sie ein weiteres Mal ihre Stärke, sie überredet ihn die Seite zu wechseln. Auch wenn er von süsser Rede und schmeichlerischem Ton spricht, ist ihre Rede eher bestimmt und von fast schwärmerischem Eifer für Frankreich erfüllt. So ist Burgund nachdem er sie zuerst für eine Zauberin hält am Schluss überzeugt, dass sie von Gott gesendet ist.
Mit dem dritten Aufzug beginnt die „Versuchung“ Johannas in Gestalt von Dunois und La Hire, die beide um ihre Hand anhalten wollen. Karl und Burgund prophezeit sie die Zukunft. Für sich sieht sie das Glück im Schoss des ewigen Vaters – somit erwähnt sie zum dritten Mal, dass der Tod ihre Bestimmung ist. Das Ansinnen des Königs, sie als Geliebte eines Mannes zu sehen macht sie wütend. Das heilige Gefäss der reinen Jungfrau darf nicht zerstört werden, denn sie hat ihr Ziel noch nicht erreicht – Karl muss zum König gesalbt werden.
Nur zwei Mal wird Johanna in ihrer Überlegenheit erschüttert. In der Gestalt des Schwarzen Ritters hat sie den ersten ernst zu nehmenden Gegner. Weder Hassrede noch Drohungen beeindrucken ihn. Will er sie vor dem Tod retten oder nur versuchen? Sie widersteht noch einmal:
... Und käm’ die Hölle selber in die Schranken,
Mir soll der Mut nicht weichen und nicht wanken! ( 3.9. Zeile 2452 f)
Im darauf folgenden Auftritt wird sie überwältigt. Nicht durch Magie oder aussergewöhnliche Stärke oder Überredungskunst, sondern als sie beim schon gewonnenen Zweikampf ihrem Feind, Lionel, in die Augen sieht. Er ist auch der erste, der ihre Befehle nicht ausführt. Im Monolog zu Beginn des vierten Aufzuges zweifelt, verzweifelt sie an ihrer Aufgabe. Sie sieht sich als blindes Werkzeug Gottes, das durch den Anblick eines Mannes sehend geworden ist. Jetzt kann sie nicht länger als reine Jungfrau dienen. Sie ist zur zweifachen Verräterin geworden. Gegenüber dem Himmel- Bruch des Schwurs der
Männerliebe zu entsagen, und gegenüber dem Vaterland- sie hat aus Liebe einen Feind verschont. Johanna kann sich dieses Versagen nicht verzeihen und schweigt zu den Anschuldigungen durch ihren Vater. Die Donnerschläge wirken wie ein Gottesurteil. Sie wird aus der Stadt verwiesen. In einem letzten Aufbäumen gegen das unausweichliche Schicksal entflieht sie mit Hilfe von Raimond.
Der fünfte Aufzug besiegelt ihr Ende. Der Köhlerbub bezeichnet sie als Hexe von Orleans, sie fällt in die Hände von Isabeau und lehnt auch den letzten Rettungsversuch von Lionel ab. Wenn sie zu ihm sagt, dass nichts gemein sein kann zwischen ihm und ihr steht diese Aussage in direktem Bezug zu der Bemerkung, die Lionel im ersten Aufzug gemacht hat, dass französisches und englisches Blut sich nicht redlich vermischen könne.
Doch Schiller lässt Johanna nicht in Gefangenschaft sterben. Sie ruft ein letztes Mal die himmlischen Kräfte an und wie Samson zerreisst sie die Ketten und flieht den Franzosen zu Hilfe. Nach geschlagener Schlacht stirbt sie in den Armen des Königs, welcher sie reumütig als heiligen Engel bezeichnet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[19]
5. Zusammenfassung
Der Rahmen dieser Arbeit ermöglichte nur einen Teil der Unterschiede zwischen den beiden Dramen zu erarbeiten. Im Vergleich des Nebentextes konnte ein kurzer Einblick in Aufbau und in die unterschiedliche Aufführungspraxis dargelegt werden.
Die Handlung im Vergleich führte zur näheren Betrachtung der Figur der Johanna. Die historische Vorlage wurde je nach politischer Sicht unterschiedlich gehandhabt. Nur in einer Szene stimmten beide Dramen genau überein, in der ersten Begegnung von Johanna mit Karl. Am weitesten entfernt haben sich die beiden ausgewählten Stücke beim Tod von Johanna. Hier wäre in einem nächsten Schritt eine genauere Analyse der Beweggründe von Shakespeare und Schiller interessant.
Nicht berücksichtigt wurde in dieser Arbeit auch der Vergleich der Baupläne beider Dramen.
Diese Hausarbeit hat mir vor allem gezeigt, wie unerschöpflich die Themen und Materialien zu diesen Dramen werden können. Von den gattungskonstituieren -den Merkmalen, über die historischen Hintergründe des Stoffes, bis hin zur Aufführungspraxis in der Entstehungszeit, alles würde sicher noch Stoff für mehrere Arbeiten bieten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[20]
Literaturverzeichnis
Quelltexte
SCHILLER, Friedrich : Die Jungfrau von Orleans . Reclam Verlag, Stuttgart
1978 (Reclam Universal Bibliothek Nr.47) SHAKESPEARE, William : King Henry Vl, Part 1. Stauffenberg Verlag
Brigitte Narr GmbH, Tübingen 2003 (Stauffenburg Verlag)
SHAKESPEARE, William : König Heinrich Vl. Erster Teil. Lizenzausgabe des Knaur Nachf. Verlages, München ( Band 1)
Sekundärliteratur
Erläuterungen und Dokumente. Friedrich Schiller. Die Jungfrau von Orleans, Philipp Reclam jun. Stuttgart, 1984 (Reclam Universal Bibliothek Nr.8164)
GUTZEN,Dieter.OELLERS, Norbert. PETERSEN, Jürgen H. Einführung in die neuere deutsche Literaturwissenschaft, Erich Schmidt Verlag GmbH& Co. , Berlin,1976, 1989
Interpretationen, Schillers Dramen . Philipp Reclam jun. Stuttgart 1992, 2002
SHAKESPEARE, William : King Henry Vl, Part 1. Stauffenberg Verlag Brigitte Narr GmbH, Tübingen 2003 (Stauffenburg Verlag)
dtv- Atlas zur Weltgeschichte. Band 1. von den Anfängen bis zur Französischen Revolution . Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH& Co. KG, München 1964, 1973
SCHIB ,Karl : Weltgeschichte. Das Mittelalter . Eugen Rentsch Verlag, Erlenbach- Zürich und Stuttgart 1970
DREVER , James und
FROEH class="gap"g GmbH & Co. KG, München 1968, 1974
Duden, Band 5, Das Fremdwörterbuch
Internetseiten:
www.geocities.com
www.shakespeare.com
www.william-shakespeare.de
www.allshakespeare.com
www.stern.de
http://home.t-online/home/elke.huebner/history/henry6.htm
www.geschichte.de
http://archive.joan-of-arc.org
www.schiller-institut.de
www.jeanne-darc.com
[...]
[1] http://www.geocities.com/CollegePark/
[2] Vergleich Das Fremdwörterbuch, Duden , Band 5
[3] Erläuterungen und Dokumente. Reclam Universal-Bibliothek Nr. 8164
[4] Vergleiche Fussnote 10, Seite 65, King Henry Vl, Stauffenburg Verlag
[5] King Henry, Stauffenburg Verlag, S.50
[6] King Henry Vl, Stauffenburg Verlag, S.100
[7] Vergleiche Fussnote 9, Seite 166, Stauffenburg Verlag
[8] Vergleiche Fussnote 25, S. 90, Stauffenburg Verlag
[9] www.allshakespeare.com
[10] www.allshakespeare.com
[11] Reclam. Universal-Bibliothek Nr.47
[12] Stauffenburg Verlag
[13] Lehrbrief 4456, S.30
[14] www.wolfgang.richard.info/3-9.htm
[15] Lehrbrief 4456, S.32/33
[16] Nach Lehrbrief 4456, S.53
[17] V.4. 37 f
[18] http://www.jeanne-darc.com
[19] http://www.jeanne-darc.com
[20] www.jeanne-darc.com
- Quote paper
- Brigitte Hess (Author), 2004, Die Jungfrau von Orléans und Heinrich V, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110669
-
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